SoulReaver - Kommentare

Alle Kommentare von SoulReaver

  • 3 .5

    [...] „Lang Lebe Charlie Countryman“ ist ein seltsam unausgegorenes Konglomerat aus surrealen Märchenanleihen, überkandidelter Gangsterpose und artifiziellem Liebesgedöns in geleckter MTV-Poesie. Ein trendiges Nichts von Film, überlagert von potenziell netten Ideen, die angeschnitten, aber nicht zu Ende gedacht werden: Jenes Potenzial zerbricht durch die unzähligen Schlaglöchern des holprigen Drehbuchs. [...]

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    • 7

      [...] Damit ist nicht nur die ökologische Kritik am Verhalten des Großunternehmers gemeint, der die Schätze der Natur in seiner durch Industrialisierung wie Urbanisierung angetriebenen Raffgier nicht mehr zu ehren weiß und den hiesigen Siedlern den Lebensraum wie die Arbeit entreißen möchte. „Pale Rider“ besitzt eine spirituelle Note, die sich durch die Figur des Predigers langsam entfaltet: Manchmal stellt die Menschheit Gott vor eine Prüfung, die auch er in seiner angeblichen Allmacht nicht zu bewältigen weiß und sich daraufhin gezwungen sieht, das Schicksal der Unterdrückten in die schroffen Hände eines Totgeglaubten, eines Weltenwandlers zu legen, dessen Vergangenheit von den Narben auf seinem Rücken erzählt wird. [...] Doch wer seine Hände einmal mit dem Blut anderer befleckt hat, dessen Seele kennt keine Ruhe mehr, sondern nur noch die immerwährende Heimatlosigkeit...

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      • 3

        [...] Allgemein bietet „Der Butler“ immer genau das, was der Zuschauer auch sieht, weil er sich auf einer Ebene bewegt, auf der das amerikanische Kino keinen Mut besitzt, Doppeldeutigkeiten einzustreuen und den bitteren Kern der Historie in ein Licht zu setzen, welches nicht nur Rührseligkeiten und Flitter beleuchtet. [...] Und dann, wenn Cecil verstanden hat, dass es vielleicht nicht verkehrt ist, einmal die Stimme zu erheben, ist die Sache eh schon wieder gegessen und Obama neuer Regierungschef: Cecil darf niederknien vor seinen einstigen Chefs, denn der Weiße Mann hat es vollbracht, dass sich der Kreis endlich auch für ihn schließen darf. Hut ab.

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        • 8 .5

          Unfassbar: Bald 80 Jahre schon hat „Moderne Zeiten“ auf dem Buckel und scheint inhaltlich doch um keinen Tag gealtert zu sein. Leider. Charlie Chaplins Plädoyer dafür, die Individualität im Angesicht der nimmersatten Industrialisierung zu wahren, ist so aktuell wie nie. „Moderne Zeiten“ steht für alle Ewigkeit als weitsichtiges Mahnmal, niemals die unantastbare Würde der Menschlichkeit aus den Augen zu verlieren, nur um sich in den kapitalistischen Mühlen unserer (jeder) Zeit langsam zerreiben zu lassen: Niemals darf ein Mensch sein Dasein nur als entseeltes Zahnrädchen fristen, das einzig dazu dient, den permanent keuchenden Stahlmonstern in den Fabrikkomplexen Blech in die Futterluke zu schieben und dabei langsam zu verenden. Der Kampf gegen die (groß-)industrielle Entmenschlichung darf nicht aufgegeben werden. Große Kunst, ohne lehrhaft zu wirken, sondern zuweilen urkomisch, romantisch und ehrlich. Einfach nur ehrlich. Echtes Kulturgut eben.

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          • 8

            [...] „Wilde Erbeeren“ ist ein philosophischer Diskurs, eine introspektive wie motivische Reflexion über Religion, das Leben selbst und den sicheren Tod. Bergman artikuliert das Innenleben seines Akteurs Isak durch seine repetitiven (Alp-)Träume, durch das sommerliche Umfeld, welches er mit dem Auto und seiner Schwiegertochter auf dem Beifahrersitz durchquert, die einzelnen Stationen, die Beide auf seiner Reise passieren und den währenddessen auftretenden Personen, die in ihm Erinnerungen wecken. Die dafür sorgen, Verstrichenes, Verflossenes, Vergessenes ein letztes entscheidendes Mal zu rekapitulieren, alles noch einmal zu vergegenwärtigen. Und auch wenn es vielen unmöglich scheint, man kann sich auch im hohen Alter doch noch bessern, selbst wenn Geschehnisse nicht mehr zu verändern sind - Bergman beweist dies einfühlsam, aufrecht, effektiv und mit dem süß-säuerlichen Geschmack der feuerroten Erdbeeren auf der Zunge.

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            • 7
              über Misery

              [...] Dass „Misery“ eine der wenigen wirklich gelungenen King-Verfilmungen ist, steht schon gar nicht mehr zur Debatte, Reiner agiert im Gegensatz zur Vorlage zwar etwas zu zahm, kann sich aber bedingungslos auf seine Hauptdarsteller, Goldmans Adaptionsverständnis und die ungemein förderliche Kameraführung verlassen. Sicher ist „Misery“ nicht das Meisterwerk, zu dem es oft gekrönt wird, aber ein spannender und durchaus atmosphärischer Psycho-Thriller ist dem New Yorker trotz seiner Konventionentreue allemal geglückt.

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              • 8

                Herrlich, wie Onkel Paul Arnold Schwarzenegger hier durch ein mit unendlicher Liebe zum Detail ausgestopftes Zukunftsszenario hetzt, Blutbad an Blutbad reiht, eine Frau mit drei Brüsten vor die Kamera treten lässt und „Total Recall“ dennoch nie zum platten Schwarzenegger-Vehikel macht, sondern genau die Art von Edeltrash inszeniert, wie es eben nur Verhoeven schafft: Oberflächlich von origineller Reizüberflutung dirigiert, steckt dahinter weitaus mehr, als man es vielleicht vermuten möchte, aber vielleicht auch nicht so viel, wie man es sich wünschen würde. Natürlich, 100%ig ernst nimmt sich Verhoeven auch hier nicht und platziert sein charakteristisches Augenzwinkern immer da, wo es passt. Doch tief im Inneren der schizoiden Kaskaden implantierter Erinnerungen wartet eine Wahrheit, mit der sich jeder Zuschauer früher oder später einmal beschäftigen sollte: Wie viel Wert besitzt unser Sein überhaupt noch und wie viel würden wir geben, was würden wir alles riskieren, um die Mauern unserer Realität einmal einreißen zu lassen, wenn auch nur für einen Tag, für eine Stunde, für eine Minute...

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                • 8 .5

                  [...] Wo viele den Ursprung des Film Noir in „Frau ohne Gewissen“ erkennen wollen, ist Billy Wilders Meisterwerk dann vielleicht nicht die alleinige Wurzel der Schwarzen Serie, doch Wilder revolutionierte das Genre, in dem er Motive kreierte, die den Film Noir in seiner Struktur und Bedeutung charakterisieren und ihn so zur „Essenz“ des definierten Terminus machen. Mit Walter steht aber kein kettenrauchender Detektiv im Mittelpunkt, der mit unterkühlter Mentalität durch das Szenario streift, sondern ein Durchschnittstyp mit einem Durchschnittsjob. Doch wie jeder Mann träumt auch er von einer attraktiven Frau an seiner Seite und möglichst viel Geld in der Tasche. Und Ersteres sollte auch in den Bereich des Möglichen rutschen, nachdem er Phyllis Dietrichson (Barbara Stanwack) über beruflichen Wegen kennenlernt und vom verführerischen Klimpern ihrer Wimpern in ihren Bann gezogen wird. Phyllis wurde zum archetypischen Inbegriff der Femme Fatale; ein emanzipiertes Luder, dass ihre weiblichen Reize nach Belieben ausspielen konnte und jeden noch so standhaften Mann durch gezielte Manipulation ihr unterwürfig machte. [...]

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                  • Oh, ich bin ja auch dabei, jetzt erst gemerkt, natürlich vollkommen zu Recht...ähm, ich meine, vielen Dank. :D

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                    • 6
                      SoulReaver: FILMSTARTS.de 13.02.2014, 11:34 Geändert 30.03.2016, 12:51

                      »SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«

                      Teil 2:
                      Überraschen, verschätzen, stürzen,
                      trainieren, durchbeißen, triumphieren.
                      B...wie Boxerfilm.

                      [http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver]

                      Offenkundig irritiert vom imponierenden Kampfgeist Rockys und erschöpft von der Kondition wie der puren Willensstärke des Italian Stallion, der ihn unerwartet bis über seine Grenzen hinaus gefordert hat, verlässt Champion Apollo Creed (Carl Weathers) den Ring. Die Menge jubelt euphorisiert, doch sie jubelt nicht für den Sieger nach Punkten, sie jubelt für den Sieger der Herzen, der mit seinem grün und blau geschlagenen und mit Schweißperlen übersäten Gesicht den Namen seiner geliebten Adrian mit letzter Kraft brüllt. Es sind die letzten Sekunde von „Rocky“, in denen man Zeuge davon werden durfte, wie man einem Film und seinem Helden mit Sicherheit einen echten Legendenstatus vermachen kann. Die Rechnung ging nicht nur aus kommerzieller Sicht mit enormen Erfolg auf, auch die Kritikerfront überschwemmte John G. Avildsens Charakter- und Milieustudie mit überschwänglichen Lobeshymnen: Die Weichen für ein Sequel waren gestellt, für das Sylvester Stallone zum bis dahin zweiten Mal in seiner Karriere höchstpersönlich die Regie übernahm.

                      War der liebenswerte, aber alles andere als intelligente Rocky Balboa 1976 noch der aus Philadelphias Unterschicht entsprungene Gossenlumpi, der sich mit vielen kleinen Jobs irgendwie über Wasser zu halten versuchte, wird er in „Rocky II“ mit der anderen Seite des sozialen Lebens konfrontiert. Rocky steht nun das Geld zur Verfügung, welches er sonst nie hatte und durch seine öffentliche Beliebtheit soll er schon bald Werbespots sein Gesicht leihen. Aber Rocky weiß nicht, wie man richtig mit Finanzen umgeht und handelt überschnellt aus seiner typischen Naivität heraus: Schicke Uhren, ein schnelles Auto und für seine Frau wird noch ein dicker Pelzmantel angeschafft. Da er sich aber dafür entschieden hat, dem Rampenlicht, sowohl aus sportlicher, aber auch aus medialer Sicht, sicherheitshalber den Rücken zu kehren, muss er sich einen „normalen“ Beruf aussuchen, um seine bald dreiköpfige Familie irgendwie versorgen zu können. Und da sein Intellekt für eine Arbeit im Büro nicht ausreicht, müssen im Schlachthof wieder Rinderhälften geschleppt werden.

                      „Rocky II“ arbeitet sich im Grunde genau an den dramaturgischen Stützpfosten entlang, die sich schon „Rocky“ 3 Jahre zuvor zu eigen machte - Mit dem wichtigen Unterschied, dass er die Geschichte auf eine ganz andere Ebene verlagert und Rocky nicht mehr der Underdog ist, der aus dem Nichts kommt und durch die nötige Portion Glück die Chance bekommt, sich zu beweisen. Hier MUSS Rocky etwas tun, denn er ist nicht mehr nur für sich allein verantwortlich, sondern auch für seine Familie. Das Schema des Handlungsverlaufs lässt sich dabei immer an den Reaktionen der vom Drehbuch deutlich vernachlässigten Adrian ablesen, die Rocky erst mal aus Angst nicht erneut gegen Apollo Creed antreten lassen möchte, nach seinen Provokationen im Fernsehen und dem überstandenen Schock im Privaten ihren Mann logischerweise von der Leine lässt und in den Kampf mit dem in seinem Stolz verletzten Creed schickt. Packend ist dabei nicht der eigentliche Verlauf, der ist vorhersehbar. Es sind die verschiedenen Stadien von Drucksituationen, die Rocky gezwungen ist zu durchwandern.

                      Tritt Rocky an, so muss er um sein Augenlicht fürchten, tritt er nicht an, hat er einen Ruf zu verlieren und damit auch kein Hintertürchen mehr offen, welches ihm vielleicht in einer richtigen Notlage noch einmal helfen könnte. Wenn Rocky sich aber nun entscheiden sollte, gegen Creed anzutreten, dann muss er das auch gewissenhaft tun und im Training nicht nur halbherzig die Boxbirne streicheln. Wenn er sich nicht konzentriert vorbereitet, wird er, wie sein Trainer Mickey (Burgess Meredith) richtig feststellt, vor laufenden Kamera vom schwarzen Hünen totgeschlagen. Die Angst schwingt hier immer mit, und diese Angst ist eine existentielle, die im Aufeinandertreffen, der finale Herausforderung, noch tiefere Schächte in die Seele gräbt. Wie der Kampf ausgeht, ist kein großes Geheimnis, wie dynamisch Stallone diesen Fight inszeniert, ist ein brillant geschnittener Wechsel aus donnernden Dampfhammerschlägen und präziser Antizipation, die für den Profisport einzig ausschlaggebend ist. „Rocky II“ macht dem Erstling keine Schande, er vollendet ihn in seinem Pathos seriös, in dem er seinen Geist weiteratmen und lässt ein in sich geschlossenes Werk entstehen, das emotional wirkt und ebenso zu unterhalten weiß.

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                      • 9

                        [...] Doch bis es überhaupt zu diesem Moment kommen darf, dessen Bestätigung folgerichtig im Verborgenen bleibt, lässt der schwedische Meisterregisseur Ingmar Bergman den Zuschauer mit „Herbstsonate“ durch die emotionale Hölle der dissonanten Beziehung zwischen Tochter und Mutter schreiten. Bis auf wenige Ausnahmen in einem Pfarrhaus angesiedelt, weiß Bergman die räumliche Beengtheit nicht nur als Sinndbild der Gefühle seiner Protagonisten zu funktionieren, er hat schlicht und ergreifend auch nicht mehr Schauplätze nötig, um die Geschichte in ihrer Effizienz zu entfalten. Und diese kolossale Effizienz ist rein psychologischer Natur und saugt in ihrer unermesslichen Kraft alles und jeden ohne Rücksicht auf Verluste an sich. [...]

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                        • 6

                          [...] „Prince Avalanche“ thematisiert den Wert von Freundschaft und assoziiert diesen zwangsläufig mit dem elementaren Neuanfang auf mehreren Ebenen. Während Alvin (Paul Rudd) sich vorerst noch als Boss vor dem etwas einfacher gestrickten Gemüt Lance (Emile Hirsch) aufbaut, salbungsvolle Briefe an seine Freundin schreibt, die gleichzeitig Lance' Schwester ist und sich mit poetischer Rezitation ins rechte Licht rückt, vermisst Lance nur den Sex. [..] Und auch wenn manche Gags nicht zünden und deplatziert wirken, ist „Prince Avalanche“ eine schöne, menschliche Charakter-Studie, die oft den richtigen Ton trifft und allgemein eher zum Schmunzeln, als zu den großen Schenkelklopfern animieren möchte. Ein im Großen und Ganzen angenehmer Film.

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                          • 3

                            [...] Vom liebenswerten Fantasten, der auch den Emotionen seiner Protagonisten Aufmerksamkeit schenkte und sie plastisch werden ließ, ist in „Der Schaum der Tage“ weit und breit keine Spur. Hier hantiert nur ein gewitzter Handwerker, der sich am absurden Überdruss seiner findigen Animationen labt und es im Gegensatz zu Vian vergisst, die vitale und langsam ergrauende Umwelt zum Spiegel der Seele seiner Charaktere zu machen. In „Der Schaum der Tage“ darf nur geguckt werden, denn zu sehen gibt es nichts.

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                            • 8 .5

                              Drogen, Korruption, Mord: Los Robles ist ein im Nebel der kumulativen Kriminalitätsrate eingeschlossener Sündenpfuhl und Orson Welles als fette Wildsau mit Polizeimarke nicht das Aushängeschild aufrichtiger Gerechtigkeit, sondern nur das abscheuliche Produkt seiner amoralischen Umwelt: Irgendwann konnte er sich einfach nicht mehr dagegen stemmen und musste sich mit dem Strom treiben lassen. Idealistisch ist einzig der von Charlton Heston verkörperte Mexikaner Vargas, aber was bringen all die gute Vorsätze in einer Zeit, in der doch eh schon alles verloren scheint? „Im Zeichen des Bösen“ ist fiebriges Kino am Abgrund der Menschlichkeit; ein monumentaler Film noir, der auch in Farbe nicht mehr als schwarz-weiße Schattierungen zugelassen hätte, so pessimistisch und verrucht gibt sich Welles, so differenziert und komplex kreiert er seine Charaktere und besiegelt hiermit den ehrfürchtigen Schlusspunkt der schwarzen Serie. Gewaltig.

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                              • Ach, ach, ach. Niedlich war der Auftritt vom Shia auf der Berlinale ja schon irgendwie. Er wird aber wohl auch ehrlich zugeben müssen, dass nicht nur die Tüte auf dem Kopf nach hinten losging. Labello hat sich schauspielerisch zwar gemacht, aber er ist weder ein Cantona, der solche Dinger („When the seagulls follow the trawler, it's because they think sardines will be thrown into the sea.“) noch bringen konnte, noch ist er ein Joaquin Phoenix, dem man die „Ihr-interessiert-mich-doch-alle-einen-feuchten-Scheißdreck“-Haltung gerne abkauft. Aber meine Güte, wenn der Kleine auch mal einen Skandal für sich ganz allein haben möchte, dann soll er ihn doch weiterhin so peinlich affektiert provozieren. Vielleicht klappt es ja mal ganz zufällig. Irgendjemand muss ja schließlich auch in dieser Branche den Klassenkasper geben.

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                                • 8

                                  Mittels anachroner Narration behandelt Oliver Stone in 190 Minuten den Untergang des Richard Nixon und unterzieht die signifikanten Stufen seiner Präsidentschaft einer für tradierte Sehgewohnheiten ungewöhnlichen, für einen durchaus mutigen Filmemacher wie Stone es ist aber prädestinierten Fragmentierung. Wichtig ist es nicht nur, sich auf den Film einzulassen, also ihn in seiner Eigenart zu akzeptieren, sondern auch zu verstehen, wie der politisch schon immer engagierte Regisseur es erstrebt, sein umstritteneres Werk wirklich zu entfalten – Ähnlich wie bei seiner vier Jahre zuvor entstandenen Rekonstruktion des Attentats auf John F. Kennedy, mit der Stone filmisch zwar Fulminantes leistete, den klaren Anspruch auf Realitätsnähe aber gewiss in Grenzen zu halten wusste. „Nixon“ gleicht einer shakespearschen Königstragödie, in der zuweilen auch nicht mit theatralischen Gestiken gegeizt wird: Richard Nixon (Anthony Hopkins) fällt in demonstrativer Pose flehend auf die Knie, während sich Außenpolitiker Henry Kissinger (Paul Sorvino) angesichts des medialen Scherbenhaufens nur noch wehmütig ausmalen darf, was aus Nixon wohl geworden wäre, wenn er von doch nur die Liebe der Masse erfahren hätten dürfen. [...]

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                                  • 6

                                    Mit „Cliffhanger“ führt Renny Harlin Akrophobiker (wie mich) in den besten Momenten an die Grenzen des Erträglichen. Gleichwohl gelingt es dem Film aber leider nur in seinem mit fulminanter Agilität in den Kameraschwenks gefilmten Prolog, die Intensität des Möglichen auszureizen und dadurch für schweißnasse Hände zu sorgen. Der Rest ist eines der letzten archetypischen 90s-Vehikel, in dem sich ein seelisch leidender Sylvester Stallone in der Form seines Lebens noch einmal in die luftigen Höhen der Rocky Mountains begeben muss, um den karikaturesken Bösewicht John Lithgow das Handwerk zu legen. Das wird mit straighter Härte gehandhabt, ist technisch in jedem Punkt großartig und nur äußerst selten wirklich fad. Sehenswert ist und bleibt das Ding eh, denn selten hat der Berg in diesem Gefilde spekatulärer gerufen.

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                                    • 6 .5

                                      Während junge Studentinnen vom anfangs mit ausgemachter Dauerlatte inszenierenden Sergio Martino alle zwei Minuten die Chance geboten bekommen, ihre Hupen durch das Bild zu schaukeln und die promiskuitiven Freiheiten der siebziger Jahre im Rausch auszuschöpfen, macht sich gleichzeitig ein traumatisierter Misogyn mit Skimaske und Sägewerkzeug auf, um den Damen den Spaß am wilden Treiben mal so richtig zu vermiesen. Klingt billig, ist es aber nur auf den ersten Blick, denn wenn Martino seinen Hosenstall mal wieder geschlossen hat, nimmt „Die Säge des Teufels“ eine doch interessante Position im filmhistorischen Kontext des pauschalisierten Horrorkinos ein. Zwinkert sein ästhetischer und symbolbehafteter Stil noch der Charakteristik eines Giallo entgegen, ist „Die Säge des Teufels“ ein ultrasleaziger Vorbote des Slasherkinos, wie es in den 80er Jahre mit exploitativen Gewaltspitzen bis zum Gehtnichtmehr ausgeschlachtet wurde: Ein Präslasher im Giallogewand, mit nettem Suspense nachhaltig intensiviert. Kann was.

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                                      • 5

                                        [...] Der Cast ist mit Kevin Kline, Kevin Costner, Danny Glover und Scott Glenn in den Heldenrollen wirklich tadellos besetzt und auch aus handwerklicher ist das hier schon ganz großes genretypisches Tennis mit den ausgestreckten Aufnahmen der trockenen Landschaft und den muffigen Spelunken im unterdrücken Städtchen, wo der exzessive Feuerwasserkonsum noch zum guten Ton gehörte und beinahe schon als echtes Statussymbol gehandelt werden durfte. „Silverado“ sieht zweifelsohne aus wie ein Western, nur, und das dämpft die Stimmung erheblich, weil einfach kein Feeling auskommen möchte, er fühlt sich nicht so an wie einer, denn dafür ist er in seiner Konzeption schlichtweg zu methodisch arrangiert. [...]

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                                        • 7 .5

                                          »SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«

                                          - Teil 1:
                                          Flehen, schreien, verzweifeln,
                                          keuchen, kämpfen, überleben.
                                          A...wie Abenteuerfilm.

                                          [http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver]

                                          Es sind nicht die äußeren Einflüsse der Natur, der Wetterlage und des Klimas, die den Menschen allein an seine Grenzen führen können; es ist der Mensch und sein Verhalten, welches ihm früher oder später Stöcke zwischen die Beine werfen und ihn so in die Knie zwingen wird - Gerade in einer angespannten Gruppensituation. „Der Flug des Phönix“ mag allgemein als Abenteuerfilm deklariert sein, abenteuerlich ist hier nur, wie sich die Männer in dieser psychologisch bis zum Zerbersten aufgeladenen Dynamik der Extremsituation Tag für Tag immer auffälliger verändern. Das Drehbuch gleicht in seiner Funktion einem Seziermesser, immer konzentriert auf den Geisteszustand seiner Protagonisten, in diesen durch feine Schnitte vorzudringen und den Kern schließlich freizulegen. Natürlich spielen Faktoren wie der pralle Sonnenschein, der die Männer auch im Schatten (50°C) brutzeln lässt oder das Wissen darüber, dass der Wasservorrat nur maximal ein dutzend Tage ausreichen wird ihre Rollen, doch die Männer wären sich auch unter anderen Umständen irgendwann an die Hälse gesprungen.

                                          Die Ausgangslage, dass das Ziel der Transportmaschine einer Ölförderfirma eigentlich Bengasi lautete, doch aufgrund eines Sandsturms dazu genötigt wurde, irgendwo im nördlichen Teil der Sahara notzulanden, wird in einer 10-minütigen Exposition getreu abgehandelt. Mehr Raum hätte dieser unglückliche, aber unausweichliche Zwischenfall nicht benötigt, genau wie der Zuschauer mit den Charaktere nicht durch die harte Notlandung mitfiebert, bei der zwei der 14 Personen an Bord sterben und ein dritter sich das Bein mehrfach bricht. Er muss erst Teil der zwischenmenschlichen Konflikte im Nachhinein werden, um die Ausmaße der seelischen wie körperlichen Belastungen der Gruppe am eigenen Leibe erfahren zu dürfen – Und die haben es in ihrer permanenten Wucht in sich. Während der gewohnt großartige James Stewart den altbewährten, aber von Schuldgefühlen geplagten Captain Frank Town gibt, der irgendwie versucht Herr der Lage zu bleiben und die Ruhe im Angesicht des möglichen Todes zu bewahren, ist ihm vor allem der deutsche Konstrukteur Heinrich Dorfmann, ein hochintelligenter Mann, gespielt von einem alles überragenden Hardy Krüger, der Frank in seiner apodiktischen Haltung auch irgendwann als betagt enttarnt und sie so bricht, ein Dorn im Auge.

                                          Der Rest der Gestrandeten ist beispielsweise mit Größen wie Richard Attenborough, Peter Finch und auch Ernest Borgnine nicht minder namhaft besetzt und jeder von bekommt genau den Freiraum zugesprochen, den ihr Charakter auch vertragen kann. Im Mittelpunkt allerdings stehen die Reibereien zwischen Town und Dorfmann, in der nur derjenige die Überhand gewinnen kann, der keine Schwäche zeigt und standhaft seinen Überzeugungen treu bleibt. Nur kommt Town irgendwann an den Punkt, an dem er sich – ob er nun will oder nicht – auf Dorfmans Plan einlassen muss, so absurd er auch erscheinen mag. „Der Flug des Phönix“ ist ein Männerfilm, aber nur unter dem Deckmantel, dass es keine einzige Frauenfigur innerhalb der 140-minütigen Laufzeit zu sehen gibt. Hier gibt es keine peinlichen Zugeständnisse an die Maskulinität des „starken Geschlechts“. Die Luft hingegen wird dünner und jeder der Charaktere muss irgendwann zwangsläufig die Schwächen offenbaren, die er sich selber nie eingestehen wollte. Am Ende bleibt den Männern nur eine Sache gemeinsam: Der Überlebenswille. Und solang dieser Wille noch bebt und pulsiert, gibt es immer eine Chance.

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                                          • 7 .5

                                            [...] Im Endeffekt sind es die glorreichen Sieben, die einen Idealismus an den Tag legen, der nicht nur für sich allein spricht, aber auch ganz klar höhere individuelle Ziele nachjagt. Ausschlaggebend um sich in dieser Konstellation bewähren zu können, ist es, dass alle Beteiligten der Sieben keine Heldenfiguren sind, dass sie zwar kämpfen, aber dann doch größtenteils mit leeren Händen zurückbleiben und erkennen, dass, trotz ihres Mutes, ihrer resistenten Hartnäckigkeit, jedes Gefecht ihre Opfer einfordern wird – Manche bleiben stehen, andere fallen in den Staub. Wer nun wirklich besser dran ist, steht noch in den Sternen, doch die Freiheit der eh schon desillusionierten Outlaws und ihre Wünsche, ein besseres Leben führen zu dürfen, zeigen sich als Trugschluss und unerreichbar. „Die glorreichen Sieben“ begräbt das Klischee des Heldenmythos nicht, er schlägt die lockere Erde oberhalb der Gräber allenfalls nachträglich fest. [...]

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                                            • 8

                                              [...] Parallelen zu Paul Thomas Anderons „There Will Be Blood“ lassen sich erkennen, doch während der von Daniel Day-Lewis gespielte Daniel Plainview ein misanthropischer Gierlappen war, besitzt Waynes Tom noch ein Herz, nur fehlte der Appell, der dieses wieder rhythmisch schlagen lies. Wenn die beiden Männer sich noch einmal gegenüber stehen und Tom auf seinen Sohn einprügelt, bis sich sein Gesicht durch das Blut immer vehementer verfärbt, kommt es endlich zu dem Augenblick, der Tom aus seinem emotionalen Winterschlaf weckt und wachrüttelt. In welcher Form sei an dieser Stelle nicht verraten, jedoch besitzt es einen ungemein emanzipatorischen Charakter, der sich zwar dann doch ungemein harmonisch ausbreitet, im Gesamtkonzept von „Red River“ dennoch nicht unangebracht wirkt. Ein Western besteht nun mal nicht nur aus harten Mackern, die den ganzen Tag Kautabak durch ihre Wangentaschen schieben, sondern auch aus Männern, die verzeihen und sich im Nachhinein ihre Fehler eingestehen können. Und das ist doch viel mehr wert, als irgendein Teufelskerl, der massenweise Reiter vom Pferd ballert, aber nicht weiß, was im Leben wirklich zählt.

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                                                Befreit von jener schwarzen Wolke, die „Django“, „Leichen pflastern seinen Weg“ und zu Teilen auch „Il Mercenario“ belagerte, lässt Sergio Corbucci mit „Lasst uns töten, Companeros“ mal so richtig die Fetzen fliegen und möchte politische Missstände nicht weiter konkretisieren. Vom entzaubernden Pessimismus ist nichts mehr übrig, Corbucci zeigt sich optimistisch im Hinblick auf die mexikanische Revolution und inszeniert einen amüsante Italowestern, dem jede Form von wirklich ernsten Zwischentönen einfach nur hinderlich im Wege gestanden hätten. Mit dem hervorragenden Ensemble (Franco Nero, Tomas Milian, Fernando Rey, Jack Palance) nimmt die blei- und sprüchehaltige Sause dann ihren geldgierigen Lauf und jagt sich mit zynischen Peitschenhieben durch das selbstreferenzielle Szenario. Zum Abschalten ist „Lasst uns töten, Companeros“ perfekt, wer wirklich Substanzielles erwartet, der wird halt ausgelacht.

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                                                  SoulReaver: FILMSTARTS.de 06.02.2014, 14:34 Geändert 21.01.2017, 20:38

                                                  [...] „Der falsche Mann“ behandelt das Lieblings- und Leitmotiv aus Hitchcocks Œuvre des unschuldig Verfolgten. Man mag nun ein wieder mal gekonnt inszeniertes, aber in seinen Anlagen doch handelsübliches Werk des britischen Meisters erwarten, was sich in den formalen Aspekten der Umsetzung auch freilich bestätigen lässt. Inhaltlich wie narrativ unterscheidet sich „Der falsche Mann“ aber nicht nur durch seine reale Begebenheit grundlegend von anderen Produktionen Hitchcocks, das britische Phänomen schmückt sein bitteres Charakter-Drama auch mit einer Sachlichkeit, wie sie in ihrer strikten Humorlosigkeit gewiss ungewohnt, aber mehr als nur treffend erschien. Prämisse von „Der falsche Mann“ war, die Realitätsnähe zum tatsächlichen Ablauf der Geschichte unverdrossen zu wahren und sich nie in erzählerische Überhöhung zu vergessen. [...]

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                                                    [...] „Zwölf Uhr mittags“ stellt Kane auf kein Podest, nur weil er seinen Zweck erfüllt hat. Er zeigt auf, dass Kane doch gar keine andere Wahl hatte, er musste sich dem Haufen Verbrecher in den Weg stellen und blieb dabei – bis auf seine Frau – vollkommen allein und auf sich gestellt: Kane wird sich seiner Pflicht mit Nachdruck bewusst, doch dieses Pflichtbewusstsein ist für ihn ein Attribut ohne Nutzen. Schlussendlich fällt der Sheriffstern in den Staub, angeekelt von seinem falschen Ausdruck, von seiner Wertlosigkeit: Man wird allein geboren und man stirbt allein, egal welchen Orden man sich an die Brust tackern darf. Die universelle Symbolkraft, die dieser Moment entfaltet, hätte in seiner Ehrlichkeit ausdrucksstärker nicht sein können.

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