filmschauer - Kommentare

Alle Kommentare von filmschauer

  • 3

    Ich bin ja generell ein Freund von Kammerspielen. Eine Sorte von Film, das mich meist zu packen weiß. Das dachten wohl auch die Bremer Tatort-Spezis, die zum offiziellen Jubiläum (15 Jahre, Applaus, Applaus) sich genau einer solchen beschränkten Szenerie bedienen würden, indem sie Lürsen und Stedefreund in eine Hochzeitsfeier mit anschließender Geiselnahme steckten. Doch Bremen wäre nicht Bremen, wenn sie nicht auch diese Prämisse ordentlich in den Sand setzen würden. Dabei begehen sie den ähnlichen Fehler, welcher einige Monate zuvor schon Odenthals Odyssee in "Der Wald steht schwarz und schweiget" ereilt hatte: eine Tatort-Kommissarin als Geisel funktioniert nur äußerst selten in einem Krimi (der männliche Kollege hat das "Glück" des zeitgleichen Gassi-Gehens). Hier geht man aber Tatort-konform noch einen Schritt weiter, denn diese Geiselnahme dient nach anfänglichem Trubel als Mikro-Kosmos für eine Whodunit-Fragestunde über einen früheren Mord. Und man wird nicht glauben, wie sehr sich ein solches narratives Konstrukt als purer Spannungskiller erweisen würde. Immerhin wird das personelle Geflecht, sei es aufseiten der Geiseln, der Kriminellen oder auch der Polizei, mit ihren dämlichen Aktionen irgendwann so ad absurdum geführt, dass man per unfreiwilliger Komik sich bei diesem Geschehen zumindest ein wenig amüsieren kann - mit der lächerlichen Auflösung des Ganzen als Sahnehäubchen obendrauf. Da ich aber absolut nicht glaube, dass genau dies das Ziel der Tatort-Macher war, bleibt diese "Hochzeitsnacht" ein ziemlich unliebsames Jubiläumsgeschenk.

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    • 8

      Die Liebe kann vielseitig sein, seien es zwei Äpfel, Hai und Adler oder einfach zwei grundverschiedene Außenseiter in der neuseeländischen Provinz. Dies und noch viel mehr vereint die bemerkenswerte Variante einer RomCom namens "Eagle vs Shark", geschrieben und gedreht von Taika Waititi. So schräg und absurd komisch das Geschehen rund um der einsamen Lily und dem zugegeben sehr schwer zu beschreibenden Typen Jarrod auch ist, so tragisch und teilweise tiefsinnig gestaltet sich der unvorhersehbare Liebesweg der beiden. Solche tragikomischen Szenerien können leicht in ihrer Wirkung scheitern, wenn die Mischung schlicht nicht funktioniert. Hier geht die Rechnung wunderbar auf. Locker-leicht beginnt der Film mit einer verblüffend klaren Exposition, sodass die wichtigsten Merkmale der beiden Protagonisten schnell ersichtlich sind. Zwar ist man zuerst auf amüsanter Weise irritiert ob dieser Liebschaft, doch gerade weil man schnell am Schicksal der naiv-netten Lily teilhaben möchte (Jarrod bildet eher den Gegenpart), entspinnt sich ein ehrliches Liebesdrama mit einem großen, großen Stück grotesker Situationskomik. Diese Szenen zeichnen sich zumeist dadurch aus, dass die potentiellen Lacher nicht sofort kommen, sondern vor purer Verwunderung der jeweiligen Aktion immer erst mit kleiner Verzögerung. Auch löst sich der Film zusehends vom schnöden Alltag und erzeugt durch die lange Anwesenheit bei Jarrods Heimat eine seltsam losgelöste Stimmung, wofür auch die künstlerischen Einschübe des Regisseurs sorgen. "Eagle vs Shark" ist ein unverwechselbarer Film über die Liebe und dabei ein nötiger Fingerzeig, dass RomComs auch ohne bekannte Klischees und finalen Plädoyers auskommen kann. Wer außerdem eine Figur wie diesen Jarrod überzeugend in dieses Metier integrieren kann, hat für mich zumindest sowieso schon gewonnen.

      7
      • 7

        Gute Komödien aus deutschem Lande sind bekanntlich rar gesät, obwohl gar nicht mal wenige produziert werden. Aus diesem Wust an Filmen sticht ein illustrer Kandidat wie "Soul Kitchen" schon mal schnell heraus. Nicht nur, weil mit Fatih Akin ein sehr interessanter und für dieses Metier eigentlich ungewöhnlicher Name auf dem Posten des Regisseurs zu finden ist, sondern ebenso aufgrund der ungewöhnlichen Grundidee, das Geschehen zumeist rund um einer zum Restaurant ummodellierten Fabrikhalle in Hamburg stattfinden zu lassen. Einen gewissen Charme kann man diesem Anwesen per se nicht absprechen, wozu auch die schrägen Figuren beitragen, die dieses Gebäude schließlich zum Leben erwecken. Diese sind vom Charaktertypus her teilweise so herrlich überzeichnet, dass manche Pointe quasi auf dem Servierteller präsentiert wird, andererseits aber noch bodenständig genug, um deren einzelnen Entwicklungen und Probleme dementsprechend ernst nehmen zu können. Die Riege an Schauspielern ist hier bis in die kleinen Nebenrollen passend besetzt, allen voran Akins Co-Autor Adam Bousdoukos, der sehr engagiert und glaubwürdig diesen verzweifelten und naiven Restaurantbetreiber verkörpert. Auch die bekannten Namen wie Moritz Bleibtreu, Wotan Wilke Möhring oder Birol Ünel dürfen sich richtiggehend austoben in ihren Rollen. Die Fallhöhe mancher Figuren mag im Verlauf dieser Geschichte vielleicht etwas zu absehbar sein, doch darüber lässt sich hinwegsehen, da man als Zuschauer immer mit einem wohligen Gefühl dabei ist, wofür zu einem großen Teil die angenehm ruhige und stimmige Kameraarbeit und der hörenswerte Soundtrack sorgen. Als Komödie ganz bestimmt nicht perfekt, weil die Geschichte nicht durchgehend überzeugen kann, aber durch viele starke Einzelmomente doch liebenswert und spaßig genug, dass man dieses "Soul Kitchen" in Zukunft vielleicht nochmal besuchen könnte. Für dieses Urteil muss man dann nicht einmal eingefleischter Hamburger sein.

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        • 7 .5

          Es scheint, dass Christian Alvart wohl doch eher in der deutschen Krimi-Landschaft seine Heimat findet als in mittelgroßen US-Produktionen. Immerhin ist der zweite Borowski-Fall unter seiner Regie erneut ein weiteres kleines Highlight in der jüngsten Tatort-Historie. Spannend, mysteriös und auch im gewissen Maße mutig präsentiert Alvart eine ganz interessante Psycho-Nummer eines höchst technik-affinen Eigenbrötlers mit perfiden Absichten, bei der er Lars Eidingers unverkennbaren Schauspielkünste bewusst in den Vordergrund stellt. Gewiss, mancher Effekt oder bewusste Drehbuchwendung zeugt davon, dass der Regisseur ganz genau seine Genrevorbilder kennt (etwas, was in seinen vorherigen Filmen schon aufgefallen ist), dennoch funktioniert der Plot, in dem man die Aktionen von Eidingers Figur versucht vorauszuahnen, über die gesamte Laufzeit sehr gut. Selbst eine harmlose Zahnbürste kann in diesem Fall ihre gruselige Wirkung enthalten. Auch das Ermittlerduo, das sehr ideenreich in diese Szenerie eingebettet ist, kann man sich mittlerweile nicht mehr getrennt vorstellen, obwohl hier und da deren Arbeitsverhältnis ein wenig auf die Probe gestellt wird. Alvart besitzt zudem tatsächlich die Chuzpe, Borowskis treuem Begleiter den Gnadenschuss verpassen zu lassen. Ein Zeichen für die Zukunft? Jedenfalls ist "Borowski und der stille Gast" nach zwei mäßigen Episoden zuletzt der erhoffte, jedoch etwas verspätete Weckruf aus der Sommerpause. So macht Tatort Spaß.

          7
          • 7 .5

            Irgendwo zwischen effektiver Gruselmär und geheimnisvoller Kriminalgeschichte lässt sich George Cukors "Das Haus der Lady Alquist" einordnen, welches interessanterweise ein Remake eines damals vier Jahre alten britischen Films ist, nur eben hier mit mehr Glanz und Stars. Auch schon in den 40er Jahren gab es also schon vereinzelt diejenigen Geschäftspraktiken, welche das heutige Business so prominent begleiten würde. Davon abgesehen (denn leider kenne ich das Original noch nicht) funktioniert der Film bemerkenswert gut. Das liegt sicherlich zum einen an der sehr faszinierenden Ausstattung, seien es die in Nebenschwaden gehüllten Straßengänge von London im viktorianisches Zeitalter oder die pompösen Innenräume des im Zentrum der Handlung stehenden Hauses des Ehepaars, die dem Film somit schnell die passende Stimmung verleiht. Zum anderen muss natürlich neben starken Nebendarstellern (ganz amüsant, hier der erst 17-jährigen Angela Lansbury zu begegnen) besonders Ingrid Bergmans Leistung hervorgehoben werden, die es schafft, eine von Natur aus schwache und verängstigte Figur so dominant und taktgebend für diese Geschichte werden zu lassen, womit zudem der Zuschauer schnell und einfach an die Hand genommen wird. Der sehr findige Gegner im eigenen Haus erscheint schnell klar (wunderbar unangenehm porträtiert durch Charles Boyer), dennoch wird die Geschichte durch ihre Subtilität stets im reizvollen Ungewissen gelassen. Wie gut, dass dann noch ein Scotland-Yard-Agent sich nicht ganz uninteressiert am Geschehen in diesem Gebäude zeigt, der dem Plot dann den erwähnten Krimiaspekt verleiht. Vielleicht kein großartiges, aber immerhin sehr sehenswertes Genre-Werk, dessen Entdeckung sich nicht nur für begeisterungsfähige Bergman-Fans lohnen sollte.

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            • 7

              Denke ich an "Jeder für sich und Gott gegen alle" von Werner Herzog (Gratulation nochmal zum runden Geburtstag!), dann zuallererst an den wunderschönen Kanon von Johann Pachelbel und natürlich an das eindrucksvolle Schauspiel eines Bruno S. Es ist in der Retrospektive logisch, dass Herzog sich an eine außergewöhnliche Geschichte wie jene über Kaspar Hauser herangewagt hat, zeigt diese doch das leicht tragikomische Bild eines Unangepassten, bei dem trotz aller Bemühungen eine richtiggehende Integration in eine von seinen Moralvorstellung sehr überzeugten Gesellschaft irgendwie scheitern muss. Auch hier ist es indirekt eine Grenzerfahrung, die Herzog so oft in seinen Werken nachgeht. Hausers Perspektive erlaubt eine Außensicht auf gesellschaftliche Normen, auf Wissenschaft, Kultur und Religion, die Hauser zudem durch manche Szenen demonstrativ zu hinterfragen weiß. Dennoch bleibt sein Innerstes weiterhin geheimnisvoll und durch sein Verhalten unergründlich. Dies wird vor allem durch die zurückhaltende Inszenierung Herzogs befördert, die wie bei einigen seiner frühen Spielfilme fast halb-dokumentarisch wirkt, was die sehr lange Eingangssequenz ohne Worte schon gleich aufzeigt. Auch die zwangsläufigen Zeitsprünge der Geschichte bestärken diesen Eindruck. Die großen dramatischen Gefühle darf man hier also nicht erwarten (besonders nicht bei Hauser selbst), was mehr denn je die aktive Auseinandersetzung mit diesem Geschehen verlangt. Wer diese klitzekleine Anstrengung aber unternimmt, der wird mit einer sehr aufschlussreichen Milieu- und Gesellschaftsstudie belohnt. Und zumindest die letzten Szenen werden sich unwiderruflich ins eigene Gedächtnis einbrennen.

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              • Ich gratuliere natürlich gerne mit.
                Ein wahrer Meister im Auffinden und Porträtieren unglaublicher Geschichten von Mensch und Natur, die sowohl in seinen Spielfilmen als auch Dokumentationen in all den Jahren so kreativ und eingängig zu Tage gekommen sind. Wie sehr habe ich es genossen, viele seiner Werke dabei das erste Mal zu erschließen oder seiner tollen Stimme in zahlreichen Voice-Overs, Audiokommentaren oder Interviews zu lauschen. Und das beste ist: Seine Filmographie ist noch lange nicht zu Ende!
                Ein sehr würdiger Text übrigens, Beeblebrox.

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                • Aber danach bitte nicht abschalten, denn der Werner-Herzog-Abend geht ja noch weiter mit "Begegnungen am Ende der Welt" (21:45 Uhr) sowie "Zwischenfall am Loch Ness" (23:15 Uhr).

                  • 4 .5

                    Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan und dessen Konsequenzen ist erneut ein großer Aufhänger in einem Tatort, nachdem zuletzt die SR-Ausgabe "Heimatfront" hier zugegriffen hatte. Der Punkt, dass Soldaten den normalen Alltag nicht mehr so richtig unter Kontrolle bekommen, ist ein Aspekt, der auch in "Fette Hunde" Anwendung findet. Doch gibt es diesmal auch einen prominenten Nebenplot, der ein weiteres gesellschaftliches Konfliktthema in Bezug auf Afghanistan zu Tage bringt. Sehr ansprechend aufgezogen, da der übliche Whodunit-Ansatz ein wenig hinausgezögert wird, nach durchzechter Nacht unserer beiden Ermittler dann aber doch unfreiwillig zu ihrer Arbeit zurückbringt. Es handelt sich also wieder um ein seltsames Gemisch aus Krimi und Drama, jedoch verzettelt sich das Drehbuch leider zusehends in einem schwer nachvollziehbaren Personengeflecht, wodurch zu viele Nebenkriegsschauplätze (nein, das sollte jetzt kein Wortwitz werden) entstehen, ohne sie genügend zu motivieren (exemplarisch sei hier Brandts Sohn genannt). Auch der Krimianteil leidet darunter. Ballauf und Schenk stolpern förmlich durch diese Geschichte und wissen trotz des Ernstes, der hier anscheinend propagiert wird, immer ihre Sprüche und altbekannten Verhaltensweisen wiederzugeben - wirklich böse wird man den beiden wohl nie so richtig. Fast konträr dazu erscheint es allerdings, wenn der obligatorische Schlusspunkt einer jeder Folge aus Köln ausgelassen wurde, was wiederum zum sowieso gehetzt wirkenden Finale passt. Kurzum: Viel gewagt, wenig gewonnen.

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                    • 3 .5

                      Ein schwieriger Fall: Alleinstehend ist Simon Wests "The Mechanic" ein nicht groß hervorstechender, eher belangloser Vertreter des heutigen US-Actionfilms, der mit hektischer Schnittfolge laut, hart und brutal seinen Lauf nimmt und mit Jason Statham und Ben Foster schlussendlich eher rudimentär gezeichnete Figuren präsentiert. Lustlose Genrekost für zwischendurch ohne sonderlich großen Nachhall bzw. nur ein weiteres Statham-Actionvehikel. Wenn man sich aber nochmal vor Augen hält, dass es sich hier um ein Remake von "Kalter Hauch" mit der damaligen Beteiligung eines gewissen Charles Bronson handelt, muss man wohl noch ein ganzes Stück kritischer sein. Denn da zeigt sich frappierend, wie wenig von der eigentlichen Essenz des nicht uninteressanten Plot über einen Mentor und seinem Zögling herübergerettet wurde. Nie wird deutlich, warum Bishop diesen Job macht und welcher moralischer Konflikt hier wirklich herrscht. Lieber badet man in austauschbaren Actionsequenzen als sich dem Kern der Geschichte grundlegend zu widmen. Auch ist das nur wenig harmonierende Duo Statham und Foster im Grunde fehlbesetzt, da die beiden eben vordergründig einzig auf Coolness setzen, eine tiefergehende Charakterstudie aber deutlich vernachlässigt wird, die damals Bronson und Jan-Michael Vincent noch überzeugend ausfüllen konnten. Am deutlichsten wird dies beim Ende, welches die 72er-Verfilmung schon ein Stück legendär gemacht hatte, wenn nun durch kleine, aber entscheidende Variationen die fehlende Cleverness nochmals deutlich offenbart wird. Obwohl schon das Original keineswegs ohne Schwächen auskam, schlägt dieses das uninspirierte Remake um Längen. Es gibt eben doch Dinge, die früher einfach besser waren.

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                      • 7

                        Woanders in den 80ern zählte man eifrig die Bodycounts, im Troma-Vorzeigefilm namens "The Toxic Avenger" (man achte mal auf deren Firmenlogo) sind es eher die ganzen forcierten Tabubrüche, die manchmal fast minütlich hineinprasseln. Hier wird scheinbar nichts ausgelassen, was tendenziell gegen den guten Geschmack gehen könnte, immer unter dem Deckmantel einer satirischen Superheldengeschichte, die eine typische Loserfigur zum kompromisslosen Aufräumer dieser Kleinstadt mit Blick auf Manhattan avancieren lässt. Der Trash-Begriff, der ja an manchen Stellen bei Beurteilungen von schlechten Filmen inflationär oft benutzt wird, passt selten so gut wie in diesem Fall. Doch sind es die vielen ironischen Genreversatzstücke unterschiedlichster Art und deren treffende Pointierung ihrer bloßen Schale, die diese Horrorkomödie vom Bodensatz deutlich abhebt und folglich durchaus als guten Trash-Hit betiteln lassen könnte. Ein ziemlich kurioses, aber teilweise auch urkomisches Filmerlebnis zwischen Mopp, Mob & Mobbing, wobei man allerdings keinen allzu schwachen Magen mitbringen sollte.

                        (Manchmal muss man zu seinem 'Glück' gezwungen werden, darum umso mehr ein Dank für Idee des gemeinsamen Troma-Schauens. Dieses Metier ist ja eigentlich nicht so meine bevorzugte Ecke...)

                        7
                        • 6
                          über Retreat

                          Wer immer noch nicht von den schauspielerischen Fähigkeiten eines Jamie Bell überzeugt ist, sollte sich "Retreat" zu Gemüte führen, der sicherlich niemals zu seinen bekanntesten Filmen gehören wird. Ein in der Ausgangsposition eigentlich eher belanglos wirkendes Drama über ein leicht kriselndes Ehepärchen während der Ferienwochen auf einer einsamen Insel in Großbritannien (gespielt von Cillian Murphy und Thandie Newton), bevor eben jener Bell als verwundeter Soldat vom Ufer heranschleicht. Dieser plötzlicher Auftritt samt seines irritierenden Berichts über eine mögliche Pandemie bildet eine harte Zäsur zu den Anfangsminuten und weiß nicht nur durch die geschichtliche Wendung, sondern besonders durch Bells bemerkenswerte Performance an Spannung zu gewinnen. Dagegen wirken Murphy und auch Newton regelrecht blass, bei deren Charakterprofilen man sich sowieso fragt, wie die überhaupt zusammengefunden haben mögen. Der Plot von Carl Tibbetts Regiedebüt dreht sich komplett um Bells schwerwiegenden Behauptungen und pendelt damit zwischen typischen Twist-Film mit vielen 'Was wäre wenn'-Momenten und unfreiwilligem Kammerspiel. Letzteres ist vielleicht nicht ganz so überzeugend, dagegen wirkt die ganze Insel-Atmosphäre immerhin ansprechend. Das Ende hingegen ist allerdings so überraschend wie konsequent, welches den eingefleischten Genre-Fan wohl applaudieren lassen würde. "Retreat" steht und fällt mit der Akzeptanz der angedeuteten Zäsur und wäre ohne Jamie Bells Mitwirken wahrscheinlich nur halb so interessant geworden. Er alleine jedoch macht den Film schon den obligatorischen Blick wert.

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                          • 7 .5

                            Manchmal kann es richtig unschön werden, wenn einen die Vergangenheit einholt, mit der man vermeintlich abgeschlossen hat. Doch die etwaige Missgunst oder Feindseligkeit über scheinbar abgeschlossene Geschichten lauert wohl überall. Selten wie in "Ein Köder für die Bestie" von J. Lee Thompson wird genau dieser Aspekt bis zum Äußersten getrieben, wenn die Rachegelüste eines Ex-Häftlings an dem für ihn damals schuldigen Staatsanwalt offenbart werden. Denn hier zeigt sich nicht nur, dass auch Gesetzesbücher bei den hier geforderten Gefahrenpräventionen und Schutzmaßnahmen an ihre Grenzen stoßen, sondern eben auch das perfide Vermeiden von offensichtlichen Straftaten beim Gegenüber. Aber selbst fernab von den präsenten Fragen der Justiz verursacht dieser Konflikt für einen Spielfilm eine unmittelbare Anspannung, die von Beginn an fesseln kann. Gregory Peck als aufrichtiger Anwalt und Robert Mitchum als unauslöschlicher Schatten liefern in ihren perfekt besetzten Rollen ein tolles Duell ab. Pecks Charakter ist nicht unbedingt der sympathischste Mensch der Welt, man versteht aber die Sorgen um sich und seine Familie sofort. Die bösartige Gerissenheit ist wiederum überzeugend gespielt von Mitchum, dessen subtiles Vorgehen so überraschend wie packend ist. Ein mit schöner Schwarz-Weiß-Bebilderung und einprägsamen Bernard-Herrmann-Score ausgestatteter Psychothriller, der über weite Strecken an eigentlich allen relevanten Stellschrauben richtig dreht, außer einem vergleichsweise langen und zugleich zu konstruierten Finale, welches das Rollenmuster des Antagonisten teilweise demaskiert und somit etwas von der zuvor aufgebauten emotionalen Wucht nimmt. Dennoch ein absolut lohnenswerter Klassiker des 60er-Jahre-Kinos, selbst wenn man schon Martin Scorseses Neuverfilmung kennen sollte.

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                            • 5

                              Lang war sie, die Tatort-Sommerpause. Vielleicht deshalb, damit man nicht allzu sehr merkt, dass in der Serienchronik eigentlich zwei Schweizer Ausgaben aufeinander folgen, nur eben mit einem dreimonatigen Zeitabstand dazwischen. Denn als wirkliches Highlight haben sich die Fälle mit Flückiger und seinem Team noch nicht herauskristallisiert. Eines bleibt auch weiterhin: Sie zerren immer noch sehr vom schönen Alpenambiente und so richtig hart zur Sache will es auch weiterhin nicht gehen, sofern man nicht einen rebellischen Bauern mit Heugabel dazu zählen möchte. Ersteres wird zugegeben dadurch forciert, dass die Geschichte über die Verwicklungen eines hochgelegenen Restaurants handelt, womit auch eine rostige Seilbahnkabine ins Zentrum des Interesses rückt. Deren Geschwindigkeit als Indiz für die Rasanz dieses Falls herzunehmen wäre natürlich sehr spöttisch. Immerhin versucht sich Flöckiger mal als hartnäckiger Ermittler, der auch die dicken Bretter der Obrigkeiten durchbohren kann. Dennoch wird dieser Wesenszug immer wieder dadurch konterkariert, wenn nach manchen Szenen entweder Bonbons (wahlweise auch Spaghetti) abgegriffen werden oder er liebevoll als 'Flücki' bezeichnet wird. So richtig böse wirkt er damit also nie. Auch Kollegin Liz Ritschard (durch ihre Frisur die schweizerische Bibi sozusagen) versucht krampfhaft, mehr an Profil zu gewinnen, was zumindest in dieser Folge an einigen Stellen gelingen mag. Der Fall selbst ist eher durchschnittlich, wenn auch nicht schlecht, wobei die gesellschaftskritische Komponente deutlich prominenter platziert ist als der eigentliche Mordfall. Diese sind allerdings nur durch das geografische Umfeld etwas origineller platziert. Als ungewollt putziger Tatort-Aufgalopp an einem ruhigen Sommerabend insgesamt also noch ganz akzeptabel, aber der Panorama-Bonus wird für Luzern irgendwann aufgebraucht sein.

                              3
                              • 7

                                Wer das professionelle Fußball-Geschäft über mehrere Jahre verfolgt, weiß um seine extreme Kurzlebigkeit. Spieler kommen und Spieler gehen in so einer großen Zahl, dass etwaige Einzelschicksale schnell verblassen können. "Ach, den gab es ja auch noch!" ist dann die typische Reaktion, wenn dieser oder jener Fußballer-Name nach Jahren plötzlich wieder ins Gedächtnis gerufen wird. Die Nachricht über Thomas Broichs erfolgreiches Engagement in Australien ist nach vielen wechselhaften Jahren in der ersten und zweiten Bundesliga genau solch ein Fall. Dass er nicht zu den Dummen seiner Zunft zählen würde, war schon immer ersichtlich. Der Spitzname "Mozart" (Stichwort: Schubladendenken) oder sein Interesse an kulturellen Themen wie Literatur oder Musik war schon früher in einigen Porträts oder Reportagen aufgefallen. War es nun sein eigenwilliger Charakter, sein (Un-)Verständnis für dieses Profi-Leben, das in quasi hat scheitern lassen oder ist dieses Business einfach nicht für ihn gemacht? Sowieso ist das Wort 'scheitern' hier mehr als relativ zu verstehen, war er doch schon im Umkreis der deutschen Nationalmannschaft anzutreffen, bevor die ersten ernsthafteren Probleme auftraten. Umso interessanter ist es, diese Langzeitdokumentation zu begutachten und hier mehr über Broich in Erfahrung zu bringen. Immer pendelnd zwischen den Zeiten damals und heute zeigen sich die Entwicklung seiner Ansichten und Erwartungen. Allerdings gibt es keine grundlegende Analyse dieses Geschäfts, da Broichs außergewöhnlicher Typ eines Fußballers per se vielen vor den Kopf stoßen würde - und dass er es vielleicht sogar wollte. Zwar ist das hier zumeist nur die Sicht eines Einzelnen unter vielen Fußball-Profis, denen sicherlich die unterschiedlichsten Schicksale in ihrer Karriere ereilen, doch so offen und ehrlich wie in "Tom meets Zizou" - fernab von den üblichen Phrasen und Oberflächlichkeiten - bekommt man als Außenstehender selten einen Eindruck.

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                                • 7

                                  Denkverbote lassen sich nur schwerlich einführen und so verwundert es nicht, dass solch heikle Themen wie perfide Terrorplanungen mit verschiedenen Zielorten der USA und dessen umstrittenen Bekämpfungsmöglichkeiten (sprich: Foltermethoden) auch in ein möglichst real wirkendes Szenario eingebettet werden. Und doch erfüllt Gregor Jordans "Unthinkable" ebenso die in diesem Kontext diskutablen Kriterien eines spannungsgeladenen Genrereißers, der mit bekannten Motiven wie Zeitzündern, ambivalenten Charakterstrukturen, eindeutigen Feindbildern oder geschickter dramaturgischer Verdichtung hantiert, wobei der Großteil sich nur im direkten Umfeld der Zelle abspielt, in welcher der Terrorist festgehalten wird.

                                  Diese vermeintliche Diskrepanz findet man fast exemplarisch in zwei Hauptfiguren wieder: Carrie-Anne Moss erzeugt als aufrechter Vernunftmensch im unwirklichen Kreis von Geheimdiensten und Militär die offensichtliche Projektionsfläche für den irritierten Zuschauer, wohingegen Samuel L. Jackson als kompromissloser Verhörspezi den größtmöglichen Gegenpart darbietet, der mit seinen Aktionen teilweise die Grenze zur völligen Überzeichnung streift. Die Krux, ob der Film für den jeweiligen Zuschauer funktioniert oder nicht, ist wohl oder übel Jacksons extremes Rollenprofil. Als Dritten im Bunde porträtiert Michael Sheen den auf den ersten Blick archetypischen Terroristen, welchen man sich vermutlich vorher ausmalen sollte. Genau diese potentielle Unangreifbarkeit ist es dann auch, was die Beteiligten zusehends zur Verzweiflung bringen würde. Klar, die Strukturen dieses Geflechts sind gelegentlich eher grobschlächtig als subtil, was sich gegen Ende zum potentiellen Fallstrick für die Glaubwürdigkeit des Films entwickeln hätte können. Gerade, was die Gewaltdarstellungen angeht, muss man schon mit drastischeren Szenen rechnen.

                                  Dennoch schafft Regisseur Jordan es, diesen schwierigen Balanceakt aus funktionierendem Spannungsfilm und zugleich moralischem Diskurs zu stemmen und damit neben den deutlichen Hinweisen zur US-Außenpolitik das grundlegende Dilemma beim Umgang mit Terroristen nochmals deutlich darzulegen. Was dem Film hoch anzurechnen ist, sind die im Raum stehenden Fragestellungen über das 'richtige' Handeln in vielen Situationen, welche aber eben nicht mit vorgegebenen Richtungsweisungen unbedingt vorgekaut werden, sondern dies zu einem gewissen Teil jedem selbst überlassen wird. Trotz einiger Bedenken vor und während des Films ein doch gelungenes Kammerspiel.

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                                  • 5 .5

                                    "Schau mir in die Augen, Kleines!" ist nicht nur ein berühmt-berüchtigtes Filmzitat eines anderen Klassikers, es beschreibt auch sehr gut die größte Stärke von "White Zombie": Bela Lugosis starrer und zuweilen angsteinflößender Blick in die Richtung des Zuschauers, geschickt mit dem Zoom der Kamera verstärkt. Dieser Film von Regisseur Victor Halperin besitzt aber noch ein anderes herausstechendes Merkmal. Wie der Titel schon verrät, kommt hier das legendäre Zombie-Thema vor, sogar mit das erste Mal in der langen Filmgeschichte. Das erste Mal ist jedoch nicht immer das beste Mal, wenn scheinbar leblose Gestalten durch die Nacht schlürfen, mag man sich danach allerdings denken. Denn man muss schon ziemlich viele Zugeständnisse machen, um schlussendlich von einem guten Horrorfilm zu sprechen. Zugegeben, durch Lugosi und dessen Anwesen im scheinbaren Nirgendwo von Haiti hat der Film seine atmosphärischen Momente. Sonderlich aufregend ist das alles trotzdem nicht, da besonders auch die Handlung mit dem jungen Ehepärchen zu simpel gestrickt und zudem holprig umgesetzt wirkt. Aufgrund des Produktionsjahres darf man auch mal gerne die Qualität der berühmte Horrorstreifen von Universal aus dieser Zeit heranziehen und da muss "White Zombie" sich dann doch deutlich hintenan stellen. Dennoch: Wer sich bewusst auf die Ursprungssuche des populären Subgenres begeben will, kommt an dem Film vermutlich nicht vorbei.

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                                    • 8

                                      Ein Film, bei dem hauptsächlich eine Postkutsche von einem Ort zum nächsten fährt, mag vielleicht keine sonderlich komplizierte Prämisse beheimaten. Doch wie so oft sind es die darin befindlichen Charaktere und ihre jeweiligen Schicksale, die die relevante Würze für die Geschichte bringen. "Ringo" ist daher in gewisser Weise ein frühes Roadmovie, nur eben auf dem staubigen Untergrund des Wilden Westens spielend statt auf befestigten Straßen. Aber es ist auf der anderen Seite auch ein wichtiger Western eines gewissen John Ford, der mit seinem unverhofften Erfolg so etwas wie der Retter des in den 30ern dahin dümpelnden Genres erweisen würde. Zugleich ist es die wahre Geburtsstunde der Legendenbildung von John 'The Duke' Wayne. Er spielt hier als Sträfling Ringo fraglos eine seiner interessanteren Rollen, dennoch ist dieser Klassiker zuallererst ein überzeugender Ensemblefilm. Obwohl die Kutsche nicht sonderlich komfortabel in seinen Ausmessungen wirkt, wird in diesen Mikrokosmos eine höchst unterschiedlichste Ansammlung an Menschenbildern reingequetscht, wobei es solche Merkmale wie Beruf, Stellung in der Gesellschaft, Einfühlungsvermögen, Mut sowie starkes oder weniger starkes Rückgrat sind, die die Personen charakterisieren. Weil hier jede Figur im Verlauf ihre Möglichkeit zur Entfaltung bekommt, wirkt "Ringo" gestern wie heute noch ungemein vital und durch die launige Gangart sehr kurzweilig. Ein entscheidender Nebenaspekt sind selbstverständlich die bekannten Actionszenen im wunderschönen Monument Valley (Fords 'Wohnzimmer'), welche mit teilweise ungewöhnlichen Kamerafahrten wenig an ihrer Rasanz verloren haben, selbst wenn es nur in schwarz-weiß und noch ohne Breitbild präsentiert wird. Dass dabei das scheinbar ewige Feindbild der heranstürmenden Indianer verwendet wird, ist einerseits kritikwürdig, andererseits so etwas wie eine Genrekonvention, die man vorher wie nachher genügend zu Gesicht bekommen hat. Genauso verhält es sich mit dem Ende, bei dem quasi archetypisch für den Western die Verhältnisse geregelt werden. Zurecht ein veritabler Meilenstein durch seinen beispielhaften Einsatz von Themen und Motiven, aber davon losgelöst auch ein immer noch erstaunlich gut funktionierendes Filmerlebnis.

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                                      • Schön, so hat man bequem auch die hier nicht unwichtigen Regisseursnamen auf einen Blick. Mal gucken, wann ich wieder eine Folge sehen werde.

                                        • Beim Titel dachte ich zuerst, du listest hier die Episoden der MoH-Serie auf...

                                          • Nette Liste. Du bringst mich gerade wieder auf die Idee, endlich "Messias des Bösen" nachzuholen. Ein weiterer Tipp von mir, da erwünscht: "Pontypool".

                                            • 7

                                              [Kleine Spoilerwarnung] 33 Jahre hat es gedauert, dass für "Alien" das entsprechende Prequel nun erschienen ist - genau die gleiche Zeitspanne spielt dieser auch vor der eigentlichen Originalgeschichte. Zufall oder steckt da doch mehr dahinter? Eine im Grunde läppische Frage, aber sie gesellt sich gut in das Konstrukt, das "Prometheus" darstellt. Die seltsame Produktionsgeschichte, die von der ursprünglichen Idee eines herkömmlichen Alien-5-Sequels über den miesen AVP-Exkurs bis hin zu diesem Film reichte, hat als Fan der Reihe schon sehr an den Nerven gezerrt. Ob "Prometheus" wirklich ein Alien-Film sein würde, war selbst nach weiteren Ankündigungen von Ridley Scott nicht vollkommen klar, bis der erste Trailer zumindest eine starke Tendenz ausstrahlte. Wie die Prometheus-Crew Kurs auf das große Unbekannte nimmt, steuerte ich auf dieses Werk zu. Was folgte, war ein höchst ambivalentes und diskutables Filmerlebnis.

                                              Über die Sinnfrage eines Prequels kann man sich lange auslassen. "Alien" funktionierte sicherlich so gut, weil es eine nachvollziehbare Umgebung und Zukunftsvorstellung erschuf, die über die eigentliche Geschichte hinaus interessante Fragen aufgeworfen hatte. Allerdings ist es vordergründig auch eine grandiose Verschmelzung zweier prominenter Genres (Horror & Science Fiction), die den Film unvergesslich machte. Die Hintergründe waren zwar nebulös, aber hinreichend genug, damit "Alien" spannungstechnisch hervorragend funktionieren konnte. Doch die Idee von dieser Spezies war wohl zu reizvoll, weswegen es mittlerweile eine ganze Alien-Saga gibt. Prequels haben jedoch immer die große Gefahr, das Böse schlicht zu entmystifizieren (Beispiele in der jüngsten Filmgeschichte gibt es ja einige). Immerhin kann das "Prometheus" weitestgehend vermeiden. Was aber auch daran liegt, dass die Alien-Rasse an sich eine gar nicht so große Rolle in dem Film spielt. Eher besinnt man sich auf die entfernteren Umstände, die auf den später stattfindenden "Alien"-Plot hinzielen.

                                              "Prometheus" soll scheinbar mehrere Aufgaben erfüllen: Sich so gut wie möglich von "Alien" emanzipieren, dem Original aber gleichzeitig auch genügend Respekt erweisen. Zudem sollen noch neue Facetten dieses Filmuniversums erschlossen werden. Diese werden darin ersichtlich, dass der Film deutlich das Thema Wissenschaft und die Verbindung zu Religion in den Vordergrund stellt. Wenn man "Prometheus" als Ganzes betrachtet, handelt es sich konkret eigentlich um einen Film über Prä-Astronautik, man sich also auf den Gedankengängen etwa eines Erich von Däniken bewegt. Ridley Scott wandelt damit auf ziemlich dünnem Eis, andererseits haben wir es mit Science Fiction zu tun, womit diese Kreativität wiederum legitimiert werden kann. Die unbändige Neugier eines Wissenschaftlers ist ferner ein interessantes Themenfeld, das "Prometheus" behandelt und dabei die ganz großen Menschheitsfragen in den Mittelpunkt stellt.

                                              Womit ich bei einem der größten Probleme des Films angelangt bin: die unsaubere oder gar schlampige Charakterzeichnung einiger Personen. Außer unserer Hauptdarstellerin Noomi Rapace als Elizabeth Shaw sowie Michael Fassbender als David bieten sich allerlei Stereotypen, was sogar teilweise Wissenschaftler-Rollen betrifft. Kann man es entschuldigen, dass die Funde, die Crew auf dem fernen Himmelskörper macht, die eigene Vorstellungskraft überstrahlt und somit möglichst rationales Handeln außer Kraft setzt? Damit einher gehen so manche Drehbuchkniffe, die dem Film seine Spannung nehmen. Denn die Exposition und der Aufbau ist absolut in Ordnung, wobei man sich im Grundgerüst schon sehr an "Alien" orientiert hat. Es scheint, als würden auf der Handlungsebene mit Ridley Scott und besonders Autor Damon Lindelof zwei unterschiedliche Kräfte zeitweise gegeneinander arbeiten. Dies befruchtet allerdings weniger gut als dass es dem Ausgang dieser Geschichte schadet. Der Film mag zwar auf den ersten Blick seine Aufgabenfelder abarbeiten, bei genauerer Betrachtung bleiben aber frappierend viele Fragen offen. Die zuvor befürchtete Entmystifizierung von "Alien" findet also nicht statt, einen sonderlich befriedigenden Film im konventionellen Sinne bietet es allerdings auch nicht.

                                              Dennoch hat "Prometheus" seine Stärken. Besonders dieser David-Charakter zeigt mit seinem irritierenden Verhalten allerlei Interpretationsspielraum, über den es sich lohnt, nachzudenken. Auch könnte Protagonistin Shaw prinzipiell Erinnerungen an Ripley wecken, hat aber bis auf ihr Geschlecht wenig Gemeinsamkeiten. Mit ihr verbindet man auch eine sehr intensive Szene, die so schnell nicht aus dem Kopf gehen wird. Über das handwerkliche Geschick von Ridley Scott braucht man überdies nicht groß zu diskutieren. Man merkt zudem, dass erneut Alien-Schöpfer H.R. Giger da seine Hände im Spiel hatte. Die Szenenbilder sowohl innerhalb als auch außerhalb des Raumschiffes sind wunderbar und bauen ohne Umschweife eine glaubwürdige SciFi-Atmosphäre auf, der man trotz aller Feindseligkeiten, die in dieser Gegend herrscht, gerne länger zugesehen hätte. Die geplante Fortsetzung lässt hier grüßen.

                                              Was die Frage aufwirft, ob "Prometheus" nicht etwas die Eigenständigkeit fehlt. Wie empfindet man ihn, wenn man vom Alien-Universum bisher nichts gesehen hat? Den Film zeichnet mehr seine interessante Beziehung zu eben jenem aus, als das es für sich genommen eine von vorne bis hinten funktionierende Geschichte bietet. Ein Malus, warum Scotts Film also erwartungsgemäß nicht an die meisterliche Qualität eines "Alien" heranreichen kann. "Prometheus" ist aber allen Problemen zum Trotz ein sehenswerter Film, über den es sich gewiss lohnt, aufgrund seiner nicht wegzudiskutierenden Metaebene seine eigene Gedanken spielen zu lassen. Denn dieser Punkt ist im Grunde auch das, was gute Science Fiction irgendwo auslösen sollte.

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                                              • Auffallend an der Liste ist, dass "Moderne Zeiten", "M" und "Im Westen nichts Neues" deutlich mehr Leute bewertet haben (>3000). Der Rest dagegen fällt ja ziemlich deutlich ab. Zwei berühmte Filme von Victor Fleming fehlen allerdings hier mit jeweils über 5000 Bewertungen, wobei "Der Zauberer von Oz" mit einer 6.9-Wertung es knapp in die Top 25 hätte schaffen müssen...
                                                Erwartbar ist auch die jeweilige Kommentarzahl bei den Top-25-Artikeln in den letzten Wochen:
                                                00er: 295 / 90er: 283 / 80er: 284 / 70er: 139 / 60er: 97 / 50er: 67 / 40er: 29
                                                Also: Mehr ältere Filme anschauen!

                                                Meine Lieblinge der 30er:
                                                1. Moderne Zeiten (Charlie Chaplin)
                                                2. M (Fritz Lang)
                                                3. Im Westen nichts Neues (Lewis Milestone)
                                                4. Es geschah in einer Nacht (Frank Capra)
                                                5. Eine Dame verschwindet (Alfred Hitchcock)
                                                6. Mr. Smith geht nach Washington (Frank Capra)
                                                7. Leoparden küßt man nicht (Howard Hawks)
                                                8. Lichter der Großstadt (Charlie Chaplin)
                                                9. King Kong und die weiße Frau (Merian C. Cooper, Ernest B. Schoedsack)
                                                10. Die Abenteuer des Robin Hood (Michael Curtiz)
                                                11. Lebenskünstler (Frank Capra)
                                                12. Die Mumie (Karl Freund)
                                                13. Die Spielregel (Jean Renoir)
                                                14. Frankensteins Braut (James Whale)
                                                15. Der Unsichtbare (James Whale)
                                                16. Die 39 Stufen (Alfred Hitchcock)
                                                17. Ninotschka (Ernst Lubitsch)
                                                18. In den Fesseln von Shangri-La (Frank Capra)
                                                19. Dracula (Tod Browning)
                                                20. Chicago – Engel mit schmutzigen Gesichtern (Michael Curtiz)
                                                21. Mr. Deeds geht in die Stadt (Frank Capra)
                                                22. Frankenstein (James Whale)
                                                23. Vom Winde verweht (Victor Fleming)
                                                24. Sabotage (Alfred Hitchcock)
                                                25. Der Zauberer von Oz (Victor Fleming)

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                                                • 7 .5

                                                  Die exemplarische Demaskierung der US-amerikanischen Vorstadt-Idylle und der nicht wegzudiskutierende Zwiespalt zwischen Teenagern und Eltern sind Themen, die bekanntlich schon "American Beauty" so wunderbar porträtieren konnte. Da muss jeder weitere Film darüber schon etwas aufbieten können, um da eine eigene Identität herausarbeiten und den Themen einen eigenen Stempel aufdrücken zu können. Arie Posins Langfilmdebüt "The Chumscrubber" ist sechs Jahre nach Sam Mendes' Film genau solch ein Kandidat, dessen äußere Hülle vielleicht nicht sehr originell wirken könnte, aber beim näheren Hinsehen einiges zu bieten hat. Es gibt sogar so manchen Fallstrick wie den schwierigen Mix aus Drama und Komödie zu stemmen sowie eine Vielzahl an unterschiedlichsten Charakteren würdig in die Geschichte einzuflechten. Doch nach kleinen Irritationen zu Beginn schafft der Film es, diese Elemente gekonnt zu beherrschen und wunderbar zur Entfaltung zu bringen. Denn was bei einigen der etablierten Schauspieler wie Ralph Fiennes, William Fichtner oder besonders Glenn Close zuerst wie krasses Overacting anmutet, erweist sich als cleveres Umkehrspiel zwischen den Jugendlichen und den Erwachsenen. Auch das Thema Drogen bildet ein zentrales Mittel in "The Chumscrubber", bleibt aber für den Plot besonders ein hilfreiches Beiwerk, um das ganze Sammelsurium an Einzelschicksalen zu einem tragikomischen und teilweise grotesken Höhepunkt im Suburbia-Albtraum zu bringen. Ein sehr facettenreiches und unterhaltsames Filmerlebnis mit einer tollen Darstellerriege, von denen man nicht extra jemanden hervorheben sollte. Die erwähnte Vielschichtigkeit ist wohl derart präsent, dass es sogar den deutsches DVD-Verleihern vielleicht etwas zu viel wurde. So lautete der Film zuerst noch "Glück in kleinen Dosen", eine Neuveröffentlichung hört nun allerdings auf den kuriosen Titel "Abgefugged - Die trügerische Idylle von Hillside". Wie heißt es hier am Ende so schön? Keine Macht den Drogen.

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                                                  • Die schnellen Fortschritte bei der Listen-Funktion ist schonmal begrüßenswert. Die 'Listen durchstöbern'-Seite ist in ihrer Struktur allerdings noch optimierbar (um dem Begriff 'durchstöbern' dann auch wirklich entsprechen zu können).

                                                    Die neue Filmdetailseite gefällt mir dagegen gar nicht. Hauptgrund ist das nun noch zentralere Trailerfenster direkt neben dem Filmplakat, welches weiterhin nur einen Link zum eigentlichen Trailertab repräsentiert und damit kein richtiger Player ist. Zudem mag das automatische Generieren eines Standbildes aus dem Trailer bei den neueren Filmen wegen der HD-Auflösung noch ok aussehen. Bei Filmen mit älteren, niedriger aufgelösten Trailern gibt es jedoch oftmals diesen Pixelmatsch (Bsp.: http://www.moviepilot.de/movies/buena-vista-social-club-2). Und bei den allermeisten, unbekannteren Filmen gibt es ja nicht einmal einen Trailer, sodass da nun eine große Lücke herrscht (denn News-Links als Platzhalter Nr. 2 haben diese Filme meist auch nicht). Unschön. Ein normaler Trailer-Button direkt unterhalb des Plakats, falls denn ein Trailer existiert (analog also zu denen in den Listen), würde aus meiner Sicht vollkommen ausreichen.

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