Jimi Hendrix - Kommentare

Alle Kommentare von Jimi Hendrix

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    https://www.youtube.com/watch?v=n03g8nsaBro

    Ein stiller Strudel aus Depression, Eifersucht und Begierde nur durchzuckt von donnerndem Panzerlärm und einem rastlosen Jungen, als Spiegelfläche des immer lauter tosenden Schweigens.

    Wie so oft in seinen Filmen setzt Bergman auch hier seine Charaktere in einen Kulissenkäfig und lässt uns ausschnitthaft in die seelische Brüchigkeit von Zwischenmenschlichkeiten blicken. In dieser Szenerie, wo wenig zwischen den Hauptcharakteren gesagt und noch weniger verstanden wird, bekommt jedes gesprochene Wort eine überhöhte Gewichtung, die den Schädel des Selbstwertgefühls zu zertrümmern weiß, tief in die Seele zu schneiden vermag und genau da setzt DAS SCHWEIGEN an.
    Wo Anna (schön schöner: Gunnel Lindblom) die trotzige, der Welt und dem Leben zugewandte voll instinktiver Lust Getriebene ist, der die Hitze in Wellen über den Körper zu peitschen scheint, ist ihre Schwester Ester(wunderbar zerrissen: Ingrid Thulin) ein seelischer Trümmerhaufen aus selbstzerstörerischer, lebensverneinender Depression, körperlicher Schwäche und sachlicher Kühle.

    "Schwellkörper, das ist eine Frage von Blutüberfüllung und Schleim. ... Ich finde der Samen riecht schlecht. Was kann ich für meine empfindliche Nase? Ich finde, ich habe gestunken, wie faule Fische, als ich befruchtet wurde."

    Einzig Johan (äußerst famos: Jörgen Lindström) scheint durch seine kindliche Unbefangenheit und seine Empathie alle zu verstehen und wandert mit uns in naiver Leichtigkeit durch dieses Drama.

    Die fantastischen Schaufenster, die uns hier tief und bannhaft offenbart werden, wirken zwar zumeist ruhig und unbefleckt, doch mit fortlaufender Spielzeit brodelt es gewaltig im Staate XY, bis auch der letzte kalte Gefühlslegastheniker gehört hat, wie ohrenbetäubend DAS SCHWEIGEN sein kann.

    Für mich neben PERSONA das beste, was ich bisher in Bergmans Werkschau sehen durfte, dennoch nur für Liebhaber von unzugänglichen Filmklassikern ausnahmslos empfehlenswert.

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    • 8 .5

      https://www.youtube.com/watch?v=lRfwOvuwsK0

      Kenneth Angers wunderschön-gedankenverlorener feuchter Traum in Blau/Weiß ist eine Ode der Weiblichkeit und entführt uns durch nächtliches Zwielicht in die Wassergärten der Villa d’Este, wo Epochen lustvoll zusammenfließen und Wasser vom Lebensspender zum Leben selbst erhoben wird. Für mich ein persönliches kleines Meisterwerk voll sanfter Magie und experimenteller Leichtigkeit. Mein ultimatives Antidepressivum für Sinn und Verstand, in welches ich mich jedes mal aufs neue unsterblich verliebe und verliere.

      Was passiert, wenn meine beiden liebsten Kunstformen, Film und Musik, sich in einem Balztanz voller Anmut und Koketterie vereinend in metaphorischer Symbiose getauft werden, lässt sich in EAUX D`ARTIFICE bestaunen. In visionärer entrückten Impressionen, huscht eine dem Rokoko entlehnte Frau durch die kalt glitzernden Wasserbögen, an Kaskaden entlang, dem Wasserfluss gleich, voller unbändigem Elan, bald sich im spritzend-juchzenden Brunnen auflösend, bald schemenhaft durch durch die Fontänen gleitend.
      Als visuelles wie thematisch angelegtes feminines Gegenstück zu Angers Erstling FIREWORKS, wo sich gehärtete, rutenbestückte Matrosen in homosexueller Ungestüm und schwerem Männerschweiß entzündeten, fließt in EAUX D`ARTIFICE die weiche, immer dem Ausgleich entgegenstrebende lebensspendende Natur der Weiblichkeit im Synonym gebenden Wasser zusammen.

      Dabei sind Angers Kameraeinstellungen der Wasserspiele, Brunnen, Fontänen und Grotten recht profan und statisch, schöpfen ihre Kraft aber aus der reduzierten Bildanzahl p/M, sodass das feuchte Nass haltlos springend und ungreifbar funkelnd zum eigentlichen Hauptdarsteller der Szenerie wird und ein seltsames, fast eigenes Wesen entfaltet.
      Dazu ertönt ein großer Abschnitt von Antonio Vivaldis nie satt hörbaren Vier Jahreszeiten und hievt so die bildkomponierte Dynamik auf eine Metaebene, wo die Musik sich die Musik im Wasser mit fließen lässt.

      Wer vor experimentellen Werken keine scheu hat, sollte sich EAUX D`ARTIFICE zu Gemüte führen. Leider verliert der Film in schlechter Qualität schon etwas an zauber, deshalb unbedingt auf die Quali achten oder einfach direkt als restaurierte BluRay erstehen, es lohnt sich!

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      • 7 .5

        „Wenn dich kleine Kinder stören
        Schlag sie tot!
        Auch wenn sie dir selbst gehören
        Schlag sie tot!
        Triffst du einen Judenbengel
        Spiele seinen Todesengel
        Schlag ihn einfach mausetot!“

        https://www.youtube.com/watch?v=kNx7Za100CU

        Hysterischer, pervertierter Klamauk-Anarchismus der ersten Güte, mit geiferndem Eifer feier der Eiter Deutschlands in Einigung die Peinigung der politischen Korrektheit. 75 Minuten purer Holocaust, voll besinnungsloser Raserei bis ins Unerträgliche, ist dieses Machwerk gerade im Hinblick auf die NSU in perfide-erschreckender Weise so wahr.

        Schon nach den ersten fünf Minuten schafft Schlingensief, vielleicht DER scharfsinnig-mutigste deutsche Nachkriegsregisseur, alles einzureißen, einfach jede Kontur zu zerstören, jede vernünftige Illusion eines schönen Deutschlands, in dem jeder gut und gerne leben kann versinkt im zynischen Rassenkampf.
        In TERROR 2000 komponiert ein Neonazi-Quatett(Alfred Edel und Udo Kier: sackstark) mit Pistole, Axt und Messer das Blutlied aus Hass, Intoleranz und Wut gegen alles Fremde, gejagt von BKA-Chef Körn(Peter Kern: trägt den Film fast vollständig, durch seine kraftvolle Präsenz). Doch eine stringente Handlung ist wie üblich nicht zu erkennen, alles wirkt höchst theatralisch und völlig überdreht Improvisiert, aber schöpft genau daraus diese unverhüllte unsynthetische Ausstrahlung des Wahnsinns.
        Hier wird nicht anklagend, von oben herab und mit dem erhobenem Zeigefinger einer Moralgesellschaft der kritische Blick auf radikalisierte Gesellschaften geworfen, sondern tief eingetaucht in selbige, wo jeder Täter und Opfer sein kann.

        Die trashige Produktion ist sicherlich gewöhnungsbedürftig, aber lenkt den Blick somit mehr auf die Inhaltsebene. Letztendlich hätte TERROR 2000 ein inszenatorischer Feinschliff sicher nicht geschadet, um ihn zugänglicher, semipermeabler werden zu lassen.

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        • boa, diese liste ist sowas von cool, danke smoover, dass du dir die arbeit gemacht hast!

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          • 7 .5

            Thematisch hier und da anstrengend anspruchsvoll, brilliert diese unbekanntere New-Wave-Chrysantheme in ihrer wilden Widerspenstigkeit und surreal-narrativen Mystik. Ein Geheimtipp.

            Nagisa Ôshima war stets gegen die einschnürende Kategorisierung von Filmgenres, wie dem Japanese New Wave und doch wurde er einer ihrer markantesten Vertreter, warum dies so ist, wird in Werken wie diesem deutlich. Die Kamera erhebt sich zum mobilisierten, organischen Objekt und rennt in hektischem Lauf, der Hand des Eigentümers entrissen, davon. Wir setzen ihr zusammen mit dem jungen links-rebellischen Motoki nach, um die Kamera unversehrt in den Händen des vom Dach suizidierten Endo zu finden, der sich ebenfalls im konspirativen Polit-Dunstkreis aufzuhalten schien und Motoki verdammt ähnlich sah . Was dann folgt, ist die ambitionierte Suche von Motoki und Yasuki - der Freundin Endos - nach dessen optischer Körperwahrnehmung, sowie seelischen Charakterspieglung, des in den Freitod gesprungenen Endo, anhand seiner Kameraaufnahmen. Dabei streifen wir die rebellische Jugendszene, die viel von umstürzlerischen Plänen schwadronieren und doch stets passiv bleiben im Handeln.

            Ôshima inszeniert THE MAN WHO LEFT HIS WILL ON FILM sehr radikal auf das Medium Film fixiert und dessen wuchtige Bedeutsamkeit Momente in allen Dimensionen einzufangen. Da wird, in einer der wohl schönsten Szenen des Genres, der nackte Körper Yasukis zur erotischen Projektionsfläche für den Film ihres verstorbenen Liebsten Endo, um mit den sexuellen Ambitionen von Motoki ihr gegenüber keck zu spielen. Film wird hier zu lebender Materie, die ergründet werden muss, mit allen Konsequenzen und genau dies tut Ôshima auf faszinierende Art, voll bildlicher Poesie und gewohnt politischer Einfärbung und einem furiosen Endspurt, der es nochmal richtig in sich hat, Lynch lässt grüßen.

            Ich spürte, dass neben dem von mir Erwähnten noch viel mehr Substanz z.B. in den politischen Diskussionsabschnitten vorhanden war, die ich aber durch meine mäßigen Englischkenntnisse leider nicht voll verstehen konnte, was mich teilweise schon frustrierte. Doch wer der englischen Sprache mächtig ist und dazu noch mehr im Kopf hat, als ich Halbblutproll-Troll, wird mit diesem, zu unrecht vernachlässigten, Werk einen Heidenspaß haben!

            https://www.youtube.com/watch?v=XF9037pyj8o

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            • 6 .5

              Maya Derens Zelebrierung dynamischer Ballettbewegungen, voll maskuliner Anmut und Kraft, ist fast eine Art transzendenten Tanzes in andere Orte des Seins und hätte ruhig etwas länger geraten können, um wirklich nachhaltig zu wirken.

              So bleiben interessante Ansätze der Kameraarbeit im kontrastbewaldeten Birkenhain, ein ästhetischer Männerkörper und schon fällt auch schon der Vorhang.

              https://www.youtube.com/watch?v=pkyshFp61QY

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              • 7 .5

                Erfrischend progressives Genrekonvolut aus mystischem Horror-Slasher, verqueertem Coming-of-Age und Gesellschaftskritik, welches einen jungen Provinzpolizisten auf seinem ultimativen und blutrünstigen Selbstfindungstrip durch Wald und Flur begleitet und uns lehrt, dass die neue deutsche Welle immer wieder erquickend überraschend ist, weiter so!

                Was Till Kleinert mit DER SAMURAI abliefert ist unbequeme Filmkost, die immer haarscharf am unfreiwilligen Humor vorbeischrammt und dennoch stets den richtigen Ton trifft. Ich glaube gerade das Medium Film hat sich zulange sachlich und gezwungen-authentisch mit Themen wie Homosexuell befasst, umso schöner ist es, dass junge Regisseure in diesem Werk, wie auch in DER ORNITHOLOGE, andere surrealistische Wege gehen und somit Film endlich auch hier kreativ und eindrucksvoll ausschöpfen.
                Dabei sehen wir Jakob, den jungen Polizisten, der in einem kleinen brandenburgischen Dörfchen seine Oma pflegend plötzlich und gewaltsam sein inneres Ich (ausufernd gespielt von Oliver Kahn junior) zulässt, den einsamen Wolf, der nicht mehr der einheitlichen provinziellen Schafherde aus heuchelnden Spießbürgern und Moralitätskonformisten folgen will, sondern sie und ihre kleine heile Welt reißt und ausweidet.

                Ich hätte mir den Streifen auch als Kurzfilm vorstellen können, aber für mich funktionierte DER SAMURAI zu jeder Zeit ebenso als Langfilm und ist auch in der mystisch-sarkastischen Machart komplett überzeugend, gerade durch fulminante Ende, welches den Gesamteindruck bekräftigt und nicht mit einer tollpatschig-unglaubwürdigen Wendung vergeigt.

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                • 8 .5
                  Jimi Hendrix 03.12.2017, 13:45 Geändert 03.12.2017, 15:28

                  Hanekes wortlos traurige Romanverfilmung DIE KLAVIERSPIELERIN blickt auf die langen Schatten einer eingeschlossenen, nie sich bahnbrechenden, erstickten Persönlichkeit, und folgend Sexualität, voller unterdrückter Emotionen, nicht erwiderter Zärtlichkeiten und Liebe, sowie den daraus erwachsenden Selbsthass zur Unfähigkeit Gefühle offen zu zeigen, wankt die Hauptfigur in die sadomasochistische Selbstaufgabe hinein. Er inszeniert die Figur der Erika Korhut in solch reduzierter Weise, sodass dem Zuschauer immer nur kurze, drastische Einblicke in die psychologischen Tiefen der Hauptdarstellerin gestattet werden, doch umso erschütternder, schmerzerfüllter ist dieses gebrochene Zwielicht, das einem hier entgegen schimmert.

                  In introvertierten, kalten Bildern bekommen wir zuerst schemenhaft eine Impression des anscheinend biederen Leben der Klavierlehrerin Erika Kohut, die absolut brillant von Isabelle Huppert ausgefüllt wurde. Mit kühler, ja unnahbar deneuve`scher Mimik sehen wir oberflächlich eine disziplinierte, strenge Musikprofessorin, die aber tiefgründig wie ein pubertierender Teenager ihre unausgelebte Sexualität in Pornokabinen, als urinierende Voyeuristin, schnüffelnd und Haut ritzend den inneren Druck und die offenen Wunden aus fehlendem Selbstwertgefühl mit gefährlicher Glut zu vernarben versucht.
                  Erika hat sich selbst schon lange verloren, oder nie richtig gehabt, ihr ganzes Sein der Musik, dem Klavier, Schubert verschrieben. Sie tadelt ihre Schüler, für deren fehlende Leidenschaft im klavinieren und doch erträgt sie es kaum, als der neue Schüler Walter (ebenso großartig: Benoit Magimel), ihre tief vergrabene Flamme mit seinem gefühlvollen, leidenschaftlichen Spiel zu entzünden beginnt. Denn diese Flamme scheint sie von innen zu verbrennen, sie hat Angst vor diesen Gefühlen, ja sie ekelt sich vor ihnen, sie ekelt sich vor sich, unfähig ihre Gefühle je ausgelebt haben zu dürfen, stets unterdrückt von der dominanten Mutter, die ihr nur Disziplin, aber nie wirkliche Liebe gab, flüchtet sich Erika in selbstzerstörerische Übersprungshandlungen die aber nie zur Katharsis führen.

                  Michael Haneke schafft es mit DER KLAVIERSPIELERIN ein kleines charakterliches Meisterwerk abzuliefern, voller Tiefenschärfe, Prägnanz, aber auch Härte und Schmerzhaftigkeit. Ich habe den Roman von Elfriede Jelinek noch nicht gelesen, aber das filmische Produkt zog mich in seinen Bann, ob seiner traurigen, ausweglosen Aura und der darstellerischen Authentizität.

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                  • 8

                    Welch schmerzhaft schöner Freudenschmaus für alle Sinne! Als Koryphäe des Erlebniskinos, als das rauschhafte Aufbäumen gegen jegliche Rationalität, feiert dieser Neo-Giallo die Extermination der Erzählung, um auf dessen irdischer Hülle den Irrealismus bis zur Affektiertheit zu zelebrieren.

                    Ich habe auch jetzt noch keinen einzigen Giallo gesehen, sondern nur Berührung mit dem Regieduett Cattet und Forzani und ihrem ebenso Genre-referenzgeladenen AMER gemacht. Ihre zweite Arbeit ist eine klare Weiterentwicklung, sprich noch radikaler in der Dominanz des Stiles und weit restriktiver, dem erzählerischen Element gegenüber.
                    Nun wird wirklich alles der Ästhetik und dem unterbewussten Gefühl untergeordnet, um in die subjektiven, seelischen Abgründe einzutauchen. Jede Szene verliert sich in schwallend-strotzendem Expressionismus, jeder Ton wird als intensive, adiovisuelle Steigbügel-Metapher direkt ins Bauchgefühl benutzt.
                    Dabei touchiert DER TOD WEINT ROTE TRÄNEN eine Vielzahl an diffusen Empfindungen, von erotisierter Dominanz und Sadomasochismus, über Kindheitserinnerungen, Albtraumpassagen, dem Auflösen in den Begierden des Partners und der Suche nach dem, was einen in Innersten zusammen hält.

                    Sicher werden hier all jene auf der Strecke bleiben, die eine klare Story erwarten, doch genau diese Fesseln streifen Cattet und Forzani sich ab, um etwas psychisches, spürbares, dem verkopften, physischen, rationalen Narrationskino entgegen zu stellen und das funktioniert für mich wunderbar. Denn obwohl sie ihre Hommage an den Giallo bis auf die Spitze treiben, mit unzähligen Entlehnungen, verkommt DER TOD WEINT ROTE TRÄNEN nie zum gekünstelten Abziehbild einer vergangenen Zeit, sondern lässt sie in neuer, persönlicher Variation aufleben.

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                      Jimi Hendrix 30.11.2017, 21:23 Geändert 22.10.2019, 00:36

                      #41 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                      Wie ein Ballett der Reduktion tanzen Rechtecke und Quadrate in eindimensionalen Stellungen im Bild. Bald pulsieren sie unbeständig, bald bedingt ihre Bewegung sich wechselseitig, um Ausgleich und Harmonie bemüht.

                      Dieser Vertreter des Absoluten Films ist heute noch gewöhnungsbedürftig, und rief damals nach überlieferten Quellen das Publikum in gewalttätigen Scharen auf die Barrikaden. Doch Hans Richter initiierte FILM IST RHYTHMUS als emanzipierendes Produkt, in welchem Film nicht länger nur dem Narrativ Selbstzweck war, sondern komplett für sich stehen konnte.

                      Mir persönlich ist das zu viel Minimalismus und sehe für mich nur einen bildungsfördernden Aspekt, in welchem man seine Sehgewohnheiten in eine dreiminütige Diät schickt.

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                        Film als eigenständiges Medium, völlig befreit vom engen Korsett aus Logik und Erzählstrukturen, lässt der deutsche Dadaismuspionier Hans Richter sich in einem kleinen heiteren Feuerwerk der Inspiration treiben.

                        Hüte fliegen einer Vogelschar gleich umher, Formen lösen sich auf, Gegenstände werden zur belebten Struktur erweckt oder Menschen verschwinden im Raum. Diese surrealistischen Bildkompositionen und Stop-Motion-Arrangements dürften spätere Größen wie Jan Švankmajer wesentlich beeinflusst haben.

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                          Ein unspannend, leeres Pixeltrivial, bei dem der Titel immer mehr traurigen Selbstbezug hat. Als Kinderfilm stabil, doch die Aura für das erwachsene Publikum ist größtenteils verblasst.

                          Ich wurde zwar erst vor zwei Wochen genötigt mir ICH EU3 anzuschauen (wie man sich nicht alles für Freundschaft erniedrigt), doch hätte ich ohne lieber_tees Kommentar diese filmische Entgleisung fast schon wieder erfolgreich verdrängt.

                          Viel erinnerungswürdiges hat Coffin und Balda aber auch nicht zu bieten, doch da das Publikum nicht genug bekommen kann, von den kleinen gelben Gutelaunezäpfchen und ihrem - leider immer weniger griesgrämigen Erschaffer - fühlt sich das Regieduo wohl oder übel dazu gezwungen, dem Ruf nachzukommen, warum auch nicht?
                          Blöd nur, wenn man dem Film schnell die zwanghafte Story anmerkt und die Figuren im ausgelutschten Minions-Kosmos an Kontur und Originalität doch sehr vermissen lassen. Das rettet auch der Antagonist Balthazar Bratt nicht, der mit dem kompletten Klischee-Paket voll geblasen im überdrehten Moonwalk etwas ironische Dynamik versprühen kann.

                          Schlussendlich ist ICH EU3 nette Nachmittagsunterhaltung für Kinder, ich kann dem aber spätestens nach Teil 1 schon nicht mehr viel abgewinnen.

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                            Mord und Vergewaltigung im trüben, untiefen Reisfeld der menschlichen Psyche. Wo die falsche Ehre wie Unkraut wächst, gedüngt von Selbstbetrug und Schuldgefühlen. Genau da finden wir Nagisa Ôshima als sezierend-analytischen Gärtner wieder.
                            Er legt so manchen feuchten Traum trocken und offenbart uns mit VIOLENCE AT NOON ein durchaus gefälliges Stück fatalistischen Psychothrillers, indem er uns eine handfeste Serienmörderstudie präsentiert. Doch bekommen wir den Serienmörder und Vergewaltiger Eisuke (Ôshimas Liebling, zurecht: Kei Satō) nicht als Antagonist der Polizei zu sehen, sondern Ôshima lässt seine Taten in zwei Frauen spiegeln: seiner Ehefrau und seinem Opfer bzw. heimlichen Liebe, ja er rückt sie sogar in die zentrale Rolle des Films, wo sie Opfer, Mitwisser und damit auch Mittäter sind? Diese Moralische Frage lässt VIOLENCE AT NOON eher unbewertet. Interessanter ist das Frauenbild, was gezeigt wird, die hörige, devote japanische Frau, die ihre Ehre über Alles stellt, stirbt hier symbolisch. Was überlebt ist die selbstbestimmte Frau, auch wenn sie ebenso wenig Leben kann und möchte.
                            Natürlich kann man im Täter Eisuke auch das gedemütigte Produkt einer geschlagenen Nation des Zweiten Weltkriegs sehen, ein haltlos verlorener, schwacher Charakter, welcher Stärke nur noch durch Gewalt zu zeigen im Stande ist und seinen Platz in der Gesellschaft einbüßte, da er nicht "ehrenvoll" Seppuku wählte.

                            Die Story eröffnet sich in teils artivisionellen Teilsequenzen und Rückblenden und so riecht man zwar die ganz großen Zusammenhänge, aber sie zeigen sich noch nicht offen, was der Dramaturgie gut tut, auch wenn dieses Werk weniger von Spannung, denn von der psychologischen Tragweite lebt.
                            Das ganze wird filmisch wie man es von Nagisa Ôshima kennt, sehr frisch umgesetzt und tonal durch Hikaru Hayashi unterfüttert, dessen Score mir schon in ONIBABA sehr gefiel.

                            Sehens- und empfehlenswert auf jeden Fall, wenn man Japanese New Wave Kino mag, auch wenn er durch seinen wirklich fehlenden Höhepunkt eher formvoll, fast dokumentarisch gefilmt ist.

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                              Jimi Hendrix 26.11.2017, 15:36 Geändert 26.11.2017, 16:15

                              https://www.youtube.com/watch?v=UdI1a1reciM

                              Leicht schwächelnder Start der berüchtigten Vomit-Gore-Trilogie des Lucifer Valentine.

                              Wenn sich dein Innerstes durch die zuckende Speißeröhre stoßartig den Weg nach außen gebärt, da es das eigene verkommene Sein als Todgeburt nicht mehr zu ertragen weiß, wo der Geist sich vor der physischen Hülle ekelt, lieber abgetrieben werden möchte und die Szenerie durch verstörende Klangteppiche unter den Füßen weggezogen wird, sind wir bei SLAUGHTERED VOMIT GORE.
                              Entführt werden wir erstmals in die verstörenden Gedankenwelten der Trilogie-Hauptfigur Angela Aberdeen, einst ein süßes und aufgewecktes Mädchen, welches noch unschuldige Träume hatte . Zu sehen bekommen wir das erwachsene Produkt, einer seelisch heruntergekommenen Prostituierten, die vom noch jungen Leben schwer vergewaltigt und misshandelt wurde und ihre Seele einer höheren satanischen Macht verkauft zu haben scheint. Gequält in albtraumartigen Verstümmelungs- und Kotzorgien bekommen wir abgrundtiefe Einblicke in die surreal-verzerrten Traumgedanken der Angela Aberdeen. Dabei zeigt der Vomit-Gore-Regisseur meiner Meinung nach die vielleicht ehrlichsten Empfindungen einer Frau, die als Schlacke der proletarischen Dominanzgesellschaft jeden Tag aufs neu produziert wird.

                              Atmosphärisch zeigt Lucifer Valentine schon hier sein experimentelles Können. In komplett chaotisch-zersägten Bildsprüngen, grandios kranken Tonspuren und geil angedeuteter Mukke, prügelt man den Zuschauer durch die elend langen, meist monotonen oder wiederkehrenden Szenarien aus Wackelkamera, Kotzerei, Monolog und verhältnismäßig wenig Gore.

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                              • lol, das sieht aus wie in ner todesanzeige, also uns haben leider schon n paar echte MPler verlassen, aber man muss uns lebende, samt dem design doch nicht auch in bildlicher kondolenz verewigen, oder?

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                                • 7 .5
                                  Jimi Hendrix 22.11.2017, 20:09 Geändert 22.11.2017, 20:19

                                  Dieser Neo-Pinku-eiga Streifen schreit seinen avantgardistischen Selbstzynismus in fast manischer Manier heraus, ohne Rücksicht auf Verluste zerfleischt er die fragwürdige Rolle der Frau in Japan, nicht ohne selbst unverletzt zu bleiben.

                                  Shion Sono ist und bleibt der knallig pinke und spitze Kieselstein im engen japanischen Gesellschaftsschuh. Und so ist es kein Zufall, dass gerade er sich von Nikkatsu nicht zweimal bitten lässt bei der Wiederauflage der legendären Roman Porno Filmreihen mitzuwirken. Wie zu Beginn in den 70ern sind die Rahmenbedingungen auch zum Reboot gleich: eine Woche Drehzeit, ein paar Sexszenen, alles darüber hinaus ist in der freien Hand des Regisseurs.

                                  Sono nutzt das Format in voller Breite aus, schwelgt förmlich in völliger Farbhysterie, in dem ebenso langweiligen, wie schmerzhaften Radikalismus der Kunst. Er penetriert diese Abstraktion mit einer zerschnittenen Geschichte, über eine junge Frau, welche sich mit ihrer Sexualität, ihrer Persönlichkeit als Mensch, mit der gesellschaftlichen Struktur aus Macht, Moral und Freiheit auseinandersetzen muss.

                                  „Ich bin eine Jungfrau, eine Jungfrau und dennoch eine Hure. Eine Hure und dennoch eine Jungfrau. Ich muss entweder das eine sein, oder das andere. Aber Frauen verlieren ihre Jungfräulichkeit. Nicht nur Huren.“

                                  Dabei ist er wie auch schon in COLDFISH oder GUILTY OF ROMANCE kein Oberlehrer, sondern macht sich und seine Hauptdarstellerin geschickt selbst zum Teil der Täterschaft und konterkariert somit das manifestierte Moralmonopol.

                                  ANTIPORNO ist kein Dinosaurier wie LOVE EXPOSURE, oder ein psychologisches Fallbeil, wie STRANGE CIRCUS, dennoch ist die künstlerische Konsequenz unwahrscheinlich erfrischend und für Experimentalliebhaber nur wärmstens zu empfehlen.

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                                  • 7
                                    Jimi Hendrix 30.05.2017, 13:15 Geändert 30.05.2017, 17:02

                                    In einem seiner wohl unhandlichsten und introvertiertesten Filme, lässt uns Kaurismäki in die stille, dunkle Eistruhe des Lebens blicken, wo eine junge Frau gegen alle Widrigkeiten ihr wärmendes Licht der Hoffnung zu entzünden versucht - und entfacht sie es auch nur für eine Sekunde, so offenbart sie sich uns für immer.

                                    Selten war selbst Bildsprache so stumm und reserviert und drückt nichtsdestotrotz besser als jedes Wort aus, was das Mädchen aus der Streichholzfabrik bewegt. Ihre tiefe Sehnsucht nach Liebe wirkt angesichts der Umstände fast surreal und doch nimmt sie ihr Schicksal in die eigene Hand, doch es wäre nicht Kaurismäkis Art diese Eigeninitiative zu belohnen, wie einen Hund, der ein Leckerli bekommt, wenn er Männchen macht. Nein, so ist das Leben nicht, schon gar nicht im Helsinkier Proletariat und so ist alles was einem bleibt, der sachliche Optimismus, welcher einen aber bis zum Horizont träumen lassen kann.
                                    Und so ist es sicher kein Zufall, dass Iris (wundervoll: Kati Outinen) gerade in einer Streichholzfabrik arbeitet, sie, das kleine Licht der kalten finnischen Vorstadt, die ihren Lebenswillen an der Hoffnung nach Liebe, Erfüllung und Anerkennung entzündet. Sie ist die trotzig brennende Flamme in einem Leben, als schattenhafte Existenz und das ist Optimismus genug.

                                    Seine reduzierte Geschichte packt Aki Kaurismäki in gewohnten Minimalismus, wo die Gestik zum eigentlichen Narrativ wird und die steif arrangierten Musikeinlagen zur stimmigen Begleitkapelle der unbewegten Melancholie. Für mich ist DAS MÄDCHEN AUS DER STREICHHOLZFABRIK hier und da wirklich etwas zu verschlossen und stoisch, aber dennoch strahlt es diese ungreifbare Magie der Atmosphäre aus, derer ich mich nicht erwehren konnte.

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                                      Jimi Hendrix 24.05.2017, 12:32 Geändert 24.05.2017, 12:38

                                      Die neodogmatische Knallgasprobe des deutschen Kinos ist in vielerlei Hinsicht ein äußerst gelungenes Experiment und zeigt das moderne, unmoralisierende Anti-Märchen vom spanischen Rotkäppchen, welches im Berliner Großstadtdschungel auf einen charismatisch-brandoschen Wolf und sein Rudel trifft.

                                      Wenn ich mir die Bewertungen meiner MP-Freunde hier durchscrolle sehe ich überdurchschnittlich viele Durchschnittliche Meinungs- und Bewertungsabgaben zu diesem Hipster-Filmmounument und das zeigt mir, dass ich genau die richtigen Leute um mich versammelt habe, denn ihr schluckt nicht nur, sondern spuckt auch und das finde ich gut.

                                      Diesmal schlucke zumindest ich jede Minute des Films wie gebannt runter und die Spannung zerreißt mir fast die Kehle, denn hier wartet Sebastian Schipper mit einer schnörkellosen Story im Berliner Nachtleben auf, die einzig durch die halbimprovisierte Interaktion der fünf Hauptfiguren vollends getragen wird und eben genau diese Quintessenz ermöglicht: Authentizität.
                                      Diese glaubte ich schon verloren in deutschen Landen, wo es zwischen übertrieben synthetisch bis zwanghaft realistisch, wenig wirklich erinnerungswürdiges gib. Wir Deutsche sind eben hoffnungslose Pessimisten unserer selbst, doch wer möchte uns das verdenken mit unserer Vergangenheit.

                                      Umso erstaunlicher ist VICTORIA zu bewerten, der so frisch und unvoreingenommen anmutet, ja so naiv und unbekümmert, wie seine namensgebende spanische Hauptfigur, dass man ihm das ironische Prädikat "Undeutsch" als einen positiven Stempel verpassen möchte.
                                      Und ja der Film ist eher Europa, als alles andere, im hippen Nationenschmelztiegel Berlin verdickt die geschichtliche Sauce der Begegnung von Victoria mit Sonne und seinen drei anderen Himmelskörpern und konzentriert sich im kochenden Tanz zu etwas essenziellem, was man im Kino in dieser Form selten sah.

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                                      • die zwei glorreichen halunken gibts auch umsonst + auf deutsch bei youtube:

                                        https://www.youtube.com/watch?v=dFBXmx3ccDw

                                        amazon und apple stinken.

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                                          Jimi Hendrix 22.05.2017, 00:08 Geändert 22.05.2017, 00:09

                                          "Mein Herz könnt ihr auf der Müllhalde verscharren."

                                          Ein grauer Regenbogen über Helsinki. In schnörkelloser Inszenierung schweigt uns ein Schicksal an und erzählt aus unbewegter Miene mehr als tausend Worte.

                                          Kaurismäki atmet mit jeder Pore seiner Filme die Würde der untersten Gesellschaftsschicht, so auch in ARIEL, wo er seinen obligatorischen Verlierertypen mit dem zähen Gen der wagen Hoffnung auf eine düstere Reise sendet, denn es wäre nicht das Werk des alten lakonischen Finnen, wenn dieser Weg nicht voll schwarzem Humor und Bitternis wäre.
                                          Und dennoch winkt am Horizont die Hoffnung, als Hure, als Straßendirne, die dir deine Gedanken wärmt und doch nur Fiktion scheint, oder ist dort etwa wirklich Optimismus? Wie zynisch dieser ist, wird schnell klar, wer ein Kabrio und eine Sonnenbrille in Finnland hat, muss ein hoffnungsloser Optimist sein.

                                          Und doch wirkt ARIEL niemals naiv, sondern immer realistisch, fast wie eine nüchterne Milieustudie, aus getrockneten Tränen, Nicotin und Schweröl und stets gesüßt durch die geradlinige und unaufgeregte Liebe.

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                                            Jimi Hendrix 18.05.2017, 02:24 Geändert 18.05.2017, 02:42

                                            Eine der altehrwürdigsten und ganz großen Serien-Dinosaurier, die alles überdauern, an den derart wärmenden Geschmack der Nostalgie im TV-Karmin, reicht da nur Bob Ross noch ran.

                                            MEDICAL DETECTIVES kommt sehr der Bezugsgröße "Eltern" nahe. Ohne es zu hinterfragen war die Serie immer irgendwo präsent, auf eine sehr natürliche, beruhigende Art und Weise. Sobald man Nachts wieder mal rastlos durch die Sender zappte, wusste man stets: es gibt auf VOX einen Ort namens Heimat, wo es nach süßlich-vertrautem Leichengeruch duftet, Papa Benecke wieder was über Blutspurenanalysen erklärt, einem die meist schon mehrfach gesehenen Fälle der menschlichen Abgründe liebevoll anschauen und durch die nasale Stimme von Hubertus Bengsch ein spannendes Narrativ ins Ohr geseuselt wird. Da wo sich Forensiker, Kriminalbeamte und Angehörige der Opfer gute Nacht sagen und man mit nachgestellten Tathergängen berieselt wird, die mit hipper Sythiehorror-Mukke aufgepeppt sind, ja da weiß man noch was man hat.

                                            Dort auf VOX, steh jeden Abend die Welt für ein paar Stunden still und wirkt fast anarchistisch in ihrem progressiven Archaismus, gegen jede Zwanghaftigkeit des immer schneller drehenden Rads unserer Zeit, wo das neue schon gestern wieder out ist.
                                            Ich denke diese Beständigkeit macht die Serie zum Kult, also einer kulturellen Größe, die durch rituelle, sich verlässlich wiederholende Sitten und Bräuche immer wieder selbst begründet wird. Sie hat damit etwas fast sakrales, ähnlich dem Sandmänchen, auch so einem Quastenflosser der Fernsehrevolution.

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                                              Jimi Hendrix 17.05.2017, 02:20 Geändert 18.05.2017, 00:26

                                              Unausgereifter Filmbeitrag aus Ungarn, welcher ansatzweise mit guter Grundstory zu unterhalten weiß, aber letztendlich irgendwo auf dem Weg von monströsem Tierhorror-Kitsch zur ganz großen Gesellschafts-Methapherstruktur eingeschläfert wird.

                                              Das gerade Kornél Mundruczó und das neue ungarische Kino sich zu Zeiten der Flüchtlingskrise über streundende Mischlingshunde in den Straßen von Budapest filmisch Gedanken macht, ist erstmal höchst interessant und nur logisch. Denn den Flüchtling im autoritär-nationalen Ungarn als Tier darzustellen, welches man gnadenlos jagt, fängt und je nach Sinnhaftigkeit für die Gesellschaft einschläfert, trifft als Sozialkritik voll ins humanitäre Herz unserer Zeit.
                                              Zumal sich darauf die sardonische Komik einer Gesellschaf konterkarieren lässt, die freiwillig und großherzig Hunde aus Osteuropa in ihre bessere Welt holt, um den eigenen auch wahrhaftigen Gutmenschen in sich zu füttern, aber gleichzeitig die selbe konsequente Sozialverantwortung gegenüber flüchtenden Menschen eben nicht übrnehmen möchte.

                                              Leider hat man in WEIßER GOTT nie wirklich das Gefühl, dass eben dieser sehr reizvolle Gedanke wirklich zuende konstruiert wird. Stattdessen verliert man sich in einer übertriebenen Tierhorrorshow, im handwerklichen Kostüm des Schweinchen Namens Babe und auch sprechende Hunde hätten hier nicht verwundert. Das führt dazu, dass der gesellschaftskritischen Grundmetapher die nötige Ernsthaftigkeit fehlt.

                                              Was bleibt, sind ein paar wirklich gute Bilder, etwas Grusel und viel ungenutztes narratives Potenzial.

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                                                Eine humoreske Ode an das Silicatgel, eine Story, wie ein aus Speerholz genageltes Herz und eine charmante Atmosphäre der gekonnten Reduziertheit auf das Wesentliche im Menschen, macht DER MANN OHNE VERGANGENHEIT zu einer bodenständigen Wärmflasche, welche auch im tiefsten Seelenwinter eine Zukunft aufzeigt.

                                                Kaurismäki zeichnet in diesem Werk aus dem Alptraum des Identitätsverlustes, auf die ihm so eigene Art und Weise ein Bild aus stoischer Zuversicht und sprödem Optimismus, zwei starker Gefühle, die dem Mann ohne Vergangenheit eigen sind, da er nichts zu verlieren hat, außer seinem gegenwärtigen Leben auf leerem, weißen Papier. Doch anstatt es zu zerknüllen, zeichnet Kaurismäki ein wundervoll unkitschiges Bild von Menschlichkeit und der Hoffung der Liebe, in einer Welt, die zwar mehr träumerische Utopie im Ganzen ist, doch sich in ihrer Einzelheit durchaus Aussicht auf eben diese Menschlichkeit und Hoffung der Liebe bewahrt.

                                                Das alles ist selbst im Jahre 2002 noch in so schöne Nostalgie getaucht, dass man denoch das Gefühl nicht loswird, Hoffung und Menschlichkeit sind nur noch alte vergilbte Fotos in unserer schnellebigen Zeit, die man, ob ihrer fast kindlichen Naivität mit einem leicht überheblichen Lächeln betrachtet wohl wissend, das dafür in der heutigen Zeit immer weniger Platz scheint.

                                                Doch dienen Aki Kaurismäkis Werke immer als eine Oase solcher Nostalgie, die alle Oberflächlichkeit radikal verbannt und so den Kern menschlicher Seelen vertrauensvoll offenlegt und das Herz auf so typisch unverbindlicheweise wärmt, wie die Wodkaflasche den Magen.

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                                                • Moviepilottreffen in Köln diesen Samstag 03.12

                                                  Moin zusammen,

                                                  wir treffen uns mal wieder in gewohntem Kreise, aber würden gerne auch mal neue Gesichter erspähen. Wer Interesse an einem Gang-Talk hat und kein Problem mit Filmrissen, der ist herzlich eingeladen und kann sich wie immer gerne melden. Wir werden uns zum Pub-Quiz treffen und dabei bisschen sabbeln.

                                                  Ich bring auch etwas MP-Merch mit, das liegt bei mir seit Monaten rum. Außerdem darf wieder filmisch geschrottwichtelt werden: bringt eure schrottigsten DVDs mit und bekommt dafür exquisiten neuen filmischen Müll ;-)

                                                  Psychedelische Grüße,

                                                  Jimi

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                                                    Jimi Hendrix 08.07.2016, 13:37 Geändert 08.07.2016, 14:31

                                                    Niedlich, gewaltsam und wunderbar kreativer Experimentalanime, irgendwo im Bereich von MIND GAME anzusiedeln, ohne dessen Detailtiefe und philosophischen Ansatz zu besetzen.

                                                    Ein wenig wie Hello Kitty mit einer Überdosis Acid und vielen halluzinogenen Pilzen im Magen, folgen wir einem knuffigen, süßen Kätzchen durch Wunderwelten aus Ideenreichtum, auf dem psychedelischen Trip, sein sterbendes Geschwisterchen wieder ins Leben zurück zu holen.
                                                    Auf dieser kranken Reise durch Raum und zeit, wird an den Weltenuhren gedreht und auf Elefanten aus Wasser durch die Wüste geritten.

                                                    Für den ein oder anderen dann sicherlich doch eine Nummer zu viel Hardcore-Sweetness und dennoch ein schnuckeliges Feel-Weird-Movie, dass zumindest für die Japan-Freaks unter euch kompatibel sein dürfte.

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