SoulReaver - Kommentare

Alle Kommentare von SoulReaver

  • 8 .5

    [...] Literarischer Ausgangspunkt für Steven Spielberg ist der Roman Die Rache ist unser von George Jonas gewesen, der seiner Ansicht nach die einzig glaubwürdige Quelle dahingehend darstellt, die Mechanik von Attentaten zu erforschen und in einen Kontext mit der Vergeltungsoperation zu stellen, die von der israelischen Ministerpräsidentin Golda Meir (Lynn Cohen, Harry außer sich) in Auftrag gegeben wurde: Eine Sondereinheit des Mossad wurde entsandt, um die Geiselnehmer und Hintermänner zu eliminieren. Bis heute sind Details über die Aktion größtenteils rätselhaft, worauf sich Spielberg bezieht, sind drei Fakten. Elf israelische Sportler wurden massakriert, Golda Meir traf die Entscheidung, die Verantwortlichen zu verfolgen und eine bedeutende Anzahl der vermeintlichen Täter fand daraufhin den Tod. Den Rest, abseits dieser Tatsachen, überlässt Steven Spielberg der Fiktion.

    Avner Kaufman (Eric Bana, Wie das Leben so spielt), seines Zeichens Mossad-Agent, der keinerlei Erfahrungen im Außendienst besitzt, wird ein Team aus Söldnern zur Seite gestellt, die fortan um die Welt reisen, um Gewalt mit Gegengewalt zu sühnen. Steven Spielberg interessiert sich in München für die Frage, was ein Land dazu antreibt, genau diesen Schritt zu gehen: Sich zu der Verteidigungsstrategie hinreißen zu lassen, noch mehr Blut zu vergießen. Zeichen zu setzen. Schon bald aber merkt Avner, dass die augenscheinliche Legitimation für die Taten, die er und sein Team begehen, ein moralischer Trugschluss sind. Jede neue Tat wird für sie zum Verhängnis des eigenen Gewissens. Steven Spielberg, der in München seinen sauberen, auf Hochglanz polierten Stil endgültig ablegt, bleibt sich nur in einer Hinsicht treu.

    Was ihn bewegt, ist der Faktor Mensch. Spielberg versucht, beiden Seiten mit Empathie zu begegnen, um Motivationen zu erkennen und nachzuvollziehen. Dadurch bewirkt er ein – für seine Verhältnisse – beachtliches Maß an Ambivalenz, weil die Grenzen zwischen Täter und Opfer verschwimmen und von jedem Umriss losgelöst werden. Es mag keine bahnbrechende Erkenntnis sein, die München hier an die Oberfläche kehrt, ungemein intensiv gestaltet es sich dennoch, wenn Spielberg die politischen Attentäter, Mörder und Rachebringer immerzu als Menschen und nicht als Monster begreift. Vor allem an Hauptdarsteller Avner veranschaulicht Spielberg sehr eindringlich, wie es sein muss, wenn immer mehr Zweifel an einer Sache aufkommen, an die man sein ganzes Leben so unerschütterlich geglaubt hat. Das selbstsichere Grinsen, welches Avner anfangs noch spazieren trägt, wird ihm regelrecht aus dem Gesicht gebrochen.

    Avner wird zum schweißgebadeten Gespenst, zum Zerrbild seiner eigenen Ideale. Unter dem ständigen Brodeln und Zittern muss er zwangsläufig zerbrechen. Steven Spielberg bedient sich bei der Entfaltung dieses hochdramatischen, chirurgisch präzise arrangierten Spannungskinos nicht nur erzählerisch, sondern auch stilistisch an Costa-Gavras Meilenstein Z – Anatomie eines politischen Mordes. Das Fiktive keimt aus dem Realen und andersherum. Fast schon erschreckend, aber absolut konsequent erscheint auch Spielbergs Bezug zur expliziten Brutalität – auch hier betritt der Meister des Hollywood-Märchens neue Wege und findet erschütternde Bilder von blutbesudelten, von Schüssen durchsiebte Körper. In der letzten Einstellung zeigt Spielberg zudem die Twin Towers und macht endgültig deutlich: München ist eine universelle Geschichte. Dort, wo sich Geheimnisse kreuzen, gibt es Tote. Das war immer so. Das wird immer so bleiben. [...]

    15
    • 6

      [...] Nach dieser Exposition, die bereits verdeutlicht, dass Piranha 3D nicht nur auf (ironisierte) Referenzen, sondern auch auf reichlich Gemetzel setzen wird, gerät die eigentliche Geschichte ins Rolle, bei der sich Alexandre Aja sehr bewusst auf die großen Tierhorror-Vorbilder beruft und eine erzählerische Reduktion praktiziert, die seine dritte englischsprachige Produktion genau zu dem kurzweiligen Vuglärtrash erklärt, der er letztlich auch geworden ist. Aja verliert keine Zeit, etabliert das Setting, führt die wichtigen Figuren und verlässt sich daraufhin auf den reinen Exzess. Die unzähligen feierwütigen Jugendliche, die anlässlich des Spring Break an den Lake Victoria gepilgert sind, stellen natürlich ein sonnengebräuntes Festmahl für die fischigen Killer dar, die die letzten 2 Millionen Jahre damit beschäftigt waren, sich gegenseitig aufzufressen. Die drögen Tage des Kannibalismus aber sind vorbei.

      Schwierig zu sagen, worauf Alexandre Aja mehr Wert legt, auf weibliche Nudität oder auf den tollwütigen Blutrausch der Piranha. Die Kominbation aber ergibt eine herrlich stupide Splatter-Sause, die nicht nur ihre Liebe zum Genre bekundet, sondern auch eine unbändige Lust am Zelebrieren von Obszönitäten und Geschmacksverirrungen mit sich bringt. Während Jerry O'Connell (Stand by Me) als koksender Pornoregisseur Derrick Jones eine sensationell hemmungslose Performance hinlegt, dürfen zwei entblößte Schönheiten das sinnlichste (und barbusigste) Unter-Wasser-Ballett des bisherigen Schundkinos vorführen, bis das Massaker endlich auf dem absurden Höhepunkt angelangt: Da werden Menschen halbiert, die Haut durch eine Bootschraube vom Gesicht gerissen und ganze Körper bis zu den Knochen abgenagt. Das ist pubertär und beschränkt, aber wenn es so hingebungsvoll durchgezogen wird wie hier, dann darf es das auch sein. [...]

      9
      • 6

        [...] Wir befinden uns in einem Film von Steven Spielberg, was ebenso bedeutet, dass wir es mit einer Hollywood-Produktion zu tun bekommen, die auf große, erschütternde Gesten setzt. Oskar Schindler begibt sich auf einen Ausritt und beobachtet von einer Anhöhe aus die Räumung des Krakauer Ghettos. Blökende Nazis, die markerschütternden Schreie der Juden, die aufjagenden Salven der Maschinengewehre. Und im Kern dieses Grauens erschafft Spielberg sein wohl ikonischstes Bild: Ein kleines Mädchen schreitet durch die Straßen, ihr roter Mantel durchbricht das (pseudo-)dokumentarische Schwarz-Weiß und erklärt das in Fassungslosigkeit erstarrte Gesicht Schindlers, der hier, quasi aus nächster Nähe, Zeuge des schrecklichsten Massenmordes des 20. Jahrhundert wird. Es ist einer der wenigen Momente, in dem Oskar Schindler seine Bestürzung nach außen greifbar macht. Ansonsten bleibt er pragmatisch, richtet seine Bestürzung maximal nach innen.

        Genau diese Szene genügt, um das Problem zu erkennen, mit dem Schindlers Liste über mehr als drei Stunden zu kämpfen hat: Er möchte sich einem exorbitanten Anspruch an Authentizität verschreiben, bleibt aber immer noch ein Ergebnis der Traumfabrik und setzt dementsprechend zielgerichtet darauf, seine Zuschauerschaft über ein ungemein effektives Spiel auf der Gefühlsklaviatur abzuholen. Der historische Kontext, den Spielberg sicherlich nicht herunterspielt, verkommt jedoch in den Händen des hochbegabten Filmemachers zu einem Ausdruck unschlüssiger Narrativinteressen: Ob er sich nun speziell auf Oskar Schindler und die sogenannten Schindler-Juden konzentrieren oder einen Panoramablick auf den gesamten Schrecken des Holocaust richten möchte, wird nie ganz klar, maßgebend aber ist die Position Schindlers. Durch seine Augen beobachten wir und dürfen Zeuge werden, wie nach und nach das Gute, das Menschliche in ihm Bahn bricht.

        Diese sehr klassische Heldendramaturgie, die Schindlers Liste fraglos bedient und in einem melodramatischen Höhepunkt pathetischer Manipulationstheatralik münden lässt, bleibt diskutabel. Wirklich geschmacklos wird es aber erst, wenn sich der Film nach Auschwitz begibt: Ein Zug voller Frauen, die Oskar Schindler eigentlich für sein Großunternehmen als kriegswichtige Arbeitskräfte beansprucht hat, landet „versehentlich“ in dem berüchtigten Konzentrationslager. Sie werden entkleidet, geschoren und in einen Duschraum gepfercht. Nun vergreift sich Steven Spielberg an einer ungemein pietätlosen Spannungsmechanik, die den Zuschauer dahingehend bangen lässt, ob Wasser aus den Duschköpfen strömt oder ob die Frauen vergast werden. Unterstrichen und nachhaltig verwerflich gestaltet wird diese Sequenz zudem mit einer hochgradig eleganten Kamerafahrt. Es ist der Tiefpunkt in einem Film, der sich ansonsten um Contenance bemüht, auch wenn Letzteres nicht wirklich gelingt.

        So simplistisch und verkürzend Schindlers Liste auch ist, eine bewegende Filmerfahrung hat Steven Spielberg hier dennoch geschaffen, gerade im Dienste der Erinnerungskultur. Natürlich (aber) auch aus dem fragwürdigen Grund, weil er genau weiß, welche Knöpfe und Schalter er bedienen muss, um sein Publikum zu erreichen. Die wahre Kraft dieses rein handwerklichen Bravourstücks liegt in den Details begraben. Dort, wo sich Schindlers Liste Zeit nimmt, Ambivalenzen zu erfassen, Stimmungen zu destillieren, Zusammenhänge zu veranschaulichen, Menschen dort zu erkennen, wo sie nicht nur einer Funktion unterliegen, sondern auch an Eigendynamik gewinnen dürfen. Das gilt sowohl für Oskar Schindler als auch für Amon Göth (Ralph Fiennes, Der ewige Gärtner), der zum sadistischen Symbol des dritten Reichs wird. Liam Neeson und Ralph Fiennes brillieren in ihren zumeist klar gestrickten Charakteren und federn die ästhetischen Verirrungen Spielbergs durch ihre intensiven Performances gekonnt ab. [...]

        11
        • 6

          [...] Deswegen klettet sich Lang kurzerhand an die Versen von Moss, um das Wesentliche der Polizei-Praxis zu verinnerlichen. Für seinen nächsten Film nämlich möchte er ebenfalls einen Polizisten spielen und wenn seine Performance nicht bahnbrechend ausfällt, muss er sich wieder für einen weichgespülten Blockbuster hergeben, der die Massen zwar befriedigt, künstlerisch aber kaum Mehrwert besitzt. Auf die harte Tour von John Badham (Ein Vogel auf dem Drahtseil) nimmt sich nun dieses ungleiche Duo vor, um nicht die klassische Rezeptur des Buddy-Movies aufleben zu lassen. In seinen stärksten Momenten ist die flotte Action-Komödie auch ein ironischer Kommentar auf das ausgetretene Paradigma des dramaturgischen 3-Akte-Modells, welches Auf die harte Tour sowohl seine Struktur verleiht, gleichzeitig aber auch gelegentlich von Lang entlarvt wird.

          In erster Linie aber bleibt sich Auf die harte Tour der dynamischen Hakelei zwischen den gut aufgelegten Hauptdarstellern treu und schickt James Woods und Michael J. Fox auf die Jagd nach dem sogenannten Party Crasher: Ein Psychopath, der vor allem in Clubs für Angst, Schrecken und Tod sorgt, sich selbst aber als natürliches Reinigungsprinzip begreift, schließlich fasst er nur Dealer und Zuhälter ins Auge. Dass ihm dabei auch mal Kinder zum Opfer fallen, quittiert er lapidar damit, dass hin und wieder auch einmal Bauern geopfert werden müssen. Dass der von Stephen Lang (Avatar – Aufbruch nach Pandora) gespielte Protagonisten aber zu keiner Zeit über den Tellerrand des Reißbrettwahnsinnigen hinausblicken kann, lässt das Verhältnis zwischen Gut und Böse merklich ins Ungleichgewicht kippen. Der blondierte Party Crasher ist einfach zu beliebig.

          Abseits seiner selbstreflektorischen Spitzen verschreibt sich Auf die harte Tour schwungvoll den Konventionen des Genres und verlässt sich – mit Erfolg – vollkommen auf James Woods und Michael J. Fox, die dem Film nicht nur reichlich komödiantische Energie schenken, sondern auch auch als authentische Figuren funktionieren, was natürlich wiederum damit zusammenhängt, dass Woods und Fox einfach zwei großartige Schauspieler sind. Nicht nur die Kaspereien und das Geplänkel amüsiert, sie meistern auch die emotionalen Momente ihrer Charaktere. Als überraschend aufwändig und kernig erweisen sich zudem auch die Action-Sequenzen, mit denen John Badham (und sicherlich auch Second Unit Director Rob Cohen, The Fast and the Furious) sein handwerkliches Vermögen unter Beweis stellt. In einer Liga mit Lethal Weapon spielt Auf die harte Tour nicht, liebenswürdig aber ist er allemal. [...]

          7
          • 6 .5

            [...] Um Alex' Drängen auf ein Bild zu beruhigen, schickt sie ihm eine Aufnahme ihrer Neffin. Beim ersten Telefon merkt er an, Claire besäße eine besonders junge Stimme. Das Spiel mit dem Feuer führt die Literatur-Professorin zurück ins Leben, es gibt ihr Mut und verblendet ihre Wahrnehmung dahingehend vollkommen, dass sie sich erst darüber bewusst wird, welchen Egoismen sie im Kontakt mit Alex frönt, als es zu spät ist. So wie du mich willst, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Camille Laurens und inszeniert von Safy Nebbou (Der Hals der Geriffe), evoziert vor allem in der ersten Hälfte seiner etwas mehr als 100-minütigen Laufzeit ein Klima der Dringlichkeit, an das man sich, wie auch Claire und Alex, einfach verlieren möchte. Schiffbruch und Rettungsfloß liegen hier nur einen minimalen sprachlichen Missgriff auseinander.

            Vor allem ist es Juilette Binoche, die in der Hauptrolle (mal wieder) eine sensationelle Performance abliefert. Oftmals sehen wir nur ihr Gesicht, welches auf den Laptop-Bildschirm und den Handy-Display starrt – und wir erkennen darin eine Bandbreite von Empfindungen, die sich ungemein pointiert im ausgefeilten Minenspiel der begnadeten Schauspielerin widerspiegeln. Binoche trägt diesen Film im unantastbaren Stil einer französischen Grande Dame; sie schenkt So wie du mich willst Dynamik und Kontur, indem sie Einsamkeit, Eifersucht, Euphorie und Lust in dieser so ungemein lebensechten Art und Weise auf den Zuschauer überträgt. Unvergesslich erscheint schon jetzt die Szene, in der Claire nach einer Party, auf der sie so wild getanzt hat, wie vielleicht nie zuvor, angetrunken in ihr Auto steigt, Alex anruft und sie sich beide gegenseitig zum Orgasmus treiben.

            In der zweiten Hälfte erlaubt sich So wie du mich willst einige dramaturgische Schlenker, die die Intensität der vorangegangenen Minuten zwar nicht zerstört, aber ein gutes Stück weit dämpft. Genauso wie das eher klischiert erscheinende Bildrepertoire einer leidenden Frau, die verloren im Regen steht oder unter Wasser nach Luft schnappt. Nichtsdestotrotz gelingt es Regisseur Safy Nebbou in gelungener, teilweise sogar einnehmender Fasson, die Vorzüge und Gefahren einer zuvorderst virtuellen Leidenschaft erfahrbar zu machen: Irgendwann kommt einem immer die Realität in die Quere. Die Lügengebäude müssen zum Einsturz gebracht werden und die Rivalin, die eigentlich nie existiert hat, begraben werden. Die Jagd nach der ewigen Jugend ist eine Form der Selbstverleugnung, die zwangsläufig Schmerzen bereitet. Ob Claire aus diesen Verletzungen lernen wird, lässt So wie du mich willst glücklicherweise offen. [...]

            5
            • 6

              [...] Nachdem Lethal Weapon 3 – Die Profis sind zurück bereits reichlich formelhaft ausgefallen ist und der tonale Fokus auf das Komödiantische dafür sorgte, dass Teil 3 die grobe, schroffe und düstere Note der Vorgänger einbüßte, stand Lethal Weapon 4 – Zwei Profis räumen auf natürlich in der Verantwortung, einen gebührenden Abschluss der Reihe zu liefern. Das ist Richard Donner (Maverick – Den Colt am Gürtel, ein As im Ärmel) durchaus gelungen, obwohl sich Lethal Weapon auch in diesem Fall nicht mehr auf das Niveau der grandiosen ersten beiden Filme erheben kann. Grund dafür ist vor allem, dass das Drehbuch eine unheimliche Überstrapazierung der Markenzeichen der Vorgänger forciert, was gleichermaßen heimelig-vertraut, oftmals aber auch weitestgehend altbacken wirkt. Zum Glück aber kann man sich weiterhin auf die Hauptdarsteller verlassen.

              Mag Mel Gibson vorerst auch keine Lust auf Lethal Weapon 4 – Zwei Profis räumen auf gehabt haben, seine Performance ist erneut erstklassig, was natürlich auch an Danny Glover liegt, der Gibson erst strahlen lässt (und andersherum). Das lieb gewonnenen, unzertrennliche Gespann ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass auch Teil 4 wahnsinniges Vergnügen bereitet, was man von dem inzwischen fast schon lästig erscheinenden Joe Pesci (Kevin – Allein zu Haus) und Cast-Neuzugang Chris Rock (Dogma) nicht unbedingt behaupten kann. Ein wahrer Besetzungscoup hingegen ist der chinesische Wushu-Meister Jet Li (Kiss of the Dragon) der als Triaden-Kämpfer Wah Sing Ku nicht nur dafür sorgt, dass Lethal Weapon endlich wieder düstere Tone anschlägt. Mit Jet Li kehrt auch die physische Härte zurück, was sich vor allem im brutalen Showdown manifestiert.

              Im Großen und Ganzen aber könnte man Lethal Weapon 4 – Zwei Profis räumen auf als Familienfilm beschreiben. Natürlich ist er nicht für die Kleinen geeignet, das Leitmotiv der Erzählung aber ist die Heraufbeschwörung, die Vergegenwärtigung und der Erhalt von familiären Werten, was den Film natürlich auch auf unschöne Art und Weise konservativ erscheinen lässt. Als Zuschauer allerdings hat man nun mehr als zehn Jahre mit diesen Charakteren verbracht. Dementsprechend effektiv und versöhnlich gestaltet sich das Gefühl, welches sich aus diesem Familientreffen (inkl. dem Durchblättern von Fotoalben) ergibt. Kein herausragender, aber ein sympathischer Abschluss einer durchweg sehenswerten Reihe. Vor allem, weil man sich weiterhin auf seine Kompetenzen verlässt: Die Action ist erneut grandios (allein die mehrminütige Freeway-Verfolgungsjagd ist fantastisch), der Witz temporeich und die Protagonisten, ja, man kann sie nur ins Herz schließen. [...]

              7
              • 7 .5

                [...] McLane allerdings hat in letzer Zeit ordentlich darunter gelitten, dass er nicht nur vom Dienst suspendiert, sondern auch von einer Frau verlassen wurde. Lange dauert es jedenfalls nicht mehr, bis er endgültig dem Alkohol verfällt. Da kommt dieser ominöse Simon gerade gelegen, denn der lockt McLane hochgradig explosiv aus seinem versoffenen Trott und trägt ihm makabere Rätsel auf, die er entweder löst oder das Leben von unzähligen Menschen gefährdet. Immer wieder. Stirb langsam – Jetzt erst leben verabschiedet sich indes von den Markenzeichen der beiden Vorgänger, es gibt keine Ehefrau mehr, keine räumliche Limitierung und vor allem: Das Ein-Mann-Armee-Konzept wird ebenfalls aufgehoben. Im Zuge seiner ersten Aufgabe, die McLane direkt nach Harlem schickt, trifft er auf Zeus (Samuel L. Jackson, Pulp Fiction), der unfreiwillig zu seinem Partner gemacht wird.

                Stirb langsam – Jetzt erst recht folgt nunmehr dem erzählerischer Kurs von Buddy-Movies wie etwa der Lethal Weapon-Reihe, schafft es dabei aber, das Gleichgewicht zwischen Komik und Action deswegen zu halten, weil er niemals dem Versuchung erliegt, das Komödiantische im Zusammenspiel zwischen McLane und Zeus zu überstrapazieren. Stattdessen bleibt der dritte Eintrag in das Stirb langsam-Franchise eine so rasante wie brisante Schnitzeljagd durch ganz New York, die zwar auch durch die bissigen Wortgefechte der beiden Protagonisten an Dynamik gewinnt, diese aber nicht nutzt, um die Anspannung der Situation zu verflachen. Simon, der eine ganz persönliche Rechnung mit McLane offen hat, handelt dafür ohnehin viel zu organisiert, abgeklärt und omnipotent, als dass es den Akteuren auch nur kurzzeitig möglich wäre, Luft zu holen.

                Im Gegensatz zu Stirb langsam 2, bei dem es sich Renny Harlin auf dem Regiestuhl gemütlich gemacht hat, letztlich aber nicht mehr wagen konnte, als die erfolgreichen Tropen des grandiosen Erstlings zu variieren, wagt sich Stirb langsam 3 – Jetzt erst recht aus dem Schatten der Erfolgsformel, beschreitet neue Wege, verschandelt die DNA der Serie damit aber zu keiner Sekunde. John McTiernan gehörte in jenen Jahren nicht nur zu den begabtesten Action-Handwerkern, er verstand es auch wie kein anderer, Bruce Willis in seiner Paraderolle zu führen und zur Bestform anzutreiben. Dieser beinahe ganz unten angekommene, vollkommen verkaterte McLane ist so schlecht dran, wie nie zuvor. Und deswegen hat er Simon, der nebenbei noch die Federal Reserve Bank um 140 Milliarden US-Dollar in Goldbarren erleichtern möchte, so dringend nötig. [...]

                11
                • 6 .5
                  über Untreu

                  [...] Untreu lässt seine Charaktere irrational handeln, gesteht ihnen in ihren Verhaltensweisen aber gleichzeitig auch immer eine hochspannende Nachvollziehbarkeit zu. Nachdem Connie aufgrund des heftigen Windes von den Beinen geholt wurde und sich dabei die Knie aufschlägt, greift ihr Paul unter die Arme, verarztet sie in seinem Aparatment und lässt seinen Charme spielen, ohne es darauf anzulegen. Dass Connie dem französischen Adonis verfällt, hat in den Augen von Adrian Lyne, der hier eine Neuauflage von Claude Chabrols Die untreue Frau inszeniert hat, zwei Bedeutungen: Absoluter, moralisch verwerflicher Selbstverlust sowie die urtriebige, entfesselte Hingabe zu sexuellen Gelüsten. Daraus entsteht ein Gefühlscocktail, der das schlechte Gewissen immer mit dem Feuer der Leidenschaft abpasst, der Schuld und Sühne untrennbar vereint, der Ekstase und Beklemmung auf einen Nenner bringt.

                  Neu ist die Geschichte, die uns Untreu unterbreitet, natürlich nicht. Der Seitensprung als Kristallisationspunkt innerseelischer und -familiärer Dilemmata. Adrian Lynes Konzentration auf Details, Andeutungen, Gelegenheiten und Perspektiven aber macht diese eigentlich konventionelle Erzählung zu einer packenden. Das betrifft sowohl Connie, die durch die Affäre mit Paul deswegen hin- und hergerissen, weil sie weiß, dass sie nicht nur ihren Ehemann betrügt, sondern auch sich selbst. Ihr Kontrollverlust offenbart immer ein lachendes und ein weinendes Auge, ihr Körper vibriert nicht nur vor Lust, sondern auch aufgrund der Angst, alles, was sie sich über die letzten Jahre aufgebaut hat, durch einige heißblütige Ficks mit einem dahergelaufenen Schönling gegen die Wand zu fahren. Und natürlich betrifft das auch Edward, der alsbald Verdacht schöpft, weil er Ungereimtheiten in ihren Aussagen und ihrem Auftritt erkennt.

                  Auch hier kommt es wieder auf die Details und Andeutungen an: Edward merkt von Beginn an, dass irgendetwas nicht stimmt. Adrian Lyne sagte einmal, dass Untreu ein Film über die Körpersprache der Schuld ist – und dank seiner formidablen Darsteller, die sich aufopferungsvoll zu physischen Bravourleistungen aufgeschwungen haben, stimmt diese Aussage auch. Die hier ungemein begehrenswerte Diane Lane ist eine Sensation, ihre temperamentvolle, neugierige und ebenso zerbrechlich-zittrige Performance gibt Untreu Herz und Seele. Richard Gere mag vorerst etwas zu routiniert durch das von Suspense angefeuerte Szenario wandeln, im Angesicht der Trümmer seiner Ehe aber zeigt auch Gere eine Leistung, die durchaus zu fesseln weiß, weil sich sein Edward genauso wie Connie – hilflos den aufwallenden Emotionen ins Auge blickend und den Konsequenzen von Geheimnissen ausgeliefert - schuldig macht. [...]

                  7
                  • 4
                    über Sliver

                    [...] Mag Sliver kommerziell auch erfolgreich gewesen sein, gelungen ist er deswegen noch lange nicht – und Basic Instinct spielt nicht nur eine, sondern mindestens drei Klassen über den voyeuristischen Machtspielen von Phillip Noyce, die auf den gleichnamigen Roman von Ira Levin zurückgehen. Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist Carly Norris (Stone), die gerade einen Schlussstrich unter die Beziehung mit ihrem gewalttätigen Ex gezogen hat und nun in einem Wohnhochhaus in Manhattan ein neues Leben beginnen möchte. Blöd nur, dass es ausgerechnet in diesem Gebäude zu einer Reihe merkwürdiger Todesfälle gekommen ist. Auch in der Wohnung, in die Carly nun eingezogen ist. Selbst der unerfahrene Filmfreund weiß nun, dass auch unsere Protagonisten längst in Lebensgefahr schwebt, der Mörder allerdings möchte erst noch aufgespürt werden.

                    Wie man aus diversen Erotik-Thrillern gewohnt ist, geht es auch in Sliver um die Dualität von Eros und Thanatos, dem Lebens- und dem Todestrieb. Carly, eine frustrierte Frau, die sich endlich wieder nach einer körperlichen Nähe sehnt, die ihr Chance gibt, sich vollkommen fallen zu lassen, findet genau das bei Zeke (William Baldwin, Backdraft – Männer, die durchs Feuer gehen). Einem jungen Videospielentwickler, dem das Wohnhochhaus gehört und in einem Hinterzimmer eine Videozentrale versteckt hält, die ihm die Möglichkeit gibt, in jedes Zimmer des über 20-stöckigen Bauwerks zu blicken. Hier wird er Zeuge von den intimsten Momenten seiner Mitmenschen, natürlich auch von Carly, die er zuvor bereits dabei beobachtet hat, wie sie in der Badewanne masturbiert hat. Darüber hinaus aber erzählt der Film selten.

                    Genau dort liegt auch die Schwierigkeit, Sliver wirklich etwas abgewinnen zu können, weil er den Voyeurismus, die Gier der Augen, immerzu sexualisiert, anstatt sich auch zu einem moralischen Diskurs hinreißen zu lassen, der sich mit der Frage beschäftigt, wie viel Verantwortung ein Einblick in die Privatsphäre Fremder mit sich bringt. Es gibt einen kurzen Augenblick, der das Potenzial von Sliver aufzeigt: Da werden Carly und Zeke Zeuge eines pädophilen Übergriffs und erstarren kurzzeitig regelrecht unter dem Druck, der sich aus dieser Kenntnis ergibt. Vertieft aber wird dieser Aspekt nicht, stattdessen verschwendet sich das Drehbuch an ein trödeliges Whodunit, in dem auch der Schriftsteller Jack Lansford (Tom Berenger, Platoon) eine Rolle spielt. Sinnstiftend ist Sliver im Umgang mit seiner Überwachungsthematik jedenfalls sicherlich nicht – und mutig in Bezug auf seine Fetisch-Anleihen ebenso wenig. [...]

                    9
                    • 7

                      [...] Hier funktioniert er, im Schatten, im Hintergrund, und kann seine Intelligenz einsetzen, um Raubüberfälle zu organisieren und zu strukturieren, bis er einen Coup mit dem Verbrecherpärchen Sunny (Ellen Barkin, Sea of Love - Melodie des Todes) und Rafe (Lance Henriksen, Alien vs. Predator) planen sollte, der jedoch gewaltig in die Hose geht. Nicht nur bringt das Duo dabei Mikey (Scott Wilson, The Walking Dead) um, Johnnys einzigen Freund, sie haben auch Johnny hinter Gitter wandern lassen, wo sie einen Anschlag auf ihn veranlassten. Hier beginnt jedoch erst die eigentliche Geschichte von Johnny Handsome – Der schöne Johnny, mit der Regisseur Walter Hill (Die letzten Amerikaner) unter Beweis stellen sollte, dass er nicht nur Action-Aficionado der alten Schule ist, sondern auch durchaus dazu in der Lage, ein Charakter-Drama in Szene zu setzen.

                      Um nicht die ganzen fünf Jahre im Gefängnis absitzen zu müssen, bietet man Johnny an, sich einigen chirurgischen Behandlungen zu unterziehen, die die Verformungen seines Gesichts korrigieren und ihm so die Chance geben, ein normales Leben zu führen, um endlich angesehen und nicht nur verachtet zu werden. Genau das ist auch der Anspruch von Dr. Steven Resher (Forest Whitaker, Zulu): Herauszufinden, ob eine – salopp gesagt - Schönheitsoperation dazu beitragen kann, die hoffnungslose Sozialprognose von rückfälligen Straftätern aufzupolieren. Johnny willigt jedenfalls ein, sein Gesicht wird generalüberholt, er bekommt eine neue Identität und wird auf Bewärhung ins zivilen Leben entlassen. Nun, als neuer, hochgradig attraktiver Mann, der aufgrund seines Äußeren nicht mehr ausgeschlossen wird, kann Johnny endlich die Bedürfnisse befriedigen, die sich seit Jahrzehnten in ihm angestaut haben.

                      Was ihn jedoch antreibt, ist die Rache für den Tod seines Freundes. Mit Johnny Handsome – Der schöne Johnny beweist erneut seine ungemeine erzählökonomische Kompetenz. Er konzentriert sich auf das Wesentliche und verhebt sich nicht daran, Johnnys Geschichte künstlich ins Melodramatische aufzublasen. Stattdessen wird man als Zuschauer Zeuge eines tragischen Schicksals, welches gerade deshalb so berührend ist, weil es so stringent und fokussiert dargeboten wird. Mit effizienten Action-Sequenzen angereichert und in seiner düsteren Atmosphäre dem Film Noir zugewandt, gehört Johnny Handsome – Der schöne Johnny letzten Endes aber vor allem Mickey Rourke. Der liefert hier eine seiner besten Karriereleistungen ab, die womöglich genau deshalb so fesselnd ist, weil der Schauspieler im echten Leben den gleichen Weg wie Johnny gegangen ist – nur rückwärts. Nur konsequent, dass es eigentlich nicht um die Wiedergeburt, sondern um den Tod geht. [...]

                      7
                      • 7

                        [...] Nachdem sich nicht nur zwei unhöfliche Gäste kurz vor Ladenschluss ins La Barca verirren und mit dem besten Wein des Ladens sowie einem außergewöhnlichen Gaumenschmaus bewirtet werden wollen, sondern auch zwei junge Männer mit Waffengewalt versuchen, die Kasse zu leeren, zückt Inácio ebenfalls eine Pistole und schießt einem der Räuber in die Brust. Die Situation eskaliert, der Schuss jedoch war erst der Anfang und The Friendly Beast schreitet stufenartig in das Wesen des Menschen vor, welches sich hinter den domestizierten Schalen der Zivilisation versperrt wurde. Inácio schließt sich mit Sara zusammen, sie ergreifen die augenscheinliche Kontrolle über die Situation, während der Rest tyrannisiert, bedroht und bewegungsunfähig gemacht wird. Worum es brasilianischen Regisseurin Gabriele Amaral in ihrem Debüt geht? Um Macht und deren divergierenden Ausformungen.

                        Inácio, der sich in seinem männlichen Stolz verletzt wird, weil er nicht in der Lage ist, kreativ zu sein, um den Erfolg selber in die Wege zu leiten, bekommt durch die Waffe in seiner Hände endlich die Möglichkeit, Menschen gefügig zu machen. Sara, die unterdrückt und ausgebeutet wird, nicht zuletzt aus dem Grund, weil sie eine Frau ist, heftet sich an Inácio, um sich nach und nach selbst eine Plattform zu erschaffen, die ihr Einfluss, Respekt und Stärke zuspricht. Interessant zu beobachten ist dabei, wie The Friendly Beast Machtstrukturen definiert. Zuerst einmal ist es so, dass er die Fronten zwischen Täter und Opfer nicht geschlechterspezifisch auseinander dividiert, anhand von Inácio und Sara allerdings veranschaulicht er dennoch, wie unterschiedlich sich Macht auf das eigene Wesen auswirken kann.

                        Die Rückkehr zu den Urtrieben, zum Ursprünglichen und zum Verdrängten, kristallisiert in der örtlichen Abgrenzung von Küche, Gast- und Lagerraum ein Gesetz des Wilderen heraus, bei dem Inácio seinen Bediensteten im Verlauf der Geschichte gnadenlos unterliegt. Das Tierische seiner Seele, die Verwandlung zur Bestie, zerstört ihn letzten Endes, während Saras Wiederaufflammung ihrer animalischen Natur zur Selbstermächtigung führt. The Friendly Beast ist dabei nicht nur Genre-Machtspiel, sondern auch rohe, suggestiv arrangierte Spiegelung sozialer Realitäten, in die der Klassenkampf genauso einfließt wie Genderkonflikte. Was alle Charaktere verbindet, ist ihr Fleisch. Fleisch, welches man mit einem Messer zum Bluten oder einem prallen Schwanz zum Beben bringen kann. Oder man verzehrt es. Friss oder stirb, ganz ohne überflüssiges Psychologisierung. So sind wir nun mal, Schlachtvieh oder Metzger. [...]

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                        • 6

                          [...] Und wie das mit Erwartungen oftmals so ist, müssen diese auch irgendwann zwangsläufig enttäuscht werden. Nachdem Lethal Weapon 2 – Brennpunkt L.A. eine – sicherlich nicht überdeutliche, aber durchaus merkliche, einen Satz nach vorn zu machen wusste, entwickelt sich die Serie mit Lethal Weapon 3 – Die Profis sind zurück einen letztlich dann doch auffälligen Schritt zurück. Das grundlegende Problem des Films liegt in seinem Drehbuch begraben. Mag es an flotten Sprüchen nicht mangeln, so ist das eigentliche Kriminalkonstrukt, in dem es um einen abtrünnigen, eigentlich für tot gehaltenen Cop namens Jack Travis (Stuart Wilson, Der Staatsfeind Nr. 1) geht, weitestgehend uninteressant. Wilson fehlt die diabolische Präsenz eines Joss Ackland, der im Vorgängen noch zusammen mit seinen Herrenmenschen-Schergen für ordentlich Aufruhr und Krawall sorgte.

                          In Lethal Weapon 3 – Die Profis sind zurück kracht es auch in regelmäßigen Abständen und die knackige Action ist – auf Richard Donner ist hier weiterhin Verlass - zweifelsohne formidabel inszeniert: Gleich zu Beginn darf ein Parkhaus in die Luft fliegen, eine Verfolgungsjagd zwischen zwei Geldtransportern auf dem Freeway bereitet richtig viel Spaß und gegen Ende geht eine Luxuswohnsiedlung im Zuge eines ungestümen Gefechts in Flammen auf. Der Narration aber fehlt es an Geschmeidigkeit und Schmackes, denn im Prinzip denkt die Geschichte immer nur von Set Piece zu Set Piece, anstatt das bleihaltige Spektakel organisch in das Geschehen einzubinden. Kaum verwunderlich ist es daher, dass den dritten Teil immer wieder der (durchaus berichtigte) Vorwurf einholt, seine durchweg konfektionierte Story wäre reine Behauptung; pure Staffage, um Schauwerte zu liefern.

                          So gewöhnlich Lethal Weapon 3 – Die Profis sind zurück auch anmuten mag, er ist trotzdem immer noch in der Lage, mühelos über dem Genre-Durchschnitt zu verkehren, was natürlich vor allem an Mel Gibson und Danny Glover liegt, die sich hier wieder einmal mit voller Spielfreude in ihre Rollen werfen. Mag das Drehbuch auch keine wirklich berauschenden Ideen dahingehend mehr beistzen, was man aus den beiden Charakteren noch herausholen könnte (Murtaugh beispielsweise bekommt das Klischee schlechthin auferlegt, dass er kurz vor dem Ruhestand steht) und sich tonal auch immer mehr dem Komödiantischen hingeben (Joe Pesci darf als blondierter Leo Getz nun richtig abkaspern). Launig ist Lethal Weapon 3 – Die Profis sind zurück immer noch, weil Mel Gibson und Danny Glover offensichtlich immer noch richtig Bock auf das Ganze hatten. Zum Glück. [...]

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                            [...] Das liegt natürlich in erster Linie an Hauptdarsteller Kevin Costner, der in den 1990er Jahren nicht nur eine Starpersona von beinahe singulärer Breitenwirkung besaß, Costner konnte mit Der mit dem Wolf tanzt auch in die Ruhmeshalle der Oscar-Gewinner einziehen und wurde nicht mehr nur als Charismatiker, sondern auch als Künstler angesehen: Willkommen auf dem Karrierehöhepunkt. Sein Robin von Locksley distanziert sich indes gezielt von den klassischen Interpretationen der Figur, es gibt keinen grünen Spitzhut mit Fasanenfeder und keine Strumpfhosen mehr. Stattdessen mimt Costner einen Action-Helden, der nach seinen Erfahrungen während der Kreuzzüge von sozialer Verantwortung getrieben wird und darüber hinaus immer eine gewisse Ironie in seinen Auftritt verwebt. Der Robin Hood unter der Regie von Kevin Reynolds (187 – Tödliche Zahl) handelt gleichermaßen zivilcouragiert und lässig. Man muss ihm einfach verfallen.

                            Ein weiterer, sicherlich kaum minder entscheidender Aspekt für den Erfolg von Robin Hood – König der Diebe war natürlich auch seine vornherein klar abgesteckte Marschroute, die eine eindeutige Hingabe zum Blockbusterkino nicht nur in Aussicht stellte, sondern auch über eine Laufzeit von gut 140 Minuten einzuhalten wusste. Unterstützt von einem außerordentlichen Produktionsaufwand, lässt Robin Hood – König der Diebe mit seinen stimmungsvollen Kulissen nicht nur das mittelalterliche Flair des späten 12. Jahrhundert aufleben. Kevin Reynolds nutzt dieses historische, gerne ins Populärmythische übersteigerte Ambiente auch gekonnt, um es in einen riesigen Abenteuerspielplatz umzuwandeln. Robin und seine Gefährten springen im Kampf gegen den Sheriff von Nottingham (Alan Rickman, Stirb langsam) sowie seine Schergen über Burgzinnen, turnen durch die dichten Wälder des gefürchteten Sherwood Forest und liefern sich stürmische Kämpfe.

                            Neben der spritzigen und temporeichen Kurzweil, die der (Guerilla-)Einsatz für die Unterdrückten und Entrechteten mit sich bringt, ist es der Charakter des Azeem Edin Bashir Al Bakir (Morgan Freeman, Sieben), der hier besonders positiv auffällt: Im Gegensatz zur britischen Kultur ist er als Maure in der Lage, ein Fernglas zu benutzen, ein Kind via Kaiserschnitt zu entbinden und Schießpulver herzustellen. Weil er jedoch Berber ist, wird er von dem Waldläufern, die sich um Robin versammelt haben, vorerst nicht akzeptiert und diskriminiert. Bis schließlich auch Bruder Tuck (Michael McShane, Jede Menge Ärger) einsehen muss, dass diesem ebenso klugen wie tüchtigen Menschen Unrecht getan wird: „Ich bin zwar ein Mann Gottes, aber ich bin kein Mann von Welt.“ Insgeheim ist Azeem der wahre Held der Geschichte.

                            Ebenfalls sensationell: Alan Rickman in der Rolle des Sheriff von Nottingham. Man könnte seine Performance als Overacting beschreiben. Das überzeichnete Spiel aber macht zu viel Spaß, als dass man sich daran stören und es somit als Nachteil von Robin Hood – König der Diebe auslegen könnte, dass Rickman den Bösewicht zur Karikatur erklärt. Dieses repitilienartige, ausbeuterische und nicht zuletzt grausame Tyrannen-Würstchen, dessen Ehrgeiz auf die Thronbesteigung seinem Wahnsinn entwächst, reißt jede Szene wie selbstverständlich an sich – und läuft damit auch Kevin Costner in Sachen schauspielerischer Strahlkraft den Rang ab. Ein echtes Original. Genau wie der Film selbst, der sich zwar zielorientiert und ohne Reibungspotenzial von A nach B bewegt, dem Volkshelden Robin Hood und der dazugehörigen Folklore aber einen erfrischenden Auftritt schenkt, den Sean Connery (Marnie) als König Löwenherz in den letzten Minuten endgültig veredeln darf. [...]

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                              [...] Zu Anfang wird verdeutlicht: Die Geschichte, die Der Verlorene erzählt, ist nicht erfunden, ihr liegen Tatsachenberichten zugrunde. Und selbst als Zuschauer, der dieses dunkle Kapitel des zweiten Weltkrieges nicht als Zeitzeuge miterlebt hat, kann man sich mühelos vorstellen, dass ein derartiger Fall, wie ihn der Film aufbereitet, keine Seltenheit gewesen ist. Es geht um Scheinidentitäten, um Schuld und Sühne, um Licht und Schatten, um Verdrängung und Vergegenwärtigung – und letztlich auch um Mord und Selbstmord. Dr. Neumeister (Lorre), der früher mal Dr. Karl Rothe hieß, hat seine Verlobte Inge ermordet. Gedeckt wurde er von den Nazis,weil diese als Spionin für die Alliierten war. Die einzige Person, die davon wusste, war Hösch (Karl John, Hunde, wollt ihr ewig leben), der heimliche Liebhaber von Inge.

                              Und ausgerechnet dieser Hösch, der sich nun Nowak nennt, läuft Roth nun in einem Flüchtlings- und Auffanglager erneut über den Weg. In ihm findet der Dr. jedoch keinen Leidensgenossen, stattdessen erweist sich Nowaks Einstellung als vollkommen unverändert: Er brüllt, johlt, säuft und frisst, als wären die letzten Jahre weitestgehend spurlos an ihm vorbeigegangen. Daraufhin erzählt Roth ihm seine ganze Geschichte; auch darüber, wie er sich in seinem Lebensüberdruss ein weiteres Mal dazu gezwungen sah, erneut zu morden. Der Verlorene versteht sich als Psychogramm einer ganzen Nation: Lorre fand in den 1950er Jahren ein Nachkriegsdeutschland vor, in dem niemand zurück blicken wollte, um sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Es ging nur um Fortschritt, Weiterentwicklung und damit auch um die (Selbst-)Verleugnung der eigenen Wurzeln und Identität.

                              Der Verlorene konfrontiert die ebenfalls wortlos gefällte Abmachung der Deutschen, Stillschweigen über das zu bewahren, was in den letzten Jahren geschehen ist, indem er zur Auseinandersetzung, zur Verarbeitung aufruft. Dass der Film seinerzeit keinerlei Aufmerksamkeit fand und nach zehn Tagen wieder aus dem Kinoprogramm genommen wurde, versteht sich von selber. Peter Lorre hat die richtigen Fragen gestellt, er ist gezielt und damit hochgradig unangenehm in das gesellschaftliche Bewusstsein vorgedrungen. Er hat die Verknüpfung von politischem und privatem Unrecht aufgezeigt, um dem Schrecken klare Worte zuzuordnen. Die Inszenierung erweist sich dabei zuweilen von einer bedrückenden Intensität angetrieben, die immer wieder geflissentlich Eindruck erweckt, dass die alles umfassende Dunkelheit eine hausgemachte ist. Erst, wenn wir zu uns selber stehen, kann auch wieder Helligkeit Einzug in unseren Alltag erhalten. [...]

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                                [...] Durch eine Rezession wurde das Portemonnaie von David und Diana immer schmaler, was die immer noch Verliebten dazu anhält, ihr Glück an den Spieltischen von Las Vegas zu suchen. Und es funktioniert, die Würfel meinen es gut, 25.000 US-Dollar werden hier innerhalb von einer Stunde gewonnen. Ein Batzen Geld, auf dem David und Diana in der kommenden Nacht Sex haben. Blöd nur, dass der gesamte Zaster am nächsten Tag wieder verzockt wird, was den Milliardär und berüchtigten Frauenschwarm John Gage (Robert Redford, So wie wir waren) auf den Plan ruft, der eine Million US-Dollar dafür bietet, eine Nacht mit Diana verbringen zu dürfen. Ein unmoralisches Angebot, der Titel gibt es vor. Aber wer handelt hier nun wirklich verwerflich: Derjenige, der das Angebot angibt oder derjenige, der das Angebot annimmt?

                                In Ein unmoralisches Angebot aber kommt trotz zweifellos spannender Ausgangslage erneut jenes Problem zum Vorschein, welches bereits Adrian Lynes Eine verhängnisvolle Affäre einholen sollte: Mag der Film auch gut gespielt sein und die Handlung eine grundsätzlich ansprechende, so vollbringt es der Regisseur eben doch nicht, irgendwas über seine Charaktere respektive die Umstände des Menschseins, die Conditio humana, auszusagen. Das Gedankenspiel, ab welcher Summe ein Mensch käuflich wird, hätte ein aufregendes sein können. Lyne aber möchte keinen Diskurs über die Macht des Geldes formulieren, sondern gibt sich damit zufrieden, den Zuschauer mit einem theatralischen Triumph der Liebe abzuspeisen – immer wieder begleitet von einem der peinlichsten Voice Over aller Zeiten. Kein Ergründen moralischer Zwickmühlen, sondern eine spiegelblanke Hymne auf die erlösende Schönheit der Vergebung. Na dann. [...]

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                                  [...] Auch wenn Balian erst ablehnt, landet er irgendwann doch in Jerusalem – nicht zuletzt deswegen, weil ihm das Schicksal mehr als einmal überaus gewogen ist. Er übersteht nicht nur einen Hinterhalt, dessen Folgen Godfrey letztlich erliegt, sondern überlebt auch einen Schiffbruch und einen Schwertkampf mit einem Sarazenen: Er erweist sich als würdig, das heilige Land zu betreten. Oder noch mehr, er erweist sich als würdig, das heilige Land in ein Königreich des Gewissens zu führen. Mag die Figur des Balian auch etwas zu sauber erscheinen und mit Orlando Bloom einen Schauspieler zugesprochen bekommen haben, dessen darstellerisches Repertoire nicht zu Unrecht als überaus limitiert gilt, so wird dieser Charakter in Königreich der Himmel zum moralischen Gradmesser und Ankerpunkt einer Welt, in sich der nicht mehr Fürsten bekriegen, sondern seit über hundert Jahren ein Krieg der Götter tobt.

                                  Balian aber kommt indes nicht nach Jerusalem, um zu kämpfen, sondern um zu vermitteln und Frieden zwischen den Religionen zu schaffen. Er setzt sich für eine friedliche Koexistenz zwischen Christen und Moslems ein, um das Volk Jerusalems zu beschützen. Die Weitsicht, die Königreich der Himmel inne trägt, keimt dabei aus dem Umstand, dass die Anführer beider Parteien, sowohl der an Lepra erkrankte König Balduin (Edward Norton, Fight Club) als auch Sultan Saladin (Ghassan Massoud, Exodus: Götter und Könige), ebenfalls darum bemüht sind, Differenzen im Dialog zu klären. Dass dieses Vorhaben nicht aufgeht, liegt nicht an den beiden Anführern, sondern an ihren fanatischen, machthungrigen Untergebenen. Es kommt zu einer gigantischen Schlacht, Menschenmengen prallen auf Menschenmengen, die Wogen des Krieges veranschaulichen ihre unermessliche Kraft. Die Kreuzzüge waren ein elendiges Massensterben.

                                  Dieses archaische Schlachtengetümmel, welches im letzten Drittel von Königreich der Himmel entbrennt, ist schlichtweg herausragend inszeniert. Ridley Scott aber labt sich nicht an dieser virtuosen Bildgewalt, er erkennt nichts Heroisches im Akt des Tötens, sondern blickt immer wieder mit Abscheu und Schrecken auf das bestialische Treiben, welches sich in und um die Festung Kerak zuträgt. So beeindruckend und immersiv die Wirkung auch sein mag, die von der detailmanischen Ausstattung, den Kostümen und dem Produktionsaufwand ausgeht, Königreich der Himmel betreibt keine Schauwert-Augenwischerei, sondern formuliert ein deutliches Anliegen: Heiligkeit liegt im gerechten Handeln, nicht im Wahn von Fanatikern jedweder Konfession, die das Blutvergießen als Wille Gottes bezeichnen. Zu viele Religionen blitzten und blitzen weiterhin in den Augen zu vieler Mörder auf. Deswegen darf Saladin die klugen Worte sprechen, dass Jerusalem nichts und gleichzeitig alles bedeutet.

                                  Niemand hat Anspruch auf dieses heilige Land, weil wir alle Anspruch darauf haben. Auf die Klagemauer, das Grab Christi, die Moscheen. Besonders bitter, aber letztlich nur folgerichtig, erweist sich auch die Erkenntnis, dass es in den Kreuzzügen letztlich gar nicht mehr darum geht, für Gott in einen Krieg zu ziehen. Es geht um wirtschaftliche und politische Interessen, um Wohlstand und Ländereien. Hat sich daran etwas geändert? Die Kreuzzüge mögen vorbei sein, die Religionskonflikte fordern immer noch unzählige Tote – und in Jerusalem ist noch immer kein Frieden eingekehrt. Auch wenn Königreich der Himmel eine fiktive Geschichte vor historischem Hintergrund erzählt, seine Motivation ist ein zeitloser, aufrüttelnder Appell an des Menschen Verstand, sein Herz und seine Seele. Balian wird am Ende zurück nach Frankreich kehren, die Kreuzzüge gingen weiter. Hat er etwas verändert? Nicht auf Dauer. Aber er hat es versucht. [...]

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                                    [...] Bis auf den großartigen Dressed to Kill von Brian De Palma wird es in dieser Richtung nämlich erschreckend still. Auch Color of Night kann man natürlich nicht als reinrassiges Zugeständnis an das von Dario Argento (Tenebrae) maßgeblich geprägte Giallo-Kino verstehen, Richard Rush aber nutzt die Geschichte des von Hollywood Pictures (also Walt Disney!) vertriebenen Erotik-Thrillers, um sich immer wieder an der ausgefeilten Ästhetik des italienischen Subgenres zu orientieren. Das zeigt sich bereits in der ersten Szene von Bill Capa (Willis), seines Zeichens Psychotherapeut, der Zeuge davon werden muss, wie eine seiner Patienten aus dem Fenster seiner Praxis in den Tod springt. Nicht nur fühlt es sich so an, als würde eine halbe Ewigkeit vergehen, bis die verstörte Frau auf dem Boden aufschlägt.

                                    Das Blut, welches danach aus ihrem Körper quillt; die Farbe Rot, die die Straße New Yorks in einer gewaltigen Lache bedeckt, wird in diesem Moment markant zum Leitmotiv des weiteren Verlaufs erkoren. Bill Capa beschreibt den Anblick des Blutes später als eine Art Wesen, als einen Abgesandten der Hölle – und seitdem erkennt er die Farbe nicht mehr. Das Rot ist aus seinem Leben verschwunden, was gleichermaßen bedeutet, dass auch die Liebe und das Leben selbst verloren gegangen sind. Derlei Symbolik zieht sich durch den gesamten Film und tritt vor allem im Einklang mit dem immer wieder aufkeimenden stilistischen Eigensinn in Erscheinung, der Robert Rush zu ausgefallenen, elaborierten Kamerafahrten sowie einer eigentümlichen Montagetechnik hinreißen lässt. Inszenatorisch aufregend aber ist Color of Night letztlich dann doch zu selten, um wirklich zu hypnotisieren.

                                    Es geht hier zuvorderst um Bill Capa, der durch seine Schuldgefühlen in eine Lebenskrise getrieben wurde und nach Los Angeles aufbricht, um sich mit einem alten Freund, den Psychiater Dr. Bob Moore (Scott Bakula, American Beauty), zu treffen, der ihm seine Gesprächsgruppe vorstellt und ihn in seinem fulminanten Anwesen einquartiert. Kurz darauf aber wird Bob bestialisch ermordet, die Verdächtigen sind klar: Es muss einer seiner Patienten gewesen sein, was Bill dazu anhält, die Ermittlungen selbst in die Hand zu nehmen. Immerhin verdient er sein Geld als Psychoanalytiker, was bedeutet, dass ihm das Kombinieren, Interpretieren und Antizipieren nicht unbedingt sonderlich fern liegen sollte. Das klassische Whodunit, als das sich Color of Night die meiste Zeit begreift, wird jedoch mit dem Auftritt der attraktiven Rose (Jane March, Der Liebhaber) aufgebrochen.

                                    Noch vor seiner Premiere wollte man Color of Night zum Skandalfilm aufbauschen, was auch der unrühmliche Faktor bekräftigte, dass der Film nur zensiert in die amerikanischen Kinos gekommen ist. Im direkten Vergleich mit Basic Instinct, der hier eindeutig Pate stand, ist Color of Night in Sachen Sex und Brutalität fast schon handzahm. Sicherlich sieht man nackte Haut, darunter auch das entblößte Genital von Bruce Willis, und auch die Gewaltspitzen sind nicht gänzlich saftlos, für eine Kontroverse aber ist der Erotik-Thriller eigentlich nicht zu gebrauchen. Dafür ist er letzten Endes zu altmodisch und zu schwülstig, als dass er sich vollständig zu den frivolen Sleaze-Wurzeln bekennen würde, die die Regie von Richard Rush gerne andeutet. Vor allem aber ist Color of Night mit seinen 135 Minuten viel zu lang geraten.

                                    Um den über Gebühr konstruierten Nonsense, den das Drehbuch von Matthew Chapman und Billy Ray hier verzapft, zu rechtfertigen, hätte man vermutlich nicht einmal 100 Minuten in Anspruch nehmen müssen und wäre mindestens zu dem gleichen, wahrscheinlich aber zu einem besseren Ergebnis gekommen. Color of Night aber gibt sich ausladend und fehlgeleitet in seiner erzählerischen Entschleunigung, denn anstatt dem Zuschauer das seifig-hitzige Klima des (angeblich) undurchsichtigen Treibens näherzubringen, nimmt er sich durch seine Gemächlichkeit selbst den prickelnden Wind aus den Segeln. Die ohnehin vollkommen vorhersehbare Auflösung setzt diesem ungemein küchenpsychologischen Film dann die Krone auf und erklärt ihn endgültig zur Farce, was durchaus schade ist, denn Color of Night hätte das Potenzial gehabt, mit spannenden Referenzen gepickte, von psychosexuellem Fieber aufgeladene Neo-Exploitation zu werden. Zuweilen lässt sich das nämlich erkennen. [...]

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                                      [...] Alle Hoffnungen auf ein himmlisches Vergnügen aber werden in Windeseile zerschlagen, denn Striptease möchte sich nicht auf einer subversiven Ebene verwirklichen, sondern definiert sich im Kern tatsächlich als trampeliges Melodrama über eine Löwenmama, die sich dazu gezwungen sieht, ihre prallen Plastik-Brüste vor dem übelsten Gesocks der Stadt zu entblößen – alles natürlich zum Wohle ihrer Tochter. Irritierend sind allerdings die Wege, die das Narrativ einschlägt, um diese eigentlich dramatische Handlung über eine Laufzeit von fast zwei Stunden zu wuchten. Denn neben der größtenteils wenig ergötzlichen Fleischbeschau auf den Bühnen, versucht sich Striptease auch an einem politischen Kommentar, der vollkommen verloren in ein durchweg spannungs- kraftloses Thriller-Konstrukt eingewoben wurde: Mit der Hilfe des Kongressabgeordneten Dilbeck (Burt Reynolds, Boogie Nights) will Erin sich nämlich ihre Tochter zurückholen.

                                      Passenderweise ist dieser David Dilbeck ein absoluter Sabbergreis und Erin vom ersten Moment an vollkommen verfallen. Das geht dann sogar so weit, dass Dilbeck seinem Assistenten den Auftrag gibt, ein von Erin getragenes Höschen zu entwenden, damit er an diesem abends genüsslich schnüffeln kann, während er seinen gesamten Körper mit Vaseline eingeschmiert hat. Burt „Ich habe nur Milchbrei im Schädel!“Reynolds aber ist der einzige Schauspieler, der verstanden hat, in was für einem Schund er sich hier eigentlich bewegt. Seine gockelige Performance ist jenseits von Gut eine Böse – und einer der wenigen Gründe, warum Striptease zeitweise sogar amüsiert, anstatt durchweg zu verärgern oder ermüden. Selbst ein Ving Rhames (Pulp Fiction) macht keinen Spaß, obwohl er Menschen mit einer Bohrmaschine bedroht, einen Affen auf der Schulter spazieren trägt und Wutanfälle bekommt, wenn Free Willy - Ruf der Freiheit verliehen ist.

                                      Bis auf das grandiose Chargieren Reynolds, der hier offensichtlich in vollem Bewusstsein darüber war, dass es hier ohnehin nichts mehr zu verlieren gibt, ist dieser grenzenlos debile und bisweilen extrem sexistische Film eine einzige Frechheit, dessen Existenz allein darauf begründet, einen der damals größten Stars nackt vor die Kamera zu bekommen. Die anderen Stripperinnen verkommen indes zu objektivierten Dummchen, deren einziges Attribut ihre Körper sind, während Demi Moore durchweg betonen darf, zuvor einen „richtigen“ Job gehabt zu haben und nur aus Liebe zu ihrer Tochter in diesem Gewerbe gelandet zu sein. Das hier ist keine Imagepflege im Namen der allseits verrufenen Nackttänzerinnen, sondern ein stupider und jederzeit unglaubwürdiger Offenbarungseid, dem es nicht um Verführung und Einfühlung, sondern allein um das Gaffen und die Bloßstellung geht. [...]

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                                        [...] Die Ermittlungsarbeit wird dem frisch fünfzig gewordenen Roger Murtaugh (Danny Glover, Flug durch die Hölle) zugewiesen, der sich in der Aufklärung des Falls auch von einer gewissen Pflichtschuld bedrängt sieht, ist Amanda doch die Tochter eines Kriegskameraden von Roger gewesen, der ihm einst in Vietnam das Leben gerettet hat. Weil zwei Köpfe immer besser funktionieren als einer, bekommt Murtaugh zudem einen neuen Partner an seine Seite gestellt: Den hochgradig suizidgefährdeten Hitzkopf Martin Riggs (Mel Gibson, Menschen am Fluss). Riggs benötigt eine Aufgabe, um sich abends nicht wirklich einmal den Kopf wegzuschießen. Aus dem Bett kommt er morgens nur deswegen, weil er seinen Job inbrünstig liebt. Alles andere hat an Bedeutung verloren, seitdem seine Frau verstorben ist. Was dann nach der Zusammenführung dieser Charaktere folgt, ist schlichtweg Buddy-Movie-Geschichte.

                                        Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis gilt seit seiner Premiere vollkommen zu Recht als stilprägende Blaupause für dieses (Sub-)Genre. Das liegt vor allem daran, weil Richard Donner und Drehbuchautor Shane Black (Iron Man 3) begriffen haben, dass das Konzept eines Buddy-Movies nur dann aufgeht, wenn man die beiden Hauptdarsteller absolut gleichberechtigt behanelt. Mel Gibson und Danny Glover bewegen sich durchweg auf dem gleichen Level, niemand versucht dem anderen die Show zu stehlen, stattdessen spielt man sich die Bälle in Topform so wunderbar unverkrampft zu, dass es eine reine Freude ist, dem Duo dabei zuzusehen, wie der beruflichen Zwangsgemeinschaft zusehends eine freundschaftliche Beziehung entwächst. Riggs und Murtaugh beweisen sich dabei als Charaktere mit Ecken und Kanten. Sie sind Menschen, keine Maschinen, fehlerbehaftet und oftmals ihrem eigenen Naturell ausgeliefert.

                                        Genau das erhebt Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis zu einem Klassiker des 1980er Jahre Kinos: Sein lebensnaher Umgang mit den Protagonisten. Darüber hinaus glänzt Donners Regie durch seinen treffischeren, niemals albernen respektive überstrapazierten Humor und astreiner, durchaus harter Action, die sich vor allem im Finale vollends entfesseln kann, wenn Riggs und Murtaugh eine Gruppe ehemaliger CIA-Söldner (angeführt von Gary Busey, Alarmstufe: Rot), die ihr Geld inzwischen mit dem Schmuggel von Heroin machen, quer durch Los Angeles jagen. Am Ende aber wird deutlich, worum es hier eigentlich geht: Um Freundschaft. Freundschaft, die einen Menschen vor den eigenen Dämonen retten kann. Riggs erhält einen Platz in einer neuen Familie, Murtaugh findet endlich wieder Vertrauen in einem neuen Partner. Wie gesagt, Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis lebt für seine Charaktere. [...]

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                                          [...] Denn nachdem wir diese Einführung überstanden haben, die bereits aufzeigen sollte, dass Marcus Nispel weder mit Brutalität noch mit nackten Tatsachen geizen wird, kommt Clay (Jared Padalecki, Supernatural) ins Spiel, der an den legendären Crystal Lake fährt, um seine verschwundene Schwester Whitney zu suchen... und dabei einer feierwütigen Gruppe von Teenies in die Arme läuft. Was auch sonst? Das größte Problem von Freitag der 13. sind ohne Frage seine Protagonisten: Allesamt verkommen sie zu entweder zu klischierten Unsympathen oder ausdruckslosen Schlaftabletten auf zwei Beinen, die vor allem dazu taugen, von Jason möglichst garstig zur Strecke gebracht zu werden. Immer dann, wenn Marcus Nispel sich mit seinen Figuren beschäftigen muss, verliert sein Film jedwedes Tempo, stagniert und malträtiert den Zuschauer mit bisweilen schwachen, immer wieder Fremdscham hervorrufenden Schauspielleistungen.

                                          Die Charakere in den vorherigen Einträgen in die Freitag der 13.-Reihe waren mit Sicherheit auch nicht ausgereift, ohnehin war immer der Jason der unantastbare Star. Allerdings hatte ein Großteil der Filme die nötige Atmosphäre mitgebracht, um genau dieses Defizit auszugleichen. Marcus Nispels Neuauflage, die eigentlich nicht nur Reboot, sondern gleichermaßen Remake und Sequel darstellt, ist optisch zu sauber, zu geleckt, zu aufpoliert, als dass man die überdeutlich an das 1970er Jahre Kino angelehnte Düsternis in ihren bisweilen ausgewachenen Farben ernsthaft als wirkungsmächtig beschreiben möchte. Das wirkt nicht wirklich authentisch, sondern schmeckt zu sehr nach Kalkül. Allerdings gelingt es Freitag der 13. durchaus, mit einigen stimmungsvollen Kulissen aufzuwarten und Camp Crystal Lake samt Umgebung immer wieder gekonnt auf das hinterhältige Feeling eines spätsommerlichen Ferienlager-Idylls zurückfallen zu lassen.

                                          Eigentlich aber geht es in Freitag der 13. doch eh nur darum, Jason Vorhees von der Leine zu lassen. Und in diesem Fall muss man sagen, dass Marcus Nispel in jedem Fall ordentlich zulangt: Wenn die Horror-Ikone ihre Machete durch das knackige Fleisch der Halbstarken wetzen lässt, dann geschieht das auch blutrünstig, teilweise sogar fast schon viehisch in den eruptiven Gewaltspitzen und – wie es sich für einen echten Slasher nun mal auch gehört – entsprechend voyeuristisch (das gilt natürlich auch für die Sexszenen). In diesen Momenten, vor allem in Kombination mit dem trügerischen Setting, kann Nispel sein inszenatorisches Talent unter Beweis stellen und eine durchaus positiv überraschende Wucht entfesseln. Wären einem die Figuren (und damit auch die Story) doch nicht so schrecklich gleichgültig, Freitag der 13. wäre kein belangloser Abzählreim, sondern fast schon ein durchaus spaßiger Reißer. [...]

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                                            [...] Außer Frage steht natürlich, dass auch nicht alle vorherigen Einträge in die Nightmare-Reihe gelungen gewesen sind, allerdings besaß jeder einzelne Teil seinen eigenen Charme, wenn es darum ging, den Mythos um Freddy Krueger zu erweitern. Mit A Nightmare on Elm Street von Samuel Bayer (der z.B. das Musikvideo zu Smells Like Teen Spirit von Nirvana gedreht hat) ist Freddy nun allerdings vollends in den Mühlen des marktwirtschaftlich-konditionierten Wiederkäuens angelangt. Über Sinn und Unsinn derlei Neuauflagen zu diskutieren, ist (inzwischen mehr denn je) vollkommen überflüssig geworden. Die Frage, warum A Nightmare on Elm Street jedoch seine Daseinsberechtigung genießt, muss dennoch gestattet sein. Die Antwort darauf ist natürlich, dass man es hier mit einem zeitlosen Konzept zu tun, welches auch heutigen Generationen unbedingt näher gebracht werden sollte.

                                            Das Remake, für das sich auch das Produzententeam hinter den modernen Anpassungen von Michael Bay's Texas Chainsaw Massacre und Freitag der 13. verantwortlich zeigten, besitzt jedoch keinerlei Verständnis dafür, was Nightmare – Mörderische Träume bis heute so brillant macht. Stattdessen verkommt A Nightmare on Elm Street zur billigen Geisterbahnfahrt, die sich von Anfang bis Ende als ungeschickte und einfallslose Aneinanderreihung von Alptraumbildern versteht. Die Strahlkraft von Freddy Kruger, diesem popkulturellen Phänomen, vermag Samuel Bayer dabei zu keiner Zeit zu durchdringen. Sein Hauptaugenmerk liegt auf dem nächstbesten Jump Scare, was Freddy nicht zum mächtigen Angstfresser, sondern zum karikaturesken Schießbudenfigur erklärt. Vor allem Robert-Englund-Nachfolger Jackie Earle Haley (Little Children) kann einem wirklich leid tun, wenn man mit ansehen muss, wie dieses Machwerk das schauspielerische Vermögen dieses Mannes vollkommen ungenutzt verstreichen lässt.

                                            Das Schlimmste, was man Freddy Krueger antun kann, tritt im Falle von A Nightmare on Elm Street ein: Die Figur wird dadurch entmystifiziert, indem man sie vollkommen der Beliebigkeit preisgibt. Obgleich das Drehbuch noch darum bemüht ist, dem Charakter etwas Hintergrund zu schenken (aus dem Kindermörder wird nun ein Kinderschänder), bleibt Freddy hier ein öder Schachtelteufel, der vollkommen willkürlich aus dem Nichts hervorschrecken darf. Das ist plakativ und uninspiriert, vor allem, weil es dem hier fließenden Zustand zwischen Traum- und Wachzustand keine Möglichkeit einräumt, sich zu entfalten, um dem Zuschauer wirklich effektiv und eindringlich ein Gefühl davon zu vermitteln, wie es ist, seiner Angst vollkommen ausgeliefert zu sein. A Nightmare on Elm Street möchte nur ein schnöder Hochglanz-Schocker für den ADHS-Jahrgang sein. Hauptsache die Kasse stimmt. [...]

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                                              [...] Denn auch wenn sich Jack nicht mehr im bezahlten Dienst der CIA befindet, hat er doch trotzdem nichts von dem eingebüßt, was sich hier wohl am ehesten als amerikanisches Pflichtbewusstsein beschreiben lässt. Geistesgegenwärtig schreitet er im Angesicht des Anschlags zur Tat, streckt einige der Terroristen im Zuge eines Schusswechsels gekonnt nieder und fängt sich auch noch selber eine Kugel ein – so, wie es sich für einen echten Helden nun mal geziemt. Dass Jack bei dem Feuergefecht auch den Bruder des super-militanten Sean Miller (Sean Bean, Der Herr der Ringe: Die Gefährten) getötet hat, legt den Grundstein für das Szenario, mit dem Regisseur Phillip Noyce (Der Knochenjäger) seine Zuschauerschaft über eine Laufzeit von knapp zwei Stunden konfrontiert: Es geht um Rache, um alttestamentarische Vergeltungsgelüste.

                                              Der politische Kontext, nämlich der Nordirlandkonflikt, der sich über fast dreißig Jahre zog, ist nur ein Vorwand, um Sean Miller einem Geschwader zuzuordnen, das sich durch eine extreme Radikalität auszeichnet – in diesem Fall eben eine Splittergruppe der IRA. Die Stunde der Patrioten, basierend auf dem gleichnamigen Bestseller von Tom Clancy, fokussiert sich auf das Duell zweier Männer, die alles dafür tun würden, um ihre Familien zu beschützen (oder eben ihren Tod zu vergelten). Dadurch verliert der Film viel an erzählerischer Zugkraft, weil nicht nur der Ausgang dieses Mano-a-Mano-Kampfes von Beginn an absolut gewiss ist, sondern auch, weil dem Drehbuch die nötige Differenziertheit fehlt. Ein Beispiel dafür ist, dass Jack Ryan sich zurück in den Schoß der CIA begibt, man sich hier aber augenscheinlich nie die Finger dreckig macht.

                                              Eine der wenigen bedrückenden Szenen in Die Stunde der Patrioten ist jene, in dem der britische Special Air Service ein Wüstencamp dem Erdboden gleich macht, während Jack Ryan und seine Kollegen (u.a. besetzt mit James Earl Jones, Der König der Löwen) dem Geschehen auf einem Bildschirm via Satellitenübertragung folgen. Ein Moment, der durch seine gespenstische Stille stetig an beunruhigender Kraft zunimmt, letztlich aber auch nur noch einmal unterstreicht, dass es nicht die CIA ist, die sich für solche schmutzige Arbeit – und das ist diese Form moderner Kriegsführung fraglos - hergibt. Ohnehin erscheint Die Stunde der Patrioten immer wieder wie ein Hohelied auf den Auslandsgeheimdienst der Vereinigten Staaten. Sicherlich gibt es auch Verräter in den eigenen Reihen, aber im Großen und Ganzen wird hier ehrenwertes und ausschließlich wichtiges Werk vollrichtet.

                                              Das hinterlässt einen faden Beigeschmack auf der Zunge, denn reflektiert geht Die Stunde der Patrioten mit der amerikanischen Machtpolitik sicherlich nicht um. Die Stunde der Patrioten funktioniert dann, wenn Phillip Noyce dem altmodischen Thriller-Kino frönen kann; wenn Jack Ryan Verfolger abschütteln muss, Dokumente studiert und dem Klima der Bedrohung, welches von dem rachedurstigen Sean Miller ausgeht, ein Stück weit ausgeliefert ist, weil er nicht weiß, wann und wo dieser Mann angreifen wird. Genau dann ist der Film angenehm klassisch und nicht nur ermüdend rückständig. Harrison Ford bringt indes die nötige Präsenz mit, um Die Stunde der Patrioten auch über seine hüftsteifen Passagen hinweg zu tragen, während Sean Bean in der Rolle der terroristischen Reißbrettfigur vor allem damit beschäftigt ist, seine Stirn in Zornesfalten zu legen. [...]

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                                                [...] Nein, Robert Altman (The Player) wird Kansas City in ein ungemein bitteres Ende führen und vor allem darauf aufmerksam machen, dass es zwei Formen von Liebe gibt, die sich im sogenannten Heart of America ausgebreitet haben: Die zweckdienliche und die, die bis in den Tod reicht. Blondie möchte ihren Johnny (Dermot Mulroney, Copykill) aus den Fängen des afroamerikanischen Mobsters und Club-Besitzers Seldom Seen (Harry Belafonte, BlackKklansman) befreien. Dafür entführt sie Carolyn, die Frau des demokratischen Gouverneurs und Roosevelt-Beraters, in der Hoffnung, dass dieser die Muskeln spielen lässt, um Seen ein Stück weit einzuschüchtern. Bis wir aber in Kenntnis darüber gesetzt werden, ob Bonnies Plan wirklich aufgeht, verbringen wird viel Zeit mit der inbrünstigen Jean-Harlow-Verehrerin und ihrer Opium-süchtigen Geisel.

                                                Wir treiben durch ein zumeist nächtliches Kansas City, durch Bahnhofshallen und Kneipen, während die Dunkelheit höchstens von den aufpeitschenden Salven erhellt wird, die aus dem Mündungen der Tommy Guns bersten. Es ist vor allem der wunderbaren Performance von Jennifer Jason Leigh zu verdanken, dass Kansas City neben dem schwungvollen Jazz noch ein weiteres Gefühl der Vitalität entwickeln kann. Ihre Bonnie O'Hara ist ein scharfzüngiges, kratzbürstiges Biest; eine Frau der Tat, auch wenn diese Tat oftmals aus der puren Navität emporkeimt. Jennifer Jason Leigh bringt ein feuriges Temperament mit, welches den Film vom ersten Moment an in Beschlag nimmt. Ihre hochkarätigen Kollegen haben schlicht das Nachsehen – vor allem der ansonsten immer sehr ausdrucksstarke und ehrfurchterregende Harry Belafonte, dessen Kokain-benebelten Monologe irgendwann gehörig das Nervenkostüm strapazieren.

                                                Was der handwerklich sicherlich überaus soliden Ägide von Robert Altman schlichtweg fehlt, ist das Feuer, die Leidenschaft, der schöpferische Impuls, der Kansas City nicht nur zu einer stimmungsvollen, sondern auch zu einer glanzvollen Rekonstruktion der 1930er Jahre erklären würde. Keine Frage, die Ausstattung und Kostüme spiegeln einen überaus konkreten Eindruck vom Lokal- und Sozialkolorit jener Epoche wider, aber dem Film fehlt die erzählerische Dringlichkeit, was ihn nicht nur partiell indifferent und schleppend erscheinen lässt. Es ist letztlich der Liebe zur Musik, der famosen Jennifer Jason Leigh, dem authentischen Vergangenheitsportrait und diesem bitter-konsequenten Ende zu verdanken, dass Kansas City sich immer noch den Status eines durchaus sehenswerten Werkes erarbeiten konnte. Von den Sternstunden im Schaffen Altmans aber man hier weit, weit entfernt. [...]

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                                                  [...] Vorrangig steht natürlich der Humor im Zentrum des Geschehens: Als Besatzungsmitglieder der NSEA Protector konnten Cmdr. Peter Quincy Taggart (Tim Allen, Hör mal wer da hämmert), Dr. Lazarus (Alan Rickman, Stirb langsam), Lt. Tawny Madison (Sigourney Weaver, Aliens – Die Rückkehr), Tech Sgt. Chen (Tony Shalhoub, Monk) und Lt. Laredo (Daryl Mitchell, 10 Dinge, die ich an dir hasse) sagenhaften Heldentaten im interstellaren Raum frönen – allerdings nur als Schauspieler der in den 1980er Jahren beliebten Sci-Fi-Serie Galaxy Quest. In der Realität blättert der Ruhm der ehemaligen TV-Stars immer mehr ab, Cmdr. Taggart, der bürgerlich Jason Nesmith heißt, ist der einzige, der sich sein Leben in einer schicken Villa mit Pool noch leisten kann, während seine Kollegen auf Conventions und die Einweihung von Elektrofachgeschäften angewiesen sind.

                                                  Die Differenzen innerhalb der Crew sind dementsprechend eklatant, auch, weil Jason der einzige ist, der auf Fan-Veranstaltungen wie ein Superstar gefeiert wird. Dass es sich bei Galaxy Quest, der Kult-Serie, allerdings nicht nur um reine Massenware, um blanke Unterhaltung, handelte, sondern um die unbewusste Vorbereitung auf ein wirkliches Abenteuer, offenbart sich mit dem Auftritt einer Gruppe sogenannter Thermianer, die Jason bitten, sie gegen den mächtigen Kriegsherren General Sarris zu beschützen. Nach anfänglichen Veralberungen merkt der Galaxy Quest-Commander schnell, dass die überraschenden Besucher nicht etwa realitätsentrückte Hardcore-Fans sind, sondern Zugehörige eines Volkes, welches dringend Hilfe braucht, um nicht vollkommen ausgerottet zu werden. Die Serie hielten die Therminaer indes für historische Dokumente der menschlichen Kultur, so präzise hat das Format wiedergegeben, was sich tatsächlich im Weltall abspielt.

                                                  Und dann dauert es nicht lange, bis sich Jason und auch der Rest der Crew auf der Raumbasis der Außerirdischen befinden, um die Heldentaten zu bewahrheiten, die sie zuvor nur vor Kameras vorgetäuscht haben. Galaxy Quest – Planlos durchs Weltall gelingt es, sich über den Mythen weltweiter Hype-Phänomene zu amüsieren, Regisseur Dean Parisot (R.E.D. 2 - Noch älter. Härter. Besser.) und sein Autorenduo erzählen aber ebenfalls ein originäres Weltraum-Spektakel, welches Klischees und Konventionen des berühmten Vorbildes sowohl persifliert, diese aber gleichwohl zum dramaturgischen Taktgeber der eigenen Geschichte machen. Deswegen versteht sich Galaxy Quest – Planlos durchs Weltall nicht nur als Parodie, man bekommt hier auch eine Hommage geboten, in der die Gesetze des Drehbuches mit der Wirklichkeit abgeglichen werden.

                                                  Der selbstreflektorische Umgang mit den gigantischen Ausmaßen von Fankulturen, der Wirkung von medialer Mythenbildung und natürlich auch der Bedeutung der eigenen Identität, machen Galaxy Quest – Planlos durchs Weltall nicht nur zu einem großen, sondern auch zu einem bisweilen cleveren Spaß, der einem Spaceballs deshalb den Rang abläuft, weil er auf mehreren Ebenen funktioniert. Man muss Star Trek nicht kennen, um an dem effektreichen, mit stimmungsvollen Kulissen ausgestatteten Kampf gegen Sarris Freude zu haben. Im Endeffekt nämlich kann sich Galaxy Quest – Planlos durchs Weltall auch als originäre Erzählung beweisen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil das Ensemble absolut wunderbar ist: Tim Allen war nie besser und Sigourney Weaver nie ironischer. Die große Show aber liefert Alan Rickman ab, selten hatte man mit einem Charakter, der seinem Leben derart überdrüssig ist, so viel Vergnügen. [...]

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                                                    [...] Mit Ghost – Nachricht von Sam bewies Jerry Zucker aber nicht nur, dass er auch ohne das Beisein von Jim Abrahams und David Zucker blendend funktionieren kann, sondern vor allem, was für ein großartiger Regisseur auch in ihm steckt. Liest man sich Handlung des Filmes durch, möchte man eigentlich davon ausgehen, dass die von tragischen und magischen Ereignissen umgebene Liebesgeschichte von Sam (Swayze) und Molly (Moore) nur stupiden Nährboden für ein unsägliches Rührstück bietet, bei der der Schmalz geleeartig aus der Mattscheibe quillt. Ghost – Nachricht von Sam allerdings ist ein Paradebeispiel dafür, wie eine wirklich gute Hollywood-Romanze aussehen kann, weil die kreativen Köpfe hinter dem Projekt verstanden haben, dass es auf zwei Dinge ankommt: Originalität und Glaubwürdigkeit. Schade, dass es Filme dieser Art, in genau diesem Genre, heute nicht mehr gibt.

                                                    Was Ghost – Nachricht von Sam derart zum Glänzen bringt, ist sein Gespür, diverse Tonalitäten exakt aufeinander abgestimmt unter einen Hut zu bringen. Das Oscar-prämierte Drehbuch von Bruce Joel Rubin beherrscht nicht nur eine Tonart, stattdessen ist es herzergreifend und witzig, phantaievoll und spannungsgeladen, betörend, tragisch und kitschig - und vieles davon oftmals zur selben Zeit. Patrick Swayze und Demi Moore verinnerlichen dieses Spektrum an Empfindungen und geben Ghost – Nachricht von Sam sein stetig pochendes Herz, während Whoopi Goldberg (Bogus) als grelles und doch immer empathisches Medium Oda Mae Brown ihre womöglich beste Karriereleistung abliefert. Es erweist sich als ungemein entwaffnend, mitanzusehen, wie dieser überraschend präzise Film den Glauben an die echte Liebe aufleben lässt. Zum Dahinschmelzen, mit einer Träne im Knopfloch und einem glückseligen Lächeln auf den Lippen. [...]

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