BaltiCineManiac - Kommentare
Die 5 meist diskutierten Serien
der letzten 30 Tage
-
Dept. QDept. Q ist eine Kriminalserie aus dem Jahr 2025 von Scott Frank mit Matthew Goode und Alexej Manvelov.+31 Kommentare
-
MobLand - Familie bis aufs BlutMobLand - Familie bis aufs Blut ist eine Gangsterserie aus dem Jahr 2025 mit Helen Mirren und Pierce Brosnan.+23 Kommentare
-
Squid GameSquid Game ist eine Thriller aus dem Jahr 2021 von Dong-hyuk Hwang mit Jung-Jae Lee und Wi Ha-Joon.+13 Kommentare
Die 5 meist vorgemerkten Filme
-
Weapons - Die Stunde des Verschwindens102 Vormerkungen
-
Jurassic World 4: Die Wiedergeburt101 Vormerkungen
-
The Fantastic Four: First Steps96 Vormerkungen
-
Die nackte Kanone87 Vormerkungen
Alle Kommentare von BaltiCineManiac
Toller Südstaaten-Kriminalthriller wider den Rassenhass!
Starttermin 7. November klingt nach direktem Angriff auf die Oscars! Die zurückliegende Starttermingeschichte lehrt allerdings, dass sich da noch so manches ändern kann.
Platz 1 ist eine bodenlose Frechheit! Das kommt davon, wenn man sich nur an nichts aussagenden Einspielergebnissen orientiert und den künstlerischen Aspekt bei einer Bewertung völlig außen vor lässt. "Heaven's Gate" ist einer der grandiosesten und besten Western der Filmgeschichte, ein wahres Meisterwerk, dass seines gleichen sucht und definitiv kein Stück ein misslungenes Comeback. Von was denn überhaupt? Von seinem Award-Triumphzug mit "Die durch die Hölle gehen" 1978? Zwischen seinem oscarprämierten Vietnamfilm und diesem Westernepos liegen nur zwei Jahre, durchaus eine übliche Produktionsauszeit um ein neues Filmprojekt zu realisierten. Auch seine beiden nachfolgenden Filme, "Im Jahr des Drachen" und "Der Sizilianer", waren filmisch sehr beachtenswert trotz Box-Office-Misere. Mal wieder fachlich nicht ansprechender, schnell hingeklurrter Fülljournalismus zum Wochenende, bei dem das Schlimmste ist, dass diejenigen, die erst anfangen, sich mit Film zu beschäftigen, jetzt denken, dass "Das Tor zum Himmel" kein guter Film ist.
Damit dürfte es amtlich sein, einer der besten (wenn nicht der beste) deutschsprachige Film des Jahres 2012 kommt aus einem Produktionsland am anderen Ende der Welt, aus Australien. Mit dem schon aus ihrem Langfilmdebüt „Somersault“ bekannten, unverwechselbaren Inszenierungsstil, der kontrastreich die Gegensätzlichkeiten von realistischer Alltagshärte und poetischen, mit Schärfe und Unschärfe spielenden Detailshots auf Landschaft und Umgebung in entrückten, blau gefilterten Bildern miteinander verwebt, erschuf Cate Shortland ihre ganz eigene, eindringliche Version von Deutschland im Jahre Null und legt einen der besten Nachkriegsfilme zu diesem Thema hin. Sehr wohltuend dabei ist, dass sie eben nicht auf ausgetretenen Pfaden wandelt, dem Zuschauer eben keine mit Relativierung und Verharmlosung um sich schmeißende, deutschtümelnde Vertriebenenschmonzette made by German TV serviert, aber auch den typischen ausländisch-angloamerikanischen Klischeeblick aus der Distanz vermeidet.
In den Köpfen noch der Endsieg, im eingeübten Verhalten noch die ideologische Indoktrination, in der Realität jedoch die Endzeit eines fehlgeleiteten Führervolkes, bei dem die Erkenntnis der eigenen Mitschuld, und möge sie auch nur klein und unbedeutend sein, nur langsam dämmert und auf ganz unterschiedliche Weise zutage tritt bzw. Reaktionen hervorruft. Aufgelöste Strukturen, umherirrende Menschen, Gewalt, Hunger, Gesetzlosigkeit, Vergewaltigung und Mord, zumeist untereinander. Niemals lässt die Regisseurin Zweifel daran, wer die Schuld an der gerade stattfindenden Misere trägt. Und das ist gut so! Romanze, Liebelei, gar ein Happy End? Trotz poetischer Nuancen und landschaftlicher Schönheit zwischendurch, Fehlanzeige! Am Ende bleiben nur ein zerstörtes Land, Narben am Körper, in der Seele, wie Porzellan zerborstene Ideologien und Lebenswelten, eine verlorene Kindheit, ad acta gelegte Mädchenträume und eine ungewisse Zukunft.
Die wuselige Handkamera bleibt ganz dicht an den Darstellern und trägt gemeinsam mit der Musik entscheidend zur Atmosphäre des Films bei. Mit welcher Feinfühligkeit die englischsprachige Cate Shortland den ausnahmslos deutschen, angenehm unbekannten Cast nach in Deutsch gehaltenem Drehbuch dirigiert, ist ihr hoch anzurechnen. Neben einer beachtenswerten Performance von Ursina Lardi als Mutti und einem Wiedersehen mit Nina Hagens Mutter Eva-Maria ist das Herzstück dieser Auseinandersetzung mit dem Ende des Dritten Reiches definitiv die völlig unerfahrene, vom Schulhof weggecastete Hauptdarstellerin Saskia Rosendahl, die hier mit ihrem ausdrucksstarken Auftritt als linientreues Nazimädel, dem nur langsam einiges klar wird, ein phänomenales und eindringliches Schauspieldebüt hinlegt, sich schon den australischen Filmpreis in der Sparte Nachwuchsdarsteller abholen durfte und von der in Zukunft hoffentlich noch mehr zu sehen ist.
Angesichts dieses wunderbaren, aber auch bedrückenden deutschsprachigen Dramas aus Down Under um den stellvertretenden Läuterungsprozess eines Mädchens, das mit im Gedächtnis haften bleibenden Dialogzeilen (wie z. B. die auf sich gemünzte Aussage der Mutter zu Lagerinsassen, deren perfide Genialität sich dem Zuschauer erst durch Betrachtung des historischen Gesamtkontextes offenbart) und mit Bildern von nachwirkender Symbolkraft (das Vergraben von zwei ganz unterschiedlichen, die zurückliegende Epoche widerspiegelnden Bildern, Lore vs. Hitlerporträt an der Wand zum Deutschtumgeseiere einer verbohrten Bäuerin etc.) überzeugt, ist die Hoffnung darauf, dass dieser australische Streifen bei der Deutschen Filmakademie nicht unbeachtet bleibt, wenn sie am 22. März ihre Nominierungen für die Lola bekannt gibt, definitiv nicht unangebracht. Ein nachwirkendes Filmerlebnis über das chaotische Ende einer düsteren Zeit und vielleicht – wenn auch anders – der beste „Endzeitfilm“ seit „The Road“ vom australischen Regiekollegen John Hillcoat. Das haben die Australier definitiv drauf!
Kleiner Film, großes Herz, Gigante! Mit einfachem, aber immer treffsicherem Inszenierungsstil, verpackt in ruhige und klare Bilder, nähert sich Regisseur Adrián Biniez seinen tragikomischen Figuren und erschafft eine Atmosphäre, die man anfänglich aufgrund der einfachen Geschichte und ihrem eher kleinen Umfang gar nicht für möglich gehalten hätte. Ganz schnell wird der Zuschauer mit dem großen Heavy-Metal-Teddybären warm, der als Wachmann eines Supermarktes und als Türsteher arbeitet, aber eigentlich (fast) keiner Fliege etwas zuleide tun kann und zudem noch zu schüchtern ist, um die per Monitor angebetete Julia anzusprechen. Mit Spannung folgt man dem hünenhaften Hauptprotagonisten bei seinen Spanner-/Stalkeraktivitäten, mit denen er versucht, der hübschen Putzfrau näherzukommen und hofft natürlich auf ein Happy End. Ob sich alles am Schluss zum Besten wendet, wird natürlich nicht verraten, doch das Ende strahlt die gleich alltagsgebundene Wahrhaftigkeit und Schlichtheit aus, wie der ganze Film und ist schon fast poetisch schön. Esta es la vida! Feines lateinamerikanisches Autorenkino aus Uruguay!
Nagesh Kukunoor, eigentlich ein Garant für eher anspruchsvolle Hindi-Cinema-Mainstreamkost jenseits des massengeschmackangepassten Musical-Masala-Kitsches, lässt bei diesem Film, bis auf die Darsteller, alles indische hinter sich, versucht sich mal an einem völlig auf westlich getrimmten, in Kanada spielenden Mysterythriller und versagt auf nahezu lächerliche Weise. Obwohl in Indien selbst der günstigste Streifen in Cinemascope gedreht wird, kommt dieser hier mit einer ziemlich billigen Telenovela-16:9-TV-Optik daher. Actionstar Akshay Kumar, natürlich nicht gerade ein mimisches Schwergewicht, aber in vielen seiner Filme doch recht passend besetzt, scheint in der Einführungsszene noch völlig in seinem Element zu sein, wirkt aber mit zunehmender Laufzeit einfach fehlbesetzt und mit der Darstellung der psychologischen Grundkomponente seiner Figur ziemlich überfordert. Die zuckersüße Ayesha Takia, die schon in Kukunoors „Dor“ schauspielerisch überzeugen konnte, ist völlig verschwendet. Für Fremdscham sorgt eine aus Inspector Clouseau und Mr. Bean zusammengestrickte Nebenfigur namens Happi (mit 'i', nicht mit 'y') und – mal wieder – ultraschlechte westliche Amateurschauspieler in den notwendigen Kleinstrollen. Eine riesige Enttäuschung ist zudem der ätzende Score des Komponisten-Brüderpaares Salim und Sulaiman Merchant, eigentlich zu den Besten ihrer Zunft in Indien gehörend, die selbst die als subtil und still angedachten Szenen mit ihrem dröhnenden Konservensound zukleistern. Die Action, nicht nur für Kumar-Verhältnisse lächerlich und billig! Der Mysterythrill, in der visuellen Umsetzung und hanebüchenen Inszenierung einfach schlecht, was natürlich auch die Abwesenheit jeglicher Spannung zur Folge hat! Wer diesen Film als Highlight des jungen und frischen Hindi Cinema empfiehlt, tut eben diesem absolut keinen Gefallen, denn das gut gemachte New Bollywood existiert ja bekanntlich wirklich (siehe „Kahaani“ etc.). Nur dieser Gurke hier gehört definitiv nicht dazu!
„Ich fordere Gott heraus! Er hat nun fünf Minuten Zeit, um mich niederzustrecken. Wenn er mich nicht niederstreckt, ist das der Beweis dafür, dass er nicht existiert.“
Der jungen Ida Dalser imponiert dieses provozierende Auftreten und die gegen Konventionen aufbegehrende Art des düster dreinblickenden Sozialisten, der auf den Straßen unter roten Fahnen gegen gesellschaftliche Missstände marschiert und sich am liebsten jedes Mal die Hände waschen möchte, wenn ein Pfaffe an ihm vorübergeht. Eine stürmische Affäre beginnt und Ida opfert ihr gesamtes Vermögen, um ihrem getriebenen Geliebten mit der Gründung einer Tageszeitung, mit der er seine Ideologie dem Volk vermitteln kann, den Aufstieg zu ermöglichen. Am Vorabend des Ersten Weltkrieges heiraten sie. Während er in den Krieg zieht und verwundet wird, bleibt sie schwanger zurück und gebiert ihm einen Sohn. Doch im Lazarett muss sie feststellen, dass er erneut geheiratet hat und seine erste Ehe mit ihr verleugnet. Die Schattenexistenz der Ida Dalser beginnt, scheinbar vergessenen von der Geschichte. Doch die Existenz desjenigen, der sie vergaß, mit all seinen Idealen brach und das rote Halstuch gegen die schwarze Faschistentracht eintauschte, wird sie niemals vergessen. Sein Name: Benito Mussolini!
GUERRA! KAMPF! VINCERE! SIEGEN! Die passenden Parolen zum gerade stattfindenden Zeitgeschehen werden dem Zuschauer per Schrifteinblendung übers Bild hinweg entgegengeschleudert und die experimentelle Montage verbindet schwarz-weiße Wochenschau- und Dokumentarfilmbilder mit dem eigentlichen, ebenfalls mit einer sehr passenden, düsteren Farbgebung aufwartenden Filmmaterial. Marco Bellocchio kokettiert hier mit dem Propagandafilmstil und verbeugt sich ganz klar vor dem sowjetischen Kino der 1920er Jahre, was u.a. in der Verwendung von Bildern aus Sergej M. Eisensteins „Oktober“ zur Darstellung der Revolution von 1917 gipfelt. Der Regisseur hatte jedoch in keinem Fall eine in epischen Panoramen und akribischer Ausstattung schwelgende, chronologische Nacherzählung von Historie im Sinn, sondern konzentriert sich ganz und gar auf die von ihm betrachteten Charaktere, ihre Wandlungen und fragmentarische Auszüge aus ihrem (Zusammen)Leben.
Dank der dynamischen Inszenierung, der wunderbaren Kameraarbeit und dem schnellen Schnitt, unterlegt mit fantastischer Filmmusik, ist diese künstlerische Auseinandersetzung mit dem italienischen Faschismus zu keinem Zeitpunkt langweilig, zumal sie auch noch mit überzeugenden Schauspielleistungen aufwartet. Der charismatische Filippo Timi verkörpert Mussolini mit stoischer Düsternis, verschwindet dann aber fast völlig von der Bildfläche und kann erst später als dessen erwachsener Sohn noch einmal auftrumpfen. Doch das Herzstück des Films ist eh das Frauenschicksal und mit ihm Hauptdarstellerin Giovanna Mezzogiorno. Was für eine Aura, was für ein Charisma, was für ein Können! Ihre Verkörperung der Ida Dalser stellt alles Andere in den Schatten und zeigt, was für eine großartige Schauspielerin sie ist.
Unvergesslich, jedoch spoilertechnisch eventuell bedenklich: Das Duell im Rosenhain unter schwarzen Ruß ausstoßenden Industrieschornsteinen, die als geniales Schatten-Leinwand-Musikzusammenspiel inszenierte Kriegswochenschauaufführung im Kino, bei der sich die politischen Parteien im Publikum in die Haare kriegen, die Sehnsucht von Ida nach ihrem ihr weggenommenen Sohn bei der Filmaufführung des ersten Langfilms eines gewissen Komikers in der Nervenheilanstalt und dann natürlich ein Gitter, Ida und ganz viele Schneeflocken. Doch wer hat denn nun am Schluss titelgebend gesiegt? Der Faschist? Die sture, auf der Wahrheit beharrende Ehefrau? Niemand? Interpretationsfrage! Ganz sicher aber der Zuschauer, denn eine Parole muss zum Schluss noch sein: CAPOLAVORO! MEISTERWERK!
Ahhhh, jetzt ist das Ding auch noch auf der Bühne!
John Barry - Out of Africa Theme - ♥
Wer noch 'ne aktuelle Übersicht braucht: Liste ist in Live-Bearbeitung! ;)
http://www.moviepilot.de/liste/alle-fur-den-oscar-nominierten-filme-der-2010er-jahre-balticinemaniac
Die Elenden sind komplett zum Chorgesang angetreten!
And the Oscar for short acceptance speech subject goes to ... Michael Haneke!
Also richtig konsequent wäre es, wenn die Preisträger bei ihrer Dankesrede zur Hai-Musik nicht nur von hinten angetippt werden, sondern am besten mit Schwitzkasten von der Bühne gezogen würden.
Na endlich ... Ein Hoch auf Arte! Auf den großen Gewinner des italienischen Filmpreises, den es in Deutschland augenscheinlich nicht auf DVD gibt, warte ich schon geschlagene drei Jahre.
Na besser verspätet als nie ein Artikel zum spanischen Filmpreis, denn das Kino von der Iberischen Halbinsel verdient bei der an den Tag gelegten Umtriebigkeit und Vielfalt definitiv mehr Aufmerksamkeit! Bei 18 Nominierungen war der Preisregen für "Blancanieves" allerdings nicht so unerwartet, wie hier dargelegt. Einsamer Spitzenreiter bezüglich der Anzahl gewonnener Goyas ist im Übrigen immer noch "Das Meer in mir" von 2004 mit 14 Bronzebüsten (nicht Statuetten) des spanischen Malers. Das "The Impossible" mit den zweitmeisten Nominierungen (14) auch wenigstens einen wichtigen Hauptpreis zugesprochen bekommt, war auch nicht so unwahrscheinlich, zumal Regie-Shooting-Star Juan Antonio Bayona ("Das Waisenhaus") nicht nur der Liebling der Journaille und Kameras zu sein scheint, da die Bildregie der TV-Live-Übertragung ihn andauernd im Bild hatte. Und seine melodramatische Aufarbeitung der Tsunami-Katastrophe von 2004 ist nun mal technisch ziemlich gut in Szene gesetzt, auch wenn der Gehalt des Films da etwas hinterherhinkt. Der Spezialeffekte- und Ton-Preis für die genialste und realistischste (Flut)Katastrophensequenz (ohne nervigen CGI-Guck-mal-was-unsere-Rechner-können-Overkill) des 21. Jahrhunderts gehen da auch mehr als völlig in Ordnung. Das stumme 1920er-Jahre-Schneewittchen-Epos muss noch (dringend) geschaut werden, um bestätigen zu können, ob die Preisflut gerechtfertigt ist.
Das Jahr 2012 scheint das Filmjahr von Schneewittchen zu sein, auch wenn die mehr oder weniger frei adaptierten US-Verfilmungen des Märchens, die der geneigte deutsche Kinogänger bzw. DVD-Gucker schon in Augenschein nehmen durfte, eher für Kopfschütteln sorgten und weder einen bleibenden Eindruck hinterließen, noch mit filmischer Hochwertigkeit protzten. Es wäre also nur allzu verständlich, wenn die Mehrheit von Schneewittchenverfilmungen mit steifen Vampirliebchen und von durch ihr Schaffenstal wandernden, einst hoffnungsvoll stimmenden indischstämmigen Regisseuren die Schnauze voll hat. Allerdings schickten sich im vergangenen Jahr auch die Spanier an, dem Märchen um die schwarzhaarige Königstochter mit weißer Haut eine filmische Neuinterpretation zu verpassen, von der bisher so gut wie niemand hierzulande etwas weiß, sodass in Sachen Schneewittchen und 2012 noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Ganz im Gegenteil, die Sichtung des Trailers lässt vermuten, dass hier ein ganz anderes filmisches Kaliber auf den Zuschauer zukommt, das sogar die Chance auf Spitzenpositionen in diversen Jahrescharts haben dürfte. Und das ist noch nicht alles.
Heute Abend wird in Madrid zum 27. Mal der Spanische Filmpreis verliehen, um herausragende Filmproduktionen des Jahres 2012, vor allem aus Spanien, aber auch Lateinamerika und Europa, zu würdigen. Pablo Bergers hier kommentierter Film namens „Blancanieves”, was auf Deutsch nichts weiter und ganz schlicht “Schneewittchen” bedeutet, ist mit unglaublichen 18 Nominierungen (!) der große Favorit bei der Verleihung der Goyas. Nach dem großen Erfolg der Franzosen mit eben jenem Konzept, dass Retro in ist, stumm agierende Schauspieler cool sind und auch nicht alles farbig sein muss, was die heutigen Kinoleinwände erblickt, verlegte der spanische Regisseur seine modernisierte Version der Mär in die goldenen 1920er Jahre und inszenierte das Ganze als Stummfilm in kontrastreichem Schwarz-Weiß, mit expressionistischer Bildsprache und in 4:3-Bildformat. Da scheint u.a. irgendwo ein Hauch Fellini durch die Bilder zu wehen! Man darf also auf ein interessantes Filmerlebnis gespannt sein. Auch ansonsten ist der nationale Filmpreis der Spanier wieder ein Spiegel dafür, wie umtriebig, vielfältig und internationalisiert die iberische Kinoindustrie ist, denn auch das in Englisch gedrehte spanische Katastrophendrama “The Impossible” ist mit etlichen Nominierungen vertreten. Hauptdarstellerin Naomi Watts darf sich nach erfolgter Oscarnominierung gleichfalls bei den Spaniern in dieser Kategorie Hoffnung auf eine Trophäe machen. Weiterhin befinden sich das in Französisch und ebenfalls Schwarz-Weiß gedrehte Künstlerdrama “The Artist and The Model” und der im Drogen(fahnder)milieu spielende Polizeiactionthriller “Unit 7” unter den aussichtsreichen Preiskandidaten.
Wer also mit dem Filmjahr 2012 bereits abgeschlossen hat und sich schon zu endgültigen Best-of-Verlautbarungen hinreißen lässt, könnte damit ebenso recht haben wie auch falsch liegen, sollte aber doch wenigstens noch innehalten, um zu vervollständigen, da die Filmwelt sich ja bekanntlich um den ganzen Erdball erstreckt und größer ist, als der zum Jahreswechsel aufkommende Oscarfokus mit relativ eingeschränktem Blick auf die englischsprachige Filmindustrie, vornehmlich US-amerikanische und britische Produktionen einbeziehend, vermuten lässt. (Schöne Grüße auch an die Moviepilot-Redaktion, deren Aufgabe es eigentlich wäre, über so etwas Wichtiges zu berichten!)
Es ergeben sich aus dem heutigen Fernsehprogramm gleich zwei interessante Bezüge zur Preisverleihungsaktualität, denn Nikolaj Arcel, Regisseur von "Die Königin und der Leibarzt" und damit bei der bevorstehenden Oscarverleihung in der Kategorie 'Bester fremdsprachiger Film' vertreten, findet sich heute mit seinem Langfilmdebüt im Bayrischen Fernsehen wieder.
·
► „Königspatience - Intrige im Parlament“ (Dänemark 2004, R: Nikolaj Arcel) // BR, 23.30 Uhr // Politkriminalthriller // mit Anders W. Berthelsen, Nicolas Bro, Lars Mikkelsen u.a.
·
Hauptdarstellerin in dem ganz oben erwähnten, für den Oscar nominierten Film ist die junge Schwedin Alicia Vikander, die man 2012 wohl zu den vielen nachhaltig im Gedächtnis gebliebenen Nachwuchsstars zählen muss, zumal sie auch noch als Kitty in Joe Wrights "Anna Karenina" zu sehen ist. Auch sie ist heute mit ihrem ersten schauspielerischen Auftritt in einem Langfilm, für den sie den schwedischen Filmpreis Guldbagge als 'Beste Darstellerin' gewann, im TV-Programm vertreten.
·
► „Die innere Schönheit des Universums“ (Schweden 2009, R: Lisa Langseth) // ServusTV, 22.00 + 01.45 Uhr // Drama // mit Alicia Vikander, Samuel Fröber, Isabella Alveborg u.a.
·
Manchmal liefert das deutsche Fernsehen ganz unbewusst interessante Zusammenhänge an einem Tag ab, die einem auf den ersten Blick gar nicht so klar werden.
… und es wurde und wurde nicht besser! Wie kann man denn bitte die Verfilmung eines offensichtlich intelligent geschriebenen Romans, der im Akkord Steilvorlagen für eine kunstvoll inszenierte, in sich verschachtelte, philosophische Auseinandersetzung mit dem Menschsein und diversen Theorien über Mehrfachleben und Wiedergeburt gibt und obendrein noch mit gleich mehreren emotionsgeladenen Liebesgeschichten über Zeitalter hinweg aufwartet, dermaßen in den Sand setzen? In Anbetracht der immensen Erwartungshaltung, des verpulverten 100-Millionen-Dollar-Budgets und dem eigentlich zugrunde gelegten technischen und schauspielerischen Können, das sich hier im Vorfeld vereinte und auf ansprechende filmische Leistungen hoffen ließ, definitiv mit die größte Enttäuschung des Kinojahres 2012.
Automatisiertes Erzählstrang-Hopping im Minutentakt, das weder eine Charakterentwicklung noch eine emotionale Bindung des Zuschauers an die Figuren zulässt, kombiniert mit schlechtem Szenenaufbau, hanebüchener Actionchoreografie und lustlosem Schauspiel, dargeboten von uninspirierten und gelangweilt wirkenden Darstellern, garniert mit deplatziertem, groteskem Humor aus dem Nichts und völlig unnötigen Gewaltspitzen sowie eine oft lächerliche Maskenrevue und Schauspieler-in-Frauenfummel-und-mit-verstellter-Stimme-Situationen, lassen dieses potentiell als solches erwartete Filmerlebnis ganz schnell zum Albtraum werden. Die der ganzen Geschichte als Leitfaden durch die Zeit dienenden Liebesgeschichten finden emotional gar nicht statt, da den Darstellern die dafür nötige Chemie völlig abhandengekommen zu sein scheint. Der chargierende Nichtskönner Götz Otto und RTL-Hinter-niveaulosen-Gittern-Gesicht Katy Karrenbauer sind dann noch das desaströse Tüpfelchen auf dem I. Einzig und allein die annehmbaren Effekte, einige schöne Bilder und die mit einem recht guten Auftritt auf sich aufmerksam machende Südkoreanerin Bae Doo-na, der Unbekanntesten im namhaften Hauptcast, sind noch Lichtblicke am düsteren Blockbuster-Desaster-Himmel. Der teuerste deutsche Film ist leider sein Geld nicht wert!
Also hier wurde wohl eine schon existierende TV-Tipp-Seite von einst mit dem gleichen TV-Tipp-reaktiviert, erkennbar an den 11 Monate zurückliegenden ersten Kommentaren. Also "Ring - Das Original" läuft heute definitiv nicht im WDR, sondern nur Karneval. ;)
Aber für alle Berlinale-Verrückten gibt es noch die Eröffnungszeremonie ab 19.20 Uhr live in 3sat zu begutachten.
Filmisch gibt es ansonsten noch im deutschen TV ...
▪ „Eine ganz private Affäre“ (Frankreich 2002, R: Guillaume Nicloux) // ZDF, 01.30 Uhr // Kriminalthriller // mit Thierry Lhermitte, Marion Cotillard, Samuel Le Bihan u.a.
Klingt interessant, hatte ich auch schon mal auf dem Schirm. Zu dem, was weiter unten schon empfohlen wurde, kann ich sagen, dass "Nord" eine liebenswerte, genial-schräge Tragikomödie aus dem verschneiten Norwegen mit der wohl genialsten Besäufnismethode der Welt und innovativer Selbstmordmethode ist, die viel mehr Leute kennen sollten, und "Princesas - Prinzessinnen der Straße" ein anrührendes Prostituiertendrama mit Witz, was mich seinerzeit sehr überrascht hat. Ansonsten hätten wir da noch im TV ...
·
▪ „Milk“ (USA 2008, R: Gus van Sant) // Sixx, 20.15 + 00.20 Uhr // Biografisches Bürgerrechtlerdrama // 2 Oscars bei 8 Nom. // mit Sean Penn, Emile Hirsch, Josh Brolin, James Franco u.a. // Free-TV-Premiere!
·
▪ „Trade - Willkommen in Amerika“ (Deutschland, USA 2007, R: Marco Kreuzpaintner) // Sixx, 22.25 Uhr // Menschenhandel-Thrillerdrama // mit Kevin Kline u.a.
·
▪ „Lohn der Angst“ (Frankreich, Italien 1953, R: Henri-Georges Clouzot) // ServusTV, 22.45 + 03.25 Uhr // Actionthrillerdrama, Klassiker // Goldene Palme + Goldener Bär! // mit Yves Montand, Charles Vanel, Peter van Eyck, Folco Lulli u.a.
·
▪ „Go Fast“ (Frankreich 2008, R: Olivier van Hoofstadt) // SF2, 23.35 Uhr // Kriminalthriller-Actiondrama // mit Roschdy Zem u.a.
·
▪ „Bullitt“ (USA 1968, R: Peter Yates) // ORF2, 23.55 Uhr // Polizei-Kriminalthrillerdrama, Klassiker // mit Steve McQueen, Robert Vaughn, Jacqueline Bisset, Robert Duvall u.a.
Für Leute, die den österreichischen Sender (auch anderswo) empfangen können oder eben für die, die Filme im Fernsehen eh nicht mehr auf die lästige altmodische Weise live gucken und OTR oder Ähnliches nutzen, gibt es noch ein Schmankerl von einem osteuropäischen Kultregisseur:
▪ „Versprich es mir!“ (Serbien 2007, R: Emir Kusturica) // ORF2, 23.30 Uhr // Tragikomödie // deutsch(sprachig)e Free-TV-Premiere!
Ha, da wird mir doch glatt der Zweck einer gewissen Fragestunde klar! ^^ Ein großer Dank an die Autorin für diese erhellende und fachlich fundierte Artikelreihe über das indische Kino, die auch dringend notwendig war, da leider vonseiten der offiziellen MP-Redaktion trotz durchaus zu erkennendem positiven Ansatz in den letzten Jahren mit diversen Texten diesbezüglich nur auf eine ganz bestimmte Gruppe sogenannter Bollywood-Fans (die in den seltensten Fällen wirklich einen Plan vom indischen Kino haben) abzielender, fachlich vor Nichtwissen strotzender, teils hanebüchener Klischee-Quatsch verbreitet wurde, was filmjournalistisch dann doch ziemlich bedenklich ist und die eh schon großen Vorurteile der solchen Quellen vertrauenden Masse noch verstärkte.
Ferner ist es schön zu sehen, dass doch etliche MP-Buddys das Ganze hier sehr positiv mit Interesse verfolgt und aufgenommen haben, was von Aufgeschlossenheit und dem Willen zur cineastischen Horizonterweiterung zeugt, die ich nur befürworten kann, und vielleicht zukünftig zu der ein oder anderen interessanten Filmsichtung führt. Aber wo war bitte diese ganze Bollywood-Kreisch-Fraktion, die das indische Kino angeblich so liebt? Deren Abwesenheit im Kommentarbereich und/oder beim Like-Button ist bezeichnend und spricht eigentlich für sich selbst sowie die scheinbar (für eben jene) sehr erschütternde Realität – ähm – Qualität dieser Abhandlung zum Indian Cinema.
Wunderbarer Film von Chen Kaige, einem der Großen der 5. Generation (die oben im Text genannten Filme sind allesamt Knaller), der heute leider auf Biegen und Brechen versucht, massentaugliches Wuxia zu machen, was ihm im Gegensatz zu seinem Weggefährten Zhang Yimou nicht so recht gelingen will.
Lustigerweise läuft heute auf RBB um 23.30 Uhr mit "Violinissimo" auch noch eine dazu passende Doku über junge Geiger und ihre Teilnahme am weltweit höchstdotierten Violinistenwettbewerb in Hannover.
YES! Memories of Matsuko! Bei den Auswahlkriterien hätte man es sich fast denken können. Wunderbar durchgeknallter japanischer Streifen mit ein paar Musicaleinlagen. Besser kann man nicht Werbung für einen grandiosen Film machen, den nach wie vor kaum einer kennt und natürlich für den Regisseur Tetsuya Nakashima, der ja mit "Geständnisse" noch einen ganz anderen Riesenkracher abgeliefert hat. Auch viele der restlichen Kandidaten in den Top 25 stimmen froh. :)
Es ist auch am dritten Samstag in Folge schön, hier etwas in der Weise über das indische Kino zu erfahren, fachlich kompetent serviert. Sicherlich dürfte auch heute für diejenigen, die sich noch nicht so sehr damit auseinandergesetzt haben oder dem ansonsten weit verbreiteten Klischeedenken anhingen, im Zusammenspiel mit den zwei vorigen Artikeln einiges an dämonenfreiem, horizonterweiterndem Wissen zu holen sein, das vielleicht in Zukunft für viele eine ganz neue Sichtweise auf die südasiatische Filmwelt zulässt.