BaltiCineManiac - Kommentare

Alle Kommentare von BaltiCineManiac

  • Was noch vergessen wurde: Neben dem intensiven und berührenden Spiel von Kristin Scott Thomas bietet der Fernsehabend heute im frei empfangbaren deutschen TV neben Johnny Depp auf 3sat auch noch seine Ex-Angetraute Vanessa Paradies als bezaubernde Göre auf der Suche nach ihrem Erzeuger und sich selbst.

    ▪ „Elisa“ (Frankreich 1995, R: Jean Becker) // ServusTV, 22.45 + 03.05 Uhr – Coming-of-Age-Tragikomödie vom "Ein mörderischer Sommer"-Regisseur um die 17-jährige Halbweise Vanessa Paradies, die sich auf die Suche nach Vater Gérard Depardieu macht.

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    Und dazu noch einige andere komische Paarungen, wie z.B. ...

    ▪ „Auf der anderen Seite des Bettes“ (Frankreich 2009, R: Pascale Pouzadoux) // RBB, 22.45 Uhr – Um den Familienfrieden wieder herzustellen, probt das Ehepaar Sophie Marceau/Dany Boon in dieser Komödie den Geschlechter- und Aufgabenrollentausch.

    ▪ „Zack and Miri Make a Porno“ (USA 2008, R: Kevin Smith) // HR, 23.30 Uhr – Komödie um das Pärchen Seth Rogen/Elizabeth Banks, das die leere Haushaltskasse mit schlüpfrigen Filmchen aufbessert.

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    Eher dramatisch wird es in ...

    ▪ „Unbeugsam“ (USA 2008, R: Edward Zwick) // Sixx, 22.10 + 02.00 Uhr – Kriegsdrama, in dem Daniel Craig und Liev Schreiber während des 2. Weltkriegs als ungleiche Brüder im weißrussischen Widerstand kämpfen.

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    Und für die nicht geringe Zahl der MP-User aus den Alpenländern gibt es noch …

    ▪ „Charade“ (USA 1963, R: Stanley Donen) // ORF2, 23.50 Uhr – Thrillerkomödie, in der sich Audrey Hepburn und Cary Grant ein Katz-und-Maus-Spiel liefern.

    ▪ „Jackie Brown“ (USA 1997, R: Quentin Tarantino) // SF2, 23.35 Uhr – Thriller nach Elmore Leonard, in dem Stewardess Pam Grier ihre Gangsterfreunde Samuel L. Jackson und Robert De Niro austrickst.

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      BaltiCineManiac 19.01.2013, 20:37 Geändert 23.03.2021, 22:29

      Die anfängliche Sorge, die die Bilder in den ersten Sekunden aufkommen lassen könnten, dass einem mit diesem Film doch nur herkömmliches Bollywood-Mainstream-Allerlei aufgetischt wird, ist schnell verflogen, denn dabei handelt es sich lediglich um eine auf einem öffentlichen Teestubenfernseher laufende, sehr beliebte indische Daily Soap, die zusammen mit ihrem Abspielgerät, von Kugeln durchsiebt, ganz schnell das Zeitliche segnet. Danach sprechen in der 10-minütigen Eröffnungssequenz fast nur noch die Maschinengewehre und machen klar, dass man in einem knallharten Gangsterfilm gelandet ist.

      Das mehr als fünfstündige, in der Bergbaustadt Wasseypur spielende Gangsterepos, das im letzten Jahr in der Sektion Quinzaine des Réalisateurs der Internationalen Filmfestspiele von Cannes noch als einheitlicher Film seine Premiere feierte, danach für den indischen Markt in zwei Teile aufgeteilt wurde und wegen expliziter Gewaltdarstellung sowie vulgärer Sprache die in Indien selten vergebene höchste Altersfreigabe erhielt, entfaltet über einen Zeitraum von 70 Jahren und vier Generationen hinweg mit akribischer, von jeglichem Kitsch und übertriebener melodramatischer Darstellung befreiter Nüchternheit ein vielschichtiges Bild von sich bekriegenden moslemischen Verbrecherkasten und die Verzahnung ihrer Aktivitäten mit Gewerkschaften und Politik.

      Regisseur Anurag Kashyap, der schon am Drehbuch zum Oscar-nominierten kanadisch-indischen Diasporafilm „Water“ von Deepa Mehta mitwirkte, sucht trotz einiger eskapistischer Zeitlupen in ausufernden Faustkämpfen eher die Nähe zum Parallel Cinema, pfeift bei seinem episch angelegten Opus Magnum - größtenteils mit wuseliger, des Öfteren mehrminütige Plansequenzen nutzender Handkamera gefilmt - auf so manchen Grundsatz des massentauglichen Hindi Cinema und installiert, um realistische Härte bemüht, gar nicht erst irgendeine Sympathiefigur, die es wohl so in diesem gewaltsamen Milieu auch nicht geben wird. Damit könnte er allerdings etlichen, herkömmliche Mainstreamkost erwartenden Zuschauern vor den Kopf stoßen, zumal er das Ganze auch noch mit eine Prise tiefstem schwarzen Humor würzt.

      Manoj Bajpai, den die wenigsten hierzulande höchstens als Bösewicht aus „Veer und Zaara“ kennen, der aber für derartige Rollen in Indien bekannt ist („Satya“), spielt den von Rachsucht geplagten, scheinbar moralfreien Boss der zu einem der führenden Mafiaclans der Region aufsteigenden Khan-Familie fantastisch und völlig unaffektiert. Nawazuddin Siddiqui, schon im anderen 2012er New-Bollywood-Hit „Kahaani“ vertreten, steht ihm im zweiten Filmteil als drogensüchtiger Sohn, der das geschaffene Imperium zusammenhalten muss, in nichts nach. Auch der aus Wasseypur stammende und durch seine Kenntnis der mafiösen Strukturen seiner Heimatstadt für den nötigen Realismus im Skript sorgende Drehbuch-Co-Autor Zeishan Quadri hat im letzten Filmdrittel seinen einprägsamen, das Finale heraufbeschwörenden Schauspielauftritt.

      Auch wenn andere Hindi-Filme mit Retro-Look im vergangen Jahr schon alleine wegen der bei ihnen fehlenden Altersrestriktion viel mehr Kasse machten, scheint der IMDb-Wert des vorliegenden Films, der zwischenzeitlich bei 8.8 lag und damit der höchste ist, den ein indischer Film mit mehr als 5000 Votes je erreicht hat, nur zu bestätigen, was man nach Sichtung dieses düsteren fünfstündigen Trips in die indische Gangsterwelt langsam zu begreifen beginnt: „Gangs of Wasseypur“ ist vielleicht nicht nur einer der besten Filme aus dem Jahr 2012, sondern auch eines der besten Gangsterepen überhaupt, ganz sicher aber ein Meilenstein für das Hindi Cinema. Punkt!

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      • Und zu der oben schon genannten kommt noch eine FREE-TV-PREMIERE dazu:

        ▪ „Poll“ (Deutschland 2010) // Arte, 20.15 Uhr – Frei nach den lyrischen Lebenserinnerungen "Auch wenn du träumst, gehen die Uhren" der deutschen Dichterin Oda Schaefer erzählt "Vier Minuten"-Regisseur Chris Kraus die Geschichte eines 14-jährigen Mädchens, das am Vorabend des Ersten Weltkrieges bei ihrer baltischen Familie in Estland einen für die estnische Unabhängigkeit kämpfenden Anarchisten gesund pflegt, zwischen familiären und politischen Konflikten den Untergang einer Epoche erlebt und für ihr weiteres Leben sozial geprägt wird. Großes deutsches Kino - düster, poetisch, in wunderschönen Bildern und mit toller Musik. (Wdh.: 18.01., 02.35 Uhr)

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          • ... und dann natürlich ab 02.00 Uhr die Golden Globe Awards live auf Pro Sieben oder auch anderswo! ;)

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            • 8 .5

              Dafür muss jetzt dieser indische Klassiker herhalten ...

              Hi Leute! Normalerweise ist ja jeder befähigt, selbst zu gucken, aber da ich das als ziemlich wichtig empfinde und die angewöhnte Ignoranz diesbezüglich recht groß ist, möchte ich auch hier noch mal auf die heute beginnende Artikelserie meiner geschätzten MP-Freundin Bommali aufmerksam machen, die sich fachlich fundiert, wie hier wohl nie zuvor geschehen, mit dem (gesamten!) indischen Kino beschäftigt, um mit den bei einer Mehrheit grassierenden westlichen Vorurteilen und dem daraus resultierenden gewaltigen Nicht- und Fehlwissen aufzuräumen.

              [http://www.moviepilot.de/news/filmgigant-indien-das-eldorado-fuer-cineasten-119710]

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              • Ein wunderbarer Einstieg für eine der fachlich wohl fundiertesten Artikelserien zu diesem Themengebiet, die es hier bisher gegeben hat (und geben wird) und die dringend notwendig ist, um mit all den Vorurteilen und dem falschen westlichen Rezeptionsverhalten einer fremden Kultur aufzuräumen und sicherlich – wie ich hoffe – bei dem einen oder anderen für eine interessante Erweiterung der cineastischen Landkarte sorgen wird, wie es bei mir schon vor einiger Zeit geschah. Ich freue mich auf mehr … :)

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                • 8 .5

                  Mathieu Kassovitz, der Typ, der in „Die fabelhafte Welt der Amélie“ weggeworfene Passfotos sammelt, „Die purpurnen Flüsse“ fließen ließ und mit „Hass“ schon einen von vielen Filmfreunden sehr geschätztes sozialkritisches Drama in seiner Regisseursvita stehen hat, entführt den Zuschauer in seinem neuesten Werk als Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Hauptdarsteller in eine Region der Welt, die vielen unbekannt sein dürfte und die als Schauplatz für eine Spielfilmhandlung in der gesamten Filmgeschichte so gut wie noch nie vorkam. Die aus dem hawaiischen entlehnte Bezeichnung der einheimischen Ureinwohner kennt allerdings jeder als allgemeines rassistisches Schimpfwort für Menschen mit südländischem Aussehen. Die Rede ist von der südpazifischen Inselgruppe Neukaledonien, östlich von Australien gelegen, bestehend aus der Hauptinsel Grande Terre, den Loyalitätsinseln und den Chesterfieldinseln, die zum Zeitpunkt der Handlung ein französisches Überseeterritorium mit Kolonialstatus war, heute direkt als Überseegemeinschaft mit Sonderstatus zu Frankreich gehört, deren melanesische Einwohner als Kanaken bezeichnet werden und deren Nickelvorkommen zu den bedeutendsten der Welt zählen.

                  Dies dürfte wohl einer der wichtigen Gründe sein, warum Frankreich bestrebt ist, diesen pazifischen Südsee-Archipel unter seiner Oberhoheit zu behalten. Doch in den 80ern regte sich in Form der Kanakischen sozialistischen Front der nationalen Befreiung (FLNKS) Widerstand seitens der Ureinwohner, die immer mehr nach Selbstbestimmung strebten und die Zerstörung ihrer Lebensweise und der Natur durch den Bergbau nicht mehr länger hinnehmen wollten. Aufgrund der Aktivitäten dieser Organisation wurde im gesamten Überseeterritorium Mitte der 1980er Jahre der Notstand verhängt. Die politischen Unruhen gipfelten 1987 in einer von einer parteiunabhängig agierenden Separatistengruppe initiierten Geiselnahme von 27 Polizisten und einem Richter auf der Insel Ouvéa, dem kleinsten Eiland der Loyalitätsinseln. Da im fernen Mutterland gerade die Präsidentschaftswahlen anstanden und auch einige andere Ministerposten zur Disposition standen, wurde die (militärische) Lösung des Konflikts in der weit entfernten Kolonie und die dafür Beauftragten zum Spielball politischer Interessen, die wohl eher den Wahlerfolg in Frankreich oder die Postensicherung, als das Wohlergehen der Bevölkerung Neukaledoniens im Blickfeld hatten.

                  Der Regisseur greift nun diesen Stoff auf und man merkt seiner Inszenierung an, dass ihm die Erinnerung an dieses scheinbar vergessene Ereignis mit fatalem Ausgang eine Herzensangelegenheit war. Leider wurde die Kinoaufführung des fertigen Films in Neukaledonien selbst von behördlicher Seite stark behindert. Zudem blieb es ihm schon zuvor verwehrt, seinen Film an Originalschauplätzen zu drehen, da man durch die Dreharbeiten hervorgerufene, neue Unruhen befürchtete. So entstanden die Bilder noch ein paar Tausend Kilometer weiter östlich in Französisch-Polynesien auf Tahiti und dem Anaa-Atoll, das Ouvéa doubelte. Mathieu Kassovitz stellt die von ihm selbst würdig und zurückhaltend gespielte Hauptfigur, den Befehlshaber der Polizei-Spezialeinheit GIGN, der eine friedliche Lösung anstrebt und es als Unterhändler schafft, das Vertrauen der Aufständischen zu erlangen, aber sich mit übereifrigen, in massiver Überzahl eingeflogenen, schieß- und rachewütigen Militärs herumschlagen muss und schließlich an den Befehlen der Politiker scheitert, vor einen sich im Originaltitel wiederfindenden Gewissenskonflikt: Ordnung oder Moral? Akribisch werden die Verhandlungen um eine friedliche Lösung in vielen Dialogsequenzen rekonstruiert, was zuweilen ein wenig zulasten des Erzählflusses und der Dramaturgie geht. Die Inszenierung wirkt angemessen nüchtern und weitestgehend dokumentarisch, wartet aber trotzdem mit einer sehr ansprechenden, teils hypnotisch-düsteren Bildgestaltung auf, unterstützt von mehrminütigen, sogar Zeitebenen verwebenden Plansequenzen sowie einem klasse Schnitt, untermalt mit einem recht experimentellen Score von Klaus Badelt, der oft eher bedrohlich-apokalyptisches Geräusch als Melodie ist. Schlussendlich eine absolut sehenswerte, mit politischer Brisanz aufwartende kleine Filmperle aus Frankreich, die an einen exotischen Ort am anderen Ende der Welt entführt und definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient hat.

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                  • 1 .5

                    Es macht einen nachdenklich, wenn man bedenkt, dass gewisse ideologisch fragwürdige Kräfte in Polen zurzeit eben jenen ausreichenden Einfluss innehaben müssen, um die Realisierung eines solchen Machwerks von Film wie diesem hier anstandslos vorantreiben zu können. Dieser ultranationalistische, ultrarechte, ultrareaktionäre und ultrachristliche Rotz von Kriegsfilm, mit fragwürdigen Botschaften, bedenklichem gottesergebenem Missionierungswahn im Kriegstreibergewand und zudem die geschichtlichen Fakten und Zusammenhänge total verklärend, macht sich nicht nur durch grottige Schauspieldarbietungen, unterirdische Dialoge und Regie lächerlich, sondern verliert auch noch durch eine groteske, gar comichafte Farbbearbeitung der (aller Wahrscheinlichkeit nach) HD-Kamera-Bilder jedwedes historisch ansprechende Zeitkolorit. Dabei würden die geschichtlichen Vorgänge, die nach der offiziellen Beendigung des Ersten Weltkriegs in Osteuropa noch weitere Jahre für kriegerische Auseinandersetzungen und Bürgerkriege sorgten, wie z.B. die langwierige geopolitische Neuordnung Russlands hin zur Sowjetunion, der Kampf der Roten gegen die Weißen sowie der Ukraine und des Baltikums um Eigenstaatlichkeit, eng verbunden mit der erneuten Staatengründung Polens, forciert durch die von den Siegermächten beschlossenen Gebietsabtretungen seitens Deutschlands und Österreich-Ungarns, sehr interessanten und auch einer breiten Mehrheit unbekannten Stoff für differenziert inszenierte Historienfilme abgeben.

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                    • In "Die Königin und der Leibarzt" macht sie auf jeden Fall Eindruck. Ich bin gespannt auf mehr von ihr.

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                      • Ich vermute, dass in dieser Kategorie „Liebe“ der haushohe Favorit sein wird, und hoffe immer noch darauf, dass „Ziemlich beste Freunde“ es nicht weiter als bis in die Shortlist schafft, obwohl ich das realistisch betrachtet anders sehe. Meine 5 Tipps für die Endrunde …

                        Liebe (Österreich)
                        No! (Chile)
                        Ziemlich beste Freunde (Frankreich)
                        Die Königin und der Leibarzt (Dänemark)
                        Jenseits der Hügel (Rumänien)

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                        • Einer der heißen Anwärter auf eine Oscarnominierung in der Kategorie 'Bester fremdsprachiger Film' für die diesjährige Verleihung. Ich freue mich schon darauf, den mal zu Gesicht zu bekommen.

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                            Wölfe sitzen mit ihren schwarzdunklen Umrissen Spalier am Wegesrand, eingerahmt von schneeweißer Landschaft, wartend auf die nächstbeste Beute, den nächsten lebensverlängernden Blutrausch. Doch die düstere Zeit gebiert auch menschliche Raubtiere. Ritterfürsten und Warlords beherrschen das mittelalterliche Böhmen, gehen auf Beutezug und überfallen durchs Land ziehende Sachsen, wenn sie sich nicht selbst bekriegen. Eine befürchtete Strafexpedition des Königs gegen die lokale Räuberei lässt einen der Kriegsherren zum Mittel der Entführung greifen, um seinen benachbarten, ihm feindlich gesinnten Kontrahenten zum gemeinsamen Kampf gegen die herrschaftlichen Truppen zu bewegen. Das Entführungsopfer ist die Tochter des Erpressten, eine naturverbundene, auch schon mal heidnische Gebräuche zelebrierende Schönheit namens Marketa Lazarová. Doch der mit dem Kidnapping beauftragte Mikolás Kozlík, Sohn des all das anzettelnden Raubritters, verliebt sich in die Schöne. Zwei verfeindete Clans, eine zaghaft-spröde Liebe, das kennt man ja in ähnlicher Weise von Shakespeare.

                            Regisseur František Vláčil schickte seine Crew zum Filmdreh für zwei Jahre in den Böhmerwald und ließ sie dort unter widrigen Bedingungen fast wie Tiere leben, damit seine nur auf traditionell hergestellte Ausstattung und Kostüme sowie historische Sprache zurückgreifende Inszenierung, basierend auf dem gleichnamigen Roman des böhmisch-tschechischen Avantgardeschriftstellers Vladislav Vančura, auch möglichst echt wirken und nicht wie ein Kostümball zeitgenössischer Darsteller daherkommen würde. Herausgekommen ist ein großartiges, der breiten Masse noch nahezu unbekanntes Meisterwerk der Filmgeschichte, das den Zuschauer mit seiner betörend-düsteren Schönheit total in seinen Bann zieht und in einen wahren visuell-narrativen Rauschzustand versetzt. Dazu tragen natürlich die assoziativen, in akzentuiertem Schwarz-Weiß gehaltenen Bildkompositionen bei und die nicht immer auf absolute Geradlinigkeit Wert legende, Ellipsen schlagende Geschichte, deren Protagonisten von Instinkten getrieben und ruhelos durch ihr von Gewalt und Unsicherheit beherrschtes Zeitalter mäandern, als wollten sie sich mit Leib und Seele den eh schon brüchigen zivilisatorischen Gesetzen der in Dogmen erstarrten christlichen Welt entziehen.

                            Die zu großen Teilen ausschließlich aus Chorgesängen bestehende Filmmusik, die eindrücklichen Kameraaufnahmen und die mit vielen Tiergestalten (Rabe, Hirsch, Schlange und Schaf neben den schon erwähnten Wölfen) gespickte Natursymbolik bieten den passenden Rahmen für den Aufeinanderprall der Kontraste. Weißer Schnee trifft auf schwarz konturiertes Land, Christentum auf Paganismus, Mann auf Frau, Gewalt auf Liebe, Zivilisation auf Natur, Kriegstreiberei auf Friedfertigkeit und der geneigte Filmfreund erkennt inszenatorische Versatzstücke der Stile von Akira Kurosawa, Andrej Tarkowskij oder Ingmar Bergman. Zum Ende des 20. Jahrhunderts wählte ein erlesener Kreis tschechischer Filmkritiker diesen, mit seiner erhabenen poetischen Düsternis der Zeit des Mittelalters mehr als gerecht werdenden Streifen zum besten tschech(oslowak)ischen Film aller Zeiten. Wenn man noch nicht genügend Filme aus dem mitteleuropäischen Land gesehen hat, fällt einem das Abnicken dieser Auszeichnung relativ schwer, doch das Anrecht auf diesen Titel untermauert dieses meisterliche Stück Weltkino mit seiner Wirkung auf den Betrachter allemal.

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                            • Die Auswahlliste beinhaltet ganze 11, ich wiederhole, ganze 11 Filme, die NICHT aus dem Jahr 2012 stammen (bei den schlechtesten Filmen sind es übrigens 6)!

                              Ja, ich habe den Text aufmerksam gelesen und mir ist daher auch bewusst, dass dafür der deutsche Kinostart als Kriterium herangezogen wurde, was nichts an dieser Tatsache ändert und was ich – wie schon mehrmals bei anderen Zusammenstellungen erwähnt – für komplett falsch halte. Das Voting macht somit absolut keinen Sinn! Außerdem kann weder ich noch irgendjemand anderes zu diesem frühen Zeitpunkt, wo das Jahr 2012 noch nicht einmal herum ist, mit Sicherheit sagen, welcher Film denn in diesem Jahr der beste war bzw. zu den besten gehört, denn alles, was außerhalb der Phalanx Großbritannien-USA, sprich der englischsprachigen Filmhemisphere, an Kinoperlen herausgebracht wurde (Frankreich, Spanien, Italien, Skandinavien, Osteuropa, Lateinamerika, Kanada, Australien, Asien, um das mal grob stichpunktartig zu umreißen), brauch ja bekannterweise eine ganze Weile, bis es sich anschickt, auf dem Radar einer breiteren Film schauenden Masse hier in Deutschland aufzutauchen (wenn überhaupt). Ganz zu schweigen von all den englischsprachigen Hits des Jahres 2012, die mal wieder erst nächstes Jahr in den deutschen Kinos starten …

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                              • Warum wird in dem Artikel nicht der fachlich wichtige Umstand erwähnt, dass das nur ein Remake des norwegischen Films "Todesschlaf" aus dem Jahr 1997 ist, um klarzustellen, dass nicht nur eine englischsprachige Filmhemisphäre existiert, Hollywood nicht alles ist und oft auch seine Ideen aus dem Weltfilm klaut?

                                • Obwohl ich bei Frage 11 ganz brav überall meine Häkchen gemacht habe, lässt die Umfrage mich einfach nicht weiter und verlangt immer wieder eine Antwort für diese Frage. Wird man da nur weitergelassen, wenn der Häkchendurchschnitt positiv genug ausfällt, oder was?

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                                  • 8

                                    Der Cast wirkt ethnisch einheitlich und authentisch, die Sprache ist nicht mehr gebrochenes Englisch, sondern Mongolisch und Mandarin, der erfahrene japanische Darsteller Tadanobu Asano gibt dem berühmten Herrscher aller Mongolen ein charismatisches Antlitz und die Bilder innerasiatischer Berg- und Steppenlandschaften sind atemberaubender denn je. Sergej Bodrow hat es verstanden, bei seinem zweiten kasachischen Epos die gravierenden Fehler, die er noch bei „Nomad – Fürst der Steppe“ machte, auszumerzen, und holte sich mit diesem gut inszenierten, wenn auch die Hauptfigur etwas zu positiv verklärenden Blick auf einen fremden historischen Kulturkreis sicherlich nicht unverdient seine zweite Oscarnominierung.

                                    In Anbetracht der Bedeutung der historischen Persönlichkeit, die hier im Mittelpunkt steht und der Tragweite ihrer Taten für die Weltgeschichte mag dem ein oder anderen dieses eher zurückhaltend in Szene gesetzte Historienepos, das sich mehr um das charakterliche Heranreifen und den Aufstieg des Hauptprotagonisten, die Beziehung zu seiner Angetrauten und zu seinem „Bruder“ kümmert, als um große Schlachten, etwas zu wenig Action beinhalten. Doch sollte dieser Film auch nur der Auftakt zu einer Trilogie werden, die es mittlerweile wohl so niemals geben wird. Man kann bei der guten Qualität nur erahnen, was da noch gekommen wäre. Schade!

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                                    • Es ist ein verdammter Jaguar zum (nicht)knutschen man! ;D

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                                      • Definitiv einer der besten Film noir! Düster, mit zwielichtigen Charakteren, Dialogen auf den Punkt, gut gefilmt und mit klasse Ende ... Unbedingt sehenswert!

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                                          Ein ausgemergelter, sehniger Arm, bei dem die blutverkrusteten Einstichstellen in der Armbeuge noch vom letzten Heroinhappening berichten, dessen fahlweiße Haut nach Rauch, Alkoholausdünstung und Erbrochenem stinkt und dessen stümperhaft arrangierte Tattoos von einem wahren Kriminalfall als Vorlage für die mehr als beklemmende Geschichte künden, schickt sich an, dir mit aller Kraft seine zur Faust geballten, knöchrigen Finger, in denen sich die gesamte homophobe, bildungsferne Verrohung der untersten gesellschaftlichen Randschichten samt reaktionär-sozialdarwinistischer Ausbrüche im engsten Milieukreis sammelt, mit voller Wucht in die Magengegend zu rammen, auf dass die Stunden nach Sichtung des Films definitiv fern jeglichen Frohsinns liegen und die verstörende Prämisse mit Volldampf ihre beklemmende Wirkung entfaltet.

                                          Ein mit der passenden Bildführung und einem hypnotisch-monotonen, die Kälte des Geschehens unterstreichenden Score aufwartendes, grandioses australisches Langfilmdebüt, das einem auf bedrückende Weise ein voller Hoffnungslosigkeit dahinsiechendes und zur Radikalisierung führendes Sozialumfeld vor Augen führt, das man zu gerne verdrängt, in dem der sogenannte Abschaum anderen wiederum von ihm sogenannten Abschaum für bedeutungslos erklärt und sich aufmacht, diesen zu beseitigen, um die eigenen Dämonen zu (ver)jagen und selbst der eigenen Bedeutungslosigkeit wenigstens ein bisschen Bedeutung zu geben. Eine Depri-Bombe. Autsch!

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                                          • Ein nichtwestlicher Vertreter, der der Listendefinition mehr als entspricht, fehlt hier aber noch ...

                                            Indien, Anfang des 20. Jahrhunderts
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                                            Natürlich darf bei so einer Liste nicht „Devdas“ fehlen, ebenfalls auf einem Roman basierend, geschrieben vom bengalischen Autor Saratchandra Chatterjee und von 1926 bis heute bereits 16 Mal verfilmt. Eine Heirat zwischen dem reichen Devdas und dem Nachbarsmädchen Paro, die er seit Kindertagen liebt, hat keine Chance, da diesem Vorhaben althergebrachtes Kastendenken im Wege steht und seine intriganten Eltern die unstandesgemäße Verbindung zu verhindern wissen. Verbittert sucht er Trost im Alkohol und bei der Prostituierten Chandramukhi. Mehr Scheitern einer großen Liebe geht fast nicht!

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                                            • 8

                                              Nachdem „[REC]“-Regisseur Jaume Balagueró zum Glück die Finger davon lies, weiter bei der kommerziellen Ausschlachtung seines Found-Footage-Krachers mitzumachen, legt er hiermit den nächsten genialen Streifen vor, der aber doch so anders im Vergleich ist. Diesmal nicht auf den vordergründigen Schockeffekt angelegt, ganz subtil und mit viel Suspense nähert er sich einer kranken, menschenverachtenden Seele, die sich hinter der Fassade eines zu jedem und allem höflichen Portiers versteckt, und meistert die Mischung aus Psychothriller, Horror und Drama mit Bravour. Luis Tosar zeigt ein weiteres Mal, dass er neben Javier Bardem Spaniens großer zeitgenössischer Charakterdarsteller ist. Und dieses rundum gelungene Stück Genrekino ist ein weiterer Beweis dafür, dass die verdammt lebendige spanische Filmindustrie sich über Vielfalt nicht beklagen muss.

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                                              • Keine Ahnung, ob Michael Hanekes „Liebe“ ein guter Film geworden ist, da noch nicht gesehen. Die Lobpreisungen allerorten lassen es aber vermuten. Nur an seinen öffentlichen Auftritten muss der Mann noch arbeiten. Wer die Verleihung des Europäischen Filmpreises live verfolgt hat, weiß, dass er bei der Entgegennahme des Regiepreises einen oberpeinlichen Auftritt mit einer Dolmetscherin hingelegt hat, die er dann auch noch auf der Bühne düpierte, was nicht nötig gewesen wäre, da der Mann sich auch sehr gut in Englisch oder Französisch ausdrücken kann.

                                                Dass zumindest die Preise für Schnitt und Kamera bei „Shame“ gelandet sind, geht definitiv in Ordnung, denn ihre Umsetzung ist in diesem Film erstklassig. Gespannt kann man wohl auf den Drehbuchpreisgewinner „Die Jagd“ sein, in dem Mads Mikkelsen in der Hauptrolle wieder alles zu geben scheint.

                                                Eine Gesamtübersicht der Nominierten und Preisträger wäre ja nicht schlecht gewesen, aber dem kann im Rahmen der Möglichkeiten Abhilfe geschaffen werden. Wer also noch eine komplette Übersicht über die European Film Awards von 1988 bis heute braucht, ist bei folgenden Listen richtig. ;)

                                                http://www.moviepilot.de/liste/alle-fur-den-european-film-award-nominierten-filme-der-2010er-jahre-balticinemaniac

                                                http://www.moviepilot.de/liste/alle-fur-den-european-film-award-nominierten-filme-der-2000er-jahre-balticinemaniac

                                                http://www.moviepilot.de/liste/alle-fur-den-european-film-award-nominierten-filme-der-1990er-jahre-balticinemaniac

                                                http://www.moviepilot.de/liste/alle-fur-den-european-film-award-nominierten-filme-der-1980er-jahre-balticinemaniac

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                                                  Nach bereits drei Verfilmungen, von denen „Herrscher ohne Krone“ mit O. W. Fischer und Horst Buchholz aus dem Jahr 1956 wohl die bekannteste sein dürfte, ist dies nun die vierte, die sich der auf Tatsachen beruhenden Begebenheiten am dänischen Königshof zum Ende des 18. Jahrhunderts annimmt. Das auf der diesjährigen Berlinale mit zwei Silbernen Bären ausgezeichnete Historiendrama schwelgt in erlesenen Bildern, prächtigen Kostümen und Szenenbildern, unterlegt mit der schönen Musik von Gabriel Yared, bleibt aber mit seiner recht konventionellen Inszenierung etwas hinter den Erwartungen zurück und kratzt nur an der Oberfläche, was vielleicht auch daran liegt, dass es Liebesdrama, Charakterporträt und Politthriller in einem sein will und damit wohl etwas zu viel Stoff für einen Film geschultert hat.

                                                  Mads Mikkelsen als deutscher, der Aufklärung anhängender Armenarzt aus Hamburg Altona, der sich in die freidenkerische Königin verliebt und die Gunst des geistig etwas indisponierten dänischen Königs gewinnt, um mit den Gedanken von Rousseau und Voltaire im Gepäck schließlich die Staatsgeschäfte fast komplett an sich zu reißen und für kurze Zeit frischen Zukunftswind in das feudalistische Dänemark zu bringen, spielt seine Rolle gekonnt und mit stoischer Routine, ist aber nicht wirklich herausragend und weiß nur zum Schluss zu berühren. Die Schau stehlen ihm der Kinofilmdebütant Mikkel Boe Følsgaard als genial-schräger Psychokönig und die anmutige Alicia Vikander als Königin. Regisseur Nikolaj Arcel, dem man nach seinem spannenden Politverschwörungsstück „Königspatience – Intrige im Parlament“ etwas mehr tiefer greifenden Biss zugetraut hätte, liefert mit diesem Film trotz allem aber ein sehenswertes Stück dänisches Ausstattungskino in bester britischer Tradition ab.

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                                                  • Neben der auch visuell reizvollen Erscheinung von Ludivine Sagnier ist heute noch ZDFkultur ganz groß! Meine persönlichen Tipps ...

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                                                    ▪ "Walkabout“ (Großbritannien 1971) // ZDFkultur, 20.15 + 23.50 Uhr – Von verstörend bis hin zu poetisch schön, angereichert mit assoziativen Schnittkaskaden, die sich gewaschen haben, erzählt Nicolas Roegs Film vom Aufeinanderprall von Mensch und Natur im australischen Outback, vom Abschied von Jugend und Unschuld, vom symbolischen Weg ins Erwachsensein. Grandiose Bilder, hypnotische Musik und eine mutige Jenny Agutter in ihrer ersten Rolle. Für jeden Freund von Tarkowskij und Ähnlichem ist dieses kaum bekannte Filmkunst-Meisterwerk Pflicht! 10/10

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                                                    ▪ „Smoke Signals“ (USA 1998) // ZDFkultur, 21.50 + 01.25 Uhr – Einer der wichtigsten in der Jetztzeit spielenden Filme über die nordamerikanischen Ureinwohner, als erster Film überhaupt ausschließlich von Indianern gemacht und produziert, der mit ganz viel, kaum in einem anderen Streifen gezeigten Indianerhumor die tragikomische Geschichte vom Suchen und Finden der eigenen (Familien-)Identität erzählt, in einer Welt, die einst ihnen gehörte und in der sie nun eine Minderheit sind. 8.5/10

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