Fricki76 - Kommentare

Alle Kommentare von Fricki76

  • 4

    Mitte der 60er Jahre feierte der bis dahin bis auf seine Rollen in Kubricks „Dr. Seltsam“ unbekannte britische Schauspieler in der Rolle des tollpatschigen Inspektor Clouseau unerwartete Erfolge. Bis Anfang der 80er Jahre wurden mehrere Filme um den „Rosaroten Panther“ mit Sellers gedreht und erlangten Kultstatus. Nun kommt mit Steve Martin der dritte Remake (genauer ein Prequel) in die Kinos. Ein schweres Erbe, gegen einen Kultstar anzutreten.

    Chefinspektor Dreyfus (Kevin Kline) hat ein Problem: Gerade wurde inmitten des Stadions der berühmte Nationaltrainer der französischen Nationalmannschaft (Jason Statham) ermordet. Spurlos verschwunden ist dessen Ring mit dem berühmten namens gebenden rosa Diamanten. Und weil sich Dreyfus in diesem Jahr unbedingt endlich die Ehrenmedaille des Präsidenten erobern will, schmiedet er einen intriganten Plan: Um während seiner geheimen Ermittlungen die Presse vom Hals und damit freie Bahn zur Erlangung der Lorbeeren zu haben, befördert er kurzerhand den dilletantischen Streifenpolizist Clouseau (Steve Martin) zum Inspektor und betraut ihn mit der Lösung des Mordfalles. An seine Seite stellt er ihm den loyalen und trockenen Ponton (Jean Reno), um ihm regelmäßig Bericht zu erstatten. Doch Clouseau hat tatsächlich Blut geleckt und beginnt die Aufklärung des Falles mit dem Verhör der einzigen Verdächtigen: Der Freundin des Fußballtrainers, der Popdiva Sanja (Beyoncé Knowles). Bei seinen Ermittlungen lässt er kein Fettnäpfchen aus…

    Zugegeben, es ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung, in die Fußstapfen eines Kultkomikers zu treten, der schon seit beinahe 25 Jahren tot ist und mit seiner Rolle Weltruhm erlangte. Zumal man außerdem Bedenken muss, dass vor 35 Jahren das Kinopublikum wohl alles in allem auch leichter zufrieden zu stellen war. Keine leichte Aufgabe also für den Tausendsassa Martin. Ihm kann man eigentlich ebenfalls das Prädikat „Kultkomiker“ verleihen, spielte er doch in so urkomischen Perlen wie „Solo für Zwei“ oder „Tote tragen keine Karos“. Nun also als Clouseau. Ich bedaure wirklich, dass ich die Originalfilme mit Peter Sellers nicht kenne, ich kann also nicht direkt vergleichen. Ich hatte im Vorfeld überwiegend vernichtende Kritiken gelesen und so waren meine Erwartungen dementsprechend niedrig. Dass er Slapstick-Klamauk beherrscht, hat Martin schon vor Jahren bewiesen. Und so ist sein Clouseau eine eigene Mischung aus den Eigenheiten des Originals und seiner Interpretation geworden. Seine Grimassen und der Charme der hoffnungslos trotteligen und an Selbstüberschätzung leidenden Charaktervorlage geben dann eigentlich auch eine ganz amüsante Mischung ab. Leider sind die Kalauer bis auf einige Ausnahmen ziemlich platt und was noch schwerer wiegt, allesamt sehr vorhersehbar. So bleibt neben der tollen Besetzung und Martins Gesäusel mit französischem Akzent nach dem Verlassen des Kinosaales wenig in Erinnerung. Schade, wenn ich an den aberwitzigen Plot von „Zwei hinreißend verdorbene Schurken“ oder die grandiose Grundidee von „Tote tragen keine Karos“ denke.

    • 9

      Martin Scorsese zählt bei Filmprofis nicht umsonst zu den besten Regisseuren der letzten 30 Jahre, hat er doch solche Klassiker wie „Taxi Driver“, „Wie ein wilder Stier“, „Goodfellas“ oder „Casino“ inszeniert. In den letzten Jahren stach vor allem die Zusammenarbeit mit Leonardo DiCaprio hervor, mit dem er die Projekte „Gangs of New York“ und „Aviator“ als Hauptdarsteller umsetzte. Nun folgt mit „Departed“ das Remake des erfolgreichen Hongkong-Thrillers „Infernal Affairs I“ von 2002.

      Frank Costello (Jack Nicholson) regiert mit eiserner Hand die irische Mafia im Großraum Boston. Nicht unerheblich an seinem Erfolg ist die Tatsache, dass er durch Unterwanderung der Polizei wichtige Informationen erhält und so der Polizei immer wieder entwischen kann. Der schon als Kind mit ihm in Kontakt gekommene Colin Sullivan (Matt Damon) hat jüngst die Polizeiakademie abgeschlossen und wird wegen seiner bestechenden Leistungen in die Sonderermittlungseinheit (gegen Costello) aufgenommen. Fast zeitgleich schleust die Abteilung verdeckte Ermittlungen aufgrund seiner zum Milieu passenden Herkunft den jungen Polizeikadetten Billy Costigan (Leonardo DiCaprio) als Spitzel bei Costello ein. Nur der Leiter der Abteilung, Queenan (Martin Sheen) und dessen Stellvertreter Dignam (Mark Wahlberg) kennen seine Identität. Beide Spitzel machen ihren Job gut und steigen schnell in der Hierarchie auf. Doch schon bald kommt sowohl bei der Polizei als auch bei Costello der Verdacht auf, dass eine „Ratte“ eingeschleust“ wurde. Gegenseitig versuchen sowohl Costigan als auch Sullivan, die Identität des anderen aufzudecken, ohne dabei selbst enttarnt zu werden. Als schliesslich Queenan umgebracht wird und Dignam abtaucht, scheint das Schicksal von Costigan besiegelt. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt steht ein großes Geschäft mit der chinesischen Mafia an. Doch auch Sullivan steht unter Druck und muss befürchten, dass ihm unangenehme Fragen gestellt werden...

      Was soll man über einen solchen Film sagen? Alleine die Namen sind schon ein Gedicht, ganz abgesehen davon, dass auch für Kamera und Musik absolute Stars verpflichtet wurden. Scorsese ist wieder bei seinem Lieblingsthema angekommen, dem des gesellschaftliche relevanten Thrillers mit Tiefgang. Alleine seine Interpretation der chinesischen Vorlage macht vergessen, dass dies ein Remake sein könnte, wüsste man es nicht. Der Einstieg in die Geschichte ist wirklich toll gemacht und die Kamera von Michael Ballhaus gewohnt brillant. Diverse Kameraeinstellungen, zum Beispiel die ersten Einstellungen von Costello im Halbschatten machen wirklich Appetit auf mehr. Nicholson spielt den fiesen Hund so glaubhaft, wie man es von ihm erwartet und auch die anderen Darsteller machen einen tollen Job, so zum Beispiel auch die Sheen und Wahlberg, die Costigan Zuckerbrot und Peitsche geben. Doch Leonardo DiCaprio dürfte mit seiner Darstellung des Billy Costigan endgültig die Titanic-Kuschel-Ära hinter sich gelassen haben. Es ist grandios, wie er die tragisch-isolierte Rolle des Undercover-Agenten spielt, dessen Isolation aufgrund seiner Herkunft sich später in seiner Abhängigkeit zu Queenan und Dignam wiederholt. Die Angst, die er hat, aufzufliegen, der Druck durch die Gewalt, mit der er sich immer mehr zum Mittäter macht, die Beziehung zu Sullivans Freundin, einer Polizeipsychologin, in der seine sensible Seite zum Tragen kommt. DiCaprio spielt seine Rolle so facettenreich, dass man davon ausgehen kann, das sie im zumindest eine Oscar-Nominierung, vielleicht sogar die Trophäe einbringen könnte. Zuletzt sei gesagt, dass ich mich nicht mehr an einen Film dieser Länge (155 Minuten) erinnern kann, der über die gesamte Spieldauer so spannend war. Und das Ende fand ich grandios unerwartet. Wer Filme wie „Goodfellas“ und Konsorten mag, muss diesen Film einfach sehen. Allerdings gibt es etliche blutige Gewaltmomente.

      • 7

        Matthias Lubanski (Louis Klamroth) ist 11 Jahre alt und der jüngste Sohn einer Essener Bergarbeiterfamilie. Der Vater ist 1954 noch immer in Kriegsgefangenschaft und so muss seine Mutter die Familie alleine durchbringen. Doch Matthias erlebt dennoch eine zufriedene Kindheit und hat in Essens Stürmer-Star Helmut Rahn (Sascha Göpel) einen Ersatzvater gefunden. Nichts ist wichtiger im Leben von Matthias als die Ligaspiele von Rot-Weiss Essen, der Mannschaft vom „Boss“.

        Doch dann bringen 2 Ereignisse Matthias Leben ordentlich durcheinander: Deutschland qualifiziert sich für die Fußball-Weltmeisterschaft und sein Vater (Peter Lohmeyer) kehrt aus der Kriegsgefangenschaft zurück.
        Fortan sieht sich Familie Lubanski mit einem gestrengen Vater konfrontiert, der sich traumatisiert in eine Familie und Gesellschaft einfinden soll, die er nicht mehr kennt.
        Doch mit dem Einzug der deutschen Nationalmannschaft ins Weltmeisterschafts-Finale erwacht Deutschland aus seiner Nachkriegs-Lethargie und auch Vater und Sohn kommen sich über das Medium „Fußball“ langsam näher.

        „Das Wunder von Bern“ ist eine gelungener Mix aus Familiendrama, Sportfilm und einem Gesellschaftsporträt des Nachkriegs-Deutschland, der bei den Filmfestspielen von Locarno völlig berechtigt den Publikumspreis sowie tosenden Applaus erntete.

        Sönke Wortmann liefert hier nach meiner Meinung sein stimmigstes Filmprojekt überhaupt ab. Die Tatsache, dass Vater und Sohn Lubanski auch im wirklichen Leben Vater und Sohn sind, macht die Darstellung dieser Beziehung intensiv und glaubhaft, ohne die schauspielerische Leistung dadurch zu schwächen. Der Höhepunkt im Berner Wankdorf-Stadion, das komplett digital neu erschaffen wurde, macht seinem Namen sowohl als Fußballfilm als auch als Familiengeschichte alle Ehre. Lediglich die väterlichen Krokodilstränen am Ende des Films wirken etwas arg pathetisch. Aber was soll`s. Deutschland ist Weltmeister und der Familiensegen wieder hergestellt. Da kann auch schon mal der stärkste ehemalige Wehrmachts-Soldat einen kleinen Anflug von „unmännlicher Schwäche“ zeigen.

        1
        • 8 .5

          James Bond, der Geheimagent ihrer Majestät ist ein Phänomen und hält etliche Rekorde. Etliche Filme der Reihe kann man ohne Zweifel als ein Stück Kinogeschichte bezeichnen, auch wenn andere Teile eher schwach waren. Im inzwischen 21. (!) Teil der populären Reihe wird mit Daniel Craig ein neuer Hauptdarsteller eingeführt.

          Doch man hat der Filmreihe nicht nur einen neuen und im Vorfeld sehr kontrovers diskutierten Hauptdarsteller verpasst, sondern gleich eine Generalüberarbeitung unterzogen. Gleich zu Beginn der erste Stilbruch: Keine „Gunbarrel-Sequenz“, die erste Szene ist in Schwarz-Weiß und der James Bond Kenner ist erst einmal etwas verstört. Sie zeigt in einem Rückblick wie sich unser Held seine Sporen als Doppelnull-Agent verdient, denn „Casino Royale“ ist die chronologisch erste Geschichte um den Britischen Agenten mit der Lizenz zu Töten. Was man in den folgenden knapp zweieinhalb Stunden an allen Ecken und Enden merken wird, wenn man sich mit den Filmen auskennt. Doch das ist nicht als Kritik gemeint, im Gegenteil, der „neue alte“ Bond ist menschlicher, verletzlicher und dennoch härter als je zuvor.

          Doch eins nach dem anderen. Der Privatbankier Le Chiffre (Mads Mikkelsen) spekuliert mit dem Geld internationaler Terroristen an der Börse und unterstützt diese so. Doch bei seinem letzten Coup kommt ihm James Bond (Daniel Craig) in die Wege: Der vereitelte Anschlag auf einen Flugzeugprototypen verhindert dass die entsprechenden Aktien an Kurs verlieren – und Le Chiffre verliert auf einen Schlag 100 Millionen. Seine Kunden gehören allerdings nicht zu jener Sorte Klientel, die für solche Unzulänglichkeiten Verständnis haben und so steht im das Wasser buchstäblich bis zum Hals. Er lädt zu einem exklusiven Pokerspieler im Casino Royale in Montenegro, wo er mit dem Gewinn seine Gläubiger auszahlen will. Doch der MI 6 schleust seinen besten Pokerspieler ein, um Le Chiffre seinerseits im Spiel das Geld abzujagen und ihn so unter Druck zu setzen. Den Einsatz von läppischen 15 Millionen liefert das Schatzamt ihrer Majestät, einschliesslich der zuständigen Beamtin Vesper Lynd (Eva Green), die ein Auge auf Bond und eines auf das Geld haben soll. Nach einem turbulenten Start ins Turnier, bei dem Bond zu unterliegen scheint, wendet sich das Blatt buchstäblich zu seinen Gunsten. Doch das kann Le Chiffre nicht akzeptieren, denn seine Häscher warten schon auf ihr Geld...

          Ich bin wirklich überrascht, auch wenn es ein Stück weit zu erwarten war, dass der neue Bond anders sein wird. Ich bin nicht nur überrascht, ich bin sogar begeistert, denn auch der 21. Bond ist unverkennbar James Bond, und doch so neu und an vielen Stellen anders, dass es eine wahre Freude ist, die spannende Geschichte mit etlichen Twists auf der Leinwand zu verfolgen. Besonders beeindruckt hat mich die Tiefe der Charakterzeichung, die von Craig hervorragend gespielt wird. Man erfährt, wie Bond zu dem Mann wurde, den wir aus 20 Filmen schon zu kennen scheinen, und das auf äußerst interessante Art und Weise. Seine Vorliebe für Smokings, Wodka Martinis und Aston Martins Luxuskarossen. In diesem Zusammenhang fasziniert vor allem die Tatsache, dass Bond Fehler macht und sich erst im Laufe des Films entwickelt. Zwar weiß man immer noch, dass Held am Ende siegen wird, aber seine Siege sind hart und blutig errungen und haben den bitteren Beigeschmack des Verlustes. Doch daneben bietet der neue Bond all das, wofür wir ihn lieben: Coolness, Action, spektakuläre Stunts der Extraklasse und natürlich die obligatorischen Bond-Girls. Ich stimme mit jeder Menge internationaler Kritik überein: Dies ist zweifellos der beste Bond seit langem, der lediglich an zum Teil etwas hölzernen Liebeszenen leidet und auch 20 Minuten kürzer hätte sein dürfen. Trotzdem: Wer gegen Härte und Blut keine Allergie hat, sollte sich diesen hervorragenden Action-Thriller ansehen. Er ist nicht nur für Bond-Fans empfehlenswert.

          • 8
            über Babel

            In Babel, dem biblischen Namen für das alte Babylon verwirrte Gott die Sprachen der Menschen, weil sie sich anmassten, einen Turm bis in den Himmel zu bauen und damit Gott gleichkommen wollten. Nach der Verwirrung konnten sich die Menschen nicht mehr verstehen, weil plötzlich jeder in einer anderen Sprache redete. Genau dieses Thema der gestörten Kommunikation greift der mexikanische Regisseur Inárritu in seinem neuen und von der Kritik hoch gelobten Drama „Babel“ auf.

            Der Amerikaner Richard (Brad Pitt) und seine Frau Susan (Cate Blanchet) sind auf einer Reise in der marokkanischen Wüste, um ihre kriselnde Ehe zu kitten, die nach dem Tod ihres jüngsten Kindes zu scheitern droht. Dort in den Bergen der marokkanischen Wüste hüten die Hirtenjungen Yusuf und Ahmad die Ziegenherde ihres Vaters. Um die Schakale zu vertreiben, hat er seinen Jungen das neu Erstandene Jagdgewehr mitgegeben. In kindlicher Naivität schiessen die Jungen auf den weit entfernten Reisebus und verletzen Susan schwer. Richard steht mitten in der Wüste alleine da und versucht, verzweifelt um das Leben seiner Frau kämpfend, Hilfe zu organisieren, was aufgrund der sprachlichen Barrieren gar nicht so einfach ist. Zu Hause in Kalifornien entschließt sich Richards Kindermädchen Amelia (Adriana Barraza) Richards Kinder unerlaubt mit zur Hochzeit ihres Sohnes in Mexiko mitzunehmen. Auf der Rückkehr über die Grenze gerät Amelias Neffe Santiago (Gael García Bernal) mit einem US-Zollbeamten in Streit und lässt seine Tante und die beiden Kinder schließlich in der Wüste zurück. Derweil kämpft in Tokio die junge taubstumme Chieko (Rinko Kikuchi) um Liebe und Anerkennung. Ihr Vater, nach dem Tod seiner Frau selbst verzweifelt, kommt nicht mehr an seine Tochter heran, die sich durch den Selbstmord der Mutter und die eigene Behinderung verunsichert, Drogenkonsum und oberflächlichen sexuellen Kontakten hingibt um in der Gruppe der Gleichaltrigen anerkannt zu sein...

            Diese vier Episoden, von den drei locker miteinander verwoben sind (die vierte nur symbolisch) beschäftigen sich jede auf ihre Weise mit dem Thema Kommunikation in tragischen Situationen. In jeder Episode sind 2 Sprachen vertreten, arabisch und englisch in der Wüste, spanisch und englisch in Mexiko und japanisch und die Gebärdensprache in Tokio, was den metaphorischen Vergleich zum Turmbau von Babel wieder aufgreift. Wie beabsichtigt macht dies die Konflikte, in denen die einzelnen Personen stehen, auch sichtlich greifbar. Die einzelnen Episoden werden nicht chronologisch, sondern zeitlich versetzt erzählt, was inzwischen ein Markenzeichen des mexikanischen Regisseurs zu sein scheint. Auch die von ihm immer wieder gewählten dramatischen Themen und die Drehbuchvorlagen des Autors Guillermo Arriaga um die Unfähigkeit der Menschen, in Beziehungen glücklich zu sein fügen sich zu einer losen Trilogie mit den Vorgängerfilmen „Amores Perros“ und „21 Gramm“ zusammen, die jedoch eigene und in sich geschlossene Geschichten erzählen.

            Das Drama „Babel“ kommt inhaltlich nicht ganz so hart und kompromisslos wie die erwähnten Vorgänger daher, die zum Teil tief erschütterten. Dies ist nicht unbedingt als Kritik gemeint, denn Momente der Verzweiflung gibt es auch in „Babel“ zur Genüge, allerdings sind deren Enden weitaus versöhnlicher, als man es von Innaritu aus den bisherigen Filmen gewohnt ist. Nichtsdestotrotz ist der Film sehr gut geworden, was vor allen Dingen an den hervorragenden Darstellern sowie den grandiosen Bildern des oscargekrönten Kameramanns Rodrigo Prieto liegt. Der Film ist durchgehend in blassen Grau-, Grün und Brauntönen gehalten, was die verzweifelte Lage der Charaktere hervorragend unterstreicht. Schauspielerisch beeindruckt vor allem Brad Pitt auf sehr hohen Niveau als verzweifelter Ehemann Richard. Möglichweise bringt ihm diese Leistung sogar seinen zweiten Golden Globe (und seinen ersten Oscar?) nach „12 Monkeys“ ein. Ebenfalls unglaublich dicht (und ebenfalls Golden-Globe nominiert) ist die Darstellung von Adriana Barraza als naives Kindermädchen Amelia. Wenn sie gegen Ende des Film mit ihrem roten Kleid weinend durch die Wüste stolpert, ist ihre ganze Verzweiflung nachzufühlen. „Babel“ gilt bei den kommenden „Golden Globe“ Verleihungen Ende nächster Woche mit sieben Nominierungen (u.a. Bestes Drama und Beste Regie) als der Top-Favorit und dürfte damit auch im Rennen um die Oscars gut dabei sein.

            • 9

              Mit “Die Passion Christi” wurde Actionstar Mel Gibson wohl zum am kontroversesten diskutierten Regisseur des neuen Jahrtausends. Da kritisierte man die exzessive Gewalt und unterstellte dem Film antisemitische Tendenzen. Wie auch immer man über den Film denkt, er ist einer der (auch finanziell) erfolgreichsten Independentproduktionen der letzten Jahre und wurde, wahrscheinlich nicht zuletzt auch wegen der öffentlichen Debatte von zahlreichen Zuschauern im Kino gesehen. Nun ist mit „Apocalypto“ die inzwischen vierte Regiearbeit von Gibson in den Kinos erschienen und die alten Debatten kochen hoch...

              Die Geschichte handelt von dem jungen Maya-Jäger Pranke des Jaguars (Rudy Youngblood) der als Sohn des Häuptlings in einem Dorf im Dschungel Yucatans (das heutige Südmexiko) zu Anfang des 16.Jahrhunderts lebt. Nach erfolgreicher Rückkehr von der Jagd zu Frau und Kind wird das Dorf Opfer eines Überfalls von Sklavenjägern, die von dem furchteinflössenden Leitwolf (Raoul Trujillo) angeführt werden. Die Überlebenden, darunter auch Pranke des Jaguars, werden durch den Dschungel zurück in die Maya-Hauptstadt verschleppt. Seine schwangere Frau Sieben (Dalia Hernandez) und seinen Sohn muss er versteckt zurücklassen, sein charismatischer Vater kommt beim Überfall ums Leben. In der Hauptstadt der Maya soll er als Menschenopfer hingerichtet werden, entkommt aber. Da er aber den Sohn von Leitwolf auf der Flucht tödlich verletzt, wird er von dem und seinen Kriegern in den Dschungel verfolgt. Doch der Dschungel ist das ureigenste Revier des Jägers und schwächt die zahlenmäßige Überlegenheit seiner Verfolger...

              „Apocalypto“ ist atemberaubend in mehrerlei Hinsicht und ein gelungenes Konglomerat aus den Elementen Historienfilm, Actionfilm und Drama. Der Film ist komplett in der Mayasprache Mayathan gefilmt und vollständig untertitelt. Gemeinsam mit den tollen Kostümen und Schauplätzen sorgt das für eine hohe Authentizität des Films. Der Teil des Films, der in der Maya-Hauptstadt spielt, gibt zudem einen realitätsnahen Einblick in die untergehende Maya-Kultur, erhebt aber nicht direkt den Anspruch historischer Echtheit. Im zweiten Teil steht die Flucht des Protagonisten zurück zu seiner Ehefrau im Focus, die sehr actionreich und spannend gerät. Die Darsteller sind größtenteils Laiendarsteller, das macht die schauspielerischen Leistungen aber nicht schlechter, sondern ebenfalls glaubwürdiger und echter. Vor allem der Hauptdarsteller agiert ausgezeichnet. Die anklingende Zivilisationskritik ist allerdings ähnlich wie in „Die Passion Christi“ nicht konsequent genug umgesetzt, um wirklich den Kern des Films darzustellen. Allerdings ist der bereits fortgeschrittene Untergang der Maya-Hochkultur dennoch sehr eindrucksvoll in Bilder umgesetzt. Der eigentliche Kern der Geschichte ist aber bei aller formaler Perfektion die (eigentlich recht banale) actionreiche und sehr unterhaltsame Dschungel-Verfolgungsjagd im zweiten Teil des Films und die schließlich recht vorhersehbare Rückkehr des liebenden Ehemannes zu Frau und Kind.

              Wenn man also „Apocalypto“ als ein Action-Drama im erwähnten Maya-Szenario sieht, ist der Film ein grandioses Meisterstück, denn die dargestellte Welt zieht einen unglaublich in seinen Bann. Die Maya-Stadt mit ihren Bauten ist atemberaubend, die Kamerafahrten durch den Dschungel schnell und in dieser Hinsicht ist es mit Sicherheit der bisher beste Film Gibsons. Wenn man allerdings ein klassisches Historienepos mit dokumentarischer Genauigkeit erwartet, leidet der Film ähnlich wie „Die Passion Christi“ und schon „Braveheart“ wohl an „zu viel Action und Blut“. Mich persönlich hat das genau wie das viele Blut (Altersfreigabe 18 Jahre wegen Opferszenen mit Herzherausreißen und Köpfen etc.) nicht gestört, vor allem deswegen, weil es meiner Meinung nach genau wie im Jesus-Film lediglich (wenn auch stark und kompromisslos eingesetztes) Stilmittel ist und nicht, wie Gibson oft unterstellt, der Film das „Alibi für Gewaltexzesse“ darstellt.

              Dass der Film auch von offizieller Stelle als ein tolles Stück Kino angesehen wird, beweist die Nominierung für einen Golden Globe, kurioserweise in der Kategorie „Fremdsprachiger Film“. Wen das Blut und das vorhersehbare Ende (das wiederum durch die Rahmenhandlung um die ganze Maya-Kultur nicht ganz so ins Gewicht fällt) nicht abschreckt, den erwarten 140 Minuten perfektes Kino.

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              • 6

                Im Jahr 2011 werden 99% der Erdbevölkerung von einem Virus vernichtet. Die Überlebenden werden von der Wissenschaftler-Familie der Goodchilds geheilt und finden ihr Refugium in der utopischen Stadt Bregna. 400 Jahre später ist die Goodchild-Dynastie immer noch diejenige, die die Schicksale in der scheinbar perfekten Welt lenkt. Doch es regt sich Widerstand in der Stadt, denn es verschwinden immer wieder spurlos Menschen und viele werden von merkwürdigen Träumen geplagt.

                Die Rebellengruppe der Monicans hat sich zum Ziel gesetzt, das Regime um den Quasi-Alleinherrscher Trevor Goodchild (Marton Csokas) zu stürzen. Aus diesem Grund schicken die Monicans ihre beste Agentin Aeon Flux (Charlie Theron), um den vermeintlichen Despoten zu liquidieren. Doch dieser sieht sich nicht nur selbst einem Verrat ausgesetzt, sondern stellt sich schon bald als die gute Seele der Stadt heraus. Währenddessen gerät Aeon unfreiwillig zwischen die Fronten und macht sich tödlich und kalt auf die Suche nach dem Schlüssel zu den ungelösten Fragen.

                „Aeon Flux“ ist die Realverfilmung einer erfolgreichen MTV-Anime-Serie aus den 90er Jahren. Nicht nur aufgrund die Tatsache, daß MTV den Film produziert hat, sorgt für einen echten MTV-Look. Futuristische, sexy Kostüme, nette technische Spielereien und ein munteres Spiel mit den Farben sorgen dafür, daß der Film über weite Strecken wie ein gigantisches Musikvideo aussieht. Was ich nicht grundsätzlich schlecht finde. Viel eher zu kritisieren ist da schon das recht schwache, vorhersehbare Drehbuch, daß de faco aus Versatzstücken zahlreicher bekannter Science-Fiction-Filme besteht und viel zu wenige eigene Ideen einbringt. So versetzen einen leider nur die tollen Effekte und die atemberaubende Charlize Theron ins Staunen, während die eigentliche Geschichte vor sich hin tröpfelt. Theron macht gewohnt souverän viel aus ihrer Rolle, doch leider bietet ihr Charakter nicht genügend Tiefe für ihre oscarprämierten Darstellerischen Fähigkeiten. „Aeon Flux“ ist farbenfrohes Action-Kino ohne Tiefgang. Einfach 90 Minuten das Hirn ausschalten und actionreiches und bildgewaltiges Popcorn-Kino geniessen.