SoulReaver - Kommentare
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Alle Kommentare von SoulReaver
[...] Vor allem, wenn es schließlich um Miramax und damit auch um Harvey Weinstein geht, hätte die Dokumentation den unbedingten Mut aufweisen müssen, Quentin Tarantinos jahrelange Mitwisserschaft kritisch zu durchleuchten. Stattdessen soll ein eingefügte Zitat des Filmemachers an dieser Stelle reichen, in dem er sich empört darüber zeigt, zu welch schauderhaften Taten sein alter Gefährte und Förderer doch imstande gewesen ist. Tarantino – The Bloody Genius gefällt sich ausschließlich darin, reinrassige Heldenverehrung (und damit auch Verklärung) zu betreiben. Es ist sicherlich nicht grundsätzlich verwerflich, Quentin Tarantinos ansteckenden Enthusiasmus für das Kino als einzigartig zu beschreiben. Das ist er. Wenn man sich allerdings schon mit dieser durchaus polarisierenden Persönlichkeit beschäftigt, dann doch bitte auch mit dem Engagement, dem Überschwang mit etwas Differenziertheit zu begegnen. [...]
[...] Als ein ebenso strategisch kluger Schachzug erweist sich auch die Wahl des Schauplatzes: Wir befinden uns im sonnendurchfluteten Cannes, die paradiesische Kulisse der Cote d'Azur forciert das Fernweh unaufhörlich. Aber auch diese prachtvolle Erhabenheit, die Luxushotels, Sternerestaurants und Edelboutiquen endlos aneinanderreiht und das verheißungsvoll glitzernde Mittelmeer durch unzählige Yachten verdeckt, ist ein dekadenter Trugschluss. Ebenso wie Sofia, die sich nicht ausbeuten lässt, sondern ausbeutet. Sie nutzt die Promenade de la Croisette als Catwalk, bietet sich den Oberen Zehntausend an, um in einem schwebend-sinnlichen Zustand aus Macht, Verlockung und Zuneigung die Menschen um sie herum immer wieder ins Staunen darüber zu versetzen, wie eindeutig und klar man sich kontinuierlich seinen eigenen Bedürfnissen und Vorstellungen hingeben kann. Keine Kompromisse. Das ist nicht nur prickelnd, sondern gewinnt in den Händen Rebecca Zlotkowskis auch eine angenehme Note Melancholie. [...]
[...] Nach den nahezu unanschaubaren "2 Fast 2 Furious" und "The Fast and the Furious: Tokyo Drift" zieht Justin Lin den Karren mit "Fast & Furious: Neues Modell. Originalteile." durchaus solide aus dem Dreck. Die Rückkehr von Vin Diesel und Paul Walker erweist sich (erneut) als entscheidendes Herzstück für das Gelingen des Filmes, der sich trotz größerer Set Pieces kaum als Frischzellenkur versteht. Justin Lin hingegen geht vielmehr auf Nummer sicher, verhandelt erwartungsgemäß archaische Themen und labt sich als Testosteron-geschwängerte Männlichkeitsphantasien an hochgezüchteten Boliden, leicht bekleideten Damen und den prallen Muskelbergen von Stiernacken Vin Diesel. Durch die geradlinige Regie seitens Justin Lin aber kann man "Fast & Furious: Neues Modell. Originalteile." aber fraglos als röhrenden Actionfilm annehmen. [...]
[...] Ist das Kino oder kann das weg? Nun, rein visuell überzeugt "Traumfabrik" durch seine produktionstechnische Imposanz, die fortwährend unter Beweis stellt, dass auch Deutschland in der Lage ist, schillernde Bilder auf die Leinwand zu bannen. Dieser krampfhafte Anspruch, unbedingt Großes auf die Beine stellen zu wollen, um damit auf Tuchfühlung mit Hollywood gehen zu können, sorgt letztlich auch dafür, dass sich die hier allseits beteuerte Magie in eine ebenfalls formale Kulissenhaftigkeit übersetzt. Letzten Endes betreibt "Traumfabrik" in seinem reichlich fehlgeleiteten Traditionsbewusstsein reine Imagepflege respektive -Korrektur und erliegt dabei der festen Überzeugung, dass Kino immer auch Pomp sein muss. [...]
[...] Beeindruckend dabei ist vor allem, wie unnachgiebig Bertrand Mandico den Prinzipien des phantastischen Erzählens huldigt, während er sie erforscht. Fernab jedweder Vernunft, dramaturgischen Sitte und moralischen Bewertung, geht es dem düster-triebhaften Märchen The Wild Boys um das reine, sensorische Erleben. Natürlich kann man hier erneut über die zerstörerischen Anziehungskraft autoritärer Machtausübung sinnieren, während Mandico hier gleichwohl einen Diskurs über die dunklen Leidenschaft führt, die sich im Inneren der menschlichen Natur verschanzt haben und nur auf den richtigen Moment warten, endlich nach außen sprengen zu dürfen. Letztlich aber ist dieser (größtenteils) in analoge Schwarz-Weiße-Bilder gehaltene Fiebertraum eine reichhaltig mit Referenzen bestückte Liebeserklärung an das Kino als Traummaschinerie. Und er macht dabei unmissverständlich deutlich, dass man aus manchen Träumen auch schweißgebadet aufwacht, was nicht zwangsläufig negativ konnotiert sein muss. [...]
[...] Während James Glaisher den Griff nach den Sternen vor allem über die mathematischen Parameter seiner Druck- und Höhenmesswerten begreift, um letztlich immer hilfloser zu werden, wenn die Witterungsverhältnisse über den Wolken ihren Tribut fordern, ist es die renitente Amelia, die die Zügel in die Hand nimmt und nicht nur die Sensation der Ballonfahrt in die Wege leitet, die maßgeblich dafür verantwortlich war, die Beschaffenheit der Welt, die über uns liegt, zu erforschen, sondern ihrem männlichen Mitstreiter letzten Endes das Leben rettet. Geschichte wird hier dank der unermesslichen Kühnheit einer Frau geschrieben, die von Felicity Jones als ebenso fragil wie tapfer porträtiert wird. Unzweifelhaft ist sie die Heldin von The Aeronauts und darf all denen, die ihr vorschreiben möchten, was den Gepflogenheiten des schönen Geschlechts entspricht, die kalte Schulter zeigen.
Angenehmerweise führt dies auch zu der Gegebenheit, dass sich Oscar-Gewinner Eddie Redmayne nicht dazu genötigt sieht, noch einmal unter Beweis zu stellen, dass er der einzig wahre Fancy British Actor ist, den die Schauspielbranche vorzuweisen hat. Sein zurückgenommenes Spiel hilft dabei, die zwischenmenschliche, erfreulich platonisch bleibende Beziehung zwischen James Glaisher und Amelia Wren auf ehrliche Art und Weise zu grundieren. Der eigentliche Star dieses ebenfalls erstaunlich gelungen getricksten Abenteuers ist jedoch George Steel: Seine dynamischen (Hand-)Kameraaufnahmen, die stetig auf Tuchfühlung mit dem halsbrecherischen Geschehen sind, geben The Aeronauts ein mitreißendes Gefühl für Höhen und Tiefen und erklären den fast schon magischen Realismus, mit dem Tom Harper hier das Tatsächliche mit dem Habitus des Märchenhaften kombiniert, zu einer in ihren besten Augenblick unheimlich einnehmenden, weil körperlichen Erfahrung. [...]
[...] Während Noomi Rapace und Mark Strong (RocknRolla) durch ihre nüchternen Auftritte dafür sorgen, dem Geschehen die nötige emotionale Balance zu schenken, tischt Ethan Hawke eine sagenhafte Performance auf, die allein schon äußerlich Eindruck schindet. Sein modisches Portfolio, bestehend aus Lederkluft, gewaltigem Schnauzbart, Cowboyhut- und Stiefeln wecken hier beinahe Erinnerungen an die entfesselten Auftritte eines Nicolas Cage (A Score to Settle), der es sich seit Jahren nicht nehmen lässt, immer wieder die verrücktesten Outfits überzustreifen. Robert Budreau hat zudem sichtlich Freude daran, seinen Star in dieser herrlich geschmacklosen Garderobe in Szene zu setzen und webt vor allem in der ersten halben Stunde eine tonale Spritzigkeit in das Geschehen ein, die Die Stockholm Story – Geliebte Geisel eine angenehme Nähe zum Komödiantischen eingestehen. Ethan Hawke jedoch lässt sich nicht nur Karikatur degradieren, sondern findet gerade in der klaustrophobischen Enge des Tresorraums eine Aufrichtigkeit und Intimität, die eigentlich zutiefst irrationale Gefühlsanwandlungen durchaus nachvollziehbar machen, wie ein Kriminalitätsopfer zur Komplizen werden konnte. [...]
[...] 6 Underground greift sich die menschenverachtende Taktung aus Bad Boys II und vermengt diese mit der visuellen Brachialgewalt eines Transformers 3 bis 5, um sich nebenbei noch durch die Motive von Filme wie 22 Mile, Fast & Furious, Miami Vice und Mission: Impossible zu fleddern. Wenn ein erneut unendlich egaler Ryan Reynolds gerade nicht aus dem Off darüber schwafeln darf, dass er und sein Team allesamt Geister sind und niemand sie vermissen wird, dreht Michael Bay den Regler seiner inszenatorischen Manierismen bis zum Anschlag auf. Kaum fünf Minuten kommen ohne poppige Untermalung aus, die unzähligen Farbfilter lassen jeden Musikclip der letzten Jahre wie einen Schwarz-Weiß-Streifen von anno dazumal wirken, die atemlosen Kamerafahrten wie -Schwenks sind reine, technische Maßlosigkeit und der unentwegte Stakkatoschnitt erklärt dann auch die Epilepsiewarnung zu Anfang.
Über das grandios unverschämte Product Placement, den immer wieder und mit Vorliebe in Zeitlupe eingestreuten (Männer-)Pathos und den nach wie vor exponierten Sexismus müssen an dieser Stelle wohl keine Worte verloren werden: 6 Underground ist Fetischkino. Eine Aneinanderreihung von überstilisierten Exzessen und infantilisierten Extravaganzen, die in ihrem Größenwahn zeitweilig durchaus launig erscheinen, den Film im Großen und Ganzen aber nicht davor bewahren, bereits nach kürzester Zeit rigorosen Erschöpfungserscheinungen heraufzubeschwören. Letztlich auch, weil Michael Bay bis auf die Episode über den gefluteten Hochhausschluchten von Hongkong keine genuinen Einfälle dahingehend besitzt, die Geographie des Bildkaders auf virtuose Art und Weise zum Beben zu bringen. Wie gesagt, die Beziehung zu Michael Bay bleibt kompliziert, aber nicht uninteressant. Vielleicht ist genau diese Reibung das größte Problem an der ganzen Sache.
Ein rücksichtsloses Michael-Bay-Destillat lässt der Streamingdienst Netflix mit "6 Underground" auf die Menschheit los. Und das bedeutet auch: All die Befürchtungen, die man vornherein an diesen (Un-)Film gestellt hat, werden nach und nach bestätigt. Mag diese Aneinanderreihung von überstilisierten Exzessen und infantilisierten Extravaganzen in ihrem ungebremsten Größenwahn zeitweilig auch durchaus launig und bildgewaltig sein. Letzten Endes aber bleibt diese 130-minütige und 150 Millionen US-Dollar schwere Abrissbirne eine von Menschenverachtung, alles zersetzendem Stakkatoschnitt und penetranten Farbfiltern unterstützte Erschöpfungserscheinung. Wer sich an jedem einzelnen Manierismus von Michael Bay ergötzen möchte, der kommt hier auf seine Kosten, der Rest darf entnervt abwinken...und sich insgeheim auf das Sequel freuen. Exzessives Fetischkino, die dunkle Seite des auteristic cinema. Nicht ungeil, gleichzeitig aber eben auch unanschaubar. [...]
[...] Ken Russell aber legt eine gallige Schwarzhumorigkeit an den Tag, die das von tonalen Brüchen geprägte Schauerstück dann letzten Endes doch davor bewahrt, sich (ernsten) misogynen Vorwürfen ausgesetzt zu sehen – bei Schrader sieht das Ganze dann doch etwas anders aus. Dafür sorgt eben nicht nur herbe Ironie, sondern auch die inszenatorische Anbetung von Amanda Donohoe, die hier nicht nur ihren Schauspielkollegen (zum Beispiel einen jungen Hugh Grant, Tatsächlich...Liebe) mühelos die Show stiehlt. Ihre erinnerungswürdige Darbietung der vampirischen Hohepriesterin setzt sich aus einem dynamischen Wechselspiel zwischen Faszination, Abscheu und Angst zusammen und gibt dem Film ein packendes Gravitationszentrum der Wallung und Erregung. Da fällt es auch kaum noch ins Gewicht, dass Ken Russell neben den eigenwilligen Einfällen (surreale Bildstürme, waghalsige Phallussymbole, unverhohlene Blasphemie) dramaturgisch fast schon konventionelle Pfade betritt.
An die bildgewaltige (und kunstgewandte!) Exzentrik eines "Die Teufel" reicht "Der Biss der Schlangenfrau" nicht heran, obgleich es sich Enfant Terrible Ken Russell in einigen halluzinatorischen Sequenzen nicht nehmen lässt, den Nonnen-schändenden Wahnsinn seines legendären Klassikers zu hommagieren. Seine ganz eigene Adaption des letzten Bram-Stoker-Romans funktioniert vielmehr als sexuell aufgeladene Gruselmär um den ewigen Konflikt zwischen Christen- und Heidentum, ausgetragen auf dem schuppigen Rücken eines frühzeitlichen Schlangenkults. Ken Russell formt dabei eine bisweilen traumwandlerische Symbiose aus schwarzem Humor, mystischer Folklore und verführerischem Vampirismus. Blasphemischer Höhepunkt aber ist hier die aufreizende Performance von Amanda Donohoe: Wenn schon mit Schlangengift bespritzen lassen, dann von dieser anbetungswürdigen Bestie von Frau. [...]
[...] Während "The Woman" noch die Übermacht der Frau dem männlichen Geschlecht gegenüber offenbarte und so garstig wie schwarzhumorig tradierte Geschlechterrollen zu hinterfragen verstand, setzt "Darlin'" diese erzählerische Marschroute nun insofern fort, dass weiterhin maskuline Machtstellungen auf dem garstigen Prüfstand stehen. Pollyanna McIntosh, die hier nicht mehr nur als kannibalistische Wilde in Erscheinung tritt, sondern sich auch als Regisseurin und Autorin verdingt. Das Ergebnis ist durchwachsen und klischiert: Den inhaltlichen Allgemeinplätze über die vererbten Unterdrückungsstrukturen innerhalb der katholischen Kirche fehlt die groteske Durchschlagskraft und der polarisierende Mut, den Zuschauer kalt zu erwischen. Gut gespielt ist "Darlin'" vor allem in der Hauptrolle durchaus, dem unangenehm-widerborstige Wesen des perversen Menschendramas in "The Woman" aber hinkt der Film unentwegt hinterher. [...]
[...] Die innerseelischen Konflikte und dysfunktionalen Verhältnissen, die sich durch alle Beziehungen ziehen, mit denen Lara einmal in Berührung gekommen ist, rühren daher, dass die Frau ihren Traum, eine große Pianisten zu werden, von heute auf morgen begrub. Der Grund dafür war, wie wir später erfahren werden, nur ein halbherziger Vorwand. Dafür musste Viktor bezahlen und wurde zum Musiker herangedrillt, der heute, an Laras 60. Geburtstag, sein erstes Konzert gibt. Nicht nur als Pianist, sondern auch als Komponist. Wir verfolgen nun über 90 Minuten, wie Lara durch Berlin irrlichtert, wie sie ihre Missgunst nach außen trägt, um sich niemals mit den tiefen Verletzungen auseinanderzusetzen, die sie seit Jahrzehnten mit sich trägt. Das Leben, in dem sie angekommen ist, bleibt für sie immer nur das Zerrbild einer Möglichkeit, die sie nie ergriffen hat.
Nicht nur der präzisen Inszenierung seitens Jan-Ole Gerster ist es zu verdanken, dass diese immer wieder monströse, eiskalte, bitter-kalkulierende Frau niemals verdammt wird, sondern auch der sensationellen Performance von Corinna Harfouch, die sich hier endgültig als deutsche Antwort auf Isabelle Huppert (Die Klavierspielerin) beweist. Ihr nuanciertes Spiel lässt immerzu mindestens zwei Blickwinkel auf eine Gefühlsregung zu: Hinter der offenen Verachtung nämlich stecken unerfüllte Sehnsüchte; hinter den Entmutigungen wabert eine geradezu bemitleidenswerte Selbstverachtung. Die tiefen Zerrüttungen zwischen Mutter und Sohn, welche das emotionale Zentrum der Geschichte darstellen, werden in den hochtalentierten Händen Gersters letztlich auch keiner harmonieheischenden Lösung unterzogen. Lara ist ein unversöhnlicher Film, genau deswegen aber ist er so feingliedrig, fordernd und intim. [...]
[...] Nachdem uns Nur noch 72 Stunden mit den Beton- und Stahlbauten, den endlosen Hochhausschluchten von New York City begrüßt hat, treffen wir auf Det. Daniel Madigan (Richard Widmark, Mord im Orient-Express) und seinen Partner Det. Rocco Bonaro (Harry Guardino, Der Mann aus San Fernando), deren Auftrag es ist, den kriminellen Barney Benesch (Steve Ihnat, Auf leisen Sohlen kommt der Tod) zu Befragungszwecken in das benachbarte Polizeirevier zu bringen. Die Sache geht nicht nur deswegen schief, weil Benesch mit den Waffen der Ordnungshüter entkommt, sondern auch aus dem Grund, weil sich Madigan und Bonaro überhaupt nicht im Klaren darüber gewesen sind, in welche Gefahr sie sich dort eigentlich gebracht haben. Die Rechnung folgt auf dem Fuße, erst als Degradierungsdrohung, dann als Ultimatum: Drei Tage bleiben den beiden Männern, um den Gangster zu schnappen.
Obgleich Nur noch 72 Stunden nach den Prinzipien des Hardboiled-Kinos funktioniert, zeigt sich Don Siegel weniger daran interessiert, prägnante Posen zu reproduzieren, als ihnen vielmehr auf den Grund zu sehen. Das Wechselspiel zwischen der Innen- und Außenperspektive ist dabei auch immer ein Schlagabtausch zwischen dem Richtigen und dem Falschen. Madigan ist kein Draufgänger, auch wenn ihm der harte Kerl mit der filterlosen Zigarette im Mundwinkel wunderbar zu Gesicht steht. Stattdessen hat er, wie alle anderen im Bunde, mit persönlichen Problemen zu ringen. Seien es Zwistigkeiten mit der Frau daheim, die erbarmungslosen Mühlen der Bürokratie oder das Leben eines Freundes, das schlussendlich auch auf dem Spiel steht. Nur noch 72 Stunden ist kein atemloser Reißer, der abschätzig und (bisweilen) angsterfüllt die Metropole zum brodelnden Moloch erklärt.
Vielmehr gleicht das Urbane in Nur noch 72 Stunden einem lebendigen Organismus, dessen großstädtische Struktur als reflektorische Fläche in die Beziehungen der Protagonisten übersetzt wird. Don Siegel geht es hierbei um die unsichtbaren Grenzen zwischen dem Privaten und Beruflichen – und darum, wie leicht diese zu verwischen sind. Deshalb dreht sich auch nicht alles um tugendhafte Vorbilder, mögen sie bisweilen auch noch so souverän wirken, sondern um Menschen, die in Versuchung geraten können, die sich Schwächen eingestehen müssen und womöglich auch zum Scheitern verurteilt sind. Auch wenn das angesichts der etwas grobschlächtig arrangierten Narration nicht nur als Kompliment gemeint ist, wirkt Nur noch 72 Stunden dabei oftmals wie die Blaupause für unzählige Kriminalserien der kommenden Jahre. Nun, es gibt sicherlich schlechtere Vorbilder. [...]
[...] Die Kamera von John Arthur Morrill stellt uns erst einmal prachtvolle Landschaftsauszüge der erhabenen Weiten Arizonas vor, während Countrymusiker Dorsey Burnett dabei genüsslich über die Green Side of the Mountain und das Peaceful Verde Valley singen darf. Es kommt nicht von ungefähr, dass Mörderspinnen dort den Eindruck erweckt, es könnte sich bei der Regiearbeit von John Cardos (Night Shadows) um einen waschechten Western handeln, derart ur-amerikanischen wirkt der Film in seinen klaren Oberflächentexturen auf die Zuschauerschaft ein. Der Bezug zum Western aber bleibt fortwährend bestehen, nicht nur als Stimmungsgeber, sondern auch als Strukturalismus. Letztlich geht auch in diesem Fall um einen mutigen Mann, der seine Heimat vor einer Gruppe von Eindringlingen beschützen muss. Nur, dass dieser Mann kein Sheriff und die Eindringlinge keine schießwütigen Revolverhelden sind.
Stattdessen bekommt es Hauptdarsteller William Shatner (Star Trek II: Der Zorn des Khan) in der Rolle des ansässigen Veterinärs Robert Hanson mit unzähligen Taranteln zu tun, die auf ihre ganz eigene Art und Weise nach Vergeltung streben. Nachdem ihre natürlichen Ressourcen durch Pestizide zerstört wurden, dezimieren die Arachnoide nicht nur den Viehbestand von Verde Valley, sondern begeben sich auch als alsbald auf die Jagd nach Menschenfleisch. Überraschend an Mörderspinnen ist dabei, dass der Film sich als Creature Feature durchaus hochwertig präsentiert und bis auf die unfreiwillig komische Eröffnung, in der sich ein Rind einfach nicht aus der Ruhe bringen lassen möchte, obwohl es gerade Opfer eines Spinnenangriffs wird, als stimmiger Genre-Flic funktioniert. Selbstredend trägt das strahlende Charisma des Lasso schwingenden und Frauenherzen erobernden William Shatner ungemein zum Gelingen von Mörderspinnen ein.
Aber das gut gewählte Zugpferd am Kopf der Produktion ist nur die halbe Miete. In Mörderspinnen übernimmt ebenso ein unverkennbarer Genre-Aficionado das Kommando und zollt nicht nur Alfred Hitchcocks Die Vögel und Der weiße Hai von Steven Spielberg Tribut. Regisseur John Cardos liebt offenkundig auch die unwirkliche Drohkulisse eines Night of the Living Dead aus dem Jahre 1968. Entschlackt von dessen gesellschaftspolitischen Kontext, führt der Weg für Shatner und Co. letztlich auch in eine verbarrikadierte Lodge, während das achtbeinige Grauen nach und nach ins Innere der (zweifelhaften) Zuflucht eindringt. Durch den Einsatz von über 5.000 Taranteln, die Experten über einen Zeitraum von 8 Wochen in der Wüste Mexikos sammelten, eignet sich Mörderspinnen das Klima einer greifbaren Schreckensvision an, deren Höhepunkt das wahrlich apokalyptische Finale ist. Wenn Öko-Horror doch immer so herzallerliebst wäre. [...]
[...] Wenn sich ratternden Projektoren, das weiche 16mm-Filmmaterial und die daraus resultierenden, herrlich körnigen Bilder vereinen, dann verdeutlicht Messer im Herz, dass ihm auch daran gelegen ist, eine Reise in die Vergangenheit zu unternehmen. Yann Gonzalez' Vorbilder hören dabei nicht nur auf die Namen William Friedkin und Brian De Palma (Dressed to Kill), vielmehr noch interessiert ihn der Fetischismus des 1970er Jahre Giallo-Kinos aus Italien sowie die Ära der schwulen Pornographie jener Dekade. Gonzalez' zelebriert Körper, in dem sie nicht nur im Taumel des Hedonismus zur Entfaltung gebracht werden, sondern auch in ihrer Zerstörung eine Form der gestörten Kommunikation entdeckt. Der Titel des Films ist dabei natürlich vor allem metaphorisch zu verstehen: Letztlich geht es um Menschen, die nach Liebe flehen, aber nur Schmerz erhalten. Der Serienkiller ist nur ein extremes Produkt dieses Leidens.
Es ist jedoch die ungemein stilbewusste Audiovisualität, durch die sich Messer im Herz in die Gehirnwindungen seiner Zuschauer einbrennt. Wenn ausgeprägte Farbfilter auf nackte Leiber fallen und einen bisweilen tranceartigen Bilderbogen kreieren, der in seiner formalästhetischen Überwältigung gleichermaßen von Lust und Qual zehrt, dann beweist Yann Gonzalez, dass er nicht nur handwerklich, sondern auch filmhistorisch überaus bewandert ist. Seine sinnlich-entrückte (Horror-)Vision aus Sexualität und Gewalt chiffriert sich in ihren eindrucksvollen Momenten zu einer stimulierenden Wanderung durch delirante Alptraumlandschaften, in denen verkrüppelte Seelen nach einer Möglichkeit suchen, sich selbst ertragen zu können. Ein echter Coup ist zudem die Besetzung von Vanessa Paradis (Die Frau auf der Brücke), die ebenfalls wie ein Echo aus einer anderen Zeit wirkt - und deshalb so wunderbar in diesen famosen Sehnsuchtsreigen passt. [...]
[...] Einen Ausstieg aus ihrer Alltagslethargie, die sich auch zuhause längst etabliert hat, findet Lisa im rhetorischen Talent eines Fünfjährigen (Parker Sevak), aus dessen Mund beinahe in willkürlichen Abständen und Situationen Gedicht hervorquellen, die Lisa nutzt, um sie in ihrem Abendkurs für kreatives Schreiben unter ihrem Namen vorzuführen. Zum ersten Mal erhält sie Anerkennung, während ihre eigenen Haikus zuvor nur belächelt wurden. The Kindergarten Teacher gehört zu den Filmen, die den pathologischen Anteil ihrer Geschichte auf Samtpfoten schreiten lassen. Vor allem ist es dabei der nuancierten Performance von Hauptdarstellerin Maggie Gyllenhaal zu verdanken, dass sich der Film fortwährend ein unangenehm-packendes Maß an Ambivalenz bewahrt, scheint die Frau doch in erster Linie mit guten Absichten gesegnet zu sein. Es ist der Umgang mit diesen, die zusehends jedwede Form von Verhältnismäßigkeit einbüßen.
Die große Stärke von The Kindergarten Teacher liegt in seiner durchgängigen Subtilität. Sara Colangelo möchte ihre Version des gleichnamigen Originals aus Israel nicht strikt den westlichen Sehgewohnheiten anpassen und die Handlung damit gezielt einer reißerischen Simplifizierung unterziehen, sondern bleibt der unaufgeregten, durchweg zurückgenommenen Taktung der Vorlage aus dem Jahre 2014 treu. The Kindergarten Teacher erzählt von stiller Verzweiflung, von tiefsitzenden Ängsten, von Einsamkeit und von Obsessionen. Vor allem aber möchte man den Film als (Charakter-)Studie über die bedrückenden Auswirkungen gescheiterter Träume verstehen, die den Zuschauer zusammen mit der bravourösen Maggie Gyllenhaal in ein emotionales Wechselspiel zwischen Verständnis und Unbehagen führen. Hinter den ehrenwerten Zielen, die Lisa verfolgt, offenbaren sich Abgründe, in denen sich Bestürzung und Entsetzen zu gleichen Teilen vermengen. [...]
[...] Wo das DVD-Cover sowie die Synopsis einen waschechten B-Reißer suggerieren wollen, unterläuft Regisseur Tim Sutton diese fehlgeleitete Erwartungshaltung während der etwas mehr als 100-minütigen Laufzeit sehr gezielt – der eigentliche Käfigkampf, auf den letztlich alles hinausläuft, nimmt kaum mehr als fünf Minuten in Anspruch. Stattdessen konzentriert sich Donnybrook – Below the Belt auf die vom Schicksal unberücksichtigten Existenzen im Zentrum des Geschehen. Sie träumen von einem Neuanfang, ihrer Herkunft aber können sie letztlich nur selten entkommen. Tim Sutton führt den Zuschauer allerdings nicht nur geradewegs in das Herz der Finsternis, sondern erkennt auch in dunkelster Stunde die Aufrichtigkeit eines Vaters, der all den Schmerz der Welt auf sich nehmen würde, um seiner Familie eine Chance auf ein positives Morgen zu schenken. Ein brutaler und im gleichen Moment zärtlich-zurückgenommener Abstieg in die Graustufen des Lebens. [...]
[...] Aber damit beginnt das unverschämte Getrolle erst, mit dem Jarmusch seiner Zuschauerschaft eine kilometerlange Nase dreht. Obwohl das Ende der Welt an die Tür klopft, passiert hier rein gar nichts. Wobei, nein, die Apokalypse schlurft (wortwörtlich) schon los, aber The Dead Don't Die formuliert sich dabei wie ein sonntäglicher Spaziergang durch den Stadtpark. Gemütlich schlendert der Takt des Films vor sich hin und her, her und hin, und die Akteure – komme, was wolle - lassen sich nicht aus der Ruhe bringen. Die Hände gemütlich in den Hosentaschen geparkt, monoton-tiefenentspannt die Geschehnisse kommentierend und wenn man von den Untoten in die Enge getrieben wird, mein Gott, um sein Leben braucht man nun wirklich nicht mehr zu rennen. Man kann durchaus nachvollziehen, warum sich viele Zuschauer von The Dead Don't Die für dumm verkauft gefühlt haben.
Wenn Jarmusch dann nicht nur verstärkt auf Meta-Gags baut, die sich bisweilen daraus speisen, dass Adam Driver und Co. direkt Bezug auf den Ablauf des Filmes nehmen („I read the script.“ - „The whole script?!“), sondern gleichwohl vorgibt, als würde er hier gegenwärtige Befindlichkeiten im Herzen der amerikanischen Gesellschaft respektive globale Krisen anschneiden, dann findet dieses sagenhaft impertinente Geblödel ganz zu sich: Irgendjemand wird sich schon den Kopf darüber zerbrechen, dass es hier womöglich doch etwas ganz und gar Profundes zu entdecken gibt; eine tiefere Erkenntnis, die nur darauf wartet, endlich geborgen zu werden. Diese armen Seelen. Wenn The Dead Don't Die zu einer Sache taugt, dann zum Abgleich mit den eigenen Sehgewohnheiten. Wie festgefahren sind unsere Erwartungen, die wir an Narration und Dramaturgie stellen? Der eigene Gemütszustand nach dem Film gibt die perfekte Antwort. Was für eine Gaga-Gaudi. [...]
[...] Früher war Jay nicht nur als Musiker aktiv, er hatte auch eine Frau und einen Sohn. Dieses Dasein aber hat er kurzerhand aufgeben. Vermutlich aus dem Grund, weil ihm das Versprechen einer rosigen Zukunft im festen Kreise seiner Liebsten auf Dauer zu gesetzt und zweifelhaft erschien. Inzwischen verdient er sein Geld als zumeist übel gelaunter Manager einer Bar und hat zudem auch die Erkenntnis erlangt, dass das Leben kein Song von The Clash oder David Bowie ist. Alles, was ihm geblieben ist, sind die stummen Rituale, die er mit einer Frau führt, dessen Namen er nicht einmal kennt. Aber das muss er auch nicht, vorerst jedenfalls. Er weiß, wie ihr Körper bebt, wenn sie den Höhepunkt gebracht wird. Er weiß, wie ihr Stöhnen klingt, wenn er sie mit Gewalt gegen die Wand presst. Er weiß, wie sich ihre Lippen anfühlen, wenn sie seinen Penis umschließen.
Das Selbstverständnis ihrer schweigsamen, rein physischen Übereinkunft gerät ins Wanken, als etwas so flüchtiges wie Gefühle ins Spiel kommen. An einen Mittwoch wartet Jay vergebens auf Claire. Schlagartig wird ihm damit gewahr, dass ihre (Nicht-)Beziehung an Erwartungen und Sehnsüchten gebunden ist. Patrice Chéreau, der sich hier auf die autobiographischen Kurzgeschichten von Hanif Kureishi stützt, setzt in seiner Inszenierung auf ein größtmögliches Maß an Naturalismus: Nicht nur setzt er seine Protagonisten fortwährend in Großaufnahmen in Szene, um keine Regung in ihren zumeist steinern erscheinenden Mimen aufzuspüren. Gerade die expliziten Sexszenen, die von der amerikanischen Fachpresse damals zwanghaft zur Kontroverse aufgeblasen wurden, sind von einer ungeschminkten Authentizität gezeichnet, dass selbst Hauptdarsteller Mark Rylance heute zu dem Entschluss kommt, dass es womöglich besser gewesen wäre, in diesem Film niemals mitzuwirken.
Als Zuschauer kann man sich glücklich über sein Engagement schätzen, denn Mark Rylance, seines Zeichens Lieblingsschauspieler von Steven Spielberg, liefert – wie auch Kerry Fox und Timothy Spall (Heartless) in einer Nebenrolle – eine hervorragende Leistung ab. Eben genau deswegen, weil seine Performance so kompromisslos und uneitel ist. Patrice Chéreaus in eisige Fotografien gehüllter Seelenstriptease um zwei Menschen, die in schlechter Gesellschaft sind, wenn sie zu lange mit sich allein gelassen werden, ist eine nach wie vor gültige Geschichte über die bebende Verzweiflung, Nähe in einer durch und durch kalten Welt zu finden. Intimacy versteht das Entkleiden dabei als sinnbildliches Blankziehen, die ausgedehnten Sexszenen sind kein Selbstzweck, um Tabus brechen zu wollen, sondern metaphorisch zu verstehen. Zwei Gestrandete erficken sich einen Sinn in ihrem Leben. Sex wird hier nicht zuletzt deswegen als Kraftakt verstanden. [...]
[...] Umso erfreulicher ist es, dass Blut für Dracula seinem Vorgänger beinahe in Nichts nachsteht. Erneut konnte man sich das geschätzte Engagement von Terence Fisher, Drehbuchautor Jimmy Sangster und Hauptdarsteller Christopher Lee sichern. Peter Cushing indes ist nicht mehr mit von der Partie, was zwar durchaus schade ist, aber verschmerzbar, wird hier doch eine neue Geschichte erzählt, die sich darum bemüht, frische Schwerpunkte setzen zu können. In diesem Fall nämlich geht es um zwei englische Brüder (Francis Matthews und Charles Tingwell), die zusammen mit ihren Frauen (Suzan Farmer und Barbara Shelley) nach Karlsburg reinen wollen, schlussendlich aber im Schloss des Grafen landen. Der Clou an der Sache: Der Blutsauger ist, nun ja, vernichtet worden, was Blut für Dracula dafür nutzt, um über mehr als die Hälfte der Laufeit eine ungemein dichte Drohkulisse aufzubauen.
Der König der Schattenwesen mag physisch nicht präsent sein, doch seine metaphysische Allgegenwart ist im Land der Gespenster, Flüche und Aberglauben von der ersten Minute an spürbar. Blut für Dracula zieht seine beständige Spannung daher nicht nur allein aus der Frage, wann der große und auch hier erneut absolut ikonische Christopher Lee wieder die Bildfläche betreten wird, um sich an den Hälsen auserwählter Damen zu schaffen zu machen. Terence Fisher setzt beharrlich und gleichermaßen gekonnt auf das bedrückende Klima einer diffusen, unbestimmten, unter die Haut kriechenden Angst und spielt gleichwohl mit den Erwartungen des Zuschauers. Beeindruckend gestaltet sich dabei erneut der schöpferische Inbrunst, mit dem sich Hammer Films hier auszeichnen darf. Aus Pappmache entsteht Prunk von gehobener Eleganz, der dieses schleichende Schauerstück zu einer so erhabenen wie eindringlichen Seherfahrung erklärt. [...]
[...] Kein Wunder, dass man Dominik Graf seinerzeit für diesen Film verdammt hat. Die Produzenten und Finanziers haben das 12 Millionen D-Mark schwere Projekt im Stich gelassen, vom ursprünglichen Drehbuch ist nur noch eine Rumpffassung übrig geblieben, es kam immer wieder zu Budgetkürzungen. Die zeitgenössische Kritik präsentierte sich dementsprechend gnadenlos, während der Film vom Publikum großzügig ignoriert wurde. Selbst Dominik Graf musste zugeben, dass Die Sieger ihn aus der Balance gebracht hat. Man merkt es dem zerfaserten Endergebnis auch durchaus an, dass hier ein Künstler zu Werk geschritten ist, dessen Ambitionen irgendwann zu einer Besessenheit geronnen sind, denen er nicht mehr nachkommen konnte. Dennoch – und das ist durchaus erstaunlich angesichts dieser horrenden Produktionsgeschichte – sollte man sich dieser Seherfahrung hingeben, weil sie nach wie vor eine Ausnahmeerscheinung im deutschen Kino einnimmt.
Die Sieger ist ein reinrassiger, stetig im eigenen Saft brodelnder Stimmungsfilm. Dominik Graf verschanzt sich in einem toten Punkt der nationalen Befindlichkeit und entfesselt flüchtige Gefühlswallungen, die sich aus immer extremen Ausformungen von Hektik, Angst, Verrat und Paranoia zusammensetzen. Gefangen zwischen äußerem Druck und innerer Anspannung, verfolgen wir ein SEK-Kommando, welches immer mehr mit der rohen Monstrosität korrupter Verwebungen innerhalb von Staatsapparaten konfrontiert wird. Dabei unterläuft Graf nicht nur gezielt festgefahrene Kriminalkonventionen auf der Handlungsebene, sondern zeichnet auch ein Männerbild nach, welches die damalige Zuschauerschaft schlichtweg überfordern sollte: Ein selbstzerstörerischer, teilweise fast schon suizidaler Testosteron-Haufen, dessen Souveränität mehr und mehr in Luft aufgelöst wird. Der Titel, Die Sieger, ist daher beinahe schon von einem beißenden Zynismus signiert. Gewinner nämlich gibt es hier keine, weder vor, noch hinter der Kamera.
Wobei, egal, wie viel Schweiß, Blut und Tränen Dominik Graf für die Umsetzung von Die Sieger auch vergossen haben mag: Am Ende, 25 Jahre nach der Premiere, kann er doch erhobenen Hauptes auf seinen Film zurückblicken. Formalästhetisch nämlich erweist sich der von unstillbaren Sehnsüchten geäderte Action-Thriller als eine inszenatorische Machtdemonstration. Die Set Pieces, gerade das sensationelle Finale im Karwendelmassiv, sucht in diesen Gefilden bis heute seinesgleichen. Mögen die Dialoge auch noch so papieren sein und die Gesten sich immer wieder einer affektierten Theatralik hingeben, die Bild- und Klangwelten, mit denen Graf über das Publikum hinwegwalzt, sind brachial, lärmend, übermütig, herausfordernd und deshalb so wunderbar. Hier beweist ein Filmemacher Risikobereitschaft, er traut sich, aufs Ganze zu gehen, auch aus dem vollen Bewusstsein heraus, dass er am Ende den Kürzeren zieht. Chapeau. [...]
[...] Aber aller Anfang ist gewohntermaßen mühselig: Mit der Musik funktioniert es nicht, sein Bühnenprogramm kommt nicht wirklich an und obwohl der Job als Manager eines Plattenladens eigentlich nur eine Übergangslösung darstellen sollte, ist er letztlich das einzige, was ihm noch geblieben ist. Jedenfalls solange, bis Rudy durch einen Obdachlosen in Berührung mit den sagenhaften Legenden rundum einen gleichermaßen verwegenen wie omnipotenten Draufgänger namens Dolemite gerät. Was daraufhin geschieht, sollte Geschichte schreiben, schwarze Geschichte, wohlgemerkt. Blaxpoitation-Einmaleins, wenn man so möchte. Rudy nämlich entwickelt die Kunstfigur des Zuhälters Dolemite, ein vulgär-reimender Teufelskerl, dem nichts und niemand den Wind aus den Segel nehmen kann. Schlagartig sind Rudys Auftritte ausverkauft, das Publikum johlt und applaudiert, er nimmt Platten auf, die zu Bestsellern avancieren. Ein zweiter Sammy Davis Jr. ist er dennoch nicht.
Zum großen Durchbruch fehlt eine Sache: Rudy muss im Kino zu sehen sein. Also trommelt er kurzerhand ein Team zusammen, ohne jedoch einen Funken Ahnung davon zu besitzen, was benötigt wird, um einen Film umsetzen zu können – nicht einmal für Strom oder fließendes Wasser ist gesorgt. Die Bedingungen des Guerilla-Drehprozesses erweisen sich damit auch als Nukleus der komödiantischen Taktung des Biopics, wenn beispielsweise ein ambitionierter Theaterautor (Keegan-Michael Key, Predator: Upgrade) damit konfrontiert wird, ein Drehbuch verfassen zu müssen, welches sowohl gesellschaftskritisch, gleichzeitig aber auch halbnackte Kungfu-Kriegerinnen und einen Exorzismus beinhalten soll. Dolemite is my Name wirkt dabei wie eine schwungvolle in die afroamerikanische Kultur eingetragene Mischung aus Ed Wood, Bowfingers große Nummer und dem im letzten Jahr angelaufenen The Disaster Artist von und mit James Franco.
Was alle diese Filme vereint und maßgeblich für ihr Gelingen einsteht, lässt sich auch in Dolemite is my Name durchweg wiederentdecken: Das Herz am rechten Fleck. Craig Brewer und sein Autorengespann um Scott Alexander und Larry Karaszewski stellen ihre gerne von Idealismus und Naivität befallenen Charaktere nicht bloß, sondern lassen ihrer entwaffnende Leidenschaft für den gemeinsamen Traum hochleben. Dolemite ist my Name liebt seine Charaktere, was sich auch in den Schauspielleistung niederschlägt. Der sichtlich gereifter Eddie Murphy darf zudem in der Hauptrolle mit einer seiner besten Karriereleistungen auffahren und gibt dem Film nicht nur den nötigen schlüpfrigen Charme als Dreh- und Angelpunkt, sondern verleiht der Geschichte auch eine einnehmend menschliche Aufrichtigkeit, während auch ein Wesley Snipes (Demolition Man) in der Rolle des Regisseurs D'Urville Martin eine hinreißend schräge Performance abliefert. [...]
[...] Das Leben von Michael aber wird sich schlagartig verändern, als ihm der gleichermaßen charmante wie aufregende Alex (Rob Lowe, Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll) über den Weg läuft. Eine schicksalhafte Begegnung, die zu Anfang den Anschein erweckt, als wäre der attraktive Fremde tatsächlich die Person, die Michael so bitter nötig hat, hilft Alex ihm doch, sich von allen Verpflichtungen und Fesseln zu lösen. Nein, viel mehr noch: Alex zeigt Michael auf, wie viel Potenzial zum Aufbegehren eigentlich in ihm schlummert. Die Nachtwelt der Stadt der Engel erstrahlt urplötzlich in ihrer grenzenlosen Fülle an Möglichkeit. Alkohol fließt, Frauen werden abgeschleppt und die bedrängende Verlobte? Auf einer Familienfeier ihrer Eltern schiebt Alex kurzerhand ein Video in den Rekorder, welches Michael beim hemmungslosen Geschlechtsverkehr mit einer anderen Frau zeigt. Jackpot.
Curtis Hanson (L.A. Confidential) erzählt mit Bad Influence – Todfreunde aber nicht nur von einem Weichei, das die Schalen ihres kümmerlichen Daseins platzen lässt. Er erzählt vielmehr vom Preis, den ein Mensch zahlen muss, wenn er den Entschluss fasst, auszubrechen. In diesem Fall nämlich ist Alex keinesfalls der unterstützende Motivator, der ausschließlich nach altruistischen Motiven handelt. Er ist ein verschlagener Psychopath, der Michael sukezessive in ein perverses Spiel aus Macht und Manipulation hineinzieht. Tonal orientiert sich Curtis Hanson, der hier ein Drehbuch von David Koepp (Jurassic Park, Carlito's Way) adaptiert, an der omnipräsenten Düsternis des klassischen Noir-Kinos. Die Charaktere sind durchtrieben und berechnend – und sollten sie immer noch so etwas wie eine moralische Instanz mit sich tragen, so werden sie sich dennoch die Hände schmutzig machen.
Interessant dabei zu sehen ist, wie der durchweg die Luft der 1980er Jahre atmende Bad Influence – Todfreunde die beiden Hauptdarsteller gezielt gegen den Strich besetzt. Während James Spader in der Vergangenheit bereits sinistere Persönlichkeiten porträtieren konnte, darf er sich nun als Protagonist der Geschichte verdient machen und Rob Lowe den Posten des niederträchtigen Gegenspielers überlassen. Das funktioniert durchaus und ermöglicht dem Zuschauer auch einen neuen Blick auf die schauspielerische Bandbreite der Akteure. Allerdings bleibt der Film an und für sich etwas zu zahm und zu glatt im Umgang mit der Konfrontation zweier (eigentlich) von Grund auf verschiedener Männer. Hansons Inszenierung fehlt die schockierende Schärfe, die Dringlichkeit, den gesellschaftlichen Grenzkontakt in aller Gnadenlosigkeit auszuloten. Sehenswert ist Bad Influence – Todfreunde fraglos, aber er hätte durchaus den Mut aufweisen können, bösartiger zu sein. [...]
[...] Denn wo Lake Placid – Der Schrecken aus der Tiefe handlungstechnisch zweifelsohne dem B-Movie-Kino zuzuschreiben ist, bekommt der Film durch seinen namhaften Cast eine regelrechte Veredelung zugesprochen, die sich wahrlich sehen lassen kann. Brendan Gleeson (Am Sonntag bist zu tot) beweist als grummeliger Sheriff erneut sein komödiantisches Talent und liefert sich mit Oliver Platt (Der 200 Jahre Mann), der hier als exzentrischer Krokodil-Liebhaber in Erscheinung tritt, einen wunderbaren verbalen Schlagabtausch („Zur Belohnung dürfen Sie mir die Algen vom Ruder lutschen!“) nach dem anderen ab. Bill Pullman (Lost Highway) und Bridget Fonda (Jackie Brown) wirken da im Vergleich schon weitaus zurückgenommener, dürfen natürlich langsam miteinander anbandeln und geben Lake Placid – Der Schrecken aus der Tiefe durch ihre sympathisch-geerdeten Performances die nötige Authentizität.
Neben dem tollen und überraschend spielfreudigen Ensemble ist es Steve Miners kompetentes Genre-Handwerk, welches Lake Placid – Der Schrecken aus der Tiefe mühelos über den Durchschnitt des Creature Feature-Sujet erhebt. Nicht nur versteht es der Regisseur überaus gekonnt, die Gefahr lange Zeit im Verborgenen zu halten. Das prähistorische Riesenkrokodil, welches hier sein Unwesen treibt, dient dem Film nicht nur als reiner, triebgesteuerter Aggressor, sondern erfährt auch eine gewisse Bewunderung, wenn Hector Cyr (Platt) den Tieren eine mythologische Bedeutungs zuspricht und in ihnen den direkten Draht zu Gott erkennt. Neben seinem Humor – und davon gibt es reichlich – und den wirklich gelungenen Spannungssequenzen, schlummert in dem ungemein kurzweiligen Lake Placid – Der Schrecken aus der Tiefe auch ein moralsicher Grundsatzdiskurs: Warum etwas töten, wenn es doch so einzigartig ist? [...]
[...] Der Erfolg von Psycho II basiert zu einem nicht unwesentlichen Teil auf der Rückkehr von Anthony Perkins. Norman Bates ist seine Paraderolle gewesen, kaum jemand anders wäre eine idealere Besetzung für diesen von gleichermaßen fragilen wie destruktiven Impulsen durchzogenen Charakter. Die emotionale Bandbreite, die Perkins nun auch im Sequel zu meistern hat, ist für den Schauspieler sicherlich auch ein ungemein persönliche Herausforderung gewesen, muss er sich doch seinem Vermächtnis ein weiteres Mal annehmen, es ausbauen, weitergehend enthüllen – und es gelingt ihm. Sein Kampf um ein normales Leben ist gleichermaßen ein nervenaufreibendes Gefecht gegen die eigenen Dämonen. Psycho II lässt seinen Protagonisten dabei nur selten aus den Augen, Richard Franklin und Drehbuchautor Tom Holland (Chucky – Die Mörderpuppe) geht es gezielt darum, das seelische Leid dieser Figur erkennbar nachzuzeichnen.
Fraglos krankt die Qualität Psycho II nicht nur daran, dass er zwangsläufig im Schatten seines übergroßen Vorgängers verkehren muss und damit einem unfairen Vergleich haushoch unterliegt. Die Geschichte selbst gibt sich zusehends überkonstruierten Entscheidungen hin, die dieses eigentlich bescheidende, gekonnt mit stimmungsvoll arrangierten Horror-Elementen versehene Charakter-Drama zu abstrus erscheinen lassen. Eigentlich nämlich erzählt der Film von Schuld und Scham, von Neuanfang und Rückfall, von Verantwortung und den Geistern, die sich einfach nicht aus dem eigenen Wesen vertreiben lassen. Schreckgespenster, deren Schatten sich auch nach zweiundzwanzig Jahren immer noch unheilvoll an die heimischen Wände niederschlagen. Genau so, als wären sie nie weg gewesen. Im Kern erzählt (auch) Psycho II über den immerwährenden Schmerz einer gepeinigten Seele, deren Recht auf Leben ihr bereits in Kindertagen versagt wurde. Schade, dass der Film sich vor allem am Ende in derartigen Kuriositäten verrennt. [...]
[...] Ohne krampfig-bedeutungsschwangere Psychologisierungen zu forcieren geht Halloween Haunt über knapp 90 Minuten seinen garstigen Weg. Wenn die Truppe alsbald erkennt, dass die Attrationen in dem Horrorhaus nicht nur extrem erscheinen, sondern tatsächlich echt sind, verlieren Scott Beck und Bryan Woods keine Zeit, um die verwinkelte Terroranlage, irgendwo im Nirgenwo, zum Schlachthof zu erklären. Oftmals an die Atem- und Hemmungslosigkeit des Exploitationskinos erinnernd, scheint das Regie- und Autorengespann merklich viel Freude daran gehabt zu haben, die diversen Räumlichkeiten samt maskierter (Psychopathen-)Gefahr in Szene zu setzen, um die Studenten nicht nur vor immer neue Rätsel zu stellen, sondern auch, um sie mit kreativen Möglichkeiten des Ablebens zu konfrontieren. Der Weg in die Freiheit muss sich erkämpft werden – und das bedeutet eine nicht zu verachtende Opferzahl auf beiden Seiten.
In diesem Punkt lässt Halloween Haunt ebenfalls nichts anbrennen, denn wenn die grobe Blutwurst erst einmal ihre Runde dreht, Köpfe plätze, Knochen gebrochen und Körper deformiert werden, gibt es kein Halten mehr. Genau dann findet auch kurzweilige Reißer auch ganz zu sich und verbindet Temporeichtum mit Sadismus. In der Brutalität, die vor allem im letzten Drittel des Films ausgelebt und teilweise auch zelebriert wird, merkt man zudem auch den Einfluss von Eli Roth (Hostel, The Green Inferno), der hier als Produzent aktiv gewesen ist. Katie Stevens, die keine herausragende Darstellerin ist, vollbringt es dennoch, die Wandlung vom verstörten Mauerblümchen zur Furie im Blutrausch gekonnt zu porträtieren, weil Scott Beck und Bryan Woods ihre Figur durchweg unter der Berücksichtigung der Genre-Maßstäbe behandeln. Eine bauchige, entschlackte Sause mit keinem Gramm zu viel auf den Rippen. [...]