Big_Kahuna - Kommentare

Alle Kommentare von Big_Kahuna

  • Big_Kahuna 26.01.2016, 09:58 Geändert 26.01.2016, 10:07

    Grundsätzlich ist das natürlich vollkommen Schnuppe, weil jeder Schauspieler unter Tarantino - so scheint es mir - gleich nochmal 3 Schippen besser ist, bei den denkwürdigen Figuren kein Wunder, letztlich ist es aber auch eine Genregeschmackssache und hat auch viel mit der Figur zu tun, die gespielt wird. So verbinden Samuel L. Jackson meist fernab aller seiner anderen Rollen instant mit Jules Winnfield, weil die Figur halt so ziemlich das lässigste ist, was man seit jeher auf der Leinwand bestaunen durfte und deshalb würd's mich nicht wundern, wenn sein Name neben Christoph Waltz (der seit der jüngsten Vergangenheit mit seinem WTF-Oscarleistungen bei jedermann im Gedächtnis blieb) hier am häufigsten genannt wird. Doch man darf da auch Leute wie den Dauernebendarsteller Steve Buscemi nicht vergessen, den ich in Reservoir Dogs gelinde gesagt überragend fand und vor allem den routinierten Tripple-A Darsteller Harvey Keitel, der als Mr. Wolf und Mr. White gezeigt hat, wer der Herr im Gangsterring ist und den ich sowieso generell und immer abfeire, weil er halt die coolste aller Socken ist.
    Letztlich will ich mich nicht festlegen und selbst Quentin himself könnte man in der Liste anführen, denn seine Darstellung des Jimmie ("don't fucking Jimmy me Jules") war ebenso denkwürdig wie der gesamte Film. Die Querverweise auf Tilly verkneif ich mir an der Stelle mal.
    In diesem Sinne: Ezekiel 25-17 ihr bad motherfuckers.

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    • 8
      Big_Kahuna 25.01.2016, 09:19 Geändert 25.01.2016, 09:54
      über Wolf

      Tja, selbst die Holländer habens mehr drauf als wir.
      Während Dänemark in Form von Refn, Vinterberg und Mads Mikkelsen die halbe Hollywoodwelt in ihre Einzelteile zerlegt, merkt man mittlerweile auch in anderen Ländern Europas, was es heißt gute Filme zu produzieren.
      Seitdem wir uns mit Victoria mit seiner stilistischen Schnittlosigkeit grenzenlos abfeiern und nicht verstehen können, dass dieser Streifen nicht den Auslandsoscar abräumen wird, haben wir hier eigentlich den besseren Film vor der Flinte.
      WOLF ist das wovon Victoria nur träumen kann, denn er taucht uns per S/W-Look mit den Köpfen in die Unterwelt eines niederländischen Vororts, wie es wohl viele andere Filme nur versuchen können.
      Wo uns der aus einem Guss gedrehte, gute Victoria eine gewisse Authentizität vorgaukelt, scheint sie hier tatsächlich real.
      An Jake LaMotta erinnernd, ist das hier so etwas wie ein Asphalt-Raging-Bull, mit einem um sich prügelnden Marwan Kenzari in der Hauptrolle, dessen Fäuste als Ventil für den ganzen Druck in seinem Leben dienen.
      Wir erleben hier die Reise in eine Welt, die man mittels TV und Smartphone erfolgreich aus den von Unheil abgeschirmten Gehirnen der auf Schritt und Tritt folgenden Gutmenschbevölkerung verbannt hat.
      Und während Bushido und Co. immer davon rappen, werden hier in einem Vorort, zu dem der Kapitalmarkt nur wenig Mittel durchsickern lässt, wirklich krumme Dinger gedreht und jede Woche die SIM-Karte vom Nokia-Tastenhandy getauscht.
      Dabei ist die Hauptfigur mit dem rumänischen Vollbart und trainiertem Körper mit einem Fettanteil von gefühlten 5% so kantig wie ein Ikea-Wandschrank, was uns darauf schließen lässt, dass der wohl nicht zimperlich ist und wir in den nächsten Stunden tonnenweise grauen Beton sehen werden, mit dem die unzähligen Ghettoblocks gebaut wurden, in denen unsere Gang rund um den Lone Wolf wohnt. Ein Mann, der wahrscheinlich schon früh auf die – so würde der Sozialarbeiter sagen - schiefe Bahn geraten ist bzw. gezwungen wurde und fortan vom Motorrad aus mit dem Totschläger bei vorbeifahrenden PKW’s die Fenster einschlägt und Frauenhandtaschen herauszieht oder alternativ Mopeds aus dem Schaufenster klaut, um irgendwie Geld zu machen.
      Majid (Marwan Kenzari) ist ein (junger) Mann, der heimlich Geld für sich und seine Familie scheffelt, aber schon immer das schwarze Schaf in der Familie war und seitdem als eigentlicher Einzelgänger durch die Straßen zieht.
      Bist du freundlich und ehrenhaft zu ihm, dann ist er auch freundlich und aufrichtig zu dir, doch wenn du ihn dumm von der Seite anmachst oder irgendwo mit seiner nuttigen Freundin in einem Lokal sitzt und nen Kaffee schlürfst, dann bricht er dir ganz schnell mit einem gezielten Fußtritt die Nase und drischt solange mit dem Alu-Klappstuhl auf dich ein, bis dir sämtliche Gesichtszüge entglitten sind.
      Tja, sowas macht man eben nicht und Majid ist so etwas wie ein unaufgeregter, eiskalter aber gleichzeitig auch ähnlich naiver Tommy DeVito, der nichts an sich heranlässt und trotzdem die falsche(n) Freunde/Freundin hat.
      Er ist clever und könnte etwas aus sich machen, doch wer wirklich mal aus der Gosse gekrochen kam, wird in der Regel auch wieder dahin zurückkehren.
      Ich möchte nicht zu viel verraten, doch hier sehen wir das, was die ganzen Möchtegernrapper und Instagramgangster, die wenn sie ein Gramm Koks in der Hosentasche haben schon ganz feucht von ihrer eigenen, vermeintlichen Credibility werden, gern sein würden, Konsequenzen inklusive.
      Der Schwarz-Weiß-Look lässt dabei die triste Gegend noch düsterer aussehen, als sie es eh schon ist und der ergraute Alltag der Menschen, die hier leben, bekommt ein Gesicht, dem wir seine Trostlosigkeit ansehen können, wobei die beste Szene des Films in einem Wald gedreht wurde, als unsere Hauptfigur sich selbst begegnet und man als aufmerksamer Zuschauer an dem Punkt schon erahnen kann, wie der Film ausgeht. Er hat seine Selbstachtung nie verloren und kann weiterhin in den Spiegel gucken, dafür haben unter anderem seine Fäuste gesorgt.
      Regisseur Jim Tauhuttu gelingt mit WOLF ein erstaunlich guter Film im Gangstergenre, welches durch aus auch als urbanes Drama durchgeht und fast schon dokumentarischen Charakter hat und gleichzeitig ist WOLF auch genau das Stück Genrekino, welches uns in Deutschland auf lange Sicht nicht gelingen wird.
      Ein bodenständiger Film, der uns nichts vormacht.
      Einschalten und sich die Schönheitschirurgierte Fresse polieren lassen.

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        Big_Kahuna 21.01.2016, 12:07 Geändert 22.01.2016, 13:24

        [Spoiler enthalten]
        Das hier wird eine kleine Analyse, die eigentlich nur verständlich sein dürfte, wenn man den Film gesehen hat.
        Zweitsichtung.
        Mit Haus der 1000 Leichen Clown Sid Haig als im wahrsten Sinne des Wortes ungläubiger Halsabschneider, der sich selbst furchtlos ins Verderbnis schickt metamäßig eingeläutet, dürfen wir schon von Beginn an auf einen ziemlich andersartigen Film hoffen. Der boshaft zynische Name Buddy passt dabei perfekt zu jemandem, der seinen Freunden befiehlt ihren Opfern gefälligst feinsäuberlich die Hälse durchzutrennen, damit die Jungs auch tot sind, wenn man ob der banditischen Gier nach Moneten ihre Taschen plündert.
        Bei einem derart makaberen Einstieg in einen Film leicht schmunzeln zu müssen, weil diese Banditenfigur ein Vorfahre des furchteinflößenden Captain Spaulding sein könnte, hatte was, nicht zuletzt, weil Regisseur Zahler hier gleich mal sein Talent aufblitzen lässt.
        Cut. Das war der Vorspann.
        Danach finden wir uns in einer Stadt Namens Bright Hope wieder, dessen Name passender nicht hätte gewählt werden können, denn diese Stadt ist ein Ort des Gesetzes, indem die Gemeinschaft mehr oder minder friedsam ihren Machenschaften nachgegangen ist, zumindest bis zum Vorfall am gleichen Abend. Wie ein karger Vorläufer der unbesudelten Vorgärten eines David Lynch, weiß man relativ schnell: der Sheriff (Kurt Russell) hat seine erhabene Hand über dem idyllischen Fleckchen Erde, in das untergraben vom ehrfürchtigen Kumpel Buddys (Wortspiel) noch einige Furchen gerissen werden würden.
        Bright Hope ist ein Ort, der von den Hoffnungen der Mensch geprägt ist, die ihn bewohnen.
        Ein Ort in dem sich die unterschiedlichsten, auf ihre eigene Art ehrenwerten Menschen vereint haben, um in unterschwelliger Harmonie miteinander zu leben, denn einfach ist ein Zusammenleben inmitten des umtriebigen Umlandes sicher nicht. Bright Hope ist einer dieser Orte, die das sich langsam aufbauende Fundament der Gründerjahre im hier düster gezeichneten wilden Westen mitfestigte und als heller Hoffnungsschein aus der sonst so von Banditen und Überfällen geprägten Landschaft herausragt.
        Ein Ort von dem man will, dass er so bleibt und genau aus diesem Grund ist der Sheriff auch so wie er ist, ein äußerst cleverer Kerl, der weiß worauf es ankommt.
        Vor diesem Hintergrund versteht es sich fast von selbst, dass dem am Bein verletzten, arbeitsunfähigen Arthur O’Dwyer (Patrick Wilson) zu Hause die Decke auf den Kopf fällt und er von seiner Frau beim Werkeln auf dem Dachboden erwischt wird. Es geht schließlich darum Arbeit zu leisten, Geld zu verdienen und sich etwas aufzubauen.
        So ist es ebenfalls nicht verwunderlich, dass der klapprig-alte Deputy Chicory (Richard Jenkins in bestechender Form), der heutzutage wohl schon in Rente wäre, seinen Beitrag leistet, gleichzeitig die Werte des Sheriffs verinnerlicht hat, als hätte er eine Biographie über seinen Vorgesetzten geschrieben und als ernsthafte Stütze für diesen dient. Es ist ja oftmals so, dass ältere Menschen nach einer längst vergangenen Aufmerksamkeit streben, Chicory bekommt sie hier von Sheriff Franklin Hunt und die beiden bilden damit für mich eines der best-dargestellten Cop-Duos/Doubleteams, die ich bis jetzt gesehen habe, wenn man das mal auf unsere heutige Zeit übertragen wollte.
        Als Letzter der aufbrechenden Gruppe wäre da noch der sich abkapselnde, überhebliche Revolverheld John Brooder (Matthew Fox) zu nennen, aufgrund dessen Teilnahme einige Meta-Rassismus-Witze entstehen.
        Als dann die Fassade von Bright Hope Risse bekommt, weil die Frau von Arthur O’Dwyer, der Gefangene und ein Untergebener vom Sheriff entführt werden und man den ersten Toten im Ort findet, macht sich dieses ungleiche Quartett auf den problematischen Weg, die fehlenden Gemeindemitglieder wieder einzusacken.
        Das das nicht einfach werden wird, weil ein wutentbrannter quasi Einbeiniger, ein klappriger Greis, ein arroganter Schlipsträger und der Sheriff nur schwer ein zusammenhaltendes Team bilden dürften und diese eigenartigen Höhlenmenschen wohl nicht zimperlich sind, dass weiß Kurt Russell ähhh Sheriff Hunt.
        Er ist derjenige, der als Alphatier das Wolfsrudel beieinander halten muss und das macht er ausgezeichnet.
        Als eine der vielen Schlüsselszenen wird das bei einem Gespräch mit Deputy Chicory klar, der ihn mitten in der Nacht fragt, ob er in der Badewanne ein Buch lesen könne, was gleichzeitig auch eine Anspielung auf unsere Smartphonegeneration ist und insgesamt einfach brillant geschrieben wurde.
        Wo sich zu Beginn die Hoffnung des Sheriffs auf Aufrechterhaltung seiner Werte und dem Sicherheitsbedürfnis der Gemeinde ausrichtete, Mr. O'Dwyer zurück zu seinem einnehmenden Arbeitsalltag wollte, Deputy Chicory ehrfürchtig und allein auf der Erde zurückgelassen seinen Diensten nachging und dabei stets niedlich selbstironisch blieb und John Brooder stets im Begriff war sein Antlitz zu wahren und nie die Etiquette zu verletzen, befinden wir uns augenblicklich auf einem Ritt ins Ungewisse, eine Odyssee der Charaktere in die mysteriösen Tiefen der amerikanischen Pionierzeit, auf dessen Weg sie an ihren eigenen Werten zu scheitern drohen.
        Was im letzten Drittel des Films passiert ist dann schier unbegreiflich und Zahler tanzt förmlich in stetiger Balance auf dem schmalen Seil zwischen charakteristischem Western und abartigen Horrorthriller, während er nebenbei dem Western als quasi abgestorbenem Genre gehörig huldigt und vergangenen Mythen dabei gleichzeitig durch den Kakao zieht.
        Ich erinnere mich nicht, wann jemand zu einer derartigen Genrekreuzung zuletzt im Stande war.
        S. Craig Zahler hab ich jedenfalls ab sofort ganz weit oben auf dem Zettel und das das hier ein Debütfilm ist, geht für mich auf keine Kuhhaut.
        Brillanter Streifen mit Topdarstellern, den man sich fast schon ins Regal stellen MUSS.
        Chapeau!

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        • Big_Kahuna 20.01.2016, 12:57 Geändert 20.01.2016, 12:59

          Yo yo Lynch.
          Der Typ ist ein brillantes Genie und hat (mal von Tarantino abgesehen) meinen Filmgeschmack deutlich beeinflusst, sogar mit dafür gesorgt, dass ich mich hier anmelde.
          Von einer Qualität, die ausnahmslos jeder Lynch versprüht, können andere Regisseure nur träumen.
          Egal ob surreal, real. Egal ob Drama oder Mysterythriller. Egal ob interpretierbar oder nicht interpretierbar, was Lynch angefangen von seinem meiner Meinung nach persönlichsten Film und Regiedebut Eraserhead von Film zu Film auf die Beine gestellt hat, ist schwer begreiflich.
          Wer Filmfan ist und sich noch nicht quer durch seine Vita penetriert hat, der sollte das wahrscheinlich mal tun.
          Twin Peaks war wohl einer DER Vorreiter der heutigen Quality-TV Formate wie Breaking Bad und Game of Thrones und da hab ich von seinen inszenatorischen Kniffen noch nicht mal angefangen, ich sag nur der Mann ohne Augenbraun, allgegenwärtige rote Vorhänge und viel Nebel (in unseren Köpfen).
          Die Düsternis bzw. die abgründige Seite des menschlichen Daseins hat Lynch für uns seit dem Beginn seines Schaffens nach außen gekehrt und zeigt uns permanent auf, was für abartige Wesen wir eigentlich sind. Das man dazu ein wenig durchgeknallt sein muss, ich denke das versteht sich von selbst.
          Viel mehr Kunst-Meister geht jedenfalls nicht.

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          • Ausgezeichnetes Review zu einem erstaunlich guten Regie-Debüt.
            Kaum ist der Film vorbei, hat man auch schon Lust ihn sich nochmal anzusehen, auch wenn man gegen Ende des Films quasi zum Weggucken gezwungen wird. Kurt Russell ist ja sowieso ein Mann der alten Schule, dem man gern beim Spielen zusieht, aber die anderen Jungs hätten durch aus auch eine tiefere Erwähnung verdient, besonders Richard Jenkins. Aber man will ja auch den Rahmen nicht sprengen.
            Wer ihn noch nicht gesehen hat und jetzt auch kein Maze-Twilight-Blockbuster-Only-Kid ist, dass ausschließlich nach oberflächlicher Unterhaltung giert, der sollte sich den schnellstmöglich einwerfen.
            Lohnt sich.

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            • Big_Kahuna 19.01.2016, 19:41 Geändert 20.01.2016, 06:14

              Sehr schöner, ausführlicher Text. Du kannst zwischenmenschliche Beziehungen gut erfassen und deuten, das ist mMn wichtig, auch um selbst an Beziehungen arbeiten zu können. Ich hab mir den Film mal vorgemerkt, hört sich sehr interessant an!

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              • 8 .5

                [Spoiler enthalten]
                Dem gängigen Hollywood-Typus Rache als eiskalt serviertes, blutig-stylisches Neeson-Actionvehikel zu inszenieren, stellt sich Regisseur Jeremy Saulnier mit viel Kraft entgegen, was bereits bei der über die ersten 15min stummen Hauptfigur Dwight Evans (Macon Blair) mehr als zu spüren ist.
                Durch den Tod seiner Eltern zum zombifizierten Penner verkommen, der mit niemandem spricht, in fremden Häusern duscht und seine heruntergekommene Schrottkarre als Schlafstätte nutzt, ist die letzte lebenserhaltende Maßnahme für Dwight, sich an demjenigen zu rächen, der ihn in dieses Unglück gestürzt hat.
                Dafür brauch man auch keine nette Wohnung, gute Kleidung und Freunde, dafür brauch Dwight nur seine gedankliche Fokussierung auf das Unplanbare, dass mit der Entlassung aus dem Gefängnis in seinem Kopf schon fast vollstreckte Realität angenommen hat, zumindest wird er von dieser Benachrichtigung in einen rauschähnlichen Zustand versetzt, was nichts gutes zu heißen hat.
                Mit nicht wenig Geld im Portemonnaie und einer Spritze, die man auf dem Beifahrersitz vergeblich sucht, hätte er den einfachen Weg der Selbstgeißelung gehen können, doch für diesen hatte er sich nicht entschieden.
                Stattdessen hatte er nicht mal die Kraft für sich selbst Cheeseburger an der Fressluke zu kaufen, sondern ernährte sich wie ein Tier von den Resten anderer aus dem schwarzen Plastikmüllbeutel.
                Was Saulnier rückblickend ohne auch nur ein Wort sprechen zu lassen über die ersten 15min erzählt, davon können sich einige mal eine dicke Scheibe abschneiden.
                Und auch wenn sich Dwight bei seinem „Rachefeldzug“ teils clever anstellt, so ist er doch eigentlich ein völlig normaler Kerl, der sich mit seinem Racheplan selbst in lebensbedrohliche Schwierigkeiten bringt, denn Gewalt erzeugt immer Gegengewalt (Actio=Reactio) und führt damit in diesem Ausmaß unweigerlich in ein 2m tiefes Erdloch, dem sich unser eins wie ein Fisch im Wasser aus dem Maul eines gierigen Hais am liebsten auf ewig entwinden möchte.
                Doch Dwight nimmt es letztlich bereitwillig, ohne es noch ändern zu können in Kauf.
                Von seinem Plan angetrieben, wird er von dem hereinbetenden Song wie traumatisiert oder ferngesteuert in das Lokal getrieben. Den Ort an dem feurige Vision und zittrige Unentschlossenheit sich von aneinander verabschieden, hadert er mit der Klinge im Anschlag durch den Türschlitz blinzelnd mit sich selbst, um dann binnen Millisekunden die vor Jahren getroffene Entscheidung letztlich in die Tat umzusetzen: das Leben desjenigen zu beenden, der seines schon vor langer Zeit beendet hatte.
                Es ist haargenau so, wie es in der Realität einem normalen Kerl wie Dwight wahrscheinlich passieren würde.
                Als er es getan hatte ist es auch schon zu spät, die Todesspirale beginnt sich unaufhörlich in Bewegung zu setzen.
                Dabei sollte jeder vernünftige Mensch erkannt haben, dass beim Niederstechen des Reifens der Limousine, mit der er selbst noch fahren wird, weil das Unplanbare nun mal nicht planbar ist, sich verletzt, deutlich aufzeigt, dass das was er da tut, nun mal nicht seine Sache ist und auch nicht werden wird.
                Hier gibt’s keine 3 Jahre Waffenkunde in 5min und hier wird sich auch nicht durch gegnerische Horden massakriert.
                Hier liegt man bibbernd auf dem Wohnzimmerteppich und hofft mit Wuttränen in den Augen darauf, dass sie einem nicht lachend mit der Schrotflinte im Anschlag den Schädel wegpusten.
                Hier muss man sich kotzend am Straßenrand erst mal sammeln, wenn man einen fremden Mann bewusstlos in den Kofferraum hievt und dem Tod soeben knapp von der Schippe gesprungen ist.
                Es könnte jeden Moment durch einen winzigen Fehler oder puren Zufall vorbei sein, denn Justizia wird bei dieser Angelegenheit, die auf der Straße geklärt wird, nicht eingreifen.
                Die Indieperle Blue Ruin zeigt uns gekonnt auf, dass Gewalt mitunter eine Kette von Reaktionen auslösen kann, dessen letztes Glied nicht viel mit Erleichterung oder der Befreiung aus all dem Leid zu tun hat, sondern die Fesseln nur noch fester zieht, bis man schließlich keine Luft mehr bekommt und wie ein Geschwür, dem man die Blutzufuhr abschnürt, bitterlich abstirbt.
                Hier wirst du dich nicht selbst retten oder gar im Glück weiterleben.
                Zerschneide das Foto.
                Postkarte.
                Eine Erinnerung von dem was mal gewesen ist.

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                • 8

                  [Massive Spoiler enthalten]
                  IT FOLLOWS.
                  DER hochgelobte Horrorhit des letzten Jahres. Kann er halten was er verspricht?
                  Es ist ein ziemliches Phänomen, dass diesen Streifen, ähnlich wie DRIVE, zumindest alle irgendwie gut finden, obwohl sie ihn nicht erklären oder fassen können.
                  Der Film atmet eine neue Art des Horrors, der durch die langsamen Einstellungen erzeugenden Atmosphäre und den düsteren Synthi nur noch verstärkt wird.
                  Ich erzähl da niemandem etwas neues, wenn ich sage, dass die Bedrohung dadurch allgegenwärtig wird, dass man permanent den Hintergrund nach Menschen abscannt, die irgendwie eigenartig linear auf die Hauptfigur bzw. uns zuzulaufen scheinen. Dadurch, dass diese geradlinig laufenden Behälter (Menschen),
                  denen ein Dämon innezuwohnen scheint, oftmals von Jay (Maika Monroe, gut gespielt) selbst verdeckt werden, nur ein weiteres Mittel dafür, dass der Zuschauer sich in der Couch festkrallt vor Spannung.
                  Nur wie verhält sich das Ganze?
                  Neben einigen netten Twists, z.B., dass der Dämon für andere unsichtbar ist und nur von Personen gesehen werden kann, die damit infiziert wurden, erinnerte mich das Ganze mit der langsamen Aufklärung der Regeln des Dämons, irgendwie an Death Note.
                  Wenn mir jemand erzählen würde, dass die Idee aus einem Anime stammen würde, wäre ich nicht überrascht, doch das ist ein anderes Thema.
                  Mit dieser interessanten Thematik ausgestattet und einer lebendigen 360-Grad-Kamera, hat man das passende Rüstzeug, um sich so richtig schön gruseln zu können.
                  Doch was will mir der Regisseur sagen?
                  Fernab der treffenden Analyse von CrimsonK (http://www.moviepilot.de/movies/it-follows/comments/1437878) dachte ich permanent an eins: die tödliche Sexualkrankheit AIDS.
                  Eine Krankheit, die sich langsam von hinten an den Infizierten heranschleicht und ihn dann zugrunde richtet. Es gibt weder ein Entkommen, noch eine effektive Lösung es dauerhaft von sich fernzuhalten. Man kann sich Zeit verschaffen und flüchten (Medikamente), doch früher oder später kommt der Tod, der viele Gesichter annehmen kann. So wie Jay sich nach Liebe sehnt und verträumt gefühlt stundenlang in den Spiegel guckt und darüber nachdenkt, ob es das richtige ist, bekommt sie Sex mit einem nahezu Fremden im Auto, der wenig mit Liebe zu tun haben scheint. Fortan wird sie von Dämonen heimgesucht, die clever sind (kein Gegenmittel gegen den HI-Virus), aber nur langsam gehen können (es können Jahre vergehen bis der Virus ausbricht).
                  Hinzu kommt, dass man nicht erkennen kann, wenn jemand AIDS hat und der VIRUS/DÄMON für die anderen deshalb unsichtbar ist.
                  Aus diesem Grund auch das voyeuristische Spiel am Anfang des Films, dass einen schon mal darauf ausrichtet, fortan nicht nur auf das vordergründige zu achten.
                  Am Anfang noch im warmen Pool der Naivität, muss sich Jay der Verantwortung stellen, fortan infiziert zu sein, wobei ein junger Mensch nicht unbedingt wirklich erkennen wird, was ihm da eigentlich passiert ist.
                  Ein interessante Tatsache ist, dass hier kaum Eltern zu sehen sind und Jay und ihre Freunde stets unter sich sind, was sich damit erklären ließe, dass jeder selbst die Bürde zu tragen hätte, wäre er infiziert und auch die Eltern nicht im Stande wären an dieser Tatsache etwas zu ändern. Hinzu kommt, dass sich jeder selbst damit arrangieren müsste mit einer solchen Krankheiten umzugehen, wobei sie zu bekämpfen sinnlos ist (Strandszene). Unter Umständen werden dabei sogar diejenigen verletzt, die es nicht wahrhaben wollen und die Person lieben, die diese Krankheit hat (ausschließlich Paul wird verletzt).
                  Eine funktionierende Liebe scheint dadurch unmöglich.
                  Das ganze findet seinen Höhepunkt in der Schwimmbadszene, bei der alle gemeinsam versuchen den Dämon mit häuslichen Geräten zu zerstören, was in einem Fiasko endet (HIV lässt sich mit „einfachen Mitteln“ nicht im Zaum halten) und metaphorisch alles nur noch schlimmer macht (wie ein ausbrechender Virus wird alles Wasser langsam rot, als würden sich die Farbpartikel durch Zellteilung vermehren).
                  Letztlich fährt Paul mit dem Auto an 2 Prostituierten vorbei (AIDS Risiko bei Prostituierten vermeintlich hoch), um die Entscheidung zu treffen, den Dämon auf sich übertragen zu lassen. Mit der Aufrichtigkeit Pauls und dem letzten, diesmal aber liebevollen Sex im Film, teilen sie beide das Schicksal infiziert zu sein und werden beide vom Dämon verfolgt.
                  Man könnte sagen: geteiltes Leid ist halbes Leid.
                  Klar, dass das nur eine kleine Spielerei von mir ist und man mit der oben verlinkten Interpretation eher konform gehen wird, weil sie wesentlich tiefer geht, aber ich wollte euch meine Gedanken nicht vorenthalten.
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                  IT FOLLOWS ist also tatsächlich ein guter Genrebreitrag, in dem man eine Menge sehen kann, der sich aber gerade im letzten Drittel mit seiner wendigen Kamera und mit dem permanenten Suchen nach der offenbar omnipräsenten Bedrohung ein wenig abnutzt, aber dennoch vorzüglich inszeniert ist und clever daherkommt. Maika Monroe war in „The Guest“ schon stark und dürfte damit als Nachwuchsschauspielerin, die ganz easy auf die heutige Hipster-Jugendlandschaft passt wie der Deckel auf den Topf, eine rosige Zukunft vor sich haben.
                  Das andere Horrorfilme in das gleiche Horn wie It Follows blasen können, bleibt abzuwarten. Ein Film der ohne Jumpscares einige derbe Schocker zu bieten hat dabei aber nicht zu Quatschsplatter verkommt und seine Geschichte fühlbar machen möchte.
                  Das schreit nach Mehrsichtungen.

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                    Kennt ihr das, wenn ihr euch eine Pizza gemacht habt und sie frisch aus dem Ofen holt und erst mal in mundgerechte Stücken schneidet?
                    Flupp, ein paar Stücken auf den Teller geschmissen und während man sich einen Film eingelegt hat wird nebenbei erst mal verköstigt.
                    Mittlerweile zum alltäglichen Ritual geworden, ist es doch genau das, was das Filmegucken nebenbei noch bereichert: das Essen.
                    Obs Tortilla-Chips sind, Gummibärchen, Obstsalat, getrocknete Mangostreifen(!) oder eben Pizza, Essen ist schon etwas schönes und wenn man sich dann nebenbei noch filmische Kost einverleiben kann, wird die Sache erst richtig interessant. Was wäre ein waschechter TV-Couching-Tag ohne exotische Getränke und dem richtigen Knabberzeugs?!
                    Anders als im Kino sind dem Filmabend hier keine Grenzen gesetzt.
                    Ob man sich mit der frisch geöffneten Nutella gegenseitig einschmiert, man sich Honig in die Münder träufelt, während man an einem Mars-Riegel nuckelt und sich rektal eine Zimtstange einführt. Ähnlich wie beim Springbreak, der aus den USA abgekupferten, angesagtesten Fäkalparty im Osten Deutschlands, zählt, je verrückter umso besser, na ja vielleicht auch nicht.
                    Wir sind eine Konsumgesellschaft und während in Afrika tausende Menschen verhungern, gehen wir durch die kühlen, lichtdurchtränkten Supermarktgänge und werfen alles in den Einkaufswagen, was uns gerade in den Sinn kommt. Soll ich etwa verhungern? FRISS oder STIRB ist die Devise.
                    Und während Dietmar, der gestern erst wieder beim Blick aus dem Fenster zu aller Überraschung „Ich bin ein Star holt mich hier raus“ gesehen hat, in seiner durch Til Schweiger und RTL(2) unterstützten Wohlfühl-Heile-Welt-Blase mit Wattebällchen kuschelt und es ihn auch nicht weiter jucken wird, dass der Bau von Brunnensystemen für die westlichen Großkonzerne nicht nur nicht lukrativ wäre, sondern schwachsinnig ist, fliegen die Royal TS‘ und Chicken Nugget Burger in die Diabeteskörper unserer Schlandbewohner, die sich mit H&M-Leinenshirts kleiden, welche von indischer Kinderhand gefertigt wurden, die 16h am Tag für das Wohl der Familie schon mit 7 in die Fabrik schlendern müssen, weil der billigste auf dem Markt sowieso immer interessant ist.
                    Während im Primark mit 70% Angestellten mit Migrationshintergrund und Billigpreisen bereits erfolgreich eine Parallelwelt entstanden ist, und die 19-jährige Anne in ihrer Beautybesessenheit mit ihrem Fashionkanal auf Youtube versucht, aus dem allgemeinen Schönheits(chirurgie)wahn Aufmerksamkeit und vielleicht sogar Kapital zu generieren, kauft der Ottonormal nur dann nicht im Primark ein, weil ihn die Qualität nicht touched und der Wollkragenpulli nach 2x Waschen auseinanderfällt wie eine Telefonzelle an Silvester.
                    Diese Welt hat schon etwas, muss ich sagen.
                    Und während im Radio nach Silvester vom erfolgreichen Jahr 2015 nur in kapitalistischen Zahlen gesprochen wurde, drehte sich mein Hals wie beim Exorzisten einmal um 360 Grad und kalibrierte sich wie jedes Jahr neu, um der Schafsherde nicht zu folgen, aber gut, ich kann auch nicht autark leben Freunde.
                    Jedenfalls war das Stück Pizza beim ersten Biss so heiß, dass es mit meinem Gaumen verschmolz und einen zarten Schmerz freisetzte, der das Genusserlebnis unmöglich machte.
                    Klar, die Pizza schmeckte vorzüglich, es war sogar eine eigens hergestellte Gourmetpizza, mit erlesenen Bio-Zutaten aus kontrolliertem Anbau und bei jedem Happen hatte ich noch mehr Lust auf den nächsten, auch wenn die Tomatensoße darauf in meiner Imagination mit meinem Gaumen an ein Blutbad erinnerte. Es sah aus als würde der Streußelgouda mit der offenbar machtlosen Tomatensoße um die Vorherrschaft auf dem Teig kämpfen. Die Goudakrieger schossen mit Käsepistolen auf die feinen Tomatenmänner- und Frauen, deren Köpfe zerplatzten, als würde man sie mit dem Squashschläger gegen die Wand klatschen.
                    Es war blutig und abartig.
                    Das eine Mal steckte ein maskierter Goudamörder sogar seine Käsestange in eine Jungtomate und ich wollte mir das Spektakel nicht mehr mit ansehen, doch meine voyeuristische Ader und auch die Geschmacksknospen verlangten nach mehr.
                    ICH brauchte MEHR, GIB mir MEHR.
                    Weder die Rinderwurst, noch die grüne Paprika überlebten den Ofenkrieg.
                    Beim Betreten des Geschehens wurde sie vom Käse leicht betätschelt, bis sie innig umklammert wurde und dann in einem Meer aus Mozzarella zu ertrinken begann.
                    Es war ein Trauerspiel, bei dem mein Gaumen fast schon den Würgereflex initiieren wollte, was es zu verhindern galt.
                    Ich kämpfte mich durch die teigige, rot-weiße Pizzamasse, die man hätte an die Wand werfen und daraus ein modernes Kunstwerk entstehen lassen sollen, anstatt sie komplett zu verspeisen, bis nichts mehr von ihr übrig war.
                    ABER: ich hatte das Ziel erreicht und sie aufgegessen.
                    Es war lecker, aber es tat auch weh und als es dann vorbei war, kam die Ernüchterung. Trotz frischer, erlesener, teils makabrer Zutaten war es nichts neues, was ich mir da hineinschob. Es war als hätte ich das alles schon mal gegessen, als wäre es nur eine andere Konstellation von Zutaten gewesen, wobei die Sauce aus einem geheimen Rezept entnommen und unter all das Bekannte mit untergemischt wurde. Und dann auch noch mein erhitzter, wütender Gaumen.
                    Tja, das war mein eigenes Problem und hatte mit der Pizza ja nichts zu tun.
                    Aber so bin ich nun mal.
                    First world problems halt, kennt ihr ja alle.

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                    • Erst wollen sie die Länder/-regionalen Grenzen aufheben und das gesamte Programm für alle verfügbar machen und jetzt die Planwirtschaftskeule. Dachschaden.
                      Nun ja, irgendein kluger Hacker wird schon eine benutzerfreundliche Methode finden.

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                        Big_Kahuna 15.01.2016, 11:21 Geändert 15.01.2016, 12:27

                        Holla die Waldfee, was für ein Brett!
                        Was war das denn? Horrorspaß im Westerngewandt? Westernspaß im Horrorgewandt?
                        Und wie bitte, ein Debütfilm? Ehrlich jetzt?
                        Auf alle Fälle endlich mal ein Streifen, der der Stereotypisierung des Horrorfilmgenres den Mittelfinger zeigt und alle Jumpscarefreaks und neuzeitlichen Paranormal Activity-Horrorfans bitter enttäuschen wird, denn hier geht es um die Charaktere und das nicht zu knapp.
                        Regisseur S. Craig Zahler nimmt sich mit seinen clever-gewitzten Dialogen und einer einzigartigen Gruppenkonstellation in diesem eigentlichen Western viel Zeit, um uns in die aus den Fugen geratende Welt seiner differenzierten Figuren zu führen, die allesamt von starken Schauspielern gespielt werden. Da wären der schauspielerisch oftmals unterschätzte Patrick Wilson in ähnlicher Fargo-Montur, ein klapprig-liebenswerter Richard Jenkins, für den man am liebsten selbst in die Bresche springen würde, der mehr als eitle Matthew Fox und Kurt Russel.
                        Mein geliebter Jugendheld Kurt Russel.
                        Er ist alt geworden, das sieht man auch an den Wucherungen in seinem Gesicht, irgendwie sah er mit seiner Haarpracht dennoch nie besser aus.
                        Der gute Mann wirft hier eine Charismagranate nach der anderen, während er die coolste Figur im Film spielt: den Sheriff.
                        Einen aufrichtigen, einen cleveren Sheriff. Einen Sheriff, der weiß was er fragen muss, um die richtige Antwort zu bekommen. Einen Sheriff, der scheinbar für alles eine Lösung hat und in den richtigen Momenten auch immer die richtigen Worte findet, denn das hat für das Überleben im kargen, tödlichen Wüstensetting oberste Priorität. Egal ob er Arroganz dämpfen, Wut zügeln oder ob er die dauernd plappernden Lippen von Richard Jenkins, seinem Deputy, kurzzeitig zunageln muss, er weiß was zu tun ist, selbst in Momenten wo vor seinen Augen Menschen mit der Streitaxt (Tomahawk) in 2 Hälften geteilt werden.
                        Sein Deputy hat das erkannt und folgt ihm loyal auf Schritt und Tritt, grandios dargestellt von Richard Jenkins.
                        Nicht nur am Setting merkt man, dass der Regisseur hier ein großer Coen- und Tarantinofan sein muss.
                        Die Dialoge strahlen teilweise eine Metaness und Skurrilität aus, der ich gern stundenlang lauschen würde. Da werden einige nach 1h in denen offenbar nichts passiert, die Augen zufallen, ich sitze gebannt da und warte auf das was kommt. Während sich diese 4 Schauspieler als mehr oder weniger intakte Gruppe auf den Weg machen, die Frau des einen aus den Fängen wilder Höhlenmenschen zu befreien, entsteht eine eigenständige Dynamik, die man so aus keinem anderen Film kennt. Allein das ist ganz groß und dafür, dass einem die Charaktere in einem Horrorfilm am Herz liegen, unabdingbar (man hat ja sonst oftmals das Problem, dass einem die Charaktere in Standardhorrorfilmen völlig an der Pupe vorbeirutschen, hier ist das komplette Gegenteil der Fall).
                        Die Story ist mehr als dünn, doch was Zahler aus ihr hier herausholt ist beachtlich. Wo sich der geneigte Cineast schon darauf vorbereitet, was kommen mag, wird er bis zum Showdown immer wieder hinters Licht geführt und weiß alsbald nicht mehr, wann es denn nun wirklich losgeht. Doch dann. Ja dann endet dieses Fiasko in einem nervenzerreißenden Finale, bei dem sich selbst hartgesottene anschnallen müssen. Die Actionszenen sind auf realistisch-vorzüglichste Weise tarantinesk inszeniert. Hier gibt es keine vom Revolverkugelimpact wegfliegende Menschen, das ist alles unaufgeregt realistisch und gerade deswegen einfach spannend gedreht, wobei die Charaktere zu jeder Zeit verletzlich bleiben und abnippeln könnten. Realistisch, dramatisch, zum Mitfiebern!
                        Irgendwann saß ich vor dem Fernseher und hab nur noch gerufen: MACH es bitte! Du schaffst es! Du kannst es schaffen! LOS VERDAMMT! BITTE MACH ES!
                        Wenn ihr beim Schauen des Films seid, wisst ihr was und wen ich meine und wenn das ein Film schafft, dann Chapeau!
                        Wenn hier mal Blut fließt, dann wird’s hässlich. Die FSK 18 Freigabe ist fast noch zu niedrig, zumindest hält die Kamera, wo sie vorher oftmals abblendet, später in manchen Momenten so gnadenlos drauf, dass man unisono mit den Schauspielern schreien und sterben möchte. Da glaubt man - wie kurz jemand im Film sagt - kurzzeitig wirklich in der Hölle angekommen zu sein.
                        Was unterm Strich übrig bleibt, ist ein absolut geradliniger Western mit Horroreinschub, bei dem man vorher vielleicht so etwas trashiges wie From Dusk Till Dawn erwartet hätte, aber besonders zum Schluss hin ein nervenzerreißendes Spannungsspektakel geboten bekommt, dass einem das Steinzeitmesser an die Kehle hält.
                        Ein mutiger Streifen mit tollen Schauspielern, dem es völlig egal ist, wenn die breite Masse sich langweilt.
                        Angucken und staunen, ein überragendes, absolut authentisches Debüt!

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                        • Big_Kahuna 14.01.2016, 15:18 Geändert 14.01.2016, 15:23

                          Ha! Ich wusste es, dass Hardy die Nominierung bekommt und bin zufrieden.
                          Ansonsten wissen wir ja wer groß absahnen wird auf der diesjährigen Verleihung und Emmanuel Lubezki gönn ich jetzt schon zum 3. mal in Folge die beste Kamera.
                          Nur 3 Nominierungen in eher "unwichtigen" Kategorien für Hateful Eight ist natürlich richtig bitter und ne Schande für mich, genauso wie das sich Fifty Shades Of Grey jetzt ne Nominierung aufs Cover schreiben darf, ekelerregend. Aber okay.
                          Chris Rock als Moderator gönn ich mir (Kevin) Hart.

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                            Big_Kahuna 14.01.2016, 11:42 Geändert 14.01.2016, 11:52

                            Mit einem überdrehten Tarantino-Intro beginnt die Wallfahrt der Gefühle in eine morbide Welt aus Inzucht, Verantwortungslosigkeit und dem intriganten Pillenvertrieb an kleine Schulmädchen, die in ihrer Uniform an liebe, naive Wesen erinnern, doch solche gibt es in der Welt Tetsuya Nakashimas offenbar nicht.
                            Schnelle Schnitte, die man so nur aus Kampfszenen kennt, ersetzen den normalen Erzählfluss durch eine achterbahnartige Einführung in den verworrenen Plot.
                            Diverse Zeitsprünge in die Vergangenheit eines naiven, liebenswürdigen, gepeinigten und letztlich bis auf die innerlichen Grundmauern heruntergebrannten Jungen erleichtern bzw. erschweren uns neben eingeschobenen Animezeichnungen und bunten Tamagotchi-Electrodrogenpartys einen Weg, der sich am Anfang zu einem gigantischen Labyrinth in die Unterwelt der Gangster aufzuspalten scheint.
                            Als vom guten Willen gezwungener, anscheinend aber böser Freiwilliger, offenbart sich ein von sich selbst ausgestoßener Familienvater als Proband für diese verzwickte Lage seine entführte Tochter wiederzufinden. Warum er den Willen hat das zu tun, weiß er bei alldem Alkohol und den verdrängten Schandtaten, die von seiner selbst ausgingen und gehen, leider nicht mehr.
                            Das ist eine ziemlich prekäre Lage, aus der er sich stets zu befreien versucht, die Schlinge um seinen Hals hat er sich aber selbst gelegt.
                            Wir sind inhaltlich IMMER an mehreren Drehorten gleichzeitig.
                            Neben dem permanenten Schnittgewitter ein weiteres Stilmittel der Verwirrung, welches dafür sorgt, dass man ebenso wie die nach seiner Tochter suchende, emotional verwirrte Hauptfigur, sich in einem unbegreiflich krassen Dilemma befindet. Und aus der dunklen Höhle dieses Dilemmas tastet er sich nicht heraus, er schlägt wild um sich und straft all diejenigen ab, die sich in ihrem Leben nicht gerade gemacht haben, die ihre Verantwortung einfach fallen lassen haben, obwohl er dabei selbst nicht erkennt, dass er ebenfalls einer dieser Verlierer-Menschen ist, die zu faul sind um sich aufzuraffen.
                            Ein abgehalfterter, aggressiver Ex-Cop-Penner als moralischer Hammerschwinger, aber vielleicht kann man sich auch wieder ändern.
                            Wie heißt es so schön: Eltern haften für ihre Kinder oder manche Eltern haften für andere Kinder.
                            "Wieso seid ihr alle so besessen von Kanako?" dröhnt es in der Mitte des Films aus dem Mund einer emotional längst gebrochenen Person.
                            Und genau das ist der Schlüssel zur Welt von Kanako, dessen geöffnetes Tor uns in einen blutigen Abgrund aus Intrigen und zerstörten, naiven Hoffnungen blicken lässt und uns fast hinterher stößt.
                            Frauen haben ungeheure Macht, das ist das was mir Nakashima sagen zu wollen scheint, als würde er sein eigenes Jugendtrauma aufarbeiten.
                            Äußere Schönheit ist nicht gleich innere Schönheit und bei Kanako scheinen die Gegensätze zu einem teuflischen Wesen vereint.
                            Unglaubliche Grazilität und dämonische Manipulation in Symbiose, bis schließlich ein selbstzerstörerischer Parasit den Panzer der Schönheit aufbricht, aus seiner Hülle emporsteigt und alle mitreißt, die auch nur kurz an das Gute in ihm geglaubt haben.
                            Und auch wenn mir das Intro bereits offenbart hat, dass jegliche Liebe längst im eisigen Schnee des Hasses begraben liegt, erzählt Nakashima mir so viel, dass mir alsbald der Schädel platzt. Wer da nicht bei der Erstsichtung zu 100% über 2 Stunden konzentriert ist, an dem fliegt der Film mit der Schnellebigkeit eines Wimpernschlags vorbei und man ist nur noch in der Lage ein einfaches "hä?" zwischen den ungläubigen Mundwinkeln auszustoßen. Obwohl, das gleiche passiert auch wenn man aufgepasst hat.
                            Ein Film der von der Weitervererbung schlechter Eigenschaften berichtet, die versteckt im offensichtlich Guten nicht mal mit dem Gefühlsröntgengerät sichtbar werden. Wahrheit, Lüge, Vorurteil?
                            Dieser Film ist ein Monster, das für den Zuschauer weder Spaziergang noch Erleichterung nach dem Abschalten ist und sicher nichts, was man sich 2x hintereinander anguckt, in jedem Fall aber bahnbrechendes Japan-Kino für hartgesottene Investitionsbereite.
                            Wer da am Ball bleibt, bekommt ihn als Entschädigung so lange ins Gesicht gepfeffert, dass er seine Hirnhaut schmecken kann.
                            Viel Spaß.

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                              Big_Kahuna 13.01.2016, 11:20 Geändert 13.01.2016, 11:24

                              Geschmeidige, schwarzhumorige Amerika-70er-Jahre Comicserie im Family Guy Malstil mit einem genialen und eingängigen Guardians oft he Galaxy Soundtrack Intro, das uns die Vergänglichkeit unserer Jugend ins Gesicht wuchtet.
                              Angelehnt an all die Comic-Serienfamilien erhalten wir hier eine fast schon coensch-sarkastische, eigentlich dramatische Serie, die den damaligen Zeitgeist so richtig schon übertreibt.
                              Ob es um Lavalampen, die nicht vorhandene Emanzipation der Frau oder kiffende Hippiehighschool-Kids geht, hier werden die damaligen Klischees hervorragend wiedergegeben und in heutige Familienproblematiken eingebettet, in denen sich der ein oder andere definitiv wiederfinden wird.
                              Die Gagdichte ist hierbei relativ gering und man muss bei manchen dramatischen Zwischentönen relativ lange auf den nächsten lauten Lacher warten, doch die Metastigkeit mancher Reißer macht das wieder wett.
                              Der Netflix-Schnellzug kommt angerollt und deutet seine baldige Vormachtstellung an. Eine ordentliche, der Alltäglichkeit mit wehendem Pessimismus begegnenden Serie, die man sich ob der vielen Kraftausdrücke, die oftmals viele Meter unter der Gürtellinie umher rangieren, eher nicht mit anwesenden Kindern ansehen sollte.
                              Nichts was zum Pflichtprogramm gehört und auch nichts, was Rick & Morty auch nur im entferntesten das Wasser reichen könnte, aber dennoch ein gelungenes Format, das mit der wandelbaren Stimme meiner geschätzten Laura Dern als sich aufbäumende Familienmutter und mit streckenweise durchfunkelnder Brillanz durch aus zu überzeugen weiß.
                              Wenn, wie immer, im Fernsehen mal wieder nichts läuft und man Lust auf schwarzen Humor und die 70ties hat, dann definitiv einschalten.

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                                Big_Kahuna 12.01.2016, 11:30 Geändert 13.01.2016, 10:43
                                über Stereo

                                Ich muss nochmal eine Lanze für dieses Werk brechen, Maximilian Erlenwein und dem vergessenen deutschen Genrefilm zuliebe.
                                Ich habe mir jetzt ein paar Interviews von diesem Berliner Regisseur durchgelesen und bin begeistert.
                                Nicht nur, dass er zugibt bei der Wahl zwischen einem amerikanischen und deutschen Genrefilm natürlich immer lieber den amerikanischen zu nehmen, er ist dieses Gefühl leid und sieht keinen Sinn darin, die deutsche Filmlandschaft sich für die nächsten 20 Jahre weiterhin beim alten Schema F der Schweiger-Romcoms und Romanverfilmungen bedienen zu lassen und will dem deutschen Film wieder mehr Thrill und Genrevielfalt einhauchen.
                                „Es muss eine Tradition guter Genrefilme entstehen. Die Zuschauer müssen daran gewöhnt werden“.
                                Und wenn er so darüber spricht, dass er jetzt nach ein paar Filmen langsam begriffen hat, dass er die inneren Abgründe des Menschen oder insbesondere auch Mannes nach außen sichtbar machen will und er gern auch die unbequeme These in den Raum stellt, dass wir alle uns weniger kennen, als wir glauben, kommt er mir schon fast so ein bisschen wie eine Art eines deutschen Refns vor, ohne jetzt einem von beiden damit Unrecht tun zu wollen.
                                Wer von uns wüsste schließlich, wie er in einer Extremsituation handeln würde, bei der es um Leben und Tod ginge.
                                Diese Prämisse, der Top-Film Stereo und auch der Mut, den er mit einer solch gewagten Produktion bewiesen hat, veranlassen mich dazu mir auf jeden Fall noch sein Regiedebüt einzuverleiben, denn der Kerl riskiert da von Anfang an wirklich etwas und hat keinen Bock auf Klischees.
                                Und gute Schauspieler – man glaube es kaum – die gibt es in Deutschland und sie wollen nicht nur Geld scheffeln, nein, sie haben auch Lust mit einem solchen Regisseur zusammen zu arbeiten.
                                Jürgen Vogel hatte das unfertige Skript als einer der ersten und hatte Bock drauf, gemeinsam haben sie dann Moritz Bleibtreu mit ins Boot geholt und es hat sich gelohnt. Die 2 haben die gleiche physische Art zu spielen und auch wenn sie sich ansonsten markant unterscheiden lassen, sie „harmonieren“ hier gut.
                                Ich kann also jedem von euch nur raten Stereo mal eine Chance zu geben, denn diese 95-minütige Mixtur aus guten bis sehr guten deutschen Schauspielern (ich fand Bleibtreu überragend), einem Soundtrack der teilweise in meinem Auto läuft und Szenen, die ich in Deutschland persönlich so noch nicht gesehen habe, sind es wert, dass man sie man sie sich ruhig mal ansieht.
                                Da sind sogar ein bis zwei wirkliche WTF-Szenen dabei bei denen man ziemlich doof aus der Wäsche guckt.
                                Und nebenbei bemerkt wagt er mit einigen Twists, diversen Querverweisen auf zeitlose Klassiker wie Fight Club, Matrix und Drive und einer eigenwilligen Story sehr viel, weshalb er bei vielen vielleicht auch nicht dementsprechend gewürdigt wird, aber die Metaebene hat mich doch ziemlich aus den Socken gehauen, auch wenn sie noch nicht zu 100% ausgereift ist, konsequent bleibt sie aber zu jeder Sekunde. Das Ding hat echt was und wer noch ein bisschen mehr davon haben möchte, kann sich auch nochmal meinen 1. Kommentar zu Stereo reinzwirbeln und sich dann verdammt nochmal die Bluray holen oder whatever und in eine düstere deutsche Genrefilmwelt abtauchen, die er so noch nicht kannte.
                                Klar, ich hype da ein wenig, aber ich fand und find den Film immer noch klasse und will nicht, dass er an eurer hohen Erwartungshaltung zerschellt, aber guckt ihn euch trotzdem an!

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                                  Big_Kahuna 11.01.2016, 12:04 Geändert 11.01.2016, 12:39

                                  Alejandro Gonzalez Inarritu, der neue Regisseur-Superstar mit nicht nur andersartigem Namen ist im Oscar-Olymp der Filmwelt angekommen und das eigentlich schon letztes Jahr.
                                  Er schwebt fortan auf Filmwolke 7 während geflügelte Oscartrophäen um sein Gemächt schwurbeln, sich an seinem Körper reiben und zu flüssigem Filmgold auf seinem Körper zerfließen.
                                  Er war derjenige, der cineastische Ästhetik und niederschmetternde Dramenthematik zu luxuriösen Traumgütern für die Augen der großen, weiten Welt auf edelstes Polaroid gebannt hat.
                                  Die Menschen wurden bei seiner Todestrilogie auf den harten Beton der bitteren Tatsachen zurückgeholt, sind für seinen Birdman in die Kinos gegangen und mit rotierenden Augen und Gliedmaßen wieder herausgekommen, hypnotisiert von der Macht eines Filmemachers, der den Menschen und seine Wechselwirkung mit der Erde und sich selbst auf faszinierende Art und Weise und mit Stil darlegte.
                                  Und während er da wie auf einem griechischen Gemälde auf seiner getupften Wolke und nur von ein paar Leinentüchern bedeckt bis zur gedanklichen Extase vor sich hin fabuliert, da kommt auf einmal ein Engel mit einer Kamera auf einem geflügelten Pferd angeflogen.
                                  Emmanuel Lubezki sein Name, der erste Kameramann auf der Welt, der das 3. Mal in Folge den Kameraoscar einheimsen wird. Umgeben von einem Wirbelsturm aus Filmrollen, gibt es nichts anderes mehr in seinem Leben, außer Gedanken daran, wie er seine nächste Einstellung machen, aus welchem Winkel er das Objekt der filmischen Begierde einfangen und wie er letztlich die magischen Gedanken seiner vorarbeitenden Regisseure unübertroffen in visuelle-filigrane Gussform träufeln wird.
                                  Egal ob es darum ging alte Hasen des Filmgeschäfts für sich zu gewinnen, verpönte Schauspieler in stilvollem Licht zu brillanten Charakterdarstellern umzuformen oder die Darsteller die unter einem Spielen mit Golden Globe- und Oscarnominierungen zu überhäufen, für ein derartiges Kamera- und Regisseurschwadron gibt es nichts, was es nicht kann.
                                  Urplötzlich öffnen sich die goldenen Gittertüren zum Wolkentempel und eine Gestalt mit vielen Gesichtern, einem gleißend weißen Anzug und einer strahlenden Krawatte betritt das weiche Weiß. Man kann noch nicht erkennen wer es ist, doch Inarritu ruft mit hallender und erhabener Stimme: „Mein guter Freund, schön das du hier bist, du wirst nie wieder gehen müssen“ während sein immer größer werdender Phallus mittlerweile gigantische Ausmaße angenommen hat.
                                  Lubezki hingegen hat derweil Besseres zu tun und fängt aus Spaß auf seinem schwebenden Pferd von der einen Seite herunterhängend die Wolkenpracht im Hintergrund als Cineastenübung ein und sagt er nur ganz beiläufig:
                                  „Hey Bro, alles in Butter?!“
                                  Das wandelbare Gesicht der Traumgestalt fängt langsam an sich von seinen Rorschachähnlichen Umwandlungen zu lösen und ein aalglattes Gesicht der Marke Leonardo DiCaprio kommt zum Vorschein.
                                  „Yo Freunde, mir geht’s blendend, was nicht zuletzt auch an euch Jungs liegt, nicht wahr?!“, hallt es Calvin Candie-artig aus Leos Mund während er zwinkernd auf all die goldenen Oscartrophäen linst, die sich neben Inarritu niedergelassen haben.
                                  „Mach dir keine Sorgen, jetzt hast du das Ding in der Tasche“, erklingt es von hinten, aus dem Mund eines Menschen, den alle zurecht lieben.
                                  Martin Scorsese klopft Leo väterlich auf die Schulter während er die anderen beiden Pappnasen unbeachtet lässt und zieht Cameo-artig mit trippelnden Schritten wieder von dannen.
                                  The Revenant wird Leo den Oscar bescheren, so viel ist sicher. Was hat er nicht schon alles getan. Sich die Stimmbänder wund geschrien, Partys geschmissen, ist im Ozean untergegangen, hat Fluglinien oder unberechtigter Weise Flugzeuge gelenkt, war psychisch instabil, ist durch die Träume anderer Menschen gedrungen oder stand einfach drauf wenn sich ein paar Nigger die Köpfe einschlagen während er darüber sinnierte, warum das so ist.
                                  Ob unter Scorsese, Tarantino, Nolan, Spielberg, Scott oder jetzt Inarritu, er hat unter nahezu allen Großen die fetten Hauptrollen gespielt und ist immer leer ausgegangen.
                                  Doch jetzt, wo er durch Dreck gekrochen, Eiswasser getaucht und mit Bären und Tom Hardy gekämpft hat, da wird er ihn endlich in die Arme schließen, den goldenen Jungen und das liegt nicht daran, dass der Film so toll ist, sondern weil er die großen Emotionen eben einfach besser drauf hat als alle anderen, dabei aber mit einem nuancierten Daniel Day Lewis natürlich nicht mithalten können wird (was nicht schlimm ist) und in so manchem Jahr vielleicht der ein oder andere dann doch etwas besser war.
                                  Zweifelsohne ist und bleibt er trotzdem ein sympathischer Kerl und einer der besten Schauspieler, die es je gegeben hat, das steht außer Frage.
                                  Und auch wenn die widrigen Drehbedingungen und die erhabene Lubezki-Kamera, der man mal wieder angemerkt hat, dass sie den Cutterjob alsbald am liebsten abschaffen würde, unter der Regie von Inarritu mit brillanten Darstellern ein neuartiges, hautnahes Seherlebnis kreieren, so ist dieser Film doch dünner als jedes Reispapier.
                                  2 ½h Sinnesreise eines gepeinigten Leo DiCaprios, bei denen insbesondere sein Charakter durch Metazwischensequenzen Tiefe bekommen soll, was ungefähr so gut funktioniert, als würde man mit einem Pinsel eine Betonmauer einreißen wollen. Ich habe mir viele Stunden Gedanken darüber gemacht, was Inarritu mir damit sagen wollte, aber auf eine erleuchtende Erkenntnis bin ich nicht gekommen und ich bin auch nicht der Meinung, dass man das kann, denn irgendwie fühlte es sich so an als wolle er Scorseses Shutter Island Traumsequenzen in religiösem Kontext nochmal neu erstrahlen lassen und so ein meditatives Seherlebnis erschaffen, doch da helfen auch 5 Lubezki-Schwenks in den Baumkronenhimmel nichts.
                                  Und auch wenn die Einstiegssequenz so etwas wie ein noch besser gedrehter Wildnis-D-Day (Ohama Beach Private Ryan) gegen Indianer zu sein scheint, so schafft es Inarritu zu keiner Zeit uns in die Tiefe einer zerstörerischen Geschichte der Gewalt mitzureißen, denn bis auf Tom Hardys eigennützigen und auch boshaften Charakter Fitzgerald bleiben die dialogarmen Figuren relativ blass und von einem Regisseur dieses Kalibers habe ich mal wieder etwas Gigantisches erwartet.
                                  Allein wenn man sich die Bedingungen so anschaut wurde es das auch, doch für mich ist das nichtsdestotrotz ein klassischer Blender, auch wenn man es genau so haben wollte, wie es jetzt geworden ist.
                                  Top Darsteller, brillante Kamera, bildgewaltige Szenen, ein jetzt schon preisgekrönter Film, doch weder ein Metameistewerk wie Birdman und auch nichts, was ich mir nochmal ansehen müsste.
                                  Schade Inarritu, wird aber ohnehin DEINE Oscarverleihung.

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                                    Als junger Feuchttraumwinzling fand ich das wegen der einen leicht bekleideten Protagonistin noch gut, aber aus heutiger Sicht ist dieser CGI-Wahnsinn cineastischer Bockmist, bei dem ich ob seiner durchgehend Windows 98 Computeranimation nur mit dem Kopf schütteln kann. Und dafür war man damals im Kino, ich schäme mich und Hugh Jackman hoffentlich auch.

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                                      Big_Kahuna 07.01.2016, 12:18 Geändert 07.01.2016, 12:21

                                      Tjo, 5,5 Vorhersage von Moviepilot, Diskussionen über Tarantinos sinnfreie Gewaltexzesse in jedem Film, Statements über ein überlaaaaangweiliges Kammerspiel, Reservoir Dogs in Scheiße wenn man so will. Tarantino sei ein abgehalfterter, selbstreferentieller, selbstgefälliger, arroganter, faltiger Affenarsch, der immer und immer wieder in Dauerschleife den gleichen Gore-besudelten, aber zumindest coolen Mist dreht. Bis jetzt also kein gut ausformulierter, inhaltlich prägnanter, positiver Kommentar, größtenteils Tarantinohate der groben Sorte.
                                      Ist der 7,5er Kritiker-Schnitt jetzt ein gutes Zeichen oder wird Tarantino wirklich kontinuierlich schlechter?
                                      Liefert mein guter Quentin noch etwas anderes als Selbstzitate oder bleibt der vergangene Zeitgeist, den er in den heutigen popkulturellen Kontext setzt mangels des Zuschauers Intellekt auf ewig unentdeckt?
                                      Ich mache mir spätestens am 27.01 mein eigenes Bild und dann brennt die verschneite Berghütte, das sag ich euch!

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                                        Big_Kahuna 04.01.2016, 10:28 Geändert 04.01.2016, 10:57

                                        Es gibt ja ganz viele verschiedene Arten von Menschen auf der Welt mit Millionen verschiedenster Sehgewohnheiten und Trillionen Möglichkeiten wie man einen Film gucken kann, wobei man selbst natürlich immer variabel bleibt und sich nicht unnötig festlegen muss. Und dann gibt es da natürlich noch eine Fülle von unterschiedlichen Arten (nicht Genres) von Filmen, die ein gewisses Sehverhalten von einem abverlangen.
                                        Ab und an ist es ja bei manchen vielleicht so: du kommst von der Arbeit nach Hause und räumst erst mal ein bisschen auf. Du hast keine Zeit, weil du noch einkaufen gehen musst, weil es ist Montag und dein Kühlschrank ist leer.
                                        Also los gedackelt, ab zur Sparkasse, die Konten sind gefüllt, es ist schließlich Monatsanfang. Da zu solchen Zeiten nicht nur das Jobcenter voll ist, kriegst du im Einkaufscenter nur noch einen Wagen, wenn du die 0,3km/h schnelle Pisspotschrittgeschwindigkeitsoma mit ihrer eigenen Handtasche erledigst, also den Korb gegriffen und voll gepackt bis die Finger bluten.
                                        Dann vorbei an Döner-Ali ins vertraute Eigenheim und beim Gedanken schon mal die neue Bluray, die du zu Weihnachten geschenkt bekommen hast, heute noch irgendwie in den Player zu schmeißen, erst mal den Kühlschrank voll gestopft mit dem ganzen ungesunden Gedöhns, das du dir gerade gekauft hast.
                                        Da du aber nicht hungrig vor der Glotze sitzen möchtest, aber auch nicht erst 23:45 Uhr im Bett sein möchtest, gehst du den zweifelhaften Deal mit dir selbst ein neben dem Würstchen brutzeln schon mal den Film anzufangen. Das du entweder nicht mitbekommst wer jetzt warum was macht und so ist wie er ist oder die Würstchen verkohlt in der Pfanne verrückt werden, ist dabei vorher eigentlich schon klar und trotzdem wird’s immer wieder gemacht. Filme, bei denen man das problemlos machen könnte sind die, die man entweder schon 20x gesehen hat (wobei das in der Regel gute Filme sind mit denen man das nicht machen sollte) oder Avatar bzw. Transformers 3.
                                        Dann gibt es da noch die sogenannten Date-Filme, die man nur einschiebt, wenn man – ihr habt es erfasst – gerade ein Date hat.
                                        Das Wortspiel Fi(lm gu)cken triffts da sicherlich ganz gut. Damit tut man dem Medium natürlich keinen Gefallen und es ist eine hinterhältige Art des Filme schauens, quasi die Stasi der Filmwelt, aber sie hat ihre Daseinsberechtigung, wenn denn zumindest die wirklich auch abscheulichen RomComs in den Player wandern würden. Leider müssen oftmals auch so Neuzeitbretter wie Crazy, Stupid, Love dafür herhalten, was natürlich ärgerlich ist.
                                        Vorbei am Marathonfilmabend mit Freunden, ist es natürlich die beste Art Filme zu schauen, wenn man allein oder zu zweit einfach mal die Fresse hält und sich voll und ganz auf die Bilder konzentriert, die dort auf einen niederprasseln. Es sollte das Ziel sein so viel möglich mitzubekommen, schließlich hat sich der Regisseur in der Regel etwas dabei gedacht, sich hochaufwendig mit der Kamera durch Wälder zu schlagen oder geschliffene Dialoge in die Münder guter Schauspieler zu legen. Da freut er sich bestimmt wenn man bei Minute 54 bemerkt, dass im Fernsehen im Hintergrund Salma Hayek mit dem Arsch wackelt, der Regisseur 3 Sekunden später per Cameo als Leiche in der Ecke liegt oder ein Kreisel sich nicht aufhört zu drehen. Da waren Menschen mit gewissen Vorstellungen am Werk, Metaebene und so.
                                        Jedenfalls gibt es da schließlich auch Leute, die die Hälfte der Zeit mit dem Handy Candy Crush spielen oder sich nebenbei ein paar Vines reinziehen und Filme wie Drive dann danach mit „langweilig“ abstrafen, aber die wird’s wohl immer geben.
                                        Die Zahl ist dabei proportional zu Comicfilmneuerscheinungen steigend, aber das ist ein anderes Thema.
                                        Und dann, meine Freunde, gibt es da auch noch die Filme, die man im Kino gesehen haben muss.
                                        Ob es nun Filme vom Lieblingsregisseur sind, Filme bei denen man beim Trailer schon ganz wuschig wird oder Filme, bei denen man weiß, dass sie visuell ihre volle Kraft erst im dröhnenden Kinosessel entfalten, man hat gefälligst zu gehen, auch wenn die Kinokassen bald gefühlt 1/3 vom Monatslohn nehmen und man sich einen ganzen Karton Nachos im Einzelhandel vom Preis an der Kinotheke holen könnte.
                                        Ein Film der in diese Kategorie fallen dürfte, weil die Originaltrilogie mit all ihrer Macht die Grundfeste der Filmwelt erschütterte und psychokinetisch beeinflusst hat, wäre da Star Wars: Epsiode VII.
                                        Und das liegt nicht nur daran, dass er ein Teil des größten Franchises auf der Welt ist, sondern auch ganz einfach daran, dass sich die Leute immer noch nach Märchen sehnen.
                                        Modernen, verkappten, kreativen Märchen, nicht die CGI-Hochglanz-blutleeren Sci-Fi-Welten ohne Herz. Wo wir mit Aragorn und Frodo mitgefiebert haben, sind jetzt wieder Han Solo und C3-PO am Start.
                                        Und das spielt es auch keine Rolle, dass der offensichtliche Hauptinhalt des Films das ewige Gut-gegen-Böse-Spiel ist und auch bleiben wird, viel mehr unterfüttert Star Wars die (Science) Fiktion mit viel Realität, in der wir uns wiederfinden können. Ob die rastlose Rey ihre Heimat und später auch Selbsterfüllung ähnlich wie viele durchs Land oder die Welt ziehende Studenten oder auch Flüchtlinge irgendwo anders sucht bzw. suchen muss oder Finn sein eigenes Ich in der dunklen Höhle der Gleichschaltung ertastet, hier steckt eine Menge davon drin, was uns selbst beschäftigt.
                                        Nebenbei befriedigt J.J. Abrams von Beginn an auf wohltuende Weise die dürstenden Herzen der Star Wars-Fans mit dem offenbar nicht altern wollenden, aalglatten Gesicht eines Harrison Ford und auch viele andere Freunde werden wir im Laufe der Zeit wiedersehen. Es ist die gelungene Gratwanderung die alten Hasen zu besänftigen und die neuen Kids gleich noch mit ins Boot zu holen.
                                        Herausragend designed geben sich wummernde Action und Storytelling immer wieder die Klinke in die Hand und lassen den Zuschauer ein Wechselbad der Gefühle durchleben, bei dem das Wort Held endlich mal wieder eine gewichtige Bedeutung bekommt.
                                        Die Vielzahl der großen Nachwuchsschauspieler (Daisy Ridley, Domhnall Gleeson, John Boyega, (Oscaar Isaac)), der ich schon mal eine großartige Zukunft prognostiziere, besteigt gekonnt die unteren Stufen des Star-Wars-Olymps, zu dem Carrie Fisher niemals gehören wird, da ihr Schauspiel leider ziemlich begrenzt ist. Da wäre ein neues Gesicht wohl die bessere Entscheidung gewesen.
                                        Alles andere passt hier wie die Faust aufs Auge und ich bedanke mich dafür, dass man mal wieder stärker auf Kostüme gesetzt hat, statt eine kantenlose, geleckte Jackson-Hobbit-Welt zu erschaffen und sich in Selbstreferenz zu suhlen.
                                        Ich bin kein großer Fan der Reihe und kann oftmals mit Blockbustern nichts anfangen, aber nach diesem Teil wage ich den Gedanken, dass vielleicht jetzt doch noch zu werden. Alles in allem eine Genremix, der den schmunzelnden Unterton in Guardians of the Galaxy für sich perfektioniert hat und eine mehr oder weniger düstere Märchengeschichte fortführt, der wir bedingungslos folgen werden.
                                        Angefixt.

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                                          Big_Kahuna 26.12.2015, 13:16 Geändert 26.12.2015, 13:20
                                          über Stereo

                                          [leichte Spoiler enthalten]
                                          Stereo - Doppelkanal, ob das wirklich eine tiefere Bedeutung für den Inhalt des Films hat?
                                          Eins ist sicher, Stereo ist seit langem das erfrischendste Kino in Deutschland, dass ich zu Gesicht bekommen habe. Da spielt es auch keine Rolle, dass der Film sich seine Ästhetik bei den ganz Großen wie Drive abguckt und eine Genremixtur rund um einen Psychothriller kreiert, die ein ums andere mal durch aus auch ihre lynchesken Momente hat.
                                          Stereo ist so etwas wie ein Psychohorrorthriller mit leichtem Rom-Com-Anstrich, eingepackt in Dramageschenkpapier und ner kleinen Mysteryschleife oben drauf.
                                          Dabei schwankt Moritz Bleibtreu zwischen diabolischem Sensenmann (Kapuze) und groteskem Kumpel hin und her, der Witze hart an der Obergrenze des Erträglichen über dich reißt, bis er schließlich vor deinen Augen deine Frau wegnagelt und deine Selbstzweifel dich langsam aber sicher auffressen. Er spielt seine Rolle gnadenlos aus und ist das Paradebeispiel für einen funktionierenden deutschen Schauspieler für mich, der sich durch aus in verschiedenen Genres zurechtfindet. Wo er in jungen Jahren in dem starken Lammbock noch den maskulinen Kiffer von nebenan gespielt hat, in Chiko den unangenehmen Gangsterboss mimte, passt ihm diese Hybridrolle hier ausgezeichnet und er kann sich mal so richtig ausleben - Bedrohung und Sicherheitsgefühl im Wechsel.
                                          Jürgen Vogel muss mit seinem Knautschgesicht und dem ganz seichten permanenten Lächeln natürlich immer aufpassen, dass er sich nicht der Lächerlichkeit preisgibt, macht seine Sache aber auch sehr ordentlich und schultert den schweren Film recht locker. Und mit schweren Film meine ich auch schweren Film. Inszenatorisch bahnbrechend stark eröffnet, zeigt Regisseur Erlenwein gleich mal, was es bedeutet den Zuschauer ordentlich vor den Kopf zu stoßen, denn der fragt sich über 2/3 des Films was hier eigentlich vor sich geht. Und dabei hat man stets das Gefühl, dass sich die Schlinge um Eriks (Jürgen Vogel) Hals immer weiter zuzieht, bis der Zuschauer auch schon fast keine Luft mehr bekommt. Erlenwein nutzt dazu seine malerischen Bilder als perfektes Hilfsmittel, um eine gehörige Portion Terror im Kopf des Betrachters entstehen zu lassen. Beispiel gefällig? Da gibt's eine Szene, in der Erik abends mit seiner Freundin gemütlich auf der Terrasse sitzt, in sein Haus geht um ein neues Bier zu holen, aber nicht wieder kommt, bis seine Freundin vorbei an der offen gelassenen Kühlschranktür durch die dunklen Räume des Hauses schreitet und ihren Freund dabei sieht, wie er in einem dunklen Raum ohne zu antworten wie entsetzt aus dem Fenster starrt.
                                          Voyeuristisch geht die Kamera ganz langsam nach vorne bis man schließlich im gelben Kornfeld eine dunkle Figur dabei sieht, wie sie ins Haus sieht. Da wird einem auch als Zuschauer Angst und Bange und der Film steckt voll von solchen oder noch skurrileren Momenten. Eben noch gut drauf bei einer schönen Flasche Bier und auf einmal schreien sich die Protagonisten entsetzt an oder die Dunkelheit breitet sich über einem aus. Erst eine Stimmung der Leichtigkeit, alles ist gut, dann auf einmal pure Verzweiflung, wir erleben hier ein Wechselbad der Gefühle während wir versuchen den Film zu lösen, was uns bis zum Schluss nicht richtig gelingen wird, denn die große Auflösung sucht man vergeblich und genau das ist auch das, was diesen Film so stark macht. Erlenwein schert sich einen Dreck darum, was der Ottonormal-Zuschauer nicht verstehen könnte und huldigt nebenbei Fight Club und Matrix. Geht doch Deutschland, geht doch. Von der Inszenierung her ist das ein absolutes Hochglanz-Oberbrett, bei dem man die Bluray teilweise abknutschen möchte, wenn wir beispielsweise durch die neondurchleuchteten Untergrundclubs schweben und dabei blanke Frauennippel bestaunen können. Hat zwar nicht ganz die Klasse eines Only God Forgives, aber hey, wann haben wir letztes Mal in Deutschland derart ambitioniertes Kino gesehen, ohne Til Schweiger-Schmonzettenbeteiligung? Auch M'Barek, der eigentlich auch kein so schlechter ist, wenn er es denn wollen würde, hat glücklicherweise seine Schmutzfinger nicht im Spiel, nein, Welle-Lehrer Jürgen Vogel und Untergrund-Bleibtreu sind am Start und rocken das Ding. Und auch wenn der Film sich gegen Ende irgendwie so ein bisschen in
                                          Gangsternonsens zu verlieren scheint, fährt er konsequent seine Linie und überzeugt vor allem mit dem grandiosen Suspenseaufbau und ziemlich skurrilen Szenerien, überlässt aber dem Zuschauer, was er letztlich in dem Streifen sieht.
                                          Für Psychothrillerfans und notorische Deutschfilmverachter definitiv ein Blick wert und die Bluray lohnt sich doppelt. Anschauen und sich überraschen lassen, Lichtblick im deutschen Genrekino!

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                                          • Big_Kahuna 21.12.2015, 10:02 Geändert 21.12.2015, 12:00

                                            Das Stefan Raab ein Medienmatador einer längst ausgestorbene Sorte ist, hab ich euch ja letztens schon erzählt und mit dem entsprechenden Sanftmut und großem Respekt verabschiedete sich der Großmeister des deutschen Fernsehens würdevoll bei seinem letzten Schlag den Raab-Auftritt.
                                            Ein einfaches Wettkampfspiel, dass sich teils wie eine Mischung aus „Takeshis Castle“ und „Wer wird Millionär?“ anfühlte, aber in jedem Fall immer einfach einfach blieb, hat er neben unzähligen anderen Formaten wie Pokernacht, Autoball, Wok-WM, Turmspringen und Co. zu einem Samstag-Abend-Format etabliert, dass auch aufgrund seiner eigenen Präsenz immer für Top-Quoten sorgte.
                                            Ob das an der leicht zu befriedigenden Zuschauermasse lag oder doch an den Sympathie auslösenden „Jaaa“-Schreien Raabs, die er gefühlt 1300x jede Sendung ausgestoßen hat, weil er gerade in einem Spiel einen Satz gewonnen hat, das kann sich jeder selbst aussuchen.
                                            Raab, das Allroundtalent ist - und es lässt sich nicht anders schildern - ein Phänomen.
                                            Gleichwohl er gerade durch solche Sendungen sichtbar das längst durch permanente Understatements an den Rand gedrängte deutsche Siegergen eines Olli Kahn geradezu verkörpert, hat er die deutsche Medienlandschaft über Jahrzehnte maßgeblich beeinflusst, macht jetzt aber die Biege, weil irgendwann ist es auch mal gut.
                                            Wenns am schönsten ist, soll man aufhören, heißt es ja so schön.
                                            Er hat sich nie verbiegen lassen und hat auf seine Art einfach immer weiter gemacht, gerade was seinen beschissenen Kleidungsstil anging.
                                            Aber hey, er ist eben der Raabinator, der auch durch selbstgeißelnden Inhalte wie „Raab in Gefahr“ dort hingelangt war, wo er heute angekommen ist.
                                            Für den selbstzerstörerischen Fäkalunsinn hat er ja später Elton installiert.
                                            Für mich jedenfalls leicht vorstellbar, dass Raab als cleverer Geschäftsmann längst streng durchkalkuliert hat jetzt bis an sein Lebensende nicht mehr arbeiten zu müssen, für die nachfolgenden Generationen auch schon vorab gesorgt zu haben und sich letztlich deswegen auch zu verabschieden, wenn man bedenkt wie viel Zeit er wohl mit all seinen Projekten verbracht hat.
                                            Er hat über die Jahre hinweg hart gearbeitet, Tag für Tag, auch wenn er die Hälfte seiner Witze von Papptafeln abgelesen hat und ein Großteil von TV Total einfach nur aus kreativem Quatschkram auf Kosten anderer bestand, an dem sich der Normalo unter uns locker leicht belustigen konnte.
                                            Stefan Raab war ein Genie unter uns einfachen Bürgern, das zur richtigen Zeit die richtigen Knöpfe gedrückt hat.
                                            Ob es Lena Meyer Landruts Entdeckung war, seine seriösen Moderationen bei ZDF, „Wadde hadde dudde da“ beim Eurovision Songcontest oder „hier kommt die Maus“ zum Jubiläum der Sendung mit der Maus, er hat stets das Maximum für sich herausgeholt. Das bestmögliche aus seinem Leben gemacht, was man mit seinen Voraussetzungen hätte machen können, gleichzeitig aber auch die Kerners, Maischbergers, Mario Barths, Cindys aus Marzahns, Jauchs, Lanz‘, Pochers und Pilawas unserer Zeit locker aus gekontert, weil er eben die breite Masse auf seiner Seite, satirischen Alltagsbezug und quasi keine Angriffsfläche zu bieten hatte.
                                            Privat ist er bis heute ein unbeschriebenes Blatt und wenn man Stefan Raabs Frau im Kopf hat, ist da eher ein großes graues Fragezeichen, als das Bild eines bekannten Gesichts.
                                            Ich kann es also nur nochmal wiederholen: Raab ist ein Genie.
                                            Ob er sich seinen eigenen Duschkopf patentieren lassen hat, in „Wir kiffen“ selbstironisch für die Legalisierung des grünen Krauts sprach, Elton fernsteuerte oder einfach nur die Ukulele in die Hand nahm und loslegte:
                                            was er anfasste, wurde zu Gold.
                                            In den Schranken des konservativen, in der Schlammpfütze festgefahrenen deutschen Fernsehens ist er einfach mit seinem überfetten Chromfelgen-SUV übers ZDF, RTL, SAT1 und wie sie alle heißen mit Allradantrieb drüber gebrettert und hat alles zu Kleinholz verarbeitet, was ihm in den Weg kam und das meist auch noch mit Stil, was will man da mehr?
                                            Er hätte auch einfach einen eigenen Kinofilm herausbringen können und zum nicht ernstzunehmenden Abziehbild seiner selbst werden können, das jetzt in irgendwelchen Gummibärchenwerbungen die Fresse hinhält, weil es Geld braucht, aber da hat er Bully einfach machen lassen.
                                            Und all das hat er uns bei seinem letzten wehmütigen Auftritt nochmal ins Gedächtnis gerufen.
                                            All die Jahre, an denen man überspitzt gesagt den Fernseher vielleicht noch halbwegs einschalten konnte, sind jetzt überschallartig an uns vorbeigezogen und sie werden abgesehen von der Jubiliäums-Abschieds-DVD auch nicht mehr wiederkommen.
                                            Ob man ihn scheiße fand, nicht lustig oder einfach nur peinlich, Raab hatte sich der Schnelllebigkeit des Fernsehens entzogen und uns über Jahre hinweg immer wieder gezeigt, was für ein Haufen Hundekot das deutsche Fernsehen doch eigentlich ist.
                                            Und ganz nebenbei hat er uns auch gezeigt welche internationale Reputation er genoss, da waren sich selbst Prominente wie James Brown, Phil Collins, Will Smith, Rihanna, Robbie Williams oder Tom Cruise neben einer Unzahl anderer nicht zu schade, den Stefan mal zu besuchen.
                                            Welcher Deutsche hätte das neben dem seit Jahren weg gekrepelten und zur Lachnummer verkommenen Thomas Gottschalk sonst noch hinbekommen?
                                            Für all das danke ich ihm und gönne ihm seinen wohlverdienten Ruhestand.
                                            Unter tosendem Applaus und mit der ein oder anderen Träne in den Augen hatte er sich schon herzlich von Brainpool, Pro7 und uns Zuschauern bei der letzten Show von TV Total verabschiedet und sich mit einem letzten Geldsegen in einer großen Party und einem halben Musical klatschend am Samstag das letzte mal im Fernsehen gezeigt, während das ganze Team im huldigte und sich für all die Jahre bedankte. Das hatte schon fast amerikanischen Touch und ich dachte mir: so geht Fernsehen!
                                            Alles in allem hat der Raab also richtig gehandelt und dem sich immer weiter zum Internet hinbewegenden Comedy-Unterhaltungssegment den Rücken gekehrt, sich mit Würde davon verabschiedet und dem anderen Normalo Elton rückblickend ebenfalls sogar zu einer aufsteigenden Karriere verholfen.
                                            Für mich ist und bleibt er also ein guter Mann.
                                            Danke für alles.

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                                              Big_Kahuna 18.12.2015, 11:31 Geändert 18.12.2015, 11:52

                                              [Spoiler enthalten]
                                              Für Freunde der alten Actionschule.
                                              The Guest ist ein Abgesang auf alte Zeiten mit alten Geschichten und dem Willen dem Zuschauer keine Supermetaerklärung zu liefern, sondern ihn einfach mit stylisch-brachialen Bildern zu bombardieren.
                                              Wir lernen einen vermeintlichen Militärsmann kennen, der die Familie eines verstorbenen Freundes besucht, um ihnen auszurichten, dass ihr Sohn sie geliebt hat.
                                              Das ist seine Botschaft, die er übermitteln soll, jedem einzelnen von ihnen. Von Beginn an merkt man, dass mit dem Kerl etwas nicht stimmen kann, ein Musterschwiegersohn wie er im Buche steht halt, da kann etwas nicht hinhauen. Dan Stevens, der so in etwa wie eine Mischung aus Paul Walker und Bradley Cooper aussieht, spielt hier einen Superbösewicht, der zwischen einfühlsamer Empathie und kühlem, wuchtigen Hass hin und her switcht wie ein Roboter, alles zu seinem Nutzen, der hat oberste Priorität. Und dieser Kerl lässt sich im Haus einer ganz normalen Familie nieder, die ihn aufgrund seines Charmes natürlich einige Tage im eigenen Heim übernachten lässt.
                                              Man versucht über die gesamte Laufzeit herauszufinden, was David hier eigentlich im Schilde führt und ob sich die Vorahnung bestätigt, dass er eigentlich gar nicht dort ist, weil er respektvoll mit der Familie seines vermeintlichen, toten Freundes umgehen will. David ist ein Segen für jeden, außer diejenigen, die er irgendwann mal tot sehen möchte und das sind, wenn man manchmal in seine eisblauen Augen sieht, offenbar alle Menschen auf der Welt. Was der hier für Blicke austeilt reicht von mitfühlendem Mitleid, erotischem Fickblick, über pure Arroganz bis zur diabolischen Boshaftigkeit. Das erreicht in seiner Subtilität zwar nie die Sphären eines Lorne Malvo (Billy Bob Thornton) in Fargo, der seine Opfer mit einem einzigen Wimpernschlag in tiefe Angstzustände stürzt und eine wortlose Überlegenheit ausstrahlt, bei der selbst der stärkste Mann der Welt von einer auf die anderen Sekunde schlotternde Knie bekommt, spielt aber fast schon im selben Stadion.
                                              Auch David hat diese Überlegenheit.
                                              Ob er argumentativ jemanden auskontern muss, einfach nur die Wäsche aufhängt oder das anrückende Navy-Team mit gezielten Kopfschüssen der Reihe nach ausschaltet, der Kerl weiß jede Situation zu meistern, nun ja, fast jede. So ist es auch nicht verwunderlich, dass ihn irgendwie jeder cool findet, mag oder mit ihm in die Kiste will.
                                              Er ist schon ein verdammt cooler Typ mit ein paar ziemlich fiesen Handgriffen, die er auf Lager hat und anwendet. Neben dem hypnotisierenden Electrosoundtrack nicht das einzige, was irgendwie an Refns Drive und Ryan Gosling als Driver erinnert.
                                              Allein wie er am Anfang dem ausgegrenzten Emokind der Familie dabei hilft, seine Mobber zu verprügeln, deutet seine gnadenlose Überlegenheit in jedem weiteren Kampf an. Die folgenden Ausweichmanöver sind ziemlich genial inszeniert und glücklicherweise ist das Teil hier nicht ganz so zerschnitten, wie wenn beispielsweise Liam Neeson anfängt zu kämpfen.
                                              Aber gut, die diversen Fragezeichen, die sich über die ersten 2/3 des Films zur angebeteten Erklärung des Zuschauers angehäuft haben, werden mit ein paar flachen Sätzen eines Majors gegen die Wand geklatscht.
                                              Das kommt einem irgendwie alles ziemlich bekannt vor, so vor 20-30 Jahren waren einsilbige Twist-Auflösungen in Actionfilmen ja keine Seltenheit.
                                              Der superbe, an die 80er angelehnte Techno/Synthpop-Soundtrack legt im letzten Drittel so richtig los, sodass man während des Sehens sich am liebsten schon den ein oder anderen Track auf den iPod ziehen möchte, bis er zusammen mit dem düsteren Halloween-Labyrinth der Schule zu einem finalen Showdown der Extraklasse verschmilzt, der dank seines Spiegelkabinetts auch als lockerleichte Referenz zu Orson Welles‘ „Die Lady von Shanghai“ funktioniert.
                                              Alles in allem ist „The Guest“ also ein Sammelsurium verschiedenster Genres, hat sogar Coming of Age Elemente und huldigt in seinem Stil glasklar Refns Art zu drehen, dürfte mit der flachen Twistauflösung aber auch bei vielen für verdrehte Augen und dem ein oder anderen verärgerten Zuschauer sorgen.
                                              Der verkappte Star des Films ist aber ähnlich wie in "You're Next" mal wieder eine Frau: Maika Monroe. Die spielt das zeitgemäße Hipstermädel am glaubwürdigsten und darf dem Antagonisten als einzige so richtig die Stirn bieten.
                                              Für 80er-Actionfans, Freunde von überzeichneten modern villains und Liebhabern blutiger und straighter Action definitiv empfehlenswert, sofern man nicht gerade mit dem Glaubwürdigkeitsmessgerät tief in die inhaltlichen Felsspalten des Films klettert. Von der Inszenierung her gerade im letzten Drittel eine ziemliche Augenweide, also, nicht zögern, ruhig ansehen.

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                                              • Big_Kahuna 15.12.2015, 11:58 Geändert 16.12.2015, 14:17

                                                Joko & Klaas, die vermeintlichen Retter des Pro7-Abendprogramms, in das Stefan Raab, ein Entertainer, Erfindergeist und Geschäftsmann wie er im Buche steht, mit seinem Abgang ein tiefes, tiefes Loch gerissen hat.
                                                Ich kann mich dank Youtube noch gut an die Anfänge des Jung-Raabs erinnern, der offenbar dauergutgelaunt/bekifft Vivasion moderierte, aber noch so ein kleiner aufgeregter Kerl im Medienbusiness war, bis er sich über die Jahre hinweg via ma‘ Kuck’n, Böörti Böörti Voigts, „Hier kommt die Maus“, TV TOTAL inklusive Raab in Gefahr, dem Eurovision-Songcontest „Wadde hadde dudde da“, Maschendrahtzaun und Knallerbsenstrauch, SSDSGPS, WOK-WM, Turmspringen, Mitternachtspoker, Bushido beim Stock Car Crashrennen, patentierten Duschköpfen, bei denen man sich nicht mehr versehentlich die Haare nass macht, Lena Meyer Landrut, und und und und und und und… und und.. und.. zum deutschen Medienyoda mauserte.. Verdammt, verdammt nochmal hat der Kerl viel gemacht.
                                                Auch wenn jetzt alle rumheulen, dass er Pro7 und die Fernsehlandschaft im Allgemeinen suizidal in die Tiefe reißt, er hat ihn sich verdient!
                                                Den wohlverdienten Ruhestand.
                                                Es gibt niemanden, der mit seinem komödiantischen Charme das deutsche Fernsehen über Jahrzente so veränderte, wie dieser Metzgertyp hier.
                                                Jetzt werden sicher einige dumm aus der Wäsche gucken und sagen: „Hähh, was schreibt der das hier unter Joko gegen Klaas rein, was soll dieser schwachsinnige Quatsch?!“
                                                Nein, um Raab soll es mir hier nicht gehen.
                                                Viel mehr geht es hier gleich ganz heftig zur Sache: Verschwörungstheorien über die menschliche Spiritualität und den zerstörerischen Kapitalismus werden angestellt, Joko & Klaas werden als geniale Heulsusen entlarvt und du..
                                                Du liest diesen Unsinn auch noch.
                                                Ich merk schon, die Fragezeichen in deinem Kopf werden immer größer, bis sie schließlich in einem riesigen Knall der Belanglosigkeit explodieren: „Was bitte hat das mit meinen neuen besten HalliGalli-Kumpels Joko & Klaas zu tun?!“
                                                Zugegeben, ich gucke kein Fernsehen.
                                                Ich hab das Gefühl, wenn ich den Einschalt-Knopf auf meiner Receiver-Fernbedienung betätige, entledigen sich meine Augen der Fähigkeit Gesehenes zu verarbeiten. Fortan bohren sich die Pixel meines Fernsehers durch meine Netzhaut und stülpen sich in 1080p-Format über meine Synapsen, bis ich mit heraushängender Zunge und schiefem Kopf auf meiner Couch eher die Position eines gerade 3km durch gesprinteten Bernadinerhundes eingenommen habe, Geruch inklusive.
                                                Ja ist ja schon gut, war nur ein Spaß, nichts davon passiert, aber du hast es dir trotzdem imaginär in deinem Kopf vorgestellt und das zählt doch oder nicht?!
                                                Joko und Klaas jedenfalls, die haben auch Visionen, jeden Tag. Visionen davon, mit welchem unterhaltsamen „ich muss jetzt diverse Labellos essen“-Quatschkram sie heute den gemeinen Ottonormalzuschauer verzaubern.
                                                Als Klaas danach dann noch sagt, dass man dieses Assi-Verhalten, was die 2 da teilweise an den Tag legen, am besten auf sich selbst bezieht, indem man seinen Partner zu Hause oder sich selbst an einem gewöhnlichen Samstagabend auf der Couch mit dem Bier auf dem Tisch und der Chipstüte in den Griffeln dabei betrachtet, wie man/er so vor sich hinvegetiert, schoss es mir wie ein Blitz in die verstopften Synapsen: die Typen sind ja wie wir!!
                                                Na ja nur etwas cleverer.
                                                Wer kommt schon darauf einen Döner beim Fangwettbewerb in die Höhe zu katapultieren und damit auf die deutsche Kultur abzuzielen? (oder vielleicht auch nicht)
                                                Die 2 können genial sein, keine Frage, können.. halt..
                                                Manchmal sind sie aber auch total strunzdumm, was ja auch nicht immer schlimm sein muss.
                                                Als Joko bei seinem Part der Weltreisenchallenge dann allerdings Ayahuasca in Ecuador zu sich nehmen sollte, haben bei mir die Alarmglocken geläutet. „Ayawhat?“, hat sich da unisono wohl jede 1,5te deutsche Couch gefragt.
                                                Weil mich die menschliche Spiritualität interessiert, wusste ich aber schon worum es geht und hab mich tatsächlich gefragt, ob Joko das wirklich tun wird und wenn ja, wie sie versuchen werden diese Drogen-Erfahrung nicht zu glorifizieren und nicht komplett niederzumachen.
                                                Glücklicherweise ohne positives Fazit, hat das natürlich besonders bei Kai Pflaume und diversen anderen dennoch heftige Kritik ausgelöst. Das ist ja wie als würde man eine Line Kokain ziehen und dann die Erfahrung live on stage nach Hause aufs Sofa transportieren.
                                                „Nehmt‘s auch, es ist geil!“, würde da natürlich niemand sagen.
                                                Gewagter Schritt jedenfalls, von Joko & Klaas im Fernsehen so ganz unaufgeklärt Drogen zu konsumieren, die zwar komplett unbekannt, aber auch unerreichbar für den deutschen Normalbürger scheinen.
                                                Was folgt ist Kahunas Aufklärungs- und Verschwörungsstunde, die Joko und sein Freund natürlich und verständlicherweise nicht zu drehen vorhatten:
                                                Viele von euch interessiert sicherlich das Thema Tod, denn wir alle werden irgendwann mal damit konfrontiert werden.
                                                Filme wie 21Gramm haben mich da schon so zur ein oder anderen Philosophiestunde angeregt.
                                                Unser Körper jedenfalls ist ein komplexes System, gerade wenn man mal unser Gehirn etwas tiefgehender betrachtet. Im Zentrum unseres Gehirns befindet sich eine Drüse, die gesamtheitlich für viele komplexe Vorgänge in unserem Körper zuständig ist und auch als Schlaf-Rhythmus-Regler bekannt ist.
                                                Diese Drüse nennt sich Zirbeldrüse (Pineal Gland) und steuert wohl auch den Alterungsprozess in unserem Körper. Wer das gleich alles mal etwas genauer nachlesen möchte, dem gebe ich gleich mal ein paar Links weiter unten, die auch teils als Quelle für mein Geschreibsel hier dienen.
                                                Wenn man dem Amerikaner Dr. Rick Strassman glauben schenken darf, dann ist die Zirbeldrüse auch das spirituelle Zentrum des Gehirns. Laut Dr. Strassman wird nämlich während der Geburt und des Todes ein Stoff ausgeschüttet, der sich Dimethyltryptamin (DMT) nennt und für nie dagewesene visuelle Visionen und Halluzinationen beim Menschen sorgt, was Nahtoderfahrungen erklären könnte. Dieses DMT ist auch in Pflanzen enthalten, die dem Ayahuasca zugefügt sind, das unser guter Joko dort zu sich genommen hat.
                                                Und dieses DMT haben wir auch schon in Filmen wie ENTER THE VOID kennengelernt, als Oscar etwas raucht, sich auf sein Bett legt und auf einmal mandalaartige Muster vor sich sieht.
                                                Leute, die sich diesen Stoff extern zugeführt haben, berichten von einem ca. 15-minütigen spirituellen Trip in eine andere Welt (Hyperspace), mit Visionen von anderen überdimensionalen Welten mit überdimensionalen Wesen und Gefühlen, die sie kaum beschreiben können. Dabei hat es das menschliche Gehirn eigentlich nicht drauf irgendetwas zu erschaffen, was der Mensch in abgewandelter Form so oder so ähnlich noch nie gesehen hat. Diese Menschen beschreiben diese Visionen auch nicht als eine von Drogen ausgelöste Halluzination, nein, sie beschreiben das, was sie dort gesehen und empfunden haben als Begegnung mit einer anderen, höheren Realität. Und auch wenn ich ein viel zu großer Schisser bin, als solche Drogen zu konsumieren, finde ich das ziemlich faszinierend.
                                                Da erstrahlen die Visionen (Flugzeugmalerei) mystischer Völker wie das der antiken Ägypter in einem ganz anderen Licht, denn das war noch längst nicht alles.
                                                Während Dr. Strassman in den 90ern an 60 freiwilligen Probanden diesen Stoff klinisch kontrolliert testete, wurde klar, dass die Zirbeldrüse im Laufe der Jahrtausende immer weiter geschrumpft ist und unsere Lebensweise dafür verantwortlich ist, dass das auch immer so weiter gehen wird, denn mangelndes Sonnenlicht und unzureichende Nachtruhe, sowie die Zufuhr von Toxinen wie Fluorid (Zahnpasta, Speisesalz, viele Mineralwasser) beeinträchtigt/verkalkt die Zirbeldrüse maßgeblich.
                                                Ob das unsere Spiritualität tatsächlich einschränkt und ob jemand möchte das das so ist? Ob jemand will das wir obrigkeitshörige Opfer eines Systems sind? Verschwörungstheoretiker können ja schon mal Google anschmeißen und bis heute Abend in den tiefen des World Wide Web versinken.
                                                Insgesamt ist und bleibt der Tod aber für den Menschen ein interessantes, unaufklärliches Thema.

                                                PS: Was das hier bei Joko gegen Klaas zu suchen hat, ich weiß es selber nicht.

                                                Quellen:
                                                http://www.zentrum-der-gesundheit.de/zirbeldruese-ia.html
                                                https://de.wikipedia.org/wiki/Dimethyltryptamin
                                                http://de.drogen.wikia.com/wiki/DMT

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                                                • Schade, dass die B-Ray von The Crow kein so bombastisches Bild hat, hatte eigentlich vor mir den nach bestimmt 10 Jahren mal wieder anzusehen.
                                                  Hab den als ziemliches Brett in Erinnerung.

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