Framolf - Kommentare
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Alle Kommentare von Framolf
Saudi-Arabisch – Deutsche Co-Produktion über eine junge Frau, die sich mit zahlreichen Diskriminierungen in ihrem Alltag herumplagen muss und ihren Vater, einen Musiker, der aufgrund seiner Tätigkeit ebenfalls stets von einer unterschwelligen Angst begleitet wird.
Auch wenn in den vergangenen Jahren in einigen Bereichen leichte Entspannungen im dortigen Alltag eintraten, so dürften auch heute noch viele Menschen in Saudi-Arabien in ständiger Angst leben. Einige der drohenden Gefahren haben sich dem Vernehmen nach zwar zuletzt etwas verlagert, aber existent sind sie nach wie vor. Zwar kam es zu Zugeständnissen in den Bereichen Kultur und Frauenrechten, dennoch liegt noch vieles im Argen und gerade in politischer Hinsicht kann man sich mit kritischen Tönen offenbar nach wie vor schnell um Kopf und Kragen reden.
In dieser Gemengelage stolpert die junge Protagonistin, die von ihrem Umfeld ohnehin schon als recht unkonventionell und progressiv wahrgenommen wird, eher zufällig in eine Situation, in der sie sich um die Kandidatur für ein kommunales Mandat bewirbt. Dass sie dabei auf zahlreiche Vorbehalte – auch unter Frauen – stößt, versteht sich dabei fast schon von selbst.
'Die perfekte Kandidatin' punktet nicht nur als Bürgerrechts-Drama, sondern liefert auch einen bisher eher seltenen Einblick in die Lebenswirklichkeit eines Landes, der sich für viele westliche Zuschauer in den letzten Jahrzehnten nicht allzu oft aufgetan hat. Letztlich liegt hierin wahrscheinlich sogar der größte Reiz dieser Produktion, bei der sich für ein politisch oder kulturell interessiertes Publikum ein Fenster auftut, das sich wohl auch in näherer Zukunft nicht allzu oft öffnen wird.
Theorie: Komödienspaß für die ganze Familie.
Praxis: Laue Aufgüsse uralter Gags, die in eine völlig alberne Story gebettet sind.
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Cast / Vorteile: Mit Judy Greer, John Cena, Dennis Haysbert oder John Leguizamo sind einige bekannte Gesichter dabei (selbstredend wird letzterer auch mit einem 'Romeo und Julia' Metagag bedacht...).
Cast / Nachteile: Das Ensemble hat einige schauspielerische Totalausfälle zu verzeichnen und mit Brianna Hildebrand ('Deadpool'), die in Sachen Leistung aber nicht abfällt, wurde eine 23-Jährige(!) als Kind besetzt, was selbst für Hollywoodverhältnisse albern erscheint.
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Drehbuch hui: Ohne nennenswerte Längen wird die (allerdings recht spärliche Geschichte) ziemlich geradlinig heruntererzählt.
Drehbuch pfui: Reihenweise Schludrigkeiten und Ungereimtheiten durchziehen das Skript.
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Moral von der Geschicht': Der Film singt ein Hohelied auf Freundschaft, Fürsorge und (Patchwork-) Familien.
Unmoral von der Geschicht': Aus didaktischer Sicht ist 'Chaos auf der Feuerwache' in Sachen Ökologie das reinste Desaster. Der Hof wird mit Altöl geflutet und die Protagonisten fahren (auch für private Erledigungen) mit Fahrzeugen durch die Gegend, gegen die selbst so manche Panzer mickrig aussehen. Die Jungs sind zwar von der Feuerwehr, aber für die Bergung in der Natur verunfallter Fahrzeuge sind sie sich dann doch zu schade...
→ Unausgegorene Ware von der Stange, die zwar nicht komplett schlecht ist, letztlich aber im Fernsehen oder im Heimkino besser aufgehoben sein dürfte als auf der großen Leinwand. 4 - 4,5 Punkte.
Selbst für Bond-Verhältnisse völlig over the top.
++ SPOILER ++
Ein Raumschiff, das kleinere Space Shuttles schluckt, um dadurch einen Weltkrieg zu provozieren. Ein Bösewicht, der Raketen aus dem Inneren eines vermeintlich aktiven Vulkans abfeuert. Ein Gyrocopter, von dem aus mehrere „richtige“ (haha) Hubschrauber abgeschossen werden. Eine Scheinbestattung auf dem Meeresgrund. Ein Geheimdienst, der seine Zentrale auf ein U-Boot verlegt. Und dazu wie üblich eine feindliche Armee, die sich erneut durch eine gestohlene Uniform narren lässt, sowie eine gehörige Portion Sexismus und nationalitätsbezogene Klischees im Multipack. Wie gewohnt begeht der berühmte Geheimagent [sic!] auch wieder einen kleinen Fehler, nur um ihn kurz darauf wieder auszubügeln. Auch das Ende auf dem Rettungsboot kommt dem geneigten Zuschauer der vorherigen Filme seltsam bekannt vor...
Kurzum: 'Man lebt nur zweimal' wirkt wie seine eigene Parodie. Die fünfte Episode der Eon-Reihe trägt die Quintessenz der bisherigen Sean-Connery-Bond-Filme in sich und übersteigert diese nochmal deutlich. In dieser Hinsicht werden dann auch keine Gefangenen genommen. In mancherlei Hinsicht bewegt man sich hier irgendwo zwischen Comicverfilmung und Trash und schafft es trotzdem irgendwie, dem gewohnten Stil treu zu bleiben. In diesem Sinne ist 'Man lebt nur zweimal' dann auch ein ehrlicher Bond, der gar nicht erst so tut, als würde er eine realitätsnahe Geschichte erzählen wollen.
→ Kurzweiliges und etwas schrottiges Vergnügen, nach dem aber vermutlich kaum jemand damit gerechnet hätte, dass noch mindestens zwanzig weitere Episoden folgen werden...
Biographisch angehauchter Abenteuerfilm über zwei Ballonfahrer auf einer waghalsigen Mission.
Um Wetterdaten erheben zu können, heuert ein Meteorologe (Eddie Redmayne) eine Ballon-Pilotin (Felicity Jones) an, die mit höchst unkonventionellen Methoden das ihr anvertraute Gefährt steuert und nebenbei mächtig die Werbetrommel für sich und ihre Sache rührt. Selbstredend bringt eine derartige Lebensweise auch eine klaffende Backstory Wound mit sich, die in zahlreichen Rückblicken dann auch thematisiert wird.
Auf unterhaltsame Weise wird hier kammerspielartig die Geschichte einer bemerkenswerten Expedition nacherzählt, die zwar in der hier präsentierten Form offenbar niemals stattgefunden hatte, aber dennoch (oder gerade deshalb?) genug Unterhaltungspotential bietet. Ganz offensichtlich werden den Zuschauern hier so manche Bären aufgebunden, was die erzählte Geschichte dann auch eher ins Reich der Fabeln verlagert. Dadurch mag sich zwar vielleicht hier und da auf relativ einfache Art die Spannung steigern lassen, aber gelegentliches Strinrunzeln beim Publikum dürfte durch derlei Kunstgriffe ebenso garantiert sein. Interessant wäre es sicher auch gewesen, herauszufinden, ob und wie diese Verfilmung auch auf eine etwas realtitätsgetreuere Weise funktioniert hätte. Aber möglicherweise schickt sich ja eines Tages ein anderes Produktionsteam an, diesen Versuch zu unternehmen.
Mit Müh und Not 6 Punkte. Ohne die Phantastereien und maßlosen Übertreibungen wären es wohl mehr geworden.
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Danke an ROBOMAUS für den Tipp.
DC geht weiterhin ins Risiko und ist auch im Fall von 'Birds of Prey: The Emanzipation of Harley Quinn' wieder sichtlich darum bemüht, die gesamte Inszenierung auf die Hauptfigur zuzuschneiden, was zur Folge hat, dass sich (im Gegensatz zu den Comicverfilmungen des Hauptkonkurrenten) nahezu jede Produktion im Tonfall und der Gestaltung unterschiedlich anfühlt. Dementsprechend gestaltet sich die Inszenierung von Harleys erstem Soloabenteuer ähnlich chaotisch und krawallig wie vermutlich auch die Gedankenwelt und auch der Lebensstil von Harley selbst. Nach dem grimmigen 'Batman v Superman: Dawn of Justice', dem pubertären 'Shazam!', dem depressiven 'Joker' oder dem ungehobelten 'The Kitchen' Queens of Crime' (um nur mal einige Beispiele zu nennen) folgt nun also dieser durchgeknallte Trip am Rande des Wahnsinns. Der von Ewan McGregor verkörperte Antagonist ist ähnlich over the top wie die von Margot Robbie gespielte Protagonistin und beide stehen sich gegenseitig in Sachen Psychosen in nichts nach. So gesehen sind beide dann auch durchaus aus einem ähnlichen Holz geschnitzt.
So verrückt und verkommen, wie es in Gotham City nun mal zugeht, gestaltet sich auch die Erzählung. Nahezu niemandem kann man so wirklich vertrauen und kaum jemand erweist sich als zuverlässig. Oftmals regiert das Prinzip Zufall, auch wenn immer wieder der Deus ex Machina zuschlägt. Und wenn er tatsächlich mal auf sich warten lässt, helfen eben nur noch kreative Kampfeinlagen, die das Geschehen allerdings sehr abwechslungsreich halten.
Als ärgerlich gestalten sich jedoch die Goofs und nicht näher erklärten Unstimmigkeiten, die sich in den Film geschlichen haben. Während einer Verfolgungsszene ändert sich plötzlich das Schuhwerk, im Supermarkt verschwinden Waren auf sonderbare Weise und nach dem Ladendiebstahl bleiben bezüglich der Flucht und der gestohlenen Artikel auch so manche Fragen offen...
Dennoch: 'Birds of Prey' bietet rasante und stellenweise morbide Unterhaltung, die sich offenbar ganz bewusst von der Gleichförmigkeit vieler anderer Comicverfilmungen abgrenzt. Sowohl in ästhetischer und dramaturgischer Hinsicht als auch in Bezug auf die Figurenzeichnung werden hier betont eigene Wege eingeschlagen oder genreuntypische Referenzen bemüht, womit dann auch ganz gerne kokettiert wird (wie beispielsweise an den mehrfach eingestreuten Verweisen auf Copthriller deutlich wird). Während im Disney-MCU ziemlich klare Strukturen herrschen (hinsichtlich des Drehbuchaufbaus, der Figurenzeichnung, zahlreicher wiederkehrender Faktoren und einem roten Faden im Erzählton sowie dem Stil der Inszenierungen), erfindet sich DC in vielen seiner Verfilmungen seit einigen Jahren ständig neu, indem es wesentliche Faktoren seiner Inszenierungen dem jeweiligen Wesen seiner Protagonisten zuordnet.
Daher: Acht von zehn ausgestopften Bibern.
Musical-Animationsfilm aus der Schmiede von George Lucas.
Eine dunkle und eine helle Seite – jeweils gespickt mit zahlreichen Phantasiekreaturen – stehen sich in einem Wirrwarr aus Chaos und Ordnung gegenüber. Was sich in einem anderen Franchise von George Lucas als wahre Gelddruckmaschine erwiesen hat, kommt hier als höchst sonderbarer Rohrkrepierer daher.
Eine richtige Geschichte, die diese Bezeichnung verdient, sucht man hier vergeblich und die Animation mutet in einigen Gesichtspunkten sehr gewöhnungsbedürftig an, da sie oftmals eher an ein veraltetes Computerspiel als an einen mit knapp hundert Millionen US-Dollar budgetierten Kinofilm erinnert. So erscheint es dann auch nicht weiter verwunderlich, dass gerade mal grob ein Sechstel der Produktionskosten wieder eingespielt werden konnte.
Die Geschichte dreht sich um ein Schwesternpaar, einen Liebestrank und um zwei Welten, die von Licht bzw. Dunkelheit dominiert sind. Recht viel mehr ist dort dann auch nicht. Abgesehen von reichlich Gesang, der mehr oder weniger alle paar Minuten einsetzt, indem Coverversionen diverser Popsongs zum Besten (oder Schlechtesten) gegeben werden (manche davon auch mehrmals).
→ Für Musicalfans, Kleinkinder, den allerhärtesten Kern an George Lucas Fans oder Leute mit einem etwas exklusiven (um nicht zu sagen „verschrobenen“) Animationsfilmgeschmack möglicherweise empfehlenswert. An der breiten Masse dürfte 'Strange Magic' in den vergangenen Jahren aber nicht aus Zufall vorbeigegangen sein...
Purer Fanservice. Zum Glück!
Vince Gilligan bringt diverse Charaktere aus der Hauptserie in diesem filmischen Epilog unter und erzählt die Geschichte von Jesse Pinkman weiter – oder zu Ende? Die Zukunft wird es zeigen...
Jesse befindet sich auf der Flucht und sucht nach einer Möglichkeit, sich aus dem Staub zu machen, ohne allzu viele Spuren zu hinterlassen. Dabei bindet er auch den einen oder anderen alten Bekannten in die Gestaltung seiner Abreise mit ein.
'El Camino' fängt zwar nicht ganz den (manchmal) etwas skurrilen Erzählton der vorherigen Staffeln ein, fügt sich aber dennoch sehr passend in den Kanon des 'Breaking Bad' Universums ein. Für Fans der Hauptserie und/oder des Spin Offs 'Better Call Saul' ein Muss!
Die 2020er Version von 'Dr. Dolittle' wirkt, als hätte man ein Produktionsteam von Asylum mit einem viel zu üppigen Budget für deren neuesten Streich ausgestattet. Auf die Idee, eine halbwegs familienkompatible Trashkomödie mit einem Etat von rund 175 Millionen Dollar zu produzieren, muss man erst einmal kommen...
In einer fast schon lächerlich anmutenden Mission muss Dr. Dolittle mit seiner tierischen Gefolgschaft an das andere Ende der Welt reisen, um dort ein Heilmittel für die erkrankte Königin zu besorgen. Die semi-anthropomorphen Tiere dienen dabei in allererster Linie als Projektionsfläche für zahlreiche Gags, während sich die Inszenierung allenfalls am Rande um deren Charakterzeichnung schert. Selbiges gilt auch für die allermeisten menschlichen Charaktere, die fast ausnahmslos komplett blass bleiben. Die Handlung an sich ist im Grunde genommen nicht der Rede wert. Im Großen und Ganzen hangelt sich die Erzählung von Szene zu Szene und ist fast ausschließlich darum bemüht, so viele Gags einzusammeln wie möglich. Das Drehbuch setzt dabei auf teils absurde Späße, die gegen Ende hin dann sogar in derben Klamauk abdriften (Stichwort „Drohender Darmverschluss“).
Mit viel Wohlwollen 5,5 – 6 Punkte (Trashwertung).
Die rumänisch-schwedische Produktion 'La Gomera' ist im Grunde genommen ein herkömmlicher Gangster-Thriller mit Anleihen bei der Groteske, der allerdings mit diversen filmischen Stilmitteln des Arthouse-Dramas erzählt wird. Dabei gaukelt die verschachtelte Erzählweise eine Komplexität vor, die im vielleicht zunächst vermuteten Ausmaß aber gar nicht unbedingt vorliegt. Die Geschichte greift dabei einige genretypische Versatzstücke wie Korruption, die Einflussnahme einer Femme Fatale und Motive wie Verrat und Betrug auf und fügt sie in ihrem eigenen Sinn in die hier erzählte Geschichte ein.
Die Prämisse mit einem zwielichtigen Polizisten, der mittels einer Pfeifsprache dabei helfen soll, einen Gefangenen zu befreien, könnte skurriler kaum anmuten. Aber trotz einiger unkonventioneller Einlagen gestaltet sich das Endergebnis der Inszenierung letztlich doch konventioneller, als es sich zunächst womöglich zu vermuten ließe.
→ 'La Gomera' erscheint auf den ersten Blick zwar als bizarrer Noir-Thriller, der bei genauerem Hinsehen aber nur deshalb originell erscheint, da hier Erzählstil und Inhalt in einer halbwegs ungewohnten Kombination aufeinandertreffen. Das Ergebnis erweist sich weder als schlecht noch als bemerkenswert herausragend. Für eine einmalige Sichtung ist 'La Gomera' durchaus eine Empfehlung wert, darüber hinaus sollte man aber besser nicht allzu viel erwarten.
Oscar Madness Film 70 (1 Auszeichnungen plus eine weitere Auszeichnung für Tyler Nelsons technische Verdienste)
Teil drei der Eon-Reihe und einer der großen Publikumslieblinge innerhalb einer ohnehin schon sehr beliebten Filmreihe. Prämiert mit zwei Oscars und angereichert mit einigen sehenswerten Einlagen, aber über weite Strecken wirkt 'Goldfinger' auch wie eine frühe Vorwegnahme seiner späteren Parodien. Natürlich wird auch hier wieder ein Hohelied auf den Sexismus gesungen und so manch trashiger Haken, den die Handlung schlägt, mutet geradezu albern an.
Wahrscheinlich ist es zu großen Teilen eine Geschmacksfrage, aber mir haben die beiden Vorgänger deutlich besser gefallen. Schnell weiter zum nächsten Teil der Reihe...
Im Rahmen der Oscarverleihung 1965 wurde 'Goldfinger' in der Kategorie "Beste Toneffekte" nominiert. Darüber hinaus gab es eine Nominierung in der Sparte "technische Verdienste" für Nelson Tyler „für das Design und die Konstruktion eines verbesserten Hubschrauberkamerasystems“, die letztlich ebenfalls in Zusammenhang mit diesem Film zu betrachten ist.
Kann eine Gefängnis-Dramedy-Serie über sieben Staffeln funktionieren und den Unterhaltungsfaktor aufrecht erhalten, ohne dass weder Spannung noch Humor allzu sehr einbrechen? Es geht tatsächlich – nicht zuletzt auch deshalb, da sich beide Dimensionen ohnehin von Anfang an auf einem eher gemäßigten Niveau abspielen. Ähnlich wie schon bei Produzentin Jenji Kohans Vorgängerserie 'Weeds', das zunächst als Vorstadtsatire startet, sich nach einigen Staffeln von so manchen alten Zöpfen trennt und sich dabei auch auf einige obskure Pfade verirrt, ehe die Erzählung mit einem leicht wehmütigen Finale beschlossen wird, das nochmal viele maßgebliche Charaktere der vorherigen Staffeln vereint, gestaltet sich der Verlauf auch im Falle von 'Orange is the New Black'. Nach einem eher klassischen Start, bei dem sich ein Neuling im Knast zurechtfinden muss und quasi stellvertretend für die Zuschauer viele räumliche Bereiche und Charaktere erkundet, wird die Gradzahl Staffel für Staffel erhöht, bis die Handlung in der fünften Staffel deutlich over the top geht. In den finalen beiden Seasons besinnt sich das Drehbuch (in einem neuen Setting, das an das Panoptikum aus 'OZ' erinnert) dann wieder eher auf die alten Stärken zurück und bezieht seine Spannung wieder aus „kleineren“, aber nicht minder dramatischen Ereignissen. Dabei wird nicht nur Eskalationsgrad reduziert, sondern auch das Figurenensemble entschlackt. Jedoch werden (analog zum Finale von 'Weeds') auch hier sehr viele Figuren, die „unterwegs verloren gingen“, in den letzten Episoden mit kurzen Cameos bedacht. Eine weitere personelle Konstante zwischen beiden Serien ist neben Jenji Kohan übrigens Darsteller Michael Harney, der in beiden Serien eine Nebenrolle einnimmt (67 Episoden 'Orange is the New Black' und 14 Episoden 'Weeds').
Eine der größten Stärken von Kohans Gefängnis-Dramedy dürfte wohl die Ausgestaltung der weiblichen Charaktere sein. Frauen sind hier weder schmückendes Beiwerk noch Femme Fatale oder Femme Fragile, sondern weisen allesamt eine Vielzahl von Ecken und Kanten und nahezu alle nur denkbaren charakterlichen und körperlichen Facetten auf. Fast schon wie als Köder für das männliche Publikum beginnt die Serie mit einer Duschszene der Protagonistin, während später der potentielle Voyeurismus einiger Zuschauer offenbar ganz bewusst auf deutlich andere Pfade geführt wird. Bei den männlichen Charakteren hingegen haben die Autoren deutlich weniger charakterliche Diversität und Detailreichtum walten lassen. Die allermeisten von ihnen erscheinen entweder als böse oder vertrottelt, was wahrscheinlich eine spiegelverkehrte Karikatur vieler weiblicher Figuren in zahlreichen Actionfilmen und anderen Produktionen sein soll.
→ 'Orange is the New Black' ist der ambitionierte Versuch, Spannung, Humor, Diversität, charakterliche Vielfalt in einer Gefängnis-Serie zu vereinen und im Zuge dessen der Etablierung eines vielschichtigeren Frauenbildes in der Film- und Serienlandschaft Vorschub zu leisten. Über weite Strecken gelingt dieses Vorhaben recht gut, auch wenn gelegentlich ein wenig über das Ziel hinaus geschossen wird.
Kurzweilige Forstetzung des Auftaktfilmes mit Sean Connery, die auch knapp 60 Jahre später noch prächtig funktioniert. Im Großen und Ganzen wird erneut nach dem bewährten Erfolgsrezept gekocht – angereichert und verfeinert mit ein paar Extrazutaten, wobei allerdings auch ein paar verdorbene Abfälle mit dazugeraten zu sein scheinen (Stichwort Catfight oder Explosion der Fässer). Insgesamt gehen diese aber im Gesamteindruck unter und schaden dem Ganzen nicht wesentlich. So steht am Ende ein unterhaltsamer Beitrag zu Reihe, der regelrecht danach verlangt, am Ball zu bleiben und weitere Episoden (erneut) zu sichten...
Bemerkenswert ist dabei, wie sehr sich die Struktur dieser Erzählung – weit über die James-Bond-Reihe hinaus – bis heute erhalten hat. Kurze Einführung der Antagonisten, danach wird der Protagonist in seinem gewohnten Umfeld gezeigt und schon kann die Mission mit ihren üblichen Ortswechseln und sonstigen Gepflogenheiten beginnen. Und obwohl (oder gerade weil) die Struktur auf ein ganz bewusstes Spiel aus Tradition und Durchbrechung setzt, funktioniert die Reihe für viele Zuschauer auch heute noch wunderbar.
Bemerkenswert stilsicherer Start in eine unfassbar langlebige Filmreihe. Der deutsche Filmtitel führt dabei ein wenig in die Irre, denn so richtig lässt sich das Gezeigte eigentlich nicht als Jagd bezeichnen... Vielmehr ist es ja so, dass Dr. No einfach nur abwartet, bis ihn sein Widersacher beehrt...
Abgesehen von einigen Details, die heute wohl als politisch unkorrekt gelten würden, wirkt dieser Auftakt zur Eon-Reihe überraschend frisch. Die Actioneinlagen sind noch vergleichsweise rar gesät, was dem Unterhaltungswert aber kaum Abbruch tut. Ein James Bond altert eben in Würde – abgesehen von der heutzutage etwas skurril anmutenden Rear Projection vielleicht...
Oscar Madness Film 202 (1 Nominierung)
++ SPOILER ++
Oscarnominierter Kurzfilm aus Tunesien, der mit Unterstützung aus Kanada, Katar und Schweden co-produziert wurde. Es geht dabei um einen Heimkehrer aus Syrien, der sich mittlerweile enorm von seiner Familie entfremdet hat.
'Brotherhood' wirft innerhalb nur weniger Minuten mehr Fragen auf also so manche Filmreihe... Wie verfährt man mit Heimkehrern, die aus mutmaßlich extremistischen Motiven freiwillig in einen Krieg gezogen sind? Und wie hat man sich dann als Elternteil zu verhalten, das auch Verantwortung für weitere Geschwister trägt? Und was, wenn sich der Kriegsheimkehrer nach eigenem Bekunden von seinen Taten distanziert und nun sogar jemandem hilft, was aber andererseits möglicherweise auch aus Eigennutz geschehen könnte? Antworten können in diesem Kurzfilm naturgemäß nicht geliefert werden – und wahrscheinlich gibt es auch gar keine definitiven Patentrezepte für diese Problemstellung. Dennoch spricht sie ein Phänomen an, das sich in den letzten Jahren tausendfach rund um den Globus abgespielt haben dürfte (und immer noch abspielen dürfte) und regt den Zuschauer zu eigenen Gedanken an.
→ Wertvoller Beitrag zu einer Debatte, die derzeit weitgehend nur in Parolen ausgefochten wird.
(Da bisher weder eine Absetzung noch eine Fortsetzung dieser Serie verkündet wurde, ist der folgende Kommentar vorerst noch mit Vorsicht zu genießen. Sollte es zu einer weiteren Verlängerung kommen, werde ich ihn entsprechend editieren und die Punktewertung ggf. anpassen.)
„Wir sind alle allein. Weißt du, deswegen haben wir Freunde. Damit sich das Alleinsein besser ertragen lässt.“
Mit Stephen King Verfilmungen ist es immer so eine Sache. Mal beschwert sich das Publikum, oftmals der Horror-Haudegen selbst und manchmal ist auch schlichtweg die Vorlage zu dünn oder gar zu abstrus. Ähnlich wie bei der drei Staffeln umfassenden Serie 'Under the Dome' wirkt King auch im Fall von 'Mr. Mercedes' an der Gestaltung der Drehbücher mit. Das Ergebnis könnte jedoch unterschiedlicher kaum sein. Zwar wird in beiden Serien der Anteil an Fantasy- oder Science-Fiction-Abstrusitäten im Verlauf der zweiten Staffel deutlich erhöht, doch das war es dann auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Während es in der finalen Staffel der Geschichte unter der Kuppel immer haarsträubender wird, besinnt sich die dritte Staffel von 'Mr. Mercedes' wieder viel deutlicher auf ihre Krimi-Wurzeln und lässt die Erfahrungen aus der vorherigen Season nur noch als latente Bedrohung mitschwingen, die zwar stets im Raum steht, aber nie wirklich greifbar wird.
Der Vergleich beider Serien zeigt aber auch in aller Deutlichkeit, wie wichtig es ist, die Regie einer Stephen King Verfilmung in versierte Hände zu legen. Spätestens nach dem Ausstieg von Jack Bender ('LOST') setzte bei 'Under the Dome' in der letzten Staffel der freie Fall ein. Inhaltlich wurde die Erzählung immer abenteuerlicher und auch atmosphärisch konnte dann nicht mehr viel gerettet werden.
Ganz anders stellt sich die Situation bei der Verfilmung der Bill Hodges Romane dar: 23 von 30 Episoden kommen aus der Hand von Jack Bender, wodurch zumindest schon mal ein konstanter Erzählton und eine durchgängige Atmosphäre gewahrt bleiben. Darüber hinaus durchbrechen gelegentlich einige recht eigentümliche und trockene Humoreinlagen den ansonsten recht ernsten Erzählton ohne den Erzählfluss oder die Stimmung auch nur annähernd zu stören. So gesehen erinnert die erste Staffel dann auch ein wenig an die initiale Staffel von 'Dexter'. Es wird von einem Katz- und Mausspiel zwischen einem Soziopathen und einem Serienkiller erzählt, das gelegentlich von flapsigen Sprüchen aufgelockert wird, die hier allerdings deutlich rarer gesät sind. Nur dass sich eben im Fall von 'Mr. Mercedes' nicht zwei Serienmörder gegenseitig jagen. Kurioserweise fährt aber auch hier der Antagonist eine Art Ice Truck...
Zu guten Teilen lebt die Serie über Bill Hodges, den Detektiv im Ruhestand, (neben der namhaften Besetzung mit Darstellern wie Brendan Gleeson oder Bruce Dern) von ihrer Atmosphäre und den sorgsam ausgearbeiteten Charakteren, von denen durchweg alle wichtigen Haupt- und Nebenfiguren mit zahlreichen Ecken und Kanten ausgearbeitet sind, während die Liebenswürdigkeiten nur auf Charaktere im engeren Umfeld des Protagonisten verteilt werden... Die Karten liegen bei den jeweiligen Fällen mehr oder weniger von Beginn an offen auf dem Tisch, daher geht es hier weniger um ein Miträtseln als vielmehr darum, eine Gruppe von Ermittlern, deren Mitglieder alle von eigenen Dämonen gequält werden, bei der Lösung der jeweiligen Fälle zu begleiten.
Die Einsamkeit ist dabei ein ständiger Begleiter. Doch wenigstens können Bill, Holly, Jerome und Ida (ähnlich wie Lou und Allie) gemeinsam einsam sein.
Kurz vor der Inszenierung von 'Doctor Sleeps Erwachen' führte Mike Flanagan bereits bei einer anderen Stephen-King-Verfilmung Regie. 'Das Spiel' geriet dabei über weite Strecken der Handlung zu einer Art Kammerspiel, in der eine gefesselte Protagonistin diverse Gespräche führt. Wer die Gesprächspartner sind, wäre ein unnötiger Spoiler, daher endet hier nun auch schon meine Beschreibung der Handlung...
Wie bei so vielen Werken von Stephen King tänzelt auch hier die Geschichte immer wieder (seine Fans mögen es mir verzeihen) an der Grenze zwischen subtiler Gesellschaftskritik und plakativem Trash entlang. Oftmals gelingt ihm dieser Balanceakt hervorragend und manchmal so gar nicht, aber in vielen Fällen steht und fällt alles mit den persönlichen Präferenzen der Zuschauer. So auch im Fall von 'Das Spiel'. Wer den Dialogen etwas abgewinnen kann, darf sich hier auf beste Unterhaltung freuen. Alle, die nicht so viel damit anfangen können, werden sich hier aber gepflegt langweilen. Welchen Zuschauern man diese Verfilmung empfehlen kann, lässt sich vorher meines Erachtens nur schwer erahnen. Am besten einfach ausprobieren.
Seit Monaten schiebe ich mittlerweile die Bewertung von 'Doctor Sleep' vor mir her. Egal, in welches Verhältnis ich diesen Film zu seinem Vorgänger setze, jede Kombination fühlt sich irgendwie falsch an. Auf der einen Seite ein Klassiker, der auch bei der fünften Sichtung noch funktioniert – wenn auch auf eine andere Weise als bei der Erstsichtung. Auf der anderen Seite eine moderne Fortsetzung, die zwar nicht dieselbe Fallhöhe erreicht und deren Faszination wahrscheinlich auch nicht so lange anhalten wird (zumindest nicht auf einer derart breiten Basis), die aber dennoch in Sachen Erzählton, Atmosphäre und irgendwie auf krude Weise auch über die Spannung Wirkung überzeugt. Wahrscheinlich wäre es ideal, beide Filme getrennt von einander zu betrachten und zu bewerten, aber so richtig möglich ist das ja auch nicht...
Anyway, 'Doctor Sleep' greift eine Vielzahl von Motiven und Charakteren aus 'The Shining' wieder auf, setzt sie mitunter in neues Licht und reichert sie mit weiteren Aspekten an. Die Dimension des Familiendramas wurde enorm zurückgefahren, stattdessen entert nun eine Bande von Quasi-Vampiren die dadurch entstandenen Leerstellen; mit allen damit Verbundenen Vor-, Nachteilen und Randaspekten. Stilistisch fühlt man sich hier dann auch in der Tat an so manchen düsteren Vampirfilm der vergangenen vier Dekaden erinnert, die sich zumeist an der Schwelle von A- und B-Movies bewegten. (Um Missverständnisse zu vermeiden: Von den Kuschelvampiren der 'Twilight'-Saga sind wir hier meilenweit entfernt!)
Erwartungsgemäß bringt diese Neuorientierung auch gewisse Verschiebungen auf der metaphorischen Ebene mit sich. Dementsprechend geht es dann auch weniger um Entfremdung, innere Dämonen oder böse Energien, wobei diese Motive natürlich auch hier eine gewichte Rollen spielen, aber eben auf eine völlig andere Weise. Die Dämonen nagen mittlerweile auf völlig andere Weise am Protagonisten und auch die Methoden und Motive der Energieabsaugung haben sich geändert. Auf diese Weise erfindet sich diese Geschichte neu und bleibt sich dennoch selbst treu.
→ Die Fußstapfen, in die 'Doctor Sleep' tritt, sind enorm groß. Ausgefüllt werden sie gleichzeitig einerseits schon, andererseits aber auch wieder nicht. Wie bei einem Schuh, bei dem zwar die Größe passt, aber die Ferse schlappt. Beide Schuhe haben dann numerisch dieselbe Größe, fallen aber dennoch völlig unterschiedlich aus und passen vermutlich auch verschiedenen Leuten – während einigen Menschen sogar beide Paare passen würden.
(Fast) Zeitloser Klassiker des Psychothrill-Horrors, dessen visuelle Motive bis heute die Grundlage zu einer einer Vielzahl popkultureller Referenzen bilden und nach wie vor fast schon exzessiv für filmische Zitate genutzt werden.
Ein kauziger Autor gleitet in einem abgelegenen Hotel in den Wahnsinn ab bzw. es werden dort Züge seiner Psyche freigelegt, die bis dato offenbar teilweise latent, teilweise in gemäßigter Form ohnehin schon vorhanden waren.
Die visuelle Wucht von Kubricks Inszenierung ist bis heute ungebrochen und auch Jack Nicholsons verstörendes Spiel hallt bis in unsere Gegenwart nach. Zwar lassen veränderte Sehgewohnheiten im Psychothriller- und Horrorgenre die Handlung und die Atmosphäre nicht mehr ganz so bedrohlich wirken wie vielleicht noch in den 80er und 90er Jahren, doch auch heute verbreitet die Geschichte über den Schriftsteller mit seinen beängstigenden Neigungen noch ihren Schrecken, der eher über die subtilen Elemente als mittels der exliziten Bestandteile wirkt.
→ Filmischer Meilenstein des Psychohorrors, dessen Wirkung auf das Publikum sich zwar aufgrund veränderter Sehgewohnheiten im Lauf der Jahrzehnte verändert hat, aber auch heute noch einen enormen Sog entwickelt, welcher jedoch mittlerweile in leicht abgewandelter Weise funktioniert.
Oscar Madness Film 211 (1 Nominierung)
Oscarnominierter Dokumentarfilm über die Schrecken des Krieges in Aleppo und eindringliche Klage gegen den Krieg. Gezeigt wird der Alltag einer jungen Familie im kriegsgeplagten Aleppo der Jahre 2014ff. Der Mann ist einem Krankenhaus tätig, das immer wieder unter Beschuss steht, seine Ehefrau hält ihre Eindrücke filmisch fest. Neben schonungslosen Bildern von Leichen, Folteropfern und Schwerverletzten sind es vor allem die akustischen Signale, die hier nachhaltig für Schrecken sorgen. Immer wieder hört man Einschläge diverser Geschosse aus Panzern, Flugzeugen und Geschützen. Die Gefahr, in der sich die Kamerafrau und ihr Umfeld befinden, ist ebenso greifbar wie die Beklemmung, die sich dabei breit macht. Dennoch bekommt man auch manche Einblicke in halbwegs alltägliche Situationen wie Familienbesuche oder Gartenarbeit. Das Spielen einer Gruppe von Kindern in und um einem ausgebrannten Bus könnte dabei sinnbildlicher kaum sein. Selten wurden einem die Schrecken des Krieges so eindringlich präsentiert wie hier.
Warum also keine Höchstwertung? Die Kriegseindrücke, die hier geschildert werden, stellen ein aufrüttelndes Zeitdokument aus dem Inneren einer vom Krieg geplagten Zone dar, für das den Filmemachern eine große Resonanz und eine Vielzahl anerkennender Kritiken zuteil wurde. Offen bleibt jedoch eine ganze Reihe von Fragen:
Welche Gruppierung genau steht hier eigentlich im Fokus der Berichterstattung? Zwar ist die Rede von oppositionellen Einwohnern, aber alles weitere bleibt unklar. Womöglich gab es zwar versteckte Hinweise, die sich für orts- und sachkundige Zuschauer als offensichtlich erweisen, als europäischer Normalzuschauer steht man hier aber vor einer nur schwer durchschaubaren Situation. Stehen die Studenten, die zu Beginn gezeigt werden, im Kern der Bewegung oder sympathisiert die porträtierte Gruppe nur mit diesen?
In welchem Verhältnis stehen die Erzählerin und ihr Umfeld zu den Islamisten, die sich im Lauf der Belagerung an die Spitze des Protestbewegung setzen und die mit den halbwegs „unpolitischen“ Einwohnern evakuiert wurden? In einem Nebensatz wird angedeutet, dass die Islamisten im Vergleich zum Assad-Regime nicht das große Problem seien, was eher Fragen aufwerfen als beantworten dürfte; zumal Waad und ihr Mann Hamza sich selbst immer wieder als Mitglieder des Widerstands bezeichnen und nicht als neutrale medizinische Helfer. Dass sie unter den Angriffen von außen durch Assad und seine russischen Unterstützer schwer zu leiden haben, dürfte außer Frage stehen. Andere Quellen berichten aber auch immer wieder von starken Repressionen durch islamistische Kombattanten, die hier aber nicht einmal ansatzweise thematisiert werden. Vieles deutet auf ein loses Arrangement diverser Gruppierungen hin (was allerdings auf reinen Spekulationen beruht).
Wieso wird Sama nicht vorübergehend bei ihrem Großvater in der Türkei gelassen, der angeboten hat, sie aufzunehmen? Die Antwort liefert Waad Al-Khateab zwar selbst, indem sie sagt, dass jedem eine wichtige Rolle zukomme, sie wirft damit aber mehr Fragen auf, als sie dadurch beantwortet. Zwar wird Sama kurze Zeit später als eine Art Maskottchen, als Symbolfigur für Hoffnung den Krankenhausmitarbeitern präsentiert. Aber ob tatsächlich diese Funktion oder eher die Funktion als „Protagonistin“ der Dokumentation gemeint ist, bleibt nebulös.
Wann ist der Entschluss gefallen, die Erzählung an Sama zu adressieren? Bereits vor der Schwangerschaft? Währenddessen? Oder später? Diese Frage mag vielleicht auf den ersten Blick kleinkariert erscheinen, erweist sich aber von durchaus großer Tragweite. Wer möchte seinem Kind zumuten, derart schreckliche Bilder sehen zu müssen? Oder anders gefragt: Wurde dieser Film wirklich für die Tochter gedreht oder ist sie nur ein Stilmittel zur Emotionalisierung der Zuschauer? Letzteres wäre in Anbetracht des Dokumentationsgenres, in dem sich dieser Film bewegt, aber vor allem ganz besonders in Sachen Verantwortung gegenüber einem Kleinkind durchaus hinterfragenswert.
Somit steht hier unter dem Strich ein stellenweise verstörendes Kriegsdokument, das einen noch lange verfolgen wird. Andererseits fühlt man sich hier bei weitem nicht so umfassend informiert, wie man es von einer vielprämierten Dokumentation erwarten würde. Auch wenn sich Waad Al-Khateab im Film selbst als Journalistin bezeichnet, erwartet natürlich niemand umfassende Informationen, die in einer derart unübersichtlichen und gefahrvollen Gemengelage ohnehin nicht zu erlangen wären. Einige grundlegende Hintergründe zu der Gruppierung, die über den kompletten Film hinweg begleitet wird, wären für einen Zuschauer, der nicht bis ins Detail mit den Verhältnissen vor Ort vertraut ist, aber durchaus hilfreich. Somit dürfte es auch nur eine Frage der Zeit sein, bis hier früher oder später Propagandavowürfe laut werden. Ob diese zutreffen, lässt sich für den Zuschauer mit den Einblicken und dem Kenntnisstand, den er hier erhält, schlichtweg nicht beurteilen. In dieser Hinsicht hätte die Filmemacherin auch sich und ihre Mitstreiter vor möglichen Skeptikern oder Kritikern schützen können, wenn sie diesbezüglich in ein paar Sätzen auf die Zusammensetzung der hier gezeigten sozialen Strukturen eingegangen wäre. Zwar wird klar, dass es sich hier um eine bürgerliche Opposition gegen Bashar al Assad handelt, inwiefern Verflechtungen mit den Islamisten oder weiteren Gruppierungen bestehen, bleibt aber ebenso offen wie die Rolle, die Al-Khateab ihrer Tochter zugedacht hat.
Edit: Nachdem sich der Moviepilot DivDav bei mir beschwert hatte, dass er "schockiert" über eine missratene Formulierung von mir sei (die zugegebenermaßen nicht sehr ausgefeilt war, allerdings niemanden beleidigt oder diskreditiert hat), habe ich diese wie folgt abgeändert:
Alt: "An den Kriegseindrücken, die hier geschildert werden, ist nur wenig auszusetzen."
Neu: "Die Kriegseindrücke, die hier geschildert werden, stellen ein aufrüttelndes Zeitdokument aus dem Inneren einer vom Krieg geplagten Zone dar, für das den Filmemachern eine große Resonanz und eine Vielzahl anerkennender Kritiken zuteil wurde."
Oscar Madness Film 208 (1 Nominierung)
++ SPOILER ++
Oscarnominiertes Drama, das ohne Wenn und und Aber auf ein Publikum im Bible Belt zugeschnitten ist und auf einem wahren Fall basiert. Ein Junge, der von einem Ehepaar adoptiert wurde, bricht mit seinen Freunden im Winter auf einem See im Eis ein. Während seine beide Freunde verhältnismäßig unkompliziert gerettet werden können, wird der besagte Junge vom Grund des Sees geborgen und in ein künstliches Koma versetzt. Seine Überlebenschancen werden als äußerst gering eingeschätzt, aber dennoch verbessern sich seine Aussichten von Tag zu Tag. Während er im Krankenhaus liegt, singen und beten seine Familienangehörigen, Mitschüler, Nachbarn, Sportkameraden und befreundeten Mitglieder aus der Kirchengemeinde für ihn und lassen ihm auf diesem Weg positive Energie für seine Genesung zukommen.
Ohne Zweifel: Positiver Zuspruch und gute medizinische Betreuung durch einen anerkannten Spezialisten (wie es hier ausdrücklich der Fall war) sind unermessliche Faktoren bei der Genesung von Komapatienten. Dennoch wird hier vieles enorm simplifiziert dargestellt (wenn etwa der behandelnde Arzt gefühlt mehrere Stunden wartend am Bett des Patienten zubringt). Die Oscarnominierung gab es folglich dann auch nicht für das Drehbuch oder die Regie, sondern für Diane Warrens 'I Am Standing With You', die damit bereits zum zehnten mal für diese Trophäe nominiert wurde.
Oscar Madness Film 226 (1 Nominierung)
++ SPOILER ++
Französisch-algerisch-tunesische Co-Produktion, die mit einer Nominierung für den Oscar 2020 als bester (fiktionaler) Kurzfilm bedacht wurde. Erzählt wird die Geschichte zweier Brüder, die auf dem Heimweg von einem Fußballspiel eine große Menge an Drogen finden, die zwei Schmugglern aufgrund eines akustischen Missverständnisses abhanden gekommen ist. Während der ältere Bruder das große Geschäft wittert und nach einem Käufer für die Ware sucht, schmiedet der jüngere Bruder, der in den Paketen Waschpulver wähnt, ganz andere Pläne...
→ 'Nefta Football Club' erzählt eine Geschichte, die aus europäischer Sichtweise aus einem völlig ungewohnten Umfeld stammt und mit einer gewitzten Pointe im Gedächtnis haften bleibt.
Das Rennen um den Oscar in dieser Kategorie gilt als völlig offen und dürfte wohl eine der unberechenbarsten Entscheidungen bei der diesjährigen Preisverleihung darstellen. Manche Beobachter sehen 'The Neighbor's Window' vorne, andere 'Brotherhood'. Stichhaltige Prognosen dürften sich hier kaum anstellen lassen, auch wenn der US-Kandidat leicht im Vorteil sein dürfte. Spannung ist garantiert. [Nachtrag: Verliehen wurde die Trophäe letztendlich an 'The Neighbor's Window'.]
Oscar Madness Film 225 (1 Auszeichnung)
++ SPOILER ++
Oscarnominierter Kurzfilm über ein Ehepaar, das das Paar in der gegenüberliegenden Wohnung durch das Fenster beobachtetet und darüber in Streit gerät. Beide fühlen sich durch den Elan und die scheinbare Unbekümmertheit herausgefordert, die die beiden ausstrahlen, und werfen sich daraufhin Sachen an den Kopf, die Alltagsprobleme schnell unangemessen hochkochen lassen. Später stellt sich heraus, dass das Leben der Nachbarn weit sorgenvoller verläuft und die beiden wiederum auf ihre Nachbarn wegen deren guter Gesundheit und dem Wohlergehen ihrer Kinder aufsehen. Somit erweist sich 'The Neighbor's Window' als eindringliches Plädoyer, das eigene Glück wertzuschätzen, auch wenn es einem selbst klein vorkommen mag, und dem Schein, der andere Menschen umgibt, nicht allzu viel Wert beizumessen.
→ Auf den ersten Blick unspektakulärer, aber doch äußerst sehenswerter Kurzfilm mit einer Moral, die man gar nicht dick genug unterstreichen kann.
In Hinblick auf die Oscar Verleihung dürfte von Vorteil sein, dass es sich hierbei um eine US-Amerikanische Produktion mit einem halbwegs bekannten Gesicht in der Hauptrolle handelt (Maria Dizzia aus 'Orange is the New Black'), was womöglich den Ausschlag in dieser Kategorie geben könnte, deren Ausgang in diesem Jahr als relativ knapp bzw. unsicher gilt. [Nachtrag: Regisseur Marshall Curry und sein Team konnten 2020 tatsächlich den Gewinn der Goldtrophäe in der Kategiorie "Bester Kurzfilm" für sich verbuchen.]
Oscar Madness Film 203 (1 Nominierung)
Oscarnominierte Kurzfilmdoku über ein vietnamesisches Paar, das nach der Flucht des Mannes vor den Kommunisten über Taiwan in die Vereinigten Staaten sechs Jahre lang von einander getrennt war, ehe es sich wieder in die Arme schließen konnte. Während sich das Wiedersehen für beide zunächst etwas befremdlich gestaltete, fanden sie über die gemeinsame Leidenschaft zum Tanz wieder zueinander.
→ Grundsolide und durchaus sehenswerte Kurzdoku. Angesichts der starken Konkurrenz sollte ein Gewinn der prestigeträchtigen Trophäe aber nahezu ausgeschlossen sein.
Oscar Madness Film 201 (1 Nominierung)
Oscarnominierter 16-Minütiger Kurzfilmthriller aus Belgien, der seine (Entführungs-)Geschichte kurz und knackig auf den Punkt bringt und somit gewissermaßen die Essenz eines ganzen Genres herausdestilliert. Eine Frau tätigt in einer Gefahrensituation einen als Telefonat mit ihrer Schwester getarnten Notruf.
'Eine Schwester' nimmt keine Gefangenen und bringt seine Geschichte ohne Umschweife an den Zuschauer. In Anbetracht der kurzen Zeit bauen sich dabei eine ansprechende Atmosphäre und ein ordentliches Maß an Spannung auf. Prädikat: Sehenswert!
Oscar Madness Film 206 (2 Nominierungen)
Zweifach oscarnominiertes Drama aus Spanien. Ein Regisseur, der sich in einer tiefen Lebenskrise befindet, sucht nach seinem derzeitigen Platz im Leben und blickt dabei zurück auf prägende Episoden seiner Kindheit.
6 Punkte für den Film an sich und einen Bonuspunkt für den Anspruch, den stellenweise experimentellen Charakter und die hohe handwerkliche Qualität - besonders von Regisseur Pedro Almodóvar und Hauptdarsteller Antonio Banderas, was dann auch direkt zu den Oscarnominierungen führt:
Bester Hauptdarsteller: Antonio Banderas liefert hier eine herausragende Leistung ab; vielleicht sogar die eindrücklichste seiner bisherigen Karriere. Er spielt einen gebrochenen Künstler, der sowohl körperlich als auch seelisch zu leiden hat und von diversen Dämonen seiner Psyche gequält wird. Pech für ihn, dass er gegen Joaquin Phoenix ('Joker') antreten muss – noch dazu in einem fremdsprachigen Film. Auch Adam Driver überzeugt in 'Marriage Story' mit einer versierten Leistung, was es nicht einfacher macht für Banderas. Dennoch kann man seine Leistung hier gar nicht hoch genug würdigen. Man darf gespannt sein, ob er sich hier nicht vielleicht sogar neu erfunden hat.
Bester internationaler Film: Almodóvar ist und bleibt eben Almodóvar. Ein Garant für zumeist anspruchsvolle und gleichzeitig etwas kauzige Filme. Ganz egal, ob er eine rein fiktionale Geschichte erzählt oder mutmaßlich die eine oder andere autobiographische Komponente einfließen lässt. 'Leid und Herrlichkeit' kann sich (besonders in stilistischer Hinsicht) sehen lassen, hat aber mit 'Parasite' einen schier übermächtigen Konkurrenten vor sich.