Jimi Hendrix - Kommentare

Alle Kommentare von Jimi Hendrix

  • Jimi Hendrix 23.11.2019, 23:34 Geändert 23.11.2019, 23:35

    maya deren vermisse ich hier sehr stark :O oder ich habe sie übersehen, aber wenn nicht: bitte räume ihr einen platz dort ein!

    *eben gefunden, auf seite 2 :)

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      Flatuphiler Hipster-Nekroklamauk-Overkill, dem aufgebläht zu einem Spielfilm zwar narrativ so mancher Furz quer sitzt, aber die meiste Zeit für feuchte Augen und Hosen sorgen kann. Mit viel Aberwitz, Gefühl und Verschrobenheit lehrt uns SWISS ARMY MAN die Überwindung der Sterblichkeit und die radikale Akzeptanz der vollumfänglichen Authentizität.

      Dieser Film ist eine meiner Erinnerungsportale in welche ich euch mitnehmen möchte. Eines Abends begab es sich, das euer treuer Co-Pilot Jimi ein Tinderdate hatte, die werte Dame lud mich zu sich ein, wir redeten, lachten, dann wurde Wein gereicht und da sie von meiner Filmleidenschaft wusste, beschlossen wir es uns bequem zu machen, um einen Film zu schauen. Sie erzählte mir von einem abgedrehten Streifen mit einem furzenden Harry Potter, der ihr empfohlen wurde und den sie sich nun auch zugelegt hätte. Da ich jeglicher Abgedrehtheit deutlich zugeneigt bin, war ich gespannt auf die Dinge, die der DVD-Player uns entgegen hauchen würde. Man kuschelte sich schon deutlich einander zu, der alte Jimi nahm Witterung auf und ich konnte ihre Weiblichkeit durch den Stoff zwischen uns spüren, alles war angerichtet für knisternde Zweisamkeit die sich in den liebestrockenen Körperwüsten nur mit einem Funkenschlag entzünden könnte .... dann fing SWISS ARMY MAN an. Wir schmunzelten. Wir giggelten leise. Und dann lachten wir uns die Seele aus dem Leib, befummelten uns, waren in erstaunter Verstörtheit wieder ganz gebannt von der Mattscheibe, fickten im Alkoholeinfluss unbeholfen, Langweilten uns wieder beim Film und waren am Ende doch irgendwie berührt, ob einer solchen cineastischen Konsequenz. Mein Fazit: SWISS ARMY MAN ist definitiv der richtige Film für ein erstes Zuhause-Date, wenn Sex in der Luft liegt, aber man keinen haben möchte, außer man steht auf weirde Zweisamkeit - hell yeah!

      Für mich wird dieser Film immer als denkwürdiger Bremsstreifen meine zerebrale Erinnerungsunterhose dienen, auf welchen ich mit einem zufriedenen, nostalgischen Seufzer gerne zurück schaue, egal was andere davon halten mögen. Ich furze, also bin ich.

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      • huii eben erst auf diese schnuckelige liste gestoßen, da sind a soo viele schätzchen dabei, wundervoll zum stöbern! jetzt musst du nur noch wieder etwas aktiver werden, auf meinm dash habe ich dein antlitz schon länger nicht mehr erblicken dürfen :((

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          https://www.youtube.com/watch?v=IC9JxVfpYdo

          Chris Markers sanfte Shorty-Impressionen aus Katze und Klavier.
          Zu satiesken Klängen chillt Markers Kitty einfach mal das Leben ab, voll räkelnder, schnurrender Harmonie verschmilzt animalische Natur und humanoide Kultur zur vollkommenen Einheit der Hingabe.

          Heute ist das allenfalls schnöde Youtubeware, mit Chris Marker wird es zur antidepressiven Videokunst, die das wohlige Gefühl vermittelt drei Minuten eines katzenlebens nachzuspüren.

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            In fragmentarisch, zersetzten Ausschnitten blicken wir mit Stan Brakhage in das verschwommene, schattierte Innenleben von Alltäglichkeiten, die in der Erinnerung oder eben einem Traum chaotisch, wiederholend, inkohärent aufflackern. Mal in trister Langsamkeit, mal im Zeitraffer fließen Lebensausschnitte ineinander und bilden die subjektive Wahrnehmung ab.

            Das alles ist untermalt von einer ständig springenden Stephen Foster-Platte, die dem ganzen einen beunruhigenden tonalen Unterbau verleiht und die erschreckende bedeutungslose Gewohnheit des eigenen Sein transportiert.

            Dennoch hat mich I.... DREAMING nicht wirklich berührt, manche Effekte sind ganz inspirierend, aber die sechs-minütige Laufzeit hat eben auch schon ihre Längen.

            https://www.dailymotion.com/video/x2ywjy3
            (ist auch in Smoovers Kurzfilmliste zu finden)

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            • 6 .5

              Francis Bacon, an- und abschwellende Luftschutzsirenen, farbekotzende Köpfe und die sechs ruinierten Tage der Woche. David Lynchs cineastisches Frühwerk ist stilistisch noch sehr grobschlächtig und reduziert zugleich.

              Ein wildes Experiment der repetitiven Formaldikatatur strenger Bild- und Tonfolgen, die irgendwann fast hypnotisch verschmelzen. Durch die unausweichlichen Wiederholungen, die der Titel ja schon vorweg nimmt wartet man darauf, das nicht doch noch etwas unerwartetes passiert. Genau von diesem Spiel mit den Erwartungen und der Spannung zerrt sich der Reiz dieses kurzminütigen Dadastreifens.

              https://www.dailymotion.com/video/x16sl7

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                Jimi Hendrix 20.11.2019, 21:00 Geändert 20.11.2019, 21:02

                https://www.youtube.com/watch?v=nPj44KfZx38

                HÄXAN kann in der Stummfilmära als dunkles Manifest expressionistisch-dokumentarischer Filmkunst angesehen werden, die mit morbider Kreativität, der chimärischen Erzählstruktur aus fachlichen Erklärungen, Skizzen und nachgestellten Lehrfilmszenen einen schwarzen Zauber zu entfachen weiß, der bis heute nichts von seinem Gehalt einbüßt und auch die zeitgeistigen Themen der weiblichen Hysterie als normales Diagnosebild kritisch nachhetzt.

                Nicht umsonst kam Benjamin Christensen mit diesem obskuren, wie realistischen Dokumentarfilm schnell auf die Bannliste vieler Länder und würde filmisch vom Klerus gleich seiner Protagonisten auf dem Scheiterhaufen des Index verbrannt. Zu so viel progressiver Erzählkunst untermalt in auch heute noch sehenswerten teuflischen Maskeraden, finsteren Bühnenbildern und kritischen Anklagen gegen den kirchlichen Zynismus war das Jahr 1922 noch nicht bereit. So wirkt es auch heute noch überaus stilsicher und aktuell, was dort so mannigfaltig in rot eingefärbten Kupferstichen, spielfilmartigen Ausschnitten und schaurigem Experimentalkino offenbart wird: nämlich die sinnlose Grausamkeit eines ideologischen Religionsirrsinns getrieben durch blinde Furcht, Aberglaube und geplante Schreibtischtäterei, welcher wie hier beschrieben 8 Millionen Menschen folternd, brennend, ertrinkend systematisch ermordet wurden.
                Christensen erzählt in seinen sieben Kapiteln diese Torturheiten des mittelalterlichen Zeitgeistes, doch beschränkt er sich dabei nicht nur auf die großflächige geschichtliche Aufarbeitung der Hexenjagd, den Prozessen, den Hexenkulten und ihre soziologische Verwurzelung mit der Gesellschaft, sondern schlägt den Bogen in die Gegenwart von 1922. Diese Transferüberlegungen führen ihn in zur Erkenntnis, dass die Hexen von damals nun von der Hysterie befallen seien. Doch belässt er es nicht bei dieser These, sondern entwickelt im letzten Kapitel daraus eine unsubtile Anprangerung der vorherrschenden Systemmeinungen und der Opferrolle der Betroffenen, die mit ihrem Leidensdruck abgeschoben werden. Dabei lassen sich die sogenannten Nervenärzte mit ihren "Therapieangeboten aus Elektroschocks und Medikamenten spielerisch der Inquisitorenrolle zuordnen. Genau das macht HÄXAN, neben seiner herausragenden optischen Brillianz auch inhaltlich so außergewöhnlich und vielschichtig.

                Wer sich für dunkle Magie, Tim Burton Filme und generell der Thematik der Hexen filmisch annehmen möchte, ist mit HÄXAN auch fast hundert Jahre später noch gut bedient und bekommt die Hitze neben dem Scheiterhaufen bis in die Gegenwart zu spüren.

                https://www.youtube.com/watch?v=CkXlXc0lA9c

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                  Jimi Hendrix 19.11.2019, 11:56 Geändert 19.11.2019, 11:56
                  über Dunkirk

                  https://www.youtube.com/watch?v=518OQzkKhzw

                  DUNKIRK ist kein Film über den zweiten Weltkrieg und die Einkesselung alliierter Armeen in Dünkirchen. Es ist auch kein Film über die Banalität des Bösen oder die Komplexität des Guten. Genauso wenig sehen wir einen persönlichen Krieg oder den personalisierten Krieg. Nein, das alles sehen wir nicht. Christopher Nolan zeigt uns Krieg als Naturphänomen, Naturgewalt, als etwas Unzielgerichtetes, ohne Ausschlag, ohne Mündungsfeuer ohne Grund. Zu sehen bekommen wir nur Wirkung: jeder Einschlag, wird hier zu einer übersinnlichen, göttlichen Erfahrung, welcher wir in elementaren Ebenen, dem Land, dem Himmel und dem Wasser beiwohnen. Sie tritt plötzlich und unvermittelt in unser Leben, um es auch sogleich zu beenden, wie ein Vulkanausbruch, eine Lawine,oder eine Überschwemmung in alttestamentarischem Sinnbild, nur dass diese in DUNKIRK als "Der Feind" eine Bezeichnung erhält.

                  Aber Krieg ist keine übergeordnete Plage, keine Prüfung, die es zu bestehen gilt, es ist kein unausweichliches, unabdingbares und vor allem kein natürliches Übel. Doch genau das wird durch die narrative Entscheidung impliziert, eben ein verklärte, unsichtbare Energie zu zeigen, die auf Dünkirchen wie Nebel zu Land, Eisberge im Wasser und Sturm in der Luft wirken. Damit mystifiziert Chrostopher Nolan Krieg zu einem Katastrophenfilm, der erstklassisch bebilderte und vertont spürbar, erlebbar wird, aber im tieferen Gefühl der fatalistischen, klaustrophoben Verzweiflung eben an James Camerons TITANIC.

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                    Jimi Hendrix 18.11.2019, 12:15 Geändert 18.11.2019, 12:40

                    https://www.youtube.com/watch?v=uSuBh20iSsQ

                    Wie der Bärenjude aus dem kabbalistischen Winterschlaf erwacht. 1920. Der Abschluss der inoffiziellen Golem-Trilogie überzeugt mit interessanten philosophisch-mystischen Denkansätzen und detailreichen, eindringlichen Bühnenbildern von Prag, in welchen der große Paul Wegener sich selbst als jüdische Märchenheldenfigur Angst und Schrecken verbreiten lässt.

                    Der Golem entspringt dem Urwunsch des Menschen, seine Menschlichkeit zu überwinden und trägt die bauliche Substanz eines Nietzsche genauso in seiner gedanklichen Struktur, wie die esoterische Fantasie des schöpferischen Menschen. Damit steht er in einer Ahnenreihe mit seinem literarischen Vater Frankenstein, sowie der jüngsten Schöpfung des späteren Gregor "Der Berg" Clegane" aus dem Game of Thrones-Universum. All diese Versuche den Supermenschen zu erschaffen haben einen Markel, denn ist dieser zwar unbezwingbar scheint er seine Menschlichkeit verneinen zu müssen, gefangen in einem bald willenlosen, kindlich-naiven Geiste, dem sogar das Sprachliche abgeht, sowie jegliches Empfinden für Moral, scheinbar.

                    Auch Rabbi Löw träumt diesen Traum und hat dafür wie all seine Vorgänger und Nachfolger stets gute Gründe, droht in DER GOLEM, WIE ER IN DIE WELT KAM der jüdischen Gemeinde des mittelalterlichen Prags eine unheilvolles Schicksal, welches Rabbi Löw in den Sternen zu lesen gedenkt. Ein prekärer Stoff, wenn man sich überlegt, dass dreizehn Jahre später die NSDAP gewählt werden sollte.
                    Und wie so oft gelingt es zwar, den Golem als kabbalistischen Helden zu erschaffen, doch wie so oft gerät dieses mächtige Werkzeug außer Kontrolle.

                    Paul Wegener spielt diese jüdische Naturgewalt äußerst minimalistisch, reduziert, hölzern, aber auch sehr verletzlich. Er stellt indirekt die Frage nach der Willensfreiheit, der Vermessenheit Menschlicher Wünsche und der Moralfrage der zu rechtfertigen Mittel Gutes zu tun.
                    Dabei ist die Geschichte eher altbekannt und abgelutscht, doch vor allem eben diese Darstellung des Golem und die famose Kulissenstadt Prag, die Hans Poelzig so klaustrophobisch, märchenhaft, ikonisch erschuf.

                    Von der Murnau-Stiftung neu restaurierte Fassung mit äußerst gelungener Musikbegleitung:
                    https://www.youtube.com/watch?v=HD-lP_1tS_s

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                      https://www.youtube.com/watch?v=Qj5x6pbJMyU

                      "The Dead Abite" oder "Biss zur schrulligen Langeweile". Fatalistisch, lakonisch und wunderbar unmotiviert lässt Jim Jarmusch seine trumpesken Untoten in die verschrobene Entschleunigungs-Apokalypse schlurfen. American Zombies first!

                      Das der amerikanische Neo-Indie-Gott Jarmusch die Leichtigkeit der Ziellosigkeit so gekonnt inszenieren kann, dass es gleichsam skurril wie unterhaltsam ist, wurde zu seinem Markenzeichen. Er scheint auch weiterhin keinerlei Interesse an seiner cineastischen Evolution zu haben, denn wie wir alle wissen, frisst die Evolution ihre Kinder.
                      THE DEAD DON`T DIE verweigert sich in seiner unglaublich spröder Narration, der bebilderten Langsamkeit und den uninspirierten Hauptdarstellern, die schon vor dem Biss untot scheinen. Hier sind die Menschen das Leblose, vollgestopft mit Leere und antiebslos-leerer Lebensvöllerei.
                      In dieses klischeehaft verschlafene Kaff kam die Zombie-Apokalypse schon vor vielen Jahrzehnten, nun scheint sich aber triebhaft eine zweite Revolution anzukündigen, voll hungergetriebener Dynamik kann sie auch als ironische Kritik des Trump-Wählers verstanden werden.

                      Nur wenige Regisseure lassen ihre Handschrift so konsequent und deutlich erkennen, wie es bei Jim Jarmusch der Fall ist und alleine dafür feier ich manche Werke sehr, aber fühle mich zumindest auch in den mittelmäßigen Strohigkeiten wohl. THE DEAD DON`T DIE verweigert die preziöse Neuentwicklung des Genres und ist stattdessen eine unaufgeregte Hommage an die Zombiefilme der 70er, gespickt mit dem altgedienten Jarmusch-Cast aus Buscemi, Pop, Murray, Kill-Bill-Swinton und Twin-Peaks-Waits, sowie erfrischend neuen Gesichternwie Adam Driver, der für mich überzeugte.

                      Wer nichts erwartet, wird mit diesem Streifen sicher nicht total enttäuscht, für Jarmusch-Jünger wie mich, bieten die Toten, die nicht Sterben können wohl ein erwartungsgemäßes Kauzkino mit Nostalgienote.

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                        Mit Schirm, Dada und Kanone. Furios, virtuos, famos schweben uns in dieser französischen Avantgardeperle die Bruchstücke der Realität in Zeitlupe zermalen wie Pulverstaub ins Auge und Erik Satie spielt den Kanonier.

                        Das René Clair diese 22-minütige Impression als filmisches Zwischenprogramm zu Francis Picabias Ballettaufführung konzipierte wird auch thematisch deutlich. Denn wo die Ballerina auf der Kameralinse hüpft, ein Papierboot über den Dächerwellen Pairs in Seenot gerät, das Ei des Columbus sich wiegend im Duett mit einer Wasserfontäne beschwingen lässt und der Trauerzug zur dynamischen Sprungparade explodierend dem davonrauschenden Sargwagen eine rätselhaft schwungvolle Verfolgungsjagd liefert, ist ENTR'ACTE ein totaler Film in Bewegung und deren Verzerrungen, ein Film ohne Grenzen.

                        https://www.youtube.com/watch?v=2kGOIysVl8I

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                          Zweiter Beitrag zur metrischen Trilogie. Ein kurzes, abstraktes Bildergewitter, was in den schnellen, zuckenden Einstellungen zerbröselnde statische Gesichter und Hände erscheinen lässt und von dem tonalen Wechselspiel aus punktuellem Piepen und einem unterschwellig zweigliedrigen Spannungbrummen eine seltsame Faszination erhält.
                          Je öfter man sich diese Kurzweiligkeit ins Hirn pfeift, desto mehr glaubt man eine kunstformelle Berechtigung für dieses Sperrgut zu entdecken und das ist auch gut so.

                          https://www.youtube.com/watch?v=cy78LNZFMIE

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                          • 7 .5
                            Jimi Hendrix 05.11.2019, 13:21 Geändert 07.11.2019, 01:14

                            https://www.youtube.com/watch?v=JrYVhCAGDNA

                            "Der Tod hat Burnout" oder "Die ketzerische Rebellion gegen Gott". Märchenhaft, transzendental und melancholisch erzählt Fritz Lang in seinem Episodenfilm von den verdunstenden Grenzen des Existierens, die das Ufer des Lebens unerbittlich todbringend umspülen und jeden der es zu durchschwimmen wagt mit seinem nassen Hauch die Lichter löscht, doch das morbide Seeungeheuer mag nicht mehr.

                            DER MÜDE TOD ist ein Zeitgeist. Er musste die letzten Jahre ungeheure Überstunden schieben, Tag und Nacht war er bei der Arbeit, in Verdun da wo das Gas, die Bomben, die Kugeln am meisten den Boden mit Tod und Blut befruchteten, Stacheldraht hunderte Kilometer rankte und die Schützengräben, die Adern des Todes sich tief in den Schoß der Erde gruben, um pochende Bunker als Betonmausoleen flutend mit Leichen zu füllen.
                            Es ist wohl kein Zufall, das Fritz Lang uns diesen depressiven, desillusionierten Tod zeigt, den Bernhard Goetze so eindrücklich mit oxymoroneskem Leben füllt. Er ist des dienens müde, er sieht den Sinn nicht Leid und Schrecken zu verbreiten und trachtet nach Ruhe und Frieden. Doch ist er Gottes Diener und reißt wie ihm befohlen ein junges Liebespaar auseinander und nimmt den jungen Mann mit in seine Welt. Die unglücklich Verlassene versucht fortan, den Tod um einen handel zu Bitten, um ihren Liebsten zurückzugewinnen und durchschreitet hernach drei exotischen Episoden in orientalischen, venezianischen und chinesischen Welten, in denen parabelhaft ebenfalls von drei unglücklichen Liebenden die Rede ist und die weltlichen Bezüge des Sterbens verdeutlichen.

                            Der Urwunsch des Menschen, den Tod zu besiegen, wird hier gleichermaßen zur Verarbeitung des Weltkriegstraumas, sowie der philosophischen und ethischen Frage nach der Moral im Sterben selbst, die hier fast ironisch und bissig durch die Alten beantwortet wird, die nicht einen tag, nicht eine Stunde, nicht einen Atemzug ihres Lebens abtreten möchten, um ein junges Pärchen im Leben zu verwiedereinen.

                            https://www.youtube.com/watch?v=kzqapBBJ1bI

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                            • 5 .5

                              Jonas Åkerlunds Versuch als filmische Hebamme die Geburt und den Kindstod des norwegischen Black Metals als Coming-of-Rage Streifen über den Mayhem-Mastermind Euronymus zu inszenieren, bietet Licht wie Schatten. Denn es gibt wohl wenig Genres, die mehr vom nihilistischen Underground-Image leben, wie das Schwarzmetall, was sich doch gerne als so elaboriert und true präsentiert.

                              Mit der Verfilmung eines geliebten Musiksubgenres kann man sich daher eigentlich nur selbst ans Kreuz nageln oder kirchengerecht niederbrennen lassen, da die Erwartungen der eingefleischten Hasshaber eigentlich nicht zu erfüllen sind. Ich war dennoch interessiert, da ich außer dem themenstreifenden METALHEAD bisher noch nichts spielfilmartiges zum Black Metal verfilmt sah.
                              Aus gutem Grund. Bleibt LORDS OF CHAOS oftmals nur eine Subgenren-Studie auf Magerquarckstufe.
                              Die Figur des Euronymus (überraschend charismatisch: Rory Culkin) sowie des Mayhem-Sängers Dead waren dabei noch recht mehrdimensional. Wo hingegen Varg Vikernes als natürlicher Antagonist erschreckend plump arrangiert schien.

                              Åkerlund räumt aber eben auch mit den hochstilisierten Mythen auf, stößt sie von ihrem Darkthrone der Unantastbarkeit und zeigt uns ganz normale Jugendliche, die im Strudel aus Gruppenzwang und Egozentrik eine Rebellion gegen das humanistische Norwegen mit Kirchenverbrennungen und Morden anstoßen, deren ideologischer Flammenschein auch heute noch zu faszinieren versteht.

                              Für neutrale und genreunbewanderte Filmliebhaber offenbart LORDS OF CHAOS sicher einen guten Ersteinblick in dieses dunkle musikalische Subgenre, für mich fehlte trotz mancher guter Ansätze die Tiefe.

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                                Jimi Hendrix 31.10.2019, 16:33 Geändert 31.10.2019, 16:46

                                “Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?“

                                https://www.youtube.com/watch?v=m3ZCZP4HrPA

                                Seins-Fiction.
                                Ein ontologisches Ungeheuer im Nūberu-bāgu-Filmgehege, in dessen sperrig-intellektuellen Fangzähnen der Mensch in seiner Zeitlichkeit verwundet, zerkaut und zersetzt wird, sich als nacktes Seiendes im Sein und Nichts wiederfindet nur um gleichsam schon wieder in den eigenen Händen zu zerfließen. Yoshishige Yoshida ertastet in einer progressiv gewaltigen und sklavisch präzisen Bildarchitektur diese Fragen, die Heidegger und Husserl einst philosophisch in die Welt warfen.
                                Dabei ent-fällt der Mensch in der anachronistischen Erzählstruktur HEROIC PURGATORYs in eine Isoliertheit, eine Einsamkeit, er ist das Verlorene in der Welt und zwischen den menschlichen Individuen liegen für Yoshida Galaxien und Lichtjahre, hierbei ist die Rettung durch Liebe und politischen Fanatismus ein sich beeinflussender Aus- und Irrweg gleichermaßen.

                                “Mein Gott... mein Nihilismus.“

                                Schon die ersten Sekunden offenbaren die radikale, visionäre Bilddialektik aus Mensch und Baukunst. Die Architektur ist beinahe Diktatur, sie zwingt sich dem Begehenden auf, rahmt ihn, ja sperrt ihn ein und wirkt beinahe zerquetschend. Die Architektonik wird zum gewaltigen am dessen Gebäudeeckem Universen aufeinander prallen und domestiziert nicht nur den Weg sinnbildlich, sondern auch das Denken der Menschen in ihr. Hasegawas Kameraarbeit ist dabei von besonderer Bedeutung so experimentell, wuchtig einerseits und dennoch reduziert und steril andererseits. Sie wird hier zur Komplizin der Baukunst und treibt die Protagonisten an den oberen Bildrand, wo ihre Körperlichkeit unsichtbar, ja verflogen scheint, nur der Geist, die Kognition in Form des Gesichts bleibt im Fokus. Der metaphorischen Overkill hat weitreichende Konsequenzen, verschiebt sich doch der ganze Duktus des Wahrnehmbaren und scheint bisweilen sogar die Welt auf den Kopf zu stellen, beziehungsweise die in ihr befindlichen Menschen. Sie irren wie schon in Antonionis LIEBE 1962 durch eine postapokalyptische, leere Betonwelt, aus klaren kalten Formen, Meilern, verlassene Bahnhöfe. Sich wie eiserne Schleier hebende Garagentore lassen den Menschen im blendenden Gegenlicht verschwinden, ein unheimlich starkes Bild! In Parallelwelten aus reflektierenden Flächen wie Böden, Lampen, Spiegel und Sonnenbrillen erwächst eine rigide sowie synthetischen Welt der Technokratie, als wissenschaftliche Erlösung in Planbarkeit und Genauigkeit, in welcher die Realität aber dennoch zunehmend zu feinstem Sand zerrieben scheint.

                                “Ich spreche von deinem Gehirn. Ich habe dich beim Schlafen beobachtet. Manchmal frage ich mich nur, wer schläft an meiner Seite? In seinem Bart zeigt sich langsam ein weißes Haar. Ich frage mich auch, was in deinem Kopf vor sich geht. Wenn ich deinen Schädel mit dem Messer öffnen würde, wären dort viele Zahlen, Gleichungen, Pläne und Symbole zu finden. Diese Zahlen scheine aus einem Netzwerk von Drähten zu entspringen. Sie würden eine nach dem anderen heraus kommen. Überfüllt. Und es gäbe nicht mal einen Tropfen Blut zu entdecken. Das würde mir Angst machen und ich versuche meine Hand auf deinen Schädel halten, aber die Zahlen kämen weiterhin hervor gequollen.“

                                Die Handlung in Gänze wiederzugeben vermag ich nicht, doch grob erzählt HEROIC PURGATORY von der menschlichen Zerrissenheit eines Mannes, der sich von seiner Frau (wundervoll zynisch: Mariko Okada), seinem Beruf als Ingenieur und Atomphysiker sowie vor allem seinen politischen Idealen zu entfremden scheint. Dieses wird in einem ständigen Narrations-Metabolismus auf mehreren Zeitebenen ausgebreitet. Die beiden nehmen dann eine junge, anscheinend verwirrte Frau (erinnert an Monika Vitti /DIE ROTE WÜSTE und Jane Birkin / DER SCHMIMMINGPOOL, wer ist sie?) bei sich auf, die darauf besteht, dass sie ihre Eltern seien, sie steht fortan gefühlt als personifizierte Offstimme zwischen den Eheleuten. Sie wird damit zur Allegorie von unausgesprochenen Gefühlen, dem Unterbewussten. In ihr bricht sich die Sprachlosigkeit Bahn, gleichsam steht sie in ihrer scheuen, volatilen, unbekümmerten Ungreifbarkeit vielleicht auch für eine Idee, eben die politische Idee, die einen großen Platz einnimmt. Denn schließlich ist dieser Ingenieur auch in einer linken Untergrundbewegung tätig, die ebenfalls mit ihrer Seins-Vergessenheit zu kämpfen hat, sich zerfleischend in internen Verdächtigungen und vermeintlichen Maulwürfen in ihrer Ideologie gefangen ist.

                                “Was ist die einzige Qualifikation, die benötigt wird um ein Führer zu werden?
                                - Liebe...
                                - Die richtige Antwort lautet: “Heroismus““

                                Der Ingenieur bleibt alleine mit sich und der entfremdeten Welt, in welcher die Formalität höchstes Gut ist. In jener trostlosen Welt Yoshishige Yoshidas wird Sex und Liebe zur eigentlichen Revolution, zum radikalen Akt um die Entkörperung weg vom Geiste als befreiende physische Progression zu erleben, doch sie scheint stets als Konkurrent zu politischem Engagement, ja zu dessen höchster Stufe dem Heroismus entgegen zu stehen.

                                Abschließend behält dieses Werk einen lynch-artigen, surrealen Nebel, der den Zauber ausmacht. Hier wird tatsächlich Filmkunst im wörtlichen Sinne geboten, indem das Medium in feinsinnigem, kühnen Ritt an seine Grenzbereiche getrieben wird, wo es für den Zuschauer ungemütlich wird. Alleine dafür möchte ich ein Kind von Ihnen ich, Herr Yoshida!

                                “Ich bin verloren.
                                - Mach dich nicht über mich lustig. Kann jemand der verloren ist wissen, dass er verloren ist?
                                - Aber... jeder ist verloren, oder?
                                ….
                                - Meine Mutter hat mich geboren, aber sie hat nicht gemerkt, dass ich geboren wurde.“

                                Aktualisierte Youtube-Links
                                Part I https://www.youtube.com/watch?v=ZGWkWgxcgHc
                                Part II https://www.youtube.com/watch?v=8vAt3aDtfRQ

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                                  Jimi Hendrix 30.10.2019, 10:08 Geändert 30.10.2019, 10:12

                                  https://www.youtube.com/watch?v=Zb_MezNvVlg

                                  Das große Kribbeln. In phantasmagorischer Atmosphäre fusioniert Dario Argento Sinnes-Horror verpuppt in einem schrullig-schwachsinnigen Entomo-Giallo, mit klassischen Slasher-Elementen, dem unwahrscheinlich kraftvoll-repetitiven, wie ikonischen Goblin-Soundtrack, sowie überraschenden Headbanger-Passagen von Iron Maden und Möttenhead.

                                  Hierbei steht und fällt alles mit der zuckersüß, taffen Jennifer Connelly, sie wird in PHENOMENA schauspielerisch zum Imago, trägt den Streifen zusammen mit Argentos Gespür für die Macht der effektvollen Bilder, die symbolisch mit der Musik den Film fühlen, spüren, erleben lassen. Denn wo die Story genauso keusch wie uninspiriert den Plot in die Einöde laufen lässt, dürfen wir auf dem Weg dorthin mehr als einmal staunen, mitwippen und schmunzeln, mehr braucht es auch nicht, für ein gutes Filmerlebnis.

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                                    Jimi Hendrix 28.10.2019, 13:20 Geändert 28.10.2019, 13:25

                                    Audreyfan und Zimtmond ihr fehlt mir... Das merke ich immer, wenn ich Werke dieses wundervollen Regisseurs schaue, den ihr auch so mochtet. Zauberhaft. Surreal. Kreativ. Jan Švankmajer zeichnet den Keller als den Hort des gemauerten Unterbewusstseins, da wo die Nacht sich auch am Tage tief vergräbt und als magischen Raum unsere Ängste bewirtet, er ist die Metaebene, die durch Kinderaugen begehbar wird.

                                    Und in dieses schummerige Gewölbe, dessen Wände im Tanz aus Finsternis und Licht die Schatten gebären, folgen wir einem Mädchen, was zum ernten der Erdäpfel tief in den Schoß der Erde steigt. Dort begegnet sie bellenden Schuhunden, einem kruden Mann der in einem Bett aus Kohle schläft und einer vertrauenserschlafenden Frau, die Kohleküchlein backt. Die Kohle scheint gleichsam zur Metapher für den Quell von Wärme und Nahrung zu werden.
                                    Auch der schwarze Kellertiger, der in dem Mädchen wohl ein leichtes Angstopfer sieht, ist ihr auf den Versen, die Angst lässt unsere Sinne peinigen, die Realität wird gefressen und in verzerrter überhöhter Dimension wieder ausspuckt.

                                    Man, ich verliebe mich immer wieder neu in Švankmajers Experimentalkunst, da es oftmals diesen nostalgischen Nerv trifft aus Film als feines Handwerk, gepaart mit imaginären Kreationen, die eine unheimlich freie Fantasie erspinnen, die uns so abgeht in unserer Zeit.

                                    https://www.youtube.com/watch?v=9flixRapXqQ

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                                      Die erste Meerjungfrau der Filmgeschichte! Ein nassforsches Urfilmchen des Cinéma fantastique vom großen Genreprägnaten Georges Méliès, der das magische Potenzial des Films als manipulative Spiegelfläche als einer der ersten auch bewusst ausschöpfend einsetzte.

                                      https://www.youtube.com/watch?v=l-dTU1wKh10

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                                        In einer Welt, die direkt aus der mechanischen Feder eines Hieronymus Bosch stammen könnte, mit grotesken Fabelwesen und folterwütigen Apparaturen, erzählt Jan Švankmajer seine Adaption von "Die Grube und das Pendel".

                                        Das der tschechische Godfather of Stop-Motion sich dieser schwarzen Stofflichkeit von Edgar A. Poe so symbiotisch annähert, liegt in der morbiden Lieblichkeit, die Švankmajers Werke durchweg besitzen und sein Blick für die Schönheit des Schreckens, der bei Poe ja über-präsent seine Hand aus dem Grab streckt.

                                        Darüber hinaus atmet Kafka diesen Geist systemischer Ausgeliefertheit genauso, wie es der Zeitgeist damals nach dem Prager Frühling und dem auslaufen der Tschechoslowakischen Neuen Welle war. So kann man THE PIT, THE PENDULUM AND HOPE schon als subtile filmische Kritik am drangsalierenden Staatswesen interpretieren. Oder einfach als schaurig schöner und handwerklich gut arrangierter Psychoterror.

                                        https://www.youtube.com/watch?v=G-b_79Zp75g

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                                          Jimi Hendrix 28.10.2019, 09:49 Geändert 28.10.2019, 23:42

                                          TEETH SMILE behandelt in einer kurzen Szene die Verdinglichung des Menschen, das in-der-Welt-Seiende, das seine Existenz erst aus dem Gesehen-werden erlebt. Roman Polanski stellt Sartres bekannte Schlüsselloch-Theorie hier wohl abgewandelt da, zumindest musste ich sofort daran denken.

                                          Ein Mann geht hierbei an einem Badfenster vorbei und erspäht dort eine nackte Frau, er ist ein Unsichtbarer, der erst aus dem nebeligen Schleier zur Existenzlichtung tritt, als er bei seinem Voyeurismus selbst ent-deckt wird. Erst dann reflektiere er sein eigenes in-der-Welt-sein.

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                                            Jimi Hendrix 27.10.2019, 16:42 Geändert 27.10.2019, 16:44

                                            #73 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                                            Eines der filmgeschichtlichen Höhepunkt des bissig-revolutionären brasilianischen Cinema Novo. Fiebrig, bunt und unangepasst wird hier der neue, mutige Geist zelebriert, in Form einer verrückten jodorowskischen Sagengeschichte, die ungebändigt in das kolonialistische Establishment diffundiert, um es zu vergiften.

                                            "Wenn ein Weißer rennt, ist er ein Champion. Wenn ein Schwarzer rennt, ist er ein Dieb."

                                            Joaquim Pedro de Andrades Verfilmung des 1928 erschienenen Buches vom Namensvetter Mário de Andrade "Macunaíma – Der Held ohne jeden Charakter" zeigt uns eben jene opportunistische Heldenfigur, die als schwarzes Kind in die Welt plumpst, des Sprechens zu faul ist und auch sonst seinen Eltern und seinen Brüdern nur Ärger einbringt. Als er jedoch seine erste Zigarette raucht, verwandelt er sich in einen weißen, schönen Prinzen und changiert auch noch weitere Male seine Ethnie, doch sein Wesen bleibt moralfrei, Überzeugungslos. Nur dem puren Hedonismus verfallen vögelt er sich gesund, betrügt, stiehlt von den noch Ärmeren, verrät seine Brüder und verführt deren Freundin.
                                            "Du riechst so gut. - Es ist Schießpulver, Schatz. Magst du es? - Ja sehr."
                                            Selbst als er sich in die starke Revolutionären Ci verliebt, die nicht der Hängematte frönt, sondern massenweise das Regime dezimiert, bleibt sein vorrangiges Ziel, an einen Glücksstein zu kommen, den sie trägt.

                                            Die Figur des Macunaíma ist eine schillernde Metapher der Zustandsbeschreibung eines Landes, dessen Identität schon lange geschlachtet wurde und in dessen offene Wunden der Kolonialismus seine Zähne schlug. Zudem kam in Brasilien zu dieser Zeit ein Militärregime an die Macht, welche das liberale Leben, gerade der indigenen Bevölkerung zu erwürgen begann.
                                            Macunaíma kann somit für die Mundlosen, Rückgratlosen stehen, die nur ihre eigenen Ziele verfolgen und dafür alles tun würden. Gleichsam ist er die Verwischung von Rassen, Hautfarben und gehorcht keinem System, weder dem Moralsystem des kolonialen Humanismus, noch irgendwelchen Gesetzen und wird somit auch zur verkörperten Subversion.

                                            Dabei arbeitet Joaquim Pedro de Andrades mit einer subtextuellen Bildsprache aus Indigenismus und europäisierten Kinoanlehnungen aus dem italienischen Film, zum Beispiel Fellini. Doch die Emanzipation des brasilianischen Films wird gleichsam in farbenfrohen, schwül-rebellischen Bildern und Symbolen vorgetragen. Gerade das Kadaver-getränkte Piranha-Becken-Finale, was zum gellenden Todesparcours der potenziellen Ehemänner wird, ist ein Bild, was die Netzhaut so schnell nicht vergisst, genau wie die als lebendigen Statuen, die in gläsernen Vitrinen stehen und Symbol-geschwängert auf eine gefangene Gesellschaft aufmerksam machen.

                                            Wer südamerikanisches, surreales Kino im hysterischen Stile Jodorowskys mag, wird auch in MACUNAIMA seine Befriedigung finden, aber auch als generellen Einstieg in den brasilianischen progressiven Film ist man hier genau richtig, bei dieser Perle aus dem tropischen Unterholz.

                                            Besprechung: Deutsches Filminstitut
                                            https://www.youtube.com/watch?v=PXbvjRwF4uM

                                            Film:
                                            https://www.youtube.com/watch?v=ChOx-wJuVwY

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                                              https://www.youtube.com/watch?v=Bkq2-sQVH9o

                                              LESBIAN RAPE ist Japanese-Cold-Wave mit pessimistischer Tragik aus homosexueller Sehnsucht und deren Grenzen in einer sterilisierten Konformitäts-Gesellschaft voller Einsamkeit und Konventionen, alles verpackt als metaphernreicher Neo-Pinku.

                                              Hisayasu Satō entführt uns in einen menschenleeren Großstadt-Kühlschrank irgendwo in Japan. Eine anonyme, gefühlsverschlossene Welt voller Missverständnisse, unerfüllter sexueller Begierde, erstickt vom leistungsgetriebenen Alltag.Hier begegnen wir einer Labortechnikerin, welche ihre Homosexualität durch die neue Mitarbeiterin im Labor in sich zu entdecken scheint. Sie lebt in einem spärlich eingerichteten Apartment nur mit ihren beiden symptomatisch kaltblütigen Eidechsen, Gefühle und Gedanken teilt sie nur ihrem technisierten Zuhörer, einem Diktiergerät mit. Da die Annäherungsversuche der neue Kollegin ihre Gefühle zu offenbaren kläglich scheitern, kontaktiert sie einen Freund, der ihr auf unkonventionelle Weise dabei helfen soll. Da wird ein Revolver zum lesbischen Penisersatz, aus ejakulierende Lebensspende und doch bleibt das Glück ungewiss.

                                              Satō nutzt dabei die Sexualität als absolute menschliche Schnittstelle, als kommunikative Notwenigkeit, wo Worte versagen. Aber sie sind auch gewaltsame Schreie der Verzweiflung, in jeder zerrissenen Bluse oder Strumpfhose werden Träume und Wünsche zerrissen, die nie wieder kehren. Am Ende ist LESBIAN RAPE ein trostloses Stück Film, voller enttäuschter Träume und unerfüllter Liebe, das realistisches Seelenbild einer Nation, die stets den Einzelnen für das große Ganze vergisst.

                                              Wem Filme wie NOISY REQUIEM, PICKNICK oder alte Sachen von Kōji Wakamatsu thematisch zusagten, wird hiermit weiteren Input bekommen, ansonsten geht man vor allem wegen des sexuell reißerischen Titels wohl mit falschen Erwartungen an dieses Werk.

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                                                Jimi Hendrix 25.10.2019, 14:10 Geändert 25.10.2019, 15:56
                                                über Okja

                                                Jedem das Schweine.
                                                Feuchter Veggie-Porn mit ärgerlich-unnahrhaftem Plotpourri aus plumpeskem, eindimensionalem Kitsch, samt vorhersehbarer Story mit so viel Schwarz-Weiß-Malerei (inklusive Tilda Swinton als Margaret Thatcher-Charikatur), dass man damit locker die Schachweltmeisterschaften hätte austragen könnte. Bong Joon-ho liefert hier eine laue Moralwärmflasche die keinem mit ihren CGI-entfremdeten Hologramm-Nilschweinen wehtut, aber dann doch das erregte Gewissen auf der Couch stimuliert. Wer sich wirklich mit der Thematik fernab von Unterhaltungsfernsehen auseianndersetzen möchte, sollte DAS BLUT DER TIERE dampfen sehen.

                                                Ja Schweine sind die neuen Semiten in unserem Fleischholocaust, in welchem jeder zum Ess-Ess-Mann werden und seinen persönlichen Genozid an der Fleischtheke bestellen kann. OKJA diffamiert sich und die an sich wirklich wichtige Botschaft spätestens mit dieser ebenso fragwürdigen, wie undurchdachten Allegorie, nur um dann zynisch hinterher zu schieben, dass man sich mit Gold freikaufen kann, wenn man nur im kapitalistischen System schwimmt.
                                                Sicher, OKJA ist als koreanisches Sonntagsmärchen aufgemacht und benötigt als solches auch keine tiefgründige Vielschichtigkeit, doch blieb ich ob solch einer propagandistischen Botschaft dann doch reserviert. Dabei ist das extrasüße-pausbackige Vorzeige-Mädel ebenso schwer erträglich, wie die Undifferenziertheit der Charaktere, die selbst in ihrer provokanten Überzeichnung als Stlmittel nicht funktionieren.

                                                Für Kinder sicher empfehlenswert, für mich teilweise wirklich schwer ergrägliche Unterhaltungs-Ideologie, nur Jake Gyllenhaal hebt en Schnitt.

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                                                  Jimi Hendrix 24.10.2019, 19:01 Geändert 24.10.2019, 22:05

                                                  #72 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                                                  Die Ursuppe des Avantgarde ist Thrash Piano pur, ein heftig wilder Ritt auf der experimentellen Klaviatur mit seltsamer Sogwirkung.

                                                  Man kann nur erahnen, welche Entrüstungsstürme dieses Machwerk fast anti-musikalischer Dimension bei den Zeitgenossen eruptieren ließ. BALLET MÈCANIQUE ist im Grunde recht unspektakulär, doch durch die Laufzeit hinweg intensiviert sich die Wirkung und aus unstimmigem Akkordgehämmere in Kombination der Schnittstellen zu Bild und Ton erwächst eine unerwartete Anziehung.
                                                  Das wirklich mechanische Ballett konnte ich nicht wirklich erkennen, es war eher eine biologisierte Mechanik, eine lebendig werdende Struktur, welche diffuse Dynamik einwickelte.

                                                  Alles in allem habe ich da nicht viel hineininterpretieren können, aber mich fasste der Film irgendwie und unerklärlich an und schleifte mich mit, irgendwie wie ein geiles Black Metal Album.

                                                  https://www.youtube.com/watch?v=yrfibt6Bkwc

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