AktionMorgenluft - Kommentare
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Alle Kommentare von AktionMorgenluft
Verführung. Was macht einen starken Charakter aus? Inwieweit darf dieser sich beeinflussen oder verführen lassen? Wie wird er verführt und wodurch?
Im Allgemeinen haben alle Fragen in diesem Zusammenhang eines gemeinsam: Die Gunst oder das Wohlwollen liegen beim Verführer selbst. In der selbst gewählten Unterordnung löst sich die Schuldigkeit, im Aufbegehren lädt sich Gewissensschuld für das eigene Handeln auf. Es ist auch Schuld, die die Heldin hier mit sich herumträgt, genauer: Die Schuld einmal im Leben eine falsche Entscheidung getroffen zu haben. Gezeigt werden die Folgen, die aus Verführung und Schuld erwachsen können. So müssen alle Figuren sich stets selbst fragen, ob sie sich beugen oder aufbegehren. Ob es um gesellschaftliche Konventionen, Gefühle oder das eigene Handeln geht, stets wird unter Umgehung der Schuld oder Schuldigkeit gesellschaftliches Leben abgehandelt. Die Freiheit existiert nur in Gedanken und dieser Käfig wird nur allzu deutlich, wenn verletzter Stolz und Eitelkeit diesen vor der Wirklichkeit verriegeln.
Persuasion oder auch Verführung/Überredung ist ein relativ unbeachtetes und das letzte vollendete Buch von Jane Austen. Man darf sich also eigentlich freuen, wenn die BBC sich dessen annimmt. Allerdings erfährt die Verfilmung ebenfalls nicht viel Beachtung. Hektisch werden mittels inflationär eingesetzter Wackelkamera alle Stationen abgearbeitet, dass einem schwindelig wird. Bevor man die Chance bekommt, sich auf eine Figur einzulassen, wird man mit dröhnendem Sound davongejagt. Sally Hawkins interpretiert die Figur Anne Elliot recht eigenwillig und, wenn man jemals nach einem weiblichen Pendent für die redmaynsche bebende Unterlippe gesucht hat… Hier wird man durchaus fündig. Das fällt aber sicherlich unter Geschmackssache. Ein allgemeines overacting kann man dem Film aber dennoch nicht absprechen, weshalb die Grundthematik oft zu exzentrisch gerät. Verführung ist im Wortsinn selbst schon subtil und kann nicht einfach schreiend ausgestellt werden. Weniger ist manchmal eben mehr. Dass am Inhalt nicht viel verändert wurde ist positiv anzumerken, da man trotz der Umsetzung noch ein gutes Gefühl für die Kernthematik bekommen kann, welche sich ganz auf die Selbstbefreiung der Hauptfigur konzentriert.
Diese Frage nach Auto- und Heteronomie zieht sich oft durch die Romane Jane Austens, aber in keinem so deutlich wie hier. Die übrig gebliebene Eigenverantwortlichkeit wird hier als Motor für Veränderungen betrachtet, die nicht zwangsläufig mit allen Konventionen brechen muss. Im Spiegel seiner selbst kann man aus Vergangenem lernen und sich neu emanzipieren, wenn man bereit ist die Verantwortung dafür zu tragen. So zeichnet Persuasion ein sehr optimistisches Bild, welches die damalige und vielleicht auch heutige Gesellschaft als Zuflucht willkommen heißt.
Joa mei, lustich seins die beiden. Was kommt denn da aus dem schönen Österreich? Nicht viel. Leider. Zwischen sexuellen Vorlieben, dünnen Nummern und VW-Werbung ist ein großes Nichts. Für ein bisschen Erheiterung sorgen die beiden Kommissare Fellner und Eisner, aber auch diese fällt mitunter ins Bodenlose, wie auch das eigentliche Opfer. Ansonsten bietet der Tatort hier alles, was einen kläglichen Tatort ausmacht: Wir haben einen völlig überzogenen, und daher unglaubwürdigen Tathergang, Schmalz, der in doppelter Hinsicht aus den Ohren trieft und die mittlerweile obligatorische Sinnkrise der Kommissare. Der einzige, der an diesem Fall Spaß gehabt haben dürfte, hängt tot an den Seilen, pardon: in den Seilen.
Also: Klischee-Schublade raus und alles herausgekramt! Wolln ma gucken, was sonst noch so drin is:
Abgegriffenes Thema: Nur noch Casting-Show übrig- nehmen wir!
Angedeutetes Techtelmechtel der Kommissare- Warum nicht!
Einseitige Charaktere – Das hat noch immer funktioniert!
Betroffenheits-Maschinerie- gut, dass die noch da war!
Preis für den wirklich dümmsten Titel des Jahres – ist uns schon mal sicher!
Zu guter Letzt die nötige Prise Sozialkritik und Romanze ins Auto, dann kommt auch das wieder auf Touren. Abgesoffen? Nein. Wirklich zu blöd. Der VW Marketing Abteilungsleiter sollte sich schon mal nach einem anderen Posten umsehen.
Und ich dachte, von diesem Film kann nicht viel Gutes kommen. Mein Fehler!
Was „Before Night Falls“ letztendlich doch zu einem außergewöhnlichen Film macht, ist die Leistung von Javier Bardem. Man sagt immer, dass ein Schauspieler einen Film getragen hat, hier hat er ihn durch und durch gelebt. Das Bild von Kuba, es ist ein chaotisches. Die sexuelle Revolution macht aus jungen Wilde Halbstarke, die Revolution als Ganzes aus Gewinnern Verlierern. Zwischen kubanischer Tradition, abgeschotteten Werten und einer förmlich zu spürenden Lebenslust und Freiheit, lernt man den 19-jährigen Reinaldo Arenas kennen, welcher mit einer ansteckenden Begeisterung und Gelassenheit durch das Leben geht und damit den starken Kontrast zwischen Freiheit und Ideologie herstellt.
Inspiration und Furcht liegen im Film immer klar beieinander. Klar, hält sich hier leider auch die Kritik in Grenzen. Überhaupt ist in dem ganzen Durcheinander und all der Länge kein Bezugspunkt, was vielleicht die Zeit damals gut widerspiegelt, in der Länge aber ab und an anstrengend gerät. Die Poesie, welche sich durch den Film zieht vermag es, einen mitzunehmen, aber oft unterbricht sie die emotionale Tiefe und Beziehungen der Charaktere.
Sehenswert ist „Before Night Falls“ dennoch, allein schon der Leistung Javier Bardems wegen, aber auch, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie Freiheit sich in Unterdrückung verwandelt.
Wer eine abgewandelte und ernstzunehmendere Form von „The Little Mermaid“ sehen möchte, ist mit „Ponyo- Das große Abenteuer am Meer“ („Gake no ue no Ponyo“) wirklich mehr als bedient. Innerhalb eines Schwarms von Goldfischen individualisiert sich hier die kleine Brünnhilde entgegen aller Widerstände. Widerstände, die nicht nur von der Umwelt im Allgemeinen, sondern von Ihresgleichen und dem Menschen ausgehen. Rührig und entwaffnend zeigt ein kleiner Goldfisch zwei Seiten der Menschheit aus der Perspektive eines Kindes. Mit Drohgebärden beschwört sie Naturgewalten, wann immer sie sich durchsetzen möchte und nimmt sich zurück, wenn sie Liebe erfährt. Mit viel Herz und Durchsetzungsvermögen entfesselt das kleine Goldfischmädchen nicht nur die Herzen dort lebenden Menschen, sondern auch uns Zuschauer.
Lieben und respektieren wir die Natur, so wie sie ist, auch wenn sie sich mal hässlich gibt und geben wir dies vor allem an unsere Kinder weiter. Das ist die Kernaussage von Ponyo. Und es ist ein Kinderlachen, das sie trägt.
Klassisch
Kontrovers
Kapriziös
Was mach ich nur, was mach ich nur… Leider konnte ich mit „Das siebente Siegel“ nicht so recht was anfangen, um nicht zu sagen, sehr wenig. Ich fand die philosophischen Sinnfragen stellenweise holprig und unzusammenhängend, als das man für sich Motive und Ziele hätte klären können. Aber auch in den unzusammenhängenden Ausschnitten hatte ich Mühe wachzubleiben, da sie recht uninspiriert daherkamen. Die verschiedenen Stränge um den Ritter und die Schausteller haben auch nicht so richtig zusammengefunden und selbst das Spiel mit dem Tod war für mich ernüchternd. So bleibt nur zu sagen: Wenn die Symbolik zu Lasten der Geschichte geht, dann kann ich dem nicht mehr so viel abgewinnen, auch nicht, wenn Ingmar Bergman drauf steht.
Der Tatort aus Dortmund entschädigt allemal für Saarbrücken. Das Team um Faber, Bönisch, Dalay und Kossik hat es selten leicht. Mangelnde Wertschätzung und Querelen prägen die Ermittlungen, die teilweise überzeichnet, in diesem Teil aber höchst unterhaltsam waren. Derentwegen und aufgrund des „Diszis“ landet Faber dieses Mal beim Psychologen. Dieser Polizeipsychologe reiht sich auch sofort in die Reihe derer ein, die Faber mal am A…. lecken können, mit viel Luft nach unten oder oben (Peter Lech könnte das Team durchaus bereichern). Um bei den Psychologen zu bleiben: ein Wiedersehen mit Frieda Jung gibt es auch, allerdings spielt ihre Verkörperung dieses Mal die Frau des Mordopfers, mit der Fr. Bönisch noch nicht im Grünen ist. Auch in dieser Familie hängt der Haussegen schon lange schief. Dalay und Kossik verharren in ihren alten Problemen. Faber und Böhnisch erschaffen neue, und Vergangenes wird gleich mitbearbeitet. So baden wir in Konflikten, Ressentiments und Reibereien. Nebenbei wird auch noch ein Mord aufgeklärt.
Die Verknüpfung der aufgeladenen Situation, in der ermittelt wird, gelingt hier deutlich besser, als in den vorigen Fällen dieser Truppe. Viel stimmiger und auch ansprechender präsentiert sich auch die ganze Aufmachung und auch die Glaubwürdigkeit erhält wieder einen Platz, jedenfalls wenn man das Ende außer Acht lässt.
Jugendliche vertreiben sich die Zeit in den Slums von Mexico-City, während eine große Werbetafel umfällt. Genau auf ein „barrio cerrado“, eine geschlossene Wohlstandssiedlung, namens „La Zona“. Es entsteht eine Lücke, über der drei Jungs in die Siedlung kommen, um zu stehlen. Es soll eine folgenschwere Nacht für alle werden. Denn hier wird selbst Hand angelegt. Mittels eines Abkommens sichern sich die reichen Bewohner La Zonas weitestgehend Eigenständigkeit zu, welche sie mit Hilfe eines gewählten Gremiums durchsetzen. Dafür finanzieren sie im Gegenzug die eine oder andere Einrichtung, wie zum Beispiel die Polizei. Im Hintergrund hängen die Slums wie ein Mahnmal über der Siedlung, um alle daran zu erinnern, warum sie sich verschließen. Verderbliche Einflüsse, Kriminalität und Armut haben in dieser Siedlung nicht mal eine Nische.
Rodrigo Plá inszeniert eine vor Angst und Hass triefende Sozialstudie über Menschen, die sich voneinander separiert haben, sowohl im Wohlstand, als auch im sozialen Gefüge, aber vor allem in der Auslegung von Recht und Ordnung. Die unkontrollierbare Angst und Unsicherheit kann man in dieser Siedlung förmlich riechen. Der Dialog scheint zwischendrin verloren gegangen zu sein. Man sieht Menschen, die jegliches Vertrauen in andere Menschen verloren haben, Menschen, die sich nur noch auf sich selbst verlassen, Menschen, die nicht sehen wollen, dass Gesellschaft auch größer gedacht wird. Ein Bild, welches nicht nur in Südamerika, sondern in der einen oder anderen Form überall präsent ist. Sehenswert.
Der Abend der Gaukler ist angebrochen, wenn alle sich in Make-Up und Kostüme geworfen haben und alten Glanz ausstrahlen. Der Abend der Gaukler ist angebrochen, wenn sich das Podest der Fähigkeiten zeigt. Der Abend der Gaukler ist angebrochen, wenn die Verstellung über der Demütigung steht. Die Manege ist rund und seit jeher gut einsehbar. Armut, Unterordnung und aufgesetzter Stolz werden offen zur Schau gestellt. Die Demut des Zirkus lässt den Außenstehenden größer wirken, der äußere Anstrich verbirgt die Gefahr der Herabwürdigung und hält mit brüchigem Stolz dagegen.
„Wir verachten euch, weil ihr im Zirkuswagen lebt und wir in schmutzigen Hotelzimmern, weil wir Kunst machen und ihr Kunststücke. Sehen sie, der Unbegabteste von uns, kann den Größten von euch anspucken. Wollen sie wissen aus welchem Grund? Weil euer Einsatz das Leben ist, uns genügt die Eitelkeit völlig.“
Der Zirkus, ein poröses Gefüge der Abgewiesenen und Außenseiter, unterhält die Eitelkeit der Zuschauer und lässt sie mit dem beständigen Anreiz des möglichen Scheiterns die Show genießen. Kein Schausteller kann sich erheben, ohne sich zu enttarnen und sich der Lächerlich preiszugeben, keiner sich wehren. Nur die Hingabe kann den Abend der Gaukler zu einem glorreichen Abend machen, denn die unaufgeforderte Aufopferung für die Kunst fasziniert und macht sie unerreichbar.
„Ja, wenn sie den Mut dazu hätten, würden sie uns noch lächerlicher finden, mit unserer halben Eleganz, unseren geschminkten Gesichtern und unserer unnatürlichen Sprache.“
Es sind fließende Grenzen von Stolz und Demütigung, die Ingmar Bergman hier umschifft. Man muss immer aufpassen, auf welcher Seite der Manege man sich gerade befindet und sich befinden möchte, was man opfern möchte, um die Seiten zu wechseln. Die düster absurde Atmosphäre des Zirkuslebens unterstreicht den Abend der Gaukler, die Gebundenheit an den Zirkus und die Ausweglosigkeit aus der Demut.
Hereinspaziert, Manege frei.
woaahh...fremdschäm... Großartig! Nicht, dass Hr. Statham es sich nicht leisten könnte im Tigerschlüpfer durchs Bild hüpfen, aber: Oh man! :D
Seit diesem Kommentar heißt Eddie Redmayne bei mir nur noch die bebende Unterlippe ;-)
Der Turing-Test soll künstliche Intelligenz auf ihre Menschlichkeit bzw. Gleichwertigkeit zum Menschen hin überprüfen. Ursprünglich ist ein Mensch als Vergleichsobjekt und ein Beobachter vorgesehen. Ex Machina treibt diese Konstellation auf die Spitze und auch wir dürfen Beobachter spielen. In einer ausnehmend komplexen Atmosphäre entfaltet sich ein Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Die Versuchsräume sind dabei künstlich, steril und abgeschottet von jedem Leben.
In der Nahrungskette ganz oben angekommen und nur noch sich selbst gegenüber rechtfertigend steht der Mensch. Behaupten kann er sich nur noch gegen sich selbst. Er ist mit sich allein. Er treibt Sport mittels künstlicher Objekte, aber nur solange er auch sie bezwingen kann, er entwickelt sich weiter und weiter und strebt Vollkommenheit an. Er kommuniziert und lebt durch anorganische Bindungen und füllt diese mit Leben. So entsteht auch die Künstliche Intelligenz in Form von Ava aus dieser künstlichen Welt. Und es ist Ava, eine Maschine, die uns zeigt, was es bedeutet menschlich zu sein, zu jeder Zeit, in ihrem ganzen Sein.
“One day the AIs are going to look back on us the same way we look at fossil skeletons on the plains of Africa. An upright ape living in dust with crude language and tools, all set for extinction.”
Ex Machina ist sicherlich nicht die erste Instanz, die diese und andere Fragen aufwirft, aber es ist eine der beachtenswertesten. Leicht wie eine Feder schweben Fragen über unsere Existenz, der Existenz von KI, selbst Fragen zur Gender-Debatte über unseren Köpfen. Was wäre, wenn unser Schaffen lebendig werden würde? Was wäre, wenn dieses Ergebnis lebendiger als wir selbst ist, uns überlegen ist? Haben wir diesen Zustand nicht schon längst erreicht? Und das sind bei Weitem nicht alle. Dabei verfällt Alex Garland angenehmerweise nie in Erklärungen. Er regt zur Diskussion an, die aber über die üblichen Fragen hinausgeht. Ex Machina besticht auf allen Ebenen und lässt einen nicht mehr los.
Brooklyn ist für mich ein in Pastell gefallener Unfall. Eine im Erklärstil vorangetriebene Handlung, die zu fast jeder Zeit vorhersagbar ist, umrahmt rührige Annäherungen Eilis Laceys mit ihrer neuen Heimat sowie den rührseligen Abschied von ihrer alten Heimat. Das Thema Migration mit allen Hindernissen und daraus entstehenden Folgen wird hier so seicht behandelt, dass die Farbgebung doch wieder stimmig ist. Zudem wartet Brooklyn auch mit so vielen Nebendarstellern auf, die nur Mittel zum Zweck zu sein scheinen und ganz hübsch aussehen. Saoirse Ronan trägt den Film mit Fassung, was versöhnlich stimmt. Plakativ, stellenweise kitschig und ohne Tiefe bleibt Brooklyn ein hübsch anzusehender Wohlfühlfilm und leider nicht mehr.
Man sollte sich darauf einrichten, nach der Bekanntschaft mit diesem Miststück duschen zu wollen, denn der Dreck klebt hartnäckig. Randerscheinungen huren rum was das Zeug hält, verwalten und vergewaltigen sich nach bestem Wissen und Gewissen. In ihrer Vermehrung dehnen sie den Begriff der Verkommenheit und zelebrieren ihre Entstellungen in ihrem eigenen Mief und Saft. Häusliche Gewalt wird zur Normalität entstellt und über Omas Kopf und Rollstuhl hinweg ausgetragen. Vorsicht! Omas Rente! Während Oma sich englisch sabbernd vor dem Fernseher vergnügt, gehen die Enkel ihrer beruflichen Tätigkeiten nach, im Überwiegenden Prostitution und Diebstahl. Sex sells. Herzlichen Glückwunsch. Dabei müssten sie gar nicht arbeiten. Papa Giacinto hats eigentlich. Aber der totalitäre Giacinto ist nicht daran interessiert, es für jemand anders, als sich selbst auszugeben. Hoffnungslosigkeit bleibt der ständige Begleiter und die Hässlichkeit und Gemeinheit geht in einem ins Mark über, denn außer ihr kann dort nichts existieren. Dabei nimmt die Kamera jeden wackelnden Busen, jeden Schlüpfer und jedes noch so erdenkliche Anstößige in die Nahaufnahme, sodass man selbst Teil dieses pervertierten Aufmarsches ist. Die eigene Scham findet keine Erlösung, außer im Abspann.
Glück gehabt, nur ein Film.
Warum nur habe ich dann das Gefühl duschen gehen zu müssen…
Wenn wir in die Wohnung von Hausfrau Antonietta sehen, dann fühlen wir vielleicht, es ist nicht so recht in dieses Fenster zu schauen, aber es ist notwendig. In einem hohen Wohnblock, Sinnbild einer Vereinheitlichung und Durchsichtigkeit, die sich im Inneren zu halten versucht, dürfen wir einen Auszug aus Antoniettas Leben sehen, welche vermeintlich alles hat. Einen Ehemann, Kinder in großer Zahl und eine leidenschaftliche, unerschütterliche faschistische Grundüberzeugung, die sie mit ihrem Mann und ihren Kindern teilt.
Anlässlich des Besuches Adolf Hitlers und zu seinen Ehren, richtet Mussolini 1938 eine Parade in Rom aus, die von allen Römern mit Spannung und Vorfreude erwartet wird. Rom hat sich rausgeputzt. Rom ist in Erwartung. Antonietta bleibt zu Hause und räumt auf. Dunkle Augenringe zeichnen die Tüchtigkeit dieser Frau aus, der die Rolle der systemtreuen Hausfrau und Mutter schon längst ins Blut übergegangen ist.
„Ordnung ist die Tugend der Mittelmäßigkeit.“
Pflichtbewusst öffnet Antonietta auch den Vogelkäfig des Beos, welchen sie zu füttern gedenkt, und leitet damit die Wandlung eines Lächelns ein. Ein Lächeln, das den Römern schon längst im Halse stecken geblieben ist, da zwischen Disziplin und Ordnung kein Platz dafür sein kann. Ein Lächeln, das zur Gefahr geworden ist, weil man es nicht kontrollieren kann. Ein einsames Lächeln, das sich selbst verleugnet, versteckt hinter einer Parade zu Ehren der wirklich Fröhlichen. Die Höhne des munteren Beos kann nur auf sie herabsehen.
„Lass das sein!“ schreit er vom Dach, während Antonietta auf ihren Nachbarn trifft und sie gemeinsam versuchen den dreisten Vogel wieder einzufangen.
Oft zögerlich und höflich drückt sich dabei das vorsichtige Lächeln Antoniettas gegen das von Gabriel. In der Peinlichkeit des ersten Moments kann es die Autorität der Verantwortlichkeit befreien, während es sich immer noch in Vorsicht übt. Vereint in der Erlösung der Befreiung, sucht es sich beständig seinen Weg, nur um dann plötzlich hervorzubrechen. Ein besonderer Tag. Ein besonderer Tag ist es, wenn er aus vielen Augenblicken besteht und von Zeit zu Zeit der Augenblick des Lachens kommt. Wie beim Niesen. Einfach so.
Es beginnt eine ehrliche und ungewöhnliche Freundschaft zwischen den beiden, die tragigkomischer nicht sein könnte. Sensibel und schüchtern vermischen sich zwei Seelen miteinander, zwei Seelen die ein Lachen vergessen haben. Wenn wir eben dieses Lachen erfahren dürfen, dann sehen wir nicht nur zwei Menschen im Aufgang einer Freundschaft, sondern eine im Untergang befindliche Überzeugung, die einer offenen Verhöhnung nicht mehr bedarf, weil sie sich selbst ad absurdum führt.
--> An dieser Stelle ein dickes Danke an Mariega, da ich diesen wunderbaren Film ohne sie wohl noch nicht gesehen hätte. <--
Danke für diesen wirklich hervorragenden Artikel! Für mich bringt es die Diskussion auf den Punkt und ich kann dem nur zustimmen.
Schade, dass wir Ton hatten.
Andrew Garfield als tolpatschigen Spider-Man kann ich mehr abgewinnen als Maguire. Aber allzu viel kann er hier nicht aus seiner Rolle rausholen. Und damit ist er leider auch in bester Gesellschaft. Electro stielt mit hämmerndem Sound im Rücken allen die Show. Je heller er leuchtet, desto blasser der Rest. Mag alles Geschmackssache sein, mir hats gefallen. Zumal der Rest auch nicht viel hergab. Gegen dieses kitschige Skript kommt wohl auch niemand an, schon gar nicht der Zuschauer.
Der Mensch kommt auf die Welt durch einen Zufall der Natur. Er wird in diese Welt geboren, ohne gefragt zu werden. Er wird in einer Umgebung groß, die er sich nicht ausgesucht hat. Überhaupt sagt ihm ständig jemand, was er zu tun hat, wie er sich zu verhalten hat, und oft auch, wie er zu denken hat. Wenn Kinder ihre Umwelt erforschen, lernen sie in Kategorien zu denken. Das ist wichtig, damit sie schneller potenzielle Gefahren erfassen, besser lernen können und auch, um sich zu identifizieren. Ihr Gehirn ist darauf ausgelegt. Vielfalt kennt es so erst mal nicht. Hat das Kind seine Kategorien gebildet, lernt es diese weiter auszudifferenzieren. Passt die Schablone nicht mehr, wird eine neue angefertigt. So differenziert sich der Mensch weiter aus, bis er sich und seine Umwelt vollends einordnen kann.
Wie das Kind, so entdeckt auch der Zuschauer Los Angeles. Mit großen Augen und vor Staunen aufgerissenen Mündern lernen wir, was es bedeutet schwarz zu sein, warum die Latinos keine Türschlösser reparieren sollten, die Japaner lächeln (während sie dir das Messer in den Rücken rammen) und die Araber sowieso nix verstehen. Plakativ und übertrieben und selten provokant wird uns jede Identifizierung mit einer Ethnie untersagt, wenn wir das Aufeinandertreffen aller Beteiligten beobachten. Fühlen wir uns sicher und zugehörig, werden wir wieder umgeworfen. Empathie ist hier absolut fehl am Platz. Wir sollen kein Teil von etwas sein. Hilflos, planlos und angreifbar in unserer Identität (und Rasse) können wir nur von einem Ort zum anderen gehen, aber nie wirklich ankommen. Nur Kategorien bleiben uns zum Festhalten.
Im Film sind alle aufeinander angewiesen. Sie gehen Kompromisse ein und dulden den anderen, weil sie ihn brauchen. Hin und wieder gibt es Anknüpfungspunkte, jedoch nie Berührungen. Es wird viel geredet, aber selten miteinander. Niemand fragt nach der Meinung des anderen. Es werden Schicksale geteilt, aber isoliert voneinander bearbeitet. Aus Missverständnissen werden Konflikte und aus Argwohn wird Angst. In der Hilflosigkeit ihres Seins werden wieder Hierarchien aufgebaut und Kategorien neu abgesteckt. Toleranz reduziert sich auf Duldsamkeit, Familiensinn mündet in Rassenwahn, Hilfsbereitschaft in Verachtung.
Alle haben ihre Wahrheit gepachtet, alle wissen, wie die Welt richtig funktioniert. Stellenweise will man sie schütteln, damit sie endlich mit diesem Wahnsinn aufhören. Eine Schlüsselszene ist dabei die des Ladenbesitzers Farhad mit seinem kaputten Schloss. Wenn einem dieses geballte Missverständnis entgegen schlägt, man nur hilflos von einem zum anderen gucken kann, und denkt, dass die Welt verrückt geworden ist, aber genau so Tag für Tag funktioniert, dann fällt einem auch nicht viel mehr ein. Diese ständige Ohnmacht, man fühlt sie deutlich. Schlimmer noch: Man erkennt sie wieder.
---Spoiler---
“It's the sense of touch. In any real city, you walk, you know? You brush past people, people bump into you. In L.A., nobody touches you. We're always behind this metal and glass. I think we miss that touch so much, that we crash into each other, just so we can feel something.”
So ist die Massenkarambolage nur folgerichtig und aussagekräftig. Der Zufall, sich zu begegnen und etwas miteinander zu teilen ist kostbar und zutiefst menschlich. Die Rückbesinnung auf das, was wir eigentlich sind, kann es nur gemeinsam geben, wie auch die Freiheit, sich zu integrieren. Letztendlich, kann es somit auch nur eine Kategorie geben und nur den Zufall, der sie zusammenführt.
---milde Spoiler---
Wenn du wüsstest, wie schön es hier ist. Wenn die Kamera sich in das Tal von Hüttenberg absenkt, dann betritt man eine ganz eigene Welt.
„Still ruht der See, die Vöglein schlafen,
ein Flüstern und du hörst es kaum.
Der Abend naht, nun senkt sich nieder
auf die Natur ein süßer Traum,
auf die Natur ein süßer Traum.“
Wie in einer Ausstellung arrangiert Prochaska seine Protagonisten, die mal mehr, mal weniger charmant sind. Allen voran Muck, der naive, dösige aber irgendwo auch drollige Postenkommandant und der arrogante, sich selbst zitierende Chefinspektor. Aus Teilen der Erinnerung eines ganzen Dorfes formt sich die Zeit vor dem Mord, während die Reiftanz-Melodie uns betörend umfängt und glauben lässt, es sei alles in Ordnung. Jeder hat seinen Platz im Dorf, jeder seine Erinnerung, jeder sein Geheimnis. Fremde und Unruhestifter sind unerwünscht.
Nicht gerade subtil werden wir von der Wahrheit fern- und auch hingehalten, wie auch Muck, der sich seinen Freunden gegenüber verpflichtet fühlt, diese Verpflichtung aber im Konflikt mit der Aufklärung des Falles steht. Der Zuschauer, hin- und hergerissen zwischen Belächeln und Beklagen, weiß auch nicht so recht, wo er da hineingeraten ist, wenn er den Postenkommandant mit einem Lächeln auf dem Lippen fragen hört, ob ein potenzieller Mörder Streit mit dem Opfer gehabt hätte und der ihm daraufhin sanft die Schulter tätschelt. Da braucht es den Chefinspektor, der die Verachtung wie ein Aushängeschild vor sich herträgt. Respektlos pflügt er sich durchs ganze Dorf und mischt alle auf. Keiner ist mehr sicher, was auch Muck in soziale Konflikte stürzt.
Hin- und hergerissen zwischen Dienstverpflichtung, Mondholzbesitzern und Wirtshausstammtisch, muss Muck sich schlussendlich zwischen beidem entscheiden. Die aufkommende Autonomie Mucks, kann sich nun aus der Erinnerung des Dorfes befreien und anfangen zu ermitteln, denn wer die Wahrheit sucht, der muss auch die Lüge sehen. So bringt er nicht nur sich selbst die Balance, sondern auch allen anderen. Die Befreiung des Mörders ist hier auch die Befreiung einer Figur aus einer ihr zugeschriebenen Rolle. Rollen, die auch den Verdächtigen zukamen und ihnen mehr oder weniger zum Verhängnis wurden.
„Es ist immer besser den schwierigeren Weg zu gehen, weil der leichte führt immer im Kreis.“ (Vater Muck).
Recht hat er.
Wunderschön geschrieben. Habe kurz geträumt.
"Fans dieses Films gefällt auch": Oh Boy, Victoria und Birdman. DAS ist mal eine Ansage!
Children of contempt.
Children of negation.
Children being lost.
Children of men.
Ich habe den Schrecken gesehen. Ich habe gesehen, was mich ausmacht, während es die Straße hinunter lief und hinter einem Kanaldeckel verschwand. Dabei war doch vor ein paar Jahren noch alles in Ordnung. Meine Ideale gaben mir den Tag vor, mein Zuhause bot mir Sicherheit, meine Familie wuchs. Aber er, der hier nicht mehr viel genannt wird, hat mir alles genommen. Meine Vergangenheit, meine Gegenwart und meine Zukunft. Leere erstickt nun jede Hoffnung. Ach was rede ich… Ich weiß nicht mehr, wie sich Hoffnung anfühlt. Hab ich jemals gehofft? Ich weiß auch nicht mehr, wo die Betäubung herkommt, vom Klingeln in meinen Ohren oder vom Alkohol in meinen Adern. Ich rauche wieder. Es gibt nichts mehr zu leben.
Das einzige, was ich dieser Tage sicher weiß: Wie sich wahre Endlichkeit anfühlt. Lähmende und den Alltag bestimmende Endlichkeit. Habe mich zurückgezogen, während andere Menschen in Käfige sperren, um in der Nahrungskette oben zu bleiben und einen Funken von Kontrolle zu wahren. Für mich ist das nichts. Ich weiß auch nicht, warum ich überhaupt noch zur Arbeit gehe. Die haben es auch noch nicht begriffen, sie klammern sich an das Leben und die Liebe, sehen aber nicht, dass wir alle ertrinken. Es gibt nichts mehr zum Festhalten.
Liebe. Liebe erinnert uns nur an Dinge, die wir nicht haben können. Liebe macht alles nur noch schlimmer. Warum begreifen die das nicht. Unsere Welt wird dominiert von Betäubungsmitteln. Wir haben es verkackt. Als wir die Chance dazu hatten, haben wir es verkackt. Und wir verkacken es verdammt nochmal immer noch. Unschuld kann hier nicht leben. Es gibt sie nicht. Alle wissen es. Durch das Feuer der Kanonenkugeln ersticken wir sie und treiben sie in die Enge. Früher habe ich sie gesehen, heute weiß ich nicht mehr wie sie aussieht. Sie hat in unseren Herzen keinen Platz mehr. Sie braucht das tomorrow.
An alle children of men
Die Hoffnungslosigkeit
Jetzt muss ich den Film doch auf meine schon so volle Liste packen... Klasse Analyse