SoulReaver - Kommentare

Alle Kommentare von SoulReaver

  • 1 .5

    Erzreaktionäres, klischeedurchtrieftes, an seiner von Vorurteilen kontrollierten Schwarz-Weiß-Zeichnung bereits nach Sekunden elendig krepierendes Actionpendant einer Bild-Schlagzeile. Nach wie vor gut gemeint, das Formelhafte der „Tatort“-Einrichtung durch eine ruppige, amerikanisierte Tonalität zu durchbrechen, in dieser Ausführung ist das jedoch nicht nur unbrauchbar, sondern auch im höchsten Maße ärgerlich. Soll Til Schweiger seine Selbstjustizphantasien doch bitte weiter bei Markus Lanz ausleben und dem „Tatort“ seinen Staub lassen, der steht ihm nämlich immer noch besser. Und hilft beim Einschlafen.

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    • 7 .5

      Michael Fassbender ist halt Michael Fassbender: Egal in welche Rolle man den Mann steckt, der (Notfalls sein Penis) haut eh alles weg. Als vom Rache getriebener Magneto ist das nicht anders, und vor allem die Episode in Argentinien („Blut und Ehre“) ist schlichtweg famos. James McAvoy als idealistischer Charles Xavier ist ebenso passend besetzt, genau wie Kevin Bacon in seiner Paradedisziplin als schmieriger Fiesling. Darüber hinaus zählt „X-Men: Erste Entscheidung“ zu den besten Vertretern, die man in Sachen Comic-Adaption bis dato so bekommen kann: Erzählerisch hin und wieder zwar etwas fragmentarisch, aber niemals unrhythmisch oder gar überladen, dafür blendend inszeniert und generell immer so spannend wie unterhaltsam. Dazu dann einige schick dechiffrierte Gesellschafts-, Polit-, Geschichts,- und Schöpfungsanalogien, emotional, gut positionierte Humorspitzen und sich gewiss immer seiner Vorlage respektive dem ganzen Universum bewusst. Kudos!

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      • 6

        So sieht es also aus, wenn „The Game“ auf das Kino des Adam Sandler abgeglichen wird. Natürlich fehlt „Die Wutprobe“ der Fincher'sche Sinn für die (aseptische) Ästhetik, dafür gleichen sich die Drehbücher in ihrer schlicht debilen Schlusspointe doch ungemein. Stellt sich nur die Frage, für welchen der beiden Filme dieses Urteil nun wirklich schmerzhafter ist? Sei's drum. „Die Wutprobe“ lebt – beziehungsweise – möchte von der inkongruenten (Charakter-)Dynamik seiner Hauptdarsteller innerhalb der Antiaggressionstherapie leben. Während sich der merklich vergnügte Jack Nicholson zwar unter Wert verkauft, flutet seine gottgegebene Ausstrahlung alles und dreht den sich bewusst zurückhaltenden Adam Sandler an seiner Seite mal komplett durch den Fleischwolf. Irgendwann reicht es aber nicht mehr aus, die Beiden in verbale Scharmützel einzuflechten und „Die Wutprobe“ verliert, angesichts seiner zuweilen eh schon hinkenden Trefferquote in Sachen Gags, den Drive, auch wenn der Film nie wirklich durchhängt – Was vor allem Nicholsons launiger Performance oder den Auftriten von Woody Harrelson, John Turturro und John C. Reilly zu verdanken ist. Wenn sich jedoch der letzte Akt einleitet, ersäuft der durch und durch harmlose Streife geradezu bereitwillig im eskapistischen Kitsch. Für einen verregneten Sonntag dennoch allemal tauglich.

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        • 7 .5

          »SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«

          Teil 5:
          E...wie Erotik(drama).

          [http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver]

          So sehr sich die Hypokriten des gutsituierte Bürgertums auch gegenseitig dazu zwingen mögen, Etikette zu bewahren: Das Affektive, das Animalische, den inneren Drang, tiefe Bedürfnisse zu befriedigen, kann keine soziale Klasse des Gesellschaft aus dem Menschen verbannen. Und jenes Verhalten, welches sich dann im Falle eines Falles von Außenstehenden noch als „charakterliche Schwäche“ auslegen lassen muss, ist in Wahrheit doch nur das greifbare Dokument der Menschlichkeit und schaufelt im Umkehrschluss genau die nötige Erkenntnis frei, dass die krampfhafte Verleugnung des eigenen Verlangens innerhalb bigotter Dunstkreise doch das eigentliche Armutszeugnis im Umgang mit sich und seiner Umgebung darstellt. „Verhängnis“ von Urgestein Louis Malle - basierend auf dem gleichnamigen Roman von Josephine Hart -, thematisiert genau diesen Ausbruch aus festgefahrenen Mustern und puritanischen Ansprüchen, doch stellt die Folge des Triebhaften, des Unvermeidbaren unentwegt in Relation mit den pathologischen Ausmaßen der fokussierten Interdependenz.

          Stephen Fleming (Jeremy Irons) ist eine dieser eigentlich namenlosen Schachfiguren innerhalb des sterilen Kosmos der Oberschicht und führt ein Leben ohne Überraschungen, ohne Risiken, bis ihm sein Ältester (Rupert Graves) seine neue Freundin Anna (Juliette Binoche) vorstellt, dessen geheimnisvoller Aura der Staatssekretär postwendend verfällt. Beide finden sich kurze Zeit später in Annas Wohnung wieder, ihr erstes Treffen erfolgt wortlos, der Sex hingegen ist inbrünstig, ungestüm: Die Kaskade des Verfalls wird ausgelöst und aus einer rein auf ihre Körperlichkeit reduzierten Verhältnis, entspringt ein amoralisches Kaleidoskop der psychischen Abhängigkeit. „Verhängnis“ zeigt auf, wie schnell sich zwei Personen verfallen können und offeriert gleichwohl die destruktiven Auswirkung im innerfamiliären Geflecht der obsessiven Liaison. „Wer bist du?“, fragt Stephen Anna wiederholt bei ihrer zweiten Zusammenkunft, während er sich machtlos seiner Gier, seiner Sucht geschlagen geben muss und Anna die Kleider vom Leibe zu reißen versucht. Eine Frage, die bereits in der frühen Phase ihrer Affäre schon nichts mehr zur Sache tut. Viel signifikanter ist, was Stephen und Anna gegenseitig aus sich machen werden, wohin sie sich gegenseitig hetzen werden.

          Die Katastrophe bahnt sich an, Piano und Geige legen sich abermals bedrohlich über das Szenario und der distanzierte Blick des Drehbuchs erinnert in seiner Nüchternheit nicht umsonst an das Kino eines gewissen Michael Hanekes („Die Klavierspielerin“). Auch wenn „Verhängnis“, um dem Vergleich nun wirklich standhalten zu können, doch der letzte Funke analytischer Dichte fehlt, ist die gesunde, frei von Moralisierung gehaltene Ansicht der Geschehnisse die einzig richtige. Die Flucht vor den unbeweglichen Konventionen führt zur abgründigen Selbstaufgabe und entfesselt einen Strudel, der alle sich im näheren Radius befindenden Personen mit sich in die Tiefe reißt: Der Einsturz der Fassaden hat nicht zur obligaten Befreiung geführt; was bleibt ist hingegen die Leere, die Schuld verantwortlich für ein privates Desaster zu sein, die Trauer und die Erinnerungen an eine Zeit, in der man endlich wieder etwas fühlen dürfen, egal was es gekostet hat, ohne dieses Gefühl verstehen zu müssen, geschweige denn verstehen zu können. Der Verlust des Lebendigkeit kehrt zurück, der Punkt, an dem die Zeiger wieder auf Null gestellt werden und wir erneut dazu verdammt sind, lernen zu müssen, mit uns zu leben. Irgendwie. Immer wieder. Immer wieder. Immer wieder...

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          • 4

            Ja, Kinder ziehen immer, vor allem dann, wenn sie so drollig sind wie Julian. Da fällt dann auch der seltsam urophile Subtext gar nicht weiter auf, denn die Kleinen pinkeln ja eh immer und überall, ne? Ins Bett, in den Blumenkübel der Vorschule, an die Restauranttüren oder gleich in die Arme des Adoptivvaters in spe, wenn sie denn nicht gerade das Appartement vollkübeln, versteht sich. Bejubelt wird das alles jedenfalls beinahe ausnahmslos. Wenn „Big Daddy“ der Larifari-Pädagogik über die erste Hälfte freien Lauf lässt, dann ist er zwar weit ab von einem konkreten Realitätsbewusstsein, aber er macht Spaß, weil er sich eine winzige anarchistische Note bewahrt, bis der Film dann von seiner Vorstellung einer ernsten „Wirklichkeit“ eingeholt wird, die natürlich auch nichts mit unserer Wirklichkeit zu tun hat. Irgendwann ist „Big Daddy“ in seiner aufgesetzten Konstruktion allerdings nur noch daran interessiert, den Zuschauer manipulativ einzulullen und zu belehren: Erst wird also die Harn-, dann die Tränendrüse bearbeitet. Klappt natürlich nicht und raubt dem Film dann noch das letzten minimale Fünkchen Charme. Und am Ende? Am Ende bekommen die Sittenwächter und Moralapostel all das geboten, was sie brauchen, um beruhigt einschlafen zu können.

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            • 6 .5

              Adam Sandlers Opus magnum? In seiner ganz eigenen Nische des Comedy-Kinos irgendwie schon. In „Leg dich nicht mit Zohan an“ wird das normierte Humorverständnis jener gewöhnungsbedürftigen Sandler-Vehikel zwar ebenso gefrönt, der Film aber distanziert sich angenehm vom festgefahrenen Konzept des schluffigen „Normalos“ im Mittelpunkt. Als omnipotenter Anti-Terror-Krieger im Dienste der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte, der sich eigentlich viel lieber als Friseur etablieren möchte und deshalb in die Vereinigten Staaten immigriert, konterkarikiert das Drehbuch erfrischend bewusst all die tumbe Virilität, die das Publikum von einer solchen Figur vorbehaltlos erwartet. Zohan ist in seiner Exaltiertheit durchweg liebenswert, und das will schon was heißen, denn auf seine überspannt-dadaistischen Scharmützelchen verzichtet ein Adam Sandler natürlich nie. In seiner – mal mehr, mal weniger dezenten – anarchistischen Tonalität aber versteckt sich eine ungemein niedliche Naivität, die den Nah-Ost-Konflikt glücklicherweise zu keiner Zeit ernsthaft thematisiert, als Projektionsfläche für eine reizend-pazifistische Friedensvision aber Verwendung findet. „Leg dich nicht mit Zohan an“ definiert sich eben auch als Plädoyer gegen Ressentiments und als Proklamation für den Individualismus. Und es funktioniert.

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              • 1
                • 9

                  Wohin nur mit dem Ehrgeiz, mit den Ambitionen? Baltimore, Maryland, ein keuchender Ort der Desillusionierung; Massengrab eines jeglichen Idealismus, sowohl für die hiesige Polizei als auch für die Marionetten innerhalb des Drogenhandels, die systematisch inspiziert werden: Beide Partien funktionieren nach ihren eigenen Gesetzen, doch an den hierarchischen Befehlsketten müssen letztlich doch alle auf ihre Weise scheitern. Nie wurde das Reglement des „Spiels“ derart veritabel und diffizil in Szene gesetzt. „The Wire“ hat mal so überhaupt nichts mit Milieu-Ikonisierung und stumpfen Gangster-Posing zu tun, hier geht es um die konsequente Veranschaulichung von Machtverhältnissen, den komplexen, auslaugenden Strukturen dahinter. Und das ist unaufgeregt, hervorragend geschrieben, frei von Klischees und in seiner sozial- und gesellschaftskritischen Disposition gewiss nur die Spitze des Eisbergs. Genau wie die bereits unfassbar intensive Staffel 1.

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                  • 5

                    [...] In Wahrheit ist „Das Mädchen aus dem Wasser“ ein desaströser Egotrip, in dem sich der Regisseur und Autor nicht nur selbst zum erlösenden Märtyrer stilisiert, sein zwanghaft selbstreflexiver und von Esoterik verquarzter Duktus ist derart verzerrt-salbungsvoll, dass der Film kaum in der Lage dazu ist, den Zuschauer – und damit sind auch seine Kinder gemeint, für die er dieses verschwurbelte Debakel verbrochen hat - irgendwie unterhalten zu können: Der Anfang vom endgültigen Ende Shyamalans.

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                    • 5

                      [...] Während das Formale in „Saving Mr. Banks“ über jeden Zweifel erhaben ist und das prominente Ensemble – allen voran Emma Thompson – durchweg zu überzeugen weiß, findet „Saving Mr. Banks“ an und für sich dank seiner unnötigen Parallelmontage nie den rechten Erzählrhythmus, um wirklich über die gesamte Laufzeit von 120 Minuten fesseln zu können. Für den lockeren Familienabend ist „Saving Mr. Banks“ gewiss geeignet und auch darüber hinaus hat der Film so seine einnehmenden und wirklich bezaubernden Momente. Im Großen und Ganzen betrachtet aber, kommt der Film nie über ein gut gemeintes „Nett“ hinaus.

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                      • 7

                        »SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«

                        Teil 4: 
                        D...wie Drama.

                        [http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver]

                        Während sich die grauenhaften Bilder der ausgemergelten Körper während des Holocaust schon lange in die Köpfte gebrannt haben, kursiert über dem Völkermord, der sich 1994 in Ruanda zugetragen hat, auch heute noch ein leider allzu großes Fragezeichen: „Ruanda? Wo liegt denn bitte das?“ Recherchiert man daraufhin und arbeitet sich etwas tiefer in die Materie ein, dann wird man mit Erschrecken feststellen, dass die damaligen Reaktionen der Vereinten Nationen, Großbritannien, Frankreich und Belgien wohl nicht unbedingt anders ausgesehen haben: „Ruanda? Wen interessiert denn schon dieses afrikanische Nest?“ Logisch und auch vollkommen vertretbar erscheint es da, auf die seiner Zeit verheerende Situation Ruandas aufmerksam zu machen. Und was könnte da schon dienlicher sein, als ein großes Filmprojekt wie Terry Georges „Hotel Ruanda“. Mit ambitionierter Schauspielriege im Repertoire und dirigiert vom intentionalen Anspruch auf etwas Differenziertheit, die im Umgang mit einer solchen Thematik vielen Produktionen der Traumfabrik in der Vergangenheit abermals abhanden gekommen schien, schlug man ohne Frage den richtigen Weg ein.

                        Die Ursache der Völkermorden findet sich in der ethnischen Separation, die durch die wirtschaftliche Trennung des ruandischen Volks durch die Kolonialmächte Deutschland, Großbritannien und Belgien zementierte wurde. Die Tutsi waren zahlenmäßig unterlegen und machten lediglich 15% der Gesamtbevölkerung aus. Ihnen aber wurde die wirtschaftliche und somit auch die politische Dominanz übertragen, während sich die Hutu mit ihrem sozialen Status der festgelegten Rangordnung nicht arrangieren wollten und unterdrückt fühlten. Nach dem Abzug der Kolonialmächte und des bis heute ungeklärten Anschlag auf das Flugzeug des Präsidenten Juvénal Habyarimana kam zu einem Völkermord, bei dem innerhalb von 100 Tage über 800.000 Tutsi der Hutu-Mehrheit wie auch der Impuzamugambi- und der Impuzamugambi-Milizen zum Opfer fielen. Die westliche Welt hat dabei nicht nur tatenlos zugeschaut, nein, sie hat sogar die vor Ort stationierten Friedenstruppen verkleinert. Es ist daher auch umso wichtiger, dass sich „Hotel Ruanda“ auch seiner politischen Relevanz bewusst wird und sich nicht nur auf ein Einzelschicksal konzentriert, sondern verdeutlicht, wie das Versagen der Weltpolitik, wie das internationale Gemeinschaftsverhalten in solchen Augenblicken aussehen kann.

                        Natürlich steht der Hotelmanager Paul Rusesabagina im Mittelpunkt des Films und wird von einem blendend aufgelegten Don Cheadle auch großartig verkörpert. Ein Blick auf das Grauen aber ist nicht fokussiert auf seinem eigenen Weg oder auf den seiner nächsten Angehörigen. Durch ihn sehen wir das Leid dieses Landes, den Genozid und das erfahren das Gefühl der Ohnmacht im Anblick der Hoffnungslosigkeit auf humanitäre Interventionen. Eine solche Situation verlangt nach einem Einzelnen, der weiß, dass er nicht alle Tutsi retten kann, es aber versuchen kann, wenigstens einem Teil durch die Hölle zu führen – Und das waren am Ende gut 1250 Menschen. Dabei verzichtet das Drehbuch auf eine übermäßig pathetische Heldenstilisierung und konzentriert sich auf den Gemütszustand Ruseabagina innerhalb der emotionalen Extremsituation. Dieser Mann konnte sich seine Würde bewahren und schaffte es allein durch seine Gewitztheit, sein Talent zu Umgarnen und Bestechen jene Menschen lebend aus dem von Leichen gepflasterten Abgrund Ruandas zu führen. Dass sich der Film erst in seinen letzten Minuten etwas überzeichnet, fiktional anmutet, ist absolut zu verschmerzen. Viel bedeutender und aussagekräftiger ist der erschütternde und Sprachlosigkeit bewirkende Verlauf an allen Fronten bis dorthin.

                        Der von Joaquin Phoenix gespielte Kameramann Jack Daglish bringt es zwischendurch einmal genau auf dem Punkt: „I think if people see this footage they'll say, "oh my God that's horrible," and then go on eating their dinners.“ So ist das, bedauerlicherweise – Auf jeder politischen wie sozialen Ebene. Aber eine Person wie Ruseabagina macht Mut, auch wenn das Bild, welches der Film von ihm zeichnet nicht ganz der Wahrheit entsprechen soll, und appelliert zu Recht an die so oft verkrüppelte Zivilcourage.

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                        • 5

                          [...] Wenig verwunderlich ist es da auch, dass das Skript der Dramaturgie willen Fakten verfälscht respektive trivialisiert und die thematischen Schwerpunkte von Kolumbus' Expedition wie auch ihre für die gesamte Menschheit signifikanten Folgen in Bezug auf die Einleitung der Kolonialisierung Amerikas ideologisch verschiebt: „1492 – Die Eroberung des Paradieses“ versteht sich als astreine Legendenbildung. [...] Die visuelle Klasse aber bleibt bestehen und Ridley Scott weiß, wie er Szenen inszenieren muss, damit sich die Bilder auch wirklich in das Gedächtnis brennen. So verwaschen der Film auch sein mag, wenn die Schiffe in See stechen und Vangelis imposant-pathetisches „Conquest Of Paradise“ ertönt, dann ist Gänsehaut angesagt. [...]

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                          • 8

                            [...] Man mag M. Night Shyamalan eine konservative Ägide vorwerfen, genaugenommen ist „The Sixth Sense“ aber ein Ausdruck konkreter Rückbesinnung auf effektive Tugenden. Denn die Technik spricht nicht für sich, sondern zeigt sich als funktionales Gerüst der inhaltlichen Tiefe. [...] „The Sixth Sense“ ist sowohl sensibilisierter Diskurs über das Leben nach dem Tod, wie auch psychologisches Seelendrama über die Zurückweisung desillusionierter Familienkonstrukte und der Angst vor der Enttäuschung Gottes und seiner Hilflosigkeit im Angesicht überirdischer Todesängste. [...] Der Horror entsteht hier im Kopf, und dieser Horror fungiert nicht als eigenständiger Gegenstand, sondern nur über die Sinne Coles, der lernen muss, dass nur er die Möglichkeit dazu hat, sich mit den Toten zu arrangieren, in dem auch er seine Sterblichkeit akzeptiert.

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                            • 3

                              [...] Clooney verschachtelt seine Narration derartig, dass er seine einzelnen Erzählstränge nicht nach und nach miteinander verwebt, sondern sie nebeneinander laufen lässt und damit vermeidet, jedem einzelnen Part die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken: Die Perspektivwechsel, bei denen sich die Protagonisten auf die Länder verteilen, könnten in ihrer von jeder Dramaturgie befreiten Staffelung verquerer und inkohärenter kaum sein. In „Monuments Men“ will kein Handlungsbaustein auf den anderen passen, dabei versteckt sich unterhalb des durchweg emotionslosen und spannungsbefreiten Chaos ein ehrenwertes Plädoyer für die Kultur- und Kunstpflege. [...]

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                              • 5

                                Wie kann man einen so vielversprechend beginnenden Film nur so maßlos havarieren lassen? Da kopiert Barry Levinson eine geschlagene Stunde vorzüglich die Manierismen eines Martin Scorseses und beleuchtet die Passion einer Jugendclique, die durch einen dummen Streich in die Hände des seelenlosen Wärter Sean Nokes (Wie immer erstklassig: Kevin Bacon) gerät, um nach Ablauf dieser jedwede Intensität gegen einen vollkommen beliebigen, doppelmoralischen, unnötig aufgeblähten und trotz prominenter Besetzung größtenteils reichlich durchschnittlich gespielten Rache-/Gerichtsthriller einzutauschen. Traurig. Denn letztlich nur in die Kerbe rudimentärer Selbstjustizschlager zu munden, hat sich der tolle Beginn wirklich nicht verdient.

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                                • 7

                                  [...] Wie schon in „Kids“ ist der Sex auch in „Little Thirteen“ nur ein stummer Schrei nach Anerkennung, nach Liebe und neuer Hoffnung – Auch wenn er nur für wenige Minuten erklingen darf. [...] Ihr letzter Bezugspunkt in einer perspektivlosen Welt, der ihnen die Illusion einer Chance auf Besserung unterbreitet, wird ebenso ausgeschlachtet und jede körperliche Nähe scheint ohne Wert: Sex versteht sich als Produkt. Was aber passiert , wenn es einmal wirklich zu Gefühlen kommen sollte? Wie geht diese Welt mit echter Zuneigung um, wenn sie denn plötzlich entsteht? [...] 

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                                  • 6

                                    [...] „Philomena“ überzeugt über weite Strecke durch seinen einfühlsamen Umgang mit seinen Charakteren, während das Drehbuch dabei nie die wunderbare Balance zwischen Tragik und Komik vernachlässigt, was den Verlauf der Reise niemals langatmig oder überzogen erscheinen lässt. Gehemmt wird der Gesamteindruck letztlich durch die gelegentlich aufkeimende Methodik innerhalb der Narration, die „Philomena“ nicht immer menschlich, sondern offensichtlich konstruiert und abgebrüht wirken lässt. Nichtsdestrotz hat Stephen Frears erneut einen überaus sehenswerten Film inszeniert, der nicht zuletzt dank seiner fantastischen Hauptdarsteller ohne Frage mehr als nur einen Blick wert ist.

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                                    • 6
                                      über Clip

                                      Wie schon Srdjan Spasojevic in „A Serbian Film“ skizziert auch Maja Milos' „Clip“ die Wunden des traumatisierten Serbiens und pervertiert die kollektive Trostlosigkeit der Jugendkultur des vom Krieg geschändeten Volkes bis ins Parabelhafte. Dabei wird nicht vor expliziten Szenen zurückgeschreckt: Sperma spritzt abermals auf den Körper der 15-jährigen Jasna, während ihr Gesicht bei sämtlichen Blowjobs (auch mal durch die Kamera ihres Handy) im Close Up gezeigt wird. Zwischenzeitig kommt „Clip“ allerdings an einen Punkt, an dem der Film augenscheinlich nicht mehr so recht zu wissen scheint, wohin er sich bewegen soll, was er überhaupt noch erzählen könnte – Und offenbart, dass die Schauspieler zwar gute Leistungen und vollen Körpereinsatz bringen, dem Drehbuch dann aber doch der letzte Feinschliff fehlt. Bis es dann noch einmal so richtig menscheln darf und die Angst vor der Liebe, vor ihren Konsequenzen, ihren Kompromissen und der möglichen Enttäuschung überdeutlich wird. Ein ungeschönter Blick in eine dreckige und ebenso sehnsuchtsvolle Welt.

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                                      • 4

                                        Überraschenderweise ist „The Lucky One“ eine absolut erträgliche Nicholas Sparks-Chose geworden und im Vergleich zu „Mit dir an meiner Seite“ beinahe schon als echte Wohltat zu titulieren. Dass „The Lucky One“ erneut all die Klischees aufbereitet, die der liebe Nicholas in der Vergangenheit schon viel zu oft zelebriert hat, stört hier im Endeffekt gar nicht mehr sonderlich, denn die Welt, die Sparks seit jeher aufbläst, besteht nun mal einzig aus fluffigen Illusionen und der grenzenlosen Naivität adoleszenter Däumelinchen: Betreten auf eigene Gefahr. Sei's drum. Immerhin darf man hier honorieren, dass „The Lucky One“ aus technischer Sicht wirklich einwandfrei daherkommt, natürlich komplett auf Hochglanz forciert, aber von allen Sparks-Verfilmungen mit Sicherheit die rundeste. Und auch Zac Efron ist nicht unbedingt das talentlose Waschbrett auf zwei Beinen, zu dem er ostentativ heruntergebrochen wird – Vielleicht hilft da ja eine Kollaboration mit Lars von Trier. Der Rest ist das übliche Einerlei über Liebe, Schicksal und Neubeginn. Geht schon. Unhaltbar sentimental und theatralisch, aber geht schon.

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                                        • 7

                                          [...] Commodus ist nicht einfach nur der machtbesessene Nachkomme, der das verlangt, was ihm zusteht. Er ist doch eher der sich Zeit seines Lebens ungeliebt fühlende Sohn, der seinen Schmerz nun durch eine Machtposition kompensieren versucht: Guckt man diesem Commodus in die Augen, sieht man kein durchtriebenes Monstrum, sondern einen kleinen, traurigen, einsamen Jungen, der zu zerfallen droht, wenn man ihn nur etwas zu hart anfasst. [...] Wenn die Kämpfe der Gladiatoren beginnen, die jubelnden Massen auf den Rängen angesichts der perversen Spielchen durchdrehen, dann schreibt „Gladiator“ - rein handwerklich – Filmgeschichte, denn memorabler können derartige Fotografien nicht gestaltet werden. [...]

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                                          • 1

                                            Wer „Nur mit Dir“ und „Das Leuchten der Stille“ schon für realitätsfremd hielt, der wird mit „Mit dir an meiner Seite“ erst Recht seine helle Freude haben. Natürlich sind Namen wie Nicholas Sparks (der Kim Jong-un der schwülstigen Populärliteratur) und Miley Cyrus (die ungefähr so viel Talent besitzt wie… wie… wie war noch gleich die korrekte Beschreibung für ein Vakuum?) warnende Indikatoren, um genau zu wissen, was man mit diesem Film geboten bekommt, aber wie Regisseurin Julie Anne Robinson hier Sparks rosarote Teeniephantasien (für die selbst YouPorn zu viel Selbstachtung hat) aufzieht, ist schon eine skrupellose Nummer für sich. Wie immer geht es um die unerwartete Liebe, wie immer spielt sich das Ganze auch am paradiesischen Strandidyll ab, wie immer haben die Charaktere keinerlei echte Probleme (außer einen nicht thematisierten Samenstau) und wissen überhaupt nicht, was 'Liebe' (Wird zum Beispiel auch in einem meisterhaften Film von Michael Haneke behandelt, aber den im Zusammenhang mit diesem Etwas hier zu nennen, bereitet verdiente Augenblutungen) überhaupt ist. Aber wie immer gibt es dann auch eine schwere Krankheit (also noch eine neben Miley Cyrus) in der Familie – Die wie immer Teil eines höheren Plans ist. Boa. Gehört alles zur typische Sparks-Kacke, aber wie hier wirklich bis zum Exodus vehement in der dickflüssigen Kitschsuppe gerührt wird, nimmt schon grenzdebile und damit eben auch furchtbar verstörende Ausmaße an. So verstrahlt kann doch wirklich kein Mensch träumen. Nicht mal eine geisteskranke 12-Jährige.

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                                            • 4

                                              [...] Dramaturgisch aber bewegt sich Parkhomenkos Porträt auf dem Nullpunkt, weil er weder Emotionen hervorrufen kann, noch den Blick wirklich hinter die Kulisse dieses Mannes erlaubt, was die ansprechende Thematik per se im Keim erstickt und lustlos wie wirkungslos erscheinen lässt. „Gagarin – Wettlauf ins All“ verfügt ja nicht mal über zünftiges Pathos, er gesteht seiner Hauptfigur nur die höchste charakterliche Blüte ein, die ein Mensch besitzen kann, tonal akzentuiert wird diese Darstellung jedoch nie: „Gagarin – Wettlauf ins All“ plätschert eben so vor sich hin. Nichts zum Aufregen, nichts zum Staunen, zum Gähnen aber durchaus geeignet.

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                                              • 6 .5

                                                Der Italowestern genießt seine dreckige-destruierte Popularität, während die mythischen Ideale des uramerikanischen Western in seine elendigen Einzelteile demontiert schienen. Als logischer Schritt erschien es da, beide Segmente in einem Film zu fusionieren und die gegensätzlichen Charakteristiken auf einen kohärenten Nenner zu bringen. Wie das dann auch durchaus gelungen aussehen könnte, zeigt Ted Posts Debüt „Hängt ihn höher“. Und in der Hauptrolle hat sich der Kalifornier natürlich die tatkräftige Unterstützung des Leone-Veteran Clint Eastwood als ehemaliger Sheriff gesichert. Dabei wird dem dünnen Rache-Motiv eine äußerst harsche Kritik am damaligen (1889) Justizsystem angeheftet, in der das Drehbuch die berechtigte, elementare Frage unterbreitet, wer denn überhaupt das Recht besitzt, über Leben und über Tod zu entscheiden? Und welchem Grundsatz entzieht sich dieses Urteilsvermögen? Ist es in Wahrheit nur bloße Willkür, nur das Suhlen im Rausch des überlegenen Machtgefühls? Wie viel wiegt das Unrecht, wie nachvollziehbar ist die Lynchjustiz und welchen immensen Wert kann eine Begnadigung in dieser Zeit bedeuten? Hinten raus verzettelt sich „Hängt ihn höher“ in seinem inhaltlichen Hin und Her dann zwar etwas, einen packenden und mit relevanten Aspekten durchzogenen Western hat Post aber allemal abgeliefert.

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                                                • 7 .5

                                                  »SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«

                                                  Teil 3:
                                                  C...wie Cyberpunk.

                                                  [http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver]

                                                  Als würden sie sprunghaft seinen Poren entweichen, hasten unzählige Insekten über den Körper von Charles (Rory Cochrane) und dem seines Hundes. Der Juckreiz ist unerträglich, das Duschwasser leistet keine erkennbare Abhilfe und hat er es geschafft, eine Blattlaus entfernen zu können, wird die gleiche Stelle im selben Augenblick schon wieder von einer neuen belagert. „A Scanner Darkly“ weiß seinen Prolog in ausdrucksstarke, bezeichnende Bilder zu gießen, denn natürlich erklimmt kein Krabbelgetier den Leib von Charles. Er ist ein Junkie, der wieder Stoff braucht, der endlich wieder „Substanz D“ konsumieren und wirken lassen muss. Beinahe die gesamte Bevölkerung eines futuristischen, aber wohl nicht mehr allzu weit entfernten Amerikas ist auf „Substanz D“ hängengeblieben; ein Rauschgift, das bereits nach einmaligem Gebrauch süchtig macht und dissoziative Persönlichkeitsstörungen, die komplette Selbstverfremdung zur Folge hat. Wer nun mutmaßt, „A Scanner Darkly“ wäre ein weiterer Film über die (möglichen) verheerenden Ausmaße von Drogen, der unterschätzt das visionäre Genie des Vorlagengebers Philip K. Dick.

                                                  Dieses Amerika, in dem Dick und nun Regisseur wie Adapteur Robert Linklater „A Scanner Darkly“ angesiedelt haben, ist zu einem Überwachungsstaat mutiert, in dem nur „Der neue Pfad“, eine Organisation, fokussiert auf geschlossene Entzugsmaßnahmen, dem wachsamen Auge des Landes entgehen kann. Und Fred (Keanu Reeves) kennt beide Seiten: Nicht nur, dass er im Drogenmilieu als Robert Arctor verdeckt ermittelt, er ist auch selber abhängig und lebt mit den zwei weiteren Junkies James (Robert Downey Jr.) und Ernie (Woody Harrelson) in einer schäbigen Bude am Stadtrand. Was „A Scanner Darkly“ nun erst dankenswerterweise vermeidet, ist die emotionalisierte Schilderung eines Einzelschicksals; Freds Doppelleben, der zunehmend wachsend Verlust des Identitätsbewusstsein, werden nicht mit Hauruckdramatik verwässert. „A Scanner Darkly“ legt den Anspruch vielmehr auf seine gesellschaftskritische Entlarvung, in dem er einen Teufelskreis erstellt, in dem sich die als Heiler deklarierte Gruppe ihrer exzeptionellen Freiheit nur sicher sein kann, wenn die Rate der Abhängigen nicht rapide sinkt.

                                                  Was das im Umkehrschluss wieder für die Gesellschaft bedeutet, sollte klar sein: Eine der Allgemeinheit dienliche Rekonvaleszenz kann nur dann in den Bereich des Möglichen rutschen , wenn für alle Teile dieser Allgemeinheit die gleichen Rechte gelten. Durch diesen Hintergrund vermeidet „A Scanner Darkly“ auch die Verurteilung der Drogen und der Konsumenten, vielmehr prangert er den Vertrieb und die Bedingungen an, wie und warum die Droge auf die Straßen der Vereinigten Staaten gelang. Das Rotoskopieverfahren, mit dem reelle Aufnahmen mit echten Darstellern in Tricktechnikstrukturen gebunden werden, mag zuweilen durch ihre optische Wucht etwas vom Wesentlichen ablenken, gerade wenn der „Jedermanns-Anzug“ getragen wird, der in einer vollständig überwachten Welt noch einen Funken Anonymität wahrt, kommt letzten Endes in Bezug auf die Wirkung des Films aber seiner dienlichen Zweckmäßigkeit nach: Eine Gesellschaft verliert sich mehr und mehr aus den Augen. Die eisige Entfremdung hat bereits heutzutage begonnen, wo sie hinführen kann, zeigt „A Scanner Darkly“ als symbiotisches Kino für den Intellekt und das Auge.

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                                                  • 7 .5

                                                    Mehr Seele und Passion als in „Schneewittchen und die sieben Zwerge“, der wunderschönen und für die Tricktechnik gar visionären Interpretation des grimm'schen Märchen, konnte man anschließend in keiner der folgenden Walt-Disney-Produktionen finden. Nicht in dieser herzerweichenden Bewandtnis. Jedes Bild quillt über vor Hingabe und Liebe, jeder der Zwerge ist absolut entzückend (Aber nichts geht über Pimpel!!!) und die musikalische Untermalung ist sowieso eine Klasse für sich. Es mag abgedroschen klingen, aber wenn „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ kein Balsam für die Seele ist, was bitte dann?

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