Framolf - Kommentare
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Alle Kommentare von Framolf
Nach Horrorfilmen über Fotokameras des Verderbens, Ouija-Bretter des Schreckens, Smartphones des Grauens oder Puppen des Bösen darf natürlich auch cineastischer Beitrag zum Thema Tarot nicht fehlen.
Eine Gruppe von Freunden findet im Keller Tarot Karten, deren Design ihnen unheimlich vorkommt. Ein Mitglied der Clique verfügt über reichlich Halbwissen zum Thema Kartenlegen. Sie erklärt den anderen, dass es keine gute Idee sei, mit den Karten in die Zukunft zu blicken. Der Rest der Gruppe wird dadurch erst recht neugierig. Also legt die Halb-Sachverständige ihren Freunden die Karten. Ihre Vorhersagen klingen mitunter etwas kurios, aber was soll's, ist ja nur ein Spiel. Zumindest denken das einige der Anwesenden. Doch dann geschehen plötzlich schreckliche Ereignisse, die fatal an die vorhergesagten Schicksale erinnern. Jetzt ist guter Rat teuer. Lassen sich die in Gang gesetzten Vorkommnisse aufhalten – und wenn ja, wie?
Wirklich alles an 'Tarot – Tödliche Prophezeiung' schreit nach Fließbandware, was einerseits vielleicht ermüdend klingen mag, auf der anderen Seite aber auch ein Indiz für eine routinierte Umsetzung sein könnte. Doch leider wird recht schnell klar, dass letzteres eher eine Hoffnung bleiben wird. Die Darsteller mühen sich zwar im Rahmen ihrer Möglichkeiten ab, doch Regie und Drehbuch wirken derart uninspiriert, dass der Rest der Crew sprichwörtlich im Regen steht. So ziemlich jede Facette der Produktion wirkt allenfalls zweckmäßig. Dass schon im Vorfeld keine allzu großen Sprünge zu erwarten sind, versteht sich zwar von selbst, doch vielen ähnlich gelagerten Produktionen gelingt es zumindest, in einer Sparte (Musik, Ausstattung, was auch immer) Ausrufezeichen zu setzen.
So viel zum Thema Tarot. Die US-Filmindustrie wird aber bestimmt für originellen Nachschub sorgen. Der Geschirrspüler des Todes oder das Blutrausch-Kettcar stehen bestimmt schon in den Startlöchern.
KURZFAZIT
Vor der Sichtung am besten die Karten zu diesem Film befragen!
Wie konzipiert man eine Fortsetzung, die dem Wesen des Vorgängerfilms treu bleiben und trotzdem keine reine Wiederholung alter Muster darstellen soll? Regisseur Parker Finn folgt mit 'Smile 2: Siehst du es auch?' einer durchaus vielversprechenden Prämisse. Der Fluch des tödlichen Lächeln springt zwar weiterhin munter von Person zu Person, doch dieses mal steht kein „Normalo“ im Zentrum der Geschichte, sondern eine berühmte Sängerin. Von Anfang an steht also die unausgesprochene Frage im Raum, ob eine mögliche Eskalation auf offener Bühne stattfinden wird oder nicht. Und daran anschließend: Kann der Fluch auch auf eine Vielzahl von Personen gleichzeitig überspringen? Falls dem so ist, dürfte die Menschheit amtlich am Arsch sein. Lässt sich die möglicherweise bevorstehende Katastrophe also noch aufhalten?
Sowohl inhaltlich als auch stilistisch bleibt Finn dem Konzept des Auftaktfilms einerseits treu, wobei er andererseits auch ganz neue Akzente setzt. Die Atmosphäre wirkt nun etwas weniger düster, aber deshalb nicht weniger bedrohlich. Ein Teil der Kulissen erscheint nun wesentlich luxuriöser und geräumiger, doch vor mentalen Bedrohungen schützt auch Reichtum nur bedingt. Im Gegenteil: Skizziert wird hier die Lage einer Unterhaltungskünstlerin, die auch ohne die Bedrohung durch ein tödliches Lächeln schon genügend unter Druck steht. Nicht wenige Menschen zerbrechen bereits an einem Leben in der Öffentlichkeit, ohne zusätzlich noch von außen bedroht zu werden. In diesem Licht betrachtet lassen sich einige der Entwicklungen durchaus auch als Metaphern auf die Schattenseiten eines Lebens im Rampenlicht begreifen. Konsequent durchexerziert werden die damit verbundenen Assoziationen jedoch nicht. Fraglich erscheint zudem, ob die Hauptrolle derart konzipiert ist, dass sie zum uneingeschränkten Mitfiebern taugt (was jedoch keineswegs auf Hauptdarstellerin Naomi Scott bezogen ist). Zu außergewöhnlich erscheinen ihre Lebensumstände, als dass man sich problemlos in ihre Lage versetzen könnte. Nichtsdestotrotz vermag das Gesamtkonzept durchaus zu überzeugen. Der schroffe und etwas rätselhafte Charme des ersten Filmes weicht jedoch einer etwas veränderten Stimmung, die aber immerhin nicht minder morbide daherkommt als im ersten Film.
KURZFAZIT
Solide Fortsetzung mit einigen neuen Facetten der Handlung und einer deutlich sterileren Atmosphäre.
Rund sieben Jahre nach seinem blutigen Rachefeldzug (infolge der Ermordung seines Bruders) sitzt der Kopenhagener Arzt Zaid (Dar Salim) im Gefängnis, während sich seine Frau mit dem gemeinsamen Sohn ein neues Leben aufgebaut hat. Alles ändert sich, als ihm seitens des Staates (nach einer stümperhaft in den Sand gesetzten Routineaktion, genauer gesagt dem missglückten Transport eines Kronzeugen zum Gericht) ein Deal angeboten wird. Zaid soll eine kriminelle Organisation infiltrieren und sich das Vertrauen der führenden Köpfe erschleichen. Für einen durchaus gerissenen Chirurgen, der Menschen ebenso gut verprügeln wie operieren kann, sollte das kein allzu großes Problem darstellen. Doch selbstverständlich wird sich die an sich schon ziemlich absurde Aktion als ziemlich steinig erweisen.
Eines man Regisseur Fenar Ahmad lassen: Ein Stilbruch innerhalb der Geschichte findet nicht (bzw. nur in geringem Maße) statt. Auch das Skript bleibt sich mehr oder weniger treu. Zwar wird nach einem Zeitsprung (gegenüber der ersten Episode) ein völliges neues Kapitel aufgeschlagen, doch allzu gravierend fallen die Unterschiede zum Vorgängerfilm nicht aus. Der Protagonist bahnt sich (gemäß seines Auftrages) nun mit anderen Mitteln seinen Weg durch die Stadt und durch die Reihen der Verbrecher, doch letztlich läuft die Inszenierung auf ein ähnliches Ergebnis hinaus wie in der ersten Episode. Bodenständig kommt die Handlung zwar nicht gerade daher (wie das eben so ist mit prügelnden Chirurgen als Actionhelden in einer agentenähnlichen Mission), aber zumindest der Unterhaltungswert erweist sich als durchaus passabel. Ob es noch weitere Fortsetzungen braucht, sei jedoch dahingestellt; nicht zuletzt auch deshalb, weil die Crew in vielen Bereich nicht nennenswert über mittelmäßige Leistungen hinauskommt.
KURZFAZIT
Solide (und stilistisch nahtlose) Fortsetzung eines recht schnörkellosen und düsteren Thrillers.
[Enttäuschend: Obwohl der Titel etwas anderes verspricht, hat hier gar kein Reh geturnt. :-( ]
Die gute Nachricht vorweg: Über viele Jahrzehnte hinweg wurden zahlreiche Vertreter der Atomkraftlobby nicht müde zu betonen, dass sich Unfälle in Reaktoren nur alle 10.000 Jahre ereignen könnten. Zwar erscheint bis heute rätselhaft, wie man auf genau diesen Wert gekommen sein will, doch man muss sich auch mal freuen können. Schließlich dürfte die Menschheit nach den Ereignissen bei Harrisburg (1979), Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011) bis ins 321. Jahrhundert sicher sein. In der Doku-Miniserie Kernschmelze: 'Der Unfall von Three Mile Island' wird dennoch ein Finger in die Wunde gelegt und menschliche Versagen im gleichnamigen Kernkraftwerk nachgezeichnet. Die Fehlleistungen des Personals lassen sich dabei in drei Kategorien einteilen: Falsche Einschätzungen im Vorfeld des Unfalls, teils erratisches Verhalten während der „heißen“ Phase sowie ein beschämender bis krimineller Umgang bei der Aufarbeitung der Ereignisse.
Zunächst ist die Rede von übermüdetem und auch ansonsten überfordertem Personal, das während der Nachtschichten mit massiven Konzentrationsmängeln zu kämpfen habe. Menschlich zwar nachvollziehbar, doch für Beschäftigte in zahlreichen anderen Branchen, in denen Schichtarbeit ebenfalls zum Alltag gehört und Fehler schwerwiegende Konsequenzen haben können (LKW-Fahrer, Ärzte usw.), müssen derlei Begründungen bzw. Ausflüchte wie Hohn klingen. Noch haarsträubender erscheinen die Lösungsvorschläge, die zur Bewältigung der Krise gemacht wurden. Um ein Haar hätten die Verantwortlichen noch zusätzliches Öl ins Feuer gegossen und eine Katastrophe sehr viel größeren Ausmaßes herbeigeführt (siehe der angedachte Einsatz eines Kranes, der mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit auf die Brennstäbe hätte stürzen können). Der Umstand, dass die Öffentlichkeitsarbeit massiven Verzerrungen der tatsächlichen Geschehnisse geprägt war, gehört bei derartigen Unglücksfällen ohnehin schon fast zur Folklore. Ganz besonders heikel wird es schließlich hinsichtlich des Umgangs mit diversen Whistleblowern, die sich einige Jahre später an die Medien wandten. Ohne an dieser Stelle zu sehr ins Detail gehen zu wollen: Es stehen sogar Mordvorwürfe im Raum.
Die Krone setzt dem Ganzen ein damals verantwortlicher Mitarbeiter auf, der die Vorkommnisse auch Jahrzehnte später noch schönredet und seinen eigenen Wegzug aus der Region mit abstrusen Erklärungen zu rechtfertigen versucht. Man kann zur Atomkraft stehen, wie man möchte, doch wenn die Verantwortung für ein Kraftwerk in den Händen derart inkompetenter Personen liegt, dürfte wohl auch einigen überzeugten Befürwortern mulmig werden. Selbst im Fall hundertprozentig sicherer Anlagen bleibt am Ende das Risiko von Layer 8 Problemen bestehen. Die Produzenten von 'Der Unfall von Three Mile Island' skizzieren genau dieses Problem in aller Ausführlichkeit, wobei man sicherlich auch die Meinung vertreten kann, dass man die Schilderungen etwas straffen können hätte, denn schon früh wird klar, welches Muster vielen Handlungen der Konzernvertreter zugrunde liegt.
KURZFAZIT
Solide Dokumentation, die zwar nur eine überschaubare Menge an Neuigkeiten zutage fördert, deren Chronik an Auswüchsen von Inkompetenz und kriminellen Verhaltensweisen allerdings doch aufhorchen lässt.
Clover reist mit vier Freunden ins Hinterland, um dort nach ihrer vermissten Schwester zu suchen. Nach dem im Backwoods-Subgenre fast schon obligatorischen Zwischenstopp an einer Tankstelle, an der bereits düstere Vorzeichen zu vernehmen sind, kommen sie zu einer Herberge, an der die Physik verrückt zu spielen scheint. Das Wetter und die Lichtverhältnisse verhalten sich nach völlig unbekannten Regeln, doch das ist noch die unspektakulärste Anomalie dort. Viel gravierender: Das Zeitgefüge stimmt hinten und vorne nicht und gleich mehrere Killer treiben ihr Unwesen an diesem gottverlassenen Ort. Wo sind Clover und ihre Freunde hineingeraten und gibt es noch Hoffnung für ihre verschwundene Schwester?
Eigentlich kann man sich im Fall von 'Until Dawn' rhetorische Fragen wie diese sparen, denn im Großen und Ganzen läuft hier – abgesehen von den ungewöhnlichen physikalischen Rahmenumständen – vieles nach Schema F ab. Die Charaktere sind im Grunde Kanonen- bzw. Messerfutter; sogar noch stärker als in vielen anderen Horrorfilmen. Auf der anderen Seite weist die Handlung jedoch auch eine psychologische Komponente auf, der gegen Ende hin eine ganz besondere Note verliehen wird. Ohne zu viel zu verraten: Bei der Auflösung halten die Autoren eine Tür offen, die zwei verschiedene Lesarten zulässt.
Als Metapher für eine mentale Ausnahmesituation taugt die Geschichte dennoch nur bedingt. Zu sehr fokussiert sich die Inszenierung auf die nicht gerade alltägliche Prämisse, als dass die psychologischen Aspekte wirklich in den Mittelpunkt drängen würden. Punkten kann Regisseur David F. Sandberg ('Lights Out', 'Shazam!', 'Annabelle 2') hingegen durch sorgfältig gestaltete Requisiten und Kulissen, woraus im Verbund mit der Beleuchtung und der Kameraarbeit eine doch recht düstere Atmosphäre resultiert. So hanebüchen die Geschichte auch daherkommen mag, so faszinierend fällt die Sogwirkung aus, die der vermeintliche Lost Place als Schauplatz entfaltet.
6 – 6,5 Punkte.
KURZFAZIT
Haarsträubende Handlung, die allerdings in sehenswerte Kulissen eingebettet ist und nicht zuletzt durch einen gut aufgelegten Peter Stormare in einer (allerdings recht klein geratenen) Nebenrolle zusätzlich aufgewertet wird.
„[...] das waren alles kalte und stolze Menschen und keine guten Nachbarn. Scheinheilige, die dachten, dass die Kirche ein Käfig ist, in dem man Gott gut gefangen halten konnte.“ (Episode 4, 9:50)
Die Haushälterin Grace Marks (Sarah Gadon), die Mitte des 19. Jahrhunderts beschuldigt wurde, an der Ausführung eines Doppelmordes beteiligt gewesen zu sein (und infolge dessen verurteilt wurde), erhält Besuch von einem Arzt (Edward Holcroft), der sie untersuchen soll. Zu ihrem Erstaunen handelt es sich dabei um keine körperliche Untersuchung, sondern um eine Evaluation ihrer psychischen Verfasstheit, was zu jener Zeit noch ein recht ungewöhnlicher Vorgang gewesen sein dürfe. Immerhin: Dieser Gutachter hört ihr zu, ja, er hängt ihr geradezu an den Lippen. Also holt Grace weit aus und beginnt mit ihrer Auswanderung nach Kanada, die lange Zeit vor den Taten stattfand, die ihr vorgeworfen werden. Doch holt sie wirklich ausufernd weit aus oder kommt auch diesen bereits weit zurückliegenden Ereignissen eine große Bedeutung zu?
Ohne die Auflösung des Falles vorwegzunehmen: Sarah Polley, die auf Basis eines Romans von Margaret Atwood die Idee zu dieser Miniserie entwickelte, hebt das Prinzip des unzuverlässigen Erzählens in 'Alias Grace' auf eine ganz besonders hohe Stufe. Während zu Beginn der Geschichte noch nicht ganz klar erscheint, ob man der Protagonistin, die das Geschehen gelegentlich aus dem Off kommentiert, gewissermaßen beim Denken zuhören darf oder ob sie gezielt die vierte Wand durchbricht, um direkt zum Publikum zu sprechen, werden beim aufmerksamen Zuschauen womöglich bereits erste Überlegungen bezüglich der Zuverlässigkeit der übermittelten Informationen in Gang gesetzt, denn die Unterscheidung zwischen beiden Varianten zieht einen gehörigen Unterschied nach sich: Unstrittig ist von Beginn an, dass die Handlung in den Rückblicken stets unter einem gewissen Vorbehalt steht. Schließlich erscheint durchaus denkbar, dass Grace es mit der Wahrheit nicht ganz so genau nehmen könnte. Hört man nun zwischendurch immer wieder mal ihre Gedanken, würde das bedeuten, dass die Rahmenhandlung wohl objektiv erzählt wird. Durchbricht sie jedoch die vierte Wand, indem sie mit ihrer Erzählung das Publikum adressiert, kann weder die Rahmen- noch die Binnenhandlung vorbehaltlos für bare Münze genommen werden. Ein vielleicht nur gradueller Unterschied, der bei den meisten Film- und Serienproduktionen keine allzu gewichtige Rolle spielen mag, im Falle eines nicht zweifelsfrei gelösten Mordfalles jedoch die gesamte Handlung auf den Kopf stellen kann. Wer also miträtseln möchte, sollte sich der Leitplanken, die durch das Skript gesetzt wurden, bewusst sein.
Deutlich auffallend sind hingegen die Schnittmengen bezüglich der Motivik zwischen den beiden seriellen Atwood-Adaptionen 'Alias Grace' und 'The Handmaid's Tale'. Im Zentrum beider Erzählungen stehen Mägde, die auf den ersten Blick recht unscheinbar wirken (bzw. dazu gezwungen werden), deren Intellekt jedoch von zahlreichen Akteuren massiv unterschätzt wird. Beide haben vergleichsweise rebellische Freundinnen, die sich im Untergrund auch politisch engagieren oder zumindest mit oppositionellen Kräften sympathisieren. Von der alltäglichen Lebensgestaltung bis hin zu den Kleidungsvorschriften haben die herrschenden Klassen ein System zur Diskriminierung finanzschwacher Menschen – und ganz besonders von Frauen – mit einer fast schon diabolischen Perfektion entwickelt. Männliche Unterdrücker geben sich gerne auch mal gönnerhaft, während ihre Partnerinnen (wohl auch aus Angst vor Verlust der eigenen Stellung) phasenweise ganz besonders intensiv nach unten treten. In geographischer Hinsicht erscheint die Situation nahezu spiegelverkehrt: Während in der dystopischen Version Kanada als Zufluchtsort und Projektionsfläche für Hoffnungen dient ('The Handmaid's Tale'), wird das Land in der Vergangenheit als Ort großer gesellschaftlicher Verwerfungen skizziert ('Alias Grace'). Im Ergebnis laufen beide Varianten auf einen ähnlichen Tenor hinaus: Eine Gesellschaft, in der Wohlhabende den Rest der Bevölkerung unterdrücken, wobei mit ganz besonderer Härte gegen Frauen vorgegangen wird (in 'The Handmaid's Tale' mehr noch als in 'Alias Grace'). Wer die gesellschaftspolitischen Implikationen und die erzählerischen Details außer Acht lassen möchte, kann sich dennoch auf ein packend inszeniertes und clever konzipiertes Kriminaldrama freuen, dessen Auflösung eine Verneigung vor David Lynch beinhaltet, aber vielleicht auch gerade deshalb das Publikum spalten könnte.
KURZFAZIT
Historiendrama mit Elementen aus den Genres Kriminal- und Mysterythriller, das eher auf ein Nischen- als ein Massenpublikum zugeschnitten zu sein scheint.
[Leicht verspätet...]
Der filmtastische Festtagskalender 2025, Film #9 - Muttertag
Es ist Muttertag. Millionen Menschen fahren zu ihren Müttern und tauschen dort Blumen gegen Kuchen ein – ein Brauch, der sich über viele Jahrzehnte hinweg bewährt hat. Doch wie sieht es in Polen (bzw. in diesem Film) aus? Nach einem kurzen Abriss zum Festtag an sich werden (wenig überraschend) die Erwartungen gezielt unterlaufen. Konkret geht es um einen Sohn, der mit seiner Mutter enorm fremdelt und eine Mutter, die statt Gebäck an die Verwandschaft lieber Prügel an die Mitglieder eines Verbrechersyndikats verteilt – auch eine Möglichkeit, gegenüber dem Nachwuchs die Fürsorge unter Beweis zu stellen...
So weit, so gut. Der Anlass für Prügelorgien ist im Actiongenre schließlich ohnehin meistens sekundär. Im Großen und Ganzen erscheint die Inszenierung solide, doch die Handlung wirkt, als sei hier ein B-Movie kopiert worden, in dem wiederum selbst von einem anderen Film abgekupfert wurde. Dass man bei Actionfilmen nicht allzu streng nach Plausibilität fragen sollte, versteht sich von selbst, doch im Fall von 'Muttertag' werden derlei Dinge schon extrem lässig gehandhabt. Wie genau die Planung und Durchführung des gezielt herbeigeführten Verkehrsunfalls vonstatten gegangen sein soll, bleibt ebenso nebulös wie die eine oder andere Entwicklung, die eigentlich nur durch das Zusammenkommen zahlreicher Variablen möglich ist. Eigentlich wäre das auch nicht weiter wild, wenn denn wenigstens der Film als Ganzes halbwegs innovativ oder wenigstens stimmig wäre; doch bei schludrig konzipierter Fließbandware verstärken sich derlei Effekte eben gerne auch mal gegenseitig. Oder anders formuliert: Wäre der Film in irgendeiner Kategorie überragend, würde das sicher auch vom einen oder anderen Stolperstein ablenken. So aber bleibt am Ende der Eindruck eines eher verpatzten Muttertages. Dann doch lieber die klassische Version mit Blumen und Kuchen.
KURZFAZIT
'Muttertag' - die reinste Plag'.
Zwei zwielichtige Zankhähne brechen bei einer irrwitzigen Fluchtaktion aus dem Gefängnis bzw. einem Gerichtssaal aus, indem sie den wohl irrwitzigsten, cleversten, skurrilsten und zugleich dümmsten Fluchtplan der jüngeren Filmgeschichte in die Tat umsetzen. Doch statt langfristig unterzutauchen, hecken sie schon ihren nächsten Coup aus, der sie zu ihrem früheren Komplizen führt, der sich nicht minder unberechenbar verhält.
Eigentlich ist die Geschichte dieses Filmes aber völlig egal, denn hauptsächlich geht es einfach nur darum, dass sich eine Bande unterschiedlichster Charaktere durch bedrohliche Situationen manövriert, während sich die einzelnen Mitglieder zwischendurch mit mehr oder weniger lockeren Sprüchen gegenseitig auf die Palme bringen. Als Zuschauer kann man dabei schnell das Gefühl bekommen, einer Mischung aus Abenteuer, Rollenspiel und Freizeitparkattraktionen beizuwohnen.
Phasenweisen erinnert 'Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben' an einen Blockbuster aus den 90er Jahren, ehe sich Regie und Drehbuch wieder in anderweitige Launen verzetteln. Gewiss standen die Produzenten vor denselben Schwierigkeiten wie die Verantwortlichen zahlreicher anderer Spieleverfilmungen: Man möchte Gamer und Cineasten offenkundig ebenso zufriedenstellen wie Fans der ersten Stunden und komplette Neulinge in der Welt der 'Dungeons & Dragons'. Bis zu einem gewissen Grad gelingt ihnen dies auch, doch alle Zuschauer lassen sich vermutlich nie unter einen Hut bringen. So oder so gibt es einiges zu bewundern: Eine detailreich gestaltete Welt, bei deren Erschaffung sich die Requisiteure ebenso austoben durften wie die Masken- und Kostümbildner sowie ein bunter Haufen an Charakteren, die von teils namhaften Schauspielern dargestellt werden (unter ihnen Chris Pine, Michelle Rodriguez, Hugh Grant und Justice Smith). Dafür, dass sich von Spielen inspirierte Verfilmungen traditionell als dünnes Eis erweisen, schlägt sich die Crew von 'Dungeons & Dragons' durchaus wacker.
KURZFAZIT
Heiteres Fantasyspektakel ohne nennenswerten Nährwert.
Sobald die Rede auf Ray Wentworth kommt, kann man lobende Töne vernehmen, die sich förmlich selbst überschlagen – zumindest wenn man ihn selbst befragt. In einer Mischung aus Vergangenheitsverklärung und Selbstbeweihräucherung trägt er derart dick auf, dass schnell klar wird, dass hier jemand überkompensiert. Fortuna meint es auch nicht besonders gut mit ihm, und so fliegen die meisten seiner Übertreibungen auch recht schnell auf. Beruflich zieht es ihm gerade den Boden unter den Füßen weg, sein Privatleben liegt ohnehin schon seit einer Weile in Trümmern. Die einzige Genugtuung in seinem Leben bietet ihm aktuell die Übertragung von Pennerkämpfen im Fernsehen; vor allem, wenn Lokalmatador Shitfood (ein Name, wie ein Gedicht) antritt. Doch als nun auch noch seine finanzielle Grundlage zusammenbricht, deutet sich an, dass ihm wohl ereignisreiche Tage bevorstehen werden – und diese Ahnung täuscht nicht.
Unverhohlen fischen Netflix, Regisseur Michael Stevenson und Bob Odenkirk (Hauptdarsteller, Drehbuchautor und Produzent) hier im Pool der Fans von 'Breaking Bad' und vor allem 'Better Call Saul'. Die Figur des Ray Wentworth entspricht zwar nicht Eins zu Eins der des Jimmy McGill bzw. Saul Goodman, doch Gemeinsamkeiten sind unverkennbar. Bisweilen wirkt es, als wäre Jimmy in einer Sonderepisode von 'Better Call Saul' in einem Traum gefangen, in dem er als Grußkartentexter Ray von einer Misere in die nächste stolpert. Auf jeden Fortschritt scheinen zwei Rückschläge zu folgen. Die Erzählung springt dabei im Viertelstundentakt zwischen verschiedenen Genres umher. Tragikomödie, Charakterstudie, Gesellschaftssatire, Gangstergroteske – von allem ist etwas dabei. Im Ergebnis fühlt es sich nach einem cineastischen Buffet an, bei dem am Ende zwar viele verschiedene Kostproben auf dem Teller landen, man sich allerdings auf keine davon ausschließlich konzentrieren kann. Das Ergebnis ist ein Film, der zwar alleine schon durch seine geschlagenen Haken bei der Stange hält, aber durch die teils ruppigen Wechsel der Tonlage auch etwas an Sogwirkung einbüßt.
6 – 6,5 Punkte.
KURZFAZIT
Wilder Ritt durch verschiedene Genres und Stimmungslagen.
Wer schon immer einmal wissen wollte, wie eine Mischung aus 'Hui Buh', 'E.T. - Der Außerirdische' und 'Ghost – Nachricht von Sam' [(aus dem letztgenannten Film wird sogar eine Szene gezeigt)] aussehen könnte, bekommt in Christopher Landons Horrorkomödie 'We Have a Ghost' eine Antwort auf diese Frage.
Nach dem überstürzten Auszug der vorherigen Bewohner aus einem vermeintlichen Horrorhaus, lässt sich nun eine andere Familie die problematische Immobilie aufschwatzen. Doch schnell stellt sich heraus: Das Gebäude an sich ist völlig in Ordnung, doch ein Geist (David Harbour) lebt darin. Allerdings ist dieser aktuell etwas verunsichert, denn als er einen der beiden (neu eingezogenen) Söhne erschrecken will, lacht ihn dieser aus und filmt ihn. Wie jeder Filmfan weiß, kann es auch problematisch werden, wenn diese Aufnahmen in die falschen Hände gelangen. Aber der Vorfall hat auch eine gute Seite, da sich der Jugendliche und der Geist allmählich miteinander anfreunden.
Die etwas schräge Prämisse deutet es bereits an: Dem Publikum wird hier eine vogelwilde Mischung vorgesetzt, von der zunächst gar nicht so klar ist, zu welchem Genre sie eigentlich gehören soll. Die Eröffnungsszene könnte auch einem Spukhaus-Horrorfilm entstammen, doch in der Folgezeit geht es eher in Richtung Horrorkomödie und Familienfilm, ehe auch noch vorsichtige Anklänge einer (nicht besonders hintergründigen) Mediensatire einfließen. Ein Teil des Konzeptes dürfte wohl auch darauf basieren, möglichst viele verschiedene Zielgruppen ins Visier zu nehmen. Zumindest teilweise geht dieser Plan auch auf, denn grundsätzlich ist der hier gewählte Ansatz durchaus familienkompatibel - sofern die Kinder nicht allzu jung sind. Wie groß das Vergnügen für den einzelnen Zuschauer ausfallen wird, steht auf einem anderen Blatt; wie auch die Frage, ob es wirklich über zwei Stunden Spieldauer braucht, um diese Geschichte zu erzählen. Die Scherze fallen nicht allzu spektakulär aus, die Satire hat nur bedingt Biss und das Familiendrama eine überschaubare Fallhöhe.
3,5 – 4 Punkte.
KURZFAZIT
Von allem etwas, aber in keiner Facette restlos überzeugend.
Oscar Madness (1 Nominierung)
Otto Premingers oscarnominiertes Kriegsdrama 'Erster Sieg' (1966 Nominierung in der Kategorie „Beste Kamera Schwarzweißfilm“ für Loyal Griggs) beginnt mit einem der tiefsitzendsten Kriegstraumata der US-Gesellschaft: Mit dem Angriff auf Pearl Harbor. Auf den vergleichsweise wuchtigen Beginn folgt das in ausführlicher Breite erzählte Herzstück der Handlung, das jedoch über weite Strecken nicht annähernd so tief in die Materie eintaucht, wie es auf Basis der wesentlichen Handlungsbestandteile vielleicht zu erwarten wäre. In erster Linie folgt man dabei Captain Rockwell Torrey (John Wayne) und Stabschef Paul Eddington (Kirk Douglas), wie sie einerseits ihren Alltag in der Armee absolvieren und auf der anderen Seite ihr Privatleben angehen. Die Unterschiede zwischen den beiden könnten deutlicher kaum sein: Während einer von beiden fast schon als Womanizer dargestellt wird, begeht der andere ein abscheuliches Verbrechen, das sich schließlich auch auf das Kampfgeschehen auf dem Schlachtfeld auswirken wird. Allzu genau scheint es dabei Drehbuchautor Wendell Mayes mit den militärischen Abläufen nicht zu nehmen, denn gerade die Ereignisse, die sich während des Finales zutragen, können in der Form eigentlich nur der Feder eines fiktionalen Autors entstammen.
An Themen, die die Grundlage für eine bedeutungsschwere und tiefgehende Tragödie bilden könnten, mangelt es dabei keineswegs. Neben dem bereits angedeuteten Verbrechen sind Verluste im Zuge der Kampfhandlungen zu beklagen, ein ungelöster Vater-Sohn-Konflikt wirkt sich teilweise auch auf den militärischen Alltag aus und auch das Thema Suizid spielt eine tragende Rolle. Wirklich in die Tiefe gehen Regie und Drehbuch jedoch in keiner dieser Facetten. Stattdessen begleitet man über weite Strecken Charaktere bei der Partnersuche und ähnlichen Aktivitäten. Als komplett banal erweist sich die Handlung zwar keineswegs, doch die Frage, ob bei der Gewichtung der einzelnen Handlungselemente durchweg die ideale Akzentuierung getroffen wurde, stellt sich durchaus.
KURZFAZIT
Kriegsdrama, dessen Regisseur sich offenbar nicht eindeutig zwischen Heldenverklärung und der Thematisierung von Dissonanzen festlegen will, woraus eine Mischung resultiert, die sich als nicht gerade griffig erweist.
Der filmtastische Festtagskalender 2025, Film #8 - 1. Mai
Oscar Madness (2 Auszeichnungen, 4 weitere Nominierungen)
[An dieser Stelle gerät der filmtastische Festtagskalender an seine Grenzen. 'Picknick' spielt am Labor Day (US), also im September. Gepostet wird der Kommentar trotzdem heute, zum 1. Mai.]
Ein Vagabund (William Holden), der früher mal ein recht guter Sportler war, kommt am Labor Day in einer Kleinstadt in Kansas an, wo er schnell die Beachtung gleich mehrere Frauen findet. Angesichts der anstehenden Feierlichkeiten, denen in diesem Ort eine ganz besondere Bedeutung zukommt, ist also mit allerlei Turbulenzen zu rechnen. Schließlich kommen große Teile der Einwohnerschaft im selben Park zusammen, was – gerade wenn Alkohol im Spiel ist – schnell auch mal zu der einen oder anderen heiklen Situation führen kann. Die Frage lautet also eigentlich nur, wer sich wann Prügel fangen wird. Oder wird alles doch ganz anders kommen?
Ohne ins Detail zu gehen: Bei aller Wertschätzung für die konkrete Handlung, die sich mit Begriffen wie Stelldichein, Freundschaft, Rivalität, Familie und Feierlichkeiten kategorisieren lässt, liegt die vielleicht größte Qualität der Inszenierung von Oscar-Nominee Joshua Logan in der Darstellung der Lebens-, Alltags- und letztlich auch Sittenverhältnisse in einer Kleinstadt in Kansas Mitte der 50er Jahre. Spießbürgertum und (relative) Nonkonformität treffen dabei ebenso aufeinander wie wirtschaftlicher Aufschwung und einfache Lebensverhältnisse. Die nicht immer ganz kohärente Kleinstadtmoral der 50er Jahre wirkt dabei als gesellschaftlicher Kitt und Trennmittel zugleich. Dementsprechend ambivalent fallen auch die Reaktionen auf den neu angekommenen Außenseiter aus, der einerseits Sehnsüchte weckt und als Projektionsfläche für Träume von einem Ausbruch aus den beengten Verhältnissen dient, während sein Lebensentwurf zugleich auch Ängste schürt und Ressentiments befeuert. Manche Charaktere sehen es auf die eine Weise, einige auf die andere, doch ausgerechnet das Love Interest des Protagonisten ist sich ob der widerstreitenden Gefühle unsicher. Anhand dieser Konflikte zeichnet Logan eine Art Kleinstadtgemälde, das alleine schon aufgrund der geographischen Lage der Stadt als stellvertretender Entwurf für viele US-amerikanische Städtchen konzipiert sein dürfte.
KURZFAZIT
Kleinstadtmärchen, dessen abstrakte Dimension (Kleinstadtleben, Moralvorstellungen, psychologische Implikationen) weitaus gewichtiger erscheint als die konkrete Ebene (Liebesgeschichte).
Wie bei jeder Sichtung von Filmen M. Night Shyamalans stellt sich auch im Fall von 'Trap: No Way Out' die Frage, welches Kaninchen der Zeremonienmeister der finalen Twists wohl dieses mal aus dem Hut zaubern wird. Dabei ist man schnell geneigt, sich die wildesten Wendungen ausmalen, die einem in den Sinn zu kommen. Doch dieses mal überrascht Shyamalan sein Publikum auf etwas andere Weise: Den wesentlichsten Twist gibt es bereits im zweiten Akt. Zwar folgen darauf immer weitere unvorhersehbare Entwicklungen, doch die meisten von diesen sind nach einem ähnlichen Muster gestrickt. Sowohl sprichwörtlich als auch (zumindest gelegentlich) buchstäblich öffnen sich für den Protagonisten immer wieder Türen, die unter normalen Umständen eigentlich verschlossen bleiben sollten. Hinter diesen Türen warten schließlich weitere Hindernisse, die sich erneut auf die absurdesten Arten umgehen lassen, nur um schließlich zu einer weiteren verschlossenen Tür zu gelangen usw.
Doch worum geht es hier überhaupt? Ein Mann besucht mit seiner Tochter ein Popkonzert. Wiederholt beobachtet er, wie Sicherheitskräfte Männer aus den Publikumsrängen abführen. Was ist dort los? Eine Bande von Verbrechern, die einen Anschlag plant? Oder sind hier Kriminelle als Polizisten getarnt, um Menschen zu entführen? Worin genau besteht die Falle, aus der es laut Filmtitel kein Entrinnen gibt? Und gibt es tatsächlich kein Entrinnen?
Fragen über Fragen, die von Shyamalan erstaunlich frühzeitig beantwortet werden. Dennoch beraubt man sich eines guten Stückes des Unterhaltungswertes, wenn man die Sichtung mit Vorkenntnissen beginnt, die über die im vorherigen Absatz skizzierte Ausgangslage hinausgehen. Denn nach der Enthüllung der genauen Umstände scheinen Plausibilität und Wahrscheinlichkeiten keine große Rolle mehr zu spielen. Zwar entfaltet sich ein durchaus spannend inszeniertes Katz- und Maus-Spiel, doch Spezialkräfte, die auf dem Niveau von Stormtroopers agieren, sind eben nur bedingt ernst zu nehmen. Primäres Ziel Shyamalans scheint es ohnehin gewesen zu sein, seiner Tochter Saleka ein maßgeschneidertes Skript zu schenken, das noch dazu ein hervorragendes Werbevehikel für ihre Musik sein dürfte. M. Night Shyamalan selbst wiederum tritt in einer Rolle als Konzerthelfer und Verwandter der Sängerin auf.
Viereinhalb von zehn Polizisten, die grundsätzlich immer zu spät kommen und sich am laufenden Band übertölpeln lassen.
KURZFAZIT
Vielversprechende Ausgangslage, doch mit fortschreitender Handlung wird es immer abstruser.
Oscar Madness (2 Nominierungen)
Woody Allen entführt das Publikum in die Zeit seiner Kindheit, und somit auch in die guten alten Tage, in denen dem Radiogerät noch eine ähnliche Funktion zukam wie in den späteren Jahrzehnten der Mattscheibe. Nicht nur Nachrichten, Interviews, Reportagen, Ratgeber und Musiksendungen wurden überwiegend über den Äther verbreitet, sondern auch eine große Bandbreite an Unterhaltungsformaten wie beispielsweise Spielshows oder Hörspiele. Von den Superhelden der 40er Jahre ging bereits im Audioformat eine große Faszination aus.
Für den Autorenfilmer Woody Allen ist das Radio in den 80er Jahren in erster Linie ein Stilmittel zur Strukturierung seiner Erinnerungen. Wie an einer Perlenkette reiht er Episode an Episode; einige aus der Sicht eines Kindes, andere aus der Perspektive verschiedener Menschen aus dem familiären oder nachbarschaftlichen Umfeld des besagten Jungen, was ein Indiz dafür sein könnte, welche Stellen der Erzählung möglicherweise etwas stärker fiktionalisiert sind und welche etwas weniger. Ein roter Faden ist zwar leidlich vorhanden, doch im Großen und Ganzen erfolgt die Erzählung in wellenartigen Bewegungen. Bestimmte Motive (wie etwa das Geheimnis um den Beruf des Vaters, die Unternehmungen der heiratswilligen Tante oder das Auftauchen des Superhelden-Sprechers als eine Art Sidekick) kommen von Zeit zu Zeit an die Oberfläche, ehe sie wieder verschwinden, um dann erneut aufzutauchen. Nicht immer ist dabei zweifelsfrei klar, ob auch wirklich alle Implikationen, die Allen aussendet, bei den Empfängern im Publikum ankommen (können). Einige Szenen erwecken den Eindruck, dass Allen den für ihn typischen hintergründigen Humor auch für den einen oder anderen Insiderscherz nutzt; doch diese Frage werden wohl nur Personen aus dem engeren Umfeld des kauzigen Regisseurs beantworten können. Zudem kommt es zu einer ganzen Reihe zeitgeschichtlicher und kultureller Seitenhiebe, deren Kern oder Ursprung man möglicherweise nur erahnen kann, was jedoch keineswegs negativ gemeint ist. Wer sich einen Film von Woody Allen ansieht, erwartet schließlich auch eine gewisse Hintergründigkeit; und Allen liefert in dieser Hinsicht zuverlässig.
Stützen kann sich Woody Allen bei der Verfilmung seiner Memoiren auf die Mitwirkung einer regelrechten Starparade. Mia Farrow, Diane Wiest, Diane Keaton, Danny Aiello, Jeff Daniels, William H. Macy, Larry David und Seth Green sind nur einige der Namen, die auch Jahrzehnte später noch einen respektablen Klang entfalten.
5,5 – 6 Punkte.
KURZFAZIT
Cineastisch präsentierte Episoden aus einer Kindheit, die in ihrer Struktur an einen Roman erinnern und zugleich dem Medium Rundfunk ein Denkmal setzen.
Eine Noir-Story wie aus dem Lehrbuch: Ein abgebrannter Veteran (Denzel Washington) wird damit beauftragt, eine rätselhafte Frau (Jennifer Beals) zu finden, wodurch er in einen Sog krimineller Ereignisse gerät, aus dem es möglicherweise kein Entrinnen gibt.
Wie es sich für einen ambitionierten Noir Thriller gehört, ist die Handlung von Carl Franklins ('Out of Time – Sein Gegner ist die Zeit', ebenfalls mit Denzel Washington in der Hauptrolle) 'Devil in Blue - Teufel in Blau' in den 40er Jahren angesiedelt. Tak Fujimoto (Kamera) bedient sich dabei zahlreicher visueller Stilmittel aus jener Epoche, wodurch die überwiegend stimmig wirkenden Requisiten ins rechte Licht gesetzt werden. Über die Frage, ob der Eindruck von Künstlichkeit, den einige Kulissen (besonders die Außenaufnahmen auf einem Studiogelände) mit sich bringen, beabsichtigt ist, lässt sich hingegen nur spekulieren. Zwar wirkt ein Teil der Kulissen und Szenerien gestellt, was gerade mit Blick auf diverse Vorbilder innerhalb des Genres aber durchaus als Stilmittel gedacht sein könnte. Sowohl inhaltlich als auch stilistisch wird kaum ein Motiv (oder auch Klischee) aus dem Bereich des Film Noir ausgelassen, was eigentlich als tiefe Verneigung vor den Helden der Vergangenheit zu verstehen wäre, wenn das Geschehen nicht immer wieder mittels Humoreinlagen durchbrochen würde. Speziell in dieser Hinsicht erinnert Franklins 'Devil in Blue' bisweilen an eine Sonderepisode einer Serie, in der eine Noir-Story persifliert wird. Ein Konzept, das gerade in Sachen Auflockerung prächtig funktioniert, auf der anderen Seite jedoch zulasten des Spannungsaufbaus gehen kann. Somit steht und fällt hier in ganz besonderem Maße alles mit der Erwartungshaltung, mit der man als Zuschauer an die Sichtung herangeht. Unterhaltsam ist Franklins Entwurf allemal und atmosphärisch überzeugt er über weite Strecken ebenfalls. Ob sich die Bedrohung einer sich immer enger um den Hals des Protagonisten ziehenden Schlinge auch in Sachen Spannung auszahlt oder eher an den humoristischen Einschüben leidet, sei jedoch dahingestellt.
KURZFAZIT
Durchaus ambitionierter Noir-Thriller, dessen Verhältnis aus Ernsthaftigkeit und Humoreinlagen aber mit der genrebezogenen Koketterie kollidiert.
Eula Goodnight (Katherine Hepburn): „Sie trinken zu viel.“
Reuben „Rooster“ Cogburn (John Wayne): „Den letzten Drink hatte ich vor Stunden, beim Frühstück.“
Rooster Cogburn reitet wieder. Seine Mission und seine Weggefährten haben sich geändert, doch er selbst erscheint weiterhin wie ein Monolith in der Prärie – trinkfest wie eh und je. Auch dieses mal führt ihn sein Weg auf die Spur einer Verbrecherbande. Seine Gegenspieler haben den Vater seiner Begleiterin sowie einige weitere Menschen ermordet und sie planen bereits ihre nächsten Verbrechen (etwa einen Überfall). Für den Marshall im Ruhestand ein klarer Fall: Mit der gestrengen Missionarin und einem jungen native American im Schlepptau verfolgt er die Fährte der Banditen, um sie zu stellen und ihnen im Idealfall den Garaus zu machen.
Wie schon in 'Der Marshal' (1969) bekommt er auch von dieser Begleiterin mehr verbalen Gegenwind, als ihm wahrscheinlich lieb sein dürfte, woraus eine Reihe heiterer Begebenheiten resultiert. Auch der Dritte im Bunde nimmt einen ähnlichen Part ein wie sein Pendant im ersten Film. Seine Rolle erscheint im Vergleich zu denen der beiden Protagonisten deutlich zurückgenommener, wodurch sich hier die kuriose Situation ergibt, dass sich das jüngste Mitglied des reisenden Trios fast schon am erwachsensten verhält. Ungemindert bleibt auch die Faszination der Naturkulissen (in diesem Fall Oregons statt Colorados), wobei hier bei der Wahl der Drehorte noch etwas mehr Wert auf landschaftliche Vielfalt gelegt wurde. Somit bleibt am Ende der Eindruck einer mehr als soliden Fortsetzung, der es zwar etwas an Originalität fehlt, die jedoch durchaus zu unterhalten weiß.
Anmerkung: Nach dem Tod von H. W. Gim wird Rooster Cogburns Mitbewohner (manche bezeichnen ihn auch als seinen Lebensgefährten) in der Fortsetzung von Tommy Lee dargestellt.
KURZFAZIT
Launige Fortsetzung, die einem ähnlichen Konzept folgt wie der Vorgängerfilm, aber in der ausreichend Variationen gesetzt werden, um keinen reinen Abklatsch darzustellen.
Oscar Madness (1 Auszeichnung, 1 weitere Nominierung)
Nach der Ermordung ihres Vaters schließt sich die etwas burschikos auftretende Mattie (Kim Darby) mit einem Trunkenbold (John Wayne) zusammen, der auf der anderen Seite aber auch als der kompromissloseste Marshall weit und breit gilt. Zu ihnen gesellt sich ein Texaner (Glen Campbell), der im Vergleich zu den beiden Protagonisten jedoch vergleichsweise blass bleibt. Während sich die junge Auftraggeberin bzw. Nebenklägerin durch Mut und pfiffige Einfälle Schritt für Schritt die Anerkennung der beiden Männer erarbeitet, stilisiert sich der trinkfreudige Gesetzeshüter selbst als (vermeintlich) harter Hund. Allzu viel ist von dieser Härte jedoch nicht zu sehen.
Auf ihrem Weg zum vermeintlichen Aufenthaltsort des flüchtigen Verbrechers gerät das ungleiche Trio in zunehmend gefährlicher werdende Situationen, was jedoch keineswegs bedeutet, dass nicht auch der eine oder andere lockere Spruch fallen würde. Nebendarsteller wie Dennis Hopper oder Robert Duvall verleihen dem Westernspektakel zusätzliche Würze.
Auch wenn die Charaktere laut einer Einschätzung des Gesetzeshüters auf ihrer Reise eine Strecke von rund 60 Meilen zurücklegen, erweckt die Bebilderung den Eindruck, ein Großteil der Szenen sei im selben Tal gedreht worden. Die überaus sehenswerte Landschaft bietet einen imposanten Rahmen. Regisseur Henry Hathaway ('Die vier Söhne der Katie Elder') nimmt das Publikum mit auf eine durchaus unterhaltsame Reise, die jedoch einen besseren Spannungsgipfel verdient hätte als das etwas schludrig inszenierte Finale mit der Klapperschlange. Der Gesamteindruck wird dadurch zwar nicht nennenswert getrübt, im Verbund mit einigen unforced errors wird die Chance auf eine zusätzliche Veredelung der Inszenierung jedoch leichtfertig vergeben.
Sechseinhalb von zehn Nylon(!)strumpfhosen.
KURZFAZIT
Kurzweilig erzählter Westernklassiker.
Oscar Madness (5 Nominierungen)
Pater Brendan Flynn (Philip Seymour Hoffman) ist Priester mit Leib und Seele. Engagiert kümmert er sich um die Schüler in seiner Gemeinde – und ganz besonders um einen Jungen, der die Aufmerksamkeit des Pfarrers zu goutieren scheint. In seiner Schulklasse wirkt dieser mehr oder weniger isoliert, mitunter wird er sogar gemobbt, doch Pater Flynn steht ihm demonstrativ bei. Es dauert nicht lange und die herrische Schwester Aloysius Beauvier (Meryl Streep), die ein strenges Regiment an der Schule führt, wird argwöhnisch ob der ungewöhnlichen „Freundschaft“. Dabei stützt sie sich auf Indizien, die möglicherweise auf Missbrauch hindeuten könnten – je nachdem, wie man sie interpretiert. Mit zunehmender Verbissenheit versucht sie, den Fall zu lösen, während sich die junge Schwester Marie James (Amy Adams) ihr Bild von einer heilen Kirchenwelt nicht zerstören lassen will. Doch weshalb wurde Flynn von seiner alten Wirkungsstätte versetzt und warum sichert er sich nicht durch die Anwesenheit einer dritten Person ab, wenn er Zeit mit dem Jungen verbringt?
Filmemacher John Patrick Shanley lässt den Zweifel (der originale Filmtitel lautet 'Doubt') in doppelter Hinsicht wirken, denn hinterfragt werden sowohl die Motive des Pfarrers als auch der fast schon inquisatorische Eifer der Hobbyermittlerin. Der ebenfalls doppeldeutige deutschsprachige Titel bringt den Kern der Handlung nicht minder prägnant auf den Punkt. Auch wenn dem Publikum einige Indizien präsentiert werden, so lässt die Präsentation einer smoking gun doch lange auf sich warten (ob sie überhaupt gezeigt wird, soll an dieser Stelle nicht verraten werden).
Gerade bei einer derart vertrackten Lage rücken naturgemäß die Leistungen der Darstellerriege ganz besonders in den Fokus. Und ebendiese fallen nicht nur ansprechend, sondern regelrecht faszinierend aus. Philip Seymour Hoffman kostet das Spektrum an Möglichkeiten aus, das seine Rolle bietet, während Meryl Streep der bitteren Strenge von Schwester Aloysius Beauvier eine Note verleiht, die dieser Rolle kaum jemand sonst geben könnte. Je höher die Anforderungen eines nuancierten Spiels werden, desto stärker brilliert sie. Ein ohnehin schon sorgfältig durchdachtes Konzept wird so noch zusätzlich veredelt. Folgerichtig wurden 2009 neben dem Drehbuch mit Meryl Streep, Philip Seymour Hoffman, Amy Adams und Viola Davis gleich vier DarstellerInnen für einen Oscar nominiert.
8,5 – 9 Punkte.
KURZFAZIT
Kammerspielartiges Drama über eine ganze Reihe von Facetten der Begriffe „Glaube“ und „Zweifel“.
Kit (Brie Larson, die hier auch als Regisseurin fungiert) steht irgendwie mit beiden Beinen im Leben. Aber eben nur irgendwie, denn mindestens eines der beiden verliert gerade die Standfestigkeit. Ihr Karriere- und Lebensplan gerät ins Stocken, als sie die Uni verlassen muss. Wer zugleich gezwungen ist, bei den Eltern im Kinderzimmer zu wohnen, steht womöglich schon am Rande einer Depression. Doch um psychologische Analysen geht es in 'Unicorn Store' nicht wirklich – und dennoch fast ausschließlich. Wie passt das zusammen?
In einer metaphernreichen Erzählung wird hier das Publikum in die Gedankenwelt einer Protagonistin mitgenommen, der plötzlich von einem ominösen Geschäftsmann (Samuel L. Jackson) ein Einhorn zum Kauf angeboten wird. Warum auch nicht, wenn er gerade eines übrig hat...? Jedenfalls haust der windige Händler scheinbar in einem rätselhaften Einhorngeschäft, von dem über weite Strecken nicht klar ist, ob es überhaupt existiert. Kit ist das einerlei. Sie werkelt emsig am Bau eines Einhornstalles, wodurch sie Virgil (Mamoudou Atie) kennenlernt, mit dem sie sich anfreundet. Die Taube auf dem Dach, also die Realisation ihres Lebenstraums, ist aktuell in weite Ferne gerückt. Stattdessen plagt sie sich mit dem Spatz in der Hand herum (Zeitarbeit), hat aber immerhin einen gewissen Rückhalt durch ihre Eltern (auch wenn diese nicht gerade begeistert sind und sie auf möglichst herkömmliche und bodenständige Pfade lenken wollen) und auch die Unterstützung Virgils, der ihr Hilfe anbietet, ohne allzu genau nachzufragen.
Alles dreht sich also um die Frage nach einem angemessenem Verhältnis zwischen Notwendigkeiten und Visionen. Ab welchem Punkt werden Träume zu Träumereien und wann sollte man sie aufgeben? Doch so relevant Brie Larsons Überlegungen auch sein mögen, dürfte es doch von mehreren subjektiven Faktoren abhängen, ob und inwieweit man den von ihr bemühten Metaphern etwas abgewinnen kann. Auch wenn die Protagonistin bereits erwachsen ist, lässt sich 'Unicorn Store' sicher auch als eine Art Coming of Age Film begreifen, in dem Themen des Erwachsenwerdens abgehandelt werden, die eben nicht nur Jugendliche oder Heranwachsende betreffen. Ohnehin stellt sich die Frage, ob es überhaupt Sinn macht, einen persönlichen Entwicklungsprozess jemals als abgeschlossen zu betrachten. Manche Senioren schildern rückblickend, sie wären zwar Jahr für Jahr älter, aber nicht unbedingt erwachsener geworden; zumindest nicht ganz so erwachsen, wie sie es als Kind vielleicht erwartet hätten. Manche Unsicherheiten können sich eben auch lebenslang festsetzen. Und genau dieses Gefühl ist es, das Brie Larson in 'Unicorn Store' mit doch recht eigenwilligen Stilmitteln einfängt.
KURZFAZIT
Glaube an deine Träume – und an gute Metaphern...
Ein offenbar wohlhabender „Forscher“ (Chris Hemsworth) verabreicht (halb-)freiwilligen Probanden Substanzen, die sich unmittelbar auf das Gefühlsleben auswirken. Klingt äußerst seriös – denkt sich auch der Häftling Jeff (Miles Teller), der an mehreren Sitzungen der Versuchsreihe teilnimmt. Schließlich kann das Unterfangen auch ganz lustig sein, wenn man beispielsweise auf andere Teilnehmer trifft und beiden ein Serum injiziert wird, dass das Gegenüber derart attraktiv erscheinen lässt, dass es kein Halten mehr gibt. Doch wie es in Filmen mit derlei Prämissen eben oft so ist, folgen auf einen vergleichsweise harmlosen Auftakt nur selten weiterhin unproblematische Versuchsanordnungen. Zunächst wird zwar lediglich das Spiel mit der Begierde an seine Grenzen geführt, doch trotzdem werden schon beizeiten die sprichwörtlichen Waffen gezeigt, die an Chekhovs Wand hängen. Die Frage lautet eigentlich nur, wann und gegen wen sie eingesetzt werden.
Auch wenn das Publikum über keinen allzu gewichtigen Wissensvorsprung gegenüber den Hauptcharakteren verfügt, ist man sich als Zuschauer alleine schon deshalb einen Schritt voraus, weil man weiß, dass man hier einen Film sieht, in dem (zumindest in mancher Hinsicht) wahrscheinlich nach üblichen Genregepflogenheiten gespielt werden wird. Die relative Naivität (oder positiv formuliert: Der Optimismus) von Jeff und den anderen Probanden lässt diese also in Situationen stolpern, von denen den allermeisten Zuschauern schon frühzeitig klar sein dürfte, dass sie kaum zu guten Ergebnissen führen werden. Und so liegt auch ein Schatten der Bedrohung über Szenen, die auf den ersten Blick vielleicht gar nicht mal so gefährlich erscheinen. Zwar ist man hier von Alfred Hitchcocks Methoden des Spannungsaufbaus noch ein ganzes Stück entfernt, doch zumindest das Grundprinzip geht in eine ähnliche Richtung. Großes Kino wird daraus sicher noch nicht automatisch, doch zu gut 100 Minuten solider Unterhaltung taugt Joseph Kosinskis Science Fiction Thriller 'Der Spinnenkopf' allemal.
Sechs von zehn Dosen Dunkelflux.
KURZFAZIT
Ein durchgeknallter Wissenschaftler tobt sich an mehr oder weniger freiwilligen Probanden aus.
Oscar Madness (2 Nominierungen)
Ein ehemals erfolgreicher, aber wegen seiner Methoden umstrittener College-Basketball-Trainer übernimmt gut zehn Jahre nach seinem letzten Engagement eine Highschool-Mannschaft. Doch statt sich über das Fachwissen des eigentlich überqualifizierten Coachs zu freuen, mischen sich mehrere Bewohner der fiktiven Kleinstadt Hickory in Indiana ein (gedreht wurde überwiegend in Richmond), so oft sie nur können. Doch Norman lässt sich nicht beirren und bald schon stellen sich erste Ergebnisse ein. Wie weit werden er und sein Team es beim Kampf um den Meistertitel in Indiana schaffen?
Regisseur David Anspaugh, der später auch die Sportfilme 'Touchdown – Sein Ziel ist der Sieg' und 'Das Spiel ihres Lebens' inszenierte, schlug während der Produktionsphase einiges an Skepsis entgegen. Das von den Produzenten nach langer Bedenkzeit genehmigte Budget fällt mit rund sechs Millionen US-Dollar vergleichsweise knapp aus. Zudem hatte seine Crew dem Vernehmen nach große Mühe bei der Rekrutierung ausreichend vieler Statisten. Doch damit nicht genug: Während der Dreharbeiten soll sich Hauptdarsteller Gene Hackman mehrmals abfällig über 'Hoosiers' (der Titel bezeichnet die Einwohner von Indiana) geäußert haben. Offenbar war er zeitweise davon überzeugt, dieses Projekt werde seinen Karrieretiefpunkt darstellen. Doch es kam ganz anders: Der Film spielte mit gut 28 Millionen US-Dollar rund das Vierfache der Produktionskosten ein und wurde sogar für zwei Oscars nominiert: Jerry Goldsmith für die Filmmusik sowie Nebendarsteller Dennis Hopper für seine Darbietung als alkoholabhängiger Co-Trainer und Spieler-Vater. Unter dem Strich gelang Anspaugh also trotz einiger Widerstände ein Basketballfilm, der bei Publikum, Kritikern und Filmjuries gleichermaßen punktet.
KURZFAZIT
Auch wenn die Handlung während der 1950er Jahre angesiedelt ist: 'Freiwurf' als klassischer Sportfilm im Stil der 1980er Jahre.
Die Geschichte von 'Memory – Sein letzter Auftrag' beginnt mit einem Auftragskiller (Liam Neeson) bei der Arbeit, während in einem anderen Handlungsstrang ein Polizist (Guy Pearce) gegen einen Menschenhändler vorgeht, der offenbar sogar seine eigene minderjährige Tochter sexuell ausbeutet. Schnell wird klar, dass der Killer mit mentalen Herausforderungen zu kämpfen hat (Demenz), während dem FBI Agent bei seinen Ermittlungen aus verschiedenen Gründen weitgehend die Hände gebunden sind. Werden sich die Lebenswege der beiden Männer kreuzen und wie lassen sich ihre Geschichten in Einklang bringen? Viele Filmfans wird sicherlich schon früh eine gewisse Ahnung beschleichen – und ohne zu viel zu verraten: Die Zahl der ganz großen Überraschungen hält sich in Grenzen.
Am bemerkenswertesten erscheint in dieser Hinsicht vielleicht noch, wie rapide der kognitive und körperliche Verfall des Protagonisten voranschreitet. Während die vergleichsweise kurzen Episoden der Verwirrtheit anfangs nur kleinere Unterbrechungen der halbwegs unauffälligen Verfassung des Hauptcharakters darstellen, erhöht sich deren Taktung und Vehemenz in atemberaubender Geschwindigkeit. Vielleicht ist dieser Eindruck auch nur einer etwas unklaren Zeitstruktur der Erzählung geschuldet; mit letzter Sicherheit lässt sich diese Frage nicht beantworten. Da jedoch auch manch andere Szenen zu Stirnrunzeln führen können, sollte man wahrscheinlich gar nicht allzu lange über derlei Fragen nachdenken.
Die Handlung an sich wirkt wie eine uninspiriert zusammengetragene Collage aus Versatzstücken verschiedener Kriminal- und Actionthriller, die sich zwar zu einem halbwegs sehenswerten Gesamtbild zusammenfügen, das man aber eigentlich schon kennt, bevor man es erstmals gesehen hat.
KURZFAZIT
Stangenware, an die sich kurz nach der Sichtung (passend zur Thematik) kaum noch jemand erinnern wird.
Der filmtastische Festtagskalender 2025, Film #7 - Ostern
Oscar Madness (1 Auszeichnung)
Happy Easter
Der berühmte Tänzer Don Hewes befindet sich unvermittelt auf der Suche nach einer neuen Tanzpartnerin und wählt diese ausgerechnet im alkoholisierten Zustand aus. In den folgenden Monaten studiert er mit ihr ein gemeinsames Programm ein, während sie sich auch persönlich näherkommen.
Die Handlung von 'Osterspaziergang' ist im Grunde nicht der Rede wert. Wie in so vielen Produktionen aus der unmittelbaren Nachkriegszeit des 2. Weltkrieges steht auch hier der Aspekt leichter Unterhaltung ganz klar im Vordergrund. Der Bezug zum Osterfest besteht in allererster Linie darin, dass die Handlung an Ostern beginnt und genau ein Jahr später wieder endet. Die oberen Zehntausend von New York nutzen zu dieser Zeit das Osterfest gerne, um durch Manhattan zu flanieren. Man setzt seinen schrillsten Hut auf, legt sich einen Hund zu, der farblich zum Kleid passt, und hofft darauf, von möglichst vielen Menschen gesehen zu werden. Man muss vermutlich dabei gewesen sein, um die Faszination dieses gesellschaftlichen Events nachvollziehen zu können.
Die grobe Handlung und eine Vielzahl der Szenen sind an Oberflächlichkeit kaum zu überbieten, die Inszenierung einiger Tanzeinlagen fällt dafür umso versierter und detailreicher aus, teilweise durch die Einbeziehung diverser Requisiten (auch wenn dies nicht an jeder Stelle glücklich wirkt; siehe z. B. die Einbindung der Geigen), aber auch durch das Spiel mit den Kulissen (wie etwa bei der Landstreicher-Nummer).
Als ganz besonders kurios erweist sich die Besetzung dieses Musikfilms: Der ursprünglich als Hauptdarsteller angedachte Gene Kelly musste durch Fred Astaire ersetzt werden, da er sich beim Sport den Fuß gebrochen hatte. Regisseur Vincente Minelli hingegen wurde aufgrund seiner kolportierten Eheprobleme mit Hauptdarstellerin Judy Garland durch Charles Waters ersetzt. Nebendarstellerin Cyd Charisse wiederum konnte aufgrund eines Bänderrisses nicht mitwirken. Ann Miller, die als Ersatz für sie einsprang, musste während der Dreharbeiten ein orthopädisches Korsett tragen, da sie ihr Ehemann kurze Zeit vorher die Treppe hinuntergestoßen hatte.
Gemessen daran wirkt die Inszenierung von 'Osterspaziergang' erstaunlich rund. Letztlich wurde die Produktion sogar mit einem Oscar in der Kategorie „Beste Filmmusik in einem Musikfilm“ prämiert.
Fünfeinhalb bis sechs von zehn zum Kostüm passenden Hunden.
KURZFAZIT
Spärliche Handlung als Kitt für eine Reihe kreativ choreographierter Tanzeinlagen.
Nach dem plötzlichen Verschwinden ihres Sohnes gerät auch die Ehe von Beth (Michelle Pfeiffer) und Pat (Treat Williams) unter Druck. Während Beth für lange Zeit in einen depressionsartigen Zustand verfällt, übernimmt ihr Gatte einen großen Teil der Erziehung der anderen beiden Kinder. Während sie nur noch einen Schatten ihrer selbst darstellt, findet bei ihm ein Wandel seiner Rolle innerhalb der Familie statt. Als eines Tages ein weiteres einschneidendes Ereignis stattfindet, wandelt sich die Dynamik innerhalb der Familie erneut ganz massiv. Was ist geschehen und welche Auswirkungen werden die Vorkommnisse auf die einzelnen Familienmitglieder haben?
Der Tonfall von Ulu Grosbards Inszenierung fällt zunächst ambivalent aus, denn während des ersten Aktes lässt zumindest der Erzählstil noch keine Rückschlüsse auf bevorstehende Stimmungswechsel zu. Der Alltag der Cappadoras wird als leicht chaotisch, aber noch absolut im Rahmen dargestellt. Trotz stressiger Momente scheint alles seinen gewohnten Gang zu gehen; aber eben nur bis zum Eintreten des erwähnten Schicksalsschlages, der einen grundlegenden atmosphärischen Wechsel nach sich zieht. Für eine renommierte Darstellerin wie Michelle Pfeiffer stellt Stephen Schiffs Drehbuch fraglos eine gute Möglichkeit dar, ihr Können in die Waagschale zu werfen. Dementsprechend deutlich drückt die prominente Actrice der gesamten Produktion ihren Stempel auf. Grundsätzlich können sich zwar sowohl das Skript als auch die Regie sehen lassen, wobei sich jedoch manche Charaktere in vereinzelten Szenen eher wie typische Filmcharaktere statt wie Menschen aus dem realen Leben verhalten. Ein Befund, der nicht zwingend negativ aufzufassen ist; schließlich bringen cineastische Erzählungen oftmals ganz eigene Anforderungen mit sich. Da gerade Tragödien aber oftmals von ihrer nahen Anbindung an den Alltag leben, kann bei manchen Zuschauern eventuell die Immersion ein wenig darunter leiden.
KURZFAZIT
Inhaltlich nicht in allen Facetten überzeugend, aber doch gewichtig genug, um den Stoff für ein sehenswertes Familiendrama zu bilden.
[Die von MP angegebene Spieldauer ist frei erfunden.]
++ Leichte SPOILER ++
Ein Auftragsmörder (Mads Mikkelsen), der sich zur Ruhe setzen will, hat noch eine letzte Mission vor sich. Vorher gönnt er sich noch eine medizinische Untersuchung der ganz speziellen Art, ehe er sich auf den Weg macht, seinen letzten Auftrag auszuführen. Doch wie es mit letzten Aufträgen in Actionfilmen eben oft so ist, gestaltet sich die Lage deutlich schwieriger als sonst, denn Duncan Vizla, genannt Black Kaiser, findet sich inmitten eines irrwitzigen Komplotts wieder, das darauf hinausläuft, dass er sterben muss, damit andere Verbrecher sich bereichern können. Als der ursprüngliche Anschlagsplan scheitert, wird schließlich eine schräge Kirmestruppe auf ihn angesetzt, die ihm den Garaus machen soll.
Deutlich bemerkenswerter als die doch recht krude Prämisse erscheint ein Blick auf den visuellen Stil, denn Regisseur Jonas Akerlund ('Spun') findet eine ganz eigene Bildsprache für die Übersetzung der Vorlage (in Form einer Graphic Novel Reihe) in das Medium Film. Dabei spielt er bunte Farben gegen eisige Grautöne ebenso aus wie beeindruckende Landschaftspanoramen gegen klaustrophobisch-düstere Innenräume. Die Bilder wirken über weite Strecken äußerst abwechslungsreich und dynamisch (manchmal karg, aber bisweilen auch überfrachtet), wodurch ein deutlicher Kontrast zur überschaubaren und eher windigen Handlung entsteht. Die Lust an visuellen Spielereien findet zwar durchaus auch Widerhall in einigen inhaltlichen Kapriolen, doch es bleibt der Eindruck einer Produktion, die in visueller Hinsicht tiefere Spuren hinterlässt als in inhaltlicher. Auch weil die Messlatte für die Handlung gerade im Actiongenre sicher nicht allzu hoch liegt, steht und fällt hier vieles mit der subjektiven Bewertung des Humors und der Spannung. Wer sich davon abgeholt fühlt, kann an 'Polar' gewiss eine Menge Freude haben. Andernfalls bleiben eben nur ein paar visuelle Fingerübungen, die diesen Film vor der Bedeutungslosigkeit retten.
Dreieinhalb von zehn lächerlichen Gegenspielern.
KURZFAZIT
'John Wick' meets 'Kingsman'.