Big_Kahuna - Kommentare

Alle Kommentare von Big_Kahuna

  • 7 .5
    Big_Kahuna 14.12.2015, 10:58 Geändert 14.12.2015, 13:55
    über Capote

    >Spoiler enthalten<
    Das ist ein Wichtelkommentar im Rahmen der Wichtelaktion für den tollen..
    -„Ach halt doch die Fresse!“
    „Was, wie bitte?“
    -„Ich hab gesagt du sollst verdammt nochmal die Fresse halten!“
    „Ja, aber wieso?“
    -„Weil du ein Dummschwätzer bist, ganz einfach!“
    „Ey, ich will hier einen Kommentar schreiben über einen Film, für einen Freund..!“
    -„Kommentar für einen Freund.. bla bla bla.. Kennt ihr euch überhaupt? Ich glaube nicht.. Du sitzt hier vor deinem scheiß PC und drückst irgendwelche sinnentleerten Tasten auf einem digitalen Schreibgerät für jemanden, den du gar nicht kennst, für ein paar Likes und die Anerkennung von Menschen, die du ebenfalls nicht kennst, nur damit du danach sagen kannst, etwas mit deiner Geisteskraft geschrieben zu haben und zu guter Letzt damit du dich etwas besser fühlst…“
    –„Aber, ..“
    „Nein, unterbrich mich jetzt nicht.. Und dann versuchst du mir noch zu erzählen, dass das alles Sinn macht, weil du damit etwas Gutes schaffst, so gerade um die Weihnachtszeit herum, wo sich alle lieb haben sollten und man solche solidarischen Dinge gern tun sollte..
    An anderen Tagen ist das dann scheißegal oder wie? Meine Güte.. Steck deine Kraft in die Wissenschaft oder eine andere Leidenschaft.. Wobei, das eine muss das andere nicht ausschließen. Mach jedenfalls etwas, was wirklich jemandem hilft, du gestörter Vollidiot..“
    „Ja, aber ich helfe doch Leuten mit meinem Kommentar.. Die wissen danach dann, wie der Film ungefähr ist und was sie erwartet, unter Umständen entscheiden sie sich dann für einen anderen oder wissen dann, ob sie das was sie da sehen wollen auch interessiert..“
    -„Ich sags jetzt noch ein mal, du willst also Leuten helfen die du gar nicht kennst, weil du diesen Unbekannten, die nebenbei, ohne das du es weißt, hauptberuflich Tierbabys töten könnten, sagst, wie ein Film ungefähr gewesen ist, so ganz subjektiv, aus deinen geistig überforderten Augen.. Junge bist du kaputt. Du bist so kaputt, dass wenn es um Autos ginge man von wirtschaftlichem Totalschaden sprechen würde. Du bist so kaputt, das selbst die Trümmerfrauen des 2. Weltkriegs bei einem Wrack wie dir den Kopf schütteln und zu einer anderen Ruine gehen würden..“
    „Öhähmm, ich darf ja wohl bitten! So hat noch nie jemand mit mir gesprochen..“ –„Ja, weil die anderen alles Heuchler sind, hier ist mal jemand der dir deinen Scheißhaufen Namens Leben um die Ohren haut. Was denkst du dir auch? Du und jemandem helfen.. Das ich nicht lache.. Du kannst ja nicht mal dir selbst helfen.. Stehst da halb weinerlich in der Ecke..“
    „Gut, jetzt reichts, schreib du doch den verdammten Kommentar, wenn du immer alles besser weißt.. Ich hab die Schnauze voll, da will man ein mal etwas Gutes tun und dann kommst du hier wieder um die Ecke und tyrannisierst mich.. Hier, hast du die scheiß Tastatur und die verdammte Maus, kümmer du dich doch um all die Jungs, Mädels, Zwitter, Transen und alle möglichen anderen Geschlechter, ich will ja niemandem..“
    –„Ja ja, ist gut, gib den Scheiß schon her und verzieh dich endlich, deine weichgespülte Meinung interessiert eh niemanden..
    Soo, ähhh, wo war der hier eigentlich, was wollte er denn schreiben.. Capote.. 2005, 114min.. Truman.. Tatsachenroman.. Biopic.. Ach ja, ich erinnere mich. Das ist doch dieser Film über diesen Truman Capote, der 2 Gewaltverbrecher für sein neues Buch und gleichzeitig auch neues Genre, den Tatsachenroman, ein Roman, dessen Grundlage ein wahres Geschehnis bildet, befragt. Der war doch danach völlig fertig und hat sich totgetrunken. Oh Mann, stimmt, der war mindestens genauso kaputt wie mein Freund hier..
    „Ey, ich bin nicht dein Freund!“
    –„Ja ja, schon gut.. Jedenfalls ein beknackter Streifen, bei dem ein schwuler Schriftsteller, der für seine überbordende Intelligenz und seine tolle Stimme *haha* immer und überall hart gefeiert wurde, außer vielleicht von der Polizei, ein Buch schreiben möchte.."
    „Das stimmt doch gar nicht.. Truman war so anerkannt, weil er schon Frühstück bei Tiffany geschrieben hat und auch sonst immer für einen gut aufgelegten Scherz an Ort und Stelle war.. Als emotionaler Mensch, hat er einem auch immer ins Gesicht gesagt, was er dachte, aber ohne dabei bösartig persönlich zu werden. Eigentlich war er also ein guter Typ..
    –„Guter Typ, das ich nicht lache. Er hat diese 2 Männer nach Strich und Faden hintergangen, um dann weinerlich so zu tun, als würde ihm ihr Schicksal etwas bedeuten.. Karten auf den Tisch, eine hinterlistige Ratte ist das gewesen, sag ich dir!“
    „Es ist ihm halt über den Kopf gewachsen, sein Standing, das er bewahren musste. Dieses Buch über 2 Schwerverbrecher, das ein Meilenstein der Literaturgeschichte werden sollte und auch wurde. Er hat sich da so hineingesteigert, auch im Zwiegespräch mit den Tätern, das er sich zugegebenermaßen erschlichen hat und so geriet er immer weiter in diesen Strudel der Taten, die er versuchte so genau wie möglich abzubilden und dadurch ein Buch zu schaffen, dass die Mauern der „normalen“ Literatur einreißen sollte. Und dadurch fühlte er sich eben zu diesem Perry verbunden, was ihn nachhaltig so beschäftigt hat, dass ihn das nie wieder losließ. Er war ein sensibler Mensch“
    –„Ohhhh, ein Sensibelchen, wie niedlich.. sich erst das Vertrauen von Schwerverbrechern ergaunern und dann auch noch rumheulen, wenn sie sterben.. Das sind mir die richtigen..“
    „Ja, der Film wirft eben die Frage auf, ob man so etwas darf. Schwerverbrecher, die eh schon zum Tode durch den Strick verurteilt wurden, hinters Licht zu führen, für ein bahnbrechendes Buch.“
    -„Für Geld und Ruhm du Hirni..“
    „Ach Quatsch, er war Teil der Sache und es ging ihm darum die Welt aufzuklären..“
    -„Ich sag ja, du bist n träumerischer Vollidiot..“
    „Na ja, hoffentlich gehst du wenigstens bei der Ansicht mit, dass Philip Seymour Hoffman so brillant gespielt hat, dass es einem Angst macht. Er WAR quasi Truman Capote. Ein wirklich einzigartiger Schauspieler und ein toller Mensch, der leider Opfer des Systems und seiner eigene Brillanz wurde.. Wie sagt man so schön "Genie und Wahnsinn liegen nah beieinander" “
    -„An diesem Fazit führt kein Weg vorbei, nicht umsonst hat er den Oscar als bester Hauptdarsteller dafür eingeheimst, jedenfalls irgendwie Ironie des Schicksals, dass er selbst so ähnlich starb wie Capote, das wird aber auch das einzige bleiben, wo ich dir Intelligenzbolzen zustimme.“
    „Ach komm, die Inszenierung ist quasi das filmische Pendant zum Tatsachenroman, als wäre man wahrhaftig und leibhaft bei Trumans Investigation dabei gewesen, so erschütternd einem dann im letzten Drittel die Taten, das Schicksal der Verbrecher und Trumans eigener Niedergang dargelegt wird. Das war ganz großes Kino!“
    -„Für mich wars stinklangweiliger, spannungsarmer Biopic-Kram der ganz üblen Sorte, mit einem bockstarken Schauspieler in der Hauptrolle. Nicht mehr und nicht weniger, dass so Pseudoarthousefans wie du das abfeiern, zeigt mir eigentlich wie verblendet du Spinner eigentlich bist. Am Ende reißen einen dann kurz die blutigen Gewehrschüsse der Täter aus dem vorangegangenen Tiefschlaf, danach bin ich dann aber sofort wieder eingeratzt. Die weinerliche Piepsstimme von Capote war da wie ein Schlaflied für mich. Langweiliger Scheißfilm, ganz einfach!“
    „Du hast ja auch keine Ahnung von Filmen und hältst Crank für einen guten Actionstreifen“.
    -„Crank ist ja auch stark, rasant inszeniert, mit einer hanebüchenen aber interessanten Story und einem gut aufgelegten, pragmatischen Jason Statham in seiner Mitte. Da passiert wenigstens was, nicht so wie hier bei diesem einschläfernden biographischen Quatschfilm.. Was der da aus seinem Buch verlesen hat, war pseudointelligenter, schwülstiger „ich mach auf Literatur-Professor“-Scheiß, das kann doch keiner lesen..“
    „Siehst du und hättest du meinen Kommentar gelesen, den ich hier eigentlich schreiben wollte, dann hättest du den Streifen erst gar nicht erst gesehen und würdest auch nicht so über ihn herziehen du griesgrämiger Sack..“
    -„Ohh, griesgrämiger Sack, der Aal kann doch zubeißen. Ich geh jetzt jedenfalls, die Diskussion mit dir hier bringt mir nichts, da hat ein Gespräch mit einer grün schimmernden Scheißhausfliege, die mich beim Zeitung lesen auf Klo massiv abstresst mehr Wert, als das hier.. Vergiss nicht deinem „Freund“ auf Movepilot zu danken, dass er so cool ist und dir diesen Schrottfilm empfohlen hat. Das bringt bestimmt befriedigende Likes und massive Anerkennung oder sowas. Tschüss du Heulsuse“
    „Oh Mann, endlich ist dieser Stümper weg, hat aber dafür gesorgt, dass ich nicht mal mehr meinem geschätzten User Friedsas hier danken kann, ohne das ich mir dumm dabei vorkomme..Toll.. Naja egal, jedenfalls danke Friedsas, für die Aktion und die Filmempfehlung und alles weitere. Wir lesen uns sicher und schaut mal auf seinem Profil rum, da dürfte auch bald ein Kommentar zu einer Filmempfehlung von mir erscheinen."
    -„Haha, Filmempfehlung von dir, das ich nicht lache.." schallt es immer leiser werdend aus dem Hintergrund, bis sich mit einem lauten Knall die Tür schließt.

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    • 9
      Big_Kahuna 07.12.2015, 12:18 Geändert 07.12.2015, 17:06

      So, da muss jemand wohl mal eine Lanze brechen, für dieses gigantische WTF-Werk.
      Es gibt sie doch noch, die Streifen im Horror/-thrillergenre, die einem mit gezückter Schrotflinte die Birne wegschießen und für sich immer weiter öffnende Münder beim Zuschauer sorgen, bis am Ende irgendwie der Kiefer überdehnt ist und sich die Haut angefangen beim Mund komplett einmal über den Körper gestülpt hat, bis man schließlich epileptisch auf der Couch rum zuckt.
      Was zu Beginn irgendwie noch anmutet wie ein nichtsnutziger Open Water Verschnitt, bei dem man schon ahnt, dass unser Schönling Liam Hemsworth wie Poseidon auf einmal die Weltmeere beherrscht und mit ein paar Muskelanspannungen auf dramatische Weise den Segelturn vor Riesenkraken und fliegenden Superhaien bewahrt und die Meute bei durchnässt-zerrissenem T-Shirt und seiner einfühlsamen Art unbeschadet an Land manövriert, lockt einen komplett auf die falsche Fährte, denn hier ist so ziemlich alles anders, was anders sein könnte.
      Ja, Liam Hemsworth bekommt gefühlt nicht mal mehr Screentime als Mike Tyson in Hangover und das ist auch gut so.
      Denn Melissa George sprichwörtlich das Ruder in die Hand zu geben, war eine ziemlich gute Entscheidung.
      Ohne Notfallanker werden unbemerkt sofort ab Anfang die Leinen der Metaness losgelassen und die Yacht sticht in die von der Sonne zart gestreichelte See.
      Doch auf einmal scheint sich alles zu verändern: ähnlich wie bei Robert Redfords starkem ALL IS LOST zieht ein Unwetter auf, nur diesmal muss nicht er ums Überleben kämpfen, sondern die 6-köpfige Besatzung.
      Was sich dann Schritt für Schritt immer weiter entkleidet, ist ein LOST HIGHWAY/COHERENCE-Mix, der ohne mit der Wimper zu zucken das Schrotgewehr anlegt und den Zuschauer in die Couch presst, dabei dann aber zusätzlich noch die Grenzen des Realismus sprengt.
      Und wo am Anfang noch die eigenartig verstörte Jess (Melissa George) für fragende Runzelfalten auf meiner Stirn gesorgt hat, sind jetzt Death-Valley-ähnliche Furchen zu bestaunen. Wie jetzt? Was zum Henker?!!
      Nicht nur, dass einen die über weite Teile zerreißende Spannung nicht aus diesem mystischen Universum in Triangle hinauslässt, auch die Story fordert den Zuschauer zusehends, aber mehr davon jetzt im Spoilerbereich.
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      Wer sich den Sehspaß nicht versauen möchte, der sollte jetzt nicht mehr weiterlesen.
      SPOILERBEREICH:
      Das die Weltmeere nicht nur in der griechischen Mythologie eine wesentliche Rolle spielen, dürfte klar sein. Warum das so ist, lässt sich allein schon mit gesundem Menschenverstand festhalten:
      Bis zum heutigen Tag sind immer noch 95% der Weltmeere unerforscht und es gibt Unmengen ominöse Youtube-Tiefsee-Videos, bei denen man von irgendwelchen ungestümen Riesentieren die Rückenflosse sehen kann.
      Sprich: die See hatte schon immer ihre eigenartige, gefährliche Faszination, da man sie nie komplett erforschen konnte und das sicherlich auch noch eine Weile dauern wird. Zusätzlich dazu ranken sich unzählige Sehfahrer- und Phatnasiegeschichten um das Blau unseres Planeten (Bermudadreieck, Loch Ness, ..).
      Schon zu Beginn des Films, als Jess, um die es hier eigentlich insgesamt geht, davon träumt, dass sie an einem Strand aufwacht, kann man ahnen, dass es sich bei dieser Sequenz um das Ende des Films handeln könnte.
      Doch das ist weit gefehlt, denn der Film hat gar kein richtiges Ende und stürzt immer wieder in sich zusammen, um sich erneut aufzubäumen, ähnlich wie Sisyphos seinen Felsbrocken immer wieder den Berg hinaufrollen muss, bis er fast oben angekommen, wieder hinabstürzt.
      So ist Jess auch nicht so angezogen, als wäre sie für einen Bootstrip zu haben, sondern sieht mit ihrer Strickjacke eher so aus, als würde sie sich gleich zu Hause mit ihrem Sohn vor den Fernseher lümmeln. Sie wirkt entrückt und in ihrer psychischen Verfassung unpassend in diesem Szenario, was ihre Freunde selbstverständlich auch so vernehmen.
      Als die 6 Jungs und Mädels jedenfalls auf der Yacht so durch die unendlichen Weiten des Meeres segeln, zieht nach unnatürlicher Ruhe ein brausendes Unwetter auf und fegt das erste Menschenleben davon.
      Kaum weiter thematisiert ist Heather einfach tot/verschwunden und kehrt nicht wieder (warum sie da war, weiß man nicht, ich ordne sie einer für den Zuschauer gelegten falschen Fährte unter -> sie hätte wenig später die Maskierte sein können).
      Der Rest überlebt und gelangt auf ein verlassenes Kreuzfahrtschiff. Hier gibt es erste Hinweise auf eine Dauerschleife. Victor bzw. Jess findet ihren eigenen Schlüssel, den sie gar nicht dabei gehabt hat.
      Im Schiff stoßen 3 der Freunde auf ein altes Bild, das als Beschreibung für das rettende Bewegungsmittel dient, auf dem sie gerade unterwegs sind.
      Das ist die Schlüsselszene des Films und weist deutlich auf den mythologischen Hintergrund hin. Das Schiff itself ist dabei selbst nach dem Vater von Sisyphos Aiolos (Aeolos) benannt und es wird deutlich gesagt, dass Sisyphos jemand sei, der den Tod ausgetrickst hat.
      Jeder der die Sisyphos-Geschichte nicht kennt, sollte an der Stelle vielleicht nochmal nachlesen.
      Was dann passiert ist schlichtweg bahnbrechend inszeniert und einfach genial: während Melissa George die innere Zerrissenheit ihrer Figur immer weiter brillant dargestellt offenlegt, wird das erste mal der Suspense-Panzer gesprengt und die Schrotflinte kommt zum Einsatz.
      Eine Verfolgungsjagd mit dem Gewehr im Nacken, durch die rot beleuchteten, dunklen und schmalen Gänge des alten, verlassenen Schiffs, technisch wirklich vorzüglich eingefangen von Christopher Smith, geht von statten.
      Bis hier hin kann der Zuschauer nur ahnen, dass Jäger und Gejagte ein und die selbe Person sind oder irgendwie doch nicht?
      Jess begegnet ihrem eigenen Ich, das ihr sagt, sie solle alle auf dem Schiff umbringen, um dieser Dauerschleife zu entgehen.
      Doch ob das tatsächlich möglich ist? Ab dem Punkt verfolgen wir die Zeitebene der wahrhaftigen Jess und wie sie selbst in die Täterrolle gerät und sie selbst in dieser Schleife agiert, die immer wieder durch ihre eigenen Taten beeinflusst wird und immer und immer weiter fortläuft, wie ein perpetuum mobile.
      Der Schlüssel ist alle zu töten (auch sich selbst), damit sie von diesem Schiff und aus dieser Endloswiederholung herauskommt.
      Ob das passiert werden wir nie erfahren, schließlich bringt sie es nicht übers Herz ihr eigenes Ich kaltblütig zu ermorden und ihren eigenen Sohn damit allein zu lassen und wird von sich selbst vom Schiff geschmissen (ähnlich wie Sisyphos wieder vom Berg hinabfällt), wie in ihrem eigenen Traum auf der Yacht, bis sie sich schließlich am Strand wiederfindet. Ab sofort befinden wir uns dann in der Vergangenheit, kurz vor dem Tod von ihr selbst und ihres Sohnes bei einem Verkehrsunfall.
      Kurz bevor dieser Unfall passiert, gibt es mit der toten Möwe, die sie neben der Straße an der selben Stelle schon zig mal weggeworfen hat, ein weiteren Hinweis dafür, dass sie das alles schon diverse Male erlebt/durchgespielt hat. Sie und ihr Sohn kommen dann bei besagtem Autounfall um, doch ein weiteres Ich von ihr (wahrscheinlich Geist) steht neben dem Unfall und wird von einem mysteriösen Taxifahrer gefragt, ob er ihr behilflich sein kann (der Taxifahrer stellt dabei ähnlich wie der Mystery Man in Lost Highway als teufelsähnliche Gestalt, eine Schlüsselfigur dar).
      Nur das es sich hierbei nicht um Mephisto, sondern um Charon, den Fährmann handelt, der Jess – ähnlich wie Sisyophos - in die Unterwelt bringen soll, da sie gestorben ist. Doch Sisyphos hatte, wie auf dem Schiff ebenfalls gesagt wurde, den Tod überlistet und genauso überlistet Jess hier den Tod, indem sie auf die Yacht geht, da sie ihren Sohn retten möchte.
      Man könnte das ganze auch als durch den Tod ihres Sohnes ausgelöste massive psychische Störung sehen, quasi eine Dauerschleife in ihrem Gehirn. Beides funktioniert, doch ich sehe ganz klar die unverkennbare mythologische Story dahinter. Jess ist also so etwas wie ein Neuzeit-Sisyphos, der versucht dem Tod zu entfliehen, sich dabei aber längst in einer Todesspirale befindet und immer wieder unaufhörlich den Felsbrocken den Berg hinaufrollt und damit eine unerträgliche Strafe absitzt.
      TRIANGLE ist also so etwas wie eine moderne Version des Sisyphos.
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      Man muss es einfach so sagen: TRIANGLE ist absolut underrated und ein vorzüglich inszenierter Horrorthriller, der dem Zuschauer ein fettes Geisterschiff voller Metaness vor den Bug knallt und das ist doch genau das, was das Horrorgenre seit Jahren schmerzlich vermissen lässt.
      Also: was wollt ihr noch?
      Selbst wenn man sich einfach so treiben lässt, gibt’s immer noch ein ganzes Fass voller Spannung, aus dem man hier schöpfen kann.
      Und ganz nebenbei liefert Melissa George hier als mehrere Versionen ihrer Figur, die sich aber alle voneinander unterscheiden lassen, eine schauspielerische Paradeleistung ab und das muss eine Schauspielerin in dieser Form erst mal hinbekommen.
      Ganz großes Kino.
      Triangle ist also letztlich ein Film, dem viel zu wenig Beachtung geschenkt wird und der auch an mir beinahe gnadenlos vorbeigegangen wäre (danke Crimson, ich wünsche mir im selben Atemzug Coherence von dir!) und bei dem ich mit diesem Kommentar hier mal so ein bisschen die Werbetrommel rühren möchte.
      Bockstarkes Teil, bei dem Mehrsichtungen vorprogrammiert sind!

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      • Jawoll, eine weitere Staffel einer der beliebtesten Fernsehformate auf meinem persönlichen Lieblingssender. Ich bin ein Star holt mich hier raus: die geballte Faust gefüllt mit Känguru-Scheiße wuchtig ins erschrockene Gesicht des filmischen Anspruchs geschlagen.
        Ein Format wie gemacht für den Höhlenmenschen, der erregt von den Peinlichkeiten der C-Prominenz, von der man zuvor im Leben noch nie etwas gehört hat, vor der Glotze eher UGA UGA von sich gibt, als mit einem Glas Chianti über die wichtigen Dinge im Leben zu sprechen. Unterlegt mit gescripteten Tiefschlagwitzen, darf sich selbst der versiffte Hartz-4-Heckenpenner, dem Freitag 19 Uhr vor Netto der 4€-Korn die Kehle hinabperlt, besser fühlen, als diese armen Teufel, die hier Straußhoden verspeisen und vor laufender Kamera beim Kotzen gefilmt werden.
        Ach ist das schön, dafür sind wir doch brave Arbeiter, damit wir nach einem harten 12h-Arbeitstag auf der Baustelle uns am Leid anderer Menschen ergötzen können. Ganz nebenbei darf man dann sehen, wie Menschen für ein paar Tausend Euro und ein wenig zwielichtiger Publicity all ihre Prinzipien, Hüllen und Würde fallen lassen, während der Sendung aber dauerhaft behaupten, sie machen nur mit, um an ihre physischen Grenzen zu gelangen. Yo, alles klar, dafür brauch man RTL, den Heilsbringer des deutschen Fernsehens.
        Wer hier noch einschaltet und dieses Projekt mit seiner Quote unterstützt, der darf sich gern schon mal einen Strick zurechtbinden und am Dachbalken befestigen.
        Zu rechtfertigen ist das jedenfalls nicht mehr.

        12
        • "Momentan kümmert sich auf Anweisung des Richters ein Ausschuss von Filmexperten und Psychologen darum, eine detaillierte Charakterisierung von Gollum/Smeagol zu liefern, auf deren Basis beurteilt werden soll, ob der Präsident diffamiert wurde oder nicht."

          Viel zu geil. Wo darf ich mich als Cineast für diesen Ausschuss bewerben?!
          Ich denke das könnte mein neuer Traumberuf werden. Juristischer Cineastenausschussmitarbeiter.

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          • Meine Fresse, wie mal wieder alle auf Teufel komm raus ein übergroßes Stück vom Kuchen abhaben wollen und Tupacs Legacy mit Füßen treten. John Singleton hat ja schon gesagt, dass er ein würdiges Biopic drehen wird und er ist definitiv auch am ehesten geeignet für den Job, nichtsdestotrotz bleibt dann immer noch die Frage nach einem passenden Darsteller und bei allem Respekt, der Junge aus Straight Outta Compton (Marcc Rose) hat zwar verblüffende Ähnlichkeit, aber nicht die Klasse gleich die Hauptrolle in einem derartigen Biopic zu übernehmen, das hat man in der kurzen Szene in Straight Outta Compton gesehen. Ob Benny Boom, der für mich komplett unbekannt ist, das Ruder jetzt herumreißen kann und bis Ende des Monats noch in Produktion geht, wage ich zu bezweifeln und optimistisch bin ich nicht, aber mal schauen. Sich mit der Mutter vor Gericht zu streiten stellt das Projekt aber so oder so unter keinen guten Stern und ich wünsch mir eigentlich, dass John Singleton irgendwie doch noch an die Rechte für den Streifen kommt und das Ganze selbst über die Bühne bringt.

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              Big_Kahuna 01.12.2015, 11:31 Geändert 01.12.2015, 11:46

              Jetzt beginnt wieder die Zeit der gekünstelten Liebe und der überbordenden Gefühle beim Glühen der goldenen Kreditkarte, wenn man wieder diverse Schmuckläden abklappert und sich dann bei Douglas so vorkommt, als sei man auf einem Mitarbeiter-Maskenball gelandet.
              Also, für die verschwägerte Großtante 3. Grades schnell den hinterletzten Gaultier-Duft (wenn du den Wortwitz erkannt hast, sei froh, die Werbewelt hat dir noch nicht vollständig den Kopf gewaschen) gegriffen und schnell wieder raus, bevor ich im Einkaufscenter noch den Baseballschläger raushole und augenblicklich das Fest der Liebe und all die im Weg herumstehenden Kaufverrückten 1m/h-Schlenderer zu Kleinholz verarbeite.
              Sie ist wieder da, die Zeit der aufrecht zu erhaltenen Harmonie des lieblichen Weihnachtsfestes. Die der überfüllten Shoppingmalls, der zu Saufgelagen umfunktionierten christlichen Feiertage, an denen wir so ganz ohne Urlaubstagverschwendung zu Hause bleiben dürf… ähhhh, nee dieses Jahr leider doch nicht… und der Tage an denen wir uns gefälligst alle lieb zu haben haben, egal ob in Kambodscha hunderte Babys verhungern oder der IS auf einmal bei Müller vor der Tür steht und die Maschinengewehre durchlädt.
              Obwohl.. Das wäre uns nicht egal, denn das würde uns ja betreffen und unsere weihnachtliche Glücksstimmung zerstören.
              Ich habe sie vermisst, die Tage, an denen man endlich wieder die Sparbücher plündern kann und mit offenen Armen die Geldscheine in andere Hände übergibt und versucht sich ein Stück erzwungenes Glück zu kaufen oder zumindest den Segen der Verwandtschaft, die im Kopf ihr Geschenk schon mal in Relation zu all den anderen Geschenken der anderen und Geschenken aus anderen Jahren und Geburtstagen und Ostern und goldenen Hochzeiten, Jugendweihen und dergleichen setzt, aber in jedem Fall ein wohliges Lächeln auf den Lippen hat, schließlich geht es doch um den guten Willen oder etwa nicht!?
              Jedenfalls, diese Zeit ist wieder da. Die Zeit, an der wir endlich wieder wie die Lemminge durch die Einkaufspassagen strömen und das Wirtschaftssystem ankurbeln. Dafür haben wir doch schließlich gearbeitet, das ganze Jahr, Tag um Tag. Jetzt dürfen wir uns endlich auch mal wieder selbst etwas gönnen und das nicht zu knapp. Neben gebrannten Mandeln, Schmalzkuchen, Champignonpfannen und 20 Glühwein, darfs gern auch ein neues iPhone, ein Tablet oder vielleicht sogar ein neuer Fernseher sein. Wir haben uns doch alle so gern und Winterspeck brauchen wir sowieso, schließlich ist es kalt draußen und Omas Strickpulli darf nicht unterm Baum liegen, auch wenn er mit einem breiten Grinsen und inniger Liebkosung trotzdem entgegengenommen wird.
              Hach, ist das eine schöne Zeit. Dietmar und seine Freunde, die sich Abends um 23Uhr nochmal im Innenhof treffen, um in ihren Unlce-Sam-Jogginganzügen die ein oder andere Zigarette zu genießen, waren jedenfalls schon in Polen und haben dies‘ Jahr statt 50 La Bomba Polenböllern sogar 100 und noch ein paar ungeprüfte Raketen und Kugelbomben dabei und stehen laut Absprache am 28. Um 4 Uhr früh schon vor Höffner, damit der Sohnemann als 1. In der Reihe endlich mal ein bisschen was zum Knallen hat. Die sind der Hit an Silvester, das sag ich euch.
              Ich mag diese Zeit, in der wir die Umrandung unsere Wohlfühlblase endlich wieder ein bisschen verstärken können und endlich wieder ein paar neue Luftschlösser bauen können, in den wir uns dann den Rest des Jahres mit locker leichtem Schmunzeln verstecken.
              Das macht Spaß, das ist toll, innerlich stimm ich bei gedämpftem Kerzenschein schon Jingle Bells an und kann vor dem 24. nicht mehr einschlafen, weil ich so aufgeregt bin, obs ein neues Auto oder doch eine PS4 geworden ist.
              Mit weniger geb ich mich gar nicht erst zufrieden, auch wenn ich es mir nach außen hin natürlich niemals anmerken lasse, ich alter Schauspieler.
              Hach, liebe ich dieses Fest, ganz anders als Chevy Chase.
              Der kann Weihnachten irgendwie gar nicht so richtig leiden.
              Egal, den Film guck ich mir trotzdem jedes Jahr an, da lach ich immer so viel und lachen soll ja gesund sein.
              Ich hab euch jedenfalls alle lieb, das wollte ich nur mal gesagt haben, auch wenn ich die meisten nicht kenne.
              Bis bald meine Lieben..

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              • Big_Kahuna 30.11.2015, 15:10 Geändert 30.11.2015, 15:14

                Unlösbare Aufgabe, denke ich.
                Norbert Gastell hat der Figur mit seiner liebenswerten Art zu spielen und seiner quitschig-markanten Stimme seinen ganz eigenen Touch verliehen und den deutschen Homer Simpson neben der Zeichenschmiede Groenings damit über Jahrzehnte zudem geformt, was er letztlich war: ein liebenswürdiger Loser mit dem größten Lachfaktor in der Serie.
                Der Umstand, dass Norbert bei der am längsten ausgestrahlten Serie in den USA fast von Anfang an mit dabei war, dürfte es dem Nachfolger mehr als schwer machen, überhaupt auch nur annähernd an diese Interpretation von Homer heranzukommen, die hier über 20 Jahre aufs Parkett gebracht wurde. Bin zwar auf dem Gebiet Synchronisation kein Experte, aber ich lehne mich glaube ich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass es unmachbar ist, auf das selbe Niveau zurückzufinden.
                BTW mein Lieblingscomiccharakter überhaupt.

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                  Big_Kahuna 30.11.2015, 12:05 Geändert 23.09.2016, 11:00

                  Französische Soap trifft auf 4-Dimensionalität.
                  Wie ein guter Wein reift Coherence über seine Laufzeit hinweg vom philosophisch leichten Plauderabend unter Freunden zum kopfverdrehenden Metawerk, bei dem man als Cineast glaubt den Protagonisten immer einen Schritt voraus zu sein. Dieser Low-Budget-Streifen kommt ganz ohne Special Effects, ohne große Sci-Fi-Schauplätze oder sonstigem Schnickschnack aus, viel mehr befinden wir uns mit den Jungs und Mädels fast die ganze Zeit über nur in einem Haus.
                  Das Teil hier ist einfach mal etwas anderes und für Freunde von Dingen die das Prädikat „ganz anders“ auch wirklich verdient haben, ist das hier ein Paradefilm.
                  Die eingeschläferten Sehgewohnheiten werden mit ohrenbetäubendem Lärm aus den Träumen gerissen.
                  Ungefähr beschreibbar als perfekt getarntes Sci-Fi-Liebesdramenchameleon, dass im Soap-Style ruhig und besonnen die Oberfläche eines Kometen bewandert, dürfte klar sein, dass uns vor allem eins entgegenspringen wird: Dialoge.
                  Und diese Dialoge werden von Figuren gesprochen, die diesmal wirklich fernab jedes Stereotypes aus dem wirklichen Leben entsprungen sein könnten.
                  Das fühlt sich über die erste halbe Stunde ganz stark nach französischer, authentischer und sehr offener RomCom an, schlägt dann mit seiner anfänglich starken Prise Realismus aber auf einmal ganz andere Töne an.
                  Augenblicklich sprengt der Streifen die Ketten der 3-Dimensionalität und ein dunkles, unheimliches Netz der Bedrohung stülpt sich über das Geschehen, um uns jeden Moment die Luft abzuschnüren.
                  Gruppendiskussionsgefechte entstehen, bei dem die Worte wie Pistolenschüsse durch den Raum fliegen und aggressive Brainstormings entstehen lässt, die auf wundersamen Pfaden walten, bei dem der Zuschauer den Figuren innerlich gern die ein oder andere demokratische Entscheidung auf diktatorische Weise abgenommen hätte. Doch wir müssen dabei zusehen, wie sich dieses Mysterium immer weiter vertieft und von den kosmischen Ungereimtheiten ummantelt, zu einem tragischen Finale der Selbstreflektion führt, bei dem man sich als Zuschauer wohl zwangsläufig die Frage stellt, wie man in diesen Situationen wohl selbst gehandelt hätte. Coherence ist eine Indieperle, die sich jeder Hobbyastronaut und Metaliebhaber mal einverleiben sollte und ein Suspense-Geheimtipp mit interessanter Story.
                  Ein Spiel der Wechselwirkung zwischen gebrochener Logik und unbefriedigten Sehnsüchten. Durchdachtes, starkes Kammerspiel mit unbekannten Darstellern!
                  Ansehen!

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                    Big_Kahuna 25.11.2015, 11:32 Geändert 25.11.2015, 12:01

                    Death Sentence ist einer dieser Filme, die man schon gesehen hat.
                    Nicht, dass ich ihn miserabel vorhersehbar finde, denn das ist er nicht, aber jeder von euch kennt diesen einen Film, bei dem er beim Schauen mitbekommt, dass er ihn schon mal gesehen hat.
                    „Ich glaube ich hab den schon mal gesehen, ich kenn die Szene!“.
                    Ob mit 17 vorm eigenen Röhrenfernseher auf gebrannter CD oder mit halbem Arsch bei nem Kumpel, völlig egal, aber gesehen hat man ihn definitiv schon mal, zumindest in dem Fall, dass man kein Hellseher ist oder sonst wie mystische Fähigkeiten hat.
                    Mir und meiner Freundin jedenfalls gings gleichzeitig so und über die Wahrscheinlichkeit eines solchen Zufalls brauch ich wohl nicht zu sprechen.
                    Kevin Bacon ist zumindest der geborene Schauspieler für geschundene Männerseelen.
                    Den leidenden Mann kauf ich ihm generell und immer ab. Ich wedele jedenfalls immer schon imaginär mit dem Taschentuch oder möchte ihn aufmuntern, wenn er mal wieder Trübsal bläst oder die Tränen kullern.
                    Ob er jetzt in Mystic River den an seine Grenzen geratenden Detective spielt, auf humoristische Weise den elendig einsamen Chef David Lindhagen in der bockstarken RomCom Crazy, Stupid, Love oder eben hier in Death Sentence einen Vorzeige-Familienvater, der abrupt um sein Glück gebracht und in tiefes Pech gestürzt wird: sein knochiges Gesicht ist wie gemacht für den vom Leben gezeichneten Mann.
                    Und dann gibt es da noch als einzige Universale im Filmuniversum die Bacon-Zahl, die die Entfernung zu Kevin Bacon höchstpersönlich im Hinblick auf filmische Mitarbeit mit ihm in numerischen Werten angibt. Ich brauch wohl niemandem sagen, dass Kevin Bacon die Bacon-Zahl 0 hat. Wenn einen dieses unsinnige Easter Egg interessiert, Wikipedia ist dein Freund.
                    Ich weiß zwar nicht, was das für einen großen Sinn machen soll, insgesamt würdigt das aber Kevin Bacon als Schauspieler, der meiner Meinung nach manchmal einfach vergessen wird oder schnell mal ganz unverhohlen in der B-Movie-Schublade landet, was ihm nicht unbedingt gerecht wird.
                    Bacon ist nämlich schon einer von den Guten, auch wenn er vielleicht nicht so aussieht.
                    Nun ja, das 2-schneidige Horrorregisseurschwert James Wan spaltet seine eigenen Drehgewohnheiten und dreht einen dramatischen Rachethriller der üblen Sorte.
                    Was zu Beginn mit Familienvideos zur stereotypen Saubermannfamilie, in der offenbar alle glücklich sind, aufgebaut wird, endet niedergerissen und zerknüppelt, in Schutt und Asche.
                    Wir erleben hier die Geschichte von Vater und Sohn, die einfach zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Was dabei herauskommt ist der tote Leichnam in den Armen des sonst so unbelasteten Vatergemütes, der sich noch im Gerichtssaal innerlich überlegt, selbst die Zügel in die Hand zu nehmen, denn Gerechtigkeit scheint für ihn in diesen Tagen nicht mehr im Sonderangebot erhältlich.
                    Wie der dürre Bürohengst das anstellen soll, weiß er selber noch nicht so genau und stolpert vom ersten abgeknallten Gangmitglied zum nächsten und findet sich zwischendurch zitternd und verheult in Badewannen wieder, es kann ja schließlich nicht jeder zwischen einfühlsamem Familienvater und eiskaltem Killer hin und her switchen, richtig Liam?
                    Was manchmal gerade im Bezug auf die Gangbande um Billy Darly (Garrett Hedlund), die seinen Sohn mit einem Augenzwinkern in die Hölle schickt, in die Comichaftigkeit abdriftet, ist in Wahrheit aber bitterer Ernst und nichts anderes zeigt uns auch das Setting.
                    Aufgebrochener Asphalt, menschenleere Tankstellen in der Einöde, besprayte Flure in den düsteren Ghettoblöcken, in denen wir uns wiederfinden, sind hier Alltag.
                    Das ist dunkel, dreckig und verrucht und wäre der optimale Schauplatz für den perfekten Horrorfilm, kein Wunder das Saw-Regisseur James Wan das Teil hier gedreht hat.
                    Und wo man sich bei Saw das eigene Bein absägen musste, sind hier die gegnerischen Finger mit dem Schrotgewehr dran. Explizite Gewaltszenen mit deftigem Goreanstrich, nah dran am genialen „I Saw The Devil“, das ist das, was man manchmal vielleicht auch einfach mal in einem solchen Film sehen will. Zwischen traumatisierenden Verfolungsjagden und derben Schusswechseln tritt hier kurzzeitig auch noch John Goodman auf den Plan und hat mit seinen schwabbelig-starken Szenen für jede Feuerwaffe ein wohlformuliertes Prädikat zur Hand, [Spoiler] zumindest bis ihm vom eigenen Sohn der Kopf weggeblasen wird.[Spoiler Ende]
                    Death Sentence ist in seiner Ausweglosigkeit einfach ganz stark, absolut stilsicher und auch wenn die Polizei hier wirklich nur dann vor Ort ist, wenn es dem Regisseur auch in den Kram passt, vorzüglich realistisch.
                    Ein hervorragender Rachefilm, mit authentischen Darstellern und einem gut aufgelegten Kevin Bacon in der Hauptrolle.
                    Wer strikte Rachethriller schätzt, weggeschossene Gliedmaßen abkann und mit der teils erschreckend nah eingefangen Dramatik etwas anfangen kann, wird den hier lieben.
                    Anschauen!

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                    • Big_Kahuna 24.11.2015, 14:35 Geändert 24.11.2015, 14:38

                      Tjo, würde ich auch machen, mir den Rest meines Lebens einreden, dass das mit der Story vielleicht nicht so ganz hin gehauen hat, wie ich mir das eigentlich vorgestellt habe. Mal ganz davon abgesehen, dass nahezu jeder A-Schauspieler in Hollywood schon damit zufrieden wäre, eine Nebenrolle in einem Tarantino-Film zu übernehmen, muss man sich ernsthaft fragen, ob Will Smith nicht vielleicht doch Honig im Kopf hat, statt Gehirnzellen.
                      Anders kann man sich zumindest im Hinblick auf seine nächsten Rollen diesen haarsträubenden Widerspruch nicht erklären.
                      Abseits davon mochte ich ihn in seinen Comedy/-Schmonzettenfilmen eigentlich immer ganz gerne und kann ihm eigentlich nur empfehlen dahin zurückzukehren, aber man weiß ja schon, dass das nicht passieren wird.

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                        Big_Kahuna 24.11.2015, 11:56 Geändert 21.12.2015, 11:37
                        über Drive

                        Das Mysterium des Drivers.
                        Aus Refns meditativer Pandora-Büchse entsprungen, redet er nicht viel und scheint ohne Gefühlsregungen durch sein Leben zu gehen, zu abgestumpft von den emotionslosen Menschen da draußen, die durch die Straßen irren und bedruckten Geldscheinen hinterher geistern. Er, der für viel zu wenig Geld in einer Werkstattklitsche arbeitet, in einer kleinen 1-Zimmer-Wohnung lebt und nebenbei Nachts als Fluchtwagenfahrer Verbrecher mit routinierten Lenkübungen vorbei an der Polizei nach Hause manövriert, ist ein Mann, dessen Motivation zu Beginn des Films so klar ist, wie ein zugefrorener Salzsee.
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                        "Sie nennen mir Zeitpunkt und Ort. Ich gebe Ihnen ein Zeitfenster von 5 Minuten. Wenn innerhalb dieser 5 Minuten was schief geht, gehör' ich Ihnen. Ohne wenn und aber. Ich werd' mich nicht an dem Überfall beteiligen oder eine Waffe tragen. Ich fahre."
                        ---------------------
                        So wie der pazifistische Frosch den Skorpion über den See ans andere Ufer bringen will, fährt der Driver skrupellose Verbrecher an sichere Orte, nur ob er dabei unbeschadet bleibt?
                        Nicht umsonst jedenfalls trägt er aufgenäht auf seiner Jacke, ähnlich wie der Frosch, einen Skorpion auf seinem Rücken.
                        Abgesehen von seinen Fahrkünsten ist er offenbar ein ganz normaler Mensch, ein unbedeutender Teil einer breiten Gesellschaft, sein Name als Identifikationsmerkmal, zu keinem Zeitpunkt erfahren wir ihn.
                        Er ist genauso bedeutungslos wie jeder einzelne von uns, genau das ist es, was diese märchenhafte Geschichte von Liebe so interessant macht, jeder von uns steckt irgendwo in ihr.
                        Jeder oder vielleicht viele von uns haben schon geliebt oder werden noch lieben und so unerklärlich es ist, es liegt in unserer Natur.
                        Er, der zweifellos funktioniert wie eine präzise Maschine, geht stumpf seinem Leben nach, in die monotone Dauerschleife des Kapitalsystems geraten, leise und unbemerkt verrichtet er seine Arbeit, bis zu einem Tag.
                        Vorbei an den sich öffnenden und schließenden Fahrstuhltüren sieht er sie das erste Mal: Irene.
                        Und wie soll es auch anders sein spielen Autos, in einem Film der Drive heißt, eine wichtige Rolle. So ist Irenes Toyota Camry, der am Supermarkt eine Panne hat, genauso wenig einwandfrei, wie das Girl Next Door in diesem Film, schließlich ist ihr Mann wegen dubioser Machenschaften im Gefängnis und sie muss sich seitdem alleine um Benicio kümmern.
                        Da der Driver Mechaniker ist und sie ohnehin eine Tür weiter wohnt, führt eins zum anderen. Er fährt er sie nach Hause und findet sich in ihrem von der Sonne erhellten Wohnzimmer wieder.
                        Die tiefen Blicke des Drivers durchbohren Irene und den Zuschauer, was sich langsam aufbaut: eine fürsorgliche, aufrichtige Liebe. Der Driver erkennt ihre Verletzlichkeit, ihren Wert.
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                        „Soll ich euch was zeigen?“
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                        „A Real Hero“ erklingt, gleißendes Licht durchflutet den Innenraum seines 73’er Malibu. Ein zurückhaltendes Lächeln auf der Kanalfahrt mit den Beiden in seinem Auto, es ist um ihn geschehen.
                        Er liebt sie.
                        Er liebt sie so sehr, dass er alles für sie tun würde.
                        Er liebt sie so aufrichtig, dass er Ihrem aus dem Knast gekommen Mann helfen will. Erkennbar in seinem Gesicht wird das nie, doch man achte auf seine Handlungen.
                        Dort, wo er zu Beginn mit seinem Allerweltsauto Chevy Impala routiniert seine Dinger dreht und ihm niemand etwas anhaben kann, ist Irene, die personifizierte Verletzlichlichkeit, in sein Leben geraten.
                        Standart, ihr Mann, liegt zusammengeschlagen in der Ecke, doch er steigt über ihn hinweg und kümmert sich zuerst um Benicio, ein weiteres Zeichen der Fürsorge.
                        Als herauskommt, dass Standart Probleme mit der Mafia hat, wird dem Driver schnell klar, dass Irene und Benicio in Gefahr sind.
                        Wo andere Männer einen Konkurrenzkampf mit dem Ehemann eingehen würden, hilft der Driver dem Mann also und setzt sein eigenes Leben dabei aufs Spiel.
                        Wo am Anfang noch alles unter seiner Kontrolle war, alles nach seinen Prinzipien geschah (5min, keine Waffen), steht er mit der Ermordung Standarts urplötzlich eingeengt mit dem Rücken zur Wand. (->https://butlerscinemascene.files.wordpress.com/2011/09/drive-lead1.jpg)
                        Eine Metamorphose vollzieht sich.
                        Der Frosch wandelt sich zum Skorpion, bereit zuzustechen.
                        Der unscheinbare Chevy Impala vom Anfang wird ersetzt durch einen 5l-Mustang GT, eine wuchtiges Biest.
                        Sollte man ihm oder seiner Familie etwas antun wollen, sticht er eiskalt zu, wie ein präzise tötendes Tier, dass selbst nicht in der Lage ist sich seinem eiskalten Instinkt zu entziehen.
                        Die skrupellose Gewalt böser Gangster kotzt sich per Pumpgun-Headshot über ihm aus und er reagiert: Matratze vor die Tür, Eisenstange in den Hals, sein Gesicht vom Blut seiner Gegner besudelt. Auch aus dieser schier ausweglosen Situation hat er sich herausmanövriert.
                        Das Geld nimmt er mit, nicht weil es ihn interessiert, es ist das einzige Druckmittel, was er noch in der Hinterhand hat.
                        Sein Chef Shanon, dessen Bad Luck immer schon aus Geldnöten resultiert ist („ich habe bezahlt“), wüsste damit besseres anzufangen, als damit ein Mädchen freizukaufen, aber er ist auch das perfekte, gutherzige Opfer des Systems (eigene Werkstatt/eigenes Unternehmen, seine Angestellten unterbezahlt, dauerhafter Traum vom großen Geld). Und auch wenn man ihn im gesamten Film nicht fahren sieht, so ist sein in der Werkstatt befindlicher gelber Pontiac GTO das absolut passende Gegenstück zu ihm. Ein Fahrzeug längst vergangener Tage, an denen der Sprit noch billig und V8-Motoren in Amerika noch so etwas wie der Standard waren. Dem in den Unterwelt mit dem Hammer (als sein eigentliches Werkzeug) feststeckenden Driver geht es jedenfalls nur noch um das Wohl von Irene und Benicio. Das ist seine Aufgabe, das ist das wichtigste für ihn.
                        Nachdem der Driver nach dem aufrichtigsten Kuss der Filmgeschichte im Fahrstuhl den Kopf desjenigen Mannes, der ihn und seine große Liebe töten wollte, zu Matsch zertreten hat und die Fahrstuhltüren das Liebesglück bildhaft separiert haben, gibt es für ihn kein zurück mehr.
                        Das erste und letzte Mal ist er verzweifelt, am Telefon mit ihr, er wollte sie nur noch ein einziges Mal sehen, doch das passiert nicht.
                        Vom Angegriffenen zum Aggressor.
                        ------------------------
                        „Kennst du die Geschichte von dem Skorpion und dem Frosch? Dein Freund Nino hat es nicht über den Fluss geschafft.“
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                        Alles was ihm noch übrig bleibt, ist es zu beenden und Irene die Sicherheit zu geben, die sie in seinen Augen verdient hat.
                        Als tödliches Jägertier, wie das im Cartoon im Fernsehen auf sich selbst bezogene Hai-Sinnbild ("Gibt es keine guten Haie?"), wird er es zu Ende bringen.
                        In einem furiosen Filmfinale, indem der Antagonist und der namenlose Hauptcharakter aufeinandertreffen und sich gegenseitig niederstechen, wandelt sich das Liebesmärchen im blutigen Thrillermantel mit deutlichen Gangsteranleihen zum stärksten Drama seit der Jahrtausendwende und zu Nicolas Winding Refns Opus Magnum.
                        Ein Film, der anzieht wie abstößt, der fasziniert und einem den Hals zuschnürt.
                        Selten habe ich ein derartig formvollendetes Meisterwerk bestaunt.
                        Überwältigendes, nicht in Schubladen zu pressendes Kino.
                        Ein modernes Kunstwerk.
                        Nicolas Winding Refn ist ein Genie.

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                        • Wäre sicher ein schneidiger Kurzfilm, vielleicht solltest du dir mal ne Kamera und deinen Sportlehrer schnappen. ;)
                          Wobei das wahrscheinlich traumatisch werden würde.
                          Schöner Kommentar.

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                            Big_Kahuna 23.11.2015, 11:02 Geändert 23.11.2015, 11:04

                            Against all stereotypes kreiert Ti West ein entschleunigtes Atmowerk, in dem jede Minute damit gefüllt ist, die ruhige Düsternis, die von den langen und stillen Fluren des „The Yankee Pedlar Inn“-Hotels ausgeht, immer weiter auf das Gemüt des Zuschauers zu legen, sogar soweit, dass er erdrückt vom Gewicht fast in seinem Sessel versinkt und von seinem eigenen lauten Schnarchern wieder geweckt wird.
                            Denn über 2/3 des Films schauen wir der verlorenen Claire (Sara Paxton), die eigentlich verpeilt ist wie ein verkiffter Typ, dabei zu, wie sie selbst wie ein Geist durch die Gänge des Hotels schlendert und auf ihrer eigentlichen Suche nach sich selbst, verdammte Geister aufspürt und von dieser Faszination nicht ablassen kann.
                            Wenn dabei dann den Porno-Laptop vom trantütigen Allerwelts-Kollegen Luke (Pat Healy) der Aufkleber "evil inside" im Intel-Look ziert, welcher als Symbol für das vom Bösen besetzten Hotel dient und gleichzeitig die Technik und das Internet als dämonisches Werkzeug des Menschen markiert, dann freut sich der geneigte Cineast schon auf eine schaurige Odyssee im Metagewandt.
                            Dabei wirft Ti Wist von Beginn an von seinem inszenatorischen Können alles in die Wagschale, was er hat und macht den Zuschauer mit seiner schleichenden Kamera zum absoluten Voyeur, als würde er Claire auf leisen Sohlen folgen und ihr wahrhaftig dabei über die Schulter schauen, wenn sie sie sich mit ihrem Infraschall-Mikroskop in den dunklen Keller setzt und auf Geister-Geräusche wartet.
                            Und genau das sind dann die Momente, in denen Ti West die Spannungsschraube überdreht bis der Inbusschlüssel bricht, uns aber nicht in einem schreckhaften Jumpscare-Inferno verbrennen lässt, sondern unseren Kopf in ein warmes, entspannendes Wasserbad legt, um uns weiter hinters Licht zu führen.
                            Doch wo ist denn das Licht? Ich kann es nicht sehen?
                            Der Zuschauer irrt ähnlich wie Claire mit diversen Fragen selbst durch die unüberschaubaren Korridore des Storykonstrukts, fühlt sich dabei seltsam erinnert an einen alten Bekannten, das Overlook Hotel in Shining, doch scheint mit dem Blick auf die verbleibende Laufzeit immer enttäuschter zu sein und immer weiter die Hoffnung darauf zu legen, dass der gute Ti einem mit der Metakelle einen wuchtigen Schlag vor den Ballon verpasst.
                            Doch wir bewegen uns immer weiter weg von Stanley Kubricks verrücktem Geniestreich und gehen langsamen Schrittes immer weiter auf die Tür zu, hinter der sich unser warmes, weiches Bett befindet. Mit der Fernbedienung im Anschlag und dem Blick Richtung Fernsehbildschirm kratze selbst ich, als Fan von ruhigen Inszenierungen, langsam an der Türklinke, drücke sie in Zeitlupe nach unten, stehe kurz davor den roten Knopf zu betätigen und mich in mein flauschig-weiches Bett zu legen und da passiert es: Claire steht ähnlich wie Wendy Torrance im Badezimmer [Spoiler] und sieht einen aufgeschlitzten Opa in der vollen Blutwanne liegen.[Spoiler Ende]
                            Die aufgebaute Stimmung entlädt sich, reißt einen zurück auf den Sessel und schmeißt einem Pflastersteine der Spannung um die Ohren.
                            Die Augen weit aufgerissen, sitze ich völlig gebannt vor dem Fernseher, was passiert als nächstes?
                            "Epilogue“. Vorbei.
                            Licht aus, Vorhänge zu.
                            Ohne weitere Bedeutungsebenen, ohne fiese Erklärung hinter den Bildern werden wir unbefriedigt in den längst überfälligen Feierabend beordert.
                            Was? Das wars jetzt?
                            Mit Charakteren die der wirklichen Welt entsprungen sein können, ist „The Innkeepers“ ein Werk, dass sich bewusst jeder Horrorkonvention entwindet und besonders atmosphärisch immer noch stärker ist, als 95% der Horrorfilme, die so Jahr für Jahr das Genre überfluten, doch übertreibt er es mit seinem ausschweifenden Spannungsaufbau aber so ziemlich.
                            Inszenatorisches Glück gepaart mit lang anhaltender Langeweile.
                            Untypisches, mit offenen Armen empfangenes Horrorkino, dass man dann letztlich doch mit einer Backpfeife wieder wegschickt.
                            Schade Ti West, bekommst aber definitiv noch eine Chance.

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                            • Wenn nicht gigantische Kopfschmerzen, erhöhte Produktionskosten, überteuerte Kinoticketpreise und ein Mehrwert beim Schauen der so spürbar ist, wie ein warmer Furz eines freilaufenden Kamels in der Sahara, die Folge wären, dann würde ich vielleicht ganz gern 3D gucken. So ist es nur von den Kinos durchgesetzter Wucher ohne Sinn, außer vielleicht bei Animationsfilmen wie Shrek 3D.

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                                Big_Kahuna 17.11.2015, 09:24 Geändert 17.11.2015, 09:30

                                Völlig abgefahrener Psychorausch im Wackelstil.
                                Schwarze Autos überfahren kleine Kinderkörper, fahren nochmal vorwärts, um per Rückwärtsgang jeglichen Kinderknochen, der vielleicht noch ganz war, zum Brechen zu bringen.
                                Darauf hin mutiert der offenbar psychisch labile Vater zum alles vernichtenden Cyborg.
                                Was wir hier erleben ist ein Film, der jegliche Sehgewohnheiten auf den Kopf stellt, sie in den Mixer schmeißt, ordentlich durch püriert, sie in einen Schmelzofen füllt, zu Eisen werden lässt und eine schwarze, vor Öl triefende, um sich schießende Stahlkugel daraus macht, die sich einmal quer durch den Raum massakriert, bis sie schließlich implodiert und das ganze Gebäude einreißt.
                                Das Ding hier ist so over the top, dass es sich schon gar nicht mehr auf unserer Erde befindet. Pure Eskalation im abgedrehten Look.
                                Und wenn ich abgedrehter Look sage, meine ich eine Kamera, bei der man vor dem Film vorab schon mal alle Epileptiker dazu hätte auffordern müssen, sofort den DVD-Player aus der Steckdose zu ziehen, ihn aus dem Fenster zu werfen und mit einem Raketenwerfer 3x darauf zu schießen, bis keine Faser mehr davon übrig geblieben ist.
                                Die schwindelerregende Wackelkamera, die sich in den Actionszenen so anfühlt wie eine Mixtur aus Transformers 4, Pacific Rim, the Grudge und Eraserhead auf Psychopilzen und Speed, dürfte nämlich jeden Epileptiker zu Tode quälen und jeden Herzschrittmacher zum Stillstand bringen, ob das jetzt ein Kompliment sein kann, weiß ich nicht genau.
                                Doch diese an vielen Stellen nervige Kamera erzeugt mit der philosophisch angehauchten Story und neben dem Schallgeschwindigkeit schnellen Pacing einen rasanten Sog aus psychedelischen Bildern.
                                Menschliche Dämonencyborgentwicklung und Erdapokalypse in philosophischem Kontext. Neben dem gelungenen Versuch per Eskalationskamera die B-bis-C-Movie-Verkleidung vor dem geschulten Cineastenauge zu verstecken, eine lobenswerte Prämisse des Films, die durch aus die ein oder andere denkwürdige Szene zu bieten hat.
                                Tetsuo: the Bullet Man, von dem ich eigentlich das Original kaufen wollte, mich aber irgendwie vergriffen habe, wartet mit seinen rasanten 71min mit völliger Absurdität in ausnahmslos jeder Richtung auf und schießt dem Gewohnheitsfilmegucker mit dem übergroßen Maschinengewehr im Dauerfeuer vor die Ommel, man sollte also vorher schon mal den Cineasten-Titanhelm aufsetzen und in Deckung gehen, sonst könnte das in einem Hassfilm-Fiasko enden, wie beispielsweise 2 User weiter unter mir (bei der von mir sehr geschätzten Schlopsi).
                                Tetsuo Teil 3 ist ein kranker Film, den man nicht einordnen kann und ihn entweder nach 5min sofort ausschaltet, oder sich ein bisschen quält und am Ende metamäßig minimal für die Strapazen von vorher entschädigt wird. Von mir eine Empfehlung so klar wie 15 Schichten Milchglas.

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                                  ##Kahuna in den unendlichen Weiten des Gangsterfilms #3 ##
                                  Gangster No.1.
                                  Das, was unter tosendem Gelächter neben einem blutigen Boxkampf am Tisch der Gangsterbarone eingeläutet wird, endet übrig geblieben als blutiges Geschwür einer Welt, die keine Regeln, sondern nur Macht kennt.
                                  Macht, die man sich entweder nimmt oder eben nicht.
                                  Paul McGuigan, den viele sicherlich spätestens seit Lucky Number Slevin kennen, skizziert ein Bild der gnadenlosen Skrupellosigkeit inmitten einer Parallelgesellschaft, die sich selbst als das Nonplusultra sieht.
                                  Was wir hier zu Gesicht bekommen ist alles andere als ein gewöhnlicher Gangsterstreifen, der neben Coolness, gewitzten Dialogen und gezückten Kanonen nicht viel zu bieten hat.
                                  Nein, Gangster No.1 ist wie eine Momentaufnahme längst vergangener Zeiten und ein rücksichtsloses Arschloch, wenn man den Streifen als Menschen betrachten und ihn treffend beschreiben müsste.
                                  Was sich anfangs noch anfühlt wie ein weiterer Film vom Rise & Fall eines Gangsters der Sorte Henry Hill, entpuppt sich als Psychogramm über die Gedankenwelt eines Wahnsinnigen.
                                  Wahnsinnig nach Macht, Besitz und Anerkennung.
                                  Wo andere Genrehits die Notbremse ziehen, exerziert McGuigan die fernab gesellschaftlicher Barrieren ausgeübte Gewalt der Gangsterbande um Freddie Mays (David Thewlis) komplett aus. Die namenlose Hauptfigur ist dabei der machtgierige Underdog der Gruppe, der seinen Besitzanspruch entgegennehmen will: den Thron des örtlichen Londoner Mafiareichs.
                                  Und diese Welt betrachtet man aus der Sicht eines kranken Sadisten.
                                  Denn wenn die debilen Gedanken des jungen Gangsters No.1 (stark gespielt von Paul Bettany) im Off zu hören sind und sein schmerzverzerrtes Gesicht sinnentleert auf für ihn zerstückelungswürdige Menschenkörper starrt, scheint es mir fast so, als würde sich mir die teuflische Welt Dick Laurents offenbaren und ich würde seiner Geschichte zusehen.
                                  Nebenbei gecheckt ob David Lynch als Produzent mit an Bord war, fühlt man wie die mit Mystery angereicherte Grundstimmung zum Ende hin durch den weichen Erdboden der Realität an die Oberfläche dringt und uns ratlos zurücklässt.
                                  Was sich offen und ehrlich an der frischen Luft zeigt ist ein psychologisches Profil über einen Triebtäter, das rückblickend betrachtet schon das malerisch monströse Intro durchschimmern lies.
                                  Paul McGuigan liefert uns auf inszenatorisch lyncheske Art einen etwas anderen Gangsterfilm ins Haus, der mit geringem Aufwand im stark eingefangenen 60er-Flair die gängigen Genrekonventionen übertreibt und den Zuschauer auf massenhaft falsche Fährten lockt, um ihm mit offenem Mund auf den Bildschirm starren zu lassen.
                                  Ganz nebenbei bekommt man dann in einer Szene eine eindringliche schauspielerische Performance vom eher unbekannten Eddie Marsan präsentiert, für die allein sich der ganze Film schon lohnt.
                                  Paul McGuigan knallt uns mit Gangster No.1 eine omnipräsente Botschaft an den Latz und belehrt uns eines besseren: Nicht Geld ist Macht, sondern Gewalt ist Macht und das erfahren wir in diesem bierernsten Gangsterfilm der Erbarmungslosigkeit.
                                  Stark!

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                                  • Big_Kahuna 12.11.2015, 09:49 Geändert 12.11.2015, 09:53

                                    Man sollte über jede weitere Tarantinosekunde im Filmleben dankbar sein, deshalb werde ich auch nichts unversucht lassen, mir die 70mm-Fassung reinzuballern.
                                    Selbst wenn viele Angst vor einem ermüdenden Flop haben, weil sie Django und Inglorious Basterds so miserabel fanden, wenn einer weiß, wie man ein Kammerspiel inszeniert, was ein Szenario von 8 mehr oder minder bewaffneten Leuten in einer verschneiten Hütte erwarten lässt, dann ja wohl Tarantino. Neben dem Fakt, dass ebenfalls 8 Schlipsträger zu seinem Debutfilm gleich am Anfang an einem runden Tisch saßen, nicht die einzige mögliche Gemeinsamkeit zu Reservoir Dogs. Und neben der positiven Resonanz beim Test-Screening klares Indiz dafür, dass das eine grandiose cineastische Wallfahrt ins Tarantinoversum für uns werden dürfte.

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                                      Big_Kahuna 11.11.2015, 12:01 Geändert 12.11.2015, 10:02

                                      [Spoiler enthalten]
                                      Mark Watney oder auch die inhaltliche Leere des Leinwanddaseins.
                                      Draußen ist es dunkel. Winterzeit.
                                      Ich gehe am Fenster vorbei ins Schlafzimmer um mich ins Bett zu legen. Ein letzter Blick aus besagtem Fenster zeigt mir, dass mein Nachbar von gegenüber - wir nennen ihn Dietmar - noch auf seiner Couch sitzt und in die Glotze starrt.
                                      Es läuft Werbung, weggezappt wird nicht, ich schließe meine Augen und falle durch ein weiches Netz aus Wolken ins Traumreich.
                                      7h und 34min später.
                                      Meine Augen öffnen sich blitzartig, der Handywecker schellt mich unsanft aus dem Schlaf und ich gehe bedröppelt und schlaftrunken durch den Flur ins Bad, um mir die Zähne zu putzen. Ich sehe ein wiederholtes mal aus dem Fenster und schon wieder leuchten die bunten Farben aus dem Flimmerkasten heraus, aus dem ich sie gestern Abend schon kurz vor der Bettruhe gesehen habe – Dietmar’s Fernseher ist schon wieder an.
                                      Oder immer noch?!
                                      Wer weiß das schon.
                                      „Vielleicht ist Dietmar ein Mensch, der ein bisschen Gedudel im Hintergrund brauch, um besser als bei völliger Stille endlich in die Gänge zu kommen?“, denk ich mir in meinen verwirrten Gedanken.
                                      Vielleicht hat er auch gar keine Arbeit und ist einfach nur vor dem Fernseher eingeschlafen und der Weg ins Bett war mühseliger, als der von Homer Simpsons Couch zum Kühlschrank.
                                      Als ich so die Treppen des Treppenhauses hinabsteige frage ich mich, ob Dietmar in einem manipulatorischen Strudel aus Televisions-Gehirnwäsche und geistiger Entleerung feststeckt oder ob er seinem Lebenstrott nacheifert und dabei nicht merkt, dass die geistige Müllabfuhr kommt, um seine Synapsen nicht von dem ganzen Müll zu befreien, sondern weiter welchen abzuladen.
                                      Ob wir das je erfahren werden?
                                      Mark Watney jedenfalls, ist da ganz anders. Er ist der wandelnde Intelligenzbolzen der Abteilung gewiefter Wissenschaftler und Alleskönner.
                                      Im Zuge seiner Marsmission wurde er in einem mörderischen Sturm zurückgelassen und ist jetzt ganz alleine mit sich selbst, seiner Raumstation und unendlich viel Zeit, die er nicht hat, weil er ohne Nahrung irgendwann krepiert, auf diesem weit entfernten Planeten gefangen.
                                      Seine anfängliche Verletzlichkeit, bei der dem Zuschauer gleich mal ein fetter Hals im Klos stecken bleibt, wird ausgetauscht durch einen undurchdringbaren Schleier aus Unsterblichkeit, gefüllt mit wissenschaftlichen Tricks der intelligentesten Sorte.
                                      [SPOILER]Mark Watney jedenfalls würde gerettet werden, so viel steht fest, so viel verrät der Titel.
                                      Also: mit was würde Ridley Scott den Raum zwischen anfänglichem Dilemma und glücklichem Ende füllen?[ENDE]
                                      Anders als Nolans geheim-korruptes Konzept von der NASA, kreiert Scott ein Bild der Regierung, in dem es nur darauf ankommt das individuelle Wohl über all die verplämmperte Kohle zu stellen, die in ein wissenschaftlich wesentlich wertvolleres Projekt hätte gesteckt werden können, als den armen Mark Watney vom Mars zu retten und dabei ein ganzes Team von Wissenschaftlern und milliardenschweres Equipment aufs Spiel zu setzen. Das alles passiert natürlich in weltöffentlicher Absprache mit dem gemeinen Fußvolk, selbst ein versiffter Heckenpenner hat schließlich Mitspracherecht und das Recht auf Meinung bei einer verdeckten Marsmission.
                                      Medienoffenheit wie sie die USA neben all den tollen Sachen wie der Watergateaffäre, dem Kennedyattentat oder 9/11 seit jeher als oberstes Gut praktiziert wird.
                                      Wo ich mich entschloss dem Film eine gerechte Chance zu geben, würden anderen unlängst jetzt schon mit Worten wie Unfug oder Schwachsinn um sich werfen.
                                      Doch auch Dietmar merkt von all dem nichts und sitzt erregt 3 Sitzreihen weiter mit glücklichem Blick auf die Leinwand im Kinosaal und freut sich.
                                      Dabei versucht Ridley Scott uns so realistisch und visuell dreckig wie nur irgend möglich die missständliche Lage Watney’s in’s Gemüt zu transportieren. So richtig gelingen will dieses Spiel gegen die Zeit aber nicht.
                                      Wo soll der bröckelige Weg auch hinführen, wenn man dem ernsten Realismus ganz unverhohlen eine starke Prise Abgedroschenheit untermischt und hofft, dass es niemand merkt, außer Mr. President himself.
                                      Was letztlich übrig bleibt ist ein unausgegorenes, gut gedrehtes Sci-Fi-Ermutigungsvideo mit einer hanebüchenen Botschaft, [Spoiler]gehalten von einem genesenen Matt Damon als Dozenten, gerichtet an Grundschulkinder. [Spoiler Ende]
                                      Richtig, im Leben ist es nur wichtig erst das eine Problem, dann ein anderes und dann eine ganze Reihe weiterer Probleme zu lösen, um die unschaffbaren Dinge des Lebens schließlich schaffbar zu machen.
                                      Eine Botschaft die ich mir von einem 140min-Film, der auf einem Planeten spielt, auf dem wir noch nicht waren, immer gern wünsche.
                                      "Der Marsianer - Rettet Mark Watney" wurde überholt von Leuten, die nach der Arbeit direkt noch in den Büroräumen ihrer Arbeitsstelle die Fahrradleggings überstreifen, um jedem Autofahrer, bei dem gesteckten Ziel noch vor dem mit dem Schulranzen bepackten Sohnemann der erster zu Hause zu sein, das Leben schwer zu machen.
                                      Ridley Scott hatte sich verzettelt, bei all dem Prometheus-Alien-Blade Runner-Trubel kann mans ihm irgendwie auch nicht verdenken.
                                      Doch davon so richtig gemerkt hat keiner etwas und das ist vielleicht auch die große Kunst und so sitzt Dietmar weiterhin Tag für Tag zu Hause vor der Blechkiste und gibt der inhaltlichen Leere ihre Daseinsberechtigung.

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                                        Big_Kahuna 09.11.2015, 12:48 Geändert 09.11.2015, 13:09

                                        Mir fehlen die Worte.
                                        Meine erste Animeserie und dann gleich ein Brett, dass dir unter den Beinen weggezogen wird und du einfach nur mit dem Hinterkopf auf blanken Asphalt knallst und dich fragst:
                                        Was zur Hölle war das?
                                        Eine Serie die sich ungefähr so gut in Worte fassen lässt, wie die Existenz von Geistern oder den Geschehnissen am Bermudadreieck.
                                        Death Note ist ein bahnbrechender Psychothriller im Serienformat mit Cliffhangern tiefer als der Mariannengraben und schwindelerregenden Twists der Sorte Kopfschuss.
                                        Fiktion und Realität umarmen sich innig und modellieren so ein Seherlebnis, das den Spannungsliebenden und mitdenkenden Zuschauer fordert und fesselt zugleich, bis man sich nicht mehr wehren kann und einfach nur noch kopfschüttelnd vor der Glotze sitzt und sich innerlich die Frage stellt, ob man jemals etwas in seinem Leben gesehen hat, das derart bahnbrechend war.
                                        Derjenige, der die Serie mitsamt ihrer Dialoge kreiert hat muss ein absolutes Mastermind sein, anders kann ich mir einen derartigen Plotverlauf nicht vorstellen.
                                        Dabei umfasst die Story nicht nur eine phantastische Geschichte, sondern windet sich auch in moralischen Grundsätzen, sprengt dabei sämtliche Ketten jedweder bekannter Erzählungsstruktur und verteilt Nackenschellen mit dem Eisenhammer, für diejenigen, die denken sie wüssten was als nächstes passiert.
                                        Death Note ist durchdachter als die Einstein’sche Relativitätstheorie, spannender als ein Tandemsprung aus der Stratosphäre und so vorausschaubar wie das Wetter im Jahr 2581 auf dem OGLE-2005-BLG-390Lb, einem 21000 Lichtjahre entfernten Planeten.
                                        Wenn es ein deutsches Wort dafür gäbe, mit dem man diese Serie in einem Wort beschreiben könnte, dann würde ich es tun, aber ich kenne keins.
                                        Neben solcher allgemeinen Lobhudelei, wie ich sie hier betreibe, konvertiert sich Death Note selbst stetig vom altbekannten Gut-gegen-Böse-Kampf vorbei am explosiven Detektivspiel, zur gesellschaftskritischen Vision und wieder zurück und schlägt jedem, der nicht mitgeht, mit dem Alubaseballschläger kraftvoll vor‘s Schienbein.
                                        „Was, du willst das nicht verstehen?! Spul gefälligst zurück! DONG!“
                                        Die ganze Serie ist ein einziges Katz-und-Maus-Spiel packendster Sorte und auch wenn’s „nur“ ein Anime ist, da dürfte selbst einer der großen wie Fincher in die Hände klatschen.
                                        Hier werden die Gedankengänge der Figuren in brillante Monologe gefasst und enttarnen die Hauptakteure als hochintelligente Übermenschen und das ganze dann noch in für den Zuschauer nachvollziehbarer Art.
                                        Auf den Punkt ist das alles!
                                        Wo zum Teufel geht da noch mehr?
                                        Death Note ist die komplexeste Form und gleichzeitig die Essenz des Thrillerkinos, dass sich keineswegs auf seine malerische Schönheit verlässt, sondern viel mehr darauf Wert legt, den Figuren nachvollziehbar Leben einzuhauchen, um sekündlich mit der Erwartungshaltung des Zuschauers Schindluder zu treiben.
                                        Ein Mammutwerk, das sich über die gesamte Laufzeit seiner über 15h komplett entfaltet und einem letztlich komplett den Atem raubt.
                                        Nicht in Worte zu fassen.

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                                          Fäkalhumor aus den Gefilden jenseits der Gürtellinie paart sich mit cineastischer Liebkosung der Extraklasse.
                                          „Jay und Silent Bob schlagen zurück“, bei dem selbst der Titel schon eine Anspielung auf Star Wars ist, ist ein Film, der den Filmliebhaber in uns sucht und wahrscheinlich auch findet, sofern man denn ein minimal aufmerksamer Zuschauer ist und nicht etwa die Hälfte der Laufzeit mit dem Smartphone auf Facebook rum surft.
                                          Was mit der grandiosen Eröffnungsszene als platter Schwachsinns-Kifferfilm beginnt, bei dem die 2 Hauptfiguren ziemlich beknackte Hinterwäldler zu sein scheinen, von denen der eine – wie im Titel offenbart – nicht bzw. wenig spricht, wandelt sich zum Geheimtipp mit filmischen Reminiszenzen am laufenden Band. Wenn Ben Affleck beispielsweise über sich selbst als Schauspieler spricht und kritische Querverweise auf seine eigene Filmkarriere nimmt, hat „Jay und Silent Bob schlagen zurück“ mein Cineastenherz das erste Mal zum lauten Aufpochen gebracht, aber ob’s beim großen Herzklopfen bleibt?
                                          Eins ist sicher: man kommt nicht drum herum sich bei dem minderbemittelten und hohlen Jay, der nur ans Bumsen und an Titten denkt, selbst aber wegen seiner dümmlichen Art noch nie näher als 1m an einer Frau dran war, manchmal fremd zu schämen, doch wenn dieses liebenswerte Duo immer weiter in die zurechtgeschusterte Scheiße rutscht, kann man sie eigentlich nur gern haben, sie bzw. Jay ist schließlich einfach nur ein Hohlkopf.
                                          Dabei formt sich der Plot vom anfänglichen Unsinn zur sarkastischen Liebeserklärung an Hollywood und seine Mitarbeiter, die die filmische Welt tagtäglich zum Rotieren bringen.
                                          Vom Regisseur über den Drehbuchschreiber, vom Executive Producer zum geschunden Graphic-Novel-Schöpfer, ja selbst an den Kaffeholer wurde gedacht. Auf einmal passt alles zusammen und der Film reißt an der Unterhaltungsschraube wie ein Bekloppter.
                                          Denn wenn das ungleiche Tollpatsch-Doubleteam sich von Jersey auf den Weg zu den Miramax-Studios macht, sich dabei immer wieder die feuchten Illusionen Jay’s auf die Leinwand projizieren, Kevin Smith Regisseur und Hauptfigur gleichzeitig bildet und dabei wild mit seinem Gesicht gestikuliert und Will Ferrell als ebenso stupider Wildlife Marshal Willenholly mit seiner Pumpgun hinter den beiden hinterher ist und dabei nur Unsinn macht, dann können wir uns auf etwas vorbereiten. Als sie dann endlich an den Studios ankommen, gegen aufgemalte Kulissenwände klatschen, im Hintergrund die Reservoir Dogs durch die Gänge schlendern, Ben Affleck in seinem Trainingsanzug und Matt Damon mit seinem halb zerzausten Shirt auf einmal wieder im Pub stehen und Good Will Hunting 2 spielen, dann kriegt der geneigte Filmfreund Ballongroße Augen und schreit „geil, geil, geil“. Urplötzlich hagelt es sekündlich Cameos wie Polenböller zu Silvester in Deutschland und der Streifen hat mich eingefangen wie einen entlaufenden Streuner.
                                          Die Story entgleist fiaskoartig, bildet ein eigenes Universum mit den anderen New-Jersey-Filmen und mutiert zu einer endlosen Party mit tiefgehendem Filmbezug, bei der man bedauert in Wirklichkeit nicht mit dabei gewesen zu sein.
                                          Ich sitze also in meinem Sessel, halt den Finger auf den Fernsehbildschirm ruf innerlich „Ja Mann“, schmeiß die Outtakes an und meine Laune steigt weiterhin.
                                          Selbst wenn ich jetzt mit 2,5 Promille in eine allgemeine Verkehrskontrolle geraten würde, könnte mir das an dem heutigen Tag nicht die Laune verderben.
                                          Klare Empfehlung für jeden, der sich Filmfreund nennt und der angesichts der Zuneigung zum Medium für den flachen Humor nur ein müdes Lächeln über hat.
                                          American Pie trifft auf Birdman, Plattitüde vs. Tiefgang, also schaut euch den Film an!

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                                            Big_Kahuna 05.11.2015, 15:30 Geändert 05.11.2015, 15:47

                                            [schwache Spoiler enthalten]
                                            James Bond Spectre, ein festgefahrenes Franchise-Vehikel mit seichtem Wortwitz und dem zu Marketingzwecken umstrittenen, Muskel-bepackten aber diesmal dauerbekleideten Daniel Craig als Zugpferd, dem erfolgreichsten James Bond aller Zeiten. Eine Konsequenz der sich weltweit immer weiter entwickelnden Marktwirtschaft und Kommunikationsfähigkeit oder doch eine Frage der Qualität? Eins steht fest: in diesem Teil der Agentenreihe werden die als Bondgirl hoch angepriesenen Monica Belluccis unserer Zeit für einen Fick verschenkt und nach 2 Minuten Screentime wieder aus dem Bild geworfen und das lässt eine Dame mit Stil dann auch noch mit sich machen. Whoot!?
                                            James Bond Spectre rangiert ganz klar in den Grenzen seines Kosmos und fährt sich immer weiter fest, ohne die Handlungs- oder Zeitstruktur aufzubröseln oder mal etwas anderes zu machen, als gefühlt stundenlange Kampfszenen und Verfolgungsjagden aneinanderzureihen. Da kann auch ein boshaft-intelligenter Christoph Waltz nicht viel machen, zumal seine bösartigen Angriffe offenbar keinerlei Wirkung haben, was dann doch ziemlich eigenartig ist.
                                            Die Rückbesinnung auf die technischen Entwicklungen längst vergangener Teile ist ebenso gescheitert, wie der Versuch eine spannende Geschichte zu erzählen und so entwickelt sich dieses moderne Märchen immer weiter in Richtung belangloser, aber von der Inszenierung her wohltuender Kost der Irrelevanz.
                                            Und auch wenn Andrew Scott (bekannt aus Sherlock) hier neben der Kameraarbeit versucht das Ruder zum Positiven herumzureißen, so ist der orkanartige Gegenwind der immer stärker werdenden Langeweile einfach zu groß.
                                            Das ist schade, denn an Geld mangelts ja in Kreisen der James Bond Produktion eher wenig bis gar nicht, wenn man bedenkt, was allein Daniel Craig an der ganzen Sache (in finanzieller Hinsicht berechtigter Weise) verdient.
                                            Also: Viel Tam Tam um wenig Inhalt, mal sehen was ein möglicher Darstellerwechsel da zu bewirken vermag.

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                                            • Auch von mir ein dickes Danke Troublemaker, hast du ganz ausgezeichnet geschrieben und die Community mit einer kleinen Horrorstory über den Monat gebracht. Von der Community für die Community. Dafür ist man hier angemeldet, so ganz nebenbei. ;)

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                                                Big_Kahuna 30.10.2015, 11:42 Geändert 30.10.2015, 11:50

                                                Jim Carrey.
                                                Er ist der Dauerscherzkeks und Grimassenschneider oberster Luxusgüte.
                                                Der, der am Set für krachende Lacher am laufenden Band sorgt und in seiner Fratzenentgleisung komplett ausartet.
                                                Scheinbar angeboren ist er in der Lage jede menschliche Emotion in übersteigerter Form darzustellen.
                                                „Jim, der Kugelschreiber ist jetzt ein wildgewordenes Monster, dass dich umbringen will, tu bitte so als würde er es fast schaffen!“
                                                Wo jeder andere Schauspieler kläglich scheitern würden, packt Jim Carrey sein Antlitz aus.
                                                Der Kerl kann mit seinem Gesicht mehr machen, als manche Menschen mit all ihren Gliedmaßen zusammen. Ein Typ der bei Activity im Pantomimespiel vorab gleich schon mal disqualifiziert wird, weil ihn sogar die Oberhardcore Begriffe nur ein müdes Lächeln kosten. Diesen Mann kann man 24h in einen Raum einsperren, Kameras darin aufstellen und das was dabei rauskommt wahrscheinlich für Millionen von Dollar verkaufen. Jim Carrey ist das fleischgewordene Kind im Mann. Als wir früher noch klein waren und mit unseren Matchboxautos auf imaginären Autobahnen herumgefahren sind und jedes Rennen für uns entschieden haben, da waren wir noch Kinder mit Phantasie. Wir hatten uns unsere eigenen Welten aufgebaut, Schlösser aus Legosteinen errichtet, stets das Böse besiegt oder für Massenkarambolagen auf dem Fahrbahnteppich Model „City“ gesorgt, doch irgendwann war SCHLUSS. Die Pubertät schlich sich leichten Fußes von hinten an einen jeden von uns heran und alles war aus und vorbei.
                                                NICHT bei JIM CARREY!
                                                Wie auch immer er es geschafft hat, er hat sich diese Phantasie bewahrt und kann scheinbar auf Knopfdruck vom großen Mann zum kleinen Jungen umschwenken oder umgekehrt. Er ist die verdammte Hoheit aller Mienenspieler und Faxenmacher, wer etwas anderes behauptet, der hat schlichtweg keine Ahnung.
                                                So verwundert es nicht, dass er größtenteils in Quatschkramfilmen mitgemacht hat, bei denen durch aus auch das Kind im Zuschauer gefragt ist. Die Rückbesinnung auf alte Zeiten und das freundliche Empfangen der urkomischen Gefühlsschmonzetten, in denen er meist als Zugpferd vor den Karren gespannt wurde, ist absolute Voraussetzung dafür, dass man seine Filme gut finden wird.
                                                Wer emotional angehauchten Komödien mit einer offensichtlich entgegenspringenden moralischen, unwirklichen Botschaft nichts abgewinnen kann, der sollte vielleicht nicht einschalten. Und auch wenn der kleine Topfhaarschnitt-Justin Cooper hier mit aufgelegtem Dackelblick und betrübter Mine gefühlte 500x Daddy sagt, so kriegt mich der vor sich hin triefende Kitsch-Anstrich nicht!
                                                Nein! Nicht mit MIR!
                                                Klar hat der 86-minütige Kurzweilcomedyreißer „der Dummschwätzer“ seine schwachen Momente, wenn einem beispielsweise so etwas wie Charaktertiefe, das Interesse an der Erzählung einer Story oder tiefere zwischenmenschliche Beziehungen vorgegaukelt werden, aber es gibt auch diese Momente, in denen man einfach nur in grenzenloses Gelächter verfällt, weil Jim Carrey mit seiner Gestik einem Gesichtsausdrücke um die Ohren haut, bei den man sich einfach nur kaputt lachen kann. Und diese Momente überwiegen zum Glück.
                                                Der Kampf mit dem eigenen Kugelschreiber lässt grüßen!
                                                Carrey trägt diese seichte, dramatisch angehauchte Komödie ganz easy auf seinen Schultern und täuscht ganz locker über sämtliche Drehbuchschwächen hinweg, die es da so gibt. Apropos Drehbuch: die Hälfte darin dürfte ohnehin aus Gestikulierungsanweisungen für Herrn Carrey bestehen.
                                                Im 90s-Stil geht die Reißpapier-dünne Story so weit, dass sie sich unaufhörlich und natürlich auch unglaubwürdig auf das dramatische Ende immer weiter zuspitzt, bis man endlich bereit ist für das happigste Happy End aller Happy Enden. Wie könnte man auch den erwartungsvollen Zuschauer bei dieser Fratze mit trübseligen Gedanken ins Bett schicken, das geht nicht!
                                                Und so wird’s ein lustiger Wohlfühlabend für jeden Carrey-Freund und jede Familie, die sich diesen Streifen ansieht und danach glücklich den roten Button auf der Fernbedienung betätigt um ihre Kinder danach ins Bett zu legen.
                                                Letztlich mag man ihn also oder man hasst ihn, anders geht es nicht.

                                                PS: wer ebenfalls auf den Carrey-Zug aufspringen will, den der sachsenkrieger ins Rollen gebracht hat, sollte heute einfach die verkramten Carrey-DVD´s aus der Ecke vor holen und nach der Entstaubung ruhig mal wieder einlegen. ;)

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                                                  Big_Kahuna 27.10.2015, 12:01 Geändert 27.10.2015, 12:35

                                                  Was so ruhig begann endet in einem Fiasko, dass niemand je für möglich gehalten hätte.
                                                  Im Splattersegment gab es einen 1992 einen Thron zu besetzen und bis heute war niemand in der Lage den König zu stürzen.
                                                  Egal ob blutverschmierte Nazizombies angegriffen haben, fliegende Haie auf einen tödlichen Biss vorbeikamen oder das Mondnaziregime die Erde zurückerobern wollte, niemand war in der Lage Lionel (Timothy Balme) und seinem Rasenmäher etwas anzuhaben. Ungestörte Metamorphose vom obrigkeitshörigen mittzwanziger Muttersöhnchen zum wahnhaften Zombiekiller Number 1.
                                                  Und Schuld ist auch noch Mutti.
                                                  Dabei beginnt Peter Jackson uns eine allgemeinbekannte Geschichte von verbotener Liebe zu erzählen, auch wenn das Intro mit den Eingeborenen anfänglich gleich mal ein fettes Fragezeichen über dem Kopf des Zuschauers platziert. Doch der liebesdürstigen Paquita (Diena Penalver) mit mystischer Hexenoma wird unendliche Liebe und apokalyptisches Unheil gleichzeitig prophezeit und das heißt nichts gutes.
                                                  Denn während Lionel von all diesen Vorhersehungen nichts weiß und Paquita und er sich immer näher kommen, kippt der Film so allmählich zum gnadenlosen Zombieblutbad, dass der tollpatschige und hilflose Lionel versucht hinter seinem Rücken unter den Teppich zu schieben.
                                                  Anfangs klappt das auch noch relativ gut, doch als seine verrückte, besitzergreifende, herrische Mutti auch noch den Löffel abgibt, mehrere Male als faltiges Zombieungetüm wiederkehrt, der um sich kickende Karatepfarrer ein paar Zombies plättet und der nach dem Erbe grabschende Onkel auf der Matte steht, dürfte klar sein: der Zombiezug ist unaufhaltsam am Entgleisen. Und bei einer kleinen Entgleisung mit ein paar Toten wird es nicht bleiben, denn der Zug scheint mitten in eine dicht besiedelte Weltmetropole zu rattern und dabei alles weg zu mähen, was ihm in die Quere kommt.
                                                  Denn was wir dann zu Gesicht bekommen ist schlichtweg nicht in Worte zu fassen. Während der geldgierige, fette Onkel nur die Dollarscheine in den Augen hat - „Ching Ching“ - und vorsorglich schon mal ein paar Freunde zur Party eingeladen wurden, wird das Haus zum Zentrum einer kleinen Zombieapokalypse, die Lionel und Paquita jetzt irgendwie aktiv abwehren müssen.
                                                  Die noch halbwegs erhaltene Idylle fällt in sich zusammen und komplettes Chaos ist die Folge. Hier werden Zombieköpfe über Glühlampen gestülpt und herunter gerissene Fenster dienen als Untoten-Guillotine.
                                                  Ja, hier werden Zombiegliedmaßen mit dem Mixer zerkleinert und ganze Brustkörbe aus Menschenkörpern gerissen und das alles gibt’s in handgemacht.
                                                  Was will man mehr?!
                                                  Das Wort GORE wird hier ganz groß geschrieben und der ein oder andere wird sich hier über die Hälfte des Films vielleicht sogar die Augen zu halten, denn widerlicher geht’s manchmal wirklich nicht, aber auch nicht ideenreicher. Denn wenn dann noch das aus Zombiesex entstandene, grässliche untote Baby wie ein Fußball durch die Flure des Hauses gekickt wird und der Onkel sich durch den Vorgarten prügelt, scheint es nicht mehr irrwitziger werden zu können.
                                                  Doch auch dann hat Peter Jackson noch ein paar Kniffe parat und setzt nochmal 3 Schippen oben drauf. Das geht nicht? Oh doch.
                                                  Wenn Lionel sich mit dem Rasenmäher bewaffnet durch die Zombiehorde im Haus metzelt, Gliedmaßen aller Art zerhäckselt werden und dabei ca. 2000 Liter Kunstblut (entsprechend 15 randgefüllter Badewannen) vergossen wird, dann ist klar: Braindead ist völlig OVER THE TOP.
                                                  Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.
                                                  Was sich offenbart ist ein wahnwitziges, selbstironisches und urkomisches Splatterspektakel der Extraklasse.
                                                  Wer da ob der Kreativität der Szenerie keine Lachkrämpfe bekommt, der ist wahrscheinlich kein fröhlicher Mensch.
                                                  Peter Jackson reißt den Mittelfinger hoch und spuckt allen seriösen Kritikern einen blutig-verrotzten Eumel ins Gesicht und man kann es eigentlich nur abfeiern.
                                                  Und auch wenn es unappetitlich aussah, so stand heute blutige Matschwurst auf der Speisekarte und die hat geschmeckt wie ein 3-Michelin-Sterne Kobe Wagyu Rinderfilet.
                                                  Braindead ist Unterhaltung in Reinform und schickt sich an weiter zu gehen, als jeglicher Film vor ihm. Er hat den Weg für ein neues Subgenre des Horrorfilms mitgeebnet und ist seitdem die unerreichte Nummer Eins im Horrorcomedy- und „Trashbereich“ und Schuld ist ganz klar Peter Jackson.
                                                  Und auch wenn Herr der Ringe eine ganz andere Dimension des Filmemachens darstellt und man die frühen Einflüsse des Regisseurs auch hier noch ausfindig machen kann, so hat auch Jackson selbst sich nie wieder auf derartige Pfade gewagt, wie hier bei seinem Rasenmähermassaker im Lovestorygewandt.
                                                  „Dead Alive“ ist ein gigantisches, erfrischend kreatives, skurriles Ausnahmewerk, das die Erwartungen des Zuschauers auch heute noch komplett über den Haufen wirft und die Gemüter spaltet.
                                                  Schwarzhumorig bis auf die Knochen werden Filmfans aller Art rechts wie links eingesammelt, wer keine Lust hat soll zum Schmollen in die Ecke gehen oder sich einfach nicht so haben und mitfeiern.
                                                  Dieses Teil, was sich in keine Schublade pressen lässt, ist eine riesengroße Party und sorgt für abartige, aber denkwürdige Szenen am laufenden Band.
                                                  Also: für alle nicht-verbohrten Filmfreunde, die diesen Streifen noch nicht gesehen haben, ihr solltet heute Abend bei genüsslicher Runde gleich mal die DVD einschieben.
                                                  1992 wurde blutig-witzige Filmgeschichte geschrieben.
                                                  Must-See!

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                                                    Und zwar so, dass das Blut spritzt und die Gliedmaßen wegfliegen. „Hab ich doch längst alles gesehen, brauch ich doch alles gar nicht mehr…“
                                                    FALSCH.
                                                    Wenn dem Baron mit der Axt die Füße und Hände abgetrennt werden und die Kamera gnadenlos auf den vor Blut spritzenden Stummel draufhält, an dem vorher noch eine Hand oder ein Fuß hing, dann wissen wir, das Teil hier ist nichts für zart besaitete und bei dem ein oder anderen hat sich grad 3x der Magen umgedreht. Die dreckig-voyeuristische Kamera tut dabei ihr Übriges und es kommt einem vor, als wäre man im Geschehen mittendrin, würde unbeholfen dabei zusehen, wie sich Ritter gegenseitig die Köpfe abtrennen, bis man selbst irgendwann an der Reihe ist. Wo man Anfangs noch per Voice-Over in die Geschichte eingeführt wurde, hält sich „Ironclad“ mit dem Storytelling erfrischender Weise zurück und lässt uns einfach Gewalt erleben.
                                                    Ein König der sein Land zurückerobern will (gut gespielt von Paul Giamatti) gegen eine Gruppe von Guten, die das Volk und deren Rechte verteidigen wollen, koste es was es wolle. Mittelpunkt des Szenarios ist eine Burg im Land, die, wenn man der Geschichte hier glauben darf, so etwas wie das Machtzentrum Englands darstellt.
                                                    Mehr brauch man nicht wissen, mehr ist nicht nötig.
                                                    Ein ganze Armee von Axtkriegern von Außen, gegen 20 Mann im Inneren einer Festung. Wer da letztlich heldenhaft gewinnt, weiß man sicherlich schon nach 20min, doch das spielt keine Rolle. Schließlich will man, eingefangen in dreckigen und schlammigen Bildern, nur mal sehen, wie sich ein paar Ritter gegenseitig die Extremitäten abschlagen, oder etwa nicht?
                                                    Wäre da nur nicht die lächerlich aufgebaute Dramaturgie und der „das Land brauch Helden“-Anstrich, um den auch „Ironclad“ leider nicht herum kommt, dann wäre das hier eine richtig dreckig-geniale Nummer geworden, bei der es im Wohnzimmer augenblicklich anfängt zu regnen, wenn die Scheibe erst mal eingelegt ist.
                                                    Doch das hat mal wieder nicht geklappt und das ist schade, denn hätte man neben dem zugegebenermaßen flach gehaltenen Gefühlsgedusel und dem Heldengehabe komplett auf Liebesbeziehungen verzichtet, dann wäre hier ein richtig konsequenter Medieval-Slashactioner entstanden, dem ich die riesigen CGI-Schlösser und Burgen mit einem Lächeln auf dem Gesicht durch gewunken hätte.
                                                    So bekommt man dennoch einen konsequenten No-Brainer, der hier und da mal rührselig wird, der allerdings nicht mit Blut und Kampfszenen geizt und der komplett darauf scheißt, was dem Zuschauer vielleicht zu krass sein könnte.
                                                    Also auf geht’s, spannt die Menschenkörper auf das Katapult und lasst die Leinen los, es gibt Gebein zum Frühstück, Mittag und Abendbrot. Wem das schmeckt, für den dürfte das hier ein deftiger Hochgenuss sein, wer lieber in die Zeitgeschichte abtauchen und Hintergründe erfahren will, der ist hier gänzlich an der falschen Adresse.
                                                    Alles in allem ein atmosphärischer Schlammritt mit Mann-großem Schwert im Anschlag, das von Hälsen und Armen magnetisch angezogen wird. Einschalten und Gehirn gleich im Badschrank lassen, dann wird’s ein blutiges Fest.

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