Ich-Bin-Viele - Kommentare

Alle Kommentare von Ich-Bin-Viele

  • 8 .5

    Ich habe die Harry-Potter-Bücher immer gern gelesen, also ist es eigentlich völlig irrational, dass ich erst so spät dazu komme, mich mal wirklich mit den Filmen zu befassen. Mein Urteil zum ersten: ich mag's. Sehr gern sogar.
    Keine Ahnung was passiert, wenn sich jemand diesen Film ansieht, ohne das Buch zu kennen - natürlich gelingt die Übersetzung eines Romans in cineastisches Gefilde nicht zu 100%, gerade wenn man sich, wie hier, stark an die Buchvorlage hält. Mir ist jedoch folgendes dabei passiert: ich hatte durchweg die Handlung und die Charaktere des Buches vor Augen, und der Film wirkte wie eine bebilderte Untermalung der Story, die sich in meinem Kopf abspielte. Es kann sein, dass einige Zusammenhänge völlig wirr waren, einige Szenen völlig sinnbefreit - es ist mir nichteinmal augefallen, denn ich brachte den nötigen Kontext mit. Natürlich ist das nicht optimal, hat mich aber schlicht nicht gestört - da hab ich bei Romanumsetzungen schon viel schlimmeres erlebt.
    Die bildhafte Umsetzung fand ich toll gelungen. Das erste Buch habe ich auch sehr bunt und kindgerecht in Erinnerung, der dunkle Anschlag kam erst mit der Zeit - das ist etwas, das die Reihe so hervorragend hinbekommen hat: die Story sowohl mit den Protagonisten wie auch mit dem Leser altern zu lassen. Hin und wieder fand ich etwas ein wenig albern, und als erwachsener Zuschauer spüre ich natürlich, dass es sich hier nicht um ausgereifte Figuren handelt, denn man spricht hier das emotionale Register eines jüngeren Menschen an. Und ich finde, das ist ok.
    Ich freue mich jedenfalls drauf, dass ich noch so viele Filme vor mir habe. Es ist doch schon einige Zeit her, dass ich mich mit dem Harry-Potter-Universum beschäftigt habe, und die Filme bieten mir eine erfrischend simple Möglichkeit, wieder ein wenig darin zu versinken.

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    • 7

      Von überraschend vielen Seiten hab ich diesen Film empfohlen bekommen. Und eigentlich war sich jeder bezüglich einer Sache einig: "Guck dir den Film an, ohne vorher darüber zu lesen! Desto weniger du weißt, desto besser wird er." Diesen Ratschlag hab ich beherzigt. Eine Sache gab es dann aber doch, die ich vorher hätte lesen sollen, nämlich das kleine aber feine Wort "-komödie" hinter dem Horror da oben in der Genrebezeichnung.
      Ich bin mit dem völlig verkehrten Mindset an diesen Film rangegangen - ich hatte etwas erwartet, das sich ernst nimmt, aber das ist absolut nicht der Fall. Deshalb ist es mir leider schwer gefallen, die erste Hälfte des Filmes zu genießen, bis ich endlich kapiert hatte, was ich da sehe. Danach war's eine absolut grandiose Achterbahnfahrt durch's Horrorkino, besonders das Ende (und ich meine jetzt wirklich die letzten Sekunden) hat wirklich total Spaß gemacht. Manche nennen diesen Film "clever", das kann ich jetzt nicht völlig nachvollziehen, aber er ist in jedem Fall kompetent und bezogen auf die Ziele, die er sich setzt, gelungen.
      Den Film muss ich unbedingt nochmal gucken, diesmal mit der adequaten Erwartungshaltung - ich kann mir vorstellen, dass die Wertung dann nochmal steigt.

      • 8
        über Machete

        Warum ich Filme wie "Expendables" furchtbar finde, aber sowas wie "Machete" so sehr liebe, ist mir selbst ein großes Rätsel. Wenn ich eine Vermutung anstellen müsste, dann ist es der Grad mehr an Überdrehtheit, die offensichtlichere Selbstironie, der trashigere Flair, der für mich den Reiz ausmacht. Hier handelt es sich jedenfalls um ein Feuerwerk von Action, Stereotypen und allgemeiner Klischeedehnung, das mir irre Spaß gemacht hat. Dass man für sowas einen derart geilen Cast zusammenbekommt, ist schon verrückt - das Darstellen eines solchen Drehbuchs muss wohl noch mehr Spaß machen als das zusehen. Und das spürt man auch: jeder Schauspieler hat einfach eine Mordsgaudi mit seiner Rolle, reizt sie bis ins Lächerliche aus. Die richtige Mitte zwischen Ernsthaftigkeit und Selbstironie wird getroffen, der Film weiß genau was er sein will - und das ist eben Trash, Hommage und Crowdpleasing. Eine solche Ehrlichkeit fühlt sich einfach gut an und es ist toll, dass sie ein so breites Publikum findet. Bin gespannt auf Teil 2, wobei ich nicht sicher bin, ob das Konzept sich einen kompletten weiteren Spielfilm lang trägt.

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        • 8 .5

          Wie kann das sein? Wie ist es möglich, dass vor 30 Jahren ganz ohne die massive Rechenleistung, die uns heute zur Verfügung steht, Special Effects abgeliefert wurden, die so viel geiler sind als alles, das ich in den letzten 10 Jahren im Kino gesehen habe? Jede mutierte Abomination, jede Gallone Blut, jedes Organ zu viel oder zu wenig in "The Thing" schlägt mitten in die Magengrube und das Gesicht des guten Geschmacks. Ich liebe es. Meine Lieblingsszene: als der Torso des Typen, der wiederbelebt werden soll, plötzlich den Arm des Helfers abbeißt. Jawoll. Das soll dich jemand, der den Film nicht gesehen hat, überhaupt erstmal vorstellen. Was mir auch nicht klar war, ist wie extrem stark die Resident Evil - Spiele sich hier ihr Monsterdesign abgeguckt haben. Zurecht, die Viecher sind aus den tiefsten Schlünden der Hölle.
          Es ist reiner Zufall, dass ich erst vor kurzem "Alien" nochmal gesehen habe, der in vielen Belangen Parallelen zu "The Thing" aufweist - eine fernab isolierte Crew, Misstrauen, eine Lebensform, die sich über "Infektion" ausbreitet; "The Thing" ist vom Niveau her fast ebenbürtig, aber fühlt sich für mich weniger "steril" an, ist "menschlicher". Das schägt sich auch darin nieder, dass er deutlich mehr Spaß macht als "Alien". Dennoch ist er oftmals auch echt nervenaufreibend.
          Tolles Setting, toller Score, starke Darsteller - absolut rundes Ding. Lieber einen 70er/80er-Horrorfilm auf diesem Niveau statt Prometheus? Jeden Tag.

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          • Mich hat HIMYM noch bis einschließlich der 6. Staffel begeistert, die 7. war in der Tat unter Niveau. Es soll bitte einfach zu Ende gehen, zur Kunst gehört es auch, zu wissen, wann man Schluss machen soll.

            • 6

              Das größte Problem dieses Filmes offenbart sich meiner Meinung nach in den ersten 5 Minuten: der Film lässt sich keine Sekunde Zeit ein Alien-Gesicht in Nahaufnahme vor dem Hintergrund eines aufsteigenden Raumschiffes zu zeigen; dahin ist die Subtilität, das große Unbekannte, das den Zuschauer auf beinah magisch wirkende Art an das Universum von Prometheus hätte fesseln können. Übrig bleibt völlig entlarvtes Sci-Fi, das zwar nicht auf gar fürchterliche Weise umgesetzt wird, das aber dennoch massiv Potenzial verschleudert.
              Die Charakterzeichnung fasst alle Klischees zusammen, auf die man so kommen könnte - es gibt das Arschloch, die Visionärin, den Söldner, you name it. Meist wird diese jeweilige Rolle im Film auch nicht überschritten. Ich mag Fassbenders Performance auch sehr gerne, aber bin nur ich es, der das Gefühl hatte, dass man sich mehr als stark an Commander Data bzw. dessen Bruder Lore aus Star Trek orientiert hat? Das hat mir schon ein wenig sauer aufgestoßen, mir hat es da an Originalität gemangelt.
              Storymäßig hab ich nicht viel zu meckern, auch wenn es kurz mal einen Durchhänger um die Mitte herum gab - sowohl der Anfang wie auch die Konklusion haben mir gefallen. Mir ist auch nicht verständlich, warum so viele scheinbar nörgeln, es wären zu viele Fragen offen geblieben etc - wer mag, dem erkläre ich die Story gerne, wenn ich dafür im Gegenzug vllt die Story von The Dark Knight Rises erklärt bekomme?
              Prometheus spielt in einem sehr interessanten Universum, von dem ich gerne mehr sehen möchte; leider rechne ich nicht damit, dass auch in der eventuell folgenden Fortsetzung eine Art der Umsetzung gewählt wird, die mir mehr zusagt.

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              • 10

                Die Atmosphäre von "Alien" ist absolut furchteinflößend. Steril, kalt, lebensfeindlich - nichts in diesem Film ist "schön" oder behaglich. Die Nostromo ist ein riesiges Werkzeug, ein industrieller Monolith, in völliger Isolation fernab von der nächsten Kultur. Die Crew besteht aus Arbeitern, die primär aus egoistischen Motiven heraus handeln, zwischen welchen keinerlei Synergie entsteht - Zwischenmenschlichkeit bedeutet hier nichts als Kampf.
                Dieses anstrengende Szenario wird durch die Kunst Gigers in seiner Fremdartigkeit betont und auf eine der härtest denkbaren Arten ästhetisch umgesetzt. Der biomechanische Surrealismus macht den Film unikat und stellt nichts anderes als eine Meisterleistung dar. Das Getriebensein, die Zerbrechlichkeit und die Angst der Crew wird stellenweise unerträglich, und das meine ich auf eine rein positive Art. Leider verhalten sie sich stellenweise schlicht dumm und evozieren im Zuschauer eine störende Wut; die manchmal unverständliche Charakterzeichnung würde ich dem Film als den größten Makel ankreiden. Ridley stellt zwar die Figur dar, welche am meisten Köpfchen hat, mit der man sich identifizieren kann und soll, dennoch ist auch sie nicht zu jeder Zeit davor gefeit.
                Die Dramaturgie hingegen ist durchweg gelungen. Das Unbekannte bleibt in jedem Moment gleichzeitig spannend und erschreckend, die Ambivalenz davon abgestoßen oder angezogen zu sein wurde perfekt getroffen - bis der Film in ein prägnantes und treibendes Ende mündet, das mich völlig zufrieden zurückgelassen hat.
                Ein Film der sich die Bezeichnung "Horror" voll verdient hat und der zurecht einen Klassiker des Genres darstellt.

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                • 6 .5

                  Nach der beinahe universell gehassten Adaption von "Alice im Wunderland" macht Tim Burton mit "Dark Shadows" meiner Meinung nach wieder einen Schritt in die richtige Richtung, vergeudet dabei jedoch leider einiges an Potenzial. Johnny Depp's Rolle fand ich hervorragend umgesetzt, vor allem die altenglischen Dialoge - ich empfehle unbedingt die Originaltonspur! - haben wunderbar funktioniert; da verzeihe ich es, dass sich die Rolle samt ihrer Besetzung anfühlt wie zigmal neuaufgelegt. Auch die anderen Charaktere haben Spaß gemacht, Michelle Pfeiffer geht in ihrer Rolle als wohl teuflischster Ex die man haben kann richtig auf und genießt jeden bösartigen Atemzug ihres Schauspiels. Chloë Grace Moretz ist wohl die offensichtlichste Besetzung für eine pubertäre rebellische Tochter, die man finden kann, aber die Kleine hat auch echt Feuer und macht ihr Ding richtig gut.
                  Burton erschafft wieder eine detailverliebte romantisch-düstere Welt, die unverkennbar seine Handschrift trägt, aber ich würde mir eigentlich mal wünschen, dass der Mann etwas Neues wagt. Die Story ist ganz gut, ich kenne die Serie auf die der Film sich bezieht aber leider nicht. Der größte Makel des Filmes liegt meiner Meinung nach im völlig albernen und komplett unpassenden Humor. Den Vampir aus dem 18. ins 21. Jahrhundert zu reißen und ihn dann über unbekannte Technik stolpern zu lassen etc. ist so ausgelutscht, dass es einen zu Tränen langweilt und das Niveau der Umsetzung wäre vielleicht einem RTL2-Kinderfilm würdig. Er hat die sonst wirklich gelungene Atmosphäre zum bersten gebracht und mich richtig gestört.
                  Das ist gerade deshalb schade, weil "Dark Shadows" wirklich seine Momente hat; hoffentlich bleibt die positive Tendenz bestehen und Burton beschert uns nächstes Mal wieder etwas richtig gutes.

                  • 7

                    Ein bisschen spät bin ich ja schon dran... aber nun kam ich endlich dazu, mir "The Dark Knight Rises" zu Gemüte zu führen. Enttäuscht bin ich nicht, aber perfekt ist auch nicht alles.
                    Für mich war es sicher nicht die Story, sondern die Faszination, die einzelne Charaktere ausstrahlen, die Nolans Trilogie immer wieder sehenswert gemacht hat. Catwoman war für mich die große Überraschung des Filmes, besonders in der ersten Hälfte. Elegant, sexy und tödlich - so stell ich mir die Rolle vor, und Anne Hathaway verkörpert genau das. Ich find's schade, dass ihr nicht noch mehr Platz gegeben wurde. Auch Bane macht seine Sache hervorragend; die Ambivalenz seines eloquenten Ausdruckes und wilder Brutalität gelingt hervorragend. Die Szenen, in denen Batman und Bane handgreiflich werden, gehören für mich zu den besten Action-Szenen des Filmes. Batman selbst gerät stellenweise fast zu einer Nebenfigur, was irgendwo gerade deshalb seltsam ist, weil es nicht groß stört.
                    Wen ich nicht leiden kann und noch nie leiden konnte ist Alfred, das pseudointellektuelle Geschwalle bringt mich zum Würgen. Ebenfalls hat mich der "Twist" gegen Ende gestört, der den eigentlichen Drahtzieher der Geschichte aufgedeckt hat: die Dramaturgie befahl nämlich, dass das ein großer Aha-Moment hätte sein sollen, ich konnte jedoch nicht anders, als "Wer warst du nochmal?" zu fragen, da besagter Charakter vorher einfach kaum ausgebaut worden war. "Robin" war ebenfalls eine Enttäuschung, der Charakter hat sich viel zu leer angefühlt, besonders gemessen daran, was für ein gewichtiges Ende ihm geschenkt wurde.
                    In der Film-Welt vergeht ne Menge Zeit in "The Dark Knight Rises", viele Monate. Das wurde nicht geschickt auf die Leinwand übertragen. Es fühlte sich für mich an wie wenige Tage, wenn überhaupt, aber die Ereignisse hatten es nötig, an dem Zeitrahmen relativiert zu werden.
                    Unterm Strich fühlte es sich an wie ein typischer Nolan-Film, im Guten wie im Schlechten. Ich bekäme es nicht über's Herz einem ästhetisch so aufwendigen und gelungenen Film eine schlechtere Punktzahl zu geben, aber storytechnisch gewinnt man hier keinen Preis und leider ist auch die Charakterzeichnung der im Vorgängerfilm unterlegen. Sehenswert ja, aber der Zenit der Trilogie war leider bereits überschritten.

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                    • 9

                      "To Rome With Love" - nach seinem mitternächtlichen Ausflug in Paris hat Woody Allen nun Rom für das nächste Reiseziel auserkoren. Mithilfe eines fantastischen Casts, gut verdaulicher Skurrilität und jeder Menge Charme erschafft er einen romantischen Fiebertraum, der Paris um den Titel als "Stadt der Liebe" schwitzen lässt.
                      Ich will vorab ein Bias meinerseits aufdecken, und vielleicht auch den Leser ein wenig neidisch machen, doch wenn ich an meine persönliche Erfahrung mit Rom denke verfalle ich sofort in amouröses Schwelgen, da ich wunderschöne Erinnerungen mit der Stadt verbinde. Deshalb hat der Film sicher mit mir besonders stark resoniert. Es fällt mir aber schwer zu glauben, dass die dargestellte irrwitzige Leidenschaft irgendeinen Zuschauer völlig kalt lassen kann. Es geht hier nicht um die anspruchsvolle und schwierige Liebe, nicht um Tiefgang, sondern um Abenteuer: um die eine überwältigende Nacht, in der man sich völlig vergisst, und sich im Nachhinein wundert, ob man denn wirklich man selbst war. Es geht um die Erfüllung von Träumen. Um Ruhm, um Talent - der Exzentrik sind hierbei keine Grenzen gesetzt.
                      Im Film passiert recht viel, und viel davon passiert ohne direkten Zusammenhang, doch wegen des integren Grundthemas wirkt dennoch alles stimmig. Ich mochte die meisten Figuren gerne und Woody Allen hat sich selbst eine der witzigsten Rollen des Filmes gegeben, die er zudem ganz herausragend umsetzt. Der Humor hat einfach funktioniert. Ich habe den Film in einem kleinen Programmkino im Originalton gesehen, und der Saal war durchgängig am Lachen.
                      Irgendwann muss man dann jedoch aufwachen aus dem Fiebertraum. Und dann ist man froh, dass man wieder zu sich gefunden hat, und sei man ein gewöhnlicher Arbeiter, ein Leichenbestatter, oder in einer monogamen Beziehung, die den Gipfel ihrer Hitze bereits hinter sich hat. Man lebt weiter, als wäre nichts gewesen, und man fühlt sich wohl in der bekannten Struktur; doch man ist eine intensive Erinnerung reicher, an die man zeitlebens in sich hineinschmunzelnd zurückdenken kann.

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                      • 10

                        Ich will damit einleiten, dass ich kein Fan vom echten "Supertramp" bin. Das Leben des Christopher McCandless ist eine Geschichte für sich, über die ich hier nicht sprechen will.
                        Der Film jedoch ging mir sowas von unter die Haut. Für mich ist das hier kein biographischer Film; ich will nichts per se daraus "lernen", ich will auch keine ethischen Implikationen ableiten. Für mich geht es hier um die Phantasie der ultimativen Freiheit - losgekoppelt von allen Grenzen, die wir in der westlichen Welt als so natürlich erleben, dass wir nicht einmal mehr bemerken, wie sehr sie uns versklaven, weckt dieser Film Wünsche und Träume im Zuschauer, von denen er nie wusste, dass er sie hat. Reißt man sich aus diesen emotionalen und materiellen Gefügen heraus, lässt man Trümmer zurück - kaputte Autos und gebrochene Herzen - doch zu jedem Zeitpunkt muss man den unglaublichen Mut bewundern, den ein solcher Lebensweg erfordert. Vielleicht erfordert er auch Wahnsinn, ja - doch dieser letzte Sprung in die Strukturlosigkeit ist nur konsequent. Eben diese Ambivalenz wird wunderschön und ergreifend in den zwischenmenschlichen Begegnungen demonstriert, die der Protagonist unterwegs macht. Er ist rücksichtslos, ja, aber wie kann man nicht ein wenig Neid auf ihn verspüren?
                        Der Zuschauer kann es sich bequem machen, wenn er "Into the Wild" ansieht. Außer ein wenig Ausdauer wird eigentlich nicht viel gefordert, das hier ist eine Reise, die man aus erster Klasse begleiten kann. Supertramp war kein verwirrter Junge - er wusste genau, was er will. Diese Klarheit überträgt sich auf den Zuschauer und macht den Film gleich einem Schwall erfrischender Bergluft, ungewohnt und kalt, dennoch belebend.
                        Auf handwerklicher Ebene ist alles so rund, dass ich fast völlig vergessen könnte, dass es sich hier um Schauspielerei und Fiktion handelt. Soweit ich es beurteilen kann sind die wahren Fakten auch auf sehr elegante Weise in die Handlung verwoben, seien es die Schauplätze oder Tagebucheinträge des Supertramp. Ich finde das auch problematisch und will keine Glorifizierung von McCandless gutheißen; die hier dargestellte Bewertung bezieht sich rein auf das hier präsentierte Kunstwerk, das es aber schafft, mithilfe dieses Stilmittel noch mehr Tiefgang zu erreichen. Ich denke an das Portraitbild am Ende - Gänsehaut.
                        Die Aussage, dass ein Film einen mit auf eine Reise nimmt, kann man nicht weniger metaphorisch meinen, als wenn man sich auf "Into the Wild" bezieht. Dieses Stück Kunst ist nicht nur beinahe makellos, sondern auch einzigartig und eine tiefe Inspiration für jeden, der den Ruf der totalen Freiheit hören kann.

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                        • 7

                          Ein sehr ungewöhnlicher und cooler Film. Die Story ist unikat, die Charaktere treffen eine angenehme Mitte zwischen Schrägheit und Identifikationspotenzial, die Gags sind wohldosiert und gelungen. Clooney und McGregor geben ein gutes Team ab, hat mir gefallen. Von Spacey hätte ich gerne mehr gesehen, aber das könnte ich soweit über fast jeden Film sagen, in dem er mitspielt. Dennoch hält "Männer, ..." den Zuschauer, oder zumindest mich, arg passiv. Das merke ich eben beim Schreiben dieses Kommentars; ich habe kein Bedürfnis, den Film zu analysieren - dafür scheint er mir nicht gemacht - und ebensowenig will ich die Faust gen Himmel recken und etwas kundtun, sei es Begeisterung oder sonstwas. Dabei hat mir der Film gut genug gefallen, dass ich ihn nochmal sehen könnte ohne darunter zu leiden.
                          Zum Schmunzeln brachte mich der Eingangskommentar: "More of this story is true than you would believe." - sind doch tatsächlich viele esoterischen Praktiken der westlichen Welt überraschend nah abgebildet worden, wenn auch freilich nur in geringer Tiefe.
                          Hatte schon was, das alles.

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                          • 10

                            Scheißt auf "God Bless America"; God Bless "Team America" und das herausragende Duo Trey Parker und Matt Stone! Was die beiden hier abgeliefert haben ist die ultimative Amerika-Satire - pechschwarz, verdammt witzig und clever ohne Ende. Die Klischeebedienung geschieht auf Savant-Level, hier wird nichts ausgelassen; jede Szene erreicht das perfekte Gleichgewicht aus einem Augenzwinkern und der Ernsthaftigkeit, ohne welche Comedy nicht funktionieren kann.
                            Fast jede Szene veralbert irgendetwas oder irgendwen, doch bleibt auch ohne diese Komponente genug Substanz übrig, um mehr Action-Komödie zu sein als 90% aller halbgaren Versuche, die sich als solche schimpfen. Die Sozialkritik, die dieser Film bringt - und er bringt ne Menge - wird immer elegant metaphorisch dargestellt, überdeutlich und doch nie penetrant. Die Lieder sind einfach genial. Jedes einzelne davon hat Ohrwurmcharakter, bringt einen zum feiern, zum schmunzeln, was gerade anliegt; Kim Jong Il bietet hier die beste Performance seines Lebens, alles was der aus Fleisch und Blut in Nordkorea so zeitlebens geboten hat mit eingeschlossen.
                            Bisher hab ich die Puppenoptik noch gar nicht angeschnitten, da der Film auch unabhängig von ihr so viel zu bieten hat - doch auch diese ist durchweg gelungen. Die Puppen sehen so gut aus, dass man während dem Schauen völlig vergisst, dass es welche sind; dennoch ist der Stil entfremdet genug, dass die Szenen ihre beabsichtigt humoristisch-satirische Wirkung entfalten können, ohne dass empathische Komponenten irgendetwas verwirren. "Team America" weiß genau was es sein will und bringt es dem Zuschauer mühelos bei.
                            Für mich ist das hier die perfekte Komödie. Komödien haben es extrem schwer bei mir, ich mag so gut wie gar keine - diese trifft voll ins Schwarze. Ich habe nichts auszusetzen und kann nur hoffen, dass ich früher oder später dazu komme mir "The Book of Mormon" ansehen zu dürfen.
                            MATT DAMON!

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                            • 8 .5
                              über Brick

                              Zu Beginn fand ich Brick richtig befremdlich. Ich hatte vorher nichts darüber gelesen und wurde somit völlig ohne Vorwarnung in ein Universum geschickt, in dem andere Naturgesetze walten, als in dem meinigen; nach einiger Zeit der Eingewöhnung lernte ich es jedoch diese seltsame Welt sehr zu genießen.
                              Nachdem die zu Beginn noch störenden Fragen wie "Warum ruft das Kind nicht die Polizei?"; "Welcher Junge in dem Alter SPRICHT so?!" langsam verschwinden kann man nämlich bemerken, wie verdammt clever die Prämisse eigentlich umgesetzt wurde. Das Highschool-Szenario wurde reibungslos in ein Noire-Welt assimiliert, ohne dass viel verdreht hätte werden müssen - sicher kostet das den Film einiges an Stil, dafür gibts ein Plus an Kreativität. Auch die Charaktere sind in ihren Rollen einfach so stimmig. Das Szenario macht "Brick" zu etwas sehr besonderem, das die ohnehin hervorragende Story vor der Konkurrenz hervorhebt. Wichtig für dieses Resultat ist, dass der Film sich zu jeder Sekunde ernst - aber nie zu ernst! - nimmt, eine Leistung, die sich in der Performance der Darsteller wiederspiegelt. Nicht nur ist die Umsetzung herausragend, viele Charaktere sind auch sehr einprägsam, so der Pin, Tug, Laura, Dode... alle sind sofort als unikate Persönlichkeit spürbar.
                              Die Dramaturgie hätte vielleicht stellenweise besser sein können, aber die Story ist auf jeden Fall spannend und erreicht eine zufriedenstellende Konklusion. Top Film, auf den man sich aber einlassen muss.

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                              • 9 .5

                                Jede Faser von "Der Pate" atmet Klasse. Coppola gelingt das Kunststück, 3 Stunden anspruchsvollen Stoff packend aufzubereiten: von treibender Spannung, geschmackvoller Romanze bis hin zu verkopften Dialogen gelingt alles, und liefert dabei eine Atmosphäre ab, die sich in Scheiben schneiden lässt. Die Schauspielleistung ist hierbei ganz unglaublich; die Rolle von Marlon Brando ist nicht umsonst legendär, aber jede kleine Rolle fühlt sich wichtig an. Dies hat den Effekt, dass jeder der vielen Tode unter die Haut geht, das Dahinscheiden jedes Charakters emotional bemerkt wird - nicht nur im Gangsterfilm, sondern genreübergreifend ein Merkmal herausragender Qualität. Die Protagonisten zeichnet vor allem Würde und eine bewundernswerte Wertverbundenheit aus, welche dem Zuschauer jede Scham nimmt, emotional hinter mafiösen Strukturen zu stehen - dennoch wird zu keinem Zeitpunkt die Handlung verblümt oder verschleiert. Die Dramaturgie ist überraschend und einzigartig, nie weiß man, wen es zunächst erwischt, auch die prägnantesten Hauptcharaktere sind vor niemandem sicher. Jede Entscheidung, die von den Drehbuchautoren schlussendlichst getroffen wurde, fühlt sich - auch wenn sie schmerzhaft sein sollte - richtig und stimmig an und selten begegnet mir ein Ende, das mir so wenig Möglichkeiten gibt, mich daran zu stoßen.
                                Ein Meilenstein, der jeden Superlativ verdient hat, und damit natürlich nicht zuletzt seinen Klassikerstatus.

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                                • 7 .5

                                  Die tragende Säule des Films, nämlich die Geschichte Benjamin Buttons, hat mich auf ganzer Linie überzeugt. Beinahe 3 Stunden sind eine lange Zeit, gar keine Frage, doch mir wurde zu keiner Minute langweilig. Die Kernidee des Rückwärtsalterns bot einen höchst interessanten wie effektiven Betrachtungswinkel bezüglich dessen, was "Alter" eigentlich bedeutet - ein Geist von welcher Reife in dem alten bzw. jungen Körper steckte war nicht immer einfach abzuschätzen und somit wurden viele der gewohnten Schemata, mit welchen man Menschen klassifiziert, umschifft. Die eigentliche Charakterentwicklung bewegte sich allerdings auf seichtem Hollywood-Niveau, was sehr schade ist. Ebenfalls wurden viele situative Details so glattgeschliffen, dass die Story möglichst ohne Umwege auf ihren Punkt kommen konnte. Besonders beeindruckend ist es natürlich, wenn Anspruch mit flüssigem Storytelling Hand in Hand geht, doch mir ist lieber, man hält alles bewusst zugänglich, als dass der Versuch eines tiefschürfenden Dramas furchtbar in die Hose geht.
                                  Ich finde die Hauptcharaktere gelungen. Sowohl der "alte" Benjamin mit derber schroffer Stimme wie auch die mittleren Jahre, in welchen er durch Brad Pitt verkörpert wird, finde ich gut umgesetzt. Cate Blanchet ist ebenso eine Besetzung, die durch die Bank weg funktioniert. Von den Nebencharakteren wird mir der "Künstler" bzw. Schiffskapitän am meisten in Erinnerung bleiben.
                                  Nicht so toll fand ich die Szenen im Krankenhaus. Dass eine Story durch die Memoiren der alten Hauptcharaktere an den Zuschauer gelangt ist zum einen eine Idee, die mehr als ausgelutscht ist, zum anderen verstehe ich nicht, warum man nicht einfach eine Geschichte erzählen kann ohne sie durch eine erzwungene Rahmenhandlung zu rechtfertigen. Die alte Daisy ist zudem so unerträglich melancholisch-aufgesetzt und schwülstig, dass mir schlecht wird. Die Szene recht zu Beginn, in welcher die Uhr aufgehängt wird, die sich rückwärts dreht, fand ich für sich genommen sehr interessant, sie ist für meinen Geschmack aber zu lose im Film platziert.
                                  Unterm Strich bleibt feines Hollywood-Kino, das es schafft zu berühren. Die Idee ist so simpel wie effektiv und der Film besticht durch liebevolle Umsetzung, einer Geschichte mit sanftem Abgang (die aber auch kein Risiko eingeht) und einer ganzen Hand voll netter Ideen ("Did I ever tell you I got hit by lightning SEVEN times??").
                                  3 Stunden meines Lebens, die ich gern hergegeben habe.

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                                  • 6

                                    Ein Film wie dieser steht und fällt mit seinen Hauptfiguren. Nun soll mich keiner missverstehen: River Phoenix und Keanu Reeves spielen sie ausgezeichnet, mir sind die Charaktere lediglich von ihrer Grundidee her zu unscharf. Ihnen fehlt Richtung; mir ist schon klar, dass das Intention war, aber der Effekt auf mich war dass ich mich genauso ziellos und desorientiert fühlte wie die Herrschaften auf der Leinwand. Mindestens die ersten zwei Drittel des Filmes plätschern dahin, ganz ohne Momentum, und ich fand die Figuren einfach nicht interessant genug, als dass mich das nicht gestört hätte. Sobald sich der Storybogen bzgl. der Suche nach der Mutter herauskristallisierte konnte ich den Film ungleich mehr genießen. Und dann war da eine Schar von Szenen, welche ich - Hand aufs Herz - so gar nicht einsortieren konnte und die mich sowohl bezüglich Sinn wie auch Wirkung völlig im Dunkeln ließen. Alles wirkte so fragmentarisch; als hätte man mir ein 1000-Teile Puzzle gegeben bei dem 300 Stück aus verschiedensten Ecken fehlen, und dann habe ich 2h Zeit um etwas daraus zusammenzusetzen.
                                    Meine Wertung habe ich kurz nach dem Ansehen gegeben, und in dem Moment fühlte sie sich richtig an; darum belasse ich sie. Wenn ich jetzt den Film aber überschlage, weiß ich nicht, wie ich überhaupt auf eine so hohe Wertung gekommen bin. Ich erinnere mich nur noch nebulös an "My Private Idaho" und habe absolut keinen Bedarf, die Erfahrung zu wiederholen.

                                    • 9

                                      Mein erster Film von Wes Anderson; ohne das Werk des Herren zu kennen hatte ich eine gewisse Vorstellung von dem, das mich erwartet, und ich wurde in keinster Weise enttäuscht - "Moonrise Kingdom" ist ein wunderschöner Film.
                                      Das Kernthema des Filmes ist die Entwicklungsblüte der beiden blutjungen Haupdarsteller, die ganz nebenbei Bill Murray, Bruce Willis und Edward Norton in Grund und Boden schauspielern. Selten habe ich den sensiblen Beginn der Adoleszenz so intim und gleichzeitig würdevoll cineastisch dargestellt gesehen; irgendwie ist es gelungen im Phantasieland des Moonrise Kingdom alle Vernunft und Moral verdunsten zu lassen um die destillierte Schönheit einer großen Liebe aus Kinderaugen einzufangen. Dieses Vorhaben muss mit den Darstellern stehen und fallen, doch die Umsetzung war herausragend und zeugt von beeindruckend tiefem Verständnis der gespielten Szenen.
                                      Es ist nichts seltenes, dass das Heranreifen eines Kindes - welches von Natur aus formsprengend sein muss - durch überforderte und selbst im Kern instabile Erwachsene erstickt wird, welche sich verzweifelt bemühen, ihre Umwelt überschaubar zu halten, notfalls mit dem Megaphon. Manchmal gewinnt jedoch die überschäumende Energie des Kindes, und in "Moonrise Kingdom" erlaubt man es sich die Phantasiewelt, entsprungen zweier verliebter junger Menschen, Realität werden zu lassen, und sei es nur für eine Nacht. Zeitweise wird diese Phantasie ein wenig zu einem Fiebertraum, ich denke an den erwachsenen Pfadfinder, der die beiden liiert - ich habe zwar nichts gegen das letzte Drittel des Filmes, doch das entrückte Equilibrium, das in der Bucht erreicht wurde, wird hier aus dem Gleichgewicht gerüttelt. So konnte ich es auch nur schwer ignorieren, dass ein Blitz den Jungen trifft und dann so getan wird, als wäre nichts gewesen. Nichts hat sich jedoch in einem Maße verkehrt angefühlt, dass der Film viel an Qualität eingebüßt hätte.
                                      Der Soundtrack war unheimlich stimmig und wie der Film leise und tief. Optisch war der Film herausragend: jede Szene beweist, dass nicht nur ein talentierter Dramaturge, sondern auch die Augen eines Künstlers diesen Film formten. Ein paar Mal erinnerten mich die ausgeklügelten Set-Ups, die bis ins letzte Detail stimmig wirkten, gar an Kubrick. Auch der Aufbau des Filmes ist herausragend; wie im den Rahmen gebenden Orchesterstück werden einzelne Nuancen einer subtilen und komplexen Gefühlswelt überschaubar entwirrt, um sie im Finale in aller Kraft schallen zu lassen.
                                      Niemand darf in diesen Film mit der Erwartung gehen stets laut zu lachen. Dieser Film fordert auch die Aufmerksamkeit und das gesamte emotionale Register des Zuschauers. Der Grundton ist jedoch warm und optimistisch, und ich kam zumindest aus dem Schmunzeln nicht raus. Ein wertvolles Kinoerlebnis.

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                                      • 6

                                        Ich mochte den ersten Sherlock von Guy Ritchie echt gern. Die Melange aus charismatischen Hauptdarstellern, bissigem Humor und erfrischend auf den Punkt gebrachter Action ergab ein angenehm simples Stück Filmkunst, das ich mir gerne mehrfach angetan habe.
                                        Während die Zutaten, die mir den ersten Film so schmackhaft gemacht haben, dieselben geblieben sind, kann ich mit den manipulierten Mengenangaben leider wenig anfangen. Gleichgeblieben sind ein wunderschön detailverliebt designtes London des neunzehnten Jahrhunderts, welches ich sehr wertschätze, und hochinteressante Hauptcharaktere, die so viel Spaß machen wie sie als Persönlichkeiten fesseln.
                                        Auf mich wirkt's ansonsten aber, als hätte man bei einem Kuchenrezept ein Dreiviertel des Mehls mit Zucker vertauscht; eine kindische Idee, die ein viel zu süßes Resultat liefert, dem völlig an Substanz und Form fehlt.
                                        Vielleicht lag's an der Flasche Wein - wenn ja, verzeihe man mir - aber ich hatte die Hälfte der Zeit keinen Plan, was hier eigentlich gerade passiert. Die Schauplätze werden sprunghaft gewechselt, die Story wird viel zu nebulös konstruiert und vorangetrieben; erst gegen Ende atmet der Film tief durch und alles wird etwas überschaubarer. Das macht die ersten 1,5h leider nicht genießbarer und läd auch nicht zum zweiten Mal ansehen ein. Für mich fühlte sich "Spiel im Schatten" an, als würde es unter der typischen "Sequel-Krankheit" leiden - höher schneller weiter, aber das Wesentliche völlig außer Acht gelassen. Mir würde es schwerfallen, jemandem zu erklären, worin genau die Handlung eigentlich bestand.
                                        Ein unnötiges Übel, da der erste Film das Gleichgewicht aus Story und Action so gut getroffen hat. Viele Szenen sind für sich genommen dennoch hochwertig, aber für meinen Geschmack ist eine Story, die lediglich den Zweck zu besitzen scheint, die Aneinanderreihung von Actionszenen irgendwie zu rechtfertigen, unverzeihbar. Ich schaue lieber noch ein viertes Mal Teil 1.

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                                        • 6 .5

                                          Ich wundere mich immer ein wenig über "Jackie Brown". Mehr als jeder andere Titel im Repertoire dieses Regisseurs fühlt er sich an wie ein "normaler" Film; ein Heist-Movie mit lässigen Charakteren und semi-überraschenden Plot-Twists, dazu mäßig Flair abgerundet mit ein wenig Action. Unabhängig davon, dass dies die Erwartungen, die ich an einen Tarantino-Film habe, etwas umschifft, bedeutet das ja nicht gleich etwas schlechtes. Dennoch bleibt der Nachfolger des legendären "Pulp Fiction" für mich der mittelmäßigste und grauste Eintrag in Tarantinos Filmographie.
                                          Loben will ich zu Beginn Samuel Jackson: ich finde es faszinierend, mit welchen kleinen Modifikationen sich das Äußere dieses Mannes derart stark ändert, was die gelungene Differenzierung seiner Figuren unterstreicht: die Rolle des Ordell Robbie hebt sich vom restlichen Cast gekonnt ab und bleibt am ehesten im Gedächtnis haften. Im Gegensatz dazu kann ich die Rolle von De Niro nicht anders als verpulvert bezeichnen. Es war denke ich eine ganz bewusste Entscheidung, eine derart farblose, langsame Figur mit einem famosen Charakterdarsteller zu besetzen, um ihn ein wenig spürbarer zu machen, im Endeffekt hätte die Rolle aber jeder übernehmen können. Dafür ist er für eine der coolsten Szenen im Film verantwortlich, die mich herzlich zum Lachen gebracht hat (als er Melanie erschießt).
                                          Mein größter Kritikpunkt sind die Hauptdarsteller. Ich weiß wirklich nicht, woran es genau liegt, aber ich finde die beiden so träääge. Sie wirken einfach wie die größten Normalos, die man auftreiben kann, die wohl ihre gerissenen Seiten haben, um an so einem Spektakel überhaupt teilzunehmen, aber man kann sich das wirklich nur ableiten, man spürt es nicht. Das mag subjektiv sein, aber ich mochte die beiden nicht, und das hat mich daran gehindert, emotional an dem Film teilzunehmen.
                                          Die Story ist clever, aber auch sehr basisch, und zwar leider auf eine Art, die sich ausgelutscht, und nicht auf den Punkt gebracht anfühlt. Auch der Soundtrack trifft diesmal nicht meinen Geschmack, er scheint mir genauso verwässert und konturlos wie die Protagonisten.
                                          Ich weiß nicht, was genau die Intention hinter diesem Film war, vielleicht wollte ihn der Regisseur ja genau so. Schlecht ist er keinesfalls, nur einfach nicht wirklich was für mich.

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                                          • 4 .5

                                            Jeder, der einigermaßen bei rechtem Verstand ist, kapiert, dass die westliche Welt sich in ihrer Endzeit befindet. Ich spreche von keinem 2012-Quatsch und auch nicht von der Wiederkehr des Antichristen, sondern davon, dass sich - vermutlich noch in der Lebensspanne der meisten Leser dieses Kommentars - massive, vermutlich destruktive, Umwälzungen ergeben werden und das Weltbild sich stark ändern wird. Aber was soll's, wir hatten einen guten Lauf.
                                            Angesichts dieser Aussichten vergebe ich es den meisten, wenn sich ein gewisser Kulturpessimismus einstellt, eine große Wut sogar auf die menschliche Rasse und auf die Systeme, die sie geschaffen hat. Wenn es einen Bereich gibt, in welchem diese Wut und diese Verzweiflung vollen Ausdruck finden darf, dann ist es die Kunst: keinerlei Ethik soll hier meiner Meinung nach Grenze ziehen, sei es in Musik oder Film.
                                            So wie wir erschaffen, so zerstören wir auch, das wussten schon die alten Ägypter. Wenn etwas in eine Sackgasse gerät, dann muss man vielleicht alles erst abreißen, bevor wieder Fortschritt entstehen kann.
                                            Doch ich bin gar nicht sicher, warum ich so hochtrabend einleite, denn all das bietet "God Bless America" nicht. Was dieser Film - und da war ich mir bis zum Schluss nicht sicher - leider vergisst, ist, dass die Leute die vor allen andren durchdrehen, die schwächsten und erbärmlichsten sind, die, mit der kleinsten Widerstandsfähigkeit, um mit ihrer Umwelt umzugehen. Wer kein Schwächling ist, macht nämlich die Glotze aus und sucht sich ein Hobby. Oder, noch besser, wird konstruktiv. Angesichts unserer Lebensumwelt konstruktiv zu werden ist verdammt hart und jeder, der es nur versucht, hat meinen vollsten Respekt - darüber könnte man mal'n Film drehen.
                                            Und was bitte sollte dieses Mädchen? Im Mädchen seh ich den Hinweis, dass der Regisseur, ganz in meinem Sinne, eine zweiseitige Geschichte erzählen will, denn sie war ja wohl'n verwöhntes Gör, dem's zu gut ging. Das größte Problem mit ihr ist für mich die himmelschreiend unrealistische Charakterzeichnung, selbst ein Zeichentrickfilm hätte sie zurück in den Notizblock des Autors gewürgt.
                                            Will ich bitteren Kulturpessimismus, schaue ich "Menschenfeind". Will ich Bonnie & Clyde, schau ich "Natural Born Killers". Will ich Amok, präferiere ich Bolls "Rampage".
                                            Der Film endet doch tatsächlich auf eine Art und Weise, die mir nichts andres übriglässt, als die Geschichte als Art der Glorifizierung wahrzunehmen. Hat das seine Daseinsberechtigung? Klar, Kunst darf alles. Ist das für mich? Absolut nicht. Mir gibt's das Gefühl, ich könnte dann auch gleich den nächsten Flug nach Utøya nehmen und einen Schnaps auf einen gewissen Norweger trinken.
                                            Ich mag viel dunkles makaberes Zeug, aber immer aus dem Blickwinkel der Konfrontation und der Katharsis. Das ist nur bei Tiefgang möglich, der diesem Film abgeht. Jede menschliche Interaktion beruht auf billigsten Heuristiken.
                                            Punkte für gelungene Dialoge, teilweise gute Schauspielleistungen, und einige - für sich genommen - gute Szenen, die allerdings im Gesamtwerk fahlen Beigeschmack erhalten.

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                                            • 9 .5

                                              Im Gegensatz zu offenbar vielen andren, finde ich absolut, dass die beiden Kill-Bill-Teile eigenständige Filme darstellen. Die Aufteilung mag nicht ganz willentlich geschehen sein, aber es hat einfach gepasst: nach dem furiosen Gemetzel aus Teil I widmet man sich hier der Charakterentwicklung. Teil II fühlt sich derart anders an, dass nichts redundant, halbfertig oder hingebogen wirkt.
                                              Ich finde die beiden Filme spielen in einer Liga, doch sie werden durch basal unterschiedliche Stärken so gut. Die nonlinear aufbereitete Handlung, die wundervollen Hommagen, das bewusste Overacting (Pai Mei! Grossartig! ^^), das alles ist noch da; die Action wurde jedoch bis auf vereinzelte Szenen zurückgefahren. Dafür darf man hochinteressante Charaktere wie den von Michael Madsen verkörperten Bruder Bill's kennenlernen, der durch die in dem stämmigen Männerkörper steckenden sensiblen Augen des Schauspielers eine unheimlich wirkungsvolle, doch subtile, Tiefe erhält; dann wäre da die Szene mit Don Esteban, was für eine herausragende Besetzung, dass eine eigentlich derart nebensächliche Rolle eine solche Wirkung entfalten kann, ist nicht alltäglich. Und natürlich Bill selbst, der in seinen wenigen, wohldosierten Szenen dem lange Zeit im Schatten gehaltenen Antagonisten mehr als würdig Gesicht verleiht.
                                              Teil II macht nicht ganz so viel Spaß zu schauen, wie der erste Teil, dennoch erinnere ich mich an weitaus mehr Szenen im Detail, was an der tieferen Verarbeitung liegen wird, die sie erlauben.
                                              Und mal wieder der Soundtrack, der voll ins Schwarze trifft und das Filmerlebnis potenziert. Passend zum Film fällt er diesmal um einiges entspannter, aber mit keinem Stück weniger packend aus; die hier erzeugte Atmosphäre kann man in Scheiben schneiden.
                                              Schade, dass es bis zum dritten Teil noch so lange dauert!

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                                              • 9 .5

                                                Tarantino hat ein unglaubliches Händchen für eine geradezu symphonisch anmutende Ästhetisierung von Gewalt. Man nehme z.B. das Spiel mit den Farben: die Braut, blutverschmiert, ganz in schwarz-weiß; durch die grün schattierten Gläser des Cops betrachtet, oder im erwarteten weiß-rot. Der blutrote Abendhimmel hinter dem Flugzeug, oder die knallig-bunte Wohnumgebung von Nr.2. Und natürlich die wohl ausfallendste Kampfsequenz des Filmes, die nach dem ersten Fünftel ebenfalls monochrom dargestellt wird: es wird klar, dass es hier nicht um Handlung, aber auch nicht rein um ein packendes Mitfiebern geht, sondern um ein Neuentdecken bereits bekannter Settings.
                                                Viele Charakterkonstellationen sind so alt wie das Kino selbst, wirken in ihrer Vertrautheit geradezu klassisch, doch sind sie nicht kopiert, sondern gelungene Variationen eines eingängigen Themas. Es handelt sich hier um Hommagen auf Meisterniveau.
                                                Die Mangasequenz darf auch nicht unerwähnt bleiben: der Animationsfilm wurde genau für den Zweck eingesetzt, für den er nach meinem Geschmack auch da ist, nämlich um filmisches Terrain zu ergründen, das mit echten Darstellern unerreichbar bleiben muss. Eine Alternativversion der gezeigten Szenen mit echten Darstellern ist undenkbar.
                                                Das simple Rachemotiv wird geradezu brillant in seiner Einfachheit dazu benutzt, den Zuschauer nach Bedarf zu aktivieren oder zu befriedigen, die Spannungsbögen sind so primitiv in ihrer Form wie effektiv in ihrer Wirkung.
                                                Quentin's Dialoge waren schon immer seine primäre Handschrift und das ist bei "Kill Bill" nicht anders; man merkt wer hier Feder geschwungen hat, und ich persönlich liebe sie, könnte aber niemanden, der da anderer Meinung ist, vom Gegenteil überzeugen.
                                                Die Offensichtlichkeit seiner vielfach eingsetzten Stilmittel sind kein Nachteil, sondern wirken auf mich einfach gekonnt - so wie man in der Schule Goethe liest, um mit dem Buntstift das Versmaß anzuzeichnen, könnte man Tarantino Filme stilistisch als Exempel heranziehen, wie man Filme richtig macht.
                                                Zuletzt bleibt es noch den Soundtrack anzusprechen, der die Stimmung des Filmes abrundet wie ein edler Wein einen guten Käse. Kein Aspekt des Filmes wirkt dahergeschlampt, sondern jede Sekunde spürbar durchdacht und bewusst konzipiert.
                                                Meine Bewunderung für Tarantino muss ich nicht mehr explizit formulieren, man hat sie schon herauslesen können; sein Lebenswerk ist meiner Meinung nach jetzt schon ein Stück Filmgeschichte, und "Kill Bill" ist ein würdiger Teil davon.

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                                                • 8 .5

                                                  Ich find's meistens extrem schwer, zu derart alten Filmen Wertungen abzugeben. Was "gut" bedeutet, ist immer auch Sache des Systems, und mit einer kompletten menschlichen Lebensspanne Abstand zum Termin der Erstveröffentlichung muss man davon ausgehen, dass man das vorliegende Zeitdokument unmöglich so rezipieren kann, wie damals. Dennoch sind es nur eine Hand voll Filme aus dem Krabbelalter des Kinos welche so populär geblieben sind, dass sie auch dem nichtfanatischen Cineasten ein Begriff sind, und dafür muss es ja Gründe geben: "M" ist mit Sicherheit ein solcher Film.
                                                  Bereits die ersten Szenen lösen auch nach heutigen Standards extrem viele Emotionen aus. Das "Mörderlied", das die Kinder singen, kann dem Zuschauer als der Vers bekannt sein, der aus den realen Taten von Fritz Haarmann hervorging; ohne es konkret zu zeigen wird in wenigen Szenen klargemacht, dass hier etwas grausames geschieht, ich erinnere mich noch lebhaft an das Bild, in welchem der Ballon des Mädchens in den Stromkabeln hängt. Ein solch effektiver Minimalismus scheint mir heutzutage undenkbar.
                                                  Auch spürt man, dass sich über das letzte Jahrhundert hinweg die Idee eines Drehbuchs stark verändert hat. Die hier dargelegte Struktur erinnert fast an einen Roman und hat das Potenzial für Dynamik, das Filme mit sich bringen, noch nicht völlig erschlossen. Das Erlebnis wird dadurch aber nicht weniger interessant.
                                                  Kein Kommentar darf die Art, wie in "M" der Ton eingesetzt wird, vergessen. Ein moderner Film ist ohne Soundtrack undenkbar, eine akustische Komponente wirkt um Dimensionen erfahrungsverstärkend; durch den minimalistischsten Einsatz dieses Stilmittels wird Grieg's "In der Halle des Bergkönigs" fast zu einem Teil der Persönlichkeitsstruktur des Antagonisten, das Lied wird lebendig. Hier hat man Grundsteine gelegt.
                                                  Der Versuch eines Psychogramms eines Killers, der gegen Schluss angeführt wird, wirkt nach heutigen Standards etwas hilflos. Die Charaktertiefe, die man seitdem in Filmen hat erarbeiten können, lässt diese Szenen verblassen - dies ist aber der einzige störende Aspekt, der an "M" wirklich "veraltet" wirkt. Übrig bleibt dennoch ein spannender Krimi.
                                                  Sehr sehenswert!

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                                                  • 10

                                                    Für mich ist das hier die bisher vielleicht beste Serie dieses jungen Jahrtausends.
                                                    Ich bewerte im Normalfall keine Serien. Die meisten würde ich zumindest staffelweise, wenn nicht folgenweise, bewerten wollen. Hier bin ich kurz davor, die "10" zu drücken.
                                                    Ein derart KONSTANT hohes Niveau habe ich selten erlebt. Eigentlich eine unvorstellbare Leistung. Und auch als Gesamtwerk atemberaubend. Eine derart verschrobene Grenze zwischen gut und böse, die den Zuschauer derart moralisch aufreibt, die gibt es auch bei Dexter nicht. Die Schauspielleistung jeder einzelnen kleinsten Rolle - ganz zu schweigen von den brillanten Hauptdarstellern! - ist fast zu gut, um wahr zu sein.
                                                    "Breaking Bad" hat sowohl Komplexität, wie auch Richtung. Sowohl Tiefe, wie auch Flair.
                                                    Vielleicht schreibe ich irgendwann einen Kommentar, in dem ich alles resümiere was mir gefallen hat (vielleicht nach der 5. und letzten Staffel), und das wird dann _lang_.
                                                    Jetzt finde ich es einfach nur spannend, wie es weitergeht. Ob das Niveau weiter gehalten werden kann. Selten bin ich bei so hohen Erwartungen so guter Dinge.

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