Pyro 91 - Kommentare

Alle Kommentare von Pyro 91

  • 8
    Pyro 91 30.01.2024, 16:37 Geändert 30.01.2024, 18:54

    Die folgenden Punktebewertungen stammen von meinem großen "Buffy"-Rewatch 2023. Eigentlich wollte ich zu jeder Staffel eine ausführliche und leidenschaftliche Kritik schreiben, bin aber nicht dazugekommen und werde in naher Zukunft leider auch keine Zeit dafür finden. Doch bevor ich diese Wertungen auf meiner Festplatte vergammeln lasse, wollte ich sie lieber mit euch teilen. Kommentare und Diskussionen sind natürlich erwünscht.

    Season 1:

    1x01 Welcome to the Hellmouth 6.5
    1x02 The Harvest 5
    1x03 Witch 5.5
    1x04 Teacher's Pet 3
    1x05 Never Kill a Boy on the First Date 7
    1x06 The Pack 5
    1x07 Angel 8
    1x08 I Robot, You Jane 5
    1x09 The Puppet Show 4.5
    1x10 Nightmares 6.5
    1x11 Out of Mind, Out of Sight 6
    1x12 Prophecy Girl 8.5

    Im Schnitt: 5.88 = 6

    Season 2:

    2x01 When She Was Bad 9
    2x02 Some Assembly Required 5.5
    2x03 School Hard 9
    2x04 Inca Mummy Girl 5.5
    2x05 Reptile Boy 5.5
    2x06 Halloween 9
    2x07 Lie to Me 8
    2x08 The Dark Age 7
    2x09 What's My Line? (1) 7.5
    2x10 What's My Line? (2) 7.5
    2x11 Ted 6
    2x12 Bad Eggs 5
    2x13 Surprise 8
    2x14 Innocence 10
    2x15 Phases 9
    2x16 Bewitched, Bothered And Bewildered 8
    2x17 Passion 10
    2x18 Killed by Death 8
    2x19 I Only Have Eyes for You 9.5
    2x20 Go Fish 5
    2x21 Becoming (1) 9
    2x22 Becoming (2) 10

    Im Schnitt: 7.77 = 8

    Season 3

    3x01 Anne 7.5
    3x02 Dead Man's Party 5.5
    3x03 Faith, Hope and Trick 8.5
    3x04 Beauty and the Beasts 7.5
    3x05 Homecoming 8
    3x06 Band Candy 8
    3x07 Revelations 9
    3x08 Lover's Walk 9.5
    3x09 The Wish 7.5
    3x10 Amends 8.5
    3x11 Gingerbread 7.5
    3x12 Helpless 9.5
    3x13 The Zeppo 7.5
    3x14 Bad Girls 6.5
    3x15 Consequences 9.5
    3x16 Doppelgangland 9.5
    3x17 Enemies 7.5
    3x18 Earshot 9.5
    3x19 Choices 9
    3x20 The Prom 9.5
    3x21 Graduation Day (1) 9
    3x22 Graduation Day (2) 8.5

    Im Schnitt: 8.30 = 8

    Season 4:

    4x01 The Freshman 8
    4x02 Living Conditions 7
    4x03 The Harsh Light of Day 9
    4x04 Fear, Itself 8.5
    4x05 Beer Bad 4.5
    4x06 Wild at Heart 7
    4x07 The Initiative 8
    4x08 Pangs 7
    4x09 Something Blue 9
    4x10 Hush 10
    4x11 Doomed 6.5
    4x12 A New Man 8
    4x13 The I in Team 8
    4x14 Goodbye Iowa 7
    4x15 This Year's Girl 8.5
    4x16 Who Are You? 9
    4x17 Superstar 4
    4x18 Where the Wild Things Are 2.5
    4x19 New Moon Rising 8.5
    4x20 The Yoko Factor 8
    4x21 Primeval 7
    4x22 Restless 10

    Im Schnitt: 7.50 = 7.5

    Season 5:

    5x01 Buffy Vs. Dracula 8.5
    5x02 Real Me 7
    5x03 The Replacement 9
    5x04 Out of My Mind 8
    5x05 No Place Like Home 9
    5x06 Family 7.5
    5x07 Fool For Love 10
    5x08 Shadow 8.5
    5x09 Listening to Fear 9
    5x10 Into the Woods 9.5
    5x11 Triangle 7.5
    5x12 Checkpoint 9
    5x13 Blood Ties 9
    5x14 Crush 9.5
    5x15 I Was Made to Love You 8
    5x16 The Body 10
    5x17 Forever 9
    5x18 Intervention 8
    5x19 Tough Love 9
    5x20 Spiral 8
    5x21 The Weight of the World 7.5
    5x22 The Gift 10

    Im Schnitt: 8.66 = 9

    Season 6:

    6x01 Bargaining (1) 9
    6x02 Bargaining (2) 8
    6x03 After Life 9.5
    6x04 Flooded 8.5
    6x05 Life Serial 8
    6x06 All the Way 6.5
    6x07 Once More, with Feeling 10
    6x08 Tabula Rasa 8.5
    6x09 Smashed 9
    6x10 Wrecked 7
    6x11 Gone 6.5
    6x12 Doublemeat Palace 7.5
    6x13 Dead Things 10
    6x14 Older and Far Away 7
    6x15 As You Were 5.5
    6x16 Hell's Bells 8.5
    6x17 Normal Again 10
    6x18 Entropy 9
    6x19 Seeing Red 10
    6x20 Villains 9.5
    6x21 Two to Go 8.5
    6x22 Grave 9

    Im Schnitt: 8.41 = 8

    Season 7:

    7x01 Lessons 8
    7x02 Beneath You 9
    7x03 Same Time, Same Place 8
    7x04 Help 7.5
    7x05 Selfless 10
    7x06 Him 7
    7x07 Conversations with Dead People 10
    7x08 Sleeper 9.5
    7x09 Never Leave Me 9.5
    7x10 Bring on the Night 7.5
    7x11 Showtime 7
    7x12 Potential 6.5
    7x13 The Killer in Me 5.5
    7x14 First Date 8.5
    7x15 Get It Done 9
    7x16 Storyteller 9
    7x17 Lies My Parents Told Me 10
    7x18 Dirty Girls 8.5
    7x19 Empty Places 7
    7x20 Touched 9
    7x21 End of Days 7.5
    7x22 Chosen 9.5

    Im Schnitt: 8.32 = 8

    5
    • 8

      Frage an die illustre Runde hier:
      Bin gerade dabei die Serie wieder zu schauen und streame sie aktuell über amazon video. Allerdings fällt mir auf, dass die ein oder andere Episode teilweise starke Tonaussetzer hat und bei vielen Folgen scheinbar Dialogstellen gekürzt wurden, weil diese wohl nicht handlungsrelevant sind? Weiß jemand, was die Logik dahinter ist? Konnte online dazu nichts finden. Da ich die Serie noch aus DVD-Zeiten kenne, vermisse ich so einige tolle Dialoge und Szenen wirklich schmerzlich. Ist die Serie bei anderen Streaminganbietern auch gekürzt ?

      5
      • 9

        Mein erster Rewatch seit sieben Jahren. Ich bin gespannt, wie ich die Serie heute wahrnehme.

        3
        • 8 .5
          Pyro 91 20.10.2017, 15:24 Geändert 20.10.2017, 16:21

          "Mindhunter" ist genau die Serie, auf die ich wohl bereits seit gut zehn Jahren warte. Schon seit meiner Teenagerzeit habe ich ein großes Faible für Serienkiller entwickelt und mir zahlreiche Bücher und Filme zu diesen morbiden, gefährlichen Mitgliedern unserer Gesellschaft einverleibt. Im Besonderen hat es mir dabei das True Crime-Genre angetan.
          Anders als bei vielen anderen Medien, in denen es um die kranke Psyche dieser gestörten Individuen geht, ist diese neue, von David Fincher produzierte Serie nicht an großartiger Effekthascherei, exploitativer Gewaltdarstellung und thrill-verschaffenden Verfolgungsjagden des Killers interessiert, sondern setzt ganz nüchtern und sachlich beim Dialog zwischen Ermittler und Täter an und offenbar uns tiefe, psychlogisch-höchstspannende Blicke in menschliche Abgründe.
          Fincher-typisch wird mit großen emotionalen Ausbrüchen gespart, viel mehr steht hier das Wiederaufleben der 70er Jahre, die schrittweise Entwicklung des Profilings und der thematische Tiefgang, d.h. die Erforschung dieser Subjekte im Vordergrund.
          Vielen mag dieser Art der Inszenierung sauer aufstoßen, doch da "Zodiac" mein Lieblings-Fincher ist, gerade weil die wahren Tatsachen und Geschehnisse des Falls einfach trocken und fast schon dokumentarisch auf die Leinwand gebannt werden, fühle ich mich bei dieser eher intellektuelleren, kopflastigeren Auseinandersetzung richtig wohl.

          Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass die Figuren allesamt langweilig sind und mich deren Schicksal nicht tangiert. Ganz im Gegenteil: Schon zu Beginn hatte ich großes Interesse an Holden Fords idealistischen, sozial inkompetenten Art und war fasziniert von diesem Mann, der unter seinesgleichen immer wieder ins Fettnäpfchen tritt, während er sich in Serienkillern scheinbar spielend hineinversetzen kann und immer wieder neue, intelligente Wege findet, sich mit ihnen auszutauschen. Ich bin daher sehr gespannt, wohin sich sein allgemeiner Geisteszustand noch entwickeln wird, wenn er sich weiterhin so intensiv und empathisch mit diesen düsteren Inhalten beschäftigt.
          Auch sein Partner Bill Tench, der zu Beginn noch wie der typische grumpy old man wirkt, der schon genug perverse Angelegenheiten im langjährigen Polizeidienst gesehen hat, wird von Holdens inspirierender Vision angesteckt, hat aber für sich - hauptsächlich wegen seines angespannten Familienlebens - gewisse Grenzen gezogen, die er im Dialog mit den Killern nicht überschreiten will.
          Dritte im Bunde ist Wendy Carr, welche das Team hervorragend ergänzt und vor allem eine starke, unabhängige, intelligente Frauenfigur ist, die noch eine zusätzliche, gut durchdachte Sichtweise und tiefgehende, psychlogische Kenntnisse beisteuert, die maßgeblich für den Erfolg dieser Einheit sind.
          Ja, ich kann es wirklich nicht erwarten endlich Staffel 2 zu sehen und mit diesen sympathischen, wenn auch leicht schrulligen Figuren, welche von fantastischen Schauspielern verkört werden, erneut in die Tiefe der menschlichen Perversität und Abgründe abzusteigen.

          Als kleinen Kritikpunkt kann ich anbringen, dass, eben gerade weil die Serie so stark auf Plot und thematischen Tiefgang konzentriert ist, gewisse Beziehungen und Interaktionen zwischen den Charakteren eher skizzenhaft und unterentwickelt bleiben, im speziellen Holdens Beziehung zu seiner Freundin Debbie oder Bills Familienleben. Da dies aber wie bei "Zodiac" nur veranschaulichen soll, wie das Verhältnis der Figuren zu ihrer normalen Umgebung aussieht, um uns einen Maßstab zu geben, wie es um deren inneres Gleichgewicht bestellt ist, stört es mich nicht besonders, es sei denn diese Abschnitte der Serie nehmen einen größeren Teil der Handlung ein. Trotzdem gefällt mir dieses Aussparen von menschlichen Drama, denn es wirkt für mich seitens Fincher ehrlicher, als auf Teufel komm raus den Zuschauer klischeehafte und vorhersehbare Beziehungs- und Familienprobleme vor den Latz zu knallen, wenn das eigentliche Interesse der Schöpfer bei ganzen anderen Dinge liegt.

          Nein, "Mindhunter" könnte sich wirklich zu einer meiner Lieblingsserien mausern, speziell wenn bspw. der Charles Manson-Fall in den Fokus rückt, Holden langsam den Verstand verliert oder der Mann mit Schnauzer und Brille, den wir fast in jeder Folge zu sehen bekommen, wirklich der BTK (Bind, Torture, Kill)-Serienmörder ist. All dies wäre hochspannend.

          7
          • 10
            Pyro 91 05.09.2017, 21:26 Geändert 05.03.2023, 00:44

            So, liebe Freunde, ich habe mal versucht meine monatelange Twin Peaks-Erfahrung adequat auf Papier zu bringen und bin mir nicht sicher, ob ich es geschafft habe. Wie dem auch sei: Das ist ein langer Kommentar also macht euch nen verdammt guten Kaffee und holt euch Donuts vom Händler eures Vertrauens.^^ Viel Spaß!

            „Agent Cooper … listen to the sounds.
            It is in our house now.
            It all cannot be said aloud now.
            Remember 4, 3, 0.
            Richard and Linda.
            Two birds with one stone.
            You are far away.“

            Mit dieser kryptischen, nach dem Serienfinale aber deutlich aufschlussreicheren Botschaft des Giants - oder sollte ich lieber sagen Firemans – beginnt unsere 18-stündige surreale, tragikkomische, absurde und einzigartige Odysee mit Special Agent Dale Cooper.
            Seitdem vor ein paar Jahren angekündigt wurde, dass es wohl doch noch eine Fortsetzung meiner Lieblingsserie geben würde, wartete ich geduldig auf den 22. Mai 2017 und blieb soweit weg wie es nur ging von jeglichen Spoilern oder Spekulationen.
            Für diese 3. Staffel hatte ich eigentlich nur zwei Erwartungen: Ich wollte zum einem wissen wie Dale Coopers Geschichte – sein Festsitzen im Red Room sowie der freilaufende Doppelgänger - fortgesetzt werden würde und zum anderen, dass Lynch und Frost sich dank kreativer Freiheit bei Showtime so richtig austoben und ihre künstlerische Vision zu einhundert Prozent durchziehen können. Das heißt: Keine Kompromisse machen, keine Mysterien auflösen oder auf eine unkonventionelle Erzählweise verzichten, nur weil der Sender Panik bekommen könnte, dass das Publikum damit nicht umgehen und vergrault werden könnte. Das Endergebnis war wie erwartet eine Nischenserie für ein Nischenpublikum.

            In gewisser Weise ist für mich mit Lynchs Magnum Opus ein noch nicht realsierbarer Traum wahr geworden, der mich in den letzen dreineinhalb Monaten stetig begleitet hat. Kein Tag verging ohne dass mir zahlreiche einprägsame Bilder der Serie doch den Kopf gingen oder mich der Sound von knisternder Elektrizität wie ein Ohrwurm begleitete. Jede Woche wurden neue Mysterien aufgeworfen, Podcasts und Artikel sezierten jedes noch so kleine Detail und ich lehnte mich begeistert zurück und genoß die Tatsache, dass „Twin Peaks“ wieder voll im Rampenlicht stand. Damals bei der Originalserie saß ich leider noch nicht vor der Mattscheibe und deshalb war meine Erfahrung diese Serie in Zeiten von Social Media zu sehen höchst spannend und aufschlussreich.
            Was mir am meisten aufgefallen ist, war, dass es sehr viele Leute gab, die es nicht geschafft haben ihre Erwartungshaltung einmal beiseite zu lassen und zu warten wie sich die Geschichte wohl zukünftig entwickeln würde. Nein, Lynch und Frost sollen doch bitte einfach die üblichen Storymechanismen, den gewünschten Fanservice und die dramatischen Payoffs liefern, die wir heutzutage von anderen Serien und Filmen so gewohnt und auf die wir konditioniert worden sind. Und das alles soll natürlich auch relativ schnell von statten gehen und der Plot muss stetig vorangetrieben werden. Szenen, die nur eine gewisse Stimmung/Atmosphäre vermitteln oder thematische Tiefe beisteuern, sind außerdem unnötig und eine elende Zeitverschwendung.
            Ich nahm das Ganze eher belustigt war, schien es doch klar zu sein, dass wenn es sich hierbei wirklich um einen 18-stündigen Film handelte – wie David Lynch es vorgab – die großartigen Enthüllungen und Höhepunkte wohl ohnehin erst in den letzten Episoden stattfinden würden. Bis dahin: Just enjoy the ride!
            Als großer Fan von Lynchs Filmen überraschte mich das "langsame" Pacing nicht besonders, irrte doch schon Fred Madison in „Lost Highway“ wohl gute 40 Minuten in seinem grusligen Haus herum, bevor erstmals eine größere Storywendung einsetzte. Noch nie habe ich mir einen Lynch-Film angesehen und auf einen knackig-präsentierten, in sich abgeschlossen Plot gehofft, nein, viel mehr geht es bei seinen Filmen darum in eine fremde, surreale Welt einzutauchen und jede Gestik, jede Dialogzeile, jedes visuell aufregende Element langsam in sich aufzusaugen, um es dort wachsen und „reifen“ zu lassen.

            Nachdem wir die letzten zwei Jahrzehnten hochkaratige Prestige-Dramen genießen durften, seien es nun „Breaking Bad“, „Six Feet Under“, „The Sopranos“, oder „The Wire“, war es natürlich aufregend zu sehen, wie sich diese neue Serie von Lynch und Frost, die seit über 25 Jahren nicht mehr on the air waren, wohl präsentieren und optisch sowie erzählerisch in die heutige Serienwelt einfügen würde.
            Die erste „Twin Peaks“-Staffel lief Anfang der 90er-Jahre zu einer Zeit, in der Fernsehserien auf dramatischer Ebene keinesfalls mit dem heutigen Angebot mithalten konnten. Vorhersehbare, flache Soap-Operas oder unspektakuläre Copshows, waren da das übliche Feierabendprogramm und wenn man mal eine Folge verpassen sollte, war es auch nicht weiter schlimm, da am Ende ohnehin wieder der Reset-Knopf gedrückt werden würde.
            Doch als „Twin Peaks“ erstmalig ausgestrahlt wurde, sollte sich das alles ändern. Denn hier eine Folge zu verpassen, glich beinahe einem Todesstoß, was das Verständnis für die zahlreichen und komplizierten Handlungsstränge und Figurenkonstellationen anging. Auf einmal musste man aufhören beim Fernsehen seine Wäsche zusammenzulegen und stattdessen aufmerksam hinsehen und hinhören, denn jeder noch so kleine Hinweis, könnte Aufschluss über das Geschehen geben. Die ABC-Serie glich bei gewissen Handlungssträngen auch einer Soap-Parodie, in der damalige Hitserien wie „Falcon Crest“ oder „Dallas“ betont melodramatisch durch den Kakao gezogen wurden.
            Nun, 26 Jahre später ist „Twin Peaks“ zurück und wenn wir uns das Serienagenbot der letzen Jahre so ansehen, gibt es nun keinen Grund mehr über mangelnde Qualität zu jammern, geschweige denn sich darüber lustig zu machen.
            Dennoch wird schon in der ersten Folge von „The Return“ klar, dass „Twin Peaks“ in seiner jetzigen Reinkarnation immer noch die seltsamste und eigenwilligste Serie ist, die je auf irgendeinem Sender lief. Wenn wir zu Beginn sehen wie ein junger Mann geduldig auf eine mysteriöse Glasbox starrt und darauf wartet, dass sich ihm darin etwas Spannendes präsentiert, könnten genauso wir – das Publikum – gemeint sein, dass sich Lynchs surrealer Welt hingeben will, um seine zahlreiche Geheimnisse zu erforschen.

            Über die dritte Staffel zu schreiben, kommt einer Herkulesaufgabe gleich, könnte ich mich doch auf so viele Dinge wie Inszenierung, Drehbuch, Figuren etc. konzentrieren und würde wahrscheinlich doch nicht wirklich den Kern erfassen, was mich hier so begeistert und mitgerissen hat.
            Allen Zweifel zum Trotz, würde hier das Unmögliche war gemacht und „The Return“ hat für mich die Originalserie sogar gleich noch einmal um ein paar Längen übertroffen.
            Der Fokus liegt hier noch mehr auf den seltsamen Vorkommnissen in einer anderen Dimension (Red Room/Black Lodge), die Natur der Geschichtenerzählung mit ihrem fragmentisierten Storytelling und vignettenartigen Einblicken in das Leben verschiedensten Figuren wird zum riesigen narrativen Spielplatz und scheinbar mühelos werden alte Lynch-Werke zitiert, in einen neuen Kontext gebracht und spielend in die DNA der Show eingebettet. Egal ob sich der blanke Horror auf der Leinwand zeigt oder absurde Slapstick-Einlagen präsentiert werden, man spürt jederzeit die Selbstsicherheit und damit einhergehende Leichtigkeit der Inszenierung, einen klaren Weg durch die dunklen Wälder.
            Zum Glück werden die Seifenoper-artigen und melodramatischen Elemente des Originals zurückgefahren und die Mythologie der Serie wirkt nicht mehr so wahllos wie noch in der zweiten Hälfte von Staffel 2, sondern auf den Punkt gebracht und inhaltlich geschlossen. Dies heißt im Umkehrschluss natürlich nicht, dass alles bis ins letzte erklärt und durchexerziert wird, bei weitem nicht, aber visuell sowie konzeptuell macht sich eine erfreuliche Kohärenz bemerkbar, die regelrecht ihresgleichen sucht. So werden unter anderem alte Szenen wieder aufgegriffen und bedeutsam gemacht wie etwa Lauras Szene im Wald mit James aus „Fire walk with me“, in der sie irgendjemand oder -etwas im Wald sieht und einen lauten Schrei von sich gibt. In Episode 17 wird Agent Cooper wie von Geisterhand in diese Szene eingefügt und es macht den Anschein, als wäre er schon immer dagewesen, denn der Effekt geht unbemerkt über die Bühne. Als ob sich diese neue Geschichte schon seit Jahrzehnten in Frost und Lynch´s Kopf befunden hätte und nun dank finanzieller sowie filmtechnischer Mittel endlich ihren Sprung auf die Leinwand geschafft hat.

            Es ist der Spaß am Geschichtenerzählen, der sich wirklich jede Minute bemerkbar macht, wenn Figuren versuchen ihre ungewöhlichen, traumähnlichen Erfahrungen zu erklären, zu verinnerlichen und anderen verständlich zu machen. Es sind Geschichten innerhalb Geschichten, die in einem schlafwandlerischen Rhythmus und dann doch wieder – wenn es erforderlich ist – auf einer rein emotionalen Ebene schonungslos real und packend erzählt werden. Eine kryptische, mehrdeutige Dialogzeile; eine elektrisches Flickern auf dem Soundtrack oder eine unerwartete Kamerfahrt oder -einstellung kann unsere Stimmung abrupt von einer Gefühlslage in eine andere umschlagen lassen.
            Es ist eine absurde Welt, die wir hier sehen, wenn wir in einer Folge eine fünfminütige Atombombenexplosion mit grandiosesten CGI-Effekten und verstörendsten Tönen erleben dürfen, während eine Episode zuvor jemand drei Minuten lang unheimlich ineffizient und langsam den Fußboden des Road Houses kehrt, während dabei an der Bar ein alter Rocksong läuft. Es ist eine Welt, in der alles möglich ist, in der aber gleichzeitig viele abstrakte Bilder einfach nur die emotionalen Zustände der Charaktere verkörpern und alles womöglich doch zugänglicher und simpler ist, als es zunächst den Anschein hat.
            Bis zur finalen Folge hatte ich gar keine Ahnung, in welche Richtung sich diese Geschichte noch entwickeln würde. Jedes Mal wurde es nach den Opening Credits für einige Sekunden schwarz und gespannt fragte ich mich wie die Episode wohl beginnen, ja, was ich denn diesmal für faszinierende Dinge vorgesetzt bekommen würde. Keine Fernsehserie zuvor hatte für mich jemals diese Art von Unberechenbarkeit, diese Gewissheit, dass hier wahre Künstler am Werk sind, die uneingeschränkt und von allen Konventionen befreit, gerade dadurch ihre beeindruckende Vision zum Serienerlebnis des Jahres machen können.
            Dieses Projekt nicht nur ein Triumph für das Kino an sich, nein, es ist auch ein hervorragendes Beispiel dafür wohin vollkommene Kontrolle über das Schaffen des eigenen Werks führen kann. Hier wirkt nichts erzwungen oder kalkuliert, nein, es wirkt für mich viel mehr wie die unmittelbarste Art wie ein Künstler genau die vage Idee, die im Kopf langsam Form annimmt, möglichst ohne Übersetzungsschwierigkeiten realisieren und verlustfrei auf die Leinwand bringen kann.
            In gewisser Weise hat mir die Serie auch wieder Hoffnung für das Medium Film gegeben, vor allem wenn ich mir den Rest des Kinoprogramm dieses Jahres so ansehe. Natürlich findet man immer wieder „kleine“, künstlerisch-hochwertige Filme, das stimmt schon, aber der ganze Prequel/Remake/Reboot-Wahn der letzten Jahre sollte wirklich einfach mal seine Ende nehmen. Es gibt so viele Geschichten, die es noch wert sind erzählt zu werden und keine Franchise sowie 36 Forsetzungen benötigen. Es ist dieser fade Einheitsbrei, der mich heute kaum noch ins Kino lockt, da das Prädikat „ganz nett“ nicht gerade eine berauschende Empfehlung dafür ist, wenn man gerade sein Geld und seine Zeit für irgendeinen Müll aus dem Fenster geworfen hat, der sich nach ein paar Stunden – wenn man Glück hat – ohnehin schon wieder aus dem Gedächtnis verflüchtigt hat.
            Dadurch sticht „Twin Peaks“ natürlich noch mehr hervor, da die Diskussionen unter den Fans und ihre Liebe zum Werk die Serie überhaupt erst all die Jahrzehnte am Leben erhalten und diese Fortsetzung möglich gemacht haben.
            Somit entstand kein Sequel, das nur alte Geschichten wieder aufwärmt und den Fans genau das gibt, was sie glauben zu wollen; sondern ein Werk, das die Erwartungshaltung des Zuschauers stets aufs neue in Frage stellt und zerschmettert, sowie denen, die sich einen Werk hingeben können ohne sofort alles rational verstehen und schön schubladenartig einordnen zu müssen, als als eine der befriedigendsten und bereicherndsten Serienerfahrungen überhaupt offenbart. Zudem werden die Wellen, die „The Return“ zukünftig in der Serienwelt schlagen wird, in den nächsten Jahren höchst interessant zu beobachten sein und ich bin schon auf neue, aufregende Projekte gespannt, die dank Twin Peaks als Vorreiter nun vielleicht doch eine Chance drauf haben, realisiert zu werden.

            Denn egal wie sehr Lynch und Frost die Vergangenheit wieder heraufbeschwören hätten wollten – was ganz klar nicht ihre Intention war – käme doch am Ende nur wieder ein fades Wiederkäuen von Altbekannten heraus. Cooper könnte nach zwei Folgen wieder zurück in Twin Peaks im FBI-Gewand sein, Kirschkuchen essen und Kaffee trinken und den neuen Mysterien der Stadt mit dem Sheriff auf den Grund gehen. Alte Beziehungen wie Norma/Ed, Shelly/Bobby etc. könnten wieder im Vordergrund stehen und wir könnten deren meldoramatischen Beziehungsgeschichten und seltsamen Vorkommnisse des Alltags auf die übliche verschrobene Art erzählt bekommen. Am Ende wäre Audrey auch noch beim FBI als Agentin und würde mit Cooper eine heiße Romanze haben und gemeinsam Fälle lösen. Es wäre somit der reinste Fanservice.
            Aber wäre das genug? Es wäre mich Sicherheit unterhaltsam geworden, aber es wäre auch unheimlich mutlos, repetitiv und einer Fernsehserie, die damals gerade wegen ihrer Andersartigkeit und Komplexität Geschichte schrieb, extrem unwürdig.

            Man kann nicht nicht zurück in die Vergangenheit gehen und nur in der Nostalgie von längst vergangenen, nicht mehr existierenden (NONEXISTENT!) Tagen leben, selbst wenn man sich innerlich sehr danach sehnt. Das was geschehen ist, kann nicht mehr rückgängig gemacht werden und wenn man nicht aus seinen Fehlern lernt, keine Selbstreflektion betreibt, ist man dazu gezwungen mit unterschiedlichen Vorgehensweisen doch immer wieder das selbe Ergebnis - oder besser gesagt Erlebnis - zu bekommen und in der Zeit stecken zu bleiben: „The past dictates the future.“

            So trägt es sich auch mit unserem Lieblings-FBI-Agenten Dale Cooper zu, dessen Schuld über vergangene (Nicht-)Taten und Wunsch nach Wiedergutmachung eine Schneise aus fehlgeleiteten Handlungen nach sich zieht.
            Wir erinnern uns: Der minuziös-ermittelnde, hochintelligente und stets gut gelaunte FBI-Mann war seit Tag 1 unser Held, dessen großes Selbstvertrauen in seine Fähigkeiten auch sofort auf uns übertragen wurde und uns mit dem Mut erfüllte, dass er seiner Aufgabe gewachsen war und den Laura Palmer-Fall früher oder später mit Bravour lösen würde. Doch der Schein trog, denn im Grunde genommen sahen wir Cooper nur immer und immer wieder dabei zu wie er versagte.
            Er könnte Laura nicht vor ihren Tod retten, da seine Ermittlungen im Theresa Banks-Fall nicht die nötigen Hinweise lieferten; er versäumte es Madeleine Ferguson vor der Ermordung durch Leland zu bewahren; er brauchte zu lange, um Lelands wahre Identität zu entschlüsseln und ließ sich von BOB an der Nase herumführen und als er am Ende letztendlich hinter den roten Vorhang trat, um Annie zu retten, konnte er absolut nichts für ihre Sicherheit tun. Stattdessen flüchtete er, sobald er seinen Schatten, seinen Doppelgänger sah und musste zusehen wie BOB mit seinem dunklen Ebenbild wieder in die reale Welt flüchtete. Wie bei seiner ersten großen Liebe Caroline machte ihn seine Liebe blind für den wahren Schrecken, der sich vor seinen Augen abspielte und seinem detektivischen Gespür entging wieder einmal das wichtigste.
            Doch trotz seines Versagens sympathisieren wir mit Cooper, den er will ein guter Mensch, ein „damn fine lawman“ sein, der die Menschen in seinem Umfeld beschützen und meistens junge Frauen in Schwierigkeiten vor ihrem schrecklichen Schicksal bewahren will.
            Jedoch sollte es Coopers Beschützer- und Helferkomplex sein, der dazu beitrug, dass er sich mit Mächten anlegt, die er nicht vollkommen verstand, geschweige denn so lenken konnte wie er es gerne gehabt hätte. Er möchte auch die tragischen Geschehnisse in der Vergangenheit im Bezug auf Laura wiedergutmachen und übersieht dabei, dass sie seine Hilfe gar nicht gebraucht hätte.
            Denn in „Fire walk with me“ opferte sie sich, um damit den Kreislauf aus Missbrauch, der ihre Familie seit langer Zeit innewohnte, zu brechen und alledem, d.h. BOB, ein Ende zu machen. Sie wollte ihre Freunde schützen und es nicht zulassen, dass BOB auch sie korrumpieren und ihnen Schaden zuzufügen würde. Doch schon damals missinterpretierte Cooper ihre Geste und riet ihr nicht den Ring zu nehmen, der für ihren Tod sorgen sollte. Cooper ging es nämlich darum sein Versagen, seine verpasste Chance wieder ungeschehen machen und hätte sie dadurch mit seiner Bitte fast ihrer eigenen Handlungsfähigkeit beraubt.
            Er kann es einfach nicht sein lassen ein ritterlicher Pfadfinder zu sein und alles wieder gerade biegen zu wollen. Ein Kardinalfehler wie sich herausstellt, denn er versucht Laura quasi wiederzubeleben und nach Hause zu bringen. Doch Laura hatte bereits Absolution im Red Room erfahren, als ihr der Engel erschienen ist, der sie für ihren Mut und ihre Großherzigkeit belohnt und von ihrem Leiden erlöst hat.
            Cooper reicht das jedoch nicht und spielt deshalb mit dem Verlauf der Zeit, was für beide letztendlich desaströse Folgen hat. Er möchte nicht nur Laura retten, sondern auch ein Mittel finden um gegen Judy – das Experiment, die Mutter, die Kreatur die BOB erschaffen hat – vorzugehen: „Two birds with one stone.“
            Aber anstatt auf seiner Reise Laura Palmer vorzufinden und sie wieder nach Hause bringen zu können, findet er eine Frau namens Carrie Page (carry page, die letzte verschollene Seite des Tagebuchs?) vor, die in einer düsteren und deprimierenden Realität lebt und der nicht einmal eine erschossene Leiche auf dem Sofa noch eine Aufregung wert ist. Es ist als ob selbst hier der Geschmack von Missbrauch und Gewalt wieder in der Luft hängt.
            Trotzdem denkt er, sie müsse nur wieder in Twin Peaks, im speziellen vor ihren alten Haus, in Sarah Palmers Armen sein, damit sie sich wieder wohlfühlen würde und alles so werden könnte wie früher.
            Doch: Sarah Palmer doesn´t live here anymore.
            Stattdessen haben die Chalfonts und Tremonds das Palmer-Haus übernommen - in Staffel 2 noch Großmutter und Enkel, Agenten der Black Lodge – und verwirren, ja verunsichern damit Cooper auf Tiefste und stellen seine Kompetenz in fremden Realitäten effektiv zu agieren schwer in Frage: „What year is this?“
            Judy, die sich in der anderen Realität nun in Sarah Palmer eingenistet hat, wird immer und immer wieder versuchen Lauras Highschool-Foto zu zerstören, um damit die schützende Gegenmaßnahme des Firemans auszuradieren, doch sollte sie auch erfolglos sein sein, hätte sie immer noch genügend Macht, um ihr in einer anderen Realität das Leben zur Hölle zu machen.
            Laura hatte ihr altes Schicksal eigentlich schon längst transzendiert, doch Cooper konnte diese Chance nicht unverstreicht lassen und wollte ihren Tod gleich ganz ungeschehen zu machen. „I am dead, yet I live.“ Er missverstand ihre Botschaft und seine Bedeutung.
            Zudem setzte er mit seiner Rettung zu spät an, denn an dem Tag als Laura starb, hatte sie schon ein ganzes Leben voller Inzest, Drogensucht, bedeutungslosen, opportunistischen Sexualakten und tiefer, niederschmetternder Einsamkeit hinter sich. Wenn überhaupt hätte er das Einnisten von BOB in Leland verhindern müssen.

            Als Carrie dann langsam realisierte, wie groß der Schmerz und das Leid war, dass ihr in einer anderen Inkarnation zugefügt wurde, blieb ihr nichts anderes übrig außer ihre schreckliche Angst und Panik laut in die Welt hinauszuschreien.
            Scream-Queen Sheryl Lee liefert hier eine markerschütternde Performance ab, die mir eine intensive Gänsehaut beschert hat und in meinem Kopf noch lange nachhallen sollte.
            Laura wurde nun wieder an dem Ort gebracht, an dem der ganze Schrecken seinen Anfang fand. Im Haus ihrer Eltern, das selbe Haus in dem sie seit frühen Teenagerjahren regelmäßig sexuell missbraucht und emotional gefoltert wurde. Für Laura ist dies kein Ort der Sicherheit, Liebe und Zusammengehörigkeit, es ist vielmehr der Nexus zweier Welten, in der Schmerz und Leid hin- und herfließt.
            In diesem Moment durchlebte sie die schockierenden Erkenntnisse von längst vergangenen Tagen wieder: Ihr Vater begehrt sie, BOB will sie vereinnahmen und ihre Mutter schaut dabei untätig zu.
            Die Serie findet wieder zu ihrer ursprünglichen Thematik zurück: Was spielt sich hinter der schönen Fassade in den Häusern dieser gemütlichen Kleinstadt ab? Welche unentdeckten Leichen haben die Leute in ihrem Keller? Welche Folgen hat ein derart schreckliches Trauma für einen Menschen, sein tägliches Leben?

            Exkurs Originalserie: Nachdem der Laura Palmer-Fall abgeschlossen war und darin eine sehr erschüttende und überraschend grausame Thematik behandelt wurde (sexueller Kindesmissbrauch) schienen entweder Mark Frost & Co. oder der Sender selbst, alles in ihrer Macht stehende tun zu wollen, um vor diesem Grauen ein wenig Abstand zu nehmen und danach eher auf leicht verdauliche und „unterhaltsamere“ Geschichten zu fokussieren. Dies macht sich eigentlich schon nach den Opening Credits in Episode 15 ("Spazierfahrt mit einer Toten") bemerkbar, wenn wir Maddys Angstschreie und Ihre Ermordung noch einmal - allerdings nur aus der Ferne - hören, während das Palmer-Haus dieses Unheil versteckt und wie ein Spukschloss vor unseren Augen thront.
            Ich bin auch nicht wirklich von Episode 16 ("Selbstjustiz") überzeugt, obwohl mir viele einzelne Elemente in dieser Folge gefallen (Cooper muss eine nicht-weltliche Methode zur Lösung des Falls nutzen; Laura klärt ihren eigenen Mord auf; Lelands Geständnis und Tod; die letzte Szene im Wald), bin ich doch sehr mit der extrem wortwörtlichen Auflösung des Falls unzufrieden (Kaugummi erklärt "That gum you like is going to come back in stlye", BOB ist Robertson, Lelands weiße - nicht graue - Haare weisen auf BOB hin?), aber am meisten stört mich, dass es den Anschein hat, dass Leland am Ende vollkommen unschuldig ist und all seine destruktiven Taten nur wegen BOBs Einfluss begangen hat. Zum Glück wird diese extreme Verunglimpfung einer tragischen Geschichte in „Fire walk with me“wieder korrigiert, denn hier scheint Leland durchaus mehr Veranwortung zu tragen und sich der Mittäterschaft schuldig zu machen und er „vergisst“ nicht plötzlich alles, nur weil BOB mal für ein paar Minuten erneut die Kontrolle hat. Denn was ist interessanter? Eine simple Geistergeschichte, in der ein besessener Mann von einer Entität dazu gebracht wurde schreckliche Dinge zu tun, die außerhalb seines bewussten Handelns liegen oder ein komplexeres Figurenporträt eines Familienvaters, der seine Tochter missbraucht und insgeheim darüber Bescheid zu wissen scheint, sich aber dennoch erlaubt seinen perversesten Trieben nachzugeben und dadurch mit BOB eine dunkle Partnerschaft eingeht?
            Und über den Rest der zweiten Staffel müssen wir gar nicht reden, da die Palmers, im speziellen Laura Palmers Leidensweg, nicht einmal mehr den Hauch einer Rolle spielen. Selbst nach Lelands Tod findet unter den Stadtbewohnern keinerlei (!) Diskussion darüber statt, was sich da gerade in den letzten Wochen so zugetragen hat. Bis heute weiß ich grundsätzlich nicht, wie viel das FBI den Bürgern von Twin Peaks über Lelands Besessenheit oder BOB erzählt hat.
            Dies war definitiv der Zeitpunkt, an dem die Geschichte, der Hauptplot den größten Schlag erleiden musste und für eine handvoll Episoden einfach mal in sich zusammenfiel. "The Return" korrigiert auch hier auch wieder den Kurs bzw. setzt den vorgegebenen von "Fire walk with me" fort und konzentriert sich wieder deutlich mehr auf das menschliche Drama und ein psychologisch-spannendere Figurenzeichnung.
            Gut, so viel nur dazu.

            Im starken Gegensatz zu Cooper und Carrie, die – zumindest was den heutigen Stand angeht – nicht mehr nach Hause zurückkehren können, steht der naive, kindliche und leicht trottelige Douglas Jones, der sich schnell im gemütlichen Nest einer liebevollen Familie einfindet.
            Wir verbringen gute dreizehn Episoden mit Dougie und sein Handlungsstrang ist wohl der mutigste und am meisten kritisierte der ganzen neuen Serie. Cooper kommt zurück, doch er stolpert einsilbig, ja scheinbar gedankenlos durch die Gegend und nimmt sich seeeehr viel Zeit für alles, was er tut.
            Diese Inkarnation steht nicht nur im krassen Gegensatz zu Mr. C, Coopers bösen Doppelgänger, nein, seine Zeit als Dougie stellt alles in allem wohl auch Coopers schönste Zeit in der gesamten Serie dar.
            Nach 25 Jahren im Red Room ist er nämlich total von der Rolle. Es ist, als ob das Verweilen in dieser fremden und unerklärlichen Dimension emotional so sehr an ihm gezehrt hat, dass er nun nur noch ein leeres Gefäß ist, dessen Energie total aufgebraucht ist und Zeit zur Heilung benötigt.
            Dies führt wohl zum herzerwärmendsten, absurdesten und auch witzigsten Geschehnissen der gesamten dritten Staffel, denn wir sehen dabei zu wie Cooper das Leben wieder ganz neu mit kindlichen Augen entdeckt. Er findet Liebe im Kreis seiner Famlie mit Sonny-Jim und Janey-E, er schließt Freundschaft mit dem Mitchum-Brüdern, er rettet eine alte Frau vor der Obdachlosigkeit, deckt einen Versicherungsbetrug auf und hilft einem Mann sich zu bessern und mit seinen kriminellen Aktivitäten aufzuhören. Kurzum: Er bereichert das Leben jedes Einzelnen, mit dem er in Kontakt kommt. In seinem kindlichen Zustand scheint er auch unbesiegbar zu sein, schlagen doch alle Anschläge auf ihn fehl und jegliche intuitive Eingebung führt ihn genau dorthin, wo er zu sein hat.
            Auf dem Gebiet der reinen Sinneserfahrung lernt er Kaffee und Kuchen zu genießen, hat zum ersten Mal Sex, feiert eine Party und spürt die Liebe von all den Leuten, denen er im Leben weitergeholfen hat.
            Mit der Zeit entwickelt er auch immer mehr seinen eigenen Willen, als er sich beispielsweise von Bushnells Griff losreist, um Kirschkuchen zu kaufen; Ike, den Killerzwerg überwältigt oder schlussendlich die Gabel in die Steckdose steckt, um wieder der Alte zu werden (Ich glaube einen seltsameren Satz habe ich in meinem Leben nie geschrieben.)
            Erst als ihn sein Schöpfer wieder zurück in den Dienst ruft („Get Gordon Cole.“) und er sein Herz wieder durch die Liebe, Zuneigung und Anerkennung seines Umfelds gefüllt hat, ist er bereit wieder zurückzukehren: „You´ve made my heart so full.“

            Und was es für eine Rückkehr war! Als Cooper - wieder im schwarzen Anzug - das Krankenhaus verließ und Bushnell mit der üblichen Selbsticherheit verkündete: „I am the FBI“, war es komplett um mich geschehen. Ein wahrlich perfekter Moment wie man ihn selten findet und einen wahnsinnig befriedigenden emotionalen Payoff darstellt, nach all der Zeit, die wir auf "unseren" Cooper warten mussten. Es war fast zu schön, um wahr zu sein, wie sich dann auch im Finale herausstellen würde.
            Coopers irrsinnige Odysee als Dougie Jones ist wohl am ehesten mit einem Märchen vergleichbar und scheint sich von den Motiven und den Figuren auch stark am „Zauberer von Oz“ zu orientieren, einer von Lynchs Lieblingsfilmen.
            Als im Krankenhaus alle um Coopers Bett standen, kam mir sofort die „You where there “-Szene vom Ende des Films in Gedächtnis. In gewisser Weise ist auch auffällig , dass nur der Dougie-Charakter ein positves Ende bekommt, da er am Schluss wieder zu seiner Familie zurückkehren kann und somit Zuhause ist. Doch selbst er ist nur eine weitere Tulpa von Cooper, die nur gewisse postive Aspekte von ihm verkörpert und eine Kopie von ihm darstellt.

            Und ganz ehrlich, so befriedigend wie die finale Konfrontation im Büro des Sherrifs zwischen BOB und Hulk-Smash Freddie auch war, ging mir die Auflösung der gesamten Handlung von dem Punkt an schon viel zu glatt über die Bühne und ich erwartete jeden Moment einen unglaublichen Mindfuck. Und siehe da, ich musste nicht lange warten, denn was sich nur wenige Minuten danach abspielte sorgte dafür, dass ich alles was ich in den vergangenen 16 Stunden gesehen hatte, noch einmal überdenken musste.

            Ich sah mir das Finale natürlich sofort an, sobald es auf Sky verfügbar war und alles es dann fünf Uhr morgens war und alles vorbei war, rauchte mir der Kopf und ich war unfähig auch nur ein Auge zu zutun. Vor allem die letzte Stunde dieses Films fühlte sich wie ein endloser Alptraum an. Diese langen Autofahrten, diese seltsamen und vor allem kaum vorhandenen Dialoge und diese grauenhafte Stille. Es fühlt sich so an, als ob eine drohende Verdammnis über all den Geschehnissen hängen würde, als ob die Realität, in der sich Cooper und Laura bewegten, jederzeit einstürzen und alles aus dem Ruder laufen könnte. Ich war angespannt und sah immer wieder auf die Uhr, nur um zu wissen, wie lange ich diese ausufernde Tortur noch ertragen musste. Dies ist natürlich positiv zu werten.
            Nach den Endcredits und Angelo Badalamentis großartigen, hypnotisierenden "Dark Space Low" wollte ich mit anderen Leuten über das Gesehene reden, konnte aber nicht. Ich war viel zu verwirrt und konnten keinen klaren Gedanken fassen. Ich konnte mir auch keine Diskussionen ansehen/anhören, driftete ich doch mental immer wieder ab und überlegte wie sich diese ganzen Puzzlestücke wohl zusammenfügen würden. Irgendwann schlief ich dann aus Erschöpfung ein und hatte einen lynchigen Alptraum. Nicht besonders überraschend, aber nachdem ich aufgestanden war und meinen normalen Tagesablauf nachgegangen bin, lichtete sich der Nebel in meinem Kopf plötzlich immer mehr und alles schien mehr oder weniger Sinn zu ergeben. Das letzte mal als ich solche eine intensive und prägende Filmerfahrung hatte war 2009, als ich mir zum ersten Mal „Inland Empire“ ansah und danach nicht mehr wusste, wie ich hieß.^^ Auch da war der selbe Übeltäter am Werk.
            Doch dieses Finale war sogar noch um Einiges besser, da ich noch stärker in diese Welt und die darin stattfindenden Geschehnisse involviert war und eher nachvollziehen konnte, worum es ging und was es bedeutete.
            „Twin Peaks“ begleitet mich insgesamt nun schon seit 8 Jahren und diese dritte Staffel war eines der größten Highlights für mich, was Film als audiovisuelles Medium angeht. Über 100 Tage voller anregender Gedanken, spannender Diskussionen und unterhaltsamen Podcasts/Videos. Es war einfach nur grandios.
            Auch wenn es schade und etwas traurig ist, dass die Reise hier ihr Ende nehmen muss ("There´s some fear in letting go."), spielt es letztendlich keine so große Rolle für mich, da diese gesamte Erfahrung absolut genial war und die Serie für die nächsten 25 Jahren ohnehin wieder von allen Seiten seziert und analysiert werden wird. Nicht zuletzt von mir.

            Daher bleibt mir nur noch zu sagen: Danke an David Lynch und Danke an Mark Frost für diesen (alp-)traumhaften Twin Peaks-Sommer!

            19
            • 9
              Pyro 91 08.05.2017, 05:29 Geändert 02.06.2017, 16:36

              So fühlt es sich also an, wenn sich eine großartige Serie zu früh verabschiedet hat und einem das Herz blutet, weil einem bewusst wird, dass man die nach und nach liebgewonnenen Charaktere nie wieder sehen wird. Es tut verdammt weh.
              Wenn ich mir überlege wie viel Potential hier noch vorhanden gewesen wäre, um mehrere Staffeln zu füllen und Judd Apatow, Paul Feig und Co sich austoben zu lassen, dann könnte ich vor Wut sofort an die Decke gehen und die schnelle Absetzung der Serie stundenlang verteufeln. Aber gut: Serenity now.

              "Freaks and Geeks" (toller deutscher Titel übrigens, hört sich nach feingeistigen RTL-Nachmittagsprogramm an) hat mich in seinen leider nur 18 Episoden stetig von Neuem begeistert und ich war mir nach jeder Folge sicher meinen bisherigen Favoriten gefunden zu haben, nur um dann wieder total geflasht zu werden, sobald die nächste über meinen Bildschirm gelaufen war.
              Die Serie fährt eine Vielzahl von sympathischen, dreidimensionalen Charakteren auf, die sich verdammt realistisch, bekannt und lebendig anfühlen. Denn keine Figur bleibt schwarz-weiß gezeichnet und lässt sich in eine passende Schublade stecken. Vielmehr kommen die ungewöhnlichsten Verbindungen zwischen unterschiedlichsten Altersgruppen zustande und es macht große Freude den liebenswerten Charakteren einfach nur dabei zuzusehen wie sie mit ihren vielschichtigen und schillernden Persönlichkeiten aufeinandertreffen. Dramatische Szenen sowie urkomische Momente wechseln sich mühelos ab und es gibt wirklich keinen einzigen Durchhänger, keine Folge, die nicht das erreicht hat, was die Autoren am Teenagerleben mit all seinen Sorgen, Nöten und Unsicherheiten veranschaulichen wollten. Und das obwohl die Serie noch in ihrer Anfangsphase war: Wow!
              Den einzigen Kritikpunkt, den ich aber dennoch anbringen möchte, ist, dass sich einige Charakterentwicklungen und entstehende Beziehungen in den letzten zwei, drei Folgen etwas überhastet anfühlen, was vermutlich mit der plötzlichen Absetzung der Serie zusammenhing, wodurch die Autoren gezwungen waren etwaige Storylines für eine geplante zweite Staffel noch mit in die erste zu packen. Doch alles in allem ist dies ist nur ein kleiner Makel, der wirklich nicht sonderlich ins Gewicht fällt.

              Schon beim Pilot wird klar, dass alle Beteiligten mit großer Motivation und Leidenschaft bei der Sache waren, was bei mir dafür sorgte, dass ich alles um mich herum vergessen und mich komplett in den Abenteuern von Lindsay, Sam, Daniel, Nick, etc. verlieren konnte. Es fühlt sich einfach so an, als ob man "gewöhnlichen" Leuten bei ihrem alltäglichen Leben zusieht, anstatt immer wieder daran erinnert zu werden, eine Serie zu gucken, in der Teenagern überdramatische und realitätsferne Dinge passieren, mit denen man sich keineswegs identifizieren kann.

              "Freaks and Geeks" ist anders und besser als das, denn obwohl der Plot jeder Folge auf einen Bierdeckel passt und nur eine Entschuldigung dafür zu sein scheint, um diese wunderbaren Figuren in einen Raum zu bringen, ist gerade diese unspektakuläre, sich nicht in Plattitüden und Klischees flüchtende Erzählung der größte Glücksgriff der Serie. Mehr ist auch nicht nötig, um feinste Unterhaltung zu garantieren und Geschichten zu erzählen, die tief vom Herzen kommen und mit ziemlich großer Sicherheit direkt aus dem Leben der Autoren gegriffen worden sind. Auch die Darsteller scheinen volkommen in ihren Rollen aufzugehen, denn es gibt absolut niemanden in dieser Serie, den ich nicht gerne aufm Schirm hatte und nicht noch stundenlang weiter zuschauen hätte können. Ich hab mich auch ein bisschen in Linda Cardellini verliebt, was bei einem großartigen Charakter wie Lindsay Weir auch nicht anders geht. Eine derart süße, unabhängig-denkende, extrem intelligente und einfühlsame junge Frau sieht man wahrlich selten in Serien, geschweige denn in der Hauptrolle. Doch auch sie macht Fehler, ist nicht perfekt und bleibt mit dem Zuschauer absolut auf moralischer Augenhöhe. Ich darf gar nicht daran denken, welche tollen Geschichten man noch über ihre Entwicklung vom innerlich zerissenen Teenager zur selbstsicheren erwachsenen Frau erzählen hätte können.

              Ach, es schmerzt schon wieder. Was soll ich jetzt tun? Vielleicht "The Grateful Dead" hören?

              6
              • 9 .5
                Pyro 91 29.01.2017, 02:45 Geändert 29.01.2017, 02:48

                Gerade die erste Episode gesehen. Bin schon ziemlich gehookt muss ich sagen! Es hat jetzt doch einige Zeit gedauert, bis ich mich an die Serie rangetraut habe, aber letztendlich war´s dann doch nicht so sperrig wie ich gedacht hatte. Solange man aufmerksam bei der Sache ist, kann man allem problemlos folgen. Es gibt zwar eine Flut an Namen, Departments etc. , doch die Darsteller und deren Dynamik miteinander gefallen mir jetzt schon. Vor allem Dominic West als McNulty hab ich gleich ins Herz geschlossen.
                Finde es auch gut, dass wir von den Gesetzlosen genauso viel sehen wie von den Gesetzeshütern. Fühlt sich momentan so an, als ob man einen richtig guten Roman lesen würde. Nein, ich bin wirklich begeistert!

                8
                • 3 .5
                  Pyro 91 22.12.2016, 15:15 Geändert 22.12.2016, 15:19

                  Wie viele Chancen muss man einer Sitcom geben, um beurteilen zu können, ob sie witzig ist und vielversprechend in ihrer zukünftigen Entwicklung sein wird? Nach drei Folgen "Modern Family", die ich gut ohne einen einzigen Lacher überstande habe, denke ich: Nicht viele. Familiäre Szenarien, stereotype Figuren, vorhersehbare Gags und Pointen sowie ein Cast, der mal so gar keine Chemie miteinander hat, gilt es hier zu ertragen. Wären die Schauspieler - allen voran Ed O´Neill als altes Ekelpaket - nicht so motiviert bei der Sache, würde es sich hier um einen Totalausfall handeln.

                  • 4
                    Pyro 91 05.12.2016, 04:52 Geändert 05.12.2016, 15:13

                    So, nach 11 Folgen abgebrochen. Von dieser Serie hatte ich mir deutlich mehr erwartet. Ich war bereits nach fünf Folgen geneigt, dass Ganze sein zu lassen, doch dann kam wieder ein wenig Drive in die Handlung und ich dachte mir, ah jetzt geht´s endlich bergauf. Leider nicht. Denn das wirklich einzig interessante und vielversprechende Element an Bryan Fullers´ Neuauflage unseres Lieblingskannibalen bleibt für mich die Beziehung zwischen Will Graham und Hannibal. Der eine mit scheinbar endloser Empathie, der andere mit gar keiner und doch: Beide brauchen sie einen Freund, jemanden der sie versteht. Leider fußt die Serie nicht auf dieser äußerst spannenden Figurendynamik, denn dafür sind die Charaktere viel zu eindimensional und dienen im Wesentlichen nur dazu den Plot voranzutrieben.
                    Hugh Dancy ist ein schrecklicher Will Graham. Einen dermaßen charismalosen Schauspieler habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Der Orland Bloom in der Serienlandschaft. Er schlafwandelt sich durch die öden und abgehalfterten Serienkillerplots und spielt Graham entweder total nervös oder erschöpft. Mehr Range gibt´s leider nicht, außer wenn er schreit und austickt, weil er in unnötigen Tathergangsrekonstruktionen in seinen Kopf die Mord noch einmal selber auslebt. Das macht er jede Episode und dient keinen Zweck außer den aufmerksamkeitsschwachen Zuschauer noch mehr Blut und Gore zu zeigen. Mal im Ernst, wir wissen, dass Graham sich total gut in die Mörder hineinfühlen kann und dadurch emotional immer ausgelaugter wird. I get it - warum muss ich das dann jede Folge immer und immer und immer wieder hören und sehen? Kann denn hier nicht einmal etwas subtil geschehen und vor allem etwas natürlicher, organischer? Warum müssen ständig wortreiche Diskussionen mit ernster Miene über die immer gleichen, psychologisch-dünnbödigen Themen geführt werden? Und warum gibt es eigentlich keinen Humor? Anthony Hopkins´ Hannibal war weitaus charmanter und konnte einige kernige Oneliner vom Stapel lassen. Diese finden sich hier übrigens auch wieder, nur - versteht sich - mit bleierner Schwere vorgetragen.
                    ---
                    Schon in den ersten fünf Minuten der Serie hab ich gestöhnt, weil Graham als extrem empfindsamer, intuitiver Superprofiler eingeführt wird, der scheinbar durch Zauberei sofort den Täter psychoanalysieren und beschreiben kann. Kostprobe? Nachdem Will Graham für fünf Minuten am Tatort war: "He has a daughter the same age as the other girls, same hair color, same eye color, same weight. She's an only child. She's leaving home. He can't stand the thought of losing her."
                    Wie soll ich mich denn mit so einer Figur noch identifzieren können? Bei der die Profilerfähigkeiten wie Superkräfte funktionieren und im Handumdrehen für die nötigen Clues sorgen. Aber das Ganze wäre ja nicht so schlimm, wenn Will Graham wenigstens eine interessante Figur wäre. Aber wir wissen nichts von ihm, außer dass er gerne streunende Hunde mit nach Hause nimmt. Klar, Hannibal psychoanalysiert ihn hier und da ein bisschen, aber selbst dabei geht es nur darum, wie sehr er doch unter seiner Gabe leiden muss und nicht um seine eigentliche Persönlichkeit.
                    Mads Mikkelsen macht seine Sache zugegebenermaßen gut und verleiht Hannibal eine stets bedrohliche und doch charismatische Art. Immer wenn er tatkräftiger ins Geschehen eingreift, entwickelt die Serie eine ganz andere, wesentlich unterhaltsamere Dynamik. Dies liegt vermutlich darin, dass wir Hannibal noch nie so viel in Action gesehen haben und es Spaß macht ihm dabei zu beobachten, wie er Leute manipuliert und Leichen verschwinden lässt.
                    Ansonsten ist der restliche Cast eine einzige Flatline. Lawrence Fishburne ist auch mit von der Partie und spielt Jack Crawford, eine recht undankbare Rolle, da er nur immer wieder den Plot erklären und Exposition überbringen darf. Es wird der Versuch unternommen ihn etwas zu humanisieren, da er eine Frau hat, die an Krebs leidet, aber who cares? Auch er bietet keinen Dimensionen und hat mit Graham die exakt selbe Diskussion ca. 345 Mal innerhalb von 11 Folgen. Diese läuft wie folgt ab:
                    Crawford: "Will, Ich brauche sie für diesen Fall."
                    Graham: "Ich kann nicht mehr hinsehen, das wird mir zu viel."
                    Crawford: "Sie können kündigen, wenn sie wollen."
                    Graham: "Nein, ich rette dadurch Menschenleben, ich kann nicht anders."
                    Crawford: "Na gut, hier sind die kunstvoll aufbereiteten Leichtenteile und Gedärme, die sie sich ansehen sollten. Tschüüss."
                    ---
                    Das hat mich nach einer gewissen Zeit so sauer gemacht, dass ich nicht anders konnte, als während dieser Szenen meinen Whatsapp-Verlauf zu checken. Es fällt mir ohnehin schwer zu glauben, dass Crawford Graham nicht sofort einweisen hat lassen, wirkte er doch schon in der ersten Folge so dermaßen on edge, das er eigentlich in der Nähe eines Tatorts gar nichts mehr zu suchen haben sollte. Aber whatever. Und auch hier frage ich mich, wie ich mich für eine Figur interessieren soll, die schon von Anfang an als komplett neurotisch, hibbelig und nicht mehr von dieser Welt dargestellt wird und im Verlauf der ersten Staffel nur noch verrückter wird. Wenn wir Will Graham als halbwegs normalen, aufstrebenden Profiler erlebt hätten, der sich langsam in der dunklen Seite der menschlichen Seele verliert, würde mir das Sympathisieren eindeutig leichter fallen.
                    ---
                    Was unterschiedet die Serie denn dann eigentlich großartig von "CSI", "Criminal Minds" und Konsorten, außer dass der visuelle Stil betont artsy und symbolträchtig wirken soll und wir uns immer wieder inhaltsleere Gespräche über Leben, Tod und Gott und die Welt anhören müssen? Auch hier eine kleines Beispiel:

                    Lecter: “Killing must feel good to God, too. He does it all the time. And are we not created in His image?”

                    Will: “That depends on who you ask.”

                    Lecter: “God is terrific. He dropped a church roof on 34 of his worshippers last Wednesday night in Texas while they sang a hymn.”

                    Will: “Did God feel good about that?”

                    Lecter: “He felt powerful.”

                    Äh ja, kein Kommentar.
                    ---
                    Was mich aber am meisten stört, ist wie fortlaufend in Gesprächen erörtert wird, dass diese ganzen Morde für Will kaum zu ertragen sind, während nebenbei immer wieder Leichenteile und Gedärme in die Kamera gehalten werden, damit der ungeduldige Zuschauer auch ja bei Laune gehalten wird. Auch dies nimmt manchmal ausufernde und unfreiwillig komische Züge an, wie etwa in der "Engel"-Folge, in der wir die identischen Verstümmelungen der Leichen locker fünf bis sechs Mal präsentiert bekommen und ein Gespräch über die selbstzerstörerische Wirkung von Wills Profiling sogar durch herabhängende Körperteile gefilmt wird. Das beschreibt die Serie perfekt: Der Blut- und Goregehalt muss stimmen und das Ganze muss in klinische, makellose Bilder gepackt werden. Und die Figurenpsychologie, ach, die spielt sich irgendwo im Hintergrund ab.
                    Falls es je eine Serie gab, auf der die Bezeichung "style over substance" besser passen würde, dann kenn ich diese noch nicht.

                    7
                    • 8
                      Pyro 91 14.06.2016, 12:59 Geändert 14.06.2016, 13:02

                      Hallo liebe "Twin Peaks"-Freunde!
                      Kürzlich bin ich auf einen sehr spaßigen und faszinierenden Twin Peaks-Podcast gestoßen, den ich euch nicht vorenthalten will. Es handelt sich hierbei um einen Spoilercast, der im Recap-Stil aufgezogen ist und das Feedback der Zuhörer immer mehr integriert, wodurch sich ein hochspannender Dialog entwickelt. Sehr zu empfehlen für jeden der Twin Peaks liebt und die Serie gerne Szene für Szenen auseinandernimmt und jedes Detail faszinierend findet!
                      Davon spreche ich: http://sparkwoodand21.libsyn.com/webpage/2014/11
                      In Ergänzung zur Besprechung der Serie werden auch "Fire walk with me", "Missing Pieces" und die erschienenen Bücher zur Serie in Angriff genommen. Später kommen dann noch liebenswerte Gespräche mit Hardcore-Fans hinzu.
                      Viel Spaß damit! :)

                      5
                      • 9

                        Hab hier eine unheimlich geniale Seite gefunden, die wirklich alle Mythologie-Episoden (und die ein oder andere MOTW-Folge) analysiert und miteinander in Bezug setzt, wodurch ein unglaublich kohärentes und faszinierendes Gesamtbild entsteht. Hier kann man sich stundenlang einlesen: http://www.eatthecorn.com/mythology-episodes-database/

                        1
                        • 10
                          Pyro 91 02.09.2013, 01:05 Geändert 14.06.2016, 13:11

                          Dieser Serie mit Worten gerecht zu werden, scheint mir eigentlich eine unmögliche Aufgabe zu sein.
                          Natürlich sind die Charaktere so komplex and menschlich, wie man sie selten am Fernsehen sieht - sogar in Anbetracht des restlichen Qualitätsfernsehen von HBO - doch trotzdem kommt es mir seltsam vor hier noch von "Charakteren" zusprechen, wenn es doch eher so scheint, als ob die Fischers Verwandte von mir wären, die ich jedes Jahr besuchen gehe.
                          Was ich an "SFU" vielleicht am meisten bewundere ist, dass die Autoren nie den einfachen Weg für ihre Figuren gewählt haben, wenn es nötig war den holprigen und womöglich für den Zuschauer unbefriedigenden zu gehen.
                          So sind sich die Fisher-Geschwister bspw. nie wirklich nah, auch wenn sie sich im weiteren Serienverlauf etwas besser verstehen. Dave, Nate, Claire - alle haben sie ihr eigenes Leben und auch wenn sie durch zahlreiche Schicksalschläge als Familie zusammengewachsen sind, trennt sie doch noch eine emotionale Distanz voneinander, da sie einfach so verschieden sind und gerne Dinge für sich behalten.
                          Dafür sind dann die Momente, in denen sie sich annähern, umso bedeutsamer und verdient, geschehen sie doch aus dem natürlichen Verhalten der Figuren heraus und nicht weil der Drehbuchautor gedacht hat, dass das Publikum das jetzt gerade toll finden würde.
                          Auch Davids Trauma nach seiner Entführung sorgt dafür, dass wir ihn mehrere Episoden lange als nervöses Wrack sehen, das jeden in seiner Umgebung von sich ablockt und angiftet. Speziell in der "That´s my dog"-Folge wird einem als Zuschauer erst bewusst, wozu Fernsehen überhaupt fähig ist und welche Vorteile es gegenüber Film bietet. David, den wir zuvor 3 1/2 Staffeln bei größtenteils realistischen Tätigkeiten zugesehen haben, wird einfach mitten in der Episode entführt, von seinem Peiniger misshandelt und fast getötet! Diese düstere Kapitel von Davids Leben hätte niemals die selbe Intensität in einem zweistündigen Film gehabt. Hier aber überrascht ihn der Horror mitten im Alltag, ohne Vorwarnung und mit schwerwiegenden Folgen.
                          Apropro Folgen, in diesem Bereich ist "SFU" auch ausgezeichnet. Alles was die Figuren erleben, wird zu einem Teil von ihnen und nicht einfach nach einer Staffel unter dem Tisch gekehrt. Wenn z.B. Nate Brenda zum zweiten Mal fragt seine Frau zu werden, nachdem er nur Stunden zuvor den Tod seiner ersten Frau aufgeklärt hat, fällt es mir schwer bei Nates bisherigen Historie was Beziehungen angeht, nicht mit den Augen zu rollen, da ich genau weiß, dass er sich nun wieder in eine selbstgebaute Falle begeben wird, aus der allle Beteiligten nur mit Wunden und Narben wieder herauskommen werden.
                          Ohnehin haben wir es hier nur mit Menschen zutun, die Starken und Schwächen haben, die gewinnen und versagen, die Höhenflüge und Abstürze erleben, voller Freude jubeln oder zu Tode betrübt sind - das ganze Spektrum eben.
                          In gewisser Weise dreht sich jede Folge um Dinge, mit denen wir uns auch alltäglich auseinandersetzen: Der Wunsch nach Nähe oder Distanz, Kommunikation oder fehlende Kommunikation, Geheimniskrämerei oder Offenheit, Selbstbewusstsein oder Selbsthass, Träume für die Zukunft oder Schwelgen in der Vergangenheit, destruktive oder inspirierende Beziehungen, Traumberuf oder Scheissjob, Sinn oder Illusion und Leben oder Tod.
                          Somit sind wir im Endeffekt alle ein Teil der Fisher-Familie und sie ist auch ein Teil von uns. Noch haben wir unser Leben vor uns, aber wie lange werden wir es unseren Aufenthalt hier auf Erden noch genießen dürfen? Nach Abschicken dieses Posts könnte ich aus dem Zimmer gehen und tot umfallen. Ist das schockierend? Nein, das ist einfach nur das Leben und wenn man sich dieser Tatsache bewusst wird, scheint es wirklich wenig Gründe dafür zu geben nicht sofort das umzusetzen, was man schon länge hätte tun sollen. Wie es im großartigen, unvergesslichen Serienfinale noch einmal verdeutlicht wird: "You can't take a picture of this, it's already gone."
                          Lebe.

                          19
                          • 8

                            SPOILER
                            Dale Cooper, ein Held.
                            -
                            Seitdem ich die Serie vor vier, fünf Jahren entdeckt habe, ist es inzwischen Pflicht für mich geworden sie mir einmal, manchmal sogar zweimal im Jahr anzusehen. Gestern beendete ich meinen siebten Durchlauf der Serie und wieder einmal tut es mir leid, dass ich so schnell durch die Folgen gehetzt bin und nun wieder mindestens ein Jahr warten muss, um sie mir nicht kaputtzuschauen.
                            Ich denke, wir alle wissen, dass die Serie mit der Enthüllung des Mörders einen schweren Schlag erlitten und sich danach nur noch schwer wieder gefangen hat. Innerhalb weniger Episoden veränderte sich der Ton und Inhalt so stark und aus hypnotischen Arthouse-Horror wurde plötzlich "Twin Peaks"- Die Sitcom mit gelegentlichen düsteren und magischen Szenen, die allerdings recht rar gesät waren. In den letzten fünf, sechs Episoden sahen die Dinge allerdings wieder deutlich besser aus, aber es dauert dennoch bis zum Serienfinale, bis wir wieder den unterschwelligen Terror und die intuitive Magie zu spüren bekamen, die David Lynch so großartig und mühelos herbeizaubern konnte.
                            Nun, warum sehe ich mir die Serie trotzdem immer wieder an und skippe nicht über eine schlechte Episode? Nun, davon abgesehen, dass die Post-Laura Palmer-Folgen die ein oder andere Überraschung zu bieten haben (Andrew Packard lebt?, Leo erwacht aus dem Koma, Windom Earle (!) etc.), läuft es für mich am Ende doch größtenteils auf die Genialität des Dale Cooper-Charakters hinaus.
                            Seitdem ich Kyle MacLachlan zum ersten Mal in seiner Rolle sah, war ich fasziniert von diesem exzentrischen, idealistischen FBI-Agent und ich denke, seine Figur ist auch schuld dran, dass ich mit 16 anfing Kaffee zu trinken und für gut zu befinden. :D
                            Doch Cooper ist noch viel mehr für mich. Wenn ich meinen Sinn im Leben definieren müsste, würde ich sagen, dass ich hier bin, um nach der Wahrheit zu suchen und - noch viel wichtiger - sie zu verstehen (jetzt bitte das "Akte X"-Theme abspielen xD).
                            Cooper ist ein Mann, der äußerst präzise und logisch vorgeht, aber es dennoch nicht vernachlässigt auf seine Gefühle und Intuition zu hören, wodurch er ein breiteres Spektrum an Möglichkeiten in Betracht zieht und seinen Mitmenschen und schwierigen Situationen mit einer offenen Einstellung gegenübertritt.
                            Dale Cooper und - später in der Serie - Major Briggs sind für mich zutiefst inspirierende und dennoch nicht anbiedernde Vorbilder, die beide mit dem Bewusstsein leben, dass es etwas da draußen gibt, das viel mächtiger und größer ist, als sie beide jemals erfassen könnten. Dennoch suchen sie nach der Wahrheit und versuchen ihr Leben nach ihren eigenen, höchsten Idealen zu leben und vor allem täglich an sich und ihren Beziehungen zu ihren Mitmenschen zu arbeiten. Eine vielsagende Szene zwischen den beiden findet spät in der Serie statt: Cooper bittet Briggs um Informationen über Windom Earles Beteiligung am Projekt "Blue Book". Briggs sagt, dass er Cooper gern helfen würde, es aber gewisse moralische Implikationen gibt, die es für ihn zu berücksichtigen gilt. Es wäre leicht für ihn diese Informationen einzusehen, aber seine Loyalität gegenüber seiner Arbeitsstelle und den Leuten, die daran beteiligt sind, lässt dies nicht so einfach zu, es sein denn, es wäre ihm dadurch möglich unschuldige Leben zu retten.
                            Cooper versteht diese Ansicht volkommen und respektiert und schätzt die hohen Ideale seines Gegenübers. Er braucht dieses Material dringend, erlaubt sich aber nicht gegen Major Briggs´Ideale zu verstoßen, geschweige denn ihn dazu zwingen, diese über Bord zu werfen.
                            Es sind Charaktere wie Cooper und Briggs und sporadische Momente der Wärme, Akeptanz und Liebe in der Serie, die jeden Sieg des Bösen (Madeleines Tod, Leland Palmers Besessenheit und BOBs letzter Triumph) nur noch niederschmetternder und intensiver machen, gleichwohl aber auch die Kehrseite der Medaille präsentieren.
                            Das Gute kann nicht ohne das Böse existieren und umgekehrt. In "Twin Peaks" ist das Böse allgegenwärtig. Wir sehen es in seiner "abgeschwächten" Form durch Leo Johnsons Drogenhandel oder Ben Hornes Manipulationen, aber auch in seiner hässlichsten Ausprägung in Form von BOB und "the evil that men do". Wie viel Leland Palmer vom Missbrauch seiner eigenen Tochter wusste, ist unklar, aber Tatsache ist, dass er durch "seine" Taten nicht nur ihren Körper, sondern auch ihre Seele irreperabel geschädigt hat. Das ist das schwarze Herz von "Twin Peaks": Inzest.
                            Warum ist ein Wesen wie BOB, das eigentlich nur ein Mann mit langen, ungewaschenen Haaren ist und eine Jeansjacke trägt, so gruslig und abstoßend?
                            Für mich ist es die Vorstellung, dass BOB jahrelang im Haus der Palmers gelebt und sich in all der Zeit daran erfreut und genährt hat, dass ein Vater seine Tochter in regelmäßigen Abständen missbraucht, was diese schließlich so verzweifelt werden ließ, dass sie ihren eigenen Tod akzeptiert hat, um den Kreis des Missbrauchs zu durchbrechen (Leland scheint auch Opfer von Missbrauch gewesen zu sein).
                            Es ist der Gedanke, dass BOB sich Leland´s Gesicht nur wie eine Halloween-Maske übergezogen hat, wodurch es ihm möglich war, unbemerkt seine Schandtaten auszuführen, während Leland in der Welt da draußen das Gesicht des allseits beliebten, mitfühlenden Familienvater trug.
                            Die "Black Lodge" und ihre Agenten exisitert nur um Unschuld zu korrumpieren und sich an der Furcht ihrer Opfer zu erfreuen, damit sie ihr Garmonbozia erhalten und weiter bestehen können.
                            Das Böse in "Twin Peaks" lauert, wägt seine Optionen ab und versucht dabei ein Höchstmaß an Angst und Terror zu verbreiten. Wenn BOB der Sinn danach stehen würde, könnte er einen Menschen nach den anderen bewohnen und ins Verderben führen, doch stattdessen kostete er jahrelang das Leid seines jungen, unschuldigen Opfers aus und freute sich über die Wellen, die seine grausamen Taten schlagen.
                            Selbst Cooper, der das Gute in Person verkörpert, versagt schließlich im Kampf gegen BOB, obwohl er ausschließlich aus noblen und selbstlosen Motiven handelte.
                            Dies erinnert mich an die Szene, in der Major Briggs unter Windom Earles Droge seine größte Angst enthüllte: "The possibility that love is not enough."
                            Ja, was dann? Wir alle suchen nach der Liebe, versuchen uns selbst zu lieben und Beziehungen zu anderen zu Menschen zu knüpfen bzw. die bereits bestehenden zu pflegen und dem Geheimnis der Liebe etwas näher zu kommen. Wie kann wahre Liebe definiert werden? Ist es nur ein Gefühl, dass sich nicht eindeutig belegen lässt? Werden wir es sofort merken oder wird es uns erst nach einiger Zeit klar werden? Lieben wir andere wirklich oder nur einige Eigenschaften an ihnen, die wir an uns selbst schätzen? Gibt es überhaupt selbstlose Liebe, die nichts vom anderen fordert, aber gleichzeitig gibt? Vielleicht sorgt ein momentaner Rausch an Sinneseindrücken nur für eine glückliche Erinnerung an eine bestimmte Person, die wir ständig wiederholen wollen? Ist der Gedanke Liebe analytisch betrachten zu wollen grundsätzlich eine schlechte Idee? Oder ist uns Menschen nur völlig bewusst, dass wir immer allein mit uns selbst sein werden und der Wunsch nach zwischenmenschlicher Interaktion einfach ein rein instinktives Verhalten ist, um unsere Existenz bestätigt zu bekommen und die Illusion aufrechtzuerhalten, dass wir nicht alleine sind?
                            Cooper entschied sich selbstlos dafür die Black Lodge aufzusuchen um Annie zu retten und er wäre sogar bereit dafür gewesen für sie seine Seele zu opfern. Nicht nur sein Leben, nein, seine Seele. Obwohl wir nicht wissen, was uns nach unserem Tod erwartet, glaube ich zumindest daran, dass es für unsere Seele auf eine weitere Reise gehen wird -womöglich ohne unsere menschlichen Gedanken und Gefühlen - doch mit dem Bewusstsein, dass das noch nicht alles gewesen sein kann.
                            Cooper hingegen erlaubt es seinem Erzfeind seine Seele für das Leben von Annie zu nehmen, ohne zu wissen, ob dies nun auch das Ende seiner metaphysischen Existenz bedeutet. Kann im Namen der Liebe ein größeres Opfer gebracht werden?

                            17
                            • 10

                              Mind=Blown!
                              Meint man zu Beginn noch, es mit einer actionreichen Eskapisten-Anime-Serie mit Kampfrobotern und depressiven Untertönen zutun zu haben, dreht Hideaki Anno etwa nach der Hälfte der Episoden den Spieß um und entarnt den Wunsch des Zuschauers nach Realitätflucht, indem er die Seelen aller seiner Hauptcharaktere mit voller Wucht zerschmettert und deren Ängste, Wünsche, Bedürfnisse, Selbstzweifel und Traumatas brachlegt: Wer bin ich? Warum bin ich hier? Wie werde ich wahrgenommen? Wie sehen mich andere, wie ich mich selbst? Wie forme ich meine Realität, meine Identität, meine Beziehung zu anderen?
                              All Menschen, die ich kenne: Sind sie eine Teil von mir? Teile meines Verstandes, Teile meiner Seele? Wie stehen wir in Verbindung zueinander? Gibt es ein kollektives Bewusstsein, das uns alle vereint? Was macht MICH als Menschen aus?

                              7
                              • 8
                                Pyro 91 22.03.2013, 20:59 Geändert 23.09.2016, 21:09

                                Ich bin gerade mal wieder dabei die Serie zu sehen und bin bereits bei Staffel 5 angelangt. Die Charaktere aus "Buffy" kommen den Begriff "Serienfreunde" wirklich am nächsten. Jedes Mal wenn die Serie zu Ende geht, muss ich erneut Abschied von den Figuren nehmen und bin danach für ein paar Wochen nicht mehr fähig mir etwas anderes anzusehen. Sowas hatte ich bisher nur bei "Twin Peaks" und "Six Feet Under" und spricht für die großartigen Charaktere, die Joss Whedon und Co. hier kreeirt haben. Und auch bei diesen Durchlauf muss ich mich beherrschen nur ein, zwei Folgen pro Tag zu sehen, weil ich mich sonst danach wieder ärgere, wie schnell es doch vorbei war.
                                Ich liebe diese Serie!

                                2