SoulReaver - Kommentare
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Alle Kommentare von SoulReaver
[...] Regisseur und Drehbuchautor Henry Bean, der mit The Believer den Grand Jury Price des Sundance Film Festivals gewinenn konnte, hat sich von der Lebensgeschichte des Daniel Burros inspirieren lassen. Dieser erlag der Annahme, dass seine Existenz durch den Leidensweg des jüdischen Volkes genetisch vorgeprägt wurde und alle Nachteile auf die Historie seiner jüdischen Konfession zurückgehen. Er schloss sich erst der American Nazi Party unter George Lincoln Rockwell, dem American Hitler, an um später, nachdem er Die Geburt einer Nation gesehen hat, Teil des Ku-Klux-Klan zu werden. Am 31. Oktober 1965 nahm sich der als hochintelligent beschriebene Burros schließlich das Leben. Er war seinem Hass bis zuletzt vollkommen ausgeliefert. The Believer greift diesen innerseelischen Konflikt nun auf und übersetzt ihn in die Gegenwart.
Das Beachtliche gleichermaßen Bewegende an The Believer ist die Entschlossenheit, mit der sich Henry Bean auf die innere Zerrissenheit seines Protagonisten einlässt. Anstatt sich auf einfache Antworten zu verlassen, belässt Bean es bei schwierigen Fragen und erschafft damit einen Charakter, dessen größte Angst es ist, das Gefühl der Leere für immer in sich tragen zu müssen. Sein Zorn ist das Ergebnis tiefgreifender Selbstzweifel. Er kann die Welt, seinen Glauben und sich selbst in keinen harmonischen Einklang bringen, deswegen ist die Zerstörungswut die einzige Ausdrucksform, die ihm hilft, seiner Verlorenheit ein temporäres Ventil zu verleihen. Wie Ryan Gosling diesen schwierigen Charakter zum Leben erweckt, ist ebenfalls beeindruckend: So roh wie fragil verleiht Gosling dieser ambivalenten Persönlichkeit Kontur und Kraft. Durch ihn funktioniert The Believer so blendend und vielschichtig. [...]
[...] Aufgrund dieses Doppellebens ist die Ehe von Harry und Karen nicht nur ordentlich ins Stocken geraten, sondern weitestgehend eingeschlafen. James Cameron (Avatar – Aufbruch nach Pandora) hat sich für seine Action-Komödie aus dem Jahre 1994 von dem französischen Film La Totale inspirieren lassen und liefert ein Feuerwerk an Schauwerten ab, dessen oberster Anspruch es zu sein scheint, beeindruckende Set Pieces aufzubieten, die sich im Verlauf der Handlung immer wieder selbst zu überbieten versuchen. Als Genre-Spektakel versteht es True Lies – Wahre Lügen auch formidabel, überaus vergnüglich auf den Zuschauer einzuwirken. Altbacken wirkt allerdings nicht nur das antiquierte Feindbild, sondern auch der Umgang mit Karens Unzufriedenheit. Dass diese von ihrem ständig abwesenden Mann nämlich nicht nur gelangweilt, sondern auch enttäuscht ist, möchte man hier partout nicht akzeptieren.
Stattdessen – und dafür nimmt sich True Lief – Wahre Lügen auffällig viel Zeit – wird Karen demütigt. Nachdem Harry herausbekommt, dass seine Gattin sich mit dem Autoverkäufer Simon (Bill Paxton, Dämonisch) trifft, dessen Masche es ist, Frauen in den Glauben zu versetzen, er würde sein Geld als Agent verdienen, brennen ihm die Sicherungen durch. Zusammen mit seinem Omega-Sector-Team, so der Name der Behörde zur Terrorbekämpfung, versetzt er Simon nicht nur in Todesangst, er stellt Karen auch in ihrer Verletzlichkeit bloß, in dem er sie in einem entwürdigenden Verhör über ihr „Fehlverhalten“ ausquetscht. Im Vergleich mit diesem Ausbund unsagbar lächerlicher Männlichkeitsvorstellungen, wirken Salim Abu Azizi (Art Malik, Wolfman) und seine terroristische Gefolgschaft als Antagonisten fast schon, nun ja, angestammt und zweckdienlich.
Lupenrein ist True Lies – Wahre Lügen sicherlich nicht, in Wahrheit ist er oftmals irritierend und verwerflich. James Cameron aber ist ein meisterhafter Filmemacher und schafft es trotz aller erzählerischer und ideologischer Verirrungen, diese Agenten-Parodie zu einem einnehmenden Großergeinis zu erheben. Unmöglich ist hier für den blendend aufgelegten und voll im Saft stehenden Arnold Schwarzenegger rein gar nichts, selbst John Rambo würde angesichts der Geschütze, die hier teilweise aufgefahren werden, vor Neid erblassen: Eine berittene Verfolgungsjagd durch ein Luxushotel ist da nur der Anfang. Im großen Finale besteigt Harry dann schließlich sogar ein Kampfflugzeug und mäht alles kurz und klein, was sich ihm und dem Wohle seiner Familie in den Weg stellt. Da offenbart sich True Lies – Wahre Lügen so überzeichnet, dass es eine reine Freude ist. [...]
[...] Natürlich, er muss seine Highschool-Liebe ausfindig machen, um endlich wieder mit sich ins Reine zu kommen und vielleicht auch die berühmte zweite Chance zu ergreifen. Da Mary aber augenscheinlich untergetaucht ist, setzt er den schmierigen Privatschnüffler Pat Healy (Matt Dillon, The House That Jack Built) auf den Fall an – und wie es nun mal so ist, verfällt auch er dem Zauber dieser wunderschönen und intelligenten Frau. Was ich aus dieser Ausgangssituation herausbildet, ist pures Comedy-Gold und doch so viel mehr. Peter und Bobby Farrelly (Dumm und Dümmer), die sich einerseits durch ihren nicht pietät- und geschmackvollen Brachialhumor einen Namen gemacht haben, darüber hinaus aber in ihren Filmen immer sehr viel Verbundenheit zu ihren Charakteren bewiesen. In Verrückt nach Mary perfektionierten sie diese Marschroute endgültig.
Das ungemein Wertvolle an den früheren Filmen der Farrelly Brothers – und Verrückt nach Mary darf sich hier besonders angesprochen fühlen -, ist, dass sie sich trotz derber Gross-Out-Anleihen niemals zynisch gegenüber ihren Hauptfiguren verhalten, sondern den Respekt vor ihren Entscheidungen bewahren. Da kann es dann auch mal passieren, dass eine wüste Zote sondergleichen geschlagen wird, um im nächsten Moment einer durchaus ernsten Note den nötigen Platz einzuräumen. Natürlich amüsieren wir uns über Ted, Pat, Tucker (Lee Evans, Mäusejagd) und Dom (Chris Elliott, Scary Movie 2), die allesamt Mary verfallen sind. Aber sie werden nicht nach Strich und Faden bloßgestellt, sondern als Menschen dargestellt, die schlicht und ergreifend den Extremen ihrer Gefühle ausgeliefert sind. Dass das auch etwas seltsame (Verhaltens-)Blüten an die Oberfläche treibt, versteht sich von selbst.
Verrückt nach Mary begeistert nicht nur durch seine fast schon unverschämte Gagdichte und die damit einhergehende Trefferquote (es gibt keine Pointe, die nicht sitzt), sondern auch durch seine unverstellte Herzlichkeit. Neben einer sehr physischen Art von Situationskomik und einer herrlich unverkrampften Form von Wortwitz, erzählen Peter und Bobby Farrelly hier ungemein vital und temporeich, wie ein klassischer Duckmäuser die Frau seiner Träume für sich erobert. Dafür muss er die tiefsten Fettnäpfchen durchwaten, unfassbare Peinlichkeiten überstehen und in einem Kreis aus Blendern und Stelzböcken ebenfalls die Größe besitzen, zu seinen Fehlern zu stehen. Ben Stiller ist grandios als vom Unglück verfolgter, herzensguter Normalo, Cameron Diaz die absolute Idealbesetzung für Mary und Lee Evans war vermutlich nie besser. Die absolute Sensation aber ist Matt Dillon. So leidenschaftlich muss man sich erst mal zur Prollsau machen. [...]
[...] Eigentlich handelt es sich bei Point Blank um einen zackigen High-Concept-Thriller, der nicht viel Zeit verschwendet, um zur Sache zu kommen. Die Eröffnung ist auch durchaus in der Lage, Lust auf mehr zu machen, wenn der Straßensöldner Abe (Frank Grillo, The Return of the First Avenger) aus dem Anwesen eines Staatsanwaltes flieht und sich daraufhin einen Schusswechsel über sieben Blocks mit seinen Verfolgern liefert. Die Kameraarbeit von Juan Miguel Azpiroz erweist sich dabei als überaus behände, setzt auf Plansequenzen und Dynamik, bis Abe schließlich von seinem eigenen Fluchtwagen über den Haufen gefahren wird. Nun darf sich Krankenpfleger Paul (Anthony Mackie, Avengers 4: Endgame) in Position bringen, um in eine Sache hineingezogen zu werden, mit der kein normaler Mensch in Verbindung gebracht werden möchte.
Vor allem nicht, wenn man – so wie Paul – kurz davor ist, zum ersten Mal Vater zu werden. Seine Freundin allerdings wird entführt und Paul dazu genötigt, Abe dabei zu unterstützen, das Krankenhaus unbemerkt wieder zu verlassen, ansonsten landet eine Kugel im Bauch seiner Liebsten. Point Blank setzt also erst einmal darauf, die ungleichen Charaktere dabei zu begleiten, wie sie irgendwie bemühen, bestmöglich aus dieser verzwickten Situation, die sich im Kern um einen USB-Stick dreht, wieder herauszukommen. Natürlich versucht sich der Film dabei zuvorderst daran, als klassischer Buddy-Movie zu punkten, in dem Abe und Paul sich erst einmal nicht sonderlich wohlgesonnen gegenüberstehen, um dann nach und nach zu merken, dass sie doch durchaus Sympathien füreinander hegen, weil sie beide im Prinzip für das Richtige einstehen. Mehr oder weniger.
Frank Grillo jedoch bleibt bis auf seine stählerne Physis weitestgehend ausdruckslos und schnaubt sich als – immerhin bulliges - Scott-Adkins-Abziehbild durch das Szenario, während Anthony Mackie, der demnächst an der Seite von Sebastian Stan mit Falcon & Winter Soldier seine eigene Serie spendiert bekommt, beweist, dass er Probleme damit hat, eine Hauptrolle adäquat auszufüllen. Macky fehlt es an Charisma und Präsenz, im Zusammenspiel mit Frank Grillo funktioniert der Falcon-Darsteller aber durchaus solide, weil er die pure Muskelkraft seines Kollegen mit einer zurückgenommenen Normalo-Mentalität frequentieren darf. Über die er allerdings im Verlauf der Handlung natürlich das ein oder andere Mal hinauswachsen muss, denn irgendwann steht Paul vor den Entscheidungen, die ihn letztlich dazu nötigen, den Abzug einer Waffe zu betätigen, um das Wohl seiner Familie zu schützen.
Dass Point Blank über seine schmale Laufzeit von nicht einmal 90 Minuten aber einfach keinen echten Spaß machen möchte, liegt daran, dass der Film seine in angenehmer Einfachheit gehaltene Prämisse irgendwann krampfhaft ausplustert. Da geht es dann nicht mehr nur darum, einen USB-Stick von A nach B und Paul zu seiner Frau zu bringen. Es entspinnt sich auch ein furchtbar dröger und erzählerisch wenig ergiebiger Handlungsstrang um korrupte Polizisten, was das Drehbuch von Point Blank wiederholt dazu nötigt, plumpe Haken zu schlagen, die diesen eigentlich kompakten, auf Tempo ausgelegten Action-Thriller unnötig ins Pseudo-Dramatische hochpusten und damit gnadenlos ausbremsen. Schlecht ist Point Blank letzten Endes nicht, aber dass seine wahre Qualitäten in der Genre-Reduktion liegen, hat er leider nicht begriffen. [...]
[...] Nun gibt es für ihn vorerst nur das Rauschen des Meeres und die Einsamkeit des unbewohnten Eilandes. Vorerst, weil sich bald noch ein Volleyball namens Wilson in das Geschehen einmischen wird, dem Chuck ungewollt mit seiner blutigen Hand ein Konterfei schenkt. Das Erfreuliche an durchaus Unerwartete an Cast Awy – Verschollen ist der Umstand, dass es sich bei dem Film um ein reinrassiges Hollywoodwerk handelt, Robert Zemeckis dieses aber nicht als pures Eventerlebnis erzählt. Vielmehr konzentriert er sich auf einen Mann, der sich mit seiner neuen Lebenssituation arrangieren muss und dafür keine Uhr mehr zur Verfügung hat, die seinen Alltag strukturiert. Minutiös zeichnet diese fast zweieinhalbstündige Robinsonade Chucks Suche nach Nahrung, seine Erkundung der Insel, das Errichten eines Schlafplatzes und etwaige Fluchtversuche in beeindruckenden Naturaufnahmen nach.
Es vergehen jedoch ganze vier Jahre, bis Chuck endlich in der Lage, die Insel zu verlassen. Bis dahin ist sein Gesicht von dichtem Bartwuchs umwuchert und seine Wohlstandsplautze einem sehnigen, sonnengegerbten Körper gewichen. Als reine Ich-Konzentration zeigt sich Cast Away – Verschollen bisweilen von wunderbar naturalistischer Insentität und konzentriert sich auf die Dynamiken im Inneren seines Protagonisten, obgleich dieser oftmals etwas zu souverän erscheint. Tom Hanks reißt diesen Film (und damit auch den Zuschauer) durch eine wahrlich formidable One-Man-Show gnadenlos an sich. Selten hat man den zweifachen Oscar-Gewinner aufopferungsvoller arbeiten gesehen, seine Euphorie über das erste entzündete Feuer ist genauso ansteckend, wie seine Trauer über den Abschied von Wilson, dem Volleyball, der unter den bitteren Tränen des hilflosen Chuck auf das offene Meer hinaustreibt.
Überraschend erweist sich auch immer wieder, wie viel Zeit sich Robert Zemeckis nimmt, um Chucks Rückkehr in die Heimat zu dokumentieren. Die Chance, dass er wirklich gerettet werden würde, waren nahezu aussichtslos, durch ein regelrechtes Himmelfahrtskommando mit einem selbstgebauten Floss ist es ihm dennoch gelungen. In Memphis angekommen, muss Chuck als erstes für sich begreifen, dass die Uhren hier nicht stillgestanden haben. Kelly hat einen neuen Partner und inzwischen auch Kinder. Ihr Wiedersehen ist umso ergreifender, weil – und da zeigt sich auch die zwischenmenschliche Reife des Erzählung – ohne Umschweife wieder bewusst gemacht wird, dass die beiden sich inbrünstig lieben, es nach diesen vier Jahren aber keine Möglichkeit mehr für sie gibt, ihre damalige Beziehung wieder aufzugreifen. Sie müssen weitermachen, aber getrennt. Die Hoffnung jedoch steckt darin, dass es überhaupt eine Zukunft gibt. [...]
[...] Den Teil der Bevölkerung, der keine Immunität gegen das Virus aufwies und nicht an dessen Folgen verendet ist, macht nun in der Dunkelheit Jagd auf Menschenfleisch. Diese Kreaturen, eine Mischung aus Vampiren und Zombies, verstecken sich tagsüber in den leerstehenden Stahlträgerruinen, um des nachts unter ohrenbetäubendem Geheul durch die Straßenschluchten des Big Apple zu wüten. I Am Legend aber lässt sich zum Glück Zeit, bevor die Gegenwart dieser brüllenden und grässlich animierten Bedrohung immer stärker in den Fokus gerückt wird. Es sind die ersten 50 Minuten der Regiearbeit von Francis Lawrence (Die Tribute von Panem – Catching Fire), in denen der Film seine gesamte Qualität zum Ausdruck bringt: Als Endzeit-Bestandsaufnahme eines Mannes, der zum (Über-)Leben verdammt wurde. Er ist kein und gleichzeitig doch Opfer der Pandemie geworden.
Was bleibt Robert Neville also noch übrig? Genau, weitermachen, die Möglichkeiten sind unbegrenzt. Das Gaspedal des Mustangs überstrapazieren, zusammen mit der Schäferhundin Sam auf Rotwildjagd gehen, Maiskolben im Central Park ernten, DVDs aus der Videothek ausleihen, Gespräche mit Schaufensterpuppen führen, Ausschau nach Konservendosen halten und Botschaften über das Radio versenden. Vielleicht wird er ja erhört. Wenn es dann dunkel wird, muss sich Robert verbarrikadieren und beten, dass das Tageslicht so schnell wie möglich zurückkehrt. Fast schon entschleunigt, aber immer wieder mit famosen Spannungsmomenten versehen, versteht sich I Am Legend erst einmal als Charakter-Studie und beobachtet diesen von der Welt zurückgelassenen Mann dabei, wie er sich an Hoffnungen bindet, um nicht dem Wahnsinn anheim zu fallen. Sein Hund ist der entscheidende Rettungsanker, um nicht gänzlich zu verzweifeln.
Diese Geschichte, die Francis Lawrence hier erzählt, ist keine neue: Sie basiert auf dem Erstlingsromans Ich bin Legende von Richard Matheson und wurde mit The Last Man on Earth und Der Omega-Mann bereits zweimal mit prominenter Besetzung verfilmt. I Am Legend hätte das Zeug gehabt, zur beste Adaption des literarischen Klassikers avancieren zu können, wenn er sich doch nur mehr auf die meditative Kraft verlassen hätte, die in den Bildern der gespenstischen Betonlandschaft ruht. Stattdessen vermasselt es sich der Film damit, das Einsamkeitsdrama gegen einen handelsüblichen Survival-Actioner auszutauschen. Irgendwann nämlich mischen sich Anna (Alice Braga, Elysium) und ihr Sohn in das Geschehen ein. I Am Legend baut ab diesem Moment nicht mehr nur auf Stimmungen, sondern arbeitet überaus stupide einem Happy End entgegen.
Es hätte so eindrucksvoll werden können, wenn I Am Legend über seine gesamte Laufzeit an die Stille geglaubt und nur gelegentlich einige adrenalingetriebene Sequenzen in den apokalyptischen Alltag von Robert Neville integriert hätte. Am Ende aber gewinnt die christliche Symbolik Oberhand, es muss um Erlösung gehen – und diese Erlösung muss durch eine göttliche Fügung gerechtfertigt sein. Das ist nicht nur überaus rückständig, sondern auch frustrierend, weil in I Am Legend ein überaus gelungener Blockbuster steckt, der so viel mehr hätte bewegen können, als Allgemeinplätze zu bedienen und miese Spezialeffekte auszustellen. Ein Aspekt aber bleibt bis zum Abspann absolut erstklassig: Will Smith. Selten, vermutlich nur in Ali, hat er eine größere emotionale Bandbreite in seinem Spiel derart gekonnt abgedeckt. An ihm erkennt man, dass Hoffnung und Hybris oftmals deckungsgleiche Begrifflichkeiten sind. [...]
[...] Die Suche nach der Wahrheit, die Spooner umtreibt, bildet den Motor, der die – im Kern eigentlich sehr klassisch gehaltene – Kriminalgeschichte antreibt. Alex Proyas, der durch Dark City und The Crow – Die Krähe einen gewissen Kultstatus in der Filmwelt erlangen konnte, greift hier in Ansätzen auf den Roman Ich, der Robot von Isaac Asimov zurück, ein Referenzwerk innerhalb der Science-Fiction-Literatur, unterdrückt die komplexen Gedankenspielen der Vorlage aber zuvorderst durch den Mittel des Blockbusterkinos. Anstatt sich mit den vielschichtigen Themen des Buches zu befassen, welches die Bedeutung des wissenschaftlichen Fortschritts abklopft und Fluch wie Segen einer automatisierten Welt erforscht, ist I, Robot nicht am großen Anspruch, sondern an großen Bildern interessiert. Der visuelle Gestaltungswille erweist sich auch fraglos als überaus einnehmend. Das Chicago der Zukunft, durch das immer wieder unsere Gegenwart durchschimmert, ist ein ungemein lebendiges.
Wenn sich I, Robot aber nicht als futuristisches High-Tech-Action-Vehikel begreift und sich etwas mit den Charakteren beschäftigen muss, wird deutlich, wie schwach vor allem die Figur des Del Spooner geschrieben ist. Als stereotyper Held muss er natürlich mit einem Trauma kämpfen, welches ihn zu der einzigen Person weit und breit macht, die wirklich Zweifel an den Robots mit sich bringt. Wobei Zweifel hier noch milde ausgedrückt ist. Spooner hasst die Maschinen. Nicht, weil sie die Gefahr mit sich bringen, eine Revolution anzuzetteln oder den Menschen nach und nach die Arbeit wegnehmen. Sie erinnern ihn an sein Scheitern. Ein durchaus interessanter Punkt, der in I, Robot jedoch äußerst stiefmütterlich respektive fadenscheinig dafür benutzt wird, um Will Smith zu einer sehr nützlichen Superkraft zu verhelfen.
Den Kampf um das ausgeprägteste Charisma gewinnt hier allerdings fraglos Sonny (Alan Tudyk, Ritter aus Leidenschaft), ein Robot-Typ NS-5, der äußert, Träume und Gefühle zu haben. Über seine Figur bemüht sich I, Robot, etwas Tiefe in das auf Effekte und Schnelligkeit ausgelegte Szenario zu bringen, was aufgrund der Emotionen im Zwietracht, die sich in Sonnys Inneren abspielen, auch zuweilen durchaus gelingt. Der Umgang mit der selbstzerstörerische Herrschaft des Menschen und die logische Konsequenz daraus, die Geschöpfe hervorbringt, die sich irgendwann gegen ihren Schöpfer wenden, bergen inhaltlich das meiste Potenzial. Hier gelingt es Alex Proyas teilweise in empathischer Art nachzuzeichen, wie sehr man seinem eigenen Willen ausgeliefert ist – und wie bedrückend es ist, sich diesem zu widersetzen. Auch, wenn es das Richtige ist.
So begegnet I, Robot nicht nur der destruktive Kraft von Vorurteilen, er richtet seinen Blick auch auf das allgemeine Recht auf Leben – in diesem Fall eben im Kontext einer Sci-Fi-Erzählung, in der die Allgegenwart von Roboter vollkommen zur Gewohnheit geworden sind. Mag I, Robot letzten Endes auch Hochglanz-Kommerzkino bleiben, in dem Will Smith die Muskeln spielen lassen darf, so hat Alex Proyas hier dennoch einen überaus soliden Genre-Vertreter inszeniert, der sein Potenzial nicht ausnutzt, in kleinen, introspektiven Momenten aber durchaus aufzeigt, welche Qualität in ihm schlummert. Da nervt letzten Endes nur das unfassbar penetrante Product Placement, mit dem hier nicht nur die Automarke Audi wann immer es geht in Szene gesetzt wird, sondern auch die Converse Chucks, die hier regelmäßig angepriesen werden dürfen. [...]
[...] Nachdem Casey auf dem Footballfeld einen seltsamen Organismus entdeckt, bei dem es sich nur um eine außerirdische Spezies handeln kann, werden die seltsame Vorgänger innerhalb der Highschool immer deutlicher: Irgendeine unbekannte Macht scheint Besitz von den Menschen hier ergriffen zu haben, um auf ein noch höheres Ziel hinzuarbeiten. Neben Casey und Stan kommen auch der Dealer Zeke (Josh Hartnett, Pearl Harbor), die aggressive Stokely (Clea Duvall, 21 Gramm), die Schulschönheit Delilah (Jordana Brewster, The Fast and the Furious) und Marybeth (Laura Harris, Suicide Kings), die Neue, nach und nach hinter der Geheimnis und müssen schnellstmöglich alle Hebel in Bewegung setzen, um der extraterrestrischen Invasion ein Ende zu setzen. Nur wem kann man noch vertrauen? Die Wasser-süchtigen Aliens nämlich nisten sich in den menschlichen Körpern ein und nutzen diese als Wirt. Oberflächlich scheint alles weitestgehend normal.
Robert Rodriguez und Kevin Williamson (Drehbuchautor von Scream – Schrei!) erweisen mit The Faculty natürlich zuvorderst den Body Snatcher-Klassikern der 1950er Jahre die Ehre und transportieren das Genre geradewegs in die 1990er Jahre. Deswegen sind sich die Protagonisten nicht nur teilweise im Klaren darüber, nach welchen Regeln die Körperfresser-Mythologie funktioniert, sie können auch verschwörerische Überlegungen dahingehend anstellen, ob die Alien-Filme aus Hollywood nicht eigentlich als Ablenkungsmanöver gedacht waren, damit die Welt nicht mehr daran glaubt, wenn sich die auf der Leinwand dargebotenen Szenarien irgendwann bewahrheiten. Rodriguez beweist erneut viel Leidenschaft für das Ausstellen von Zitaten und Verweisen, kann sich durch seinen wirklich gut aufgelegten Cast darüber hinaus aber auch durchaus sicher sein, dass sein The Faculty als losgelöster Sci-Fi-Horror ebenfalls einiges an kurzweiliger Spannung generiert.
Vor allem pflegt Robert Rodriguez hier einen liebenswerten Hang zum Trash und versteht The Faculty nicht nur als augenzwinkernde Abrechnung mit Highschool-Telenovelas, sondern lässt auch die Liebe zu analogen Effekten hin und wieder aufleben, die genau jenes Kino wieder zurück ins Bewusstsein befördern, welchem Rodriguez hier eigentlich Tribut zollt. Obwohl derartige Geschichten natürlich auch immer als gesellschaftliche Metapher herhalten müssen und The Faculty unter diesem Blickwinkel selbstredend eine Lesart hergibt, verzichtet der Film darauf, sich zwanghaft seriös geben zu wollen und definiert sich über seine 100-minütige Laufzeit als temporeicher Überlebenskampf, vollgestopft mit Referenzen und in den richtigen Momenten von einem fast schon cartoonesk erscheinenden Gemüt beseelt. Das offenbart dann zwar in Gänze nichts wirklich Erinnerungswürdiges, ein schöner Spaß für zwischendurch ist The Faculty jedoch immer wieder. [...]
[...] Für diesen konnte man nun auch Genre-Legende Lee van Cleef (Zwei glorreiche Halunken) zurückgewinnen, der Sabata bereits im ersten Teil ein Gesicht verleihen hat und als übermächtiger, quasi unbesiegbarer Pistolero genau das tat, was er am besten kann: Schurken um ihr Diebesgut erleichtern und es sich selbst unter den Nagel reißen. Mit Sabata kehrt zurück, der – wie die gesamte Reihe – von Gianfranco Parolini (Sartana – Bete um deinen Tod) inszeniert wurde, finden wir unseren titelgebenden Revolverhelden erst einmal als Hauptattraktion eines Wanderzirkus vor. Inmitten eines fast schon surreal angehauchten Lichtspiels liefern Sabata und seine Kollegen der Zuschauerschaft eine bleihaltige Show, die die Präzision und Geschicklichkeit des omnipotenten Schützen im Zentrum des Geschehens noch einmal unter Beweis stellt: Keiner zieht schneller als Sabata, keiner ist treffsicherer als Sabata.
Nachdem wir uns diese Tatsache wieder ins Gedächtnis gerufen haben, darf sich Sabata mit Clyde (Reiner Schöne, Die vierte Macht), einem alten Armee-Kameraden zusammen tun, um sich Geld zu schnappen, welches ihnen nicht gehört. Gianfranco Parolini inszeniert Sabata kehrt zurück erneut mit großer Freude am Aktionismus und lässt fast im minütlichen Turnus die Revolver knallen, die Fäuste fliegen oder Explosionen bersten. Dass der nunmehr letzte Teil der Sabata-Serie aber nicht so richtig funktionieren möchte, liegt zum einen an dem bekannten Problem, dass der Protagonist einfach zu überlegen ist, als dass man wirklich der Vermutung anheim fällt, er könnte in eine Falle laufen. Auf der anderen Seite aber übertreibt es Sabata kehrt zurück mit den ausgestellten Albernheiten: Anstatt das Genre zu parodieren, verkauft er es zuvorderst nur für dumm.
Handwerklich aber zeigt sich Gianfranco Parolini wie gewohnt in guter Verfasung: Mag die Geschichte auch noch so zerfahren und konfus arrangiert sein, die Action braust zackig und technisch solide über die Mattscheibe, während der mit allen Wassern gewaschene Charme von Hauptdarsteller Lee van Cleef vollkommen ausreicht, um einen solchen Film mühelos zu tragen. Auch wenn Sabata kehrt zurück auch oftmals wie eine der Hau-Drauf-Klamotten von Terence Hill und Bud Spencer wirkt, der launige Auftritt von Lee van Cleef schenkt dem Ganzen immer noch mehr als Klasse ein als sie ähnlich gepolte Genre-Verwandte für sich beanspruchen könnten. Alles weitere erledigt der herrlich quirlige Score von Marcello Giombini und Bruno Nicolai sowie die bisweilen interessante Kameraarbeit von Alessandro Mancori, die sich auch vor unkonventionellen Perspektiven nicht scheut. [...]
[...] Bisher hat sich Don Mancini im Chucky-Universum als Drehbuchautor und Ideengeber verdingt und war somit die kreative Triebkraft, um eine der bekanntesten Horror-Ikonen zu entwickeln. Bei Chucky's Baby hat es sich der Schöpfer nun selbst auf dem Regiestuhl gemütlich gemacht und knüpft an die Marschroute an, die Chucky und seine Braut ganze 6 Jahre zuvor forciert hat: Frischzellenkur und Kurskorrektur sind die obersten Gebote. Die Zeiten, in denen Chucky noch ein schleichendes Mini-Monstrum im Schatten gewesen ist, gehören lange der Vergangenheit an, stattdessen dreht Chucky's Baby die Klamauk-Regler nun endgültig bis zum Anschlag auf und serviert uns eine grotesk-alberne Eigeninterpretation von Wes Cravens Meilenstein Scream – Schrei!: Der Messer-schwingende Winzling ist nicht nur im Meta-Zeitalter angekommen, sondern auch in Hollywood.
Hier sind er und seine Liebste nun die Hauptakteure einer prominenten Horror-Reihe, während Jennifer Tilly, die sowohl erneut Tiffany spricht als auch sich selbst spielt, alle Hebel in Bewegung setzen möchte, um endlich wieder eine attraktive Rolle an Land zu ziehen – wie zum Beispiel die Jungfrau Maria im Bibel-Epos von Redman. Nun ja... Gleichzeitig möchte auch Shitface, so vorerst der Name der Puppen-Brut, endlich in Erfahrung bringen, wer denn nun eigentlich seine wahren Eltern sind, was ihn geradewegs in die Traumfabrik führt. Anders als zu erwarten, wurde Chucky Junior vom Killerinstinkt seiner Erzeuger verschont und tritt als weinerliches Sensibelchen auf, welches gerne knuddelt und sich hin und wieder auch mal vor Schreck in die Hosen macht: Das Töten ist für ihn nur ein immer wiederkehrender Alptraum.
Tatsächlich ist es durchaus amüsant mitanzusehen, wie der kleine Pumuckl-Verschnitt, der später von seiner Mutter Sweetface gerufen wird und sich danach aussuchen kann, ob er Glen oder Glenda sein möchte, mit seinen berühmt-berüchtigten Eltern interagiert. Don Mancini ist sich dabei für keinen Schlag unter die Gürtellinie zu schade und nutzt das Meta-Konzept nicht dafür, um sich über die immer obskurer ausfallende Mythologie der Chucky-Serie auszulassen, sondern, um Hollywood und sein Starsystem bloßzustellen. Vor allem Jennifer Tilly darf sich hier natürlich ordentlich selbst aufs Korn nehmen und beweist eine durchaus sympathische Selbstironie, wenn sie mangelnde Jobangebote, Affären und etwaige Gewichtsprobleme ins Visier nimmt. Man muss sich allerdings von vornherein im Klaren sein, dass Chucky's Baby dabei niemals sinnstiftend sein möchte.
Weder als Satire, noch als Genre-Flic. Don Mancini hingegen dreht vollkommen frei und lässt kaum eine Szene ohne hemmungslose Zote auskommen. Chucky's Baby ist Quatsch zum Quadrat, aber vielleicht ist genau dies der richtige Weg, um den bereits überaus komödiantischen Vorgänger noch einmal in jeder Hinsicht zu überbieten und dadurch im nächsten Teil wieder den Blick auf das Wesentliche, die Wurzeln zu richten. Gelungen im eigentlichen Sinne ist Mancinis erste Regiearbeit mit Sicherheit nicht, aber dieser unverhohlene Nonsense hat etwas befreiendes, weil er aufzeigt, dass man sich auch bei einer so prominenten Marke wie Chucky – Die Mörderpuppe nicht auf erzählerische Zwänge einlassen muss. Also, einfach frei Schnauze, und wenn man John Waters als Paparazzo sehen möchte, dann besorgt man ihn sich einfach. [...]
[...] Vor allem aber ist Gangs of New York eine Geschichte der tief in unserem Wesen verwurzelten Gewalt. Fernab vom Gründermythos, Siedlerromantik und dem Streben nach Glück, hat Martin Scorsese diesen Film in ein Amerika entlassen, deren nationales Bewusstsein nach dem 11. September stärker gefestigt werden wollte als je zuvor. Vielleicht erscheint es in Anbetracht dieser Umstände fast schon ein Stück weit nachvollziehbar, warum Gangs of New York so rigoros an den Kinokassen scheitern musste – ein Massenpublikum konnte der selbst aus New York stammende Filmemacher ohnehin noch nie für sich begeistern. Tatsächlich jedoch ist genau dies der Scorsese, den man unbedingt auf der Leinwand sehen muss: Die Ausstattungswut, mit der hier das historische New York eingefangen wird, ist phänomenal. Die Kulissen, die Kostüme, die Kamera, die Musik. Man kann das Blut, den Dreck, die Unmoral förmlich auf der Zunge schmecken.
Herzensprojekte – und Gangs of New York war eines von Martin Scorsese, für das er sich über mehrere Dekaden hinweg eingesetzt hat – sind allerdings prädestiniert dazu, um Herzen zu brechen. Und damit ist nun nicht nur die schwierige Produktion, das schwache Ergebnis am Box-Office oder die zehn Nominierung für den Academy Award, von denen in keiner Kategorie eine Trophäe gewonnen werden konnte, gemeint. Dass Gangs of New York nicht zu den cineastischen Siegeszügen im Schaffen von Martin Scorsese zählt, liegt daran, dass er ausschließlich gewöhnlichen Erzählmechanismen folgt – und sich in diesen auch noch sprunghaft formuliert. Gerade in der zweiten Hälfte überschlagen sich die Ereignisse regelrecht. Das Tempo wird dabei unvorteilhaft angezogen, was den Eindruck erweckt, dem Film würde die Zeit davon laufen, das Geschehen irgendwie sauber zu seinem Ende bringen zu können.
Ja, Gangs of New York wirkt ungelenk – und ist dennoch ein faszinierend-archaisches Sittengemälde geworden. Die Wirkungsmacht der Impressionen eines New Yorks im blutverkrusteten Reifeprozess sind berauschend und verweisen auf ein Land, welches sich noch schmieden lassen muss. Bis heute. In einem Zustand, in dem die Rechtlosigkeit herrscht, werden Probleme mit dem Messer gelöst; Meinungsverschiedenheiten ziehen Tote nach sich, die Five Points bilden das Tor zur Hölle – und William Cutting ist der dandyhafte Teufel, der es sich hier auf seinem Thron gemütlich gemacht. Als grausamer Schlachter, der alles ablehnt, was Amerika zu einem souveränen Land erheben könnte, wird er zur Symbolfigur eines gesellschaftliches Gefüges, in dem die Furcht das eindrucksvollste Machtinstrument ist. Wie Daniel Day-Lewis diesen Charakter interpretiert, wie er ihn seiner Rohheit und seinem Schmerz greift, ist schlicht und ergreifend atemberaubend. [...]
[...] Und wie schon in Desperado dient die Eröffnung von Irgendwann in Mexico erst einmal dazu, die weitläufige Legende rundum den Mariachi (Antonio Banderas, Die Maske des Zorro) zu befeuern. Das kann man nun altbacken finden, passt aber in erzählerische Konzept der El Mariachi-Welt, in der sich Robert Rodriguez vordergründig damit beschäftigt, Mythen zu bestätigen und neue Mythen zu erschaffen. Im Gegensatz zum Vorgänger konnte Rodriguez nun auf das fast vierfache Budget zurückgreifen, was offensichtlich die Ambition in ihn geweckt hat, all die Einfälle in dem Szenario unterzubringen, die ihm seit Jahren vermutlich schon im Kopf herumkreisten. Das beginnt allein schon mit der fast durchweg hochkarätig besetzen Fülle an Charakteren, die sich hier in einer politischen Verschwörung wiederfinden, in der Liebe, Rache, ein Staatsstreich und gutes Essen die tonangebenden Einheiten darstellen.
Robert Rodriguez überlädt respektive überspannt seinen Irgendwann in Mexico etwas zu deutlich und erweckt damit zu oft den Anschein, es würde sich hier um eine reinrassige Nummernrevue oder den Best-of-Zusammenschnitt mexikanischer Exploitation handeln: Es passiert ständig etwas, Explosionen, große Gesten, verwegene Wortwechsel. Die Geschichte befindet sich durchweg in Bewegung, aber sie wirkt inkohärent, was die Bewegung in keine klare Richtung kanalisiert. Eine Ansammlung von Coolness durchtränkter Action macht am Ende des Tages keinen Unterschied, wenn man sie als actiongeladene Coolness verkauft – es bleibt so oder so eine fahrig-wüste Ansammlung aus Eindrücken und Eingebungen. Dennoch haben wir es hier immer noch mit einem Projekt von Robert Rodriguez zu tun, und der inszenatorisch bekanntlich mit allen Wassern gewaschen ist. In diesem Fall wohl mit Feuerwasser.
Obgleich sich Irgendwann in Mexico etwas auch zu überfrachtet formulieren mag, so ist es doch erneut eine cineastische Freude, in die Rodriguez'eske Mythenlandschaft abzutauchen, in der bleihaltig-blutspritzende Schusswechsel, ikonische Posen, detailverliebte Referenzen und eine berückende Ästhetik an der Tagesordnung stehen. Zum ersten Mal hat Rodriguez hier indes mit High-Definition-Kameras gearbeitet – und das Ergebnis ist absolut formidabel. Die durchstilisierten Fotografien sind keinesfall artifiziell, sondern plastisch, körnig, von einer – um beim Thema zu bleiben - fast mythischer Schönheit beseelt, in der man sich verlieren möchte. Sie sind verantwortlich dafür, um den Zuschauer in den hitzigen Bann des Geschehens zu ziehen und Robert Rodriguez bei der Verwirklichung seiner Vision die bestmögliche Plattform zu geben, auf der Legenden noch Legenden sein dürfen. [...]
[...] Mit Geschichten ist das ja bekanntlich immer so eine Sache: Wenn sie gut klingen und ordentlich Eindruck schinden können, dann trägt man sie natürlich gerne in die Welt hinaus, schmückt sie aus, baut neue Pointen in sie hinein und betrachtet die Wirkung seiner Worte in den Gesichtern der Zuhörer, um damit einen Mythos zu erschaffen, dem man selbst schon am meisten verfallen ist. Robert Rodriguez (The Faculty) inszeniert Desperado nach einem sehr ähnlichen Prinzip, macht sich zu Anfang aber erst einmal einen Spaß daraus, nachdem sich herausstellt, dass der Mann ohne Namen mit dem sagenumwobenen Mariachi (Antonio Banderas, Die Haut, in der ich wohne) unter einer Decke steckt. Die Geschichte aber war zu packend erzählt – und trug vor allem durchweg das nötige Etwas Wahrheit in sich.
Deswegen gingen wir ihr gerne auf den Leim. Dass dieser Mexikaner wirklich für Blutbäder sorgen kann, wird sich noch einige Male im Laufe der etwas mehr als 100-minütigen Laufzeit bestätigen. Überlebensgroß ist er deswegen aber noch lange nicht, auch er blutet, wenn Kugeln in seinen Körper einschlagen. Robert Rodriguez zeigt großen Gefallen daran, den Bogen zu überspannen, wenn er seine bis ins kleinste Detail durchkomponierten Schusswechsel in Szene gießt. Mit der Realität haben diese tänzerischen (Todes-)Choreographien natürlich nichts zu tun. Die Wahrheit beziehungsweise die Wahrhaftigkeit aber erhält ebenfalls Einzug in diese Geschichte, wenn es schließlich nicht mehr nur darum geht, den Tod einer alten Liebe zu rächen, sondern darum, sich der Chance auf eine neue Leidenschaft hinzugeben. Carolina (Salma Hayek, Wild Wild West), schärfer als jedes Chili, betritt die Bühne.
Robert Rodriguez ist es in seinem erst zweiten abendfüllenden Spielfilm spürbar daran gelegen, die Reaktionen des Zuschauers in Erfahrung zu bringen, was ihn dazu anhält, diese möglichst groß ausfallen zu lassen. Und das ist ihm überaus gelungen, denn Desperado ist astreines Schauwertkino geworden, welches den Zuschauer aus zwei Gründen ins Staunen versetzt. Einerseits sind es die formidablen Action-Sequenzen, mit denen sich Rodriguez inmitten der schwülen Neo-Western-Atmospähre vor der überstilisierten Ästhetik des klassischen Heroic Bloodshed verbeugt. Ebenso beeindruckend erweist sich aber die ökonomische Arbeitsweise, mit der Robert Rodriguez dieses stürmisch-feurige Kugelballett verwirklichen konnte, denn obgleich er gezwungen war, mit einem verhältnismäßig überschaubaren Budget von gerade einmal 7 Millionen US-Dollar hauszuhalten, wirkt Desperado weitaus hochwertiger. Daran lässt sich das Talent des Filmemachers festmachen.
Die finanziellen Einschränkungen dienen Robert Rodriguez als kreativer Treibstoff und nicht als Blockade. Die Fabulierlust, mit der sich Desperado artikuliert, ist dabei schlichtweg ansteckend und mitreißend. Nicht nur, weil das Geschehen immer in Bewegung bleibt, sondern, weil sich Rodriguez einfallsreich gibt und sich nicht allein auf Referenzen ausruht. Er sucht gleichwohl nach Bildern, die es in dieser Form noch nicht gegeben hat. Damit ist natürlich auch Hauptdarsteller Antonio Banderas gemeint, der sich zuvor als Charakterdarsteller im spanischen Kino (vor allem unter Pedro Almodovar) bewiesen hat und mit Desperado seinen ersten Actionfilm verantworten musste. Dass ihm das so wunderbar gelungen ist, liegt an seiner natürlichen Spannung aus Coolness und Subtilität: Banderas ist glaubwürdig, wenn er die Waffen sprechen lässt, aber er ist genauso betörend, wenn er sich im Rausch der Sinne der anbetungswürdigen Salma Hayek hingibt. [...]
[...] Calvin Barr ist deshalb auch kein von der Öffentlichkeit gefeierter Held, dem Denkmäler errichtet und Ehrentage gewidmet wurden. Er ist trotz seiner Handlung vollkommen in der Bedeutungslosigkeit versandet und muss seinen Lebensabend als alter Mann (gespielt von Sam Elliott, A Star is Born) mit der Tatsache verleben, ein Mörder zu sein. Letztlich auch aus dem Grund, weil Deutschland und Amerika gleichermaßen dazu beigetragen haben, diese Tat zu vertuschen. Wer sich von The Man Who Killed Hitler and Then The Bigfoot – und das suggeriert der Titel natürlich - einen abenteuerlichen, ins Skurille und Absurde ausschlagenden Trash-Luftikus erhofft, der wird dementsprechend enttäuscht. Robert D. Krzykowski ist das Exlpoitationskino zwar geläufig, aber er möchte es nicht bedienen. Stattdessen erzählt vom Preis universeller Mythenbildung.
Im stetigen Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit, gewährt The Man Who Killed Hitler and Then The Bigfoot dem Zuschauer wiederholt Einblick in Calvins Zeit während des zweiten Weltkrieges, um daraufhin die Konsequenzen in der Jetztzeit aufzuzeigen: Wenn Calvin sein endgültig im Durchschnitt angekommenes Leben Revue passieren lässt, dann brechen in ihm Gefühle der Reue und der Leere Bahn. Auch der billige Fusel in heruntergekommenen Spelunken leistet dort keine Abhilfe. Einen Menschen umzubringen, das bringt nichts Heroisches mit sich. Auch wenn die ganze Welt der Überzeugung erliegen mag, dass dieser Mensch den Tod verdient hat. In gewisser Weiser ist allerdings auch Calvin ausgelöscht in den Moment worden, als er Adolf Hitler jeweils eine Kugel in Brust und Kopf verpasst hat, denn seine Existenz musste von nun an verleugnet werden.
Als er Regierung angefragt wird, den Bigfoot, jene Bestie nordamerikanischer Folklore, um die sich seit Jahrzehnten die wüstesten Sagen ranken, auszuschalten, sieht er sich mit dem Teil seiner Natur konfrontiert, den er am meisten verachtet: Der Teil, der in der Lage ist, zu töten. Der Bigfoot überträgt eine mysteriöse Seuche, die die gesamte Menschheit hinrichten könnte, Calvin Barr muss also so schnell wie möglich aktiv werden. Angenehmerweise unterläuft Robert D. Krzykowski auch hier die Erwartungshaltung des Zuschauers und verfällt niemals stumpfer Kolportage, sondern beschreibt mit dem zweiten Einsatz des Mannes, der Hitler getötet hat, seine Suche nach endgültiger Erlösung. Das ist tonal nicht immer ausgegreift, für ein Debütwerk aber ein durchaus stimmungsvoll-bedächtiges Charakter-Portrait, dem natürlich erst der tolle Sam Elliott die nötige Grandezza verleiht. [...]
[...] Alsbald trifft Danko dann auch auf Rosta, wie es das Schicksal aber so will, kann der Rauschgifthändler nicht nur entwischen, er tötet auch noch einen Kameraden von Danko und setzt sich daraufhin in die Vereinigten Staaten ab, um von dort aus eine fünf Millionen US-Dollar schwere Kokainlieferung in die UdSSR zu überführen. So jedenfalls sein Plan, allerdings hat sich Danko ebenfalls in Richtung Westen aufgemacht, um Rosta endgültig zu stoppen. Regisseur Walter Hill (Die letzten Amerikaner) entwirft mit Red Heat einen Oldschool-Actioner nach Maß: Ohne sich mit den politischen und damit auch ideologischen Hintergründen ernsthaft zu beschäftigten, geht es dem Film ausschließlich darum, Danko dabei zu begleiten, wie er seinen Auftrag erfüllt und Rosta zur Strecke bringt. Dafür greift Hill in gewisser Weise auf seinen 1982 entstandenen Nur 48 Stunden zurück.
Denn auch Red Heat versteht sich als komödiantisches Buddy-Movie, in dem die Dynamik zwischen den beiden Hauptdarsteller immer mehr in den Vordergrund gerückt wird. Während Arnold Schwarzenegger ganz wunderbar das stoische, durch und durch linientreue Eisenkinn gibt, wird ihm mit James Belushi (Mein Partner mit der kalten Schnauze) als Sgt. Arthur Ridzik ein sogenannter „Experte im Scheiße bauen“ an die Seite gestellt, der sein Wissen über Russland erst einmal aus dem Klassiker Doktor Schiwago bezieht. Bis auf ihren Beruf vereint diese beiden Männer rein gar nichts, was die Jagd auf Rosta und seine Gehilfen immer wieder mit herrlich lakonischem Wortwitz anreichert. Die Chemie zwischen Schwarzenegger und Belushi ist es fraglos, – und darauf basiert das Konzept eines jeden Buddy-Movies – die Red Heat auch heute noch zur launigen Genre-Erfahrung erhebt.
Mag Walter Hill hier mit Sicherheit auch keine seiner inszenatorischen Sternstunden abliefern, sein altmodisch-souveränes und gleichermaßen wegweisendes Gespür für stimmungsvolles Action-Handwerk kommt auch in Red Heat zur Geltung, während Donka nebenbei noch eine Art Kulturschock zu überstehen hat: Zum ersten Mal in seinem Leben kommt er mit dem wahren Gift des Westens, dem Kapitalismus, in Berührung. In der traditionsreichen Galerie klassischer Buddy-Movie-Vertreter zieht Red Heat gegen den beispielsweise ein Jahr zuvor erschienenen Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis zwar deutlich den Kürzeren. Ein kerniges Vergnügen aber ist es auch hier mit anzusehen, wie Schwarzenegger und Belushi nach und nach beginnen, sich nicht nur gegenseitig zu respektieren, sondern auch gewisse Sympathien füreinander zu hegen. Das mag nicht weltbewegend sein, ist aber fraglos sehenswert. [...]
[...] Der Liquidator beginnt in Suriname, wo Molloch (Joseph Maher, Sister Act – Eine himmlische Karriere), der Teufel im weißen Kittel, der von allen nur „Der Doktor“ genannt wird, verschiedenen Verhörexperten aus aller Herren Länder einen Vortrag darüber hält, wie man Geist und Körper von Menschen möglichst effektiv zerstört, nur um kurz darauf vorzuführen, wie meisterhaft er sein Terror-Handwerk doch versteht: Der Journalist Jorge Hidalgo, der Malloch aufhalten wollte, wird zu Tode gefoltert. Der blutüberströmte Körper des sich vor Schmerzen windenden Mannes zeigt sehr adäquat auf, in welche Richtung sich Der Liquidator über eine Laufzeit von 90 Minuten entwickeln wird. Gefangene werden hier nicht gemacht. Erst recht dann nicht mehr, nachdem Holland (Bronson) eingeschaltet wird, um Molloch endlich in die ewigen Jagdgründe zu schicken.
Einerseits aus Rache, denn begleitet wird ihn Jorges ständig jammernde Ehefrau Rhiana (Theresa Saldana, Wie ein wilder Stier), andererseits im Dienste der Menschlichkeit, dem Charles Bronson hier mit Wurfmesser, Revolver und abgesägter Schrotflinte die Ehre erweist. Beachtlich, wenn auch wenig verwunderlich in Anbetracht des hier agierenden Personals, erweist sich im Verlauf der Handlung die fast schon ulkige Gegebenheit, dass J. Lee Thompson über die Figur des Doktors Menschenrechtverletzungen kritisch betrachten möchte, mit Holland aber eine Ein-Mann-Armee ins Spiel bringt, die sich nicht minder menschenverachtend verhält: Der wickelt auch mal den Löschschlauch des Wandhydranten um den Hals eines Fieslings und wirft diesen darauf aus dem zehnten Stock. Einfach nur so, als Zeichen. Strafe muss sein. Fragen bezüglich seiner moralischen Grundsätze kann dieser Holland ohnehin nur belächeln.
Letztlich hebt sich Der Liquidator, auch im Angesicht des historischen Rahmens, den das Drehbuch letztlich nur aus fragwürdigen Gründen bemüht, nicht aus der Masse obligatorischer Selbstjustiz-Reißer, für die sich Charles Bronson in jenen Jahren mit Vorliebe eingesetzt hat. Allerdings gibt es kaum einen Bronson-Klopper, der derart in die gewalttätigen Vollen geht, wie es Der Liquidator tut. In Sachen unverhohlener Brutalität kann man höchstens noch Death Wish II aus dem Jahre 1982 heranziehen, wohlgemerkt der einzige Teil der Reihe, der immer noch auf dem Index steht. Ansonsten aber erweist sich dieser Vergeltungsfeldzug mitten durch die Verheerungen Lateinamerikas als rustikal-reduzierter, durch und durch grimmig-primitiver Amoklauf eines gnadenlosen Schlächters, der das Prinzip der Gerechtigkeit noch nach seinen eigenen Vorstellung formt. [...]
[...] Wer Only God Forgives oder The Neon Demon gesehen hat, der weiß, dass die Charaktere unter der Ägide von Nicolas Winding Refn nie wirklich nur für sich stehen, sondern eine höhere Bedeutung für sich beanspruchen. Sie entwachsen dem Gefüge aller irdischen Gesetzmäßigkeiten, ihre Existenz funktioniert nur selten zwischen Himmel und Hölle. Sie geht darüber hinaus. Die Charaktere sind mehr Prinzipien in einer moralisch verwahrlosten Welt, von echter Menschlichkeit ist oftmals keine Spur mehr zu finden, stattdessen sind sie vielmehr Gefäße, denen Refn die entsprechenden Triebe, Farben, Symbole zuordnet. In Too Old To Die Young treibt er diese künstlerische Gangart nun auf die Spitze und chiffriert unser Dasein zu einem gleichermaßen abstoßenden wie faszinierenden Paralleluniversum, in dem David Lynch (Twink Peaks) und Alejandro Jodorowsky (El Topo) genauso präsent sind wie die Verachtung gegenüber dem Trump-Amerika.
Too Old To Die Young ist ein bisweilen unverschämtes Potpourri aus Genre-Sterotype, die im Verlauf der Handlung einfach nicht bestätigt werden, sondern konsequent unterlaufen oder gleich gänzlich bloßgestellt, um sich darüber hinaus als Konglomerat aus diversen kulturellen, film- wie kunstgeschichtlichen und biblischen Bezügen zu verstehen. Natürlich meistens sehr kryptisch gehalten oder ins Absurde ausbrechend, seinem Lieblingsthema aber schwört Refn weiterhin die Treue: Der Gewalt. Und in diesem Fall dringt er bis zu ihrer Wurzel vor. Und die Gewalt, mit der Too Old To Die Young auffährt, wird – wie alles an dieser Serie – viele Zuschauer an ihre Grenzen bringen, weil sie genauso ästhetisch wie auch verstörend ist. Nicolas Winding Refn verschleppt die erzählerische Geschwindigkeit oftmals bis zum Stillstand, zeitweise wirkt diese gar rückwärtslaufend.
Wie eine formvollendete Aneinanderreihung von Gemälden, musikalisch bombadiert von Synth-Mastermind Cliff Martinez, reizt Nicolas Winding Refn die Geduld des Zuschauers schonungslos aus, brilliert mit audiovisuellen Kompositionen, die einen derart perfektionierten Gestaltungswillen aufweisen, dass einem ob all der elaborierten Kameraschwenks, den sensationellen Überblendungen und exakt aufeinander abgestimmten Neonfarben zwangsläufig schwindelig werden muss. All das unterliegt aber dem Gesetz der Bewegungslosigkeit. Der Plot wird soweit ausgedünnt, bis er endgültig durchsichtig ist. Die Fotografien erstarren in Statik. Too Old To Die Young ist schlafwandlerischer Existenzialismus, der immer wieder in eruptiver Brutalität und enthemmter Sexualität explodiert. Die außerordentliche Zerstörungswut, die Too Old To Die Young inne wohnt, ist ein mal bedrückender, mal durchaus lakonischer Kommentar in Richtung Gegenwart. Wir sind die Architekten und die Geschädigten all des Zorns und all des Leids, der uns umgibt.
Weil wir es bis hierhin haben kommen lassen. Weil es in unserer Natur liegt. Weil Gewalt der einzige Kommnikationskanal ist, den jeder Mensch auch ohne Geld, ohne Kontakte und ohne Bildung erschließen kann. Wie der Skorpion, der den Frosch töten muss, obwohl dieser die einzige Chance für ihn ist, den Fluss lebendig zu überqueren. Eben weil er nicht anders kann. Wenn man sich in den entschleunigten (und dieses Wort muss in diesem Fall mit Ausrufezeichen betont werden) Nihilismus von Too Old To Die Young einfinden kann, wird man einen berauschend-hypnotischen Diskurs über das reine Verlangen nach Selbsterhaltung erhalten. Angenehm erweist sich dieses erbarmungslose Nicolas-Winding-Refn-Konzentrat deswegen aber noch lange nicht, es bleibt ein von Anstrengungen gezeichneter Kampf. Aber er lohnt sich. [...]
[...] Edward Zwicks stoffliche Dichte in Blood Diamond ist gewaltig: Er möchte nicht nur auf die Verheerungen des Bürgerkrieges blicken, der das Land als ein zerrissenes und bitterarmes zurückgelassen hat. Ihm geht es auch darum, die mafiösen Strukturen des Diamantenhandels aufzuzeigen, mit dem militant-marodierende Rebellenarmeen (hier die Revolutionary United Front) ihre Waffenlieferungen finanzierten, um damit gleichwohl den internationalen Edelsteinhandel daran profitieren zu lassen. Zu leiden hat darunter die Zivilbevölkerung, in diesem Fall Solomon Vandy (Djimon Hounsou, Die vier Federn) und seine Liebsten, die von der R.U.F. aus ihrem Dorf vertrieben und zu Flüchtlingen gemacht wurden. Solomons Frau und seine beiden Töchter landen in einem Auffangbecken für Vertriebene, sein Sohn wird zum Kindersoldaten ausgebildet. Ausgerechnet ein Blutdiamant, die Währung des Krieges, kann ihn und seine Familie noch retten.
Natürlich gibt es noch weitere Gruppierungen, die in diesem heillosen Chaos mitmischen, etwa die stetig wechselnden Regierungstruppen, amerikanische Journalisten (hier angeführt von Jennifer Connelly, Little Children) – oder ehemalige Söldner wie Danny Archer (Leonardo DiCaprio, The Wolf of Wall Street). Dieser hat einst im Namen des Büffel-Bataillon in Angola gekämpft, inzwischen aber treibt ihn nur noch die Absicht an, Afrika, diesen gottverlassenen Kontinent, endlich zu verlassen. Was könnte ihm am ehesten dabei helfen? Richtig, ein Blut- respektive Konfliktdiamant. Am besten genau jener, den Solomon während seiner Arbeit in einer Diamantenmine findet und am Rande dieser vergrabt: 100 Karat, groß wie ein Vogelei, von purer Beschaffenheit. Jackpot. Und wie es das Schicksal eben so will, laufen sich Solomon und Danny alsbald über den Weg, um eine Zweckgemeinschaft zu bilden.
In Blood Diamond kann Edward Zwick wieder einmal unter Beweis stellen, welch bildgewaltiger, immerzu ins Epische hineingreifender Filmemacher er doch ist: Nicht nur weiß er sich kaum an den pittoresken Landschaftsaufnahmen Afrikas sattzusehen, er lädt diese dritte Welt auch gerne mit mythologischer Kraft auf, wenn er die Charaktere über die Bedeutung der roten Erde sinnieren lässt. Die edlen, kraftvollen Fotografien von Eduardo Serra aber irritieren bisweilen, wenn sie im stetigen Wechsel mit der unermesslichen Gewalt des Bürgerkrieges dargeboten werden. Hier werden Körper durch Macheten verstümmelt, von Maschinengewehrsalven durchsiebt oder von Granaten in Fetzen gerissen. Diese formvollendete Ästhetik des Grauens besitzt unweigerlich etwas Ausbeuterisches. Man darf Blood Diamond seine überdeutlichen und grundlegend richtigen Ambitionen zwar nicht aberkennen, die inszenatorischen Mittel aber müssen durchaus hinterfragt werden.
Letztlich aber darf man ebenfalls nicht außer Acht lassen, dass es sich bei Blood Diamond um eine Hollywoodproduktion handelt: Die Aufklärungsarbeit, die hier betrieben wird, ist damit entweder belehrend, manipulativ oder als moralischer, für Empörung und Betroffenheit sorgender Anstoß exakt in die Spannungsdramaturgie eingearbeitet. Das klingt nun jedoch alles schlimmer, als es letzten Endes wirklich ist, denn wenn sich Blood Diamond auf etwas verlassen kann, dann sind es seine hochkarätigen Schauspieler. Natürlich gibt Leonardo DiCaprio hier einen weißen Retter (mit afrikanischen Wurzeln, immerhin), seine mitreißende Performance ungeachtet dessen ist ebenso famos wie Djimon Hounsous kraftvoller Auftritt. Als handwerklich formidables, brutales Abenteuerkino weiß Blood Diamond zu überzeugen, mag er auch etwas zu lang geraten sein und gerade gegen Ende in Sachen Melodramatik etwas zu energisch auf den Putz hauen. [...]
[...] Die Umstände allerdings, wie sich Léon und Mathilda kennen lernen, sind grausame: Mathildas gesamte Familie wird vom korrupten DEA-Agent Norman Stansfield (Gary Oldman, Dame, König, As, Spion) und seinen Männern gnadenlos ausgerottet. Sogar ihren kleinen Bruder haben sie nicht verschont. Und auch wenn Léon dem jungen Mädchen eigentlich keinen Unterschlupf bieten möchte, scheint in seinem Inneren immer noch ein letzter Rest Menschlichkeit zu liegen, den er sich über all die Jahre eigentlich abtrainieren wollte. Er nimmt Mathilda bei sich auf, lässt sich nach und nach auf ihre Gegenwart ein, führt sie in die hohe Kunst des professionellen Tötens ein und lässt dabei längst verloren geglaubte Gefühle langsam wieder auftauen. Luc Besson (Lucy) erzählt hier eine wunderbar unwahrscheinliche Geschichte, wie sie nur das Leben schreiben kann.
Oder eben das Kino, dem Besson in einer der schönsten Szenen dieses an wunderschönen Szenen unheimlich reichen Films ebenfalls die Ehre erweist: Da sitzt Léon im Kino und sieht sich den Musical-Klassiker Du sollst mein Glücksstern sein mit Gene Kelly aus dem Jahre 1952 an. Seine Augen strahlen, seine Lippen formen sich zu einem breiten Lächeln. Ausdrücke reiner Euphorie, von der sich Léon in seinem Alltag ansonsten vollkommen isoliert hat. Dort gibt es nur eine Topfpflanze und die Profession des Tötens, keine Kinder, keine Frauen, lautlos, schnell und präzise. Bis er Mathilda trifft, die seine ganz und gar existenzielle Traurigkeit zusehends aufrüttelt. Léon – Der Profi vollbringt den meisterhaften Spagat, dass er sowohl als virtuos inszenierter Action-Thriller begeistert und gleichermaßen als zutiefst gefühlvolles Charakter-Drama berührt.
Die beiden Protagonisten, Léon und Mathilda, sind schlicht und ergreifend hervorragend geschriebene, ungemein vielschichtige Persönlichkeiten, in denen sich das Leben in all seiner Ambivalenz, seiner Härte und seiner Zärtlichkeit bündeln darf. Léon – Der Profi gehört zu den Filmen, bei denen der Zuschauer schon frühzeitig während der Sichtung merkt, dass er hier Großem beiwohnt. Regisseur und Drehbuchautor Luc Besson nämlich beherrscht hier eine sagenhafte Bandbreite an stilistischen und erzählerischen Tonarten: Er formuliert sich mal behutsam, mal aufbrausend, mal melancholisch und romantisch, dann wieder voller Brutalität und Dringlichkeit. Doch egal, in welchen tonalen Gefilden Léon – Der Profi sich auch aufhält, er ist überall brillant. Dementsprechend packend und ebenfalls emotional erweist sich die schöpferische Strahlkraft, mit der Besson sein Publikum hier in seinen Bann zieht.
Während Léon – Der Profi die klassische Gut-und-Böse-Dialektik dadurch aufhebelt, dass man hier mit dem Bösen sympathisiert und den augenscheinlich Guten, nämlich den von Gary Oldman herausragend-enthemmt gespielten Polizisten Stansfield verabscheut, gewinnt dieses filmische Poem um Liebe, Erlösung und Tod genau dadurch seine ergreifende Tiefe: Luc Besson wertet nicht, er verurteilt nicht, sondern sieht genau hin und nimmt damit auch geflissentlich in Kauf, dass die Beziehung zwischen Léon und Mathilda zwangsläufig pädophile Formen annimmt, auch wenn es niemals zu sexuellen Aktivitäten kommt: Die Liebe zwischen diesen beiden Menschen ist nicht platonisch, zu keiner Zeit. Aber dennoch ist sie pur und echt, weil Léon und Mathilda einander auffangen und zurück in die Spur bringen. Sie geben sich Halt, sie spenden einander Trost, auch über das irdische Dasein hinaus. [...]
[...] Wie wir schon zu Anfang des Filmes erfahren, wird es zu einer weiteren Katastrophe kommen. Die Frage, die Prestige – Die Meister der Magie dem Zuschauer allerdings offeriert, ist nicht, wie es soweit kommen konnte, sondern, was danach passieren wird. Arrangiert auf verschiedenen Zeitebenen forciert Christopher Nolan eine temporeiche, unchronologische Narration und verleitet den Zuschauer genau zum gegenteiligen Betragen, welches Alfred Borden immer wieder appellierend unterstreicht: Wir sollen genau hinsehen, aber wir wollen uns hinter das Licht führen lassen. Wir wollen begeistert, verzaubert, betrogen werden. Prestige – Die Meister der Magie offenbart sich als großes, detailreiches, ja, komplexes Vexierspiel über den teuren Preis, den jeder Mensch irgendwann zwangsläufig bezahlen muss, wenn er etwas Besonderes, Einzigartiges für sich beanspruchen möchte. Und genau dort offenbart sich eine famose Meta-Ebene.
Denn das Erfinden von Illusionen, das große Handwerk der Täuschung, die Macht der Manipulation: Genau darum geht es auch bei der Kunst des Filmemachens. Christopher Nolan, der aufgrund seines Anspruchs, das hochwertig produzierte Unterhaltungskino auch immer mit einer intellektuellen Note auszustaffieren, nur zu gerne als Blender tituliert wird, entwirft mit Prestige – Die Meister der Magie also eine Parabel über die Meisterschaft des Blendens und damit über das zerstörerische, von Obsessionen vergiftete Gewerbe der Magie (respektive Filmemachens). Das Beeindruckende an diesem Film ist, dass er Überwältigung nicht nur gestaltet, sondern sie auch immerzu im selben Augenblick hinterfragt und dabei ein überraschend ergreifendes Psychogramm zweier Gegenspieler anfertigt, deren Leben vollends von der Selbstaufgabe für die Zauberei in Beschlag genommen wurde. Alles andere, bis hin zur Liebe, ist nur Beiwerk.
Um das Unmögliche möglich zu machen, um die wahre Natur der Magie zu durchdringen, machen sich Robert Angier und Alfred Borden nicht nur die Hände schmutzig, sie überschreiten in vollem Bewusstsein ihres brutalen Handelns ethische Grenzen. Der Vertrauensverbund, der zwischen Illusionisten eigentlich besteht, ist hier ein seidender, mit Blut getränkter Faden, der bereits von Anfang an gerissen war. Mit Christian Bale, der gegen Ende wohl für den größten Gänsehautmoment des gesamten Filmes sorgt, und Hugh Jackman besitzt Prestige – Die Meister der Magie zwei hochkarätige Darsteller an vorderster Front, der in der Lage sind, den tiefen Zwiespalt, die ewige Rastlosigkeit im Inneren ihrer Charaktere schauspielerisch adäquat zu porträtieren, während Michael Caine (Harry Brown), David Bowie (Begierde) und Scarlett Johansson (Under the Skin) aus der zweiten Reihe glänzen. [...]
[...] Ist es zu gewissen Teilen auch, denn viel Zeit vergeudet Final Score nicht, um sein Szenario zu etablieren, baut auf antiquierte Feinbilder, setzt einen muskelbepackten Riesen mit dem Herz am rechten Fleck ins Zentrum des Geschehens und ist auch wenig abgeneigt, den roten Lebenssaft aus den Körpern spritzen zu lassen, wenn es zu Handgreiflichkeiten oder Schusswechseln kommt. Dave Bautista, der freilich nicht das Charisma eines Bruce Willis mitbringen mag, verfügt aber über die nötige Präsenz, um das Publikum an sich zu binden, während seine Physis natürlich vollkommen außer Frage steht: Wo der Mann hinschlägt, da wächst kein Gras mehr. Das funktioniert anfangs auch ziemlich gut, wenn Michael nach und nach hinter den politisch-motivierten Plan der russischen Schurken kommt und peu à peu deren Team dezimiert.
Da werden dann Köpfe in brodelndes Frittierfett gedrückt, Finger in messerscharfer Präzisionsarbeit abgesäbelt, Kopfschüsse verteilt, Genicke gebrochen. Das Problem an Final Score ist, dass er sich nicht von erzählerischem und damit emotionalen Ballast lösen kann. Scott Mann, der kein unbegabter Regisseur ist, was sich vor allem dann äußert, wenn er geradlinig und stringent agieren kann, verschwendet hier zu viel Zeit, um die Geschichte mit pathetischem Zinnober zu belasten: Da müssen dann noch peinlich-aufgeblasene Gespräche über den Schmerz des Verlustes und die Angst vor der Wiederholung eines solchen geführt werden, um immer wieder penetrant zu unterstreichen, dass Michael Knox, die wuchtige Schrankwand auf zwei Beinen, hier vor allem auf einer persönlichen Mission unterwegs ist. Nur bremst das die Inszenierung immer wieder aus, anstatt ihr einen gefühlvollen Grundstock einzuverleiben.
Ebenfalls als ungenutztes Element erweist sich die Parallelisierung von Fußballspiel, der Schlacht auf dem Feld, und Michael Knox' Wettlauf gegen die Zeit in den verwinkelten Eingeweiden des Stadiums: Nach 90 Minuten nämlich sollen C4-Sprengladungen den historischen Sporttempel dem Erdboden gleichmachen. Final Score aber besitzt hier kein inszenatorisches Gespür, um dem Zuschauer wenigstens halbwegs weismachen zu können, dass es um ein echtes, feuriges Duell auf dem Rasen handelt, welches nicht von Amateurkickern vollstreckt wird. So kann der Film als netter DTV-Klopper für zwischendurch zwar partiell durchaus punkten, in die Fußstapfen eines Sudden Death oder gar Stirb langsam tritt Scott Mann mit seiner dritten Regiearbeit sicherlich keineswegs. Fans von Pierce Brosnan (Survivor) dürften zudem ebenfalls enttäuscht sein: Erst nach einer Stunde mischt die Ex-Doppelnull mit verknitterter Visage unterfordert mit. [...]
[...] Es gelang ihm, wenn auch unter horrenden Anstrengungen, und natürlich dräut das sich allmählich anbahnende Ableben Viscontis in jeder Einstellung von Die Unschuld. In gewohnt opulentem, schwelgerischem, ja, sogar verschwenderischem Dekor nimmt sich Visconti dem Roman L'innocente von Gabriele D'Annunzio an und konzentriert sich auf die Dreiecksbeziehung zwischen dem Grafen Tullio Hermil (Giancarlo Giannini, Hannibal), seiner Frau, der Gräfin, Giuliana (Laura Antonelli, Malizia) und seiner Affäre Teresa Raffo (Jennifer O'Neill, Die sieben schwarzen Noten), aus deren Kreis sich die Grundzüge des Faschismus herausbilden werden. Vorlagengeber D'Annunzio zählte indes zu den einflussreichen Mentoren Benito Mussolinis, seine Geschichten über die Massenmobilisierung einzelner Führer, das ideologische Konzept anarchischer Herrschaft, seine Vorstellung des virilen Gottmenschen und der Anmut des Schreckens begeisterten den Diktator und seine Schwarzhemden über alle Maßen.
Wo bereits vorherigen Filme von Luchino Visconti, wie zum Beispiel Der Leopard und Ludwig II., durch ihr pompöses Handwerk überwältigten, konnte man in diesen immer noch die Empathie des Regisseurs erkennen, der voller Melancholie und Gewogenheit auf den Untergang von Epochen und Persönlichkeiten blickte. Mit Die Unschuld erwartet den Zuschauer nun unter diesem Gesichtspunkt etwas anderes: Visconti geht auf Distanz, von Minute zu Minute mehr und bestimmter, die üppigen Kostüme, die anmutigen Interieurs, die dekorative Pracht, mit der hier durchgehend aufgefahren wird, münden zusehends in einem Ausdruck ästhetischer Starre. Eine Bewegungslosigkeit auf der Oberfläche, die sich im nächsten Schritt auch auf die Beziehungen der Protagonisten übertragen lässt, die Visconti mit dem kältesten Skalpell seziert, welches er in der Instrumentenschublade finden konnte. Alles hier ist reiner Förmlichkeit gewichen.
Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist Tullio, ein Aristokrat, kultiviert und distinguiert, immer an gesellschaftliche Zwänge erinnernd, aber selber so weit von sich selbst ergriffen, dass Anstand und Brauchtum für ihn keinerlei Rolle mehr spielen. Seine Ehe ist nur noch ein Aushalten und Ertragen, seine Liebschaft mit Teresa hat ihn ihm angeblich ein Feuer der Leidenschaft entfacht. In Wahrheit aber ist dieser Mann nur darauf aus, Bestätigung zu erfahren. Ein despotisches, besitzergreifendes, egoistische Scheusal, welches sich dazu entschieden hat, die volle Verantwortung über sein Tun zu übernehmen, um sich von keiner höheren Instanz und keinem allgemeinen Moralkodex bestimmen zu lassen. Viscontis Abrechnung mit der Belle Époque ist auch ein Mahnruf für die Gefahren toxischer Männlichkeit, deren selbstgerechtes, machtgieriges Wesen sich verselbständigen und die Welt in einen braunen Abgrund ziehen kann. [...]
[...] Bis dahin allerdings vergeht eine Laufzeit von über 120 Minuten, in denen Rudy nicht nur sein Staatsexamen ablegt, sondern sich auch mit Deck Shifflet (Danny DeVito, Der Rosenkrieg) zusammentut, einem Anwalt ohne Zulassung, dessen Spezialgebiet die Leistungsverweigerung von Versicherungsgesellschaften ist. In Der Regenmacher, basierend auf einem Roman von John Grisham (Der Klient) und adaptiert von Francis Ford Coppola (Apocalypse Now), stößt der Zuschauer zusammen mit den Protagonisten auf einen besonders bösartigen Fall: Die Krankenversicherung Great Benefit Life Insurance verwehrte dem an Leukämie erkrankten Donny Ray (Johnny Whitworth, Ohne Limit) die Zahlung der Behandlungskosten für eine Knochenmarkstransplantation. Im Klartext bedeutet das: Donnys Familie hat eine Police bezahlt, deren Leistungen schlichtweg nicht erbracht wurde, was in den Vereinigten Staaten ein allzu bekanntes Geschäftsmodell diverser Versicherungen ist.
So ziehen Rudy und Deck nicht nur in den Kampf gegen die erfahrene und gleichermaßen durchtriebene Anwaltsarmada von Great Benefit Life Insurance, angeführt vom schmierigen Leo Drummond (Jon Voight, Beim Sterben ist jeder der Erste). In einer Ambulanz, in die er sich im Auftrag des zwielichtigen Bruiser Stone (Mickey Rourke, Angel Heart) begeben hat, um mögliche Streitfälle von Körperverletzung zu akquirieren, lernt Rudy Kelly (Claire Danes, Romeo & Julia) kennen, die von ihrem Ehemann immer wieder aufs Übelste verprügelt wird. Die beiden verlieben sich nach und nach ineinander, für Rudy spielt bei der Unterstützung von Kelly natürlich auch noch der Faktor eine Rolle, sich endlich für die Schandtaten seines Vaters rächen zu können – im besten und saubersten Fall mit den Mitteln des Rechtsstaates.
Nun, da wir uns in einer Verfilmung eines John-Grisham-Romans befinden, sind Klischees und überspitzte Konflikte samt Eskalation natürlich nicht gänzlich unvermeidbar. Der Regenmacher allerdings wirkt nur selten reißerisch, weil sich Francis Ford Coppola Zeit und Raum nimmt, um sich auf die Charaktere, ihre Sehnsüchte und ihre Motivationen einzulassen. Die gediegene, von fachlichen Details und dem aufmerksamen Blick eines Meisterregisseurs beseelte Spannungsdramaturgie umfasst den obligatorischen Kampf von David gegen Goliath und definiert sich mehr und mehr als entrüstete Abrechnung mit profitgierigen Firmenpolitiken, die Menschen geflissentlich welken und sterben lassen, nur um die eigene Finanzkraft weiter auszubauen. Mit den hochtrabenden Konzepten und ethischen Theorien des Jurastudiums hat der oftmals zermürbende Beruf des Anwalts letztlich kaum noch etwas gemeinsam. Stattdessen kämpft man, ständig. Und im Idealfall kämpft man nicht für sich allein. [...]
[...] Die Frage, woher die Faszination für die Figur des Chucky rührt, liegt auf der Hand: Sie manifestiert die grundlegenden Ängste davor, dem augenscheinlich Alltäglichen und damit vermeintlich Harmlosen nicht mehr trauen zu können, es als ständige Bedrohung wahrzunehmen. Um ihrem 6-jährigen Sohn Andy (Alex Vincent, Curse of Chucky) einen perfekte Geburtstag zu machen, kauft Karen (Catherine Hicks, Peggy Sue hat geheiratet) einem Hausierer die von Charles Lee Ray verfluchte Good Guy-Puppe ab, was Tom Holland als Ausgangspunkt nimmt, um einen klassischen, fast schon altmodischen Spannungsaufbau zu forcieren, der primär auf Suspense baut. Andy berichtet bereits frühzeitig darüber, dass der Rotschopf in Latzhose mit ihm spricht, was von den Erwachsenen natürlich kurzerhand als kindliche Spinnerei abgetan wird. Bis es schließlich den ersten Todesfall zu beklagen gibt.
Chucky – Die Mörderpuppe gibt sich fortwährend auf den Moment lauernd, an dem die Menschen um Andy herum ebenfalls in Erfahrung bringen, dass die Puppe eben nicht nur aus Plastik und Stoff besteht, sondern von einem unbarmherzigen Blutdurst getrieben ist: Charles Lee Ray, das ist die pathologische Kombination aus Charles Manson, Lee Harvey Oswald und James Earl Ray. Tom Hollands Regie gibt sich in ihrer Mischung aus übersinnlichem Slasher und herkömmlichen Kriminalanleihung allerdings noch etwas zu seriös und kontrolliert, was bei einem Film, der von einer geisteskranken Mörderpuppe erzählt, nicht zwingend zweckdienlich ist. Vor allem fehlt Chucky hier noch das letzte Quäntchen Wahnsinn, um wirklich vollständig am Rad zu drehen und all seine Energie zu entfesseln. Brad Dourifs prägnante Stimme aber ist über jeden Zweifel erhaben. [...]
[...] Wie Mitch McDeere in Die Firma kann sich auch Kevin Lomax nicht den elitären Privilegien sowie den dekadenten Verheißungen verwehren, die ein Engagement im Namen von John Milton mit sich bringen. Und zu Anfang läuft das Ganze wunderbar nach Plan: Das neue Apartment ist ein Traum, finanzielle Nöte gehören der Vergangenheit an und Kevins Siegesserie möchte auch in Manhattan einfach nicht abreißen. Regisseur Taylor Hackford (Ein Offizier und Gentleman) lässt sich in Im Auftrag des Teufels angenehm viel Raum, um mit Andeutungen und Zweideutigkeiten zu arbeiten, die darauf verweisen, dass Kevin und Mary Ann es hier womöglich mit übersinnlichen, ja, mephistophelischen Kräften zu tun bekommen. Diese Vermutung gegenüber der Anwesenheit einer dunklen, omnipotenten Macht aber wird ebenso als psychopathologisches Leiden interpretierbar gemacht.
In Im Auftrag des Teufels reichen sich Justiz-Thriller und der subkutane Schrecken eines Roman Polanskis Rosemarys Baby die Hände, während der erzählerische Unterbau bis auf Goethes weitreichend zitierten Faust zurückgreift. Der Horror, der Mary Ann in den Wahnsinn treibt und Kevin, der geblendet vom eigenen Narzissmus in den Geschmack der Faszination des Bösen kommt, entsteht aus Alltäglichkeiten: Es beginnt für Mary Ann bereits damit, dass die passende Wandfarbe für die neue Wohnung einfach nicht gefunden wird, um sich dann sukzessive in immer extreme Regionen zu steigern. Kevin hingegen ist in der Upper class angekommen, die Frauen werfen ihm aufreizende Blicke hinterher, in jedem Edellokal ist ein Tisch für ihn reserviert und mit John Milton an der Seite stehen ihm ohnehin alle Türen für jegliches Vergnügen offen.
Obgleich Im Auftrag des Teufels mit seiner fast 140-minütigen Laufzeit etwas zu lang geraten sein mag, beschreibt Taylor Hackford hier sehr stimmungsvoll eine Welt, in der die Egos so riesig wie Kathedralen sind und berichtet von Menschen, die sich in Dollargrün-vergoldeten Luftschlössern verbarrikadiert haben, um sich nicht eingestehen zu müssen, dass Gott seine Würfel einmal zu oft geworfen und uns alle links liegen gelassen hat. Zwischen religiöser Symbolik und seelischer Tour de Force ist Im Auftrag des Teufels eine angenehme klassische, konzentriert entfaltete Auseinandersetzung mit der virulenten Energie von Macht, Einfluss und Status. Herausragend erweist sich in diesem Fegefeuer der Eitelkeiten erneut der überlebensgroße Al Pacino als teuflische Hand unter Mona Lisas Rock. Eine erinnerungswürdige Performance, die den Film allein schon sehenswert macht. [...]