SoulReaver - Kommentare
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Alle Kommentare von SoulReaver
[...] Auf dem Weg zu einem Rockkonzert in New York laufen die zwei Freundinnen Mari (Sandra Peabody) und Phyllis (Lucy Grantham) einer Gruppe aus dem Zuchthaus entflohener Straftäter in die Arme. Das Vorstrafenregister der vierköpfigen Bande, angeführt von Krug (David Hess, Wenn Du krepierst – lebe ich!), ist lang: Rauschgifthandel, Unzucht mit Minderjährigen, Gewaltverbrechen, Vergewaltigung, Mord. Wes Craven lässt in seiner grimmigen Ernsthaftigkeit keinerlei Zweifel daran aufkommen, dass die beiden Mädchen keine Chance haben werden, den triebgesteuerten, von einem gar viehischen Sadismus angetriebenen Monstern zu entkommen. Sie werden gedemütigt, vergewaltigt, ermordet. Als wäre dieser Umstand an sich nicht schon schrecklich genug, geschieht die Tat direkt im anliegenden Wald von Maris Familie – und weil Krug und Co. aufgrund eines Motorschadens festsitzen, suchen sie ausgerechnet im Elternhaus des Opfers erfolgreich Zuflucht.
Ja, John (Gaylord St. James) und Estelle (Cynthia Carr) erweisen sich gastfreundlich gegenüber den Mördern ihrer Tochter und bieten ihnen eine Übernachtungsmöglichkeit. Natürlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Elternpaar der schrecklichen Wahrheit, die Krug und seine Gefährten in das Haus gebracht haben, ins Gesicht blicken muss. Das letzte Haus links trägt die Angst vor dem gesellschaftlichen Kontrollverlust bis in die heimischen vier Wände. Vom Vietnamkrieg immer mehr zerrüttet, von der Panik vor sexueller Enthemmung verstört, weitet sich im Inneren Amerikas das Klima der sozialen Ohnmacht bis in die Verwahrlosung aus. Wes Craven fängt dieses lähmende Gefühl in abscheulichen Bildern ein und porträtiert Gewalteruption, die sich nach und derart ungeschönt verselbstständigen, dass die Taten der Verbrecher mit denen der rachsüchtigen Eltern alsbald nicht mehr zu unterscheiden sind.
Den Schrecken, den die Protagonisten über sich ergehen lassen müssen, ist hausgemacht. Er ist das Ergebnis jahrelanger moralischer Verwindung, Verdrängung, Verklärung. Wer der Wahrheit nicht in die Augen blicken möchte, muss sich nicht wundern, wenn einem die Wahrheit irgendwann die Augen aussticht, denn das Böse lauert überall. Auch in uns. Wes Cravens stilprägendes Terrorkino ist pur und gnadenlos, urwüchsig und unbehauen, eine fiebrige Aushebelung moralischer Grundsätze, eine Abrechnung mit der selbstgerechten Ignoranz der gutbürgerlichen Mittelklasse. Die überschaubaren Mittel, die der Produktion zur Verfügung stehen, sind dem Film in jeder Sekunde anzusehen, die wirkungsmächtige Rohheit, die aus der schmuddelig-schmucklosen Optik entsteht, treibt die rücksichtslose Bitterkeit des Szenarios jedoch nachhaltig an. Bis heute, wohlgemerkt, denn ätzender hat Craven nie wieder veranschaulicht, wie extrem das Politische in das Private hineingreift. [...]
[...] Mit Hollow Man ist das ganz ähnlich, denn wo Paul Verhoeven hier eigentlich in aller Bitterkeit über die menschliche Hybris, Verantwortung und Moralverlust sinnieren könnte, setzt er in Wahrheit einen fiese Psychopathen-Reißer in Gang, der deutlich mehr den rustikalen Mitteln der Kolportage als den beobachtenden Tugenden des Diskurses zugewandt ist. Es ist dabei allein schon eine Freude zu sehen, wie selbstverständlich sich Kevin Bacon in der Hauptrolle als absolutes Oberarschloch durch das Szenario frotzelt. Die Genialität dieses Mannes wird nur noch von seiner Geltungssucht übertroffen; ein gottbegnadetes Genie mit dem Hang zum Pathologischen. Ein echter Mad Scientist eben, der nur noch auf den entscheidenden Impuls warten, um all seine niederen Triebe endlich auszuleben – und was würde sich dafür mehr anbieten, als die Kombination aus Eifersucht und Unsichtbarkeit?
Wir können wirklich von Glück reden, dass es Paul Verhoeven gewesen ist, der Hollow Man inszeniert hat, traut dieser sich doch auch, die Abgründe toxischer Männlichkeit auch etwas extremer aufzuzeigen. Weil Sebastians Ex-Freundin Linda (Elisabeth Shue, Leaving Las Vegas) mit Matthew (Josh Brolin, Sicario) ins Bett steigt, fasst unser großartiger Irrer kurzerhand den Entschluss, dass jede Menge Menschen das Zeitliche segnen müssen. Sein erster Schritt, nachdem er seine neue Macht erlangt hat, ist allerdings, die vollbusige Nachbarin zu vergewaltigen, die er schon seit langer Zeit beim Entkleiden beobachtet. Wenn Paul Verhoeven die Niedertracht eines Mannes auf dem Kieker hat, dann geht er auch in die Vollen, weil er natürlich genau weiß, dass die Phantasien, die mit dem Potenzial der Unsichtbarkeit zusammenhängen, nicht zwangsläufig schicklicher Natur sind.
Etwas an Intensität verliert der vor allem dem Horror- wie Spannungskino zugewandte Hollow Man im großen Finale, wenn sich Paul Verhoeven dann doch nur noch damit beschäftigt, einen klassischen Action-Showdown zu reproduzieren, der alle Konventionen unter einen Hut bringt. Allerdings sind es auch in diesem Fall die wirklich kreativ genutzten Effekte, die Hollow Man davor bewahren, vollständig in den Durchschnitt abzusacken. An visuellem Einfallsreichtum nämlich mangelt es nicht: Genau in diesen Augenblicken, wenn sich Sebastians Silhouette aus dem Wasserdampf oder Zigarettenqualm hervorhebt; wenn er in einen Pool stürzt und das Wasser seinen Körper sichtbar macht, unterstreicht der Film seine handwerkliche Originalität. Sinnstiftend mag Hollow Man nicht sein, aber als dreckiges B-Movie, dem ein Budget zugesprochen wurde, welches ihm eigentlich gar nicht zugesteht, bereitet er gewaltig Laune. [...]
[...] Nachdem man Woody Allen (Der Stadtneurotiker) nicht unberechtigt nachsagte, er würde sich nur noch mit Variationen seiner großen Klassiker beschäftigen und ausschließlich wuselige Endlosschleifen großstädtischer Irrungen und Wirrungen reproduzieren, kam Match Point 2005 in die Kinos. Ein Film, der sich nicht nur für den Zuschauer, sondern auch für das – tatsächlich – durchaus gemütlich gewordene Schaffen des Altmeisters wie ein Pflock im Herzen der (fraglos) hochklassigen Komfortzone anfühlte. Fernab der wärmenden Geneigtheit, die Allen seinen Charakteren immerzu entgegenbringen konnte und abgekapselt vom ironischen Rhetorikschwung, der ihm eine Oscar-Nominierung nach der nächsten einbrachte, ist Match Point eine giftige, hinterhältige und in seiner Unversöhnlichkeit wahnsinnig virtuose Übersetzung von Dostojewskis litearischem Meilenstein Schuld und Sühne. Chris gewöhnt sich alsbald an den Lebensstil des höheren Kreises – seine Erfolgsversessenheit redet ihm selbst die Möglichkeit eines gerechten Mordes ein.
Woody Allen legt einen rücksichtslosen Zynismus an den Tag, der seinen Anfang allein damit nimmt, einen Tennisball auf der Netzkante tanzen zu lassen. Bruchteile einer Sekunde entscheiden darüber, wer aufsteigt und wer fällt, wer gewinnt und wer verliert. Dieser Zustand der Ungewissheit, dieser Moment in der Schwebe, bevor sich der Ball entschließt, auf die rechte oder linke Seite zu fallen, beschreibt das Klima, in dem sich Match Point entfaltet, sehr exakt. Jeder Schritt könnte hier eine intrigante Lawine in Bewegung setzen, die sich weder mit Ehrgeiz, noch mit Leidenschaft ausbremsen lässt. Also, warum Gefahr laufen, das gute Leben am Ufer der Themse aufgeben zu müssen? Wenn dröge Gespräche über die Intensität von Pinselstrichen und der Beischlaf mit einer Frau, die nur Mittel zum Zweck ist, der Preis für niemals versiegenden Wohlstand sind, ist Chris gerne bereit, diesen zu zahlen.
Mit der Präzision eines Chirurgen, zielstrebig, konzentriert und unabdingbar, nistet Woody Allen seine Charaktere in diese eiskalte Welt aus Schein und Sein ein. Vordergründig zuvorkommend, liebreizend und kultiviert, muss früher oder später dann doch Blut fließen. Blut, das nötig erscheint, um sich selbst den ein oder anderen Stolperstein aus dem Weg räumen zu können. Und das Schlimmste daran: Bevor der Zuschauer merkt, mit was für einem Menschen er es hier eigentlich mit Chris zu tun bekommt, sind die Sympathien für das durchtrieben-habgierige Scheusal bereits verteilt. Man fiebert mit und man ekelt sich. Jonathan Rhys Meyers jedenfalls war indes nie besser als unter der Ägide von Woody Allen, sein steinernes Mienenspiel wird fortwährend durch das unbarmherzige Funkeln in seinen Augen torpediert. Was dieser Mann sieht, das möchte er haben – und das Schicksal ist ihm in seinem liderlichen Tun auch noch gewogen. Spiel, Satz und Sieg. [...]
[...] Ein großes Kompliment, denn auch wenn The Kid – Der Pfad des Gesetzlosen letztlich nicht an die zergliedernde Eindringlichkeit eines Pat Garrett jagt Billy the Kid herankommt, versucht Vincent D'Onofrio auch hier bisweilen, das klassische Regelwerk des Western-Genres zu hinterfragen, indem er einen 15-jährigen Jungen namens Rio (Jake Schur) zwischen die Fronten von Sheriff Garrett (Ethan Hawke, First Reformed) und Desperado Billy (Dane DeHaan, The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro) geraten lässt. Dieser nämlich hat gerade seinen brutalen Vater erschossen und befindet sich nun zusammen mit seiner Schwester Sara (Leila George, Mortal Engines: Krieg der Städte) auf der Flucht vor ihrem nicht minder gewalttätigen Onkel Grant (Chris Pratt, Avengers 4: Endgame). Pat Garrett und Billy the Kid bilden nun zwei moralische Optionen, denen sich Rio im Kampf ums Überleben annehmen kann.
The Kid – Der Pfad des Gesetzlosen vermeidet es dabei jedoch angenehmerweise, sich auf eine Seite zu schlagen, um Rio die Entscheidung abzunehmen, wem der beiden Männer er sich denn nun anschließen soll. Vielmehr verwendet der Film viel Zeit darauf, die Ambivalenz der geschichtsträchtigen Persönlichkeiten zu akzentuieren: Mag Pat Garrett auch ein Mann des Gesetzes sein, heißt das noch lange nicht, dass sein Inneres von allen dunklen Mächten befreit ist. Billy the Kid hat viele Menschen umgebracht, Vincent D'Onofrio und Drehbuchautor Andrew Lanham aber erkennen in dem Outlaw keinen kaltblütigen Mörder, sondern ein vom Leben enttäuschtes wie verratenes Kind, das mehr und mehr an den Verletzungen der Vergangenheit zugrunde geht. Natürlich brauchen sich Pat Garrett und Billy the Kid mehr, als sie sich eingestehen möchten. Nur miteinander sind sie Jäger und Gejagter.
Der erzählerische Anspruch aber liegt hier nicht auf der historischen Akkuratesse, stattdessen wird ein fiktiver Junge zum Bindeglied zwischen Pat Garrett und Billy the Kid, um den Western zusehends als fragiles Reich der Mythen und Legenden zu begreifen. Mythen und Legenden, in denen (leider) oftmals auch ein nicht unwesentlicher Teil Realität steckt. Deswegen ist Billy den Zeitungen auch nicht böse, wenn sie über ihn schreiben. Es mögen größtenteils Lügen sein, doch ein Bruchteil Wahrheit an den Geschichten genügt schon, um den Galgen für seine Person zu rechtfertigen. Mag sich das Finale dann leider etwas zu konventionell gestalten, nicht zuletzt deshalb, weil Chris Pratt ein viel zu eindeutig geschriebenes Monstrum verkörpern muss, so bleibt The Kid – Der Pfad des Gesetzlosen doch als stimmungsvolle, stark gespielte Coming-of-Age-Erzählung in Erinnerung. [...]
[...] Es ist vor allem die erste Hälfte von Jeepers Creepers, in der Victor Salva, der auch das Drehbuch verfasst hat, sein atmosphärisches Gespür zum Ausdruck bringen kann. Wir begleiten dabei Darry (Justin Long, Galaxy Quest – Planlos durchs Weltall) und seine Schwester Trish (Gina Philips, Chained) die sich im Zuge der Semesterferien auf dem Weg zurück nach Hause befinden. Jäh gestört wird die bis dato ruhige Heimfahrt durch einen rostigen Lieferwagen, der offenkundig darum bemüht ist, die Studenten von der Fahrbahn zu drängen. Ein Vorfall, den die beiden schnell wieder vergessen hätten, doch der wahre Terror dieses Tages steht ihnen erst noch bevor, nachdem sie eine alte Kirche passieren und dabei beobachten, wie eine düstere Gestalt etwas in ein Rohr wirft, das in blutbefleckte Laken gewickelt ist und einem menschlichen Körper ähnelt.
Natürlich können Darry und Trish nicht einfach weiterfahren, stattdessen müssen sie auf eigene Gefahr in Erfahrung bringen, wohin dieses Rohr führt und was die Gestalt, die natürlich der Fahrer des Trucks ist, in dieses hineingeworfen hat. Victor Salva beweist dabei eine inszenatorischen Ruhe, die sich wirklich bezahlt macht. Die Ereignisse nämlich sollen sich in Jeepers Creepers erst einmal nicht überschlagen, vielmehr möchte der Regisseur den Zuschauer behutsam in das düstere Geheimnis einführen, welches in den Kellergewölben der alten Kirche, dem Haus der Qualen, wartet. Es ist dabei auch dem Zusammenspiel von Justin Long und Gina Philips zu verdanken, dass der Film mit einigen wirklich gelungenen Spannungssequenzen aufwarten kann. Mögen die beiden Schauspieler auch keine Glanzleistungen bringen, sie harmonieren, ihre Neugierde, ihre Ängste und auch ihre Sorgen füreinander sind glaubwürdig.
In der zweiten Hälfte, wenn das Böse, der Creeper, immer mehr Screentime erhält, verlässt sich Jeepers Creepers strukturell etwas zu sehr auf die Konventionen des Genres und konfrontiert den Zuschauer mit einem letztlich durchaus formelhaften Finale in den dunklen Gängen eines Polizeireviers. Sicherlich sind auch diese Momente durchaus stimmungsvoll in Szene gesetzt, vor allem, weil sich der Creeper einfach durch ein starkes Design ausgezeichnet (wie eine Art geflügelter Wishmaster). Die schleichende, sich sukzessive verdichtende Bedrohung der ersten Hälfte aber kann Jeepers Creepers später nicht mehr für sich beanspruchen. Was man Victor Salva allerdings zugutehalten muss, ist, dass er hier ein originäres Monster präsentiert, welches wirklich das Zeug besitzt, zur Ikone innerhalb des Horrorkinos aufzusteigen. Wie wir heute wissen, hat das zwar nicht ganz geklappt, aber wenn uns das Genre etwas gelehrt hat, dann, dass niemals wirklich aller Tage Abend ist. [...]
[...] Die Verwandtschaft zwischen Spuk in Hill House und We Have Always Lived in the Castle erweist sich natürlich als selbsterklärend: Shirley Jackson ist nicht nur die Vorlagengeberin gewesen, auch spielt in beiden Fällen in gotisches (und auch im übertragenen Sinne verfluchtes) Herrenhaus eine zentrale Rolle, in deren historischen Gemäuern dunkle (Familien-)Geheimnisse darauf warten, endlich aufgedeckt zu werden. Mag sich in We Have Always Lived in the Castle auch kein Tor ins Reich dämonischer Urkräfte öffnen, dreht sich auch hier alles um den dunklen Schleier, der das Leben einer Familie schon seit Jahren umhüllt. Constance Blackwood (Alexandra Daddario, San Andreas) nämlich soll ihre Eltern durch eine mit Arsen versetzte Zuckerdose umgebracht haben. Den Mord aber konnte man ihr nicht nachweisen, was zu einem Freispruch geführt hat. Ganz zum Unmut der Dorfbewohner.
We Have Always Lived in the Castle verwendet viel Zeit darauf, die von Feindseligkeit und Verachtung geprägte Stimmung zu beschreiben, die Constance und ihrer kleinen Schwester Katherine, genannt Merricat (Taissa Farmiga, American Horror Story), hier beständig entgegengebracht wird. Nur Onkel Julian (Crispin Glover, Zurück in die Zukunft), der ebenfalls im Blackwood-Manson-Anwesen lebt, bleibt vom Zorn der Allgemeinheit weitestgehend verschont, sollte doch auch er vor sechs Jahren dem Gift erliegen, landete letztlich dadurch aber „nur“ im Rollstuhl. Während Constance nach dem Tod ihrer Eltern nicht mehr das Haus verlassen hat, muss Merricat jeden Dienstag für diverse Einkäufe vor die Tür. Bevor sie sich allerdings den Anfeindungen der Bevölkerung aussetzt, spricht sie Analogiezauber und vergräbt Talismane, um ihre geliebte Schwester vor möglichen Gefahren durch Eindringlinge zu beschützen.
Natürlich gelingt das auf lange Sicht nicht, denn irgendwann steht urplötzlich der undurchsichtige Cousin Charles (Sebastian Stan, Destroyer) vor der Tür und schmeichelt sich bei Constance ein. We Have Always Lived in the Castle kann sich zwar auf durchaus gelungene Schauspielleistungen verlassen und vollbringt es immer wieder, den schaurigen Charme neuenglischer Märchen heraufzubeschwören. Das psychologisches Brodeln, welches zuletzt Spuk in Hill House so intensiv gestaltet hat, bleibt dem Geflecht aus Angst, Paranoia, Isolation und Schuld weitestgehend fremd. Stattdessen wirkt Stacie Passons Werk wie die etwas mehr als 90-minütige Verfilmung eines Heftromans, der inhaltlich nur in der Hinsicht überzeugt, wenn er das unerschütterliches Band der Schwesternliebe porträtiert und die gegenseitige Hingabe nicht nur als aufopferungsvollen, sondern auch als pathologischen Gefühlsknoten begreift. [...]
[...] Das Unwettertief, welches sich am Himmel über Miami zusammenbraut, versteht sich hier nicht nur als reines Naturereignis, der Sturm dringt hier bis in die private Sozialzelle vor, wenn Malcolm seine Freundin Christine (Mariel Hemingway, Superman IV – Die Welt am Abgrund) aus den Augen verliert, um Tag und Nacht dafür bereit zu sein, den nächsten Anruf von Alan Delour (Richard Jordan, Das Geheimnis meines Erfolges), dem sogenannten Numbers Killer, entgegenzunehmen. Das mörderische Paradies von Phillip Borsos (Wenn Träume wahr werden), basierend auf dem Roman The Heat of the Summer von John Katzenbach, thematisiert das (selbst-)zerstörerische Wesen der vierten Gewalt, wenn Malcolm zusehends in einer Abhängigskeitsspirale gefangen genommen wird, ohne zu bemerken, dass er längst in eine Art Komplizenschaft mit einem Mörder getreten ist.
Natürlich erinnert diese motivische Verlagerung zwangsläufig an David Finchers Opus magnum Zodiac – Die Spur des Killers mit Jake Gyllenhaal und Robert Downey jr. Mag Phillip Borsos auch die analytische Präzision Finchers fehlen, so erweist sich Das mörderische Paradies doch durchaus als sehenswerter Vorbote dieses modernen Klassikers. Auch hier beschäftigt man sich – zum Glück mit dem nötigen Ernst – mit der inneren und äußeren Dynamik, die die diffuse Präsenz eines Serienmörders auf das Private und das Gesellschaftliche auszulösen vermag. Malcolm und der Numbers Killer ziehen lange Zeit an einem Strang, wenn sie sich gegenseitig dabei unterstützen, mediale Berühmtheit zu erlangen. Am Anfang sagt Malcolm einmal, dass er e leid ist, seinen Namen neben den Bildern von Ermoderten zu sehen. Vermutlich hat er diese Aussage nur getroffen, weil sie ihm den erstrebten Ruhm (in Form des Pulitzer-Preis) bislang nicht eingebracht hat.
Bis das bittere Erwachen endlich auch Malcolm in seiner Selbstbesoffenheit eingeholt hat, ist es beinahe schon zu spät, denn der Numbers Killer hat sich bereits sein fünftes Opfer ausgesucht. Malcolm war in diesem tödlichen Spiel niemals nur der Verfasser der Nachricht, sondern von Beginn an ein Teil dieser. Eine gute, massenwirksame Story, von der sich der Reporter nicht zuletzt auf Kosten seiner Freundin hat vereinnahmen lassen. Bahnt sich schließlich das große Finale an, kommt es zu einigen Drehbuchentscheidungen, die Das mörderische Paradies in seinem durchaus beständigen Thrill nicht mehr nur packend, sondern auch konstruiert erscheinen lassen. Dank der sauberen Spannungsregie und den Schauspielern, allen voran ein gewohnt grundsolider Kurt Russell an vorderster Front, weiß Das mörderische Paradies auch nach über dreißig Jahren noch zu überzeugen. [...]
[...] Während uns die Röntgenbilder im Vorspann unter dem Einsatz von New Orders Blue Monday präsentiert werden, treffen wir Oliver drei Monate später in einer Reha-Klinik wieder. Ansatt sich aber auf die radikale Lebensumstellung einzulassen, zählt für ihn immer noch nur der Job, das Geld, der Aufstieg. Als Zuschauer weiß man natürlich, dass dieser Charakter nicht nur eine Therapie benötigt, sondern auch eine Lektion, die endlich zurück auf den Boden der Tatsachen holt. Das Schöne an Die Goldfische ist, dass diese Lektion zwar kommt, Regisseur und Drehbuchautor Alireza Golafshan aber kein Interesse daran aufzeigt, diese Geschichte des Erwachens als verklemmt-pädagogisches Moralstück zu erzählen, sondern viel lieber ein Loblied auf das Anderssein anstimmt. Alsbald nämlich trifft Oliver auf eine vierköpfige Behinderten-WG und das Chaos nimmt seinen Lauf.
Als Oliver von seinem Kollegen Julius (Klaas Heufer-Umlauf, Großstadtklein) nämlich in Erfahrung bringt, dass die Finanzbehörden mal wieder verstärkt Züricher Schließfächer auf Schwarzgeld kontrollieren, gibt es für den Workhaolic nur eine Möglichkeit: Er muss irgendwie in die Schweiz kommen, um sein dort an der Steuer vorbeigeschleustes Kapital in Höhe von 1,2 Millionen Euro zurück nach Deutschland zu bringen. Und was wäre schon sicherer, als ein Bus voller Behinderter, die sich deshalb im Land der Eidgenossen aufhalten, um an einer Kamel-Therapie teilzunehmen? Eben. Niemand würde einen Bus voller Behinderter anhalten! Ein wasserdichter Plan, der sich in Die Goldfische zum temporeichen Road Movie entwickelt, in dem nicht nur das grandios aufspielende Ensemble für jede Menge Vergnügen sorgt, sondern gerade Golafshans selbstbewusster Umgang mit seinen Protagonisten.
Die Goldfische lehnt es auf erfrischende Art und Weise ab, seine Akteure mit Samthandschuhen zu behandeln, damit jeder Zuschauer idiotensicher feststellen darf, dass dieser Film auf jeden Fall und in jeder Minute gut gemeint ist. Stattdessen beweist Alireza Golafshan ein ungemein quirliges Humorverständnis in der Handhabung von Klischees und Vorurteilen, schafft es aber gleichwohl, seine Figuren niemals bloßzustellen. Die Behinderten, ob autistisch, blind oder geistig zurückgeblieben, sind keine Sidekicks, sondern durchweg auf Augenhöhe mit Oliver und dürfen nicht nur die großen Lacher ernten, sondern scheulos bestätigen, dass sie gar nicht so hilflos und unselbstständig sind, wie sie von der Gesellschaft gerne abgetan werden. Dramaturgisch mag Die Goldfische zwar immer noch konventionell bleiben, sein Publikum (und seine Charaktere) aber möchte er niemals für blöd verkaufen. Dafür ist er zu lebensfroh, frech und treffsicher. [...]
[...] Eigentlich stehen die Zeichen auf rustikaler Männerunterhaltung: Ein schweigsamer Einzelkämpfer mäht sich rücksichtslos und absolut unmenschlich durch die Reihen. Nicolas Winding Refn jedoch entwirft hier einen absoluten Gegenentwurf zur obligatorischen Wikinger-Action-Mär: Der von Mads Mikkelsen verkörperte One Eye ist eigentlich kein echter Charakter, zu dem man eine echte Bindung aufbauen könnte. Vielmehr ist der Einäugige ein mythologisches Prinzip, in dem sich die Beschaffenheit der Welt, in der Walhalla Rising angesiedelt hat, bündelt. Eine Welt, in der der Tod regiert. Die Gruppe Christen, der sich One Eye anschließt, um mit diesen nach Jerusalem aufzubrechen, findet sich alsbald im – wortwörtlichen – Nebel der Zeit wieder. Der Aufbruch unterliegt zwangsläufig einer alles umgreifenden Sinnlosigkeit. Jede Suche nach einer Möglichkeit, endlich anzukommen, endet in Wahnsinn, Blut, Ohnmacht.
Nicolas Winding Refn macht es seinem Publikum mit Walhalla Rising nicht einfach. Die entschleunigte Wikinger-Odyssee ist sperrig, inszeniert konsequent an herkömmlichen Sehgewohnheiten vorbei und folgt erzählerisch keiner erkennbaren Struktur. Stattdessen geht es um die Atmosphäre einer archaischen Epoche, in der offenkundig nur die Gewalt als Konstante besteht. Sie führt Menschen zusammen, aber sie entweit sie vielmehr. Walhalla Rising spricht von einem erbarmungslosen, kalten Zeitalter, in dem der Teufel nicht nur seine Gesandten geschickt hat, sondern höchstpersönlich durch die Nebel-verhangenen Hügellandschaften Schottlands wandelt. Und womöglich ist One Eye der Leibhaftige, der die Christen auf ihrem Pfad der Missionierung (sprich: dem Abschlachten von Ungläubigen) in das Verderben schickte. Dadurch funktioniert Walhalla Rising nicht nur vor historischer Kulisse, sondern transzendiert diese in eine geschichtsphilosophische Dimension.
Die meditative Langsamkeit, mit der sich Walhalla Rising über seine kaum mehr als 90-minütige Laufzeit formuliert, entlädt sich in ihrer urgewaltigen Wucht zusehends in einem geradezu rauschhaften Pessimismus. Nicht nur mit dem Mythos vom heiligen Land räumt Nicolas Winding Refn hier radikal auf, sondern auch mit der Illusion, eine Bedeutung in der eigenen Existenz finden zu können. Die nordische Mythologie ist hier indes kein geschichtsträchtiger Gegenstand, sondern stilistische Projektionsfläche einer hypnotische Reise ins Herz der Finsternis. Ein flirrender Fiebertraum, der sich in deliranter Elegie wähnt und von einer wirkungsmächtigen Bildgewalt durchdrungen ist, wie sie in dieser durch und durch roh-beklemmenden Form wohl nur von Nicolas Winding Refn stammen kann. Aber nicht nur die Landschaft ist eine schaurig-ungezügelte, sondern auch die menschliche Natur. Ein einziger Abgrund. [...]
[...] Durch die Flut von der Außenwelt abgeschirmt, wissen Richard und Albert nur einen Ausweg: Sie rufen Katelbach an, ihren Boss, damit dieser möglichst zeitnah vorbeikommt und die beiden schweren Jungs aus ihrer Misere befreit. Was man über den Film von Roman Polanski (Die neun Pforten) sagen kann, ohne zu viel zu verraten, ist: Katebach wird nicht auftauchen, auch wenn er am Telefon etwas anderes verlauten lassen hat. Dieser Umstand ist jedoch nicht die Vorwegnahme der (womöglich) entscheidenden (Drehbuch-)Pointe, sondern vielmehr das absurde Prinzip, nach welchem sich das Szenario in Wenn Katelbach kommt verwirklicht. Albert segnet alsbald das Zeitliche, was Richard, George und Teresa in das Zentrum des Geschehens rückt. Was alle Charaktere miteinander verbindet, ist die Sackgasse, in die sie das Leben inzwischen geführt hat.
Die drei Quasi-Leidensgenossen müssen sich also damit abfinden, Zeit auf dem Lindisfarne Castle (Northumberland) tot zu schlagen. Wie macht man das? Natürlich, man greift erst einmal zur vollen Flasche Wodka („Der kommt gleich nach Mord!“) und stellt dann im gegenseitigen Austausch fest, dass man genauso miteinander sympathisiert, wie man sich letzten Endes auch anwidert. Das gilt für alle beteiligten Personen. Die Beziehung zwischen Teresa, einer gleichermaßen gazellenhaften wie kaltschnäuzigen Ex-Prostituierten, und George, einem ehemaligen Fabrikbesitzer, der nunmehr zum traurigen Clown geworden ist, scheint von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Roman Polanski, dessen groteskes Kriminalstück ausschließlich auf Atmosphäre und Schauspieler setzt, versteht den ruppigen Störenfried Richard auch als Entscheidungsgehilfen, weil er das Offensichtliche allein durch seine Präsenz in die Tat umzusetzen weiß.
Die Vergleiche mit Samuel Becketts Warten auf Godot liegen natürlich auf der Hand, auch Roman Polanski hat sich nie davor gesträubt, das weltberühmte Bühnenstück als Inspirationsquelle anzugeben. Anders als bei Beckett allerdings kommt für die Protagonisten in Wenn Katelbach kommt irgendwann der Tag der Entscheidung, auch, wenn Katelbach selbst niemals in Erscheinung tritt. Interessant und ebenso amüsant dabei zu beobachten ist, wie Polanski es schafft, genreinhärenten Konventionen aus dem Weg zu gehen, um in der Abweichung aber gleichwohl Nähe und Leidenschaft für das Genre-Kino an und für sich zum Ausdruck zu bringen. Wenn Katelbach kommt ist eine filmische Erfahrung, die aus dem Ungewissen entsteht und letztlich auch wieder in das Ungewisse verschwindet. Ein einzige Aneinanderreihung von Kapriolen, die Polanski allesamt im Namen des Kinos schlägt. [...]
[...] Seine leichteste Übung ist es dabei, den Erwerb einer Konzession auszusprechen, um diese dann durch den Einfluss eines politischen Funktionärs verhindern zu lassen und somit die persönliche Schuldenliste um einige arme Seelen zu erweitern. Wie zum Beispiel One Two (Gerard Butler, Angel Has Fallen), Mumbles (Idris Elba, Bastille Day) und Bob (Tom Hardy, The Dark Knight Rises), die Lenny vollkommen kompromisslos auflaufen lässt. Urplötzlich steht das Trio bei dem Mobster mit satten zwei Millionen Pfund in der Kreide. Diese Verwicklung aber ist nur der Aufhänger, der das Narrativ von RockNRolla ins Rollen bringt. Die Verstrebungen zwischen den Charakteren und Institutionen dehnen sich zu einer stetig unter Strom stehenden Kausalitätskette aus, an derem Ende letztlich nur der Tod stehen kann. Jedenfalls für einige der Beteiligten.
Originell ist RockNRolla nicht, die inszenatorische Frische eines Bube, Dame, König, GrAs oder Snatch – Schweine und Diamanten konnte Guy Ritchie ohnehin nie wieder erreichen. Mag seine Handschrift auch in der hiesigen Unterwelt-Groteske deutlich zu erkennen sein, Ritchie hält sich inzwischen nicht mehr nur im Schatten der unerreichbaren Vorbilder wie Quentin Tarantino (Pulp Fiction) und Martin Scorsese (GoodFellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia) auf. Er verkehrt nunmehr auch in seinem eigenen Schatten. Nach Revolver mit Ray Liotta und Jason Statham, dem mutig-existenzialistischen, aber auch vollkommen Symbol-überfrachteten Diskurs über den Feind in uns Selbst, der sich im Schatten unserer Angst verbirgt, erscheint RockNRolla wie die bauchige Rückbesinnung auf die eigenen Stärken. Wie die Stilübung eines einstigen Kultregisseurs, der noch einmal all seine Lässigkeit unter Beweis stellen möchte.
Und unter diesem Blickpunkt überzeugt RockNRolla. Er möchte nicht mehr die großen Themen bemühen, sondern begreift sich selbst als knackiger Oberflächenrausch, bei dem der Titel Programm ist. Dynamisiert durch (gewohnt rhetorisch ausgefeilte) Dialoge und einem famosen Soundtrack (bestehen aus Lou Reed, The Subways und Scientists), werden Gerard Butler, Idris Elba, Tom Hardy, Mark Strong (Syriana), Toby Kebbell (Destroyer) und Thandie Newton (Westworld) in rasanten Schnittfolgen durch das halbseidene Gewerbe gepeitscht und dürfen sich dabei ganz dem künstlerischen (Oberflächen-)Anspruch des Regisseurs hingeben: Es geht um Tempo, Rhythmus, Flow, Bewegung und Ästhetik. Mag RockNRolla inhaltlich auch kaum ergiebig sein (vor allen in Anbetracht der Vorbilder), so bleibt der Film dennoch ein Beleg dahingehend, dass Guy Ritchie sich durch den ein oder anderen kommerziellen Misserfolg weder sein Stil-, noch sein Selbstbewusstsein nehmen lässt. [...]
[...] Ein echter Alltagstrott kann sich für das Trio hier allerdings gar nicht erst einstellen, denn als am Horizont ein Schoner mit gehisster Notflagge auftaucht, nimmt das Chaos in Das Licht am Ende der Welt von Kevin Billington (The Rise and Rise of Michael Rimmer) seinen skrupellosen Lauf. Moriz und Felipe werden Opfer einer von Freibeutern gestellten Falle und postwendend kaltblütig ermordet. Nur Denton überlebt und ist von nun an auf sich allein gestellt, während daraufhin die Seeräuber, angeführt vom Piratenfürst Jonathan Kongre (Yul Brynner, Mohn ist auch eine Blume), falsche Lichtzeichen für sich nutzen, um Schiffe in die Klippen zu locken, um sie danach auszurauben. Das Licht des Leuchtturms, welches für viele Reisende in der Dunkelheit dem Antlitz Gottes gleichkommt, wird zum heimtückischen Instrument rücksichtsloser Bestien in Menschengestalt.
Kevin Billington adaptiert hier einen Roman von Jules Verne, der nach dessen Tod durch seinen Sohn Michel Verne überarbeitet wurde. Fernab von der eskapistischen Abenteuerlust und dem amüsanten Entdeckerdrang eines In 80 Tagen um die Welt, 20.000 Meilen unter der Erde oder Die Reise zum Mittelpunkt der Erde, unterläuft Das Licht am Ende der Welt sehr gezielt die Erwartungshaltungen des Publikums, indem er sich jedem Anflug von vergnüglichem Piraten-Trubel verweigert und als ein roher, teilweise fast schon ins Nihilistische ausschlagender Überlebenskampf artikuliert, der zwangsläufig auf die finale Begegnung zwischen Kirk Douglas und Yul Brynner hinausläuft. Die marodierenden Seeräuber legen eine sadistische Grausamkeit an den Tag, die dieser hochkarätig besetzten Großproduktion eine wahrlich bittere Unausweichlichkeit einverleibt. Ob Frauen, Kinder oder ein kleines Kapuzineräffchen – niemand ist sicher.
Will Denton, den Kirk Douglas mit seiner unnachahmlichen Präsenz ausstaffiert, kann es seinem Gewissen irgendwann nicht mehr zumutet, sich weiterhin zu verstecken und tatenlos dabei zuzusehen, wie die Piraten immer mehr Menschen in ihr Verderben führen. Das Packende an Das Licht am Ende der Welt ist dabei, dass sich die Kompromisslosigkeit, mit der Kevin Billington hier zur Tat schreitet, gegen jeden einzelnen Charakter richtet. Tatsächlich gewinnt der Film seine rabiate Grundstimmung aus der Konsequenz, dem Zuschauer sehr greifbar zu vermitteln, dass es hier in jeder Minute um Leben und Tod geht. Unterstrichen wird dieses archaische Klima dadurch, dass man sich oftmals nur auf die natürliche Soundkulisse verlässt: Die grollende Brandung, die an den Klippen der Insel brechenden Wellen, wild und unbändig. So wie die menschliche Natur. [...]
[...] Die beeindruckende Dokumentation von Asif Kapadia (Senna, Amy) konzentriert sich vor allem auf die Jahre 1984 bis 1991, Maradonas Zeit im Dienste des SSC Neapels. Nach zwei Jahren beim FC Barcelona, die zu einer wahren Katastrophe gerieten, schloss sich Maradona dem ausgestoßenen Verein aus Süditalien an und wurde zum neuen Erlöser verdammt. Die ärmste Stadt Italiens kaufte den teuersten Spieler der Welt. Die Erwartungen, die an den gerade einmal 23-jährigen Maradona gestellt wurden, waren astronomisch. Seinen Niedergang unterzeichnete er letztlich damit, dass er allen Erwartungen gerecht wurde. Neapel wurde zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte Meister in der Seria A und holte den UEFA-Pokal. Nebenbei wurde Maradona 1986 mit Argentinien noch Weltmeister und musste zwangsläufig unter der Last zerbrechen, von allen als Gott gefeiert zu werden.
Asif Kapadia konnte für Diego Maradona aus 500 Stunden Archivmaterial schöpfen, die Stimmen von Weggefährten, Zeitzeugen und dem titelgebenden Protagonisten legen sich über die grobkörnigen Aufnahmen und erschaffen eine ungemein beklemmende Atmosphäre, wenn man als Zuschauer über 120 Minuten verfolgen muss, wie eine unantastbare Ikone zugrunde gerichtet wird. Am Ende wird nur noch der Mythos übrig bleiben, der Mythos vom besten Fußballer aller Zeiten. Nachdem Maradona den entscheidenden Elfmeter im Halbfinale der Weltmeisterschaft ausgerechnet gegen Italien im San Paolo Stadium versenkt, wird der einstig strahlende Held, der legitime Nachfolger von Pelé, von einem ganzen Land verstoßen. Er verliert sich in Drogenexzessen, schlägt sich die Nächte mit Prostituierten um die Ohren, verliert den Bezug zur Realität. Der einstige Ausnahmezustand, die Massenhysterie, die Maradona auszulösen vermochte, hat eine 180-Grad-Kehrtwende genommen.
Diego Maradona war nicht länger der soziale Befreier Neapels, der Argentinier wird zur meistgehassten Persönlichkeit Italiens gewählt, noch weit vor Diktatoren und Politikern. Das Leben auf der Überholspur fordert seinen Tribut. Das Tragische an diesem Absturz ist, dass Maradona keine Chance hatte, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Er war entweder Marionette, Messias oder Prügelknabe. Immer schon musste er Rollen erfüllen. Um all dem Druck stand zu halten, hat er sich den Drogen hingegeben und hinter der Kunstfigur Maradona versteckt, bis der unsichere Junge namens Diego im Nebel des exzessiven Rauschs und dem absoluten Kontrollverlust verschwand. Diego Maradona ist ein Portrait des Leids und der Herrlichkeit. Am Ende gewinnt die (Selbst-)Zerstörung: Wo Maradona einst noch von 85.000 Menschen mit Jubelchören begrüßt wurde, verlässt er Neapel einsam und allein. Nichts ist gefährlicher als der Erfolg von gestern. [...]
[...] Einer Welt, in der Emotionen anders ausgedrückt werden. Zum Beispiel in der Stille, die sich ausbreitet, wenn ein neuer Kletter-Triumph abgeleistet wurde. Free Solo von Jimmy Chin und Elizabeth Chai Vasarhelyi, der im Rahmen der Oscarverleihung 2019 als Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde, gelingt dabei etwas, woran viele andere Dokumentationen gerne scheitern: Er ist sowohl überwältigendes Seherlebnis und gleichzeitig vielschichtiges Psychogramm. Das Ziel, den beinahe tausend Meter in die Höhe reichenden El Capitan im Yosemite-Nationalpark zu besteigen, die Mutter aller Free-Solo-Felsen, unterliegt hier nicht nur der Herausforderung eines rein sportlichen Gedankens, sondern auch dem Zwang eines Mannes, der sich selbst von seiner emotionalen Legasthenie heilen möchte. Dass Alex überhaupt eine Freundin hat, ist erstaunlich. Dass diese es mit dem Extremsportler aushält, fast noch beeindruckender.
Von Verpflichtungen hält Alex nämlich nicht viel, weil diese seiner Lebensmaxime widerstreben. Der Sinn seines Daseins liegt für ihn im Erbringen reiner Leistung. Dem Erreichen von Großartigem. Und Honnold wird tatsächlich Historisches schaffen, wenn er als erster Kletterer überhaupt schließlich den El Capitan Free Solo besteigt. Seinen existentiellen Grundsatz vergleicht er dabei einmal mit den Statuen der Kriegerkultur: Die hundertprozentige Konzentration auf eine Sache, weil das eigene Leben davon abhängt. In einer Szene fragt ihn seine Freundin, ob sie ein Grund wäre, dass Alex seine Lebenserwartungen maximieren würde. Er verneint. Chin und Vasarhelyi erschaffen mit Free Solo gleichermaßen kinetisches wie aufmerksames Kino. Die Kletter-Sequenzen sind ungemein dynamisch, sie pulsierenden vor Elektrizät und rauben dem Zuschauer den Atem. Die Katastrophe wartet dabei hinter jedem winzigen Kontaktpunkt. Es benötigt nicht mehr als eine falsche Fußstellung oder einen zittrigen Finger.
Dass Free Solo Climber oftmals nicht alt werden, ist ein ständiges Thema: Egal, was passiert, der Tod ist der treuste Begleiter von Alex und seinen Mitstreitern. Deswegen sind die formidablen Kameraaufnahmen, die so unmittelbar wie möglich an Alex kleben, um im nächsten Monat einen sagenhaften Panoramablick der Natur einzufangen, nicht nur majestätisch-paralysierend, sondern auch genauso unheimlich wie bedrohlich. Es bleibt aber der umsichtige Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt seines schwierigen Protagonisten, der Free Solo eben nicht zur glorifizierenden Ode auf die Grenzüberschreitung erklärt, sondern die Dokumentation zur differenzierten Studie über innere Besessenheit und seelische Verletzungen erhebt, denen jeder Mensch auf seine Weise ausgeliefert ist. Alex hat einen Weg gefunden, sich seinen Dämonen zu stellen. Einen fraglos extremen Weg, aber es ist sein Weg. Fluch und Segen zugleich. [...]
[...] Komplettiert wird das Ensemble durch Kevin Sandusky (Jay Baruchel, Das ist das Ende), einem weitestgehend unbekannten Schauspieler, der die letzten Jahre mehr schlecht als recht von der Gage lebte, die ihm ein Werbedeal einst eingebracht hat. Dieser kunterbunte Haufen an Unterhaltungskünstlern soll nun unter der Regie des überforderten Debütanten Damien Cockburn (Steve Coogan, Stan & Ollie) die auf Tatsachen beruhende Heldengeschichte des Kriegsveterans Four Leaf Tayback (Nick Nolte, Angel Has Fallen) nicht nur zum Kassen-, sondern auch zum Oscar-Erfolg erheben. Was dabei herauskommt, ist sowohl Marsch durch die grüne Hölle als auch knallig-grelle Hollywood-Satire, die nichts lieber tut, als den Gewehrlauf immer wieder gegen sich selbst zu richten. Feuer frei! Gerade das von Egoismen und Allüren geprägte US-Starsystem der Traumfabrik bekommt hier gnadenlos sein Fett weg.
Regisseur, Autor, Produzent und Hauptdarsteller Ben Stiller schöpft reichhaltig aus dem Fundus des Vietnam- und Söldner-Kinos und amüsiert sich nicht nur köstlich über die Klischees dieses Gefildes, er entlarvt dabei auch auf fast schon autoaggressive Art und Weise Finanzierungs- und Marketingstrukturen, die immer wieder zu dem hitzköpfigen Megamogul Les Grossman (legendär: Tom Cruise, Mission: Impossible) führen. Einem cholerischen Investor, der letztlich auch akzeptiert, über Leichen zu gehen, wenn die Kasse stimmt. Das ungemein spielfreudige Schaulaufen der hier aufgereihten Stars (auch Matthew McConaughey, Danny McBride und Bill Hader sind mit von der Partie) erklärt Tropic Thunder zum schmissig-bissigen Vergnügen. Robert Downey junior, den man inzwischen (leider) nur noch mit dem Marvel Cinematic Universe in Verbindung bringt, liefert hier eine geradezu denkwürdige Selbstoffenbarung ab.
Seine Oscar-nominierte Performance des Australiers Kirk Lazarus treibt den auf Lee Strasberg zurückgehenden Schauspielnaturalismus sensationell auf die exzentrisch-größenwahnsinnige Spitze, wenn dieser sich sogar einer Hautpigmentierungoperation unterzieht, um den afroamerikanischen Staff Sergeant Lincoln Osiris möglichst authentisch zu verkörpern: „Ich lese keine Drehbücher, Drehbücher lesen mich!“ Mit einem Budget von über 90 Millionen US-Dollar war es Ben Stiller zudem auch möglich, die pompöse Bedeutungshuberei der Illusionsmaschinerie Hollywood in entsprechend hochwertigen Sets, Effekten und Fotografien abzubilden. Hier erlebt das hochbezahlte Primadonnen-Quintett rundum Speedman und Co. ihr ganz eigenes Vietnam-Himmmelsfahrtskommando, während sich Tropic Thunder dabei den Tonfall einer Muster und Missstände offenlegenden Karikatur fortwährend bewahrt. Eine vulgäre, brachial-komödiantische und doch in ihren besten Momenten durchaus pointierte Abrechnung mit den fadenscheinigen Mechanismen der Filmindustrie. [...]
[...] Von der Serie, die von 1976 bis 1981 ausgestrahlt wurde und es dabei auf insgesamt 115 Folgen brachte, ist im furiosen Kino-Remake nur das Grundprämisse erhalten geblieben: Unser dreiköpfiges Eliteteam rundum Natalie (Cameron Diaz, Verrückt nach Mary), Alex (Lucy Liu, Kill Bill Vol. 1) und Dylan (Drew Barrymore, Unterwegs mit Jungs) bekommt seine Aufträge via Sprechanlage von einem anonymen Millionär namens Charlie (wie im Original die Stimme von John Forsythe, Die Geister, die ich rief). Daraufhin stürzen sich die Engel von einer unmöglichen Mission zur nächsten und beweisen dabei eindrucksvoll, dass sie nicht nur sexy und clever sind, sondern auch verdammt schlagkräftig. Von einer echten Story möchte man bei 3 Engel für Charlie kaum reden, stattdessen entwirft McG eine bonbonbunte Nummernrevue, die nicht nur überstilisiert, sondern auch hypersexualisiert daherkommt.
Und obwohl der die meiste Zeit unsichtbare Charlie auch in der Version von McG wie ein fast schon übermenschlicher Vaterersatz wirkt, dessen Stimme allein bewirkt, dass unsere Hauptakteure wieder zu kleinen, kichernden Schulmädchen werden, möchte man 3 Engel für Charlie nicht böse dafür sein, dass auch hier suggeriert wird, dass der weibliche Drang nach Selbstermächtigung nur durch einen mächtigen Mann erfüllt werden kann. Vielmehr beweist der Film im Umgang mit diesem sicherlich kritisierbaren Punkt sein spielerisches Wesen, wenn er in Charlies übergeordneten Position, oszillierend zwischen Vergötterung und Kommandierung, den Voyeurismus der (maskulinen) Zuschauerschaft spiegelt. Von einer entwaffnenden Vitalität getrieben, begeben sich die Engel hier alsbald mit stilsicherer Hochgeschwindigkeit auf die Suche nach dem entführten Ingenieur Eric Knox (Sam Rockwell, Vice – Der zweite Mann).
Viel Substanz mag 3 Engel für Charlie in seiner ausnahmslosen Verpflichtung für grelle Oberflächenreize nicht haben, aber McG beschwört hier eine enthemmte Lebenslust und Bewegungsfreude, die in ihrem Maskeradenwahn mitreißt und viel Vergnügen bereitet. Vor allem Ethan Hunt, der unter der Regie von John Woo mit Mission: Impossible II eine extrem herbe Bruchlandung hinnehmen musste, dürfte vor Neid erblassen, wenn er sieht, wie farbenfroh Natalie, Alex und Dylan hier nicht nur in hochgradig ästhetischen Action-Sequenzen dem HongKong-Kino frönen, sondern bisweilen auch vollkommen berechtigt in die Fußstapfen von James Bond treten. Die Waffen der Frauen jedenfalls beherrschen die Damen aus dem Effeff und schaffen es dabei auch mühelos, die Gesetze der Physik der außer Kraft zu setzen. Eine neue Form der Frauenpower, wenn man so will: Nicht nur verführerisch, sondern auch den Naturwissenschaften überlegen. [...]
[...] Regisseur und Drehbuchautor Ivan Kavanagh (The Canal) lässt aber keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Zeichen hier auf eine Katastrophe deuten. Eine Katastrophe, die zwangsläufig durch das Duell zwischen Patrick und Dutch besiegelt wird. Einen klassischen, allen Konventionen verpflichteten Western aber bekommt man mit Never Grow Old trotzdem nicht geboten. Vielmehr versucht sich Kavanagh daran, ein greifbares Gefühl für das Amerika Endes des 19. Jahrhunderts einzufangen und verabschiedet sich dabei gezielt von Siedlerromantik und Gründermythos. Der Film beschäftigt sich vor allem damit, die sich verselbstständigende, unausweichliche Wirkung von Gewalt zu beschreiben und gleicht diese immer weiter mit den Idealen eines unscheinbaren Familienvaters ab, der gleichermaßen Profiteur und Leidtragender des Blutvergießens ist. Dabei sehnt sich Patrick nur nach einem Leben abseits ständiger Existenzängste. Nach genau dem Leben, welches Amerika ihm versprochen hat.
Ivan Kavanagh gelingt es dabei außerordentlich stimmungsvoll und stilsicher, die allgegenwärtige Düsternis jener historischen Tage anschaulich zu visualisieren. Nicht nur versinkt das oftmals nebelverhangene Garlow in Schlamm und Regen. Never Grow Old setzt zudem durchweg auf eine entsättigte, erdige Farbpalette, die höchstens durch das flackernde Leuchten der Fackeln aufgehellt wird. Vor allem aber ist es natürlich der starke Auftritt von John Cusack, der das Szenario durch seine diabolische Gleichgültigkeit mit einer ungemein bedrohlichen Präsenz ausstaffiert. Sein Dutch Albert ist ein kompromissloser Manipulator – und seine ständigen Begleiter sind die alles durchdringende Angst und die kaltblütige Grausamkeit. Schön zu sehen, dass der Mann, der sich mit seiner Rollenauswahl zuletzt nicht gerade mit Ruhm bekleckern konnte, endlich wieder einen Filmemacher gefunden hat, der ihn gekonnt in Szene zu setzen weiß. [...]
[...] Der als BTK-Killer bekannt gewordene Dennis Rader erfreut sich vor allem in den Vereinigten Staaten massiver Popularität. In Deutschland gerät man momentan wieder durch die zweite Staffel der Netflix-Serie Mindhunter in Berührung mit dem US-amerikanischen Serienmörder, der zwischen 1974 und 1977 sowie 1985 und 1991 mindestens zehn Menschen umgebracht hat. Seine Vorgehensweise erschließt sich dabei direkt aus seinem Namen: B(ind), T(orture), K(ill). Also fesseln, foltern, töten. Erst im Jahre 2005 erhielt die Polizei den letzten nötigen Hinweis, um Rader endlich überführen zu können. The Clovehitch Killer von Duncan Skiles (Reggie Watts: Why Shit So Crazy) hat sich nun merklich von den Taten des BTK-Killers inspirieren lassen und führt uns geradewegs in die Kleinstadt Clarksville, die vor Jahren von einem Serientriebtäter heimgesucht wurde.
Die Taten liegen aber bereits so weit in der Vergangenheit zurück, dass der 16-jährige Tyler (Charlie Plummer, Alles Geld der Welt) sein Wissen über die Existenz dieses bis dato ungefassten Mörders nur durch Erzählungen oder den alljährlichen Gedenkfeiern anlässlich der Opfer des sogenannten Clovehitch Killers bezieht. Clovehitch, weil die Frauen, die getötet wurden, durch den Webeleinenstek-Seemannsknoten bewegungsunfähig gemacht wurden. Duncan Skiles und sein Drehbuchautor Christopher Ford (Spider-Man: Homecoming) geht es hier nicht darum, die Faszination für Serienkiller zu befeuern und ein neuen (respektive einen bestehenden) Mythos weitergehend zu befeuern. Stattdessen funktioniert The Clovehitch Killer als nüchternde Mischung aus Provinz-Portrait, Coming-of-Age und Vater-und-Sohn-Geschichte. Die Bedrohung ist erst nur unterschwelliger Natur, aber sie ist bereits in den alltäglichen Bestandsaufnahmen gegenwärtig.
Die Spannungskurve steigt erst dann an, wenn sich der Verdacht immer stärker verhärtet, dass womöglich Tylers Vater (Dylan McDermott, In the Line of Fire – Die zweite Chance) der berüchtigte Clovehitch Killer ist. Duncan Skiles' zurückgenommene Inszenierung erweist sich dabei durchgehend als unaufgeregt und beobachtend, von Überspitzungen und Gewalteruptionen hält der Regisseur offensichtlich rein gar nichts. The Clovehitch Killer möchte niemals Gefahr laufen, seine Thematik für reißerische Effekte auszuschlachten, das Skript konzentriert sich vielmehr auf die Erfassung des (seit Jahren angstbesetzten) Milieus des konservativ-christlichen Clarksville, deren durch und durch biedere Fassade den geeigneten Nährboden für extreme menschliche Abgründe liefert. Vor allem Dylan McDermott kann hier lange Zeit als oberflächlich liebevoller und fürsorglicher Vater überzeugen, dessen Handlungen nach und nach von einer immer prägnanteren Zweifelhaftigkeit eingeholt werden. [...]
[...] Vor allem ist es das wunderbare Timing und die inszenatorische Kreativität, durch die Bowfingers große Nummer über seine gut 90-minütige Laufzeit durchweg punkten kann. Bowfingers Improvisationsvermögen in Sachen Guerilla-Filmmaking schickt seine Crew (u.a. besetzt mit Heather Graham, Christine Baranski und Jamie Kennedy) von einer absurden Situation in die nächste, was dann auch mal dazu führt kann, dass Kit Ramsey in einer Tiefgarage von einem Hund in Stöckelschuhen verfolgt wird. Obwohl sich Bowfinger dabei von A nach B laviert und seine Kollegen wie Freunde durchweg anflunkert, möchte man dieser Figur für ihren Egoismus nicht böse sein. Der Film glaubt an die Träume seiner Protagonisten, er stellt sie nicht bloß, auch wenn er mit ihnen leidenschaftlich Posse treibt. Bis auf einige Gewissensbisse bleibt sein Handeln daher ohne Konsequenzen.
Amüsant erweist sich auch der Umgang mit dem Charakter des Kit Ramsey, dessen ausgestellte Star-Allüren mehr und mehr entlarvt werden, wenn er sich zusehends als von paranoiden Wahnvorstellungen eingeholtes Sekten-Mitglied (in Anlehnung an Scientology) offenbart. Eddie Murphy zeigt sich inmitten dieses ohnehin hochgradig spielfreudigen Ensembles mal wieder in Bestform und darf deswegen auch gleich in einer Doppelrolle glänzen: Der unscheinbare Burger King-Mitarbeiter Jiff, der sich aufgrund seiner Ähnlichkeit zu Kit Ramsey alsbald unter die Fittiche von Bowfinger begibt, ist reinstes Comedy-Gold und unterstreicht noch einmal das komödiantische Potenzial Murphys. Darüber hinaus ist Bowfingers große Nummer natürlich auch eine sympathische Liebeserklärung an das Kino und warum es die Sache immer noch wert ist, dafür alles auf eine Karte zu setzen. [...]
[...] In Staffel 2 sind die modernen Ermittlungsmethoden nun nicht nur akzeptiert, der neue Chef der Behavioral Science Unit (Fantastisch: Michael Cerveris, Mitternachtszirkus – Willkommen in der Welt der Vampire) setzt sogar sämtliche ihm möglichen Hebel in Bewegung, um alle Ressourcen zu nutzen, die Holden und Co. dabei unterstützen, Ergebnisse in ihrer Arbeit zu erwirken – er möglicht ihnen sogar ein Interview mit Charles Manson (Damon Herriman, Once Upon a Time... in Hollywood). Der eigentliche Fall dreht sich nun aber um die bis heute nicht vollständig geklärten Atlanta Child Murders: In den Jahren zwischen 1979 und 1981 wurden fast dreißig schwarze Kinder und Jugendliche ermordet. Indizien, Hinweisen und Spuren aber hat es lange keine gegeben. Simultan dazu wird auch weiterhin Dennis Rader, dem BTK-Killer, immer wieder Aufmerksamkeit gespendet.
Mindhunter ist nun an dem Punkt angekommen, an dem nicht mehr nur die Ursprünge des Profiling abgetastet werden, sondern Resultate in den Fokus rücken. Dass diese nicht immer positiv sind, zeigt sich nicht nur daran, dass manche Straftäter nicht in der Lage sind, eine Kommunikation zu führen, sondern auch an dem Umstand, wie extrem das Berufliche nun in das Private hineingreift. Gerade Bill muss am eigenen Leibe erfahren, was es bedeutet, wenn es sich die Dämonen der kranken Welt da draußen in den heimischen vier Wänden gemütlich gemacht haben. Aber nicht nur die Beleuchtung privater Dilemmata erweitern das erzählerische Spektrum der zweiten Staffel maßgeblich. Die Betrachtung des gesellschaftlichen Klimas, deren Wogen Serienkiller natürlich ganz gezielt beeinflussen und steuern können, wird auf eindringliche und überaus präzise Art und Weise behandelt.
Entscheidend dabei ist nicht nur der strukturelle Rassismus, der hier in beide Richtungen ausschlägt, sondern der Blickpunkt auf gesellschaftliche Zustände, in denen Serienkiller zu Spiegelbildern unserer eigenen Identität werden. Sie werden zu Monstern erklärt, damit die Menschen um sie herum nicht die Monster in sich selbst erkennen. Sündenböcke, die von den eigenen Abgründen ablenken. Charles Manson bringt es in seinem famosen Auftritt auf den Punkt: Die Angst, die euch nachts nicht schlafen lässt, gilt nicht den Mörder. Sie gilt euch selbst. Dadurch knüpft Mindhunter auch eine Verbindung zu den Gesetzen Kriminalkinos: Indem die Mechanismen des Profiling von allen Seiten veranschaulicht werden, analysiert die Serie auch unsere Wahrnehmung und die daraus resultierten Sehgewohnheiten des Genres. Cleverer und vielschichtiger hat man das in dieser ausgefeilten Form zuvor noch nicht erleben dürfen. [...]
[...] Womöglich hatte es mit dem Umstand zu tun, dass der sehr ähnlich gepolte Reißer Olympus Has Fallen – Die Welt in Gefahr mit Gerard Butler einige Monate zuvor in den Kinos gestartet ist und White House Down unweigerlich in die Schublade des Nachahmers und Trittbrettfahrers verfrachtete. Womöglich aber hat es auch damit zu tun, dass White House Down dem konservativ-getrimmten Publikum der Vereinigten Staaten dann doch ein Stück weit zu liberal ausgefallen ist, denn nicht nur ist Präsident James W. Sawyer (Jamie Foxx, Django Unchained) ein Afroamerikaner, der gegen die Rüstungsindustrie vorgehen und die amerikanischen Streitkräfte aus dem Nahen Osten abziehen möchte. Auch setzt sich die Bedrohung nicht aus klassischen Feindbildern (Deutsche, Russen, Araber) zusammen, stattdessen sind es Aggressoren aus den eigenen Reihen, die hier für reichlich terroristischen Krawall sorgen.
Mag White House Down auch ein kommerzieller Flop gewesen sein, was Roland Emmerich hier auf die Beine gestellt hat, macht durchaus Laune, letztlich auch aus dem Grund, weil er seine Überwältigungsrhetorik nicht nutzt, um den blauen Planeten in Schutt und Asche zu legen, sondern sie vielmehr in eine atemlose Spektakelstrategie übersetzt, die sich einem klaren räumlichen Fokus unterwirft: Dem Weißen Haus. Und genau hier gelingt es Roland Emmerich, eine inszenatorische Kompaktheit respektive Dringlichkeit hervorzubringen, die vielen heutigen Actionfilmen vollkommen abgehen. White House Down schafft es durchweg, dem Zuschauer einen genauen Überblick über das Setting mit all den Fluren, Sälen, Aufzügen und geheimen Gängen zu verleihen, um gleichwohl auch die Action selbst nicht in hektischen Schnittmontagen zu zerlegen, sondern die Kamera koordiniert immer an die Kinetik und Dynamik der Set Pieces anzupassen.
Nicht nur in diesem Punkt erweist sich White House Down als stimmige Replik auf das klassische Action-Kino (der Film selbst ist natürlich unverkennbar ein Stirb langsam-Ripoff), auch die Chemie zwischen Jamie Foxx und Channing Tatum (Foxcatcher), der hier in die Rolle des Helden im Unterhemd schlüpft, funktioniert und gibt dem Film eine komödiantische Energie, die bitter nötig ist, um dem im Kern durchaus patriotischen Wesen der Geschichte die nötige Lockerheit, Ironie und auch Naivität abzuverlangen. Ohnehin wirkt White House Down überraschend geerdet, obwohl er über seine 130-minütige Laufzeit unentwegt auf den Putz haut – die gut geölte Dramaturgie, die gute Besetzung (zu der auch James Woods, Maggie Gyllenhaal, Jason Clarke und Richard Jenkins zählen) und die fokussierte Regie sorgen dafür, dass das krachend-bleihaltige Treiben nicht abhebt. Da darf sogar die Präsidentenflagge heroisch in Zeitlupe geschwenkt werden. [...]
[...] Die sanftmütig porträtierte Freundschaft zwischen Rick und Cliff, die Leonardo DiCaprio und Brad Pitt wunderbar uneitel auszufüllen wissen, gibt Once Upon A Time... in Hollywood seinen unermesslichen Charme, knüpft ein enges Band zu den Zuschauern und attestiert dem Film folgerichtig ein so aufrichtiges Maß an Empathievermögen, wie man es in einem Tarantino zuletzt bei Jackie Brown beobachten konnte. Man könnte auch sagen, dass Once Upon A Time... in Hollywood die erwachsenste Arbeit von Tarantino seit Jackie Brown geworden ist, weil sich hier weniger dafür interessiert wird, das Kultige aus den Einzelmoment herauszudestillieren, sondern vielmehr in den Impressionen des rein Menschlichen verweilt wird. Anhand der Figur der Sharon Tate, die hier von einer alles überstrahlenden Margot Robbie (The Wolf of Wall Street) verkörpert wird, lässt sich indes wohl am Exaktesten erkennen, worum es Tarantino in Once Upon A Time... in Hollywood geht: Um eine alternative Erinnerungskultur.
Tarantino möchte eine Zeit bewahren, die es in dieser Form womöglich niemals gegeben hat, sein Once Upon A Time... in Hollywood hingegen forciert ein illusionäres Andenken, welches uns mit den Mitteln des melancholischen Fabulierens behutsam näher gebracht wird: Eine Welt, in der nicht nur die Gedanken, sondern auch das Kino absolut frei sind. Wo man treiben und gleiten kann, wo Stimmungen und Schwingungen den ausgelassenen Takt vorgeben, wo die Vergangenheit nicht in Stein gemeißelt, sondern abwendbar ist und zu einer neuen Wahrheit des Erzählens und Abbilden führt. Noch nie zuvor hat Tarantino seine Passion und Profession so warmherzig hofiert; nie zuvor hat er seiner Identität als Filmemacher und den Wurzeln dieser Identität so schwelgerisch die Ehre erwiesen. Man könnte beinahe der Vermutung anheim fallen, Tarantino habe hier bereits sein Abschiedswerk vorgelegt.
Natürlich bleibt Once Upon A Time... in Hollywood weiterhin das Erzeugnis eines in die Popkultur vernarrten Pastiche-Auteurs, dessen Reichtum an Referenzen und Zitaten immer noch in jeder Minute präsent ist. In diesem Fall aber thront der Verweis nicht als dominierender Referenzgegenstand über jeder Szene, sondern vermischt sich auf beinahe bescheidene, greifbare Art und Weise mit der Lebens- und Erfahrungswelt der Protagonisten. Überdies geht es in Once Upon A Time... in Hollywood niemals darum, eine Geschichte im herkömmlichen Sinne zu entfalten, die einem dramaturgischen Faden folgt. Es geht um Berührungspunkte und Schnittstellen von Schicksalen. Um das emotionale und weniger um das intellektuelle Erleben. Kein Wunder, dass man sich am Ende von Once Upon A Time... in Hollywood die Tränen von den Wangen mischen muss. Dieser Traum soll nicht enden. [...]
[...] Denn auch wenn Willowpoint Falls oberflächlich wie ein obligatorisches amerikanisches Nest wirkt, wie man sie entweder aus den Filmen von Frank Capra (Ist das Leben nicht schön?) oder den Romanen von Stephen King (Friedhof der Kuscheltiere) kennengelernt haben könnte. Unter diesem beschaulichen Anschein aber schlummert ein düsteres Geheimnis, auf dessen Spur sich der 9-jährige Frankie Scarlatti (Lukas Haas, Brick) begeben wird. Der Junge pflegt eine große Leidenschaft für das Fabulieren, seine Gruselgeschichten sorgen unter seinen Klassenkameraden regelmäßig für Schockstarre. Kein Wunder also, dass ihm niemand glauben möchte, nachdem er davon berichtet, eine Begegnungen mit Wesen aus der Zwischenwelt erlebt zu haben. Frank LaLoggia baut mit Die phantastische Reise ins Jenseits immer wieder auf eine Lagerfeuer-Atmosphäre, an der sich die versammelte Gemeinschaft gegenseitig mit Schauermärchen das Schaudern lehrt.
Frank LaLoggia, der hier nicht nur die Inszenierung übernommen und das Drehbuch verfasst hat, sondern Die phantastische Reise ins Jenseits auch produzierte und die Musik komponierte, bremst die traumwandlerische Stimmung seiner Geschichte allerdings immer wieder dadurch aus, indem teilweise auf Biegen und Brechen versucht, seinen erzählerischen Radius zu erweitern. Anstatt hier also ein klassisches Gruselstück zu kreieren, geht es auch noch um den Rassismus und dessen tödlichen Konsequenzen innerhalb von Willowpoint Falls, der dem Film wohl noch eine sozialhistorische Bewandtnis zusprechen sollte. Seinen magischen Charme kann Die phantastische Reise ins Jenseits vor allem dann versprühen, wenn er sich seinen Wurzeln als düstere Legende vollkommen treu bleibt und das Übersinnliche eben nicht nur als Gefahr, sondern auch als stilles, akzeptiertes Nebeneinanderbestehen mit dem Menschen begreift. [...]
[...] Dave Robicheaux (Tommy Lee Jones, Lincoln) heißt dieser Detective. Sein Tätigkeitsbereich umfasst einen kleinen District im Bundesstaat Louisiana. Wie sich alsbald herausstellen wird, war der bestialische Mord an jener jungen Frau kein Einzelfall, ein Serienkiller treibt sein Unwesen in diesem Bayou-Gebiet der Südstaaten. Das stehende Gewässer der Sümpfe, die um- und verschlungene Vegetation der Pflanzen und Moorwälder können Menschen mühelos verschwinden lassen. Manchmal dünsten sie die Geheimnisse der Vergangenheit aber wieder aus und verfrachten das Verdrängte zurück in das Bewusstsein. Die Ängste, den Schmerz, die unverziehene Kollektivschande einer ganzen Nation. Der Hollywoodstar Elrod Sykes (Peter Sarsgaard, Machtlos), der in der Gegend gerade einen Film dreht, entdeckt am Ufer ein in Ketten gelegtes Skelett. Der Sumpf hat ein weiteres Stück bitterer Wahrheit der amerikanischen Geschichte an die Oberfläche getragen.
Um wen es sich bei diesem Skelett handelt, weiß Dave Robicheaux sehr genau, auch wenn er viele Jahre nicht mehr an den Vorfall aus den frühen 1960er Jahre gedacht hat. Bedrückt hat ihn das Wissen immer, vermutlich war auch das ein Grund, warum er zum Alkoholiker wurde. Genauso wie seine Erfahrungen im Vietnamkrieg, aus dem er seinen 45er Army Colt mitgebracht hat, den er nach wie vor benutzt. In the Electric Mist – Mord in Louisiana inszeniert gekonnt an den Konventionen des Genres entlang, meistens blendet er weg, wenn es zu einem spannungsgeladenen, aber eben auch klischierten, weil vertrauten Moment kommen könnte. Bertrand Tavernier hingegen setzt auf Schwingungen und Stimmungen und gräbt sich tief in die elektrisiert-mystischen Befindlichkeiten dieses regionalen Ausschnitts Louisianas ein, um eine ganz eigene, halluzinatorische Atmosphäre zu kreieren.
Die Erkenntnis, die Dave Robicheaux nach zwei Stunden mitnehmen wird; die Antworten, die auch der Zuschauer in Wahrheit sucht, bringt seine Person in einem inneren Monolog bereits zu Anfang zum Ausdruck: In der antiken Welt haben Menschen schwere Steine auf die Gräber ihrer Toten gelegt, damit die Seelen nicht wandern. Warum das so gewesen ist, wird der Stoiker mit dem von Falten zerfurchten Gesicht bald lernen, denn die Toten schweben mit der Dichte und Leuchtkraft von Nebel am Rande unserer Wahrnehmung. Und ihr Anspruch auf die Erde kann so berechtigt und hartnäckig sein wie unser eigener. Tommy Lee Jones brilliert in der Rolle eines verbissen-desillusioniert Polizisten, der eigentlich nur nach einer Möglichkeit sucht, endlich Frieden mit sich selbst zu schließen. Der an das Gute glauben möchte, aber das modderige Wasser der Sümpfe bleibt unergründlich. [...]
[...] Vater, Ehemann, Angestellter beim Störungsdienst von Chicago. Das Leben von Tom Witzky (Kevin Bacon, Mystic River) ist klar und greifbar geordnet. Natürlich beäugt er die Kunst der Hypnose deshalb auch kritisch. Ein Dialog mit dem Unbewussten soll dabei hergestellt werden? Humbug, Scharlatanerie, Aberglaube. In der Welt, in der zumeist verschlossene und einsilbige Tom – bisher – verkehrt, ist kein Platz für Übersinnliches, Spirituelles oder Magisches. Und damit erfüllt er die Ansprüche einer klassischen Figur des Horror-Kinos, die ihre Weltanschauung vollkommen neu auslegen muss, nachdem sie in ihren Grundüberzeugungen erschüttert wurde. Auf einer Party nämlich wird er von seiner Schwägerin (Illeana Douglas, Ein Freund zum Verlieben) hypnotisiert und zeigt sich seitdem empfänglich für schreckliche Visionen, die ihn geradewegs auf die Spur eines düsteren Geheimnisses führen.
Mit Echoes – Stimmen aus der Zwischenwelt adaptiert David Koepp (Wen die Geister lieben) den Roman A Stir of Echoes von Richard Matheson und konnte sich hier auf direktem Wege für die Umsetzung der fünf Jahre später entstandenen Stephen-King-Adaption Das geheime Fenster mit Johnny Depp empfehlen. Koepp, der auch das Drehbuch verfasst hat, zeichnet sich in seiner zweiten Regiearbeit durch ein ungemein ökonomisches Narrativ aus. Die Handlung, das Setting, die Figuren, alles erscheint hier in sich logisch und stimmig. Angesiedelt in einem fast schon familiär wirkenden Arbeitermilieu Chicagos bricht Echoes – Stimmen aus der Zwischenwelt nach und nach die (selbst-)genügsame Blue-Collar-Mentalität auf und blickt in einen Abgrund, der nicht durch dunkle Mächte entstanden ist, sondern durch die Bestie Mensch höchstpersönlich.
Das Gespenstische in Echoes – Stimmen aus der Zwischenwelt entspricht keinem dämonischen Gestus, stattdessen entfaltet David Koepp eine durchaus spannende Geschichte um Erlösung und Gerechtigkeit. Angeführt von Kevin Bacon, der für die Rolle des Durchschnittsmalochers, der nach und nach in einen Zustand angsteinflößender Besessenheit abdriftet, natürlich die Idealbesetzung ist, überzeugt der Film vor allem durch seine Stringenz und Schlüssigkeit. Niemals scheint David Koepp auf die Idee zu kommen, von der eigentlichen Story oder den Befindlichkeiten seiner Charaktere abzurücken, was nicht nur der familiären Krise den nötigen emotionalen Nährboden gibt, sondern auch dem übersinnlichen Kriminalplot gekonnt Anspannung einverleibt. Mag Echoes – Stimmen aus der Zwischenwelt auch bisweilen wirken wie eine Fernsehproduktion, kann man hier dennoch 100 durchaus packende Minuten erleben. Selbstgezogene Zähne und herausbrechende Fingernägel inklusive. [...]