jstemovie - Kommentare
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Alle Kommentare von jstemovie
Ab in die Notaufnahme - Das Marvel-Multiversum hat Kammerflimmern...
Zitat einer sinnbildhaften Filmszene: "Soll das ein Witz sein?... Es ist kein Kammerflimmern, es ist ein gelähmter Herzmuskel - Neurogen? - Ja."
Die Geldkammer voll - das Hirn der Disney-Autoren leer: "Doctor Strange" ist ein CGI-Effektgewitter mit eingeplättetem Story-Herz und noch eindimensionaleren Figuren, wobei ein grandios verschenkter Bösewicht Mads Mikkelsen den Höhepunkt darstellt. Neben einem routinierten Cumberbatch rettet Tilda Swinton den Film vor der totalen darstellerischen Einöde.
Wer Freude hat an New-Age-Esoterik, bunten, computergenerierten Farben, Unlogik und simpler Superheldenaction vom Reißbrett - der hat hier seinen Film des Jahres gefunden.
Mal ehrlich - mehr als drehende, sich windende Häuserschluchten hat "Doctor Strange" nicht zu bieten.
Die dumme Variante von Inception.
Regie-Provokateur Paul Verhoeven hat es wieder getan: Zehn eher unproduktive Jahre seit seinem Opus Magnum "Black Book" sind vergangen - doch der Altmeister hat nichts von seiner bissigen Essenz eingebüßt.
Die Romanverfilmung "Elle" dreht sich im Kern um die unorthodoxe Reaktion einer psychopathisch veranlagten Frau (toll gespielt von Isabelle Huppert) auf deren wiederkehrende Vergewaltigung durch einen maskierten Unbekannten. Was im derzeitigen Hollywood zu einem simplen Revenge-Thriller zusammengestutzt worden wäre, kann sich als französisch-deutsch-belgische Koproduktion zu einem vielschichtigen Genremix entfalten und so trägt "Elle" die typische Verhoeven-Handschrift: Wie die seinerzeit missverstandenen "Starship Troopers" und "Showgirls" ist unter der Oberfläche eines expliziten Genrefilms (in diesem Fall "Rape & Revenge") eine Satire versteckt.
Beinahe alle Figuren in "Elle" sind latent groteske Zerrbilder einer genderisierten Gesellschaft, in der die Männer zu trotteligen Spielbällen eines dominant-promiskuitiven Frauentypus degradiert wurden. [Spoiler: Letztlich trifft das in gewisser Weise auch auf Hupperts Vergewaltiger zu]. Starke Frauen spielen bei Verhoeven-Filmen traditionell eine zentrale Rolle, doch beschleicht einen bei "Elle" gar der Eindruck, der Regisseur unterminiere durch diese Travestie-Persiflage eher ideologische Ausläufer des Postfeminismus, als lediglich dem klassischen Ideal der Emanzipation das Wort zu reden (was gefällt!). Letztlich ist Hupperts Filmcharakter eine manipulative Psychopathin und zugleich Opfer wie Täter.
Blasphemisches und Religionskritik kommt dann auch noch unter im Thriller-Drama-Satire-Exploitation-Schocker-Mix und fertig ist der würzige Showgirls-goes-Programmkino-Cocktail.
Verhoeven, inspiriert von Claude Chabrol (?) liefert also gut genießbares, hintergründig-frisches Filmmaterial.
Modedesigner und Filmregisseur Tom Ford schafft mit seiner Roman-im-Roman-Verfilmung "Nocturnal Animals" ein Stück Genre-Filmkunst, wie ich es schon länger nicht mehr zu Gesicht bekommen habe.
Die selbstverständliche Eleganz der Komposition aus Regie, Drehbuch (beide Ford) und nicht zu vergessen Kamera (Seamus McGarvey) lässt selbst Regiestylisten wie Ridley Scott oder Nicolas Winding Refn etwas bemüht und unbeholfen wirken.
Ein ästhetischer Film von einem Schöpfergeist also, und passend hierzu eine Parabel über Künstler, den enteigentlichten Materialismus der Kunst- und Kulturindustrie und den Zynismus ihres Establishments. Eine moderne Kulturkritik, die ins Schwarze trifft, in ein Neo-noir-Drama gegossen.
Die drei Erzählebenen Gegenwart, Vergangenheit und Fiktion verweben sich zu einer stringenten Handlung, die sich, anklagend und in düsterer Athmosphäre, in Richtung ihrer zentralen Motive fortbewegt: Schuld, Vergeltung und Sühne. Getragen von durchweg schauspielerischen Topleistungen, wobei ich Aaron Taylor-Johnson noch hervorheben möchte.
Fincher trifft Hitchcock trifft Lynch, nur ohne Mindfuck, dafür aber mit offenem Ende, wenn auch dessen Interpretation ziemlich eindeutig sein sollte.
Erwachsenes und intelligentes Hollywood-Kino!
Psycho II ist wohl eines der gelungensten Sequels der Filmgeschichte.
Regisseur Richard Franklin inszeniert seinen Psychothriller als eine Verbeugung vor dem legendären Original. Die ein oder andere Szene zitiert zwar überdeutlich Hitchcocks Regie, tut dies aber auf eine derart inspirierte Weise, dass zu keinem Zeitpunkt der Eindruck aufkommt, einem lediglich plump kopierten oder gar simplifizierten Abklatsch beizuwohnen - im Gegenteil. Tom Holland, dessen wendungsreiches Drehbuch die Klasse besitzt, eine Fortsetzung zu einem solchen Filmklassiker wie Psycho überhaupt erst zu legitimieren, spinnt die Story um Norman Bates gekonnt fort.
Jerry Goldsmiths gefühlvoll-bedrohliche Musik rundet dieses kleine Juwel der 80er Jahre ab.
Heutige Fortsetzungsgurken könnten sich von der Qualität dieser Produktion eine gehörige Scheibe abschneiden...
"American Pastoral", die Verfilmung des Pulitzer-Preisträgerromans von Philip Roth ist eine gelungene Psychoanalyse und zugleich Revision der amerikanischen 60er und ihrer sozialkritischen Bewegungen. Roths Roman besitzt durchaus Relevanz für unsere Gegenwart.
Ewan McGregor inszeniert diese Dekonstruktion des American Dreams als eine berührende Geschichte um die Ungläubigkeit und Verzweiflung eines Vaters, dem seine Tochter in den ideologisch-paranoiden Extremismus entgleitet.
Die Frage um das "Warum?" besitzt vielerlei Qualitäten: Erziehung, Hochbegabung, Außenseitertum, Sensibilität, Behütetheit, Trauma, Narzissmus, Perfektionismus und auch freudianische Untertöne sind die psychologischen Topoi, die dem geneigten Zuschauer beim Betrachten des Dramas im Kopf umherschwirren. Der Werdegang der Tochter lässt entfernt Assoziationen zu den Elitestudenten aus der Meinhof-Ensslin-(Baader)- Combo aufkommen: Auch linke, intelligente Menschen sind nicht zwangsläufig immun gegen eine ideologische Entgleisung; ein Gedanke, der einigen Kritikern wohl nicht so recht schmeckte.
Ein gelungenes Regiedebut von Ewan McGregor, toll geschauspielert, wertig verfilmt und konsequent.
Sprache als evolutionäres Flussbett unserer Erkenntnisstrukturen?
"Arrival" funktioniert als Pointe auf eine bekannte linguistische Hypothese, die bis zu Wilhelm von Humboldt zurückreicht: Der identifizierte die Sprache "als ein Medium des Denkens und der Weltauffassung schlechthin". Man könnte folgern: Die Annahme der sprachlichen Relativität (von Mensch zu Mensch, von Kultur zu Kultur) ließe uns über die These staunen, dass Teile der humanen Kognition und letztlich ganze Weltbilder sprachbedingt konstituiert und konstruiert seien - was wiederum den 'Homo Ideologicus' dazu prädestinieren würde, als Fehldeutungsmaschine verdammt zu sein. Entstehen Konflikte nicht zu einem großen Teil aus Missverständnissen oder widerstreitenden Ideologien? Auch Wittgenstein zählte die Sprache zum "Flussbett" der Gedanken, welches sich - so solide und unveränderlich es dem Einzelnen erscheinen mag - grundsätzlich aber auch verschieben könne. In der Linguistik ist dieser sprachliche Relativismus als Sapir-Whorf-Hypothese bekannt und berüchtigt - gilt jedoch, sowohl in streng desterministischer Form als auch weitgehend in einer relativistischen, als empirisch widerlegt. Übrig bleibt eine äußerst schwache Relativität: Weltbilder sind vielmehr ein Erzeugnis des Denkens, wobei die Sprache nur ein Werkzeug bleibt.
Die Sprache kann Einfluss auf unser Denken haben - konkrete Begriffe strukturieren zwar die Wahrnehmung, Sprache zwingt aber kein Denken auf.
Als rein science-fictionesque Metapher auf diese alte Hypothese funktioniert "Arrival" ziemlich gut, allerdings späht der Film auch recht verstiegen über dieses Ziel hinaus.
Denn was passiert zuletzt bei "Arrival"? Man lernt eine apriorische Sprache zwecks Völkerverständigung mit zeitlich multidimensional fühlenden Aliens. Das Drehbuch driftet hier in Eso-Richtung ab, denn der Film geht so weit, durch das Erlernen der außerirdischen Zeichenschrift die Zeitwahrnehmung von Cheflinguistin Dr. Banks (Amy Adams) ganz und gar zu verändern: Sie kann jetzt die Vergangenheit und Zukunft gleichzeitig wahrnehmen...
Technisch ist Villeneuves neuestes Werk voll auf der Höhe; der Mann besitzt ein Talent dafür, mit verhältnismäßig langsamen Einstellungen eine dichte Athmosphäre zu erzeugen. Leider wird so mancher Spannungsmoment einfach unvermittelt weggecuttet. Schauspielerisch sticht Amy Adams hervor, die den emotionalen Anker des Films bildet und mit gefühlvollem Mienenspiel überzeugt. Alle anderen sind Nebendarsteller.
Die Gewitztheit des Films erschöpft sich leider in der wie oben beschriebenen grundsätzlichen (weitgehend widerlegten) Idee, wird gar von der esoterischen Auflösung nahezu erstickt. Am Ende wird es kitschig und quietschende Streicher zerren an den musikalischen Geschmacksnerven: Irgendwie unbefriedigend und in der transportierten (hidden) Message (kein Spoiler an dieser Stelle) zu katholisch, um wirklich progressiv zu sein. Das gilt auch für die freilich in der Logik des Whorfismus konsequente, aber trotzdem allzu stereotype Darstellung der verschiedenen Parteien: Russen und Chinesen dürfen als (kommunikative) Idioten herhalten, die es in dieser Hinsicht problemlos mit dem amerikanisch-militärischen Komplex aufnehmen können...
"Tod und Mädchen": Der Titelzusatz dieses Biopics über den Klimt-Epigonen Egon Schiele ist Programm. Technisch besticht der Film durch seine kunstvolle Bildsprache, durchweg tolle Schauspieler und eine generelle Authentizität. Den Vorwurf der bedingten Oberflächlichkeit müssen sich die Autoren allerdings gefallen lassen: Man erfährt nur wenig über Schieles Kunst, das Drehbuch konzentriert sich auf leicht diffuse Ausschnitte und Rückblenden aus seiner kurzen Biographie; Haupttopoi bleiben dabei zu jeder Zeit Schieles "dramatische" Frauengeschichten und Konflikte. Über den Prozess seines Künstlerwerdens erfahren wir: Nichts. Auch der Bezug zu Klimt bleibt Miniatur. Insgesamt ein trotzdem sehenswertes Kleinod.
"Terror - Ihr Urteil" ist eine grandios dialektische Gerichtsparabel für Liebhaber von Dialogen und Plädoyers. Ferdinand von Schirachs verfilmtes Theaterstück greift ein noch immer brandaktuelles Rechtsdilemma auf und wendet - ebenso provokant wie gewitzt - das basisdemokratische Prinzip auf die Rechtsprechung an. Es hat in diesem speziellen Fall durchaus seinen Reiz, den letztendlichen Souverän einer Demokratie - das Volk - über die Auslegung seiner eigenen Verfassung während eines staatlichen Notstands beraten zu lassen: Liefern doch die höchsten Instanzen der Judikative und Legislative beide konträre Ansichten und schon gar keine befriedigende Auflösung zu diesem Dilemma, das sich zum Einen aus der Widersprüchlichkeit der Interpretation des Menschenwürdebegriffs, zum Anderen aus der Dialektik der Ethiksysteme "Gesinnungsethik vs. Verantwortungsethik" speist und im Effekt die Feinde des Grundgesetzes (und damit auch seines ersten Artikels) indirekt schützt.
Tolle Schauspieler runden Lars Kraumes Verfilmung ab, einzig die karge öffentlich-rechtliche Produktion nagt etwas am Gesamteindruck.
Die Würde des Menschen muss immer dann verhältnismäßig antastbar sein, wenn der liberale Staat in seiner Verfasstheit angegriffen und damit der Garant des Grundgesetzes gefährdet wird (Ein bekannter Aphorismus zur wehrhaften Demokratie fordert resolut keine Freiheit für die Feinde der Freiheit). Man sollte meinen, dies hätte man u.A. aus dem Schicksal der Weimarer Republik lernen können.
Zum Toleranz-Paradoxon (Keine Toleranz den Intoleranten?) schrieb Karl Popper in "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" Folgendes:
„Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz. Denn wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.“
Im Falle des Erfolgs eines Anschlags dieser Größenordnung würde nicht nur der Schaden an Menschenleben, sondern auch der am Fundament unserer Demokratie und freiheitlichen Lebensweise verheerend sein, das lehrt uns die Geschichte: Siehe die Auswirkungen von 9/11 auf die Bürgerrechte in den USA bzw. auf unsere eigenen Grundrechte (Stichwort Massenüberwachung) und die allgemeine weltpolitische Lage. In Zeiten des Terrorismus gedeiht der regressive linke wie rechte Populismus in allen betroffenen Staaten, das Narrativ "Europäische Einigung" wird zurückgedrängt.
Wenn uns unsere freiheitliche Demokratie etwas wert ist, müssen wir sie effektiv vor den Angriffen ihrer Feinde schützen dürfen. In diesem Fall bedeutet das: Ja, um 70.000 Menschen zu retten und darüber hinaus die Errungenschaft unserer westlichen Lebensweise nicht aufs Spiel zu setzen ist hier der Abschuss von 150 unschuldig Todgeweihten geboten, soweit unvermeidbar(!). Kein einzelnes Menschenleben überwiegt in einem solchen speziellen Fall die Freiheit ganzer Nationen und das Recht auf Leben einer überwältigenden Mehrheit. Dem Utilitarismus (allgemein im Rahmen einer Verantwortungsethik) muss in einer solchen Grenzsituation das Wort geredet werden.
Westliche, liberale Demokratien dürfen sich nicht dem Terrorismus derart ausliefern, wie sich das Lamm brav zur Schlachtbank führen lässt. Deutschland scheint dies jedoch zu tun - in Form einer historisch bedingten Gesinnungsethik, genealogisch der "Ethik der Bergpredigt" (Max Weber).
Insoweit würde ich der Argumentation des Verteidigers folgen.
Strafrechtlich gesehen (nach aktueller Rechtslage) ist der Pilot des Kampfjets mindestens wegen Totschlags zu verurteilen.
Auch der deutsche Philosoph und Anthropologe Ludwig Feuerbach ruft zur Besinnung (≠Gesinnung):
"Fiat justitia, pereat mundus":
"`Die Welt mag untergehen, wenn nur das Jus, das Recht gilt`, ist ein Ausspruch der Jurisprudenz, der Gerechtigkeit. Aber in diesem charakteristischen Ausspruch der Justiz liegt gewiß kein Funke von Güte und selbst nicht von Weisheit; denn der Mensch ist nicht der Gerechtigkeit oder Justiz wegen, sondern diese Justiz ist des Menschen wegen."
Das letzte Meisterwerk von Verhoeven... Schade, dass er sein Jesusprojekt aufgegeben hat bzw. nicht verwirklichen konnte (?).
Der mit dem Lämmlein tanzt
Polizeiwolf John Book (der junge Harrison Ford!) konfrontiert einen unschuldigen Amish-Stamm mit der weltlichen Moderne; Witwe Rachel (Kelly McGillis) konfrontiert Harrison Ford mit ihren Brüsten.
Fasziniert von der ford'schen hemdsärmeligen Ur-Männlichkeit vollzieht die brave puritanische Frau erste Schritte der "Emanzipation", es kommt gar zu einer Art Dirty Dancing in der Scheune.
Doch allzu schnell tauchen korrupte Christen auf dem Dorf auf und stören das romantische Idyll mit halbautomatischen Waffen. Es kommt zum interkulturellen Austausch; Ford ist gefordert.
Peter Weir gewährt Einblicke in die Welt der Amish. In gemächlicher, aber dichter Athmosphäre lässt er der Charakterentfaltung seiner Figuren freien Raum; eine derart klassische und ausführliche Exposition gibt es heute nur noch selten. Ford geht in seiner Rolle sichtlich auf, konnte sich wohl sehr gut mit ihr identifizieren.
Abgerundet wird das solide Romantik-Drama durch ein spannendes Thrillerfinale.
"Katzenmensch" Nastassja Kinski zieht zu einem klassischen 80er-Jahre Synthie-Score blank. Das allein reicht bei weitem nicht aus, um den Status einer Horrorperle zu verdienen, geschweige denn als Klassiker des Genres Geltung zu erlangen. Überschätzt. Für Freunde von (freudianischer) Esoterik und/oder gepflegter Langeweile.
"We Are Your Friends" ist ein netter, kleiner DJ-Musikfilm mit einer optimistischen Coming-of-age story. Emily Ratajkowski als Eye-pleasure gibt dem Ganzen eine sinnliche Würze. Allerdings bleibt die Storyline mit Efron und ihr auf eine oberflächliche Dreiecksproblematik beschränkt und mindestens vorhersehbar. Da wäre mehr drin gewesen.
Mel sollte seine frühere Klasse mal wieder öffentlich nachweisen dürfen. Ich warte (hoffnungsvoll... ;D ) auf "Berserker"...
Eine passable Regie, schöne Bilder und ein stark aufspielender Fiennes, dazu musikalisches "Zeitkolorit" in antikem Ambiente - verschwendet an überkommenen Hokuspokus.
"Risen" ist Esoterik aus dem Produktionshause "Affirmfilms", bemüht und doch für einen modernen Jesusfilm zu uninspiriert und spannungsarm, denn abgesehen von der alternativen Perspektive aus Sicht des römischen Tribuns hat man sich allzu treu an die Bibel gehalten.
Das viele Talent und die Production Values hätte man sicherlich für etwas Sinnvolleres als religiöse Propaganda verwenden können.
"Le Comte de Monte-Cristo" (1998) ist trotz des Besetzungsdesasters namens Depardieu und der ärgerlichen Charakterverfälschung Dantes/des Grafen die klar beste Verfilmung des zeitlosen Weltromans von Dumas, was auch daran liegt, dass alle anderen Fehlversuche entweder unglaublich schlecht (als Buchverfilmung), bieder und/oder vom Zahn der Zeit geradezu zernagt sind.
Für den Miniserienansatz sind die knapp 400 Minuten leider immer noch zu kurz. Einige (immerhin vergleichsweise wenige) Handlungsfäden bzgl. der Nebenfiguren fehlen, eine altbekannte Krankheit bei Romanverfilmungen...
Ein besonderes Manko: Die Kerkerepisode fällt ungeheuer schwach aus (im Grunde existiert sie gar nicht), da hat man 100 der psychologisch stärksten und für die Charakterentwcklung Monte Christos maßgeblichen Buchseiten einfach weggeschmissen: Château d'If und die Zeit mit dem italienischen Gelehrten Abbé Faria sind doch gerade das Stahlbad des Leidens, der Hoffnung, der Verzweiflung und schließlich Transzendierung, in dem der talentierte Naivling Dantes zum überlegen-gebildeten Aristokraten und Racheengel Monte Christo geschmiedet wird.
Den ein oder anderen Handlungsstrang hat man zudem abgeändert, das aber stets mit sicherem Gespür fürs Schlechtere. Ein solch durchkonstruiertes Mammutwerk lässt sich nicht ohne diverse Verluste beliebig zerschnippeln! Unvermeidbare Folge sind diverse Plotholes und fragwürdige Motive.
Allerdings bleibt die Dayan-Interpretation die wirklich einzige (auch technisch) vorzeigbare 'Gesamtverfilmung' des Grafen. Die ebenso relativ handlungstreue Serie mit Jacques Weber aus dem Jahre 1979 ist ungeheuer unspektakulär und billig, ergo langatmig. Alle Kino- und Fernsehspielfilme kann man getrost vergessen, es ist fast unmöglich, diesen Roman in 180 oder gar nur 120 Minuten abzuhandeln.
Mit einem größeren Budget, einem anderen Star als dem moppeligen Depardieu und einem talentierteren Regisseur hätte dies hier der große Wurf werden können.
Zum Abschluss ein kleines Plädoyer:
Wir befinden uns im Zeitalter der hochwertigen Miniserien. Wollen sich nicht einmal HBO / Netflix oder gar Amazon der Sache annehmen? Budgets von 60-100 Millionen $ scheinen für die Amerikaner ja ein Klacks zu sein... Wenn ich da an die qualitativ hochwertigen Umsetzungen zu "Rome", "The Borgias", oder gar "Game of Thrones" denke, läuft mir beim Gedanken an dieses Literatumeisterwerk das Wasser im Mund zusammen...
Man (Produzenten) gedenke also der Worte Abbé Farias:
"...Monte Christo! Vergessen Sie Monte Christo nicht!"
Dieser zeitlos aktuelle Stoff verdient endlich eine ebenbürtige Verfilmung!
Wie schade. Nach einem gelungenen Beginn enpuppt sich Simon Verhoevens Anbiederungswerk doch recht schnell als lauer Aufguss bekannter Horrorklischees. Der Regisseur gießt einen Eimer Potential in die Möchtegern-Hollywood-Recyclingmaschine, hat aber zuvor vergessen, die Restscheiße darin herauszukratzen...
Lahme Jumpscares vergesellschaften sich mit einer seltsamen Para-Story, die letztendlich überhaupt keinen Sinn ergibt, außer dem, ein paar Motive aus "The Ring" und "Nightmare" von der Videokasette ins Internetzeitalter zu Copy-and-pasten.
Scheint so, als müsste ein standesgemäßer deutscher Genrefilm unbedingt eine erzieherische Botschaft in die Welt aussenden. Bitte, wenn`s denn sein muss... Aber doch nicht so esoterisch und flach wie hier.
Der Thematik wäre es eher gerecht geworden, hätte man sich für ein ernsthaftes Drama-Setting mit Horror/Thriller-Anleihen entschieden. Stattdessen bekommt der Zuschauer ein laues Lüftchen mit übelriechenden Komponenten ins Gesicht geblasen.
(Ich hatte zuerst eine zahmere Variante meines Kommentars geschrieben, mich dann aber doch zur Polemik zurückbesinnt... Das macht einfach mehr Spaß!) :D
"Gesetz der Rache" wurde von einigen Moralaposteln in einem verklemmten Reflex falsch abgeurteilt. ;)
Zumindest is es möglich, ihn folgendermaßen zu verstehen: Der Zuschauer ertappt sich dabei, wie er dem maßlosen Rächer instinktiv applaudiert: Ein uralter, blinder Vendetta-Instinkt und ein dem Menschen innewohnender, evolutionärer Gerechtigkeitstrieb fühlen sich zumindest geschmeichelt von so viel Genugtuung.
Auch mit der Kritik an diversen Auswüchsen des Rechtssystems inklusive korrupter Repräsentanten rennen Drehbuchautor Wimmer und Regisseur Ayer gerade in Amerka offene Türen ein.
Doch Obacht: Da regt sich was... Nein, nicht das verkümmerte Etwas in der Hose einiger sadistisch veranlagter Republikaner, es ist eine Instanz, die sich aus höher gelegenen Gefilden zu Wort meldet: Freud taufte sie: Das "Über-Ich". Ein Konglomerat erlernter Ideale und Verhaltensmaßregeln, der Adressat von Erziehung und Staatsbürgerbildung. Mitunter auch der Verantwortliche für voreilig gefasste Moralurteile oder die Unfähigkeit, gesellschaftliche Konventionen "jenseits von Gut und Böse" zu hinterfragen. Es nörgelt herum und versucht uns den Spaß zu verderben, es argumentiert dabei aus einem wohl bestückten Arsenal subjektiv logisch erscheinender Argumente und gemahnt die hemmungslose Spaßgesellschaft, bestehend aus "Ich" und "Es", sich zusammenzureißen und doch bitte mal philosophisch und ethisch zu hinterfragen. Natürlich hat es "recht", denn im besten Fall ist es, genau wie der Staat, die einzig unabhängig-gerechte Instanz, um einen Sachverhalt als "Außenstehender" jenseits von Gefühlsduselei und Instinkt beurteilen zu können.
Das staatliche Gewaltmonopol bleibt also unberührt, die grundsätzliche Fehlbarkeit staatlicher Institutionen ist kein suffizientes Argument gegen die Institution an sich, genau wie die Fehlbarkeit des Menschen kein Argument für seine Ausrottung darstellt. Die Würde des Menschen bleibt in dieser Sphäre unantastbar, die Todesstrafe inhuman und die puritanisch-libertäre Ideologie (so in den USA) dahinter abzulehnen. Die Alternative heißt: Sicherheitsverwahrung. Denn der Grad der Humanität einer Gesellschaft bemisst sich vor allem daran, wie sie mit ihren Angeklagten und Strafgefangenen, insbesondere den schlimmsten Verbrechern umgeht. Die Tötung durch den Staat stellt die Gerechtigkeit nicht wieder her, Tote bleiben tot und Angehörige der Opfer traumatisiert. Von der prinzipiellen Möglichkeit eines Justizirrtums ganz zu schweigen. Eine inhumane Gesellschaft poduziert Verbrechen, eine humane minimiert es auf ein genetisch deviantes Minimum.
Der Zuschauer merkt mit zunehmender Lauflänge, dass Butlers bis ins Detail geplanter Rachefeldzug, so scharf dessen Verstand auch arbeiten mag, blind und unverhältnismäßig ist. Das ist ja der Punkt, an dem man gemeinhin einwirft: "Was für ein Pro-Selbstjustiz-Oberschmarrn", "Was für ein dummer Trash"... oder so ähnlich. Feuern die Synapsen an dieser Stelle noch ein wenig, anstatt voreilig den Dienst zu quittieren, dann kann man an diesem Beispiel im Gegenteil die Notwendigkeit eines Regulativums, einer unabhängigen, rationalen Instanz namens Iustitia festmachen. Es wird, anders ausgedrückt, die moralische Fehlbarkeit des Individuums, das sich auf einen selbstherrlichen Vendetta-Kreuzzug begiebt hiermit kritisiert.
Dem Zuschauer wird dabei der Spiegel vorgehalten: Sind noch zu Beginn die Sympathien auf Seiten des verzweifelten Familienvaters, dem man seine Rache zumindest gönnt (mag sie auch unethisch sein), wandern sie im Laufe der Zeit zu dem anfangs ob seiner moralisch korrumpierten Deal-Einstellung zu recht verschmähten Jamie Foxx. Sollten sie wider besseres Wissen (oder auch ohne es) trotzdem bei Butlers Figur verharren, beweist das nur erneut die gefühlsmäßige Manipulierbarkeit des Individuums und seiner Moral, die spätestens bei der Lektüre dieses Textes bitte hinterfragt werden sollte... ;)
Am Ende bleibt also der Staatsvertrag gegen den Naturzustand des Menschen, der sich andernfalls selbst "ein Wolf" ist und im "bellum omnium contra omnes" (Hobbes) in einer Abfolge ewiger Blut- und Stammesfehden um "Gerechtigkeit" kämpft.
Wenn man bei der Sichtung eines Films an Thomas Hobbes oder Immanuel Kant (Lex talionis usw.) denken kann, was mag dann falsch an ihm sein? Dazu macht er noch Spaß, weil er gängige Konventionen durchbricht und zu einer dialektischen Auseinandersetzung provoziert. Im schlimmsten Fall also ein "guilty pleasure", je nachdem wie "schuldig" man selbst ist...
Und ja, man kann sowohl Butlers Einstellung als auch die von Jamie Foxx menschlich nachvollziehen, das macht den Film ja gerade so interessant und das Ganze zu einem dialektischen Drahtseilakt (leicht ironisch formuliert), in dem letztendlich die Vernunft über den "gerechten" Instinkt siegt. Dabei darf Jamie Foxx auch eine wichtige Lektion für den Rechtsstaat lernen: Man macht keine Deals mit Mördern, schon gar nicht, um sich eine 96%ige Erfolgsrate zu erschwindeln.
Am Beispiel des ersten Films aus der "Dollar"-Trilogie kann man den Unterschied zwischen heutigen (und späteren) Genre-Produktionen und filmhistorischem "Altertum" schon deutlich erkennen:
Abgesehen von den stilistisch coolen Kamerazooms präsentert uns der gemeinhin vergötterte Sergio Leone ein mit Platzpatronen um sich schießendes, technisch schwächliches Frühwerk, wobei er eine nicht nennenswerte Story mit overactenden Schauspielern würzt und das alles mit der zeitlosen Morricone-Musik in den Durchschnitt emporhebt.
Ein deutlicher Abfall zu neueren Genrewerken wie z.B. "Todeszug nach Yuma" (Um etwaigen Empörungswellen zuvorzukommen - natürlich gibt es auch gute alte Western - das ist hier nicht die These).
Kann man sich eigentlich einen Leone-Western ohne Morricone vorstellen? Das wäre wohl wie eine Messe ohne Musik. Bei "Spiel mir das Lied vom Tod" hat man zuweilen schon das Gefühl, der Film sei als Beiwerk zum Score komponiert worden und nicht umgekehrt: Ala Wagneroper (was nicht abwertend gemeint sei, allerdings die Abhängkeit Leones von Morricone unterstreicht)...
Trotz allem vergöttern viele noch heute dieses an sich mittelmäßige Werk dafür, ein Genre begründet zu haben. Dass es auch zeitnah ein gutes Stück besser geht, sieht man an Leones folgenden Werken "Für ein paar Dollar mehr", dem tollen "Zwei glorreiche Halunken" und dem leicht überschätzten "Spiel mir das Lied vom Tod".
Schön geschriebener Artikel mit wahrem Inhalt.
Eines der Zukunftsprojekte, die mich im Miniserienformat derzeit am meisten interessieren würden. Es bleibt nur zu hoffen, dass man an Kubricks Drehbuch nicht allzuviel verschlimmbessert... Daneben wäre es mal Zeit für eine hochkarätige und authentische Miniserie "Der Graf von Monte Christo". Bisher ist dieser tolle Stoff noch nie adäquat verfilmt worden. Auch die Version von 1998 hat zu viele Schwächen.
Leider vernachlässigt "Triple 9" trotz löblichem Realismus und authentischem Feeling Basics in puncto Storrytelling und Kohärenz. Da kann auch ein erlesenes Schauspielensemble, ein guter Score und eine passable Regie den Karren nicht mehr vollends aus dem Dreck ziehen. Ist der Zuschauer (und damit die Suspense) einmal verloren, plätschert der "Thriller" nur noch vor sich hin.
Ist wohl nichts draus geworden? Eines meiner Lieblingsbücher...
*Edit: Es ist nichts Gutes draus geworden...
Viele affirmative Interpretationen von "Ex Machina" gehen von 2 unbewiesenen Prämissen aus:
1. Der Mensch habe einen freien Willen.
2. Ein Roboter (eine KI) könne einen freien Willen entwickeln.
Angenommen Prämisse 1 würde abgelehnt (aus naturwissenschaftlich und philosophisch guten Gründen), dann wäre Prämisse 2 konsequenterweise ebenso unzulässig bzw. geradezu absurd: Die Software eines Computers und die Halbleiter-Rechenstruktur eines Prozessors ist absolut determiniert.
Im Unterschied zur KI gibt es beim Menschen wenigstens noch das "autonome Bewusstsein", welches von Willensfreiheit-Verfechtern herbeizitiert werden kann: Entweder im Sinne eines biologisch indeterminierten Dualismus von Geist und Materie (das ist metaphysischer Humbug bzw. Pseudophilosophie) oder, als letzte naturwissenschaftlich begründbare (aber unbewiesene) Bastion, in Form eines Indeterminismus in der Quantenmechanik: Das Bewusstsein quasi als quantenmechanischer Superpositions-Zustand... Es bleibt die Frage offen, inwiefern eine KI ein solches Bewusstsein entwickeln könnte, sie besteht ja nur aus Codes und Prozessoren.
Zum Thema Determinismus in der Quantentheorie ist Folgendes interessant: Zitat Wikipedia:
"Viele Interpretationen der Quantenmechanik, darunter insbesondere die Kopenhagener Interpretation, gehen hingegen davon aus, dass die Annahme einer deterministischen Dynamik physikalischer Systeme nicht aufrechterhalten werden kann: Die Tatsache, dass es nicht möglich ist, beispielsweise den Zeitpunkt des Zerfalls eines radioaktiven Atoms vorherzusagen, ist demnach nicht darin begründet, dass ein Beobachter nicht genügend Informationen über etwaige innere verborgene Eigenschaften dieses Atoms besitzt. Vielmehr gibt es keinen Grund für den konkreten Zeitpunkt des Zerfalls; der Zeitpunkt ist „objektiv zufällig“.
Eine entgegengesetzte Ansicht vertreten Befürworter von Verborgene-Variablen-Interpretationen, wie der bohmschen Mechanik. Die Quantenmechanik biete demnach keine vollständige Beschreibung der Natur, sie lasse bestimmte Einflussfaktoren außer Betracht. Wüssten wir um diese, ließe sich auch ein einzelnes künftiges Messergebnis exakt und deterministisch berechnen."
Was kann man nun gesichert annehmen? ----> Nichts, es sind Theorien, die sich diametral widersprechen. Solange die Existenz eines "objektiven Zufalls" nicht bewiesen wurde, gehe ich als homo rationale mit gutem Grund von einer klassisch-logischen Determiniertheit physikalischer Erscheinungen aus. Also verborgene-Variablen-Interpretation.
"Ex Machina" weist zudem weitere Ungereimtheiten bzw. Schwächen auf:
1. Warum sollte ein Roboter autonom einen Überlebens- oder Freiheitstrieb entwickeln? Dafür bedarf es eines phylogenetisch-evolutionären Prozesses, bzw. einer Etablierung der Verhaltensstruktur "um jeden Zweck das Überleben garantieren" in Form eines konsekutiven Fortpflanzungserfolgs über Generationen hinweg. Roboter pflanzen sich nicht fort. Ihre Software wird nicht von der Natur direkt programmiert. Hier hat jemand nicht verstanden, dass auch das Bewusstsein (als Instanz eines fraglichen "freien Willens") ein evolutionäres Produkt und damit deren Regeln unterworfen ist.
2. Mit dem Thema Bewusstsein und Möglichkeit bzw. Voraussetzungen eines freien Willens beschäftigt sich der Film erst gar nicht. (Das Libet-Experiment und seine Epigonen)
Alles in allem bleibt ein ganz gut gemachter Indie-Film mit starken Schauspielern und einer frischen Thematik, der zumindest konzeptionell intelligent wirkt. Leider wurde hier Vieles nicht zuende gedacht oder nur angerissen, was Alex Garlands Werk zumindest in meinen Augen wieder in mittlere Wertungssphären herunter zieht.
Eine naturwissenschaftlich unfundierte Geistes-Philosophie schwebt im luftleeren Raum wie Seifenblasen: Entweder zerplatzen sie nach einiger Zeit von selbst, oder es kommt jemand und sticht hinein.
"Das siebente Siegel" besticht durch seine positiv-anachronistische Inszenierung. Zielgruppe von Bergman war seiner Zeit wohl eine Art Feuilleton-semiintellektuelles Publikum, was heutzutage natürlich erst recht gilt. Im Fokus stehen weniger, wie im modernen Film, die "Handlung", oder schlechterdings computergenerierte Effekte, sondern das gesprochene Wort: der geschliffene Dialog und insbesondere der Monolog. Dem haftet - für die Verhältnisse des heutigen Kinos - fast schon etwas Subversives an. Gut so!
Gläubige mögen nun aufhören zu lesen, für alle anderen geht es weiter:
Weniger revolutionär ist jedoch, wie Bergman mit der Thematik, der "ewigen" (?) Frage nach dem Sinn des menschlichen Daseins umgeht: Er liefert, gänzlich pseudophilosophisch, nur Fragen und keine Antworten. Bergman geht es um den "Menschen, seine ewige Suche nach Gott und dem Tod als einziger Sicherheit". Ausgehend von dieser Prämisse verhält sich das Narrativ des Films in ungefähr folgendermaßen: Ich werde sterben, also suche ich Gott. (...) Der zeigt sich nicht, also frage ich den Tod, doch der hat auch keine Ahnung: "Ich bin unwissend", sagt er. "Philosophischer" Nihilismus, gepaart mit tiefsitzendem Glauben. Manch einer mag die Anspielung bereits bemerkt haben: Descartes schloss bekanntlich erkenntnistheoretisch: "Ich denke, also bin ich." Der mittelalterliche, vom Leben (und der Kirche) geplagte homo ideologicus verfehlt das Thema und macht daraus ein "ich kann nicht rational-naturwissenschaftlich denken, also stelle ich sinnlose Sinnfragen, bis ich nicht mehr bin."
Die törichte, zum Scheitern verurteilte Sehnsucht nach metaphysischen Antworten lässt den Kulturpsychologen eine seelisch-geplagte urchristliche Todessehnsucht diagnostizieren, eine Verachtung des Leibes und des Diesseitigen. Nietzsche lässt grüßen. "Ich bin bereit. (...) Ich bereue nichts", lässt Bergman den Todgeweihten sagen. Da macht sich eine morbide Vorfreude auf eine "faustische" Erkenntnis breit, welche im Jenseits verlockend wartet... Also gänzlich gegenteilig zu Goethes irdischem, lebensbejahenden Forscherdrang:
"Dass ich erkenne, was die Welt / Im Innersten zusammenhält".
Nein, die faustische Erkenntnis liegt nicht bei Gott. Gemeint sind die Naturwissenschaften, von deren heutiger Tiefe der universalgelehrte Dichterfürst seinerzeit nur träumen durfte.
Bergman kritisiert bzw. zeigt den irrlichternden Glaubensfanatismus, konstatiert jedoch, ein Leben ohne Glauben wäre schlicht sinnlos.
Zitat: "Das Problem des Ritters ist nicht, dass Gott sich nicht zeigt, sondern dass Antonius so sehr durch seinen Intellekt gefangen ist." Ihm gegenüber positioniert sei der Knappe Jöns, für den kein Gott existiert und das Universum absurd ist. Jöns "fragt und zweifelt nicht, er ist ein Mann der Tat." Doch wie der Ritter habe auch dieser seine Beschränkungen: Sein Zynismus hindere ihn, die Existenz von Dingen außerhalb der sichtbaren Welt wahrzunehmen (Quelle: Wiki).
Aus Bergman spricht hier zweifelsfrei die innere Zerrissenheit seines eigenen, ihm oktroyierten tiefenpsychologischen Glaubens und einer - mehr oder weniger - kritischen Vernunft (auch wenn er sich zu dieser Zeit selbst als non-theistisch wahrgenommen hat - die streng religiöse Erziehung als Sohn eines Faschisten-Pfarrers hat ihre Spuren hinterlassen. Botho Strauß über Bergman: "Ein Atheist, der vom Glauben wie von Dämonen heimgesucht wurde"). Insofern ist vielmehr er der Gefangene: Im "postideologischen Zeitalter" war er, zumal als Prä-68er, noch nicht angekommen. Ein Schicksal, das er mit den Protagonisten seines Films teilt. Irgendwann wurde der Regisseur auch vom Zeitgeist überholt, als, post-68, neue Fakten geschaffen wurden, wo Bergman übers Fragenstellen nicht hinaus gekommen war. Wirklich tiefgründig ist also "Das siebente Siegel" nur bedingt: Es taugt vorzüglich als Psychoanalyse der Generationen um und vor Bergman bzw. seiner selbst, philosophisch aber ist es keinesfalls, dazu eignen sich schon die theologischen Prämissen nicht:
"Leben nach dem Tod"; "Sinn des Lebens": Wie immer viel Lärm um - Antwort: Nicht(s).
„The Conjuring“ is 'a true story' und nebenbei ein handwerklich klassischer Katholiken-Grusler, der auf Atheisten in seiner psychologisch wie ideologisch durchkalkulierten Struktur fast wie ein geistlicher Exploitationer wirkt.
Regisseur James Wan (bzw. das Drehbuch) vermittelt den Eindruck, als habe sich ein Agnostiker mit einem Faible für haunted houses mit katholischer Psychologie, Psychose und Exorzismus durchaus passioniert auseinandergesetzt und dabei alle christlichen wie paranormalen Motive, die bekanntlich ängstlichen Kinderseelen zusetzen, auf erwachsene „Gott-hat-uns-hierher-geführt“-Menschen transzendiert. Das hat zweifelsfrei seinen Charme und jagt nicht nur Ministranden ab und an einen wohligen Schauer über den Rücken.
Wem der „Tanz der Teufel“ zu heidnisch und explizit ist, wird hier bei griffiger Theologie und vergleichsweise subtiler Herangehensweise auf seinen Obolus für den Klingelbeutel kommen.
Allen heimgesuchten Seelen und / oder Schizophrenikern sei zudem Trost gespendet, denn es steht ja geschrieben: „...Je größer der Dachschaden, desto schöner der Aufblick zum Himmel!“ (Zitat Karl-Heinz Deschner)
– Einer der besseren Horrorfilme der letzten Jahre.