Big_Kahuna - Kommentare

Alle Kommentare von Big_Kahuna

  • Ich fand die 5. Staffel ziemlich stark, gerade wegen so Folgen wie der "Hartheim"-Folge.
    Kann die große Kritik da ehrlich gesagt nicht ganz verstehen, gerade auch weil die vielen offenen Fragen am Ende der 5. Staffel einen am Ball halten.

    8
    • 9
      Big_Kahuna 24.08.2015, 11:56 Geändert 24.08.2015, 12:36

      Der heilige Berg, das war er also. Verdammt nochmal, was hab ich mir hier bloß angesehen? Was zum Henker war das? Ich kanns immer noch nicht fassen.
      Ein vor sich hin siechender Mann, in seiner eigenen Pisslache. Steinigung.
      Soldaten tragen stellvertretend für die Morde, die sie ausgeübt haben, bei ihrem Marsch blutige Kadaver an den Masten mit sich herum. Und kaum ist die erste Hinrichtung vorbei, kommen schon in Sekundenbruchteilen danach die ersten sensationsgeilen Journalisten und ergötzen sich am menschlichen Ekel.
      Dem Geschwür des Planeten. Doch das war noch längst nicht alles. Aus den Toten Körpern steigen Vögel empor. Ein Hinweis auf die Reinkarnation des Menschen im Tier? Kriegerisch jedenfalls der Kampf der Ritter-Eidechsen in den blutig-explodierenden Miniaturtempeln.
      Für die Vorstellung gibt's dann natürlich auch noch Geld. Unser leibhaftige Jesus fühlt sich inzwischen sichtlich verraten und unwohl, bei all den Nachahmern und Intriganten.
      Was hier auf mich niederprasselt ist ein grellbunter Platzregen der Verrücktheit. Als würde man auf der Couch sitzen und augenblicklich würde ein pinker Elefant sich durch das eigene Wohnzimmer quetschen und dabei Halleluja singen und graue Äpfel scheißen und dich juckt es noch nicht mal.
      Die symbolische Walfahrt führt uns jedenfalls unentwegt weiter, durch die tiefsten Abgründe der Unmenschlichkeit, denn der heilige Berg scheint mir allem voran eins zu offenbaren: wie scheußlich diese Welt doch eigentlich ist, oder besser noch wie scheußlich wir auf ihr unser Leben führen und so tun, als wäre alles in Ordnung.
      Auf dem Weg zum nächsten, vom Sprenkelbrunnen trinkenden, glücklichen Flusspferd scheint mir Jodorovsky sagen zu wollen, dass man das Geschwür, was den Menschen zu dieser boshaften Kreatur macht, aus ihm selbst entfernen kann.
      "Du bist ein Dreck, ein Nichts, aber du kannst dich selbst in Gold verwandeln."
      Dieser Film behandelt einfach alles Negative, was der Mensch auf der Welt fabriziert oder was sich letztlich auf den Menschen selbst negativ auswirken könnte. Ausbeutung der Armen, Schönheitchirurgiewahn, Rüstungsindustrie für den Frieden, unnatürliche Perversionen, hier gibt es offenbar alles zu sehen.
      Hier scheint für jeden etwas dabei zu sein, zumindest für jeden, der etwas darin erkennen möchte.
      Es ist weder möglich diesen Film zusammenzufassen, noch ihn vollends zu begreifen. Dieser Film ist ein schauriges Schreckgespenst, eine göttliche Eingebung oder die Erklärung des Unerklärlichen, vielleicht sogar auch gar nichts davon oder auch alles, letztlich kann das keiner so genau wissen, vielleicht nicht mal der Regisseur.
      Doch eins kann ich sicher sagen: noch nie zuvor habe ich einen solch durchgeknallten, abgespaceden, absurden, kranken, perversen und zugleich brillanten Film gesehen.
      Man darf sich nicht wundern, wenn man urplötzlich eine Szene zu sehen bekommt, in der 999 Männer darauf warten, dass der Oberpolizeiführer endlich dem festgeketteten Freiwilligen in der Mitte feierlich die Hoden abschneidet und diese in ein Gefäß gibt, um damit ein Ritual zu erfüllen. Kurz darauf werden dann etliche Menschen hingerichtet und aus ihnen fließt kein Blut, sondern bunter Obstsaft und Johannisbeeren, Erdbeeren und weiß der Kuckuck tritt aus den Wunden aus. Hier passieren unvorstellbare Dinge, anders kann man das nicht sagen, sonst würde ich es tun.
      Altertümliche Bräuche und moderne Technologie in Wechselwirkung.
      Die Welt könnte so schön sein, wenn die Oberen es zuließen.
      Dieser Streifen ist so aufwendig und gigantisch, dass ich mich frage, wie dieses Projekt überhaupt zustande gekommen sein kann. Hier müssen sämtliche Schauspieler die eigenen Hemmschwellen und Ängste vorher komplett abgelegt haben.
      Nackte Menschen, Tiere aller Arten, riesige Miniaturarbeiten, die bis ins letzte ausgearbeitet wurden, ein überlaufendes Fass voll Skurrilität und Irrsinn. Doch der Film ist nicht irrsinnig, er scheint konkret Probleme und Themen anzusprechen, die für uns alltäglich sind, die wir teils aber längst aus dem Blick verloren haben.
      Doch müsste man den Film etliche Male sehen, um all diese Problemstellungen überhaupt irgendwie zu blicken.
      Das kann man einfach nicht und schon gar nicht beim ersten Mal.
      Und auch wenn dieser Streifen sehr wahrscheinlich nicht jedem Menschen schmecken dürfte, so muss ich vor derartigen Ideen die hier auftreten einfach den Hut ziehen.
      Jodorovsky muss ein Genie sein.
      Und wahnsinnig scheinbar auch, anders ist das schwer zu erklären.
      Ich bin jedenfalls immer noch ganz außer Atem.
      Puhhh.

      14
      • Hach, der Affenlecker mit ein paar sympathisch-knackigen Antworten. So lob ich mir das!
        Und das mit Planet Terror ist gar nicht mal so schlimm, auf sowas muss man eben stehen.

        3
        • 7 .5

          ##Willkommen zu "Kahuna in den unendlichen Weiten des Gangsterfilms #1". Das Gangster- und andere artverwandte Filme meine Leidenschaft sind, dürfte der ein oder andere sicherlich schon bemerkt haben und deshalb eröffne ich die Reihe jetzt letztlich, damit selbst der letzte Gangsterfilmfeind auf meine Seite herüberkommt. Ziel meiner Reihe ist es euch insebesondere durch die Tiefen des Gangsterfilms zu führen und euch Filme zu zeigen, die ihr in dem Metier vielleicht noch gar nicht kanntet, aber auch Streifen die als Koryphäen auf dem Gebiet herhalten können. Es wird also einen kleinen Ausblick auf das gesamte Genre geben, quasi der Blick durch die dunkel getönte Gucci-Sonnenbrille.##
          Hä? Wo bin ich hier gelandet? Das kann ja wohl nicht sein?
          Hmm, während der Sichtung frage ich mich warum dieser Film an mir vorbeigegangen ist, sieht er doch aus wie ein 90er-Jahre Ghettostreifen, bei dem sämtliche Beteiligten mit Goldketten und Bling Bling am Car nur so auf den Putz hauen. Was? 2002? Das kann nicht sein. Oh doch, genau so ist es und damit sind wir angekommen beim mehr oder minder bekannten "Die Straßen Harlems".
          Das das Ding hier aussieht, als wäre es in den frühen 90ern enstanden, könnt ihr euch jetzt sicherlich denken. Hier gibt's aufgemotzte Karren, Lederjacken in Übergröße, jede Menge Goldketten, Oldschool Rap, Dollarscheine und die Sicht darauf, dass man es am Block ohne Dealer zu sein nur schwer zu etwas bringt. Genau das wollte Ace (Wood Harris) nie: Dealer werden. Doch sein bester Freund Mitch (Mekhi Phifer) ist dick im Geschäft, und hat neben einem tollen Ruf auf der Straße auch eine fette Karre unterm Arsch, mit vergoldeten Felgen und allem Pipapo. Davon will Ace anfangs aber noch nichts wissen und geht weiter seinem Job im Waschsalon nach, bis er eines Tages nach diversen Konfrontationen mit den Vorteilen des vielen Geldes und dem Drogendealen selbst zufällig an eine Quelle für feinstes kolumbianisches Koks gerät, bei dem bekanntlich jede Menge Geld aber auch viele Konflikte und falsche Freunde winken.
          Er will alles anders und richtig machen, wie so viele vor ihm auch schon aber auch er kann die Straßen nicht vollends kontrollieren. „Die Straßen Harlems“ ist in der Hinsicht ein kleines Gangsterepos, eine Art Low-Budget-Miniatur-Goodfellas, dass uns vom Aufstieg und vom mehr oder minder harten Fall berichtet, wie wir es schon so viele Male vorher gesehen haben. Das ist mit Sicherheit nichts neues, doch dieser Film versprüht eine angenehme Naivität und ist dahingehend anders, dass die Geschichte in das harte Harlem verlegt wurde.
          Wir sind nah am Geschehen der ablaufenden Deals und auch relativ nah an Ace und all seinen Kollegen und Freunden und wir sind auch nah an den Straßen. So nah an den Straßen, dass man sich fast nur mit Ace, den Dealern und deren Geld beschäftigt, anstatt auch mal die Familien und den möglichen Verlust näher zu beleuchten, was ich mir gewünscht hätte.
          Sicherlich geht’s hier nicht nur um Geld und Drogen, sondern insbesondere auch um Ace' Beweggründe und Beziehungen zu anderen Charakteren, doch leider wird das nicht weiter vertieft, was den Film leider etwas oberflächlich erscheinen lässt, was er im Grunde eigentlich gar nicht ist, denn teils scheint es am Block doch ähnlich so gelaufen zu sein, wie man es hier sieht.
          „Die Straßen Harlems“ ist für mich letztlich ganz besonders eins: authentisch. Er macht sein eigenes Ding mit seinen eigenen Klischees, verweist aber auch auf seine Wurzeln, wenn z.B. ein prallgefülltes Kino
          die Premiere von Scarface abfeiert und man nochmal kurz in die Finale Szene in der Villa abtauchen kann. Letztlich ist „Die Straßen Harlems“ also ein relativ einfach gehaltener, aber guter Gangsterfilm, den jeder gesehen haben sollte, der dem Genre etwas abgewinnen kann und vielleicht auch auf das 90er-Flair steht.
          Für Genregegner vielleicht nicht der sehenswerteste Beitrag, aber durch aus dennoch schaubar.

          12
          • Big_Kahuna 19.08.2015, 11:04 Geändert 19.08.2015, 11:05

            Tolle Antworten, muss ich ja mal sagen. In jeder Zeile merkt man dir dein Filmfanherz an, das ist gut so und genau solche Leute brauchen wir hier. ;)

            1
            • 7

              John Wick ist ein knackiger Rachethriller mit einem nahezu mimenlosen Keanu Reeves, der einfach nur sein Ding durch zieht und dabei Leichenberge hinter sich liegen lässt. Das ist bockernst, gradlinig, gewaltsam und mehr brauch man für solch einen Film nicht. Die kalten, blauen Bilder versuchen nichts zu suggerieren, was hier nicht ist, denn „John Wick“ will nicht mehr sein, als ein einfacher Rachethriller und genau das ist auch gut so. Klar tägt Wick ein Päckchen mit sich herum, bei dem wohl jeder andere zusammenbrechen würde, doch dieser Streifen schlendert ohne großen Kitsch durch die verregneten Gassen New Yorks und lässt russische Gangster zu Hauf tot in der Ecke zurück, ohne sich groß über die Gefühlswelt seiner Figuren Gedanken zu machen.
              Das ist technisch und choreographisch gut gemacht, streckenweise erfrischend eiskalt, an mancher Stelle sicherlich etwas zu viel des Guten und vielleicht sogar etwas monoton, doch es macht Spaß Keanu Reeves dabei zuzusehen, wie er sich für all die Schandtaten und Schicksalsschläge rächt, die er erlitten hat.
              Ob das nun in der Art und Weise besonders glaubwürdig ist, sei mal dahingestellt, doch versucht „John Wick“ nicht philosophisch und pathetisch daherzukommen, wie manch anderer Genrefreund (Equalizer).
              Und wenn der einst ausgestiegene John Wick wieder in sein Metier als Auftragskiller zurückkehrt und mit der Pistole im Anschlag die Korridore seines Hauses säubert, weil er nichts mehr zu verlieren hat, dann kann man sich getrost mit ihm auf seinen blutigen Weg begeben, zumindest ohne groß die Logik dieses Unterfangens zu hinterfragen.
              Das ist ganz einfach Männerkino, wie man es schon oft gesehen hat und bei dem man den Kopf ausschalten kann, aber das wichtige: es funktioniert.
              Insgesamt erfindet John Wick das Rad nicht neu und kann genauso wenig als Meisterwerk bezeichnet werden, doch wer Rachethriller standardmäßig auf dem Speiseplan hat, der dürfte hier satt werden und zum Schluss eventuell sogar den Teller sauber lecken.

              17
              • Ich les mir den Artikel mal nicht durch, diesen Streifen schieb ich nämlich schon ewig vor mir her und ich hab Angst, dass ich mir mit dem Lesen den ein oder anderen Überraschungseffekt rauben werde. Aber selbst die Bilder sprechen ja schon für sich.
                Sicherlich genau mein Geschmack. ;)

                4
                • 8
                  über Brazil

                  Terry Gilliam ist schon ein Genie.
                  Ein Genie, von dem man sagen könnte, das der Wahnsinn zu selben Teilen in ihm steckt, wie die Genialität, die er versprüht. Sichtbar wird das in Brazil, einem Film der wie aus des Zeit gefallen zu sein scheint, zumindest auf den zweiten Blick.
                  Gilliam entführt uns in eine unbekannte Welt, eine Welt die allerdings in greifbarer Nähe liegt, selbst wenn man den Streifen aus heutigem Blickwinkel betrachtet.
                  "Mach was aus deinem Leben", "Aus dir soll mal was werden", na habt ihr sowas schon mal gehört? Der ein oder andere dürfte vor dem Bildschirm abnicken und vielleicht sogar noch den pädagogischen Schupser im Rücken spüren, den seine Eltern ihm gegeben haben, um sein Leben dahin zu bringen, wo es heute ist.
                  Genau darum geht es hier. Um Allgemeingültigkeit, um Karrierepläne, um das Ansehen in der Gesellschaft und um das Regierungsvehikel, dass sich in Bewegung gesetzt hat und sich fortan immer weiter vom Wohl und den Bedürfnissen des Einzelnen entfernt.
                  Hier wird mit Paragraphen umher geworfen, mit Zetteleien durch die unendlichen Räume der Bürokratie gewandert, hier ist alles etwas überzogen und doch zeigt alles einen Ausblick, der irgendwie wahrscheinlich scheint.
                  Roboterstimmen im Telefon, automatische Frühstückszubereitung und Computerbildschirme in jedem Zimmer, alles gesteuert von denen dort oben und die Technik nimmt weiter ihren Lauf um vor allem eins einzusparen: kostbare Zeit, die für Arbeit genutzt werden könnte. Was bleibt auf der Strecke? Du und ich, genau.
                  "Kann ich mir das mal ansehen, ich hab noch niemals einen Rückvergütungsscheck gesehen?"
                  Die Regierung hat die erhobene Hand über uns allen, aber nur wenn wir auch schön brav bleiben und im Strom mit schwimmen und die Regierung macht vor allem eins nicht: Fehler.
                  Der Mensch lebt in Reihe, wie die Hühner im Stall. Das Individuum bewegt sich eng in seinen Schranken, glaubt aber selbst alle Möglichkeiten der Welt zu haben. Das ist Brazil und er steckt voll von diesen, dem Einzelnen verschriebenen Gedanken und Andeutungen und macht das so genial, dass man teils nicht fassen kann, dass dieser Film 1985 entstanden ist. Es macht Spaß den ungewissen Weg vom eingangs nur leicht anarchistischen Sam Lowry (Jonathan Pryce) mitzugehen, der seinen Anfang in einem einzigen Rechtschreibfehler findet. Es macht Spaß all die Ideen zu entdecken, die Gilliam in diesem Streifen versteckt hat, doch manchmal erschreckt es einen auch, wenn man feststellt, dass die Dinge teils so gekommen sind, wie sie uns hier prophezeit wurden. Materialisierung, Automatisierung, Massenabfertigung, Bürokratiewahn, Schönheitschirurgie, und und und.
                  Sam Lowry steckt in dieser Welt fest mit seinen emotionalen Bedürfnissen und den Träumen von dieser einen Frau, in die er sich verliebt hat und so versucht er sie im echten Leben endlich zu finden, was zwischen all den Staatsbestimmungen und Richtlinien natürlich nicht wirklich einfach ist. Doch die Suche geht weiter und je weiter sie voranschreitet umso mehr verliert sich Gilliam in diesem wirren Liebes-Plot und setzt nicht mehr auf die anfängliche Verdeutlichung all dieser konträren Dinge und genau das macht Brazil leider auch ein Stück weit schwergängig, was sehr schade ist, denn ansonsten passt hier wirklich alles, insbesondere Jonathan Pryce' Schauspielleistung.
                  Brazil ist ein geniales Stück Filmgeschichte, um dieses Statement kommt man einfach nicht herum, insgesamt war es dann mit fortschreitender Laufzeit aus heutiger Sicht aber auch ein leicht langatmiger und wirrer Film. Das macht aber trotzdem nichts, denn genial bleibt er zu jeder Sekunde.
                  "Und das hier ist die Quittung für Ihren Mann! Danke sehr! Und das hier ist meine Quittung für Ihre Quittung!"

                  20
                  • 7
                    Big_Kahuna 12.08.2015, 15:45 Geändert 13.08.2015, 07:09

                    Diesen Kommentar widme ich 2 guten Moviepiloten-Freunden, die schon seit etlichen Monaten darauf warten, dass ich zu diesem einen, sehr von den beiden gemochten Film etwas schreibe. Einer davon ist einer der ersten Freunde, die ich auf Moviepilot hinzufügen durfte und gleichzeitig auch ein wahrer Filmfreund, so wie ich es bin. Mit ihm kann man ausgiebig über nahezu jedes Thema diskutieren, sich einen pädagogischen Rat suchen oder ihn um fachmännischen Beistand in der deutschen Sprache beten, alles kein Problem. Manche wissen vielleicht schon um wen es geht und zwar um -> kobbi88. Ja mein Freund, du liest richtig, es ist endlich so weit. Die zweite Person, die mindestens genauso von mir geschätzt wird, ist ein Actionfilm-liebendes, zwischenmenschlich einwandfreies 90er-Jahre-Filmkind, das ebenfalls einen Kommentar von mir zu diesem Film erwartet.
                    Sollte jemand eine tiefschürfende Frage zu Arni oder Sly haben, der kann sich gern bei ihr melden. Ich denke sie kann euch da sicher helfen. Die Rede ist schließlich von der sci-fi-affinen Lydia Huxley. Nachdem die beiden mich also im Kanon stets damit bearbeiteten, dass ich mir doch dieses Musical ansehen solle, musste ich irgendwann dem unmenschlichen Druck nachgeben, der auf mir lastete wie ein Wackersteinhaufen und die beiden für ihr Engagement und ihre lange Wartezeit entschädigen und das tat ich gestern, als ich mir den hochgelobten „Les Miserables" ansah.
                    #######################################
                    Beim Schauen erinnere ich mich immer wieder an kobbis Worte, dass man mit auch nur ein klein wenig Herz diesen Film lieben müsse, denn emotionaler geht’s wohl kaum. „Der ist einfach toll", sagten die beiden, „den muss man gesehen haben". Und irgendwie hatten sie Recht. Denn alle Beteiligten (insbesondere Hugh Jackman, wirklich grandios) singen sich die Seele aus dem Leib und ich mittendrin und das obwohl ich Musicalverfilmungen und deren singenden Figuren eigentlich generell aus dem Weg gehe, weil ich sie schlichtweg nicht leiden kann, was übrigens auch der Grund war, warum es mit der Sichtung dieses Films so lange gedauert hatte.
                    Aber gut, so ist das eben. Ich begann also mich mit Jean Valjean (Hugh Jackman) auf den Weg zu begeben. Einen Weg der mir die blanke Armut und Ausbeutung offenbart. Der Gefühle von Menschen wie die Erde auf einem Trampelpfad zertritt. Wir begaben uns auf einen Weg, der uns die Sklaverei und Ungerechtigkeit zeigt, die bekämpft werden muss und wird, denn wir beschritten den Weg aus der Armut in den französischen Juniaufstand 1832 und dieser Weg ist nun mal steinig, stachelig und nur sehr schwer zu gehen. Hier ist ein Kindesleben nur so viel wert, wie viel Geld man aus ihm machen kann. Hier muss man sich ohne Geld die Haare abschneiden und die Zähne ziehen lassen, um sich irgendwie die letzten Pimperlinge zusammenkratzen zu können. Liebe scheint in einer solch raffgieren, abscheulichen Welt nur schwer bestehen zu können, zumindest in der allgegenwärtigen Unterschicht hier.
                    Und genau das zeigt „Les Miserables" ungeschönt und visuell wirklich atemberaubend, fast zu jeder Sekunde. Bis hier hin hört sich das für euch vielleicht schon fast nach einem Herzfilmkommentar an, doch der Schein trügt. Denn mein mehr oder minder großes Problem, waren die ausschweifenden Gesangseinlagen, die nicht selten in Duette und Trios ausarteten.
                    Und auch wenn in ihnen die Geschichte gekonnt erzählt wird und sie von den Schauspielern live vor Ort performt wurden, ziehen sie für mich das Geschehen in die Länge und ermüden mich an mancher Stelle. Das ist schauspielerisch und Gesangs-technisch hervorragend umgesetzt und mich wundert es nicht, dass dieser Film hier so viele Auszeichnungen abgesahnt hat, doch ausgerechnet mich konnte es nicht vollends mitnehmen. Es entschleunigte das Geschehen, leider.
                    Optisch ist „Les Mis" selbstverständlich über jeden Zweifel erhaben und neben Hugh Jackman wissen auch Russel Crowe, Anne Hathaway, Eddie Redmayne und all die anderen Darsteller vollends zu überzeugen, doch die musikalische Aufmachung hindert mich daran, mich komplett diesem augenscheinlichen Meisterwerk hinzugeben. Das, was ich vorher schon vermutete hat sich ein Stück weit offenbart, auch wenn die Geschichte rührend ist und inhaltlich stark umgesetzt.
                    Die Charaktere sind toll herausgearbeitet, die Kostüme sind perfekt und die Kulissen atemberaubend. Ich beginne schon nach kurzer Zeit Javert (Russel Crowe) zu verabscheuen und Valjean die Daumen zu drücken und das ändert sich auch nicht. Doch immer schlepp ich mich auch ein Stück weit durch die Jahre der Flucht.
                    Durch die Gefühlswelt von Valjean und seiner dazugewonnen „Tochter". Rührend und ergreifend, ohne Zweifel.
                    Der Film kann was und zwar Gefühle transportieren. Und der Film kann noch was anderes: die damaligen Verhältnisse ungeschönt und echt darstellen, sodass dem Zuschauer oftmals ein Schauer den Rücken herunterläuft. Ja das alles kann er und doch muss ich mich anstrengen dran zu bleiben und das tat ich.
                    Und ich sah, dass „Les Miserables" insgesamt dennoch ein wirklich großer Film ist, der uns gekonnt durch die französische Armutswelt des 19. Jahrhunderts schickt und uns gleichzeitig die Geschichte eines Mannes und seiner Tochter eröffnet, die von einem fanatischen Inspektor verfolgt werden.
                    Ohne den Gesang hätte mich das sicher aus den Socken gehauen, doch auch so muss ich sagen, dass dieser Film völlig zurecht derart erfolgreich war und mich letztlich aufgrund seiner visuellen Aspekte und des Themas doch ein wenig beeindruckt, aber während des Sehens leider auch auf eine harte Probe gestellt hat.
                    #######################################
                    Für die Empfehlung kann ich mich bei euch beiden Quälgeistern (ja ich übertreibe ein wenig, ist ja schon gut :p) trotzdem nur bedanken und bitte die letzten Monate des Wartens zu entschuldigen und hoffe, dass ich euch wenigstens ein wenig mit diesem Kommentar entschädigen konnte, denn ich hab mir ausnahmsweise mal Mühe gegeben.
                    Sollte das hier für euch allerdings eine herbe Enttäuschung darstellen, dann muss ich mir eben die Driverjacke überstreifen und mit dem Hammer mal bei euch vorbeischauen, das kann ich dann auch nicht ändern. Nein Spaß, alles in allem hat sich der gestrige Abend dann doch noch gelohnt und 7 Punkte sind ja dann doch gar nicht mal so schlecht. In diesem Sinne: Au Revoir mes amis.

                    12
                    • Sowieso ein klasse Typ, wenn auch leicht verrückt.

                      2
                      • 8
                        Big_Kahuna 11.08.2015, 10:59 Geändert 11.08.2015, 10:59
                        über Stoker

                        Stoker, das Hollywood-Debüt vom Großmeister Chan-wook Park höchstpersönlich. Mit diesem Streifen zeigt er mal wieder, was er so alles drauf hat, zumindest technisch. Denn wenn uns Park in seine Geschichte aus Intrigen, Hass und einer von innen heraus komplett zerstörten Familie hineinzieht, die aber über die ganze Laufzeit ihr Gesicht zu wahren versucht, dann glaubt man, man sei in einem Albtraum stecken geblieben und käme nicht wieder heraus.
                        Denn irgendwie scheint alles so zweideutig und symbolisch, teils auch so komplett unwirklich, dass man sich unweigerlich fragen muss, was denn hier nun eigentlich wirklich vor sich geht.
                        Das durch die clevere Kamera komplett verschachtelt anmutende Haus, wird dabei technisch so eingefangen, dass man sich teils wie in einem Labyrinth vorkommt. Ein beängstigendes Labyrinth, denn die Bedrohung könnte hinter jeder Tür, hinter jedem Winkel lauern, doch können wir über die gesamte Laufzeit nur vermuten, was hier eigentlich wirklich die Bedrohung ist und das obwohl wir es eigentlich schon wissen, doch begleiten wir mit India (Mia Wasikowska) einen Menschen, den wir selbst noch nicht so ganz verstehen.
                        Eigentlich verstehen wir relativ lange rein gar nichts. Der Regisseur platziert gekonnt eine Frage nach der anderen in unseren Köpfen. Ist Charlie der böse Onkel und das obwohl er die Wünsche seines Gegenübers ihm von den Augen abzulesen scheint? Warum ist India (Mia Wasikowska) so in sich gekehrt? Wieso ist die Mutter Evelyn (Nicole Kidman) der Tod ihres Mannes so gleichgültig?
                        Eins muss man in jedem Fall sagen: dieser Film ist emotional völlig unterkühlt, nahezu eisig. Jedes Fünkchen Wärme und Herzlichkeit (Tante Gin) wird erst von Charlie Stoker (Matthew Goode) und später dann auch von India im Keim erstickt. Die Beziehungen der Charaktere zueinander sind von einer unheimlichen Distanziertheit bestimmt.
                        Gesten der Liebe scheint es im Hause Stoker nicht mehr zu geben und wenn es mal zu körperlicher Nähe kommt, handelt es sich offenbar nur um das Bedürfnis nach Sex. Nicht umsonst flüchtet India zu Beginn des Films immer wieder vor allen Konfrontationen. Doch auch in ihr scheint sich auf lange Sicht nur der Drang nach Einsamkeit und Hass zu entfalten. Wieso, kann man anfangs nur deuten: wahrscheinlich muss sie den Tod ihres Vaters auf diese Weise verarbeiten.
                        Stoker ist die ganze Zeit über herausragend fotografiert, denn wie Park mit Perspektiven spielt ist unvergleichlich und trotzdem lastet der Film gerade über die ersten 2/3 wie eine große Männerleiche auf den Schultern des Zuschauers, denn irgendwie schlägt einem ein Kauderwelsch von Bildern entgegen, das man irgendwie zu entwirren versucht, doch es gelingt nicht, zumindest vorerst.
                        Dieser Wille zum Entwirren hält einen aber dennoch irgendwie bei der Stange, bis man dann zum Schluss endlich dafür entlohnt wird.
                        Das wird für einige dennoch nicht reichen, schließlich muss man trotz aller Geduld auch irgendwie am Ball bleiben und den für viele sicherlich völlig unwirklichen Storyverlauf erstmal so hinnehmen. Doch wenn man das schafft, dann kann Stoker mit seiner Symbollastigkeit, seinen mysteriösen Charakteren und seiner Auflösung einen wirklich aus den Socken hauen.
                        Und das hat dieser Film bei mir dann letztlich doch noch irgendwie geschafft, auch wenn er für meinen Geschmack eigentlich viel zu distanziert und kühl daherkommt und es mit seiner Symbolik etwas übertreibt.
                        Insgesamt kann man Chan-wook Park bei seinem Stoker sicher Effekthascherei und sinnloses Verschachteln der Story vorwerfen, gerade aber in dieser Mystifizierung besteht letzten Endes dann doch irgendwie der Reiz des Films und genau das zeigt deutlich auf, dass sich unser koreanischer Regisseur auch nicht für Amerika krumm macht.

                        20
                        • Die Problematik die ich hatte, war ganz einfach, dass ich zu nahezu all meinen Lieblingsfilmen schon einen Kommentar schon geschrieben hab. Ich denke mal, da gehts vielen genauso. :P

                          2
                          • Schönes Bekenntnis auch an die Filmwelt im Allgemeinen!

                            3
                            • Tolle Antworten razzo! Das ein oder andere mal gabs auch einen Schmunzler beim Lesen und diesen Cinematon kannte ich auch noch nicht, dabei dachte ich schon mein Vorhaben Satanstango zu sehen, wäre verrückt. :p

                              2
                              • Sehe alles ganz genauso und wenn ich Alzheimer hätte, würde ich wahrscheinlich denken, dass ich selbst den Text geschrieben habe, so sehr ähneln sich unsere Ansichten. Lynch ist ein meisterhafter Regisseur, der mit Lost Highway mMn seinen stärksten Film gedreht hat. Selten hat mich ein Film nach der Erstsichtung so hilflos und fasziniert zurückgelassen.

                                1
                                • Der geldgeile Sequelwahn nimmt seinen unverketteten Lauf durch die deutsche Kinolandschaft. Also alles beim Alten. Gähn.

                                  5
                                  • 8 .5

                                    Stiefbrüder. Jeder weiß was gemeint ist: aus der stetig steigenden Scheidungsrate resultierende Patchwork-Familien, die gern mal wild zusammengemixt sind, sich aber in der Regel trotzdem ganz gut verstehen und zusammenraufen.
                                    Das ist das, was man bei diesem Titel vermuten könnte, letztlich klatscht uns Adam McKay in Kombination mit Will Ferrell hier allerdings eine aberwitzige Komödie vor den Latz, die zwischen Genie und Wahnsinn hin und her rangiert. Hier werden Familienteile zusammen geführt und wieder entzweit und das alles mithilfe einer Story, die völlig aus den Fugen gerät. Die Kluft zwischen völlig normalen Eltern und deren kindlichen End-30er-Söhnen, die eigentlich schon längst aus dem Hotel Mama ausgezogen seien müssten, scheint immer größer zu werden. Dabei werden Klischees nicht nur bedient, sondern in ihrer Formvollendung dargeboten und zwar in unverwechselbarer Weise.
                                    Der neue Familienvater wandelt sich vom anfangs noch verständnisvollen Mann zum geldgeilen Monsterdaddy, allerdings wird er mit den beiden Stiefbrüdern Dale (John C. Reilly) und Brennan (Will Ferrell), die ein apokalyptisch nervendes (Anti-)Duo bilden, vor eine Mammutaufgabe gestellt, bei der man nur verzweifeln kann.
                                    Zwischendrin bekommen wir dann absurde, flache Comedy, die sich am äußersten Rande der Verrücktheit bewegt.
                                    Das Ding hier ist einfach komplett irre, über weite Teile aber auch verdammt genial. Allein das Intro ist bahnbrechend. Ich frage mich nicht umsonst über die gesamte Laufzeit des Films, ob die Drehbuchschreiber Adam McKay und Will Ferrell beim Schreiben dauerbekifft waren und/oder vorher aus einer Psychiatrie ausgebüchst sind, schwer erklärlich bleibt eine derartig abstruse Kreativität allemal.
                                    Mit fortschreitender Lauflänge und den immer schlimmer werdenden Eskapaden, die unsere Stiefbrüder hier fabrizieren, begibt sich der schwarze Humor in die makabersten Gefilde herab, die man sich vorstellen kann. Das ist streckenweise wirklich bitterböse, für schwache Gemüter könnte es also etwas holprig werden, letztlich komplettiert Regisseur Adam McKay damit sein humoristisches Werk zu einer gänzlich andersartigen Komödie, auf die man zugegebenermaßen stehen muss, ansonsten könnte es nämlich schwierig werden.
                                    "Stiefbrüder" ist eine verkappte, durchgeknallte Hommage an das Erwachsenwerden, zeigt uns dessen Abgründe in alle möglichen Richtungen auf und erklärt uns auf äußerst kreative Weise, dass viele Menschen in Wirklichkeit nicht so tolerant und emphatisch sind, wie sie es vorgeben zu sein.
                                    Das dürfte nicht jedermanns Sache sein, mit der geistigen Lupe lassen sich aber die "zwischenmenschlichen Feinheiten" erkennen, bis das Ganze dann wieder zum infantilen Kinderquark übergeht.
                                    Das Teil hat mich mit seinen überzeugenden Darstellern und seinem absolut verrückten Drehbuch komplett aus den Socken gehauen und mithilfe seines schwarzen Humors und seinem Alltagsbezug gefesselt, wie selten eine Komödie zuvor, denn eins müssen wir uns eingestehen: wir alle bleiben die Kinder von unseren Eltern, das Erwachsenwerden müssen wir aber dann doch irgendwie selbst hinbekommen.

                                    12
                                    • 8

                                      Birdman. Eine Ode an das Kino und an das Schauspiel.
                                      Bei Birdman gelangt man in den Lebenskosmos eines Schauspielers. Eines Schauspielers der nicht mehr unterscheiden kann zwischen reellem Leben und gespielter Rolle.
                                      Eines Schauspielers der an den Fließbändern der Traumfabrik selbst Tag für Tag arbeitete und immer noch arbeitet und dadurch zum psychichen Wrack wird.
                                      Ein Schatten seiner selbst, nie wirklich frei und zum fesseln verurteilt, denn etwas anderes als fesseln kann er nicht mehr, will er nicht mehr.
                                      Seine Lebensaufgabe und gleichzeitig sein Fluch. Birdman rangiert zwischen Internetruhm, Popularitätswahn, hinter den Kulissen des Theaters/Kinos und dem Leben an sich hin und her und ergötzt sich an seiner philosophischen Vielschichtigkeit. Wer hier nicht zum Sinnieren angeregt wird, dem kann man dann wohl auch nicht mehr helfen.
                                      Hier ist alles clever und durchdacht, auch wenn einem das Script bei längerem Überfliegen sicherlich wie ein nicht enden wollendes Gedankenlabyrinth vorkommen dürfte, aber allein schon mit dem Intro setzt sich Inarritu ein Denkmal. Virtuos und nahezu ohne sichtbaren Schnitt führt uns Lubezkis Kamera durch die mehrdeutige Story, bei der wir uns nicht selten fragen müssen "ist das jetzt gerade gespielt oder doch sein echtes Leben?". Birdman ist, genau wie seine Schauspieler, einfach genial, um dieses Urteil kommt man nicht herum, aber um ihn auch zu mögen muss man Fan von all dem sein, was in Birdman Thema ist. Wenn man nicht vorher schon ein Theater- oder Filmliebhaber ist, dann wirds höchstwahrscheinlich auch mit dem Streifen nix, denn Birdman bedeutet gleichwohl auch ein bisschen Arbeit und "am Ball bleiben" für den Zuschauer und nichts ist schlimmer, als sich dazu zwingen zu müssen, oder etwa nicht?
                                      Birdman ist alles andere als simpel und so muss man eben als Beobachter mitdenken und wenn man dann schließlich hinter die Gedanken von Regisseur und Leitdenker Inarritu kommt, dann fragt man sich an mancher Stelle schon, ob das noch aus dem Gehirn eines "Normalsterblichen" stammen kann. Hier greift alles ineinander: voyeuristische Kamera, instrumentaler Soundtrack und überragendes Schauspiel. Hier muss der Hauptdarsteller gleichzeitig Regisseur, Schauspieler, fiktive Heldenfigur, Familienvater und psychisches Wrack in einem spielen und genau das macht Michael Keaton mit einer Bravour, die wohl ihresgleichen sucht. Und auch all die anderen (Edward Norton, Emma Stone, Zach Galifianakis, Naomi Watts und Co.) reihen sich dort nahtlos mit ein und jeder für sich spielt hier über allen Ansprüchen, die man vorher gehabt haben könnte. Letzten Endes ist und bleibt Birdman in allen Belangen unangetastet und erhaben, bei all seiner Brillanz aber auch ein hartes Stück Arbeit für den Zuschauer und sicherlich nichts für einen entspannten Sonntagnachmittag, bei dem man getrost das Gehirn gleich im Bett lassen kann.

                                      20
                                      • 7

                                        Seth Rogen, er ist ja ein Kerl, wie kein zweiter. Ob das jetzt zu 100% toll ist, sei mal dahingestellt. Aber: ob es sich jetzt um Ananas Express, Green Hornet, Bad Neighbors oder sonst welche Rolle von ihm dreht, sie hat immer diesen verpeilt-menschlichen Rogen-Touch, den manche vielleicht nicht abkönnen, der aber irgendwie immer ein Stück weit Menschlichkeit mit sich bringt. Wie dem auch sei, in the Interview nimmt man genau so einen Normalo, packt ihn mit einem völlig durchgedrehten James Franco in ein Boot, schickt die beiden in ein Flugzeug nach Nordkorea um den Führer zu interviewen und fertig ist das Ding, oder? Genau das ist das Grundgerüst und das bekommt wirklich einen bizarren Anstrich kann man sagen.
                                        Die USA und Nordkorea haben ja eine - gelinde gesagt - leicht vorbelastete Beziehung zu einander und man muss natürlich auch keinem mehr sagen, dass Nordkorea mit einem System regiert wird, dass seiner Bevölkerung jegliches Freidenken abnimmt, aber wie Regisseur und Darsteller Seth Rogen das ganze auf die Schippe nimmt, ist schon eine Bemerkung wert. Schließlich nimmt es sich the Interview nicht heraus Nordkorea schlecht zu machen und sich selbst auf einen heiligen Sockel zu heben, viel mehr fungiert der Film als Selbstkritik an die eigene Medienlandschaft, Geldgier, Machtbesessenheiten und was sonst noch so in der freien Wirtschaft möglich ist.
                                        Das man dabei Nordkorea manchmal slapstickartig, manchmal tiefgründiger und manchmal völlig ohne Niveau vor den Karren eumelt, war nicht nur erfrischend anders, sondern schlug international auch ziemlich hohe Wellen und verschärfte die ohnehin schon prekäre Situation zwischen den beiden Staaten nochmal um ein Vielfaches (nicht umsonst kommentierte man Obamas Zuspruch zur Veröffentlichung des Films mit den Worten er "verhalte sich wie ein Affe im Urwald"). Die Story verläuft irrwitzig, die Charaktere sind auf skurrile Art und Weise herausgearbeitet (allen voran Dave Skylark, gespielt von Franco) und auch die ein oder andere blutige Einlage dürfte für Überraschungen sorgen, aber was Seth Rogen mit James Franco im Duo hier auf die Beine stellen, ist nicht nur lustig, sondern wie schon erwähnt auch Kritik in alle Richtungen. The Interview ist an vielen Stellen kurzweilig, peinlich flach, völlig Banane, aber eben streckenweise auch spannend, urkomisch und vor allem dank einem komplett wahnsinnigen James Franco auch angenehm anders.
                                        Das macht Spaß, das ufert teilweise komplett aus und funktioniert auch noch als entmystifizierende Diktaturenkritik. Alles in allem ist the Interview vielleicht für einige zu speziell und teilweise auch zu flach, selbstverständlich auch politisch inkorrekt, insgesamt aber ein guter Rogen und das kann man nun wirklich nicht immer sagen!

                                        13
                                        • Sehr geil, der Trailer haut schon ordentlich rein und danach muss nur noch die 2Pac-Verfilmung her (woran ich kaum noch glaube), dann bin ich glücklich.

                                          1
                                          • Wenn ich daran denke, dass die ganzen, kleinen, heranwachsenden Frauen, die diesen Film sehen werden, sich danach auch so einen tollen Mann mit so tollen Verführungsspielen und diesem ganzen Sexspielzeug wünschen werden, kommt mir das kalte Kotzen.

                                            5
                                            • 8
                                              Big_Kahuna 03.02.2015, 15:08 Geändert 11.08.2015, 09:42

                                              [Spoiler enthalten]
                                              Under the Skin - die Berührung der Seele, ohne das physisch je ein Kontakt stattgefunden haben muss. Liebe, Sehnsucht, umgeworfene Erwartungen, das Ungewisse, das Kribbeln in der Magengegend, Erotik, Träume, das übersprudelnde Miteinander zweier Menschen. Dem allen nähern wie uns, von einer unentdeckten, noch unbekannten Seite. Und das tun wir durchgehend, den ganzen Film lang und selbst als er vorbei ist hören wir nicht damit auf.
                                              Wie wird wohl ein Nichtmensch zu verstehen versuchen, was Liebe ist und warum sie überhaupt entstehen kann? Wie würde wohl ein fernes Wesen auf unsere Welt herabblicken und sie nachvollziehen wollen? Ist unsere errichtete Welt eine vorangeschrittene, fortentwickelte Natur, die nur hier existieren kann? Under the Skin ist ein Experiment.
                                              Ein Versuch, der direkt und unmittelbar am Beobachter stattfindet. Wenn man nicht aufmerksam ist, nicht mitdenkt, sich nicht sein geistiges Gerüst selbst baut, dann ist Under the Skin genauso träge und leer, wie der Kopf des Zuschauers während der Sichtung. Aber mehrmals ertappe ich mich dabei, wie ich fast freiwillig unter die Haut eines durchgehend komischen Wesens zu schlüpfen versuche, nachvollziehen will, aber es klappt nicht. Fragen entstehen am laufenden Band: was macht sie da? Warum tut sie das? Wieso gerät sie nie an den falschen? Immer wieder klatscht einem die Peitsche der Verführung von Scarlett Johansson ins Gesicht. Immer wieder hofft man irgendwie auch, dass der Film endlich mal aus dem Knick kommt. Aber das muss er gar nicht. Er schreitet in seiner audiovisuell köstlich gezeichneten Entschleunigung voran und lässt den Zuschauer das Zepter in die Hand nehmen, bis das Ende über den Bildschirm läuft und man entrüstet den Fernseher ausschaltet, aber auch dann scheint der Film noch nicht vorbei zu sein, denn man denkt trotzdem weiterhin darüber nach. Und man denkt und denkt und es will nicht aufhören, bis man für sich selbst geklärt hat, was der Regisseur mit diesem abgespaceden Neo-Sci-Fi-Vehikel, das trotz seiner Langsamkeit an mir vorbei gerauscht ist, wie der Ghostrider auf seinem feurigen Motorrad, wohl bitte sagen wollte. Und selbst wenn man zu keinem Schluss kommen mag, bleibt Under the Skin ein faszinierend andersartig anmutendes Stück Filmgeschichte, von dem jeder gerne behaupten kann was er will, bei dem man aber einfach von einer Seite erwischt wird, die man vorher noch nicht wirklich kannte. Under the Skin ist für den einen, ein langweiliges Aneinanderreihen von Szenen der Verführung und des Transporterfahrens im langweiligen Vorstadtschottland und für den anderen die Erklärung der Liebeswelt, die immer wieder (egal welche Sexualität man hat) den Mittelpunkt unseres Lebens auf dieser Erde hier darstellt. Vielleicht ist Under the Skin auch etwas ganz anderes und keiner von uns lag je nur eine Sekunde auch nur ungefähr in der Nähe von dem, was der Regisseur in uns hervorrufen wollte, eins ist allerdings sicher: Under the Skin ist anders, und wie.
                                              Am besten man beliest sich gar nicht erst, denn jeder kleinste Spoiler könnte Beeinflussung pur sein, dabei sollte man mit kompletter Unvoreingenommenheit an diesen verrückten Schinken herangehen.
                                              Der Score ist top, die Kamera schleicht aus ungewohnten Blickwinkeln von Ort zu Ort und der Plot mag wohl bei jedem wie schon erwähnt etwas anderes auslösen, insgesamt lässt sich aber unter Garantie keine allgemeingültige Bewertung für diesen Streifen abgeben, denn dafür ist er einfach zu speziell, vielleicht sogar ein winziges Stück kubrick-artig, aber wirklich nur ein klein winziges Stück. ;)

                                              25
                                              • 7

                                                "Nicht auflegen!" ist eine knackig-kurzes Kammerspiel im Thrillergenre, das mit einer geschmeidigen Ausgangsgeschichte durchaus mehr hätte machen können. Das Dauerarschloch und Publicityass Stu Shepard (Colin Farrell) bescheißt alles und jeden und ist sowieso nur ein hochnäsiger Penner, der nicht nur dauerhaft am Handy hängt, sondern auch noch täglich trotz Frau eine Geliebte von der einzigen, noch funktionstüchtigen Telefonzelle in der Stadt aus kontaktiert. Die Ausgangsposition ist also schon mal klar: wir haben es hier mit einem egoistischen, hinterlistigen Geschäftsmann zu tun, der alles und jeden hinters Licht führt.
                                                Doch dann kommt alles so, wie sich der Zuschauer vielleicht schon ein bisschen gewünscht hat und er wird selbst in dieser besagten Telefonzelle angerufen und mit dem Tod bedroht. Das bietet Zündstoff für einen packenden Handlungsverlauf, jedoch hinterlassen die durch aus bösartigen, aber auch irgendwie disneyhaften Belehrungsversuche des Heckenschützenprofikillers einen faden Beigeschmack beim Schauen.
                                                Zwischen den dauerhaften Morddrohungen, den auf Sensation lauernden Kameras der Journaille und den pädagogischen Gesprächen mit dem leitenden Polizisten vor Ort, schreitet die doch recht spannende und auch durchaus beklemmend eingefangene Geschichte voran und nimmt den Zuschauer mit. Dafür verantwortlich ist nicht nur Farrells Ein-Mann-Performance am Schnurtelefon, sondern auch die boshaft-lüsterne Stimme von Kiefer Sutherland (bzw dessen Synchronsprecher Tobias Meister) am anderen Ende des Hörers, der trotz Nichterscheinens eine beachtliche Leistung abliefert. Zwischendrin sehen wir dann noch die leicht schlaganfallartigen, aber sehr sympathischen Blicke von Forest Whitaker und fertig ist der Lack. Wäre da nur nicht die an manchen Stellen leicht undurchdachte Story und der hinkende Twist am Ende, dann wäre Stu Shepards innere Katharsis im beengten Telefonzellenhäuschen das Stück glaubwürdiger, was es am Ende gebraucht hätte. Nichtsdestotrotz macht der Streifen Spaß und obwohl der gute Collin mir ansonsten nicht besonders sympathisch ist, liefert er hier eine ziemlich ordentliche Leistung ab. Insgesamt ist uns bleibt "Nicht auflegen!" mit seinen 81min allerdings ein windschnittiger Thriller mit einem einzigen Drehort, den man sich allein schon aufgrund der tollen Idee mal angucken kann und vielleicht auch sollte, große Gedanken wird man sich nach der Sichtung über das Geschehene aber nicht wirklich machen.

                                                16
                                                • 1

                                                  Das Phänomen Horrorfilm. Mittlerweile ist die Angst vor einem schlechten Horrorfilm größer geworden, als das Grauen, dass von ihm ausgeht. Alles muss nur noch kranker, immer blutiger und immer bescheuerter werden. Ist das hier auch der Fall?
                                                  The Human Centipede hat jedenfalls eines - eine morbid-groteske Idee, die so eigentlich nur aus einem erkrankten Gedächtnis stammen kann. Doch wird sie auf diese kranke Art auch auf unsere Netzhaut projiziert? Fangen wir von vorne an.
                                                  Zwei naive Touristinnen verirren sich auf dem Weg zu einer Party in Deutschlands hüglige Waldlandschaft samt Reifenpanne und stolpern geradewegs in das Haus eines kranken Psychopathendoktors, der gerne eine eigene Kreatur aus mehreren Menschen zusammennähen möchte. Das ist genauso hanebüchen, wie es sich anhört, hätte allerdings auch ziemlich bitterböse werden können, das tut es aber leider nicht. Grund dafür ist, dass die Laiendarsteller leider nicht alle am Strang von Dieter Laser (Dr. Heiter) ziehen, der zwischen ein paar peinlichen Momenten eine relativ beunruhigende Performance abliefert und dem kranken Doktor ein ziemlich schreckliches Gesicht verleiht. Bei der Idee mit dem Zusammennähen und den doch recht elitären Charakterzügen, fällt es allerdings nicht schwer mir auszumalen, welches Vorbild diese Filmfigur wohl gehabt haben mag, aber gut. Bis auf ein paar leicht spannende und blutige Momente fährt die Tausendfüßliege-Krankenhausliege immer wieder zwischen peinlicher schauspielerischer Darstellung und irrwitzigem Handlungsverlauf (na, wie ist denn der Tausendfüßler die Treppe hochgekommen?) hin und her. Wenn sich beispielsweise 2 Hauptkommissare von der Kriminalpolizei so verhalten, wie sie es in diesem Film hier tun, dann fress ich einen Besen mit Stil! Natürlich weiß man bei einem Titel wie diesem hier, vorher, dass man keinen realistisch-verzwickten Horrorthriller zu erwarten hat, was der sich hier allerdings bietet, das ist in viele Richtungen fragwürdig. Was Dr. Heiter hier teilweise vom Stapel lässt, weckt in mir den Verdacht, dass irgendwelche pubertierenden Vorstadtkinder die Dia- bzw. Monologe geschrieben haben.
                                                  Der filmische Anspruch wurde schon von Beginn an über Bord geworfen, inszenatorisch ist hier ohnehin nicht viel zu holen, dass so ein Film dann aber doch noch irgendwie erfolgreich wird, weil er von ein paar Jugendlichen abgefeiert wird, ist dann in letzter Konsequenz doch irgendwie traurig, denn die eh schon geringe Anzahl an wirklichen guten Horrorfilmen, die den Terror im Kopf des Zuschauers hervorrufen, verschwindet unter dem riesigen Haufen an schlecht gespielter Splatterkotze, der im Horrorgenre tagtäglich größer wird.

                                                  19
                                                  • 3 .5
                                                    Big_Kahuna 28.12.2014, 16:22 Geändert 28.12.2014, 16:32

                                                    Mäßig geschauspielerte, aufgeblähte Soap über einen Liebe-suchenden, ausgewanderten, afrikanischen Prinzen (Eddie Murphy), der in den Vereinigten Staaten den Wischmob schwingt. Diese Geschichte ist so abgedroschen wie nur irgendwie möglich und doch so gewöhnlich wie äh und jäh. Wir erleben hier die träge Gratwanderung zwischen melancholischem Liebesdrama à la Kabale und Liebe und fluffig-langweiliger Eddy-Komödie, die nicht so recht aus dem Knick kommen will. Gemeinsam mit dem Schwippschwager unterm Tannenbaum mit halbem Arsch gerade noch erträglich, generell ansonsten aber eher zum fremdschämen.
                                                    Für Twilight-affine Mädels und hartgesottene Murphy-Fans ein kleiner Mainstream-Lichtblick am Winternachmittagshimmel, insgesamt aber viel eher Feiertagsstandardkino, was man ausschalten kann und vielleicht auch sollte. Schade Eddie.

                                                    8