OUROBOROS - Kommentare

Alle Kommentare von OUROBOROS

  • 7 .5

    Diese kuriose Vergnügen ist Christoph Waltz auf den Leib geschneidert worden. Sein aberwitziger Humor ist wirklich bitter böse und macht keine Gefangenen. Die Mischung zu einer Psycho-Thriller-Komödie ist oft makaber und mysteriös, hat ein paar wenige Actionszenen, die Bildgestaltung ist edel, Kamera und Schnitt sind fresh. Am Ende wird viel aufgelöst, aber das Mysterium darf weiterleben.

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    • über Echoes

      20 Minuten habe ich durchgehalten. Aber die Charaktere waren mir zu exaltiert im Schauspiel, dass ich das Grauen frühzeitig beenden musste.

      7
      • 6 .5

        Der Anfang war für mich so interessant, da kam echt politische Tiefe mit rein. Am Ende bemerkt man aber, dass das Meiste nur Fassade war. Da hätte man mehr daraus machen können.

        9
        • 9
          über Maid

          "Die meisten kapieren es erst beim sechsten oder siebten Mal"

          Die junge Mama Alex entschließt sich mitten in der Nacht mit ihrer 3-jährigen Tochter Maddy aus der gemeinsamen Wohnung ihres Freundes Sean zu flüchten. Sean ist Alkoholiker. Bisher ist er gegenüber Alex und Maddy nicht gewalttätig geworden, jedoch gegen Inventar und Mobiliar. Die Lage ist also brenzlig und wer weiß wann die nächsten Grenze überschritten wird.

          Alex wird im Frauenhaus aufgenommen und dort erhält sie nicht nur Obdach und Schutz, sondern auch Hilfe bei staatlichen Hilfeanträgen und Psychoedukation, was ihr helfen soll aus ihrer Mühle herauszukommen. Gleichzeitig beobachtet sie auch andere Frauen, wie diese mit ihrem Schicksal hadern.

          In der Serie wird auch herausgestellt, dass eine Frau nicht erst bei häuslicher Gewalt mit Körperverletzung das Anrecht hat in ein Frauenhaus zu geben, um sich zu schützen, sondern dass schon psychische Gewalt eine Grenzüberschreitung ist, die eine ernstzunehmende Verletzung der Person und ihrer Psyche verursacht. Die Angst davor geschlagen zu werden, ist so schlimm wie geschlagen zu werden. Die Wunden von Schlägen heilen leichter, als die Wunden der Seele. Noch immer werden in der Gesellschaft seelische Krankheiten als Schwäche eines Menschen ausgelegt, der nicht genug Lebenswille aufbringe. Dabei haben psychische Probleme nicht generell eine Ursache in falschen Lebensstrategien, sondern sie können auch rein körperliche Ursachen haben, wie genetische bzw. induzierte Stoffwechselprobleme.

          Die Serie vereint das praktische Leben mit Pädagogik und Psychologie, mit einer großen Portion Beobachtung und Selbstreflexion, wobei die Erkenntnisse der Protagonisten in Worte gefasst werden, die Umgangssprache mit psychologischer Terminologie vermischen. Explizit psychologische Terminologie gibt es auch noch in den Psychoedukationen des Frauenhauses und in der Psychiatrie. Der Film ist Imstand reale Betroffene aufzuklären.

          Alex ist intelligent und hat eine blühende Fantasie, deshalb fragt man sich, wie sie so dumm sein kann. Doch mit 25 Jahren ist sie noch sehr gutgläubig und idealistisch. Sie glaubt daran, dass das was dem erfahrenen Zuschauer als unmöglich vorkommt doch noch möglich zu machen ist. Der jugendliche Idealismus schafft auch einiges möglich zu machen, was Pessimisten strikt ablehnen. Aber Alex erlebt Höhen und Tiefen, ihr Idealismus gibt ihr Kraft und sie hat auch Glück. Die Frage, die sich aber in diesem Drama stellt, ist ob sie an den Tiefen zugrunde geht.

          Auf der Suche nach einer Wohnung, nach Arbeit und eventuell einem Studium, unter Vermeidung von Drogen, einem einengenden, unzuverlässigem und unberechenbaren Ex-Freund, inklusive Sorgerechtsstreit und dem Versuch Hilfeangebote abzuschlagen, um es selbst zu schaffen, erlebt sie glückliche aber auch niederschmetternde Momente. Obwohl ich manchmal denke "Oh nein, warum tust du das" und ich genau weiß wie manches Verhalten enden kann, schaue ich weiter und manchmal passiert neben dem erahnten Negativen doch etwas Positives.

          Dann ist da noch ihre spezielle Mutter. Ich habe mich nicht vertan dabei, dass Andie MacDowell und Margaret Qualley irgendwie verbunden sind. Sie sind nämlich im realen Leben Mutter und Tochter. Andie MacDowell spielt die manisch-depressive aber künstlerisch verrückte Mutter von Alex. Unerfahrene Beobachter könnten anfangs meinen, dass sie Frau halt einfach ein bisschen drüber ist, aber dahinter steckt eine Bipolarität. Sie fällt von Beginn an als manisch auf. Die Biografie der Mutter hat natürlich Potenzial auf die Tochter induziert zu werden. Das wäre dann Prägung und nicht genetische Vererbung.

          Auf die manischen Hochphasen - in diesem Falle des kreativen Schaffens und der euphorischen Gedankenstürme - folgt immer der Absturz. Das liegt daran, dass das menschliche Gehirn nicht nur ständige Trauer nicht aushält, sondern auch anhaltende Freude kann die Synapsen zerstören und das elektro-chemische Gleichgewicht im Gehirn wie eine Sicherung im Stromkasten durchbrennen. Die Folge ist, dass das Gehirn keine Freude mehr erzeugen kann, eine Depression und oft auch psychotische bzw. schizophrene Episoden sind die Folge.

          Alex' Mutter geht keinem geregeltem Leben nach, lebt wie ein Hippie, ist aber ebenso gutgläubig wie ihre Tochter. Die Hintergrunderzählung offenbart, die biografischen Parallelen zwischen Mutter und Tochter, denn ihre Mutter hatte schon einen Alkoholiker als Mann, Alex' Vater. Alex hat aus ihrer Kindheit ein Trauma davongetragen, das immer wieder hochkommt.Es gibt also außer ihrem Ex-Freund und dessen prekär lebender Peergroup auch noch Vater und Mutter, die Alex das Leben schwer machen.

          Auf der anderen Seite, gibt es Menschen die Alex helfen, teilweise nicht uneigennützig. Alex nimmt nicht gerne Hilfe an, weil sie instinktiv Angst hat Verbindlichkeiten einzugehen oder irgendwann dafür bezahlen zu müssen, eventuell auch mit Zuneigung. So hilft ihr Nate indem er ihr sein Auto leiht, sie übergangsweise in seiner Wohnung wohnen lässt und sie in Notsituationen abholt. Er tut das aus Liebe, aber Alex teilt die Liebe nicht, sie versucht sich gerade zu trennen und eigentlich will sie sich nicht binden, denn sie sucht nach Selbstverwirklichung. Darin ist sie aber noch nie reflektiert genug, weshalb sie nicht bemerkt, dass sie Nate damit an der Nase herumführt. Aber auch ihr Ex-Freund macht sich Hoffnungen, außerdem gibt es Streits um das Sorgerecht.

          Für ihre Träume hat ihr familiäres Umfeld kein Verständnis. Deren Hilfe anzunehmen bedeutete sich dem zu fügen, was diese glauben, was für Alex gut wäre. Um dem zu entfliehen nimmt sie einen Job bei einer Putzfirma um eigenes Geld zu verdienen, wobei sie oft die Häuser wohlhabender auf Fishers Island putzt - was im krassen Gegensatz zu ihren prekären Ausbeuterjob steht - u. a. das Haus der Anwältin Regina.

          Ein unerfüllter Kinderwunsch und ein kriselnde Beziehung belasten Regina. Das ist auch eine wichtige Erfahrung für Alex, die geglaubt hat, dass mit Geld alles soviel besser ist. Durch ihre Bekanntschaft mit Regina lernt sie die Schwächen von wohlhabenden Menschen kennen, aber auch ihre eigenen Stärken kennen.

          Es unglaublich was in den USA, trotz des kaum vorhandenen Sozialsystems, für Mütter möglich ist. Wahrscheinlich hat man auch dort kapiert, dass Kinder unter allen Umständen ein geborgenes Leben haben, damit sie nicht später dysfunktional und delinquent werden. Hier lohnt sich die Investition jedes Cents, es ist eine Prävention für die Zukunft. Die Frauenhäuser haben staatliche Unterstützung, aber ohne private Spenden könnten sie die notwendige Hilfe nicht leisten. Das ist alles noch nicht genug, wenn man die individuellen Probleme von Alex sieht. Ihr Kontostand und das was sie kauft wird regelmäßig eingeblendet. Es gibt in den USA, in Ermangelung eines effizienten Sozialsystems eben auch private Organisationen oder Förderer. Letztere können Menschen in Not zwar effektiver helfen, aber eben nur einer kleinen Anzahl von Menschen.

          Am Ende ist es wie eine Lotterie, aber das Glück trifft dann doch eher den Tüchtigen. Wie es für Alex in der Serie ausgeht kann man nicht sagen, weil das nicht alleine in ihren Händen liegt.

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          • 7 .5
            OUROBOROS 02.03.2023, 21:05 Geändert 02.03.2023, 21:19

            Runa - Die Insel der verlorenen Seelen

            Dr. David Hunter ist eine verlorene Seele. Davongelaufen aus einem Leben der Trauer um Frau und Tochter beginnt der forensische Anthropologe in Manham, Norfolk UK, ein neues Leben. Doch in dem idyllischen Kaff häufen sich Ritualmorde. Der in dem Fall ermittelnde Detective trifft durch zu Fall auf Hunter, erkennt ihn als weltweit bekannten Spezialisten und bindet ihn in den Fall ein. Hunter arbeitet widerwillig mit.

            Hat mich der Fall irgendwie nicht so ganz mitgenommen, endet er plötzlich schon nach 3 Episoden ganz plötzlich mit einem Schlusszeitraffer. Das hat mich schon ziemlich genervt, weil ich fand, dass es ein origineller Fall war und es war audiovisuell gut inszeniert. Dann plötzlich passieren allerhand Dinge und alles löst sich von selbst. Der dünne viel zu schnell gelöste Fall, der sich durch mehr Glück als Verstand löst, hat mich nicht angesprochen. Auch musste ich mich damit abfinden, dass eben nicht ein Fall pro Staffel behandelt wird. Da hat mich DER PASS aber mehr überzeugt oder gar TRUE DETECTIVE Staffel 1.

            Wäre da nicht noch der zweite Fall und die biografische Entwicklung Dr. Hunters, hätte ich jetzt mit 6 Punkten gewertet.

            Den zweiten Fall finde ich deutlich besser ausgearbeitet. Da lässt man sich mehr Zeit, es gibt tatsächliche Spuren und die Auflösung hält ein Paar interessante Wendungen parat. Ein Leckerbissen sind die restlichen 3,5 Episoden alleine schon wegen der Kulissen auf den äußeren Hebriden.

            Hunter läuft nämlich wieder davon und quartiert sich auf der Insel Runa auf den äußeren Hebriden ein. Die Landschaft haben sie satt gefilmt. Man kann da beim Filmen und Fotografieren auch keinen Fehler machen. Selbst wenn man dort die Kamera auf Selbstauslöser stellt und in die Luft wirft, wird der Schnappschuss ein Kunstwerk. Aber man hat hier auch tolle Panoramen mit rauem Wetter, sattem Grün, tosendem Meer und wechselhaften Himmeln geboten.

            Die Atmosphäre ist recht düster und die Leute auf dem kleinen Island sind schräg drauf. Das milde Tempo trägt zur Stimmung bei. Aber ein zwei Figuren gibt es, die sympathisch sind, später auch mehr, so dass Hunter Anschluss findet. Aber er ist eigentlich dort, weil er einen Unfall zur Begutachtung wollte. An der Version des Unfalls kommen mehr und mehr Zweifel auf. Interessant fand ich hier die Analysen über den Tod des Opfers durch Verbrennen. Das ist schon ziemlich eklig, aber auch interessant. Ich kann dafür 8 Punkte geben, machen gemittelt 7 Punkte. Ich gebe 0,5 drauf, damit ein Anreiz besteht den zweiten Fall zu sehen, der doch sehr beschaulich ist.

            Das Ende will ich nicht spoilern, nicht mal die kleinsten Andeutungen geben. Man sollte jedoch beim Abspann nicht abschalten.

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            • 6
              OUROBOROS 01.03.2023, 19:57 Geändert 02.03.2023, 21:21

              Folge 4, 5 und 6.

              Langweiliger als den Roman empfinde ich die Serie kaum, aber es scheint, als hätte man den Roman geviertelt, statt halbiert, wie ich befürwortet hätte. Das größte Problem habe ich deshalb mit dem Tempo. Durch die Kürzung passieren die Dinge alle ziemlich aus dem nichts, die Erzählung ist inkohärent als würde man drei Teile von DER HERR DER RINGE in 45 Minuten erzählen.

              Waren Walangriff und Hummergift-Angriff noch ganz nett inszeniert, wirkt der Angriff der Krebse schon sehr gekürzt. Da ich gerade frisch noch mal die Stelle mit dem Tsunami im Roman wiederholt habe, war ich nun absolut enttäuscht, nicht nur von den wenigen und schlechten CGI-Effekten, sondern auch vom Spannungsbogen, welcher mir hier zu flach war. War das spannend im Roman, als der Hubschrauber sich der Wasserfront entgegensieht. Danach verstand ich Schätzings Kommentar mit dem dass es "mehr pilchert". Nein Sigurd, ich kann mir ein Leben ohne dich und die Schwarm-Serie sehr gut vorstellen.

              Was mir jetzt noch gefällt ist, dass die 8 Wissenschaftler, die niemand so richtig ernst nimmt, auf die Suche nach den YRRs geht. Das Feeling, als die Outsider sich verbünden, war schon stark. Ist dann so ein bisschen wie in ES von Stephen King. Aber im Roman ist die Pressekonferenz bedeutend interessanter, wird da mehr auf eine feindliche menschliche Macht eingegangen. Mir war das auch alles zu kurz gefasst.

              Von den letzten beiden Folgen erhoffe ich mir jetzt nicht mehr so viel. Gut gemacht, aber weit weg von "sehenswert", obwohl man DER SCHWARM als Kombination aus Versatzstücken von THE DAY AFTER TOMORROW, DON'T LOOK UP und ABYSS sehen kann. Was wäre da möglich gewesen, es besser zu machen als Frank Schätzing.

              Ich empfehle trotzdem meinen Blogartikel über das Genre Öko-Horror - keine Angst DER SCHWARM spielt eine Mini-Rolle - mit vielen Beispielen für Bedrohungen für die Menschheit und wissenschaftliche Fälle und mythologische Beispiele.

              https://www.moviepilot.de/news/der-schwarm-und-andere-werke-aus-dem-genre-oeko-horror-1140176

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              • 7
                OUROBOROS 26.02.2023, 13:09 Geändert 26.02.2023, 15:00
                über Freibad

                FREIBAD ist so richtig schön doof und schräg, vom Stil keine Satire, sondern eine provinzielle Posse.

                Man mische Dutzende Klischees mit völlig unwahrscheinlichen Begebenheiten in einen Cocktail und garantiert wird er beschissen schmecken. Deshalb ist diese Mixtur von stereotypischen Verhaltensweisen der individuellen kulturellen Emanzipation auf der einen Seite und Culture-Clash auf der anderen Seite eine drastisch chaotische Veranstaltung mit entsetzlichen Szenen des Fremdschams.

                Der unfassbaren Klischees bedarf es aber, denn wenn man Vorurteile bzw. Menschen die sie hegen zur Schau stellen will, dürfen Klischees nicht fehlen. Jedes Vorurteil gründet auf Klischees, deshalb wimmelt es hier nur so von Idiotie. Wer das für ein normalen Verhalten hält, der hat den Schuss nicht gehört. Hier wird der Kleinbürger porträtiert, der im ländlichen Freibad die Begegnung der Dritten Art hat.

                Der Kabarettist Heinz Becker schimpft auch gerne gegen Migranten, Frauen und Diversität und das rechtsextremistische Publikum bemerkt noch nicht einmal, dass er nur einen kleinbürgerlichen Idioten spielt. Die vielfache Identifikation von Menschen mit dieser Kunstfigur des engstirnigen Kleinbürgers ist immer wieder erschreckend. Eigentlich heißt er im realen Leben Gerd Dudenhöffer und ist ziemlich genau das Gegenteil des fiktiven Alter Egos. In Zeiten, bei der sich die Serie DIE SIMPSONS Vorwürfen der Diskriminierung ausgesetzt sieht, war bei FREIBAD zu erwarten, dass man sich auf hier aufreibt. Den Vorwurf des belehrenden Erziehungsfernsehen sehe ich hier genauso wenig, wie die Verharmlosung der Diskriminierung von Minderheiten.

                Doris Dörrie erschafft in einer Art Kammerspiel im Freien einen knallbunten Mikrokosmos unserer Gesellschaft und wirft mit viel Witz und Scharfsinn die Frage auf, ob wir wirklich so tolerant sind, wie wir immer glauben. Der Humor in Freibad ist zudem ein Musterbeispiel dafür, dass emanzipatorische Inhalte nicht bieder vermittelt werden müssen. Die komödiantische Auseinandersetzung mit heiklen Themen, kommt hier weder pseudorebellisch mit einer vermeintlichen „political correctness"-Daktat daher, noch auf aufgezwungene moralapostelmäßige Weise, denn hier werden schon Tabus unter Fremdscham-Alarm gesprengt.

                Allerdings hätte es gerne noch ein wenig übertriebener sein können. Ich schätze, sowas wie FREIBAD zeigt man trotzdem nicht in der Primetime der ÖRR.

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                • 7 .5
                  OUROBOROS 26.02.2023, 09:34 Geändert 26.02.2023, 09:35

                  Gefallen hat mir das Setting in Irland, aber eher wegen der Landschaften. Den mythologisch-keltischen Hintergrund mag ich normalerweise sehr, finde ich ihn hier zu wenig interessant umgesetzt. Er erfüllt aber seinen Zweck. In ZONE BLANCHE fand ich den mythologisch-keltischen Hintergrund passender eingesetzt.

                  Ansonsten hatte ich an dem Fall sehr zu knabbern, denn ein paar Mal schlief ich ein. Obwohl ich die Stellen alle nachholte, wollten sich die Bruchstücke nicht zusammenfügen. Ich wusste also nicht, ob ich etwas durch mein Einschlafen verpasst habe oder es gewollte im Nebulösen blieb.

                  Am Ende denke ich, dass ich alles verstanden habe, auch dass nicht alles gelöst wurde.

                  Trotz alledem war das schon ein schwerer und deshalb guter Brocken!

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                  • 5
                    OUROBOROS 25.02.2023, 13:52 Geändert 25.02.2023, 17:38

                    Nach Jordan Peeles GET OUT wurde quasi das Genre des Rassismus-Horrors mit weiteren Werken geflutet, darunter ANTEBELLUM, HIS HOUSE, die ich beide sehr gelobt habe sowie MASTER und die Serie THEM.

                    Klar hat THE STRAYS eine andere Geschichte und beginnt recht unterhaltsam, aber das kann aus mehreren Gründen nicht an die Vorgenannten heranreichen. Als sich die Story auf FUNNY GAMES dreht, ist sie plötzlich mit einem Knall bzw. Knattern zu Ende. Der Schluss hat schon eine Message, aber die kommt sehr früh und ungar. Sie ist so lakonisch, dass man wenigstens einen Lacher hat.

                    Lange wartete ich auf die Antwort auf meine Frage, warum die Mutter so schräg drauf ist, und warum sie auf diese Weise gehandelt hat, aber auch das wird unzureichend beantwortet. Es fehlt ihre eigene Kindheits-Biografie, während die der Kinder auch nur angedeutet wird. Ihr Psychogramm bleibt unerklärlich und ich habe auch keine Lust eines herzuleiten. Sie hat tatsächlich einmal Halluzinationen, aber daraus folgt nichts weiteres.

                    Der Film ist technisch gut, aber inhaltlich enttäuschend. Ich kann nur warnen seine Zeit damit zu vertrödeln. Für Freunde des Blutes ist da nix zu sehen und für Freunde des Wahns auch nicht.

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                    • 8 .5
                      OUROBOROS 24.02.2023, 21:11 Geändert 24.02.2023, 21:14

                      Wer das Bedürfnis nach rauem Klima und ewigem Eis hat, der hat jetzt die Möglichkeit, die Atmosphäre, einer Schiffsreise im 19. Jahrhundert in die Arktis, vom Sofa aus zu genießen.

                      Grundlage der Erzählung THE NORT WATER bildet die, u.a. von der New York Times, Chicago Tribune und dem Royal Society of Literature Encore Award hochgelobte, gleichnamige Novelle von Ian McGuire.

                      Oberflächlich betrachtet, hat die Geschichte viel gemeinsam mit der ersten Staffel von THE TERROR, nur dass es sich eben nicht um eine Expedition zur Erkundung der Nordwestpassage handelt. War THE TERROR mit viel Horror und Schauwerten ausgestattet, finden sich bei THE NORTH WATER hingegen zusätzlich verschiedene philosophische Fragestellungen, welche die Tiefe von DER SEEWOLF und MOBY DICK oder HERZ DER FINSTERNIS erreichen, aber eigene Themenschwerpunkte setzen können.

                      In meiner Rezension VON DER UNFÄHIGKEIT DER VERNUNFT GRENZEN INS UNGEWISSE ZU ÜBERSCHREITEN beschreibe ich die Themen von THE NORT WATER und ergänze sie um weitere Erkenntnisse.

                      https://www.moviepilot.de/news/von-der-unfaehigkeit-der-vernunft-grenzen-ins-ungewisse-zu-ueberschreiten-1139585

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                      • 6

                        Endlich ist es soweit. Der Schwarm, ein Roman von Frank Schätzing aus dem Jahr 2004, in welchem die Welt auf ein Massenaussterben zusteuert, feiert fast zwei Jahrzehnte nach Veröffentlichung seine Premiere als Serie und ist ab Morgen dem 22.02.2023 um 10:00 Uhr in der ZDF Mediathek unter folgendem Link zu finden.

                        https://www.zdf.de/serien/der-schwarm

                        Da DER SCHWARM dem Genre Öko-Horror zugerechnet werden kann, war die herannahende Serienpremiere für mich der Anlass das Film- und Serien-Genre Öko-Horror einmal zu rekapitulieren und Filme und Serien aus unterschiedlichen Sub-Genres des Öko-Horrors vorzustellen, die u.a. eine Bedrohung für die Menschheit darstellen können. Dazu gehören zum Beispiel Pilze, Viren, Bakterien, Insekten, Tiere, Pflanzen, das Klima oder menschliche Technologien, wobei mein Fokus darauf lag, dass der Mensch in den meisten Fällen selbst die Verantwortung dafür trägt, dass Mutter Natur ihre Waffen zückt.

                        Eine Meta-Rezension über das Genre des Öko-Horror in meinen Blog:

                        https://www.moviepilot.de/news/der-schwarm-und-andere-werke-des-oeko-horrors-1140176

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                        • 8 .5
                          OUROBOROS 20.02.2023, 20:11 Geändert 20.02.2023, 21:57

                          "Unser Haus ist aus Scherben gebaut,
                          aber es gibt immer einen Hoffnungsschimmer.
                          Jedes Kind hinterlässt seine Spuren an unseren
                          alten Wänden, Spuren bei uns und den Freunden,
                          die sie hier finden."

                          [Region Luhansk, Donbass, Ukraine in den Jahren 2019-2022]

                          Aufgrund der Kämpfe, die seit 2014 im Donbass stattfinden, haben viele Menschen ihre Arbeit verloren, sind obdachlos oder Alkoholiker geworden. Die Schwächsten in der Gesellschaft - Kinder - tragen hier das größte Leid. Unfähig ihren Kinder ein sicheres Heim zu geben oder eine verlässliche sozial-emotionale Bindung nimmt das Jugendamt den Eltern die Kinder ab, während die Behörden über ihr weiteres Schicksal entscheiden.

                          Das Heim ist nur eine Zwischenstation oder wie man in der Fachsprache sagt: eine Auffangstation.

                          Es ist also klar, dass die Kinder hier nicht lange bleiben, denn in den meisten Fällen können sie an Langzeiteinrichtungen und Pflegefamilien übergeben werden, doch in diesen Monaten oder Jahren sind die Kinderseelen rastlos und finden sich langsam mit der Situation ab, dass sie ihre Eltern verloren haben, als wären sie gestorben.

                          Bevor ich mit dem Film angefangen habe, erinnerte ich mich an die Berichte im Jahr 1990, nach dem Ende der Ceaușescu Diktatur, die die erschütternden Zustände im rumänischen Kinderheim Cighid aufdeckten, doch diese ukrainische Einrichtung ist eher eine Hommage an Menschen, die mit dem ganzen Herzen dabei sind Kindern und Jugendlichen zu helfen.

                          Keine Hartherzigkeit, Vernachlässigung oder emotionale Verwahrlosung bestimmen den Alltag, wie man das aus früheren Zeiten in diktatorischen Regimes beobachten konnte, sondern weiche Stimmen, die den Kindern positive Bestätigungen geben oder helfen zu verstehen, welche Konsequenzen unerwünschtes Verhalten haben kann.

                          40 Kinder zwischen 3 und 15 Jahren mit so wenige Personal zu betreuen ist eine Sisyphos-Aufgabe, ganz klar, denn ist die Zeit viel zu kurz, um die Traumata zu heilen. Es ist unglaublich mit welcher Feinfühligkeit und Sensibilität man vorgegangen sein muss, um die Kinder so authentisch zu filmen, dass sie die Kamera ganz vergessen zu haben scheinen. Die echten Emotionen zu ertragen, treibt mir Tränen in die Augen und ich habe ein dumpfes Gefühl in der Magengegend. Andererseits fühle ich mich ertappt, als schaute ich einen Seelenporno, bei dem Kinder sich mit ihrer Lebensgeschichte prostituieren, während ich im warmen Sessel sitze.

                          Mir hilft es, selbst in einem Umfeld der der Kinder- und Jugendhilfe zu arbeiten, als Integrationshelfer. Aber die ganz traurigen Schicksale bleiben mir verborgen. Wir haben an unserer Grundschule mehrere ukrainische Kinder. Man kann deutlich beobachten, wie sie für Momente apathisch sind und traurig in die Luft starren, während die Kinder ohne traumatische Erfahrungen fast ständig gute Laune haben, eben ganz unbeschwert. Die meisten ukrainischen Kinder sind still und zurückhaltend, selbst wenn sie die deutsche Sprache in kurzer Zeit gut erlernt haben, was man bemerkt, wenn sie sich mal zu Wort melden.

                          Ich kenne die Hintergrundgeschichten der geflüchteten Kinder nicht, betreue ich ein geistig behinderten Jungen mit russischen Eltern. Das hat mir anfangs Sorge bereitet, denn der Junge suchte Streit mit dem ukrainischen Jungen in der Klasse. Jetzt hat sich herausgestellt, dass die russischen und ukrainischen Eltern ein friedliches Auskommen haben. Vor allem liegt der Konflikt zwischen den beiden Jungen nicht an der Nationalität. Mindestens einer davon weiß gar nicht, was Nationalität oder Religion bedeutet. Das ist das Schöne an der Grundschule. Da gibt es noch wenig selektive Empathie.

                          Die Dokumentation ist audio-visuell künstlerisch wertvoll gestaltet mit schönen Szenenbildern eines Unwetters, Winterlandschaften, Graslandschaften mit Vögeln und Musik u.a. von Arvo Pärt. Die Beschaulichkeit überträgt sich auf die beobachtende Kamera, die die Kinder nah an den Bildschirm bringt und ihre Gespräche und Mimiken einfängt.

                          Alina und Sascha, die sich als Freundinnen gefunden haben, nach einem ruppigen Auftakt mit Schlägen und intensiven Versprechen, dass sie alles tun werden um beste Freundinnen zu sein, unterhalten sich darüber, dass ihre Eltern Alkoholiker sind. Sascha hat schon einige Male Bier getrunken, dabei war sie nicht mal 10 Jahre alt. Sie wurde oft sich selbst überlassen, weil ihre Mutter tagelang auf Tour war, also musste auch für sich selbst kochen.

                          Als Sascha zu Alina sagt: "Deine Mutter hat dich vergessen", sagt Alina "Nein", doch Sascha setzt nach "Deine Mutter hat sich selbst vergessen". So einige Gespräche, die man eher von Erwachsenen vermutet, kann man hier mithören.

                          Es gibt eine Situation, in der die Kinder ein Wahrsagerinnen-Rollenspiel spielen. Ein älteres Kind spielt die Wahrsagerin unter einer Wolldecke mit einer Kugelleuchte mit vielen Farben und Mustern. Während sie einem Kind eine positive Zukunft voraussagt, erzählt sie Alina: "Du wirst hier weggehen, in eine schlechte Pflegefamilie, die dich behandelt wie wie eine Sklavin. Es wird eine sehr schlimme Zeit für dich. Wenn du erwachsen bist, heiratest du einen Mann der dich schlägt. Dann fängst du an Alkohol zu trinken und man nimmt dir die Kinder weg."

                          Man kann die Tränen in Alinas Augen sehen, den Schock, der ihr ins Gesicht geschrieben steht, als sie das hört. Ich frage mich, welche Folgen diese düstere Prophezeiung eines anderen Kindes für ihr Inneres hat. Führt es dazu, dass sie kapituliert und tatsächlich den Fluch der Erziehungsdefizite der Mutter in die nächste Generation weiterträgt oder schafft sie es den Fluch zu durchbrechen.

                          Alina und ihre Freundin Sascha werden schließlich getrennt, weil Alina von einer Pflegefamilie übernommen wird. Schon bei der Verabschiedungsfeier Alinas, einen Tag zuvor, kann man die Trauer von Sascha sehen. Mit glasigen Augen schaut sie teilnahmslos der Feier zu. Am nächsten Tag sitzt sie im Flur und schaut wie Alina aus der Tür geht. Alina kommt noch mal zurück und umarmt sie lange. Danach ist sie wieder allein.

                          Es werden noch weitere Schicksale beschrieben, was ich jedoch nicht vorweg nehmen will. In dieser tristen Welt gibt spenden Margarita und ihr Sozialarbeiter-Team Lächeln, Umarmungen und Fürsorge. Es ist ihnen gelungen, einen magischen Ort in einer von Kriegen verheerten Region zu schaffen. Der Kommentar - möglicherweise stammt er von Margarita - ist sanft und herzlich, so wie ich die russische Sprache sehr selten gehört haben. Ein Hauch von Poetik ist zu spüren.

                          Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 wurde das Kinderheim evakuiert: Einige der Kinder könnten auch in Deutschland sein, an meiner Grundschule, denn viele Kinder teilen dieses Schicksal.

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                            OUROBOROS 19.02.2023, 09:44 Geändert 19.02.2023, 09:46

                            "Eine Revolution ist nicht ein Dinner, bei dem man die Gäste einlädt, sondern ein Kampf, bei dem man sie besiegt."
                            – Emiliano Zapata

                            Mexiko hat, neben anderen lateinamerikanischen Ländern, eine lange Geschichte struktureller Probleme, wie etwa die Benachteiligung von bestimmten Gruppen aufgrund ihrer Ethnie und Abstammung, Geschlecht oder wegen der Herkunft aus verarmten oder bildungsfernen Gesellschaftsschichten, die eine große soziale Ungerechtigkeit hervorgebracht hat. Das hat immer wieder zu blutigen Aufständen geführt.

                            Um dieses Thema in Form eines Essays genauer zu beleuchten, werde ich drei mexikanische Filme vorstellen, die ich zunächst nicht mit einem bestimmten Ziel ansah. Der Zufall führte mich dahin, zu entdecken, dass diese Filme dieselben Phänomene in unterschiedlichen Epochen der mexikanischen Geschichte abbilden. Dazu gehört ROMA, NUEVO ORDEN und DER WÜRGEENGEL.

                            https://www.moviepilot.de/news/essay-das-trauma-der-ewigen-revolution-im-mexikanischen-film-1140147

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                              OUROBOROS 19.02.2023, 09:43 Geändert 19.02.2023, 09:46

                              "Eine Revolution ist nicht ein Dinner, bei dem man die Gäste einlädt, sondern ein Kampf, bei dem man sie besiegt."
                              – Emiliano Zapata

                              Mexiko hat, neben anderen lateinamerikanischen Ländern, eine lange Geschichte struktureller Probleme, wie etwa die Benachteiligung von bestimmten Gruppen aufgrund ihrer Ethnie und Abstammung, Geschlecht oder wegen der Herkunft aus verarmten oder bildungsfernen Gesellschaftsschichten, die eine große soziale Ungerechtigkeit hervorgebracht hat. Das hat immer wieder zu blutigen Aufständen geführt.

                              Um dieses Thema in Form eines Essays genauer zu beleuchten, werde ich drei mexikanische Filme vorstellen, die ich zunächst nicht mit einem bestimmten Ziel ansah. Der Zufall führte mich dahin, zu entdecken, dass diese Filme dieselben Phänomene in unterschiedlichen Epochen der mexikanischen Geschichte abbilden. Dazu gehört ROMA, NUEVO ORDEN und DER WÜRGEENGEL.

                              https://www.moviepilot.de/news/essay-das-trauma-der-ewigen-revolution-im-mexikanischen-film-1140147

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                                OUROBOROS 19.02.2023, 09:43 Geändert 19.02.2023, 09:45
                                über Roma

                                "Eine Revolution ist nicht ein Dinner, bei dem man die Gäste einlädt, sondern ein Kampf, bei dem man sie besiegt."
                                – Emiliano Zapata

                                Mexiko hat, neben anderen lateinamerikanischen Ländern, eine lange Geschichte struktureller Probleme, wie etwa die Benachteiligung von bestimmten Gruppen aufgrund ihrer Ethnie und Abstammung, Geschlecht oder wegen der Herkunft aus verarmten oder bildungsfernen Gesellschaftsschichten, die eine große soziale Ungerechtigkeit hervorgebracht hat. Das hat immer wieder zu blutigen Aufständen geführt.

                                Um dieses Thema in Form eines Essays genauer zu beleuchten, werde ich drei mexikanische Filme vorstellen, die ich zunächst nicht mit einem bestimmten Ziel ansah. Der Zufall führte mich dahin, zu entdecken, dass diese Filme dieselben Phänomene in unterschiedlichen Epochen der mexikanischen Geschichte abbilden. Dazu gehört ROMA, NUEVO ORDEN und DER WÜRGEENGEL.

                                https://www.moviepilot.de/news/essay-das-trauma-der-ewigen-revolution-im-mexikanischen-film-1140147

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                                  OUROBOROS 18.02.2023, 19:15 Geändert 18.02.2023, 19:29
                                  über Cosmos

                                  Drei beruflich erfolglose Astro-Ingenieure beobachten privat das All, mit zusammengewürfelten Equipment und ein wenig Erfindungsreichtum.

                                  So sitzen sie des nachts in einem Volvo Kombi. Mike Webster ist neu zu dem Duo dazugestoßen, aber von Roy wird er ablehnend behandelt. Am besten kann man dieses Kammerduell vergleichen mit einer Anglertour. Man sitzt in der Stille an einem See im Nebel und wirft ab und zu die Route neu aus. Am Ende unterhält man sich über den guten Kaffee, die Lieblingsbiersorte oder das Equipment.

                                  Die erste Hälfte kann vielen als unspektakulär und langweilig vorkommen, passiert außer Zwischenmenschlichem zwischen Männern fast nichts. Das kann aber auch gefallen. Als das Trio endlich die unausgesprochenen Probleme geklärt hat - da war ich kurz vor dem Einschlafen - da passiert das Unglaubliche, das sich vorher nur angedeutet hat. Blitzschnell bin ich wieder wach und will bis zum Ende Films auch nicht mehr die Augen schließen.

                                  Anfangs wirkt COSMOS wie eine low-budget Version von CONTACT, aber das empathische spielende Trio schafft in der ersten Hälfte einen Team-Spirit zu erzeugen, der mitreißt, wenn man plötzlich in die staunenden Augen der Männer blickt, die auf einmal von Versagern zu Gewinnern werden könnten. Vielleicht wirkt die Begeisterung auf manche auch als Overacting, erscheint sie mir authentisch.

                                  Das sich melodramatisch steigernde Kammerspiel gipfelt auf einem abschließendem Straßenrennen und zieht einen sensationell gelungenen Spannungsbogen auf, der bis zum Ende nur so berstet. Ich habe im melodramatischen Finale eine paar Tränen verdrückt, rein aus dem Was- wäre-wenn-Gefühl, welches für ein paar kurze Momente die Aussetzung meiner Ungläubigkeit bewirkt hat, so dass ich fühlen konnte, wie es wäre DAS mitzuerleben.

                                  Doch auch das Ende zeigt nicht, was der Mainstream-Zuschauer sehen will. Dafür gibt es aber schon einige Filme. Die einen wird der Film mitten ins Herz treffen, andere werden ihn verschmähen.

                                  Bei der Bewertung muss ich oft an THE MAN FROM EARTH denken, wo man auch mit geringen Mitteln kammerspielartig eine interessante Erzählung aufgebaut hat. COSMOS ist inhaltlich zwar nicht ganz so stark, aber der Minimalismus ist ebenfalls so gelungen, dass ich tatsächlich 8 Punkte gebe. Soviel Unterhaltung für sowenig Geld ist auch etwas Wert.

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                                    OUROBOROS 17.02.2023, 20:24 Geändert 17.02.2023, 20:24

                                    "Die Behandlung der Sklaven, ihr familiäres Leben und die Sklavenarbeit wurden schon oft in Filmen thematisiert. Ungewöhnlich neu ist der antithetische Aspekt der Rolle der christlichen Sklavenhalter und die Nicht-Verurteilung von Sklaverei durch die Bibel, welche hier mittels Zitaten in die Köpfe der Zuschauer einmassiert wird." - OS

                                    Dies und weitere übersehene Aspekte gibt es hier in meinem Blogartikel:

                                    https://www.moviepilot.de/news/film-emancipation-1139564

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                                      Eine abgelegene Blockhütte, ein Mann packt seine Sachen, offensichtlich ist er im Auszug begriffen, doch dann stoßen stückweise Freunde von ihm hinzu, die Prof. Dr. Oldman besuchen, um ihm einen Abschied zu bereiten. Immer wieder kommt die Frage auf, warum er denn nun weggehen wolle, bis er ein Spiel beginnt und die Frage stellt:

                                      „Angenommen, ein Mensch aus der Altsteinzeit hätte bis heute überlebt, was wäre er für ein Mensch?“

                                      Befähigt diese fiktive Frage zu beantworten sind die anwesenden Wissenschaftler, Harry (Biologe), Edith (Kunstwissenschaftlerin und bibelfeste Christin), Dan (Anthropologe), Sandy (Historikerin), Dr. Will Gruber (Psychologe), Art (Archäologe) und dessen Studentin Linda. Das Besondere am nun Folgenden ist, dass es der Protagonist schafft eine geheimnisvolle und interessante "Was wäre wenn"-Frage zum Diskurs zu stellen, bei welchem die Diskussionspartner ernsthaft versuchen auf die Thesen einzugehen, sie zu hinterfragen und zu kritisieren.

                                      Am liebsten würde ich mitdiskutieren, denn es werden Inhalte behandelt die ich bis zu dem Zeitpunkt in vielen Vorlesungen und Seminaren zu Anthropologie und Theologie hören durfte. So hat mich erst einmal verblüfft, dass man ein wenig der universitären Inhalte in ein Kammerspiel gepackt hat und deshalb kann ich auch bestätigen, dass die Antworten und Theorien nicht reine Fantasiekonstrukte sind, sondern etablierte Theorien. Natürlich haben Anthropologie und Theologie bzw. Religionswissenschaft einen schweren Stand gegenüber der naturwissenschaftlich ausgerichteten Archäologie, weil man bei ihnen viel mehr spekuliert - hatte da schon einige wütende Archäologen erlebt - aber die Spekulation findet immerhin auf Basis naturwissenschaftlicher Erkenntnisse statt. Da mangelt es einigen an Vorstellungskraft bzw. Transferleistung, Erkenntnisse der Ethnologie von indigenen Völker heute und in den letzten Jahrhunderten, die man sicher weiß auf frühe Kulturen zu übertragen. Überall auf der Welt zeigen die Menschen Parallelen in ihren Kulturen, die als Nachweis gelten können für ein universelles Kulturgut der Menschheit. Interdisziplinarität ist unbedingt bereichernd, auch wenn sie Streitereien provoziert, wie teilweise auch hier in der Runde dieses Films. So werden hier wichtige Einwürfe aus anderen Wissensgebieten wie der Psychologie, Mathematik, Biologie, Archäologie gemacht, die die Diskussion spannender machen.

                                      Immer wieder muss man sich dazu ermahnen nicht von der Fiktionalität der Frage abzuweichen, denn sie ernst zunehmen bedeutete einen absoluten Widerspruch zur Forschungslage hinzunehmen. Es wäre einfach irreal anzunehmen, ein Mensch hätte 14.000 Jahre überlebt, wobei es sicher ein Genschalter gibt, weil es Lebeweisen auf der Erde gibt, die "potenziell" unsterblich sind, doch das schütz nicht vor dem Risiko durch einen Unfall oder Mutagen getötet zu werden. Soviel Glück wie Prof. Oldman kann man einfach nicht haben, unmöglich ist es aber nicht, auch wenn sehr unwahrscheinlich. Es geht ja auch nur um eine fiktive Frage des "Was wäre wenn", ein fiktionaler Diskurs, ähnlich den Dialogues des morts, eine Literaturgattung bei der man Montesquieu und Machiavelli oder Platon und Kant zusammen diskutieren lässt, obwohl diese sich zu Lebzeiten nicht begegnet sind oder sich nie begegnen hätten können.

                                      Man muss also eine gewisse fiktive Annahme hinnehmen und die Ungläubigkeit bewusst aussetzen (Fiktionsvertrag), damit man darüber hinaus einen spannenden Diskurs ermöglichen kann, dessen Ergebnisse und Erkenntnisse dann aber auch wieder real weiterbringen können. Die metafiktionale Pointe des Film ist, dass wir als Zuschauer den Fiktionsvertrag genauso eingehen müssen, weil es sich ja um ein Schauspiel handelt, wie auch die Rolle eben den Fiktionsvertrag eingehen muss, um sich der Debatte zu stellen, als wäre Oldman tatsächlich 14.000 Jahre alt und würde nicht altern. Für uns Zuschauer ist es am Ende eine Metafiktion weil wir den Fiktionsvertrag über dem Fiktionsvertrag eingehen, also doppelt. Anders funktioniert der Film nicht für den Zuschauer.

                                      Die meisten Diskutanten tun ihr Bestes, doch auch ihnen gelingt es nicht immer die Fiktionalität beizubehalten. Da ist aber auch nicht so einfach, denn zunehmend gewinnt man den Eindruck, dass Prof. Dr. Oldman darauf hinaus will die Fiktion wahr zu machen, statt nur aufrecht zu erhalten. Das treibt die Diskussion noch weiter an. An den Charakteren des Films kann man genau das beobachten, was ich auch in meinem Freundeskreis beobachten konnte.

                                      Sowohl die Atheisten, Agnostiker, als auch die Theologen wurden durch Hypothesen aufgeschreckt, denen sie nicht mehr rational begegnen wollten. Mit einem atheistischen Freund war es gar nicht mehr möglich den Film weiterzuschauen, weil er nicht mehr aufhörte wütende Behauptungen von sich zugeben ohne darüber differenziert diskutieren zu wollen. Ich habe unter den Theologen eher weniger Aufregung wahrgenommen. Das liegt auch daran, dass Theologen entgegen der Wahrnehmung von außen, wissenschaftlich arbeiten können und auch keine Probleme haben Gott methodologisch in Frage zu stellen. Das betrifft jedoch nicht normale Gläubige und ausgenommen sind da auch amerikanische Theologen und Theologen aus Entwicklungsländern, denn die europäische Theologie gilt als aufgeklärter, säkularer und philosophischer, nähert sich Bibelthemen sowohl theologisch als auch historisch-kritisch, während in den USA wenig zwischen theologischer Perspektive und historischer Perspektive unterschieden wird. Es gibt also keine Tabus, auch nicht in der katholischen Theologie, alles was in der Bibel steht in Frage zu stellen.

                                      Leider wird die Theologin Edith im Stile einer US-amerikanischen Theologin dargestellt. Sie würde an deutschen Unis wegen ihrer Naivität und mangelnden Rationalität belächelt werden. Sie gleicht eher einer Pastorin bei den Adventisten oder religiösen Rechten. Auf der anderen Seite bekommt sie damit ihr Fett weg und es erinnert mich an meine theologischen Gespräche bei denen ich mit vollem Genuss Erschütterung und Glaubenskrisen bei Zeugen Jehovas auslöste. Ich bin gläubiger Panentheist und sehe die Wichtigkeit, die der Glauben und die Religion in der Menschheitsgeschichte z.B. als eine Art Proto-Aufklärung, aber ich kann es nicht ertragen, wenn Menschen so gläubig sind, dass es wider die Vernunft ist. Leider kommen zu den nativ Gläubigen in Religionen - was schon wahnhafte Züge hat - auch noch Gläubige von Verschwörungstheorien hinzu. Nicht missverstehen, man kann gläubig sein, ohne dass man verrückt ist. Nur ist das nicht so einfach zu bewerkstelligen.

                                      Im Theologiestudium kam einige Frömmelnde und wollten katholische Religion studieren, aber nach zwei drei Monaten gaben die meisten auf mit einem Paukenschlag der Empörung "Das ist Ketzerei", "Griechisch ist die Schrift des Satans" (Das originale Neue Testament ist in Griechisch verfasst, so am Rande). Aber zum Glück dreht sich der Film hauptsächlich um das Wissenschaftliche und weniger um diese religiös verstörte Frau, die meinte sie würde als Wissenschaftlerin sprechen.

                                      Ich kann den Film nicht oft genug sehen ohne wieder Inhalte zu entdecken, die mir noch nicht aufgefallen sind. Alljährlich ist es für mich ein Ritual mit neuen Bekannten und alten Freunden „The Man from Earth“ anzusehen und uns alleine von der filmischen Situation eine fiktive Frage zur Grundlage einer Debatte zu machen zu eigenen Fragen motivieren zu lassen.

                                      Ich weiß nicht, wie ich damals an diesen Film kam und wie ich die ersten 10 Minuten überstand, bis ich mich an die verstaubte 90er-X-Factor-Optik gewöhnt hatte und diese Frage gestellt wurde, die mich dann über die folgenden 80 Minuten des Films weit hinaus nicht mehr losließ, aber gut und gerne hätte er länger dauern dürfen bzw. ich wünschte es gäbe einen Roman.

                                      Wohlwollend gesagt ist der Film optisch und Schauspielerisch nicht unbedingt Oberklasse, eher schon B-Movie, doch da ich keinen besseren Film kenne, welcher eine solche Story mit einer fiktiven Frage in einem Kammerspiel verknüpft und dabei auf alles unerdenklich Ausschmückende verzichtet, was sonst zu einem Film gehört und stattdessen den Geist anregt den Schmuck im Kopf selbst zu erzeugen, vergebe ich volle Punktzahl für meinen Lieblingsfilm.

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                                        In Argentinien ist man dieser Tage gespannt, ob ARGENTINIEN 1985 einen Oscar erhalten wird. Hat die argentinische taz - pagina12 - den deutschen Vertreter IM WESTEN NICHTS NEUES verrissen und ihren Kandidaten frenetisch abgefeiert.

                                        Dafür dass pagina12 eine linke Zeitung sein soll, ist man aber sehr nationalistisch chauvinistisch in Argentinien.

                                        Auf eine argentinische Bekannte hin, habe ich mir das Werk angeschaut um etwas über die argentinische Geschichte zu erfahren. Die letzten 15 mit der Urteilsverkündung haben mich emotional mitgerissen, aber das lag rein an der melodramatischen Inszenierung und dass ich mich für eine argentinische Bekannte mitfreue, dass Argentinien seit 37 Jahre eine stabile Demokratie ist.

                                        Über die Fälle habe ich zu wenig erfahren, überhaupt erfährt man zu wenig über alles. Ein solcher Film wäre auch zu kurz dafür, gefüllt hat man ihn aber mit mächtig viel unsinnigen Szenen, hätte ich mir mehr Gerichtsszenen erwünscht. Und der Film ist nicht besonders raffiniert in seiner Technik, dass ich irgendwo eine preisverdächtige Auszeichnung, ob Oscar, Bär oder Palme, vergeben würde. Ein zwei Szenebildern fand ich schön.

                                        Ich arbeite gerade an einer Meta-Rezension über drei mexikanische Filme, die sich mit Militärdiktaturen und Revolutionen beschäftigen. Aus Argentinien 1985 kann ich nichts mitnehmen, was diese aufgrund von Parallelen nicht besser gemacht hätten.

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                                          Die Atmosphäre fand ich gelungen, den Fahrer sympathisch. So einen Van hätte ich auch gerne, deshalb bin ich gerne mit auf die Reise. Der Creature-Horror sieht toll aus, weil der Film auch schöne Farben, Landschaften und Szenenbildern mitbringt. Die Story ist sicher altbacken und tausend Mal gesehen, doch ich wollte ja auch kein tiefsinniges Drama sehen.

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                                          • Mega Liste, sofort abonniert. Freundschaftsanfrage unterwegs. Ich war in den 90ern extremer Road Movie Fan und jetzt wollte ich eine Liste anfertigen. Deine ist mächtig und warum soll ich da in Konkurrenz gehen.

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                                            • Deine Liste gefällt mir gut, ich war in den 90er ein Roadmovie Fan und jetzt wollte ich eine Liste anlegen, aber da ist ja eine, als warum sollte ich da in Konkurrenz gehen. Freundschaftsanfrage unterwegs.

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                                                OUROBOROS 08.02.2023, 15:14 Geändert 08.02.2023, 20:07

                                                Bø ist ein Dorf im Süden Norwegens und dünn besiedelt. Hier wohnt Glenn Thor, auch GT genannt mit seiner Autotuner-Clique.

                                                Früher hasste ich immer die Autotuner vom Land, waren mir nicht gebildet genug, mein Elternhaus schaute auf diese Hobby auch eher missliebig. Verdrecken die Umwelt und machen nur Krach, sorgen für Tote auf der Landstraße. Ich glaube, dass ich da heute etwas toleranter bin, was diesen Menschenschlag betrifft. So manches Gefährt finde ich dann auch mega, aber selbst in so etwas Geld reinzustecken wäre mir zu schade.

                                                So hätte ich die Serie fast nicht geschaut, doch so krass ums Tuning geht es hier gar nicht und so Obertuner sind es jetzt auch nicht, eigentlich mehr eine Auto Gang, weil man in dieser Gegend ohne Auto nicht klarkommen würde. Ich bin zwar auf dem Land aufgewachsen, aber mit dem Auto konnte man in 15 Minuten in der Großstadt sein. In der Region Telemark Norwegen ist das völlig anders. Hier fährt man 15 Minuten bis zum nächsten Dorf. Dafür ist die Landschaft natürlich atemberaubend mit Meerblick, Fjorden und Bergalmen. Geprotzt hat man allerdings nicht mit den Panoramen, da hätte ich mir mehr gewünscht. Aber lustig ist, dass man einige Orte der Serie bei googlemaps finden kann z. B. die beliebte Tankstelle, die Kirche, die Autowerkstatt in der GT arbeitet sowie die Lackiererei wo Hege arbeiten.

                                                Die erste Staffel beschäftigt sich hauptsächlich mit der Trennung von Ine und Glenn, was jetzt nicht so der tolle Beginn ist, aber auf diese Weise lernt man den sympathischen Glenn sehr gut kennen. Für die 7,5 Punkte habe ich mich sehr spät entschieden, weil die Serie am Ende ein rundes Ding wird. Das sehenswerte coming-of-age Drama über junge Menschen um die 20, am Ende der Welt, besitzt doch sehr viele leise Töne und kann Erfahrungen vermitteln. Das hat mich auch emotional abgeholt.

                                                Trotzdem würde ich es nicht uneingeschränkt empfehlen, weil es keine spektakuläre Serie ist. Die Musikauswahl ist sehr gemischt und reicht von basslastigem Techno über Metall, Singer Songwriter bis zu norwegischem Folk, der so am Mumford and Sons etc. erinnert. Der Country-Folk-Rock passt auch einfach in diese Gegend.

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                                                  OUROBOROS 07.02.2023, 09:31 Geändert 27.06.2023, 19:01

                                                  Adrien Winckler, Autor in einer Schaffenskrise, wird von Albert Desiderio engagiert, um dessen Lebensgeschichte als Roman aufzuschreiben.

                                                  Die Erzählung beginnt zunächst als Liebesgeschichte zwischen Albert und Solange, die sich schon als Kinder ineinander verlieben. Solange ist die Tochter einer sogenannten Boche-Hure, einer Französin, die sich während des Zweiten Weltkriegs mit einem Deutschen Soldaten eingelassen hat. Dies wird in Frankreich als "collaboration horizontale" bzw. "collaboration feminine" bezeichnet und die Kinder, die aus diesen Beziehungen hervorgingen, wurden zu "enfants maudits" stigmatisiert. 200.000 solcher Kinder soll es gegeben haben. Die Mütter wurden, nach der Befreiung von der Deutschen Besatzung, in einem öffentlichen Spektakel auf die Straßen gezerrt, entkleidet, ihre Köpfe kahlgeschoren und zur Verhöhnung und Schändung der Meute ausgesetzt. Dass es auch Frauen gab, die gar keine andere Wahl hatten als den Besatzern Folge zu leisten, weil Männer sich nahmen was sie wollten, spielte damals keine Rolle.

                                                  Als Solange, ein sog. "verdammtes Kind", auf dem Schulweg von einer Kindermeute angegriffen wird, schreitet Albert ein und rettet sie. Bis dahin deutet die Erzählung eine Atmosphäre wie bei "La guerre des buttons" oder "Jeux interdites" an, eine Welt der Gewalt unter Kindern. Die beiden Kinder freunden sich an, sind von nun an nicht mehr voneinander zu trennen, verlieben sich ineinander und werden ein Teenie-Paar und schließlich ein Paar fürs Leben. Albert ist Solanges Held und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Diese Geschichte ist so rührselig, dass hier schon einige abspringen könnten, aber da würde man viel verpassen, denn es auf die Rührseligkeit folgt der Sündenfall. Das ist der Moment, wo die Serie einen Sog auslöst, dem man sich schwer entziehen kann. Schon ab Episode 4 werden einem Twists präsentiert, die bis zum Ende anhalten.

                                                  Ich rate dringend dazu, den Abspann zu schauen!

                                                  Solange, dargestellt von der Alyzée Costes, ist eine rothaarige Schönheit, die in den 60er und 70er Jahren als in lebendigen Technicolorfarben und im Giallo-Stil mit vielen Close-ups erotisch in Szene gesetzt wird. Dabei werden einem diese Jahrzehnte, in der Brigitte Bardot ein weltweit bekanntes Sexsymbol war, wieder zum Leben erweckt, inklusive der passenden Musik. Ich habe lange keinen Film mehr gesehen, der soviel Erotik, aber auch Gewalt transportiert, ohne billig zu sein. Das war Erotik zum Genießen. Die Gegenwart allerdings hat viel Blaufilter und in den ersten beiden Episoden noch nicht viel Bildgewalt zu bieten. Doch später entwickelt sich die Gegenwart zu einem Psycho-Thriller mit Suspense, surrealen Elementen, berauschenden Sounds und harten Rap-Beats.

                                                  Die Erzählung ist schon ein extremer Baukasten - man weiß nicht ob man sich in einem Krimi, einer Familienchronik oder einem Psychothriller befindet - doch das ist mit den vielen Erzählebenen so kongenial arrangiert, dass ich gleich anzweifelte, dass hier kein Roman vorliegt. Ein Roman liegt vor und wurde eigens für die Serie von einem bekannten französischen Ghostwriter geschrieben und unter dem Synonym "Mody" veröffentlicht, also dem Synonym des Autors in der Serie, der sich die Geschichte erzählen lies. Das ist nicht der einzige metafiktionale Kunstgriff, aber bevor ich noch etwas verrate, schaut man es sich besser selbst an.

                                                  SPOILER SPOILER SPOILER

                                                  Ich finde das Thema "Nein heißt Nein" hier trotz der nicht zu rechtfertigenden Gewalt sehr gut verarbeitet. Es regt auf jeden Fall dazu an, sich über das Thema Gewalt an Frauen Gedanken zu machen, auch im Bezug auf die "collaboration horizontale", welche tatsächliche viele Menschen traumatisiert und ins Unglück gestürzt hat. Die Geschichte ist somit teilweise sogar glaubwürdig, ist die Dramaturgie aber viel zu außergewöhnlich, dass es ein echter Vorfall gewesen sein kann.

                                                  Hätte ich die erste Episode noch mit 6 Punkten bewertet, hebt spätestens nach der zweiten Episode die Erzählung so ab, dass ich zum Schluss bei 9,5 Punkten lande. Das bedeutet, dass dieses Werk exzellent ist und man darf es getrost als Kunstwerk betrachten.

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                                                  • 4 .5

                                                    Episode aus der Anthologieserie "Into the Dark".
                                                    Fands langweilig, gibt bessere Episoden.

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