SoulReaver - Kommentare
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Alle Kommentare von SoulReaver
[...] Was De Palmas „Fegefeuer der Eitelkeiten“ aber das Genick bricht ist seine Scheu, wirklich etwas zu wagen. Das Drehbuch ist satirisch verstrickt und zuweilen auch treffend kritisch im Umgang mit dem Sujet. Aber es ist nie zynisch genug, um wirklich etwas über die Moral respektive Unmoral dieser differenten Gepflogenheiten, ja, eigentlich über ganz Amerika, aussagen zu wollen. Wenn Tom Hanks alle Stadien durchwandert hat, ihm nichts mehr bleibt und Bruce Willis als Fledderer einer medialen Leiche Profit aus dieser Tour de Force zieht, dann verstummt die Bissigkeit und Morgan Freeman darf ein muffiges Plädoyer über den Wert des Gesetzes und die Gerechtigkeit in einem gesellschaftlichen System herausknüppeln, in dem er den gesamten Vorlauf durch seinen Appell an die Prinzipien des Menschen konterkariert und in ein mehr als unnötiges Finale driften lässt. [...]
„Wenn die Gondeln Trauer tragen“ durchkämmt die seelischen Qualen eines Paares, das lernen muss, mit dem Verlust ihres Kindes umzugehen. Wie wir Teil vom Tode des Mädchens werden, wie der Film es in Szene zu meißeln weiß, die tiefe Tragik dieses Augenblickes, wenn der rote Anorak im trüben Gartenteich treibt und schließlich von den Händen des Vaters umklammert wird, schreiend, flehend, verzweifelnd, ist eine handwerklich Bravourleistung; mehr als nur beachtlich montiert, wie es einzig unter der visionären Ägide des Nicolas Roeg geschaffen werden konnte – Und das gilt im weiteren Verlauf für den ganzen Film. „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ ist ein Rausch, ein Rausch, der durch die interpretativen Assoziationen der subjektiven Wahrnehmung funktioniert, der Memorables am laufenden Band serviert und sich die nötige Zeit nimmt, um sich mit voller Kraft (=Brillanz) um den paralysierten Körper des Zuschauers zu schlingen. In Venedig, einem Labyrinth aus Kanälen und Gassen, evoziert Roeg einen von Symbolik geschwängerten Glaubenskonflikt und dringt plastisch in die jede Rationalität verweigernde Schmerzbewältigung des Paares vor. Bis auch wir verstehen, dass es Roeg in diesem filmischen Gemälde tiefster Trauer, diesem verschachtelten, sublimen Vexierspiel, um die Akzeptanz einer höheren Dimension geht, einer Existenz, die über dem irdischen Ich verkehrt. Das Lächeln brennt sich ein, sobald das Rasiermesser gezückt wurde.
Was erst wie die staubige Nummernrevue noch staubigerer Genre-Klischees anmutet, offenbart sich zu dem wohl einfühlsamsten, dem wohl emotional fesselndsten Film des Brian De Palma: Ein in der florierenden Unterwelt von New York äußerst renommierter Ticker wird aus dem Gefängnis entlassen und möchte den ganzen kriminellen Scheiß hinter sich lassen, um ein neues Leben auf den Bahamas zu beginnen. Klappt aber nicht, weil sich sein Ruf in der Szene nicht einfach ausblenden lässt und bevor er seine Pläne kundtun kann, steckt er schon wieder in der Misere. Dass sich aus dieser Ausgangslage eine derart gefühlvolle, metaphorische und melancholische Ballade über die Unmöglichkeit, sich von seiner Vergangenheit zu lösen, formt, möchte man zu Anfang kaum glauben. Aber De Palma lässt seine Manierismen zu Hause und konzentriert voll und ganz auf die wunderbar geschriebenen Charaktere – Vorzüglich fotografiert ist „Carlito's Way“ natürlich dennoch. Al Pacino gibt wie gewohnt alles, brilliert dabei vor allem in den sensiblen, in den gar verletzlichen Momenten, während ihn Sean Penn als korruptes Wiesel mit Dauerwelle gnadenlos durch den Fleischwolf dreht. Freundschaften zerbrechen, das Paradies muss warten, ein neues Leben gibt es auf dieser Welt für Beide nicht. Wir haben mit der Vergangenheit abgeschlossen, aber die Vergangenheit nicht mit uns. Die letzte wirklich herausragende Arbeit von De Palma und eine allgemeingültige Dekonstruktion dieser ganzen großspurigen Gangster-Poser-Kotze.
[...] Stephen H. Burum liefert hervorragende Arbeit ab und macht seine Kamera nach und nach höchstpersönlich zum Hauptdarsteller von „Spiel auf Zeit“. Thront sie nicht nur über dem Geschehen – und damit auch über jeder der Figuren -, sondern fängt auch individuelle Standpunkte der Charaktere ein, um sie mit der eigenen Position zu verquirlen: Ein Cocktail der Wahrhaftigkeit, in dem ausgerechnet ein Objekt die Individuen dechiffrieren soll. [...] Immerhin muss man sagen, dass De Palma sich von „Rashomon“ nur der Form bis zu einem bestimmten Grad angenommen hat, was vollkommen tolerierbar ist und nicht der konkreten Rezitation unterliegt. Wenn man aber dennoch Brücken schlagen möchte, auch spezifiziert inhaltlich, dann könnte man es folgendermaßen zusammenfassen: Hatte Akira Kurosawa noch Futter für den Intellekt geboten, ist „Spiel auf Zeit“ nur für das Auge geeignet – und das sieht sich nun mal an polierter Schönheit schnell satt.
»SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«
Teil 13
M...wie Mantel & Degen.
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Mal poppig-verschmäht, mal mit erotischer Komponente gestreckt und dann wieder paradigmatisch auf nostalgische Tugenden rückbesinnend: Alexandre Dumas französischer Klassiker „Die drei Musketiere" haben es schon oft und in vielfältiger Ausrichtung auf die großen Leinwände geschafft. Wer aber hätte wohl damit gerechnet, dass ausgerechnet Paul W.S. Anderson das Privileg zu Teil wird, dieses Segment literarischen Kanons zum bald fünfzigsten Mal umzusetzen? Anderson, der mit seinem Sci-Fi-Horror „Event Horizon“ 1997 durchaus Potenzial für den stimmungsvollen Genre-Film bewies, degradierte er sich diesen Ruf mit „Resident Evil“, „Alien vs. Predator“ und „Deah Race“ in Windeseile. Versessen darauf, die optischen Plateaus innerhalb des Kaders zu filetieren, hat Anderson bis auf das größenwahnsinnige Klammern und Stilisieren klinisch-aufbereiteter Hochglanz-Ästhezismen nichts zu bieten – Außer natürlich der endlosen Zelebrierung seiner gähnend reizlosen wie nahezu vollkommen talentlosen Gattin Milla Jovovich. Mit „Die drei Musketiere“ von 2011 verhält sich nun aber endlich mal erfrischend anders.
Zum ersten Mal nämlich darf man hier den Eindruck erweckt bekommen, Paul W.S. Anderson wäre sich seiner Materie wie den Unkenrufen aus aller Welt für einen kurzen Zeitraum vollkommen bewusst geworden, bevor er sich 2012 mit „Resident Evil 5: Retribution“ wieder in sein altbekanntes Territorium verkrümeln wird. Die Geschichte um „Die drei Musketiere“ ist ausgelutscht, ihr substanzieller Mehrwert längst ausformuliert und das Interesse an einer weiteren seriösen Verfilmung ebenso verblüht. Folgerichtig geht es dem Drehbuch, zusammengeschustert von Alex Litvak und Andrew Davies, nicht darum, den Werdegang von D'Artagnan, Athos, Porthos und Aramis detailliert und kompetent auszubreiten, sondern nur darum, Anderson eine zünftige Spielweise im historischen Chic zu offenbaren, auf der sich in all seiner zwanghaften Sucht nach überbordenden Bombast austoben kann. Die Eckpfeiler bleiben erhalten; Tapferkeit, Brüderlichkeit, Stolz und Liebe und jene Aspekte sind vertreten, auch wenn ihnen der tiefere Ausbau hier selbstredend verweigert wird. Dafür interessiert sich „Die drei Musketiere“ in diesem Fall etwas mehr für politische Gepflogenheiten, ohne parabolische Dimensionen anzugreifen – Warum auch?
„Die drei Musketiere“ ist ein Blockbuster, der sich weder um Logik schert, noch historische Kohärenz für erstrebenswert erachtet. In Szene gesetzt in einigen der schönsten Barockburgen Bayerns, hat Anderson die edlen Schauwerte auf seiner Seite und fährt mit einem prachtvollen Dekor und Kostümen auf, was beinahe schon etwas wehmütig stimmt, es dann doch mit einem nach solch anachronistisches Idealen funktionierenden Gesamtwerk zu tun zu bekommen. Der Kurs, auf dem „Die drei Musketiere“ jedoch läuft, hört auf „Modernisierung“ und nimmt sich damit das damit eintretende Trivialisieren ohne falsche Scham in Kauf: „Die drei Muskeltiere“ ist infantil und gerne auch respektlos, aber es ist zuweilen auch ein bunter Freizeitpark, auf dem sich nur zu gerne nach Lust und Laune verausgaben möchte. Mit Logan Lerman („Vielleicht lieber Morgen“) hat man sich auf einen Jungspund als D'Artagnan geeignet, der durch seine angriffslustige Art einem jüngeren Publikum den Zugang zu dem Stoff erleichtern soll, letztlich aber durch seine aufgesetzten Attitüden schnell nervt, während die weiteren Musketiere weitestgehend charakterlos bleiben und vielmehr nur als Sekundanten fungieren.
Vervollständigt wird der Cast mit Christoph Waltz, der wiedermal die Hans Landa-Nummer aus „Inglourious Basterds“ raushängen lässt, einem schön fiesen und charismatischen Mads Mikkelsen (Die Jagd), Orlando Bloom („Der Herr der Ringe“), Juno Temple („Killer Joe“), Til Schweiger („Kokowääh 2) und natürlich Andersons Herzallerliebsten Milla Jovovich – Die auch in „Die drei Musketiere“ an ihre Auftritte im desaströsen „Resident Evil“-Franchise erinnert. Und obgleich sich die Darsteller nicht mit Ruhm bekleckern, ja, sogar hin und wieder zum Störfaktor erklärt werden dürfen, macht „Die drei Musketiere“ die größtenteils Spaß, weil er so bunt, so laut und so albern ist, ohne etwas anderes behaupten zu wollen. Eine protzige Sause, zwischen Luftschlachten mit Steampunkanleihen und jeder Menge fulminanter Zeitlupe. Natürlich kann man „Die drei Musketiere“ gleichwohl als Persiflage auf die Konventionen des Mantel & Degen-Genres lesen, was den Film dann doch als grelles Entertainment schadet, ist, dass die Rhythmik der Narrative oftmals in Straucheln gerät und zwischen all den Überhöhung tatsächlich etwas zu viel Luft nach oben bleibt. Nichtsdestotrotz ist „Die drei Musketiere“ DEUTLICH sympathischer als man es von Anderson erwartet hätte.
Im Kino von Brian De Palma ging es immer um die Wahrnehmung wie die Auffassungsgabe des Zuschauers und darum, wie schnell diese dann durch gewitzte Kniffe mehr oder weniger leichte Risse davon tragen kann. „Mission to Mars“ wird mit einer Szene eröffnet, die in ihrer Konzeption und Absicht patentiert für De Palma scheint: Eine Rakete steigt anmutig in den Himmel empor, ein dumpfer Knall ertönt und kräuselnde Luftschlangen verteilen sich über dem Bildschirm. Von derlei wirksamer Manipulation ist De Palma im Folgenden allerdings nur noch weit entfernt, stattdessen aber entpuppt sich „Mission to Mars“ als ein waschechter Blender – Und das Drehbuch dreht De Palma zum ersten Mal einen Strick, weil es ihm keinerlei Chance auf ein reflexives Hintertürchen gewährt. Verschleiert als große Antiklimax, die, wie es heute mal Gang und Gäbe im Science-Fiction-Genre ist, fortwährend auf „2001“ schielt, sich in Elegie situiert und doch keine adäquaten Bilder findet, die dem Weltall gerecht werden. Richtig ärgerlich wird „Mission to Mars“ allerdings erst gegen Ende, wenn das Drehbuch die Evolutionstheorie auf Links krempelt und eine ungemein reaktionäre Sichtweise propagiert: Der weiße Mann muss entdecken (erobern), weil es seine Aufgabe ist, weil es ihm als Bestimmung im Blut liegt. Esoterischer und artifizieller Unfug, fernab von extraterrestrischen Naturalismus oder den horizonterweiternden, visionären Denkanstößen eines Stanley Kubrick.
[...] Psychologisch aber fehlt „Schwarzer Engel“ die Inspiration und kreiselt sich wortwörtlich gegen Ende in ein pathetisches Finale, um den Eindruck zu verstärken, dass sich De Palma und Schrader hier einzig mit exponierter Seriosität brüsten, denn wirklich ein tiefgehendes Seelendrama präsentieren zu wollen. Wo sich De Palma später, beispielsweise mit „Dressed to Kill“, „Blow Out“ oder „Der Tod kommt zweimal“, noch einige Male auf die Wechselwirkung zwischen Realität und Fiktion berufen wird, auf die menschliche Doppelung und die Suche nach Erlösung, seinen Filmen aber immer eine klare Luzidität im Umgang mit ihrer Ambivalenz lässt, ist „Schwarzer Engel“ immer genau das, was er auch gerade zeigt, ohne doppelten Boden, ohne schelmisches Augenzwinkern, nur kitschig und – was gerade in Anbetracht der Intention paradox scheint – seltsam klar.
Eine Frau ohne Gewissen findet sich selbst in der gedrungenen Vervielfältigung und entzweit sich wieder im symbolischen Bekenntnis ihrer Identität: Brian De Palma lässt die titelgebende Femme Fatale zu Luft kommen, anstatt sie untergehen zu lassen. Nachdem sich De Palma mit Zitaten und der für ihn standardisierten motivischen Aufbereitung seiner Vorbilder in den letzten Jahren zurückgehalten hat – oder zurückhalten musste -, darf er sich mit „Femme Fatale“ mal wieder ganz der Cineastik hingeben und das vermengen, was sein Herz höher schlagen lässt. Alfred Hitchcock ist genauso präsent wie De Palmas eigene Vita und der klassische Film Noir. Ob De Palma den Mythos rundum die verführerische Frau wirklich verstanden hat, darf nach Konsumierung gerne infrage gestellt werden, bricht der einstige Visionär ihren Habitus doch oftmals nur die auf Darstellung einer objektivierten Männerphantasien herunter, damit wir uns mal wieder als Voyeur in dem von Reizen der Femme Fatale überrollten Antonio Banderas zu spiegeln. Aber das war bei De Palma ja, wenn man ehrlich ist, überhaupt nicht anders zu erwarten. Der Rest ist wieder das übliche, hier leider schon etwas abgeschmackte Vexierspiel zwischen Realität und Illusion, visueller Manipulation und nackten Brüsten auf dem Silbertablett. Die 12-minütige Cannes-Heist-Sequenz zu Anfang ist allerdings großartig und so was von De Palma pur.
Der künstlerische Verwesungsprozess hatte Brian De Palma 2006 schon reichlich gezeichnet. Und während der filmverrückte Schmierfink in seiner Hochzeit mit geradezu adaptiver Raffinesse glänzte, scheint er im neuen Millennium nur noch an der saftlosen Pose interessiert zu sein. Mit akuter Ideenarmut gesattelt, kraxelt De Palma wie eine abgenutzte Schachfigur über das kinematographische Spielfeld und „The Black Dahlia steht als Sinnbild für den ärmlichen Werdegang seiner Person: Die Story will sich durch sämtliche Schlaufen wirbeln, verschwendet sich aber in der spannungsbefreiten Stagnation; genau wie die Charaktere, die zu billigen Schablonen verkommen, deren Konturen das Drehbuch mit dem Bleistift nur müde nachgezogen hat und mit Schauspielern besetzt, die entweder desinteressiert oder von Grund von fehlbesetzt wirken. Es gilt hier schon als ganz große Kunst, ein Kaliber wie Scarlett Johansson, die doch gerade für den Film Noir prädestiniert scheint, zu keiner Zeit adäquat in Szene zu setzen. Dass De Palmas Werke nie gravierende Angriffsflächen im visuellen oder auditiven Bereich boten, bleibt auch in „The Black Dahlia“ erhalten; der Unterschied ist nur, dass hier stupides Abfilmen ästhetisierter Bezugspunkte betrieben wird, anstatt eine echte Sogwirkung zu beabsichtigen - Von zeitgenössischem Flair ganz zu schweigen, wenngleich das Dekor passend erscheinen mag. Auch stilistische Bezüge zu klassischen Noirismen bleiben bloße Behauptung und mögen auf dem Papier nach einem cinephilen Kleinod klingen, sind in der Umsetzung hingegen sicher nicht als die revitalisierte Huldigung zu verstehen. Von verruchtem Schattenkabinett scheint De Palma nicht mehr viel zu halten. „The Black Dahlia“, die blasierte Verschmähung der Schwarzen Serie.
»SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«
Teil 12
L...wie Liebesfilm.
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Überall begegnet dem Menschen der Tod – Tag ein, Tag aus. Ob in den Nachrichten, wo Tränen geflutete Gesichter nach Naturkatastrophen und Attentaten ihren Liebsten hinterher trauern, im weiten Kreis der Bekanntschaft, in dem ein ehemaliger Schulkamerad seinem Krebsleiden nach langem Kampf endgültig erlegen ist oder im privaten Umfeld, in dem ein Familienglied nicht mehr aufgewacht ist, obwohl sie doch am Vortag noch quicklebendig am Tisch über das schlechte Wetter gepoltert hat. Schon in frühster Kindheit müssen wir lernen was Abschied bedeutet. Abschied von Menschen, von Haustieren, die wir ins Herz geschlossen haben, doch verstehen können wir nicht, warum sie uns von Jetzt auf Gleich für immer verlassen müssen. Die Angst vor dem Tag, an dem uns der Tod einholt, wächst; die Angst davor, dass es doch kein Leben danach geben könnte, brennt sich in unser Innerstes. Als Erwachsener erleuchtet uns die Präsenz des Todes trotz angeeigneter Reife auch nicht unbedingt, wir können höchsten versuchen, ihn zu akzeptieren und uns über lange Sicht mit unserem Schicksal irgendwie anfreunden.
Und doch kann man sich nicht auf den entscheidenden Tag, den entscheidenden Moment, vorbereiten. Wie reagieren wir, wenn es wirklich soweit ist? Welche Worte wählen wir, welches Gefühl durchströmt unseren Körper, wenn uns der Tod gegenübertritt und uns die Gewissheit ereilt, Abschied von unserer Welt, unserem Leben, unserer Hülle und vielleicht auch von unserem Geist zu nehmen? „Rendezvous mit Joe Black“ nistet sich thematisch genau in diesen Augenblick der Gewissheit ein und lässt Anthony Hopkins („Das Schweigen der Lämmer“) als William Parrish in die blauen Augen des attraktiven Todes (Brad Pitt, „Sieben“) blicken. Der Tod, aus der Not heraus von Parrish passend Joe Black getauft, verweilt auf der Erde und möchte das Leben kennenlernen, bevor er sich wieder in seine ferne Sphäre zurückzieht. Wenn er allerdings geht, dann ist auch für den Großunternehmer Parrish die Zeit auf Erden abgelaufen, da sollte Parrish die amour fou zwischen Joe Black und seiner Tochter Claire Forlani („The Rock“) gerade recht kommen, doch Parrish ist damit natürlich auch nicht zufrieden, weil er sich eben um sein liebes Töchterlein sorgt, denn eine Liaison mit dem Tod höchstpersönlich klingt ja nicht unbedingt gesund.
Was hätte „Rendezvous mit Joe Black“ für eine hochinteressante Reflexion über die Akzeptanz, über die Annahme der menschlichen Vergänglichkeit werden können, würde die Intention nicht so offensichtlich in eine ganz andere Richtung schielen. „Rendezvous mit Joe Black“ besitzt in seinen A-sätzen gewiss einen ansprechend parabolischen Charakter, verschiebt seine Handlungsachse im Laufe der Zeit aber immer penetranter auf die schmalzig ausbuchstabierte Liebelei zwischen Joe Black und Susan, die sich mit zusammenkniffenen Augen verkitschte Parolen ins Ohr wimmern und doch keinerlei echte Harmonie zueinander aufbauen. Das liegt zum Teil am schändlich eindimensionalen Drehbuch, welches seine für jeden Menschen elementare Thematik in geradezu lächerlicher Vehemenz vernachlässigt, wie auch an den Schauspielern, die hier zuweilen wirklich alles dafür geben, um unglaubwürdig in ihren Rollen zu versacken. Brad Pitt, eigentlich ein guter Mann, auch schon zu dieser Zeit, wird auf seinen Image als Frauenschwarm heruntergebrochen und stelzt sich mit seiner überfordert-affektierten Darbietung durch das verzogene Szenario, während sein weiblicher Gegenpart Claire Forlani, die schauspielerisch bekanntlich noch nie Bäume ausgerissen hat, immer nur mit verheulten Augen dreinblickt und unrunde Satzfetzen leise vor sich hin hauchen darf.
Die Lovestory zieht in ihrem Kitsch dicke Fäden und schaffte es sogar Kuschelrocker Bon Jovi zu neuen auditiven Foltermethoden zu inspirieren – Passt ja. Anthony Hopkins, sichtlich unterfordert, aber doch immer irgendwie charmant, kurbelt seine uninteressante Rolle lustlos herunter und sehnt sich, wie auch der Zuschauer nach spätestens der Hälfte des Films, dem Ende entgegen. In „Rendezvous mit Joe Black“ liegt so viel mehrwertiges Potenzial begraben, Martin Brest könnte soviel über das unabdingbare Schicksal und gesellschaftliche Sorgen erzählen, über die Existenz, das Sein und den Verlust dieses, vergisst sich dann doch nur im aufgesetzt-melodramatischen Schmalzgegockel. Bei manche Damen mit einem unfassbaren Empathievermögen wird das Ganze vielleicht für nasse Augen und der herausgeputzte Brad Pitt für feuchte Höschen sorgen, alle anderen rutschen schnell auf der Schleimspur aus und mühen sich krampfhaft, wieder auf die Beine zu kommen – Ohne Erfolg.
Was erst nach einem amüsanten Trashgelage klingt, formiert sich zur apokalyptischen Schreckensvision der erdrückenden Sorte. Die Bedrohung tummelt sich unter unseren Schuhsohlen, potenziert sich unentwegt und nutzt die Gunst der Sterne. Nicht der Mensch ist länger die Krone der Schöpfung, alleinig berufen zu höheren Zielen, der Mensch ist nur Spielball einer privilegierten Spezies, die wir nicht mit derart erschlagenden Machtverhältnissen assoziiert hätten – Ihr strategischer Vorteil, unser sukzessives Verderben. So schleichend kann Untergangsstimmung ohne jedes reißerische Element umgesetzt werden und wird vom Genius der grafischen Darstellung, Saul Biss, bis zum memorablen Finale stetig intensiviert. „Phase IV“ schildert intelligent einen Kampf, den der Mensch nur verlieren kann; er dokumentiert seine pure Unterlegenheit, während die installierten Makrofotografien der Insekten immer wieder neue Dimensionen der Angst erforschen dürfen. Großes Kino.
[...] „Der Tod kommt zweimal“ nämlich ist eine in charakteristischem Sleaze und Blut gehüllte Abhandlung über die Funktion des Kinos; über die geglückte Täuschung, über den Anspruch auf eine handlungsbezogene Logik, die De Palma gegen Ende ohne falsche Scham ad absurdum führt und sich dann auch noch als Komplize des Zuschauers zu erkennen gibt, der verführen will, aber auch beabsichtigt, etwas mittels dieser Konzeption zu verdeutlichen. Darüber hinaus aber ist „Der Tod kommt zweimal“ durchgehend unterhaltsame Kost der Marke De Palma, jeder gibt sich hier als Voyeur zu erkennen, ob Hauptdarsteller Craig Wasson als Jake Scully, der Zuschauer hinter der Mattscheibe, der sich an den frenetisch exerzierten Fotografien festsaugt oder De Palma selbst. Im Korsett aus sexualisierter Gewalt, Pornographie, Musikvideos, klaustrophobischer Starre und dem thematischen Aspekt des Spannens, der Scully immer tiefer in das Tal der Obsessionen zieht, entwirft De Palma einen sinnlichen Fiebertraum, einen Trip auf Halluzinogenen, theatralischen Edelkitsch, der immer wieder ironisch gebrochen wird, um eine neue Ebene aufzuzeigen. Ein echtes Vergnügen.
[...] Die Tragödie folgt den Protagonisten jedoch von Beginn an, Visconti lässt das den Zuschauer durch feine Nuancen immer wieder deutlich erkennen. Wenn sich Burt Lancaster mit seiner Vergangenheit auseinandersetzt, mit einer Vergangenheit, die auch für seine Identität steht, die er aber nicht verstehen kann, so intellektuell er sich auch gibt, dann steht Helmut Berger ebenfalls einer Zukunft entgegen, die er in seiner ganzen Fragilität nicht greifen kann, weil sie schlichtweg nicht mehr existent ist: Es gibt numehr kein Vor und kein Zurück. Die Zeit steht still und ein Krater der Intimität, der zwischenmenschlichen Geheimnisse, der vehementen Ausweglosigkeit und Abkehr, wird alles in sich saugen. [...]
Ein Musterexemplar dafür, wozu das Kino in seiner ganzen Herrlichkeit fähig sein kann. „Jurassic Park“ ist bezauberndes, überwältigendes, mit selbstreflexiver Intelligenz bestücktes und nach wie vor so dermaßen brillant inszeniertes Erzählkino, in dessen unermesslicher, magischer Schönheit man sich bereits nach wenigen Minuten vollkommen verloren hat. Perfektionierter Eskapismus in Reinform; ein einziger Endorphinrausch, eine unvergessliche Erfahrung für die Sinne, ein Abenteuer, das bei Groß und Klein durchgehend für glänzende Augen sorgt: Die goldende Sahnehaube unter den Blockbustern. Wie schön es doch wäre, wenn Steven Spielberg das Kind in sich endlich wiederentdecken würde.
Bei solchen Streifen wie „Tokarev“ wünscht man sich doch insgeheim, „96 Hours“ hätte nie das Licht der Filmwelt erblickt. Dieser unsägliche Revenge-Wahn ist nur noch lästig. Nicht erst seit gestern, nee, aber solche Dinger wie „Tokarev“ hier lassen einen reichlich betrübt immer tiefer in den Sessel sacken. Aber warum noch wundern? Ist halt der typische DTV-Schmu mit hiesigem Zeremonienmeister Nicolas Cage. Der gibt mit rabenschwarzen Haaren mal wieder alles um sich zum Vollhorst zu machen; flennt und kreischt, zieht Grimassen, die keinesfalls gesund sein können, sticht und schießt, bricht Knochen, flitzt mit auffällig steifer Hüfte durch die Siedlung und brettert auch mal mit seiner schicken Karre durch die Innenstadt. Billig inszeniertes C-Action-Movie, nichts weiter, mit generischem Score aus der Mottenkiste und einer Auflösung, die...ach. Nicolas Cage + Direct-to-DVD. Das genügt der Worte.
Zynische Legitimation von unzweckmäßiger Polizeigewalt? Ach so. Wenn man „Lethal Weapon“ wirklich so verkopft gegenübertreten möchte, dann bietet er sicher genug Angriffsfläche, um ihn kurzerhand mittels jedwede Stigmatisierung zu verdammen. Nur würde man sich damit gleichwohl jede nötige (Sub-)Genre-Affinität aberkennen, mit der man problemlos erkennen würde, dass „Lethal Weapon“ ein prägendes Buddy-Movie wie aus dem Lehrbuch darstellt. Ganz Kind der goldenen 1980er Jahre und doch wird man irgendwie nie zu alt für diesen ebenso zeitlosen Scheiß. Die beiden Hauptprotagonisten (Großartig: Mel Gibson & Danny Glover) bewegen sich auf ein und demselben Level, niemand versucht dem anderen die Präsenz zu nehmen oder auszustechen. Riggs und Murtaugh sind Charaktere mit Ecken und Kanten, Menschen, keine Maschinen, vollkommen unterschiedlich in ihrer charakterlichen Disposition, aber Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an. Und im besten Fall, wie hier, ergeben sie einen mehr als sympathischen Einklang, der den Zuschauer in Windeseile um den Finger zu wickeln weiß. Darüber hinaus glänzt „Lethal Weapon“ mit astreiner, dem Umständen entsprechend harter 80s-Action und treffsicheren Humor, der sich nie im Bereich unnötiger Albernheiten aufhält, sondern den zuweilen durchaus düsteren Charme aufrecht hält. Richard Donners großartiger Startschuss für eine der qualitativ konstantesten Reihen, die man einfach gern haben muss.
In adoleszenter Lebensphase lauert ein harsches Erwachen, exorbitante Veränderungen, in ihrer irritierenden Wirkung wie Konsequenz mal über Tage aufgesplittet, oft auch nur kurze Momente während, die alles ineinander fallen lassen; die einen von der kindlichen Naivität ein Stück weit abrücken und auf den Zug eines erwachsenen, eines weit weniger bunten Verständnisses springen lassen. „Mud“, dieses bittersüße und in romantische Fotografien des Mississippi-Delta gehüllte Südstaatenmärchen, erzählt vom 14-jährigen Ellis (ein Diamant unter den Jungschauspielern: Tye Sheridan), der erfahren muss wie schmerzhaft es ist, wenn ein idealisiertes Menschen- und Weltbild in sich zusammenbricht; der sich an einen gesuchten Mörder (Matthew McConaughey) bindet und von dessen extremen Pfaden fasziniert ist, die er bereit war der Liebe wegen zu beschreiten, während im privaten Umfeld das Ende einer solchen nur noch einen Scherbenhaufen zu hinterlassen droht. Ja, Jeff Nichols hat mit „Mud“ einen universellen Männerfilm über Selbstfindung und Traditionen entworfen, doch eine wirklich gute Männergeschichten kommt nun mal nicht ohne Frauen aus; und selbst wenn die Männer ihnen hier oftmals nur verbittert und resigniert entgegenblicken, tragen sie alle ihren weiblichen Gegenpart wie ein Siegel über dem Herzen. Narrativ beugt sich Nichols gewohnt ganz dem Klassizismus, ohne Schnörkel, dafür mit konventioneller und konzentrierter Linearität immer geradeaus, so wie es seine Figuren benötigen, um ihre innere Logik infrage stellen zu können. Nichts anderes nämlich verschränkt sich letztlich vor ihnen.
[...] „Paranormal Activity: Die Gezeichneten“ ist – wen wundert es schon – natürlich nicht im Geringsten daran interessiert, den mystischen Kreis der Reihe zu schließen respektive eine Einleitung dafür zu offerieren. Der Hybrid aus Teenie-Flic und Found-Footage-Horror allerdings weiß in einigen Szenen durchaus zu gefallen und fährt dann mit einem actionlastigen Finale auf, welches nicht nur als Fan-Service bestens aufgeht, sondern auch das paranormale Treiben in mal mehr, mal weniger stimmungsvollen Einstellungen illustriert. Sicher keine große Kunst, dafür ist das Konzept an und für sich auch schon viel zu ausgelutscht, aber auf niedriger Basis noch durchaus unterhaltsam.
Qualvoll winden sich deformierte Körper im Ascheregen der verlorenen Stadt, Missgestalten, Dämonen, Bestien; ein überdimensionaler Schmelztiegel namens Silent Hill erwartet den Zuschauer, ein vom Surrealismus übermannter Mikrokosmos, in dessen Innenraum Abstraktion und Wahnsinn, Mystik und Horror in einer gar infernalischen Atmosphäre harmonisch aufeinander abgeglichen werden, um das unsichtbare Band zwischen Mutter und Kind in sinnbildhafter Kulisse nachhaltig zu akzentuieren. Audiovisuell verübt „Silent Hill“ eine höchstgradig stimulierende Wirkung auf sein Publikum aus und kann diese monochrome Vorhölle der verkohlten Vergangenheit, diesen perversen Sündenpfuhl des religiösen Fanatismus, gekonnt enthüllen. Dass das Drehbuch einzelne Handlungsfäden nur zu gerne lose durch die Gegend baumeln lässt, anstatt sie zu einem homogenen Ganzen zu formen, bremst „Silent Hill“ in seiner Effektivität, in seiner unwiderlegbaren Intensität, viel zu oft aus. Christopher Gans beweist hiermit aber dennoch mehr als überzeugend, dass es auch gute Videospielverfilmungen geben kann, gerade auch deshalb, weil er der Adaptation jenen Game-Charakter lässt. Am Ende muss man sich nur noch der Entscheidung stellen, ob man an den Schrei des Untergangs klammert oder doch in zermürbender Stille langsam verblasst, denn eine Sache ist sicher: Aus manchen Alpträumen wacht man nicht mehr auf.
Sonderlich gute Drehbücher hat man dem Joel Schumacher ja bekanntlich nicht allzu oft auf den Schreibtisch gelegt. Was sich Andrew Kevin Walker allerdings mit seinem Skript zu „8MM“ geleistet hat, geht nun wirklich auf keine Kuhhaut. Der im Porno-Milieu von Los Angeles angelegte Thriller pathologisiert und dämonisiert einfach alles, was über die Missionarsstellung im Ehebett hinausgeht. Das Desinteresse an der Materie könnte größer kaum sein, denn anstatt eine aufrichtige, eine mit ansatzweise objektiven Blick veranschaulichte Reflexion dieser Gefilde abzuliefern, ist „8MM“ schlussendlich nur ein blödsinniger und ebenso verärgernder Selbstjustizreißer, der in einer hochnotpeinlichen Sequenz den zuweilen nicht minder lächerlich grimassierenen Nicolas Cage am Telefon um die Erlaubnis eben jener betteln lässt: Fremdschämen ohne Gnade. Ein biederes, plakatives, manipulatives und unfassbar verstrahltes Machwerk, bei dem Heinz und Frank auf der Couch gerne mit weit aufgerissenen Augen über die „Abgründe“ (der Film propagiert in seiner Debilität eben alles, was über den Standard hinausgeht, als solche) unserer Zeit staunen dürfen. Alle anderen sind vielmehr aufgrund der erzkonservativen Aussagen des Films schockiert. Zu Recht schämt sich Joaquin Phoenix bis heute für diesen Schund.
»SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«
Teil 11
K...wie Kriminalfilm.
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In den 1990er respektive der späten 1980er Jahren verfügte Kathryn Bigelow über ein inszenatorischen Händchen, welches vor allem im Action-Sujet zu den sichersten ihrer Klasse zählte. Schlag auf Schlag lieferte sie Filme ab, die heute nicht umsonst als Klassiker verehrt werden. Ob ihre melancholische Vampir-Entmystifizierung „Near Dark“, der Cop-Thriller „Blue Steel“ oder die visionäre Dystopie „Strange Days“: Bigelow bewies in einer von Männern dominierten Umgebung abermals mehr Eier als ihre maskulinen Kollegen. Dass mit der Trennung von Ehemann James Cameron („Aliens –Die Rückkehr“) auch eine herbe Zäsur in ihrer Karriere folgte, lässt sich wohl als äußerst schlechtes Karma titulieren, stand die Kalifornierin ihrer Existenz als Filmemacherin nach „K-19 – Showdown in der Tiefe“ nicht gerade optimistisch entgegen. Anstatt uns jetzt aber hier auf ihr glorreiches Comeback mit dem allseits zu Recht gefeierten Irak-Drama „Tödliches Kommando“ zu beschränken, gehen wir lieber noch einmal in die Blütezeit ihrer Vita, zurück in die Anfänge der 1990er Jahre, zurück zu „Gefährliche Brandung“.
Die Synopsis liest sich wie ein handelsüblicher 80s-Actioner, der gar exzessiv mit Klischees jongliert und sich freimütig mit Schema-F-Dramaturgie brüstet: Wir hätten da den ambitionierten Grünschnabel Johnny Utah (welch namentliches Destillat jener Tage), der von seinem Vorgesetzten, natürlich ein unsympathisches Ekel in Reinform, mit einem desillusionierten, aber immer noch hartnäckig ermittelnden Kollegen auf einen schwierigen wie langwierigen Fall angesetzt wird. Dass der noch blutjunge Keanu Reeves diesen Johnny Utah gewohnt stocksteif verkörpert, ist kaum verwunderlich, schauspielerisch bewegt sich der im Libanon geborene Kanadier seit jeher auf einem doch eher ziemlich mauen Niveau. Seinen Reiz zieht „Gefährliche Brandung“ aus der Figur des Bodhi, gespielt von einem beinahe nicht wiederzuerkennenden, aber wie immer höchstathletischen Patrick Swayze, dessen arretierender Aura nicht nur Johnny Utah verfällt, auch der Zuschauer gibt sich nur zu gern der nonkonformistischen Lebensphilosophie des Surfer-Cliquen-Anführers hin. Bodhi ist der Katalysator der Handlung, der Dreh- und Angelpunkt des Geschehens, durch ihn greifen die einzelnen Story-Zahnrädchen flüssig ineinander und „Gefährliche Brandung“ erhält letztlich durchaus eine substantielle Ebene.
Substantiell dahingehend, dass der Name „Bodhi“ natürlich nicht umsonst gewählt wurde, sondern als Verweis auf den buddhistischen Weg der Erlösung fungiert. Und Bodhi gibt den Erleuchteten, den Guru, der sein Realitätsbewusstsein, seine kathartische (Über-)Erkenntnis, in der perfekten Welle des bevor stehenden Jahrhundertsturms sucht: Surfen als transzendente Erfahrung. „Gefährliche Brandung“ spielt mit der Faszination des eigentlichen Antagonisten, er lässt den Zuschauer in den Bann des Gegenspielers fallen und baut eine emotionale, empathische Bindung sowohl zu Johnny Utah, wie auch zu Bodhi auf, der seine penibel geplanten Banküberfälle als Ex-Präsidenten immer mit Prinzipien vollstreckt und diese als Affront gegen gesellschaftliche Konventionen und Systeme deklariert. Todessehnsucht kollidiert mit Todesangst, Gesetzesbruch mit Ordnung und Recht, Freundschaft mit Rivalität, striktes Regelwerk mit überzeugter Unbeugsamkeit. Dass ist tonal und formal dann alles gewiss ganz Kind seiner Entstehungszeit und schlittert über den Scheitelpunkt der späten Achtziger und frühen Neunziger hin und her, funktioniert aber auch heutzutage noch so blendend, weil Bigelows immense Fähigkeiten als Regisseurin über die Jahre hinweg immer zu unterhalten wissen.
„Gefährliche Brandung“ ist handgemachtes, vortrefflich fotografiertes und ohne Durchhänger vorgetragenes Spannungskino der unvergänglichen Sorte. Die Verfolgungsjagden sind dynamisch, die Charaktere durchaus interessant und die Gewalt, wenn es denn mal zu Schusswechseln kommt, explodiert in bester Peckinpah-Manier in blutiger Direktheit. Ohne Zweifel gehört „Gefährliche Brandung“ im Action-Genre zusammen mit „Leathal Weapon 3“, „Stirb langsam - Jetzt erst recht“, „Face/Off“ und „Speed“ zu den Speerspitzen der Dekade. Wäre doch mal wieder schön, wenn Frau Bigelow einen echten Old-School-Kracher inszeniert, anstatt sich nochmal in mutlosem (Möchtegern-)Relevanzkino der Marke „Zero Dark Thirty“ zu suhlen.
Krass, dass dir die alle noch fehlen, die sind doch so "Standard". Mir fehlen aber auch noch 10.
Auch im Erwachsenenalter gilt die oberste Regel: Steige niemals zu einem Fremden ins Auto – Oder im Falle von „Breakdown“, in seinen Sattelschlepper. Mehr Ausgangslage hat Jonathan Mostows straighter B-Thriller auch gar nicht nötig, lebt der Film in seiner eigentlich ungemein transparenten Dramaturgie doch ganz vortrefflich von Kurt Russells mit sinnfälliger Verzweiflung verkörperter Hetzjagd. Irgendwo im unwirtlichen Ödland im Nirgendwo der USA, auf welches man höchstens der Durchfahrt wegen trifft, fällt seine Frau in die Hände geldgieriger Erpresser und der gute Kurt geht über Stock und Stein in allegorischer Landschaftskulisse, um sie aus den schmutzigen Fängen jener Bande zu befreien. Natürlich fühlt sich der adrenalingeladene „Breakdown“ größtenteils etwas zu konstruiert an, Mostow aber ist hier ein viel zu kompetenter Regisseur, als dass er mit seinem manipulativen Thriller Gefahr laufen würde, in der breitspurigen Trasse ins Schleudern zu geraten. Den Rest regeln dann Doug Milsomes austarierte Kameraarbeit und der treibende Score von Basil Poledouris höchstpersönlich.
Als alleinstehender Thriller ist „Spurlos“ sicher immer noch geradeso solide Kost für den verregneten Sonntagnachmittag. Vergleicht man den Film aber mit seinem niederländischen Original „The Vanishing“, stinkt das gerade zum Ende doch erschreckend handzahm herausgearbeitete Remake gar gewaltig ab. George Sluizer rekonstruiert seinen eigenen Geheimtipp von 1988 und ordnet ihn ganz dem domestizierten Mainstream-Usus der Vereinigten Staaten unter. Dass macht sich vor allem daran bemerkbar, dass die psychologischen Konflikte zwar oberflächlich Gräben zeichnen, das Druckventil im Inneren jedoch bleibt verschlossen und verschränkt sich jeder tieferen Auseinandersetzung. Da kann der überengagierte Kiefer Sutherland noch so plakativ seine Augenringe ins Bild rücken, sein Leid bleibt bis auf die erste Tankstellenszene zu vage skizziert. Den Vogel aber schießt Nancy Travis ab, die sich durch ihre irgendwann nicht mehr nachvollziehbaren Schritte zum personifizierten Paradoxon wandelt. Einzig Jeff Bridges macht wie gewohnt eine gute Figur, kann er doch die Dualität im menschlichen Erstreben durch sein ambivalentes Spiel schön ans Licht befördern.
[...] Die letzte große Horror-Komödien-Volltreffer landete Eli Craig 2010 mit dem kanadischen Hit „Tucker & Dale vs. Evil“, in dem er sämtliche filmische Hinterwäldler-Klischee durch den Fleischwolf drehte und gekonnt persiflierte. Diesem Kult-Status, den „Tucker & Dale vs. Evil“ inzwischen inne trägt, hechelt „100 Bloody Acres“ zuweilen gar sklavisch hinterher. [...] „100 Bloody Acres“ besitzt mit dem organischen Düngergeschäft eine durchaus vielversprechende Grundlage für ein Werk dieser Fasson, Cameron und Colin Cairnes schaffen es aber nicht, die deftige Splatter-Härte mit dem anvisierten schwarzen Humor zu verbinden. Stattdessen stoßen sich die beiden Tonalitäten immer wieder ab, anstatt eine makaber-wirkungsvolle Symbiose einzugehen. [...]