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Der Ex-Soldat David (Dan Stevens) sucht die Familie Peterson auf, welcher er sich als Freund und ehemaliger Kamerad des im Kriegseinsatz verstorbenen ältesten Sohnes vorstellt. Die Petersons heißen David mit offenen Armen willkommen und bieten ihm sogar an, für einige Zeit bei ihnen zu bleiben. Der Aufenthalt von David scheint der Familie zunächst gut zu tun. Nach und nach kommen jedoch erste Zweifel an Davids Hintergrundgeschichte auf. Und darüber hinaus geschehen schon bald die ersten Morde...
Bevor Regisseur Adam Wingard mit GODZILLA VS. KONG in das monströse Blockbuster-Business eingestiegen ist, hatte er noch eher kleinere Indie-Filme wie THE GUEST gedreht. Gerade einmal 5 Millionen US-Dollar sollen die Produktionskosten betragen haben. Zwar war der Film an den Kinokassen ein Flop, da er nur knapp die Hälfte des Budgets wieder einspielen konnte. Aber in den Jahren darauf avancierte THE GUEST zu einem regelrechten Kultfilm.
Und tatsächlich kommt THE GUEST als ein interessanter Genre-Mix daher. So beginnt der Film als eine Art (Militär-)Drama, lässt wenig später ein paar Coming-of-Age-Elemente mit einfließen, entwickelt sich von da aus zu einem Thriller mit Action-Einlagen und mündet schließlich in einem horrormäßigen Showdown.
Die Story selbst ist hingegen wenig originell. Auch fällt es zu Beginn noch etwas schwer Anschluss zu finden, da David selbst eine sehr ambivalente Figur ist – auf der einen Seite charmant und zuvorkommend, auf der anderen Seite aber irgendwie auch psychopathisch. Und die Petersons wollen sich zunächst ebenfalls nicht so recht zur Identifikation anbieten – zu stereotyp sind die Charaktere, zu blass die Figurenzeichnung. Aber dennoch gelingt es dem Film das Publikum bei der Stange zu halten und zusehends wird auch die Spannung immer weiter angezogen.
Als wahrer Glücksgriff erweist sich Dan Stevens, der es schafft, die verschiedenen Facetten von David darzustellen. Im einen Moment lächelt er nett und freundlich in die Kamera und im nächsten Moment, als hätte sich ein Schalter umgelegt, brennen sich seine eisblauen Augen förmlich durch den Bildschirm.
Der größte Selling-Point neben Dan Stevens ist wohl aber der Soundtrack. Dieser ist zwar, ebenso wie die Story, wenig originell, da THE GUEST, wie so viele andere Filme und Serien auch, zumindest in dieser Hinsicht nicht am 80s-Hype vorbeigekommen ist. Aber der Synthie-Sound, der aus den Lautsprechern wummert, weiß, wie das Gesamtergebnis, dann trotzdem zu gefallen.
Passenderweise wurde THE GUEST am 1. April dieses Jahres ein Sequel der ganz besonderen Art spendiert – nämlich in Form eines Soundtracks. Immerhin scheint für Adam Wingard aber auch ein filmisches Sequel nicht unmöglich zu sein. Ob der Soundtrack mit dem Titel THE GUEST II aber auch im Endergebnis zu hören sein wird oder nur als kreative Stütze dient, wird sich wohl erst noch zeigen – vorausgesetzt es kommt überhaupt dazu. Denn zumindest momentan scheinen sowohl Regisseur Adam Wingard als auch Dan Stevens mit dem KONG VS. GODZILLA-Nachfolger genügend ausgelastet zu sein.
CASH TRUCK – oder WRATH OF MAN, wie der zutreffendere Originaltitel lautet – kommt für einen Guy Ritchie-Film ungewohnt grimmig daher. Stilistisch wie erzählerisch bleibt seine Handschrift aber weitestgehend erkennbar. So wird die zugrundeliegende und um Prinzip recht dünne Rachegeschichte teils unnötig verkompliziert und auf knapp zwei Stunden Laufzeit aufgebläht. Dennoch will aufgrund der durchgestylten Inszenierung, der wuchtigen Action sowie der schnittigen Montage so etwas wie Langeweile zu keinem Zeitpunkt aufkommen.
Und auch thematisch ist sich Guy Ritchie weitestgehend treu geblieben, denn wie eigentlich immer hat er einen Männerfilm über fast ausschließlich männliche Figuren für ein vorwiegend männliches Publikum gedreht. Wobei CASH TRUCK sogar (beabsichtigt?) ein Schlaglicht auf die Schattenseite einer übertriebenen, einer toxischen Männlichkeit wirft. Und so kommt man(n) am Ende nicht umhin sich zu fragen, ob das, was man(n) da gerade gesehen hat, unheimlich cool oder nicht doch viel eher unglaublich traurig ist.
Die Story um ein paar Außenseiter:innen, die die Liebe zur Musik vereint und die beweisen wollen, dass sie es drauf haben, sich dabei jedoch gegen ihr Elternhaus und andere Autoritäten durchsetzen müssen, ist freilich keineswegs neu, aber ein immer wieder gern aufgelegter Evergreen.
Es ist zwar zuweilen etwas unglaubwürdig, dass drei Teenager:innen musikalisch fast ausschließlich Altherrenbands nacheifern (selbst in meiner Jugend klangen für uns „Millenials“ Bands wie IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST und Co. schon ziemlich angestaubt) oder dass es scheinbar kaum Übung bedarf, um Metal-Songs performen zu können. Aber selbst die ewige Nummer 1 unter den Coming-of-Age-(Rock-)Musikfilmen, SCHOOL OF ROCK, zeichnet sich nicht gerade durch Glaubwürdigkeit aus, also kann das wohl kaum als Kriterium gelten.
Am Ende ist METAL LORDS genauso unterhaltsam wie erhofft und zudem gefühlvoller als erwartet. Zwar benötigt der Film etwas Zeit, um sich einzugrooven. Ist der Rhythmus aber erst einmal gefunden, trifft er fast immer die richtigen Töne.
Die Prämisse des Netflix-Films DER SPINNENKOPF (OT: SPIDERHEAD) klingt zunächst ganz interessant: Die in einer speziellen, weit abgelegenen Einrichtung stationierten Häftlinge können ihre Haftzeit dadurch verkürzen, indem sie an ethisch und moralisch nicht ganz einwandfreien Experimenten teilnehmen, in denen diverse bewusstseinsverändernde Substanzen an ihnen getestet werden.
Das Endergebnis entpuppt sich dann als thematisch zwar nicht belangloser, aber aufgrund der zähen Umsetzung dennoch spannungsarmer SciFi-Thriller. Irgendwie will hier nichts so recht zusammenpassen und so können nicht einmal die schöne Kulisse sowie die immerhin solide aufspielenden Hauptdarsteller Chris Hemsworth und Miles Teller über die vorhandenen Schwächen hinwegtäuschen.
Nach FORD V FERRARI folgt von mir nun also eine Review zu einem weiteren Sportdrama: BATTLE OF THE SEXES. Doch während mich FORD V FERRARI trotz der zahlreichen Vorschusslorbeeren nicht so recht überzeugen konnte, ist BATTLE OF THE SEXES nicht nur der etwas kleinere, sondern auch wesentlich feinere Film.
Anfang der 1970er Jahre befindet sich die US-amerikanische Tennisspielerin Billie Jean King (Emma Stone) auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, während die größten Erfolge des ehemaligen Star-Spielers Bobby Riggs (Steve Carell) inzwischen hinter ihm liegen. Dennoch wittert dieser die Möglichkeit, noch einmal im Rampenlicht stehen zu können. Und so fordert der damals 55-jährige Bobby Riggs die noch 29-jährige Billie Jean King zu einem Match heraus – dem berühmten „Battle of the Sexes“, dem Kampf der Geschlechter. Doch für Billie Jean King steht nicht nur ihr Ruf auf dem Spiel, denn von Sieg oder Niederlage hängt gleichzeitig auch das öffentliche Bild vom gesamten Frauen-Tennis ab.
Das Regie-Duo Valerie Faris und Jonathan Dayton schafft es auf sehr eindrückliche Weise zu vermitteln, wie sich dieser Leistungsdruck wiederum auf Billie Jean selbst sowie auf ihr Privatleben auswirkt. Emma Stone nimmt sich dabei erfreulich zurück und weiß mit einem fein nuancierten Spiel das Innenleben ihrer Figur nach außen zu tragen. Selbst Bobby Riggs verkommt hier nicht zum rein boshaften Antagonisten, sondern erweist sich als äußerst ambivalente, zuweilen tragische Figur, für dessen Darstellung Steve Carell nicht nur aus optischen Gründen die genau richtige Wahl war. Alle anderen Nebenfiguren bleiben dahingegen leider etwas eindimensional, wobei dies durch insgedamt mindestens solide Darbietungen weitestgehend kaschiert werden kann.
Die zeitlichen Sprünge zu Beginn können mitunter für Verwirrung sorgen. Allerdings fängt sich der Film, sobald er seinen Fokus gefunden hat.
Die wenigen Tennis-Matches selbst sind nicht sonderlich spektakulär inszeniert, aber Langeweile will dennoch zu keinem Zeitpunkt aufkommen, vor allen Dingen nicht bei dem finalen „Battle of the Sexes“. Denn, auch wenn der Ausgang bereits bekannt sein dürfte oder von Unwissenden wie mir erahnt werden könnte, fiebert man dennoch bis zum letzten Satz mit Billie Jean mit. Denn am Ende ist es nicht einfach nur ein Match zwischen zwei Top-Spieler:innen, die ihr Können auf dem Feld beweisen, nein, es ist viel mehr als das. Es ist ein Kampf gegen die vorherrschende Ungerechtigkeit, nicht nur im Sport, sondern generell in der Gesellschaft. Ein Kampf um Respekt und Emanzipation.
Als Kind war ich noch relativ leicht für den Motorsport zu begeistern. Zur Saison liefen bei uns am Wochenende regelmäßig Formel 1- oder MotoGP-Rennen im Fernsehen und meine Daumen waren stets für Mika Häkkinen, David Coulthard und Valentino Rossi gedrückt. Aber umso älter ich wurde, umso mehr schwand mein Interesse dafür. Und irgendwann begann ich mich zu fragen, wie es eigentlich gesellschaftlich akzeptiert sein kann, dass irgendwelche Typen Runde um Runde die Luft verschmutzen und sich am Ende auch noch dafür feiern lassen dürfen. Mir ist selbstverständlich bewusst, dass Auto- und Motorradrennen nur einen Teil des Motorsportspektrums ausmachen. Auch ist mir bekannt, dass es inzwischen Bestrebungen gibt, beispielsweise die Formel 1 bis 2030 CO2-neutral zu gestalten. Aber dennoch: Motorsport? Nein, das ist so gar nicht meine Welt.
Daher hatte mich der Kinostart von FORD V FERRARI damals auch eher kalt gelassen. Selbst das positive Feedback, welches von nahezu allen Seiten zu vernehmen war, vermochte mich nicht zu überzeugen. Dennoch sollte mich dieser Film in der Zwischenzeit immer wieder einholen. Er wurde in diversen Bestenlisten aufgeführt, als positive Erwähnung hervorgehoben oder als Film-Tipp angepriesen. So begann ich mich selbst zu hinterfragen. Bin ich für diese Art von Film zu engstirnig? Sollte ich es wagen über meinen Schatten zu springen und diesem Film eine Chance geben? Nach einigem Hadern hatte ich schließlich meinen inneren Schweinehund überwunden und FORD V FERRARI flimmerte auf dem heimischen Fernsehbildschirm.
Und, hat es sich gelohnt? Nun, die Antwort darauf lautet ganz klar: Jein.
Auf der einen Seite hat der Film durchaus seine Qualitäten. Die Underdog-Geschichte ist sehr routiniert – an vielen Stellen fast schon zu routiniert – erzählt, im Fokus stehen zwei interessante Charaktere die für ihre Leidenschaft buchstäblich brennen, und die Actionszenen sind wahrlich hervorragend inszeniert und lassen den Puls ebenso schnell wie die Umdrehungen der Rennwagen in die Höhe schnellen. Auch sind die Hauptfiguren mit Matt Damon und Christian Bale bestens besetzt. Die Chemie zwischen den beiden sorgt für den gewissen Buddy-Drive. Und durch das nötige Fünkchen Drama wird das Publikum zu guter Letzt auch auf der emotionalen Ebene abgeholt.
Auf der anderen Seite jedoch ist der Film fast schon wieder zu perfekt, zu glatt, zu sehr auf Hochglanz poliert. Nichts wird hier dem Zufall überlassen. Regisseur James Mangold und das Autorenteam wussten stets, welche Knöpfe gedrückt werden müssen, wann es einen Gang hoch und wann wieder einen Gang runter zu schalten gilt. Zudem werden hier nicht nur die für einen solchen Film typischen Stationen abgehakt. Auch durch das mehr als offensichtliche Foreshadowing sind Verlauf und Ausgang der Handlung selbst für jene wie mich, die die zugrundeliegende wahre Geschichte nicht kennen, sehr bald erahnbar. Und natürlich dürfen in einem Blockbuster wie diesem die markigen Sprüche sowie der stets mitschwingende Pathos nicht fehlen.
Einige mögen nun vielleicht entgegnen, dass ein solcher Film, ein Film wie FORD V FERRARI, genau das ist, was sie auf der großen Leinwand sehen wollen. Und ich freue mich für jede Person, die mit diesem Film eine gute Zeit im Kino hatte. Denn ja, auch ich gehe nicht nur für Arthouse-Filme ins Kino und ich kann mir vorstellen, dass gerade die Rennszenen auf der großen Leinwand sowie mit einer anständigen Soundanlage noch einmal zusätzlich etwas eindrucksvoller gewirkt hätten. Für mich reicht das jedoch nicht aus, um einen Gang ins Kino zu rechtfertigen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass hier keineswegs alles schlecht ist. Streckenweise fühlte ich mich durchaus gut unterhalten. Trotzdem ist FORD V FERRARI im Großen und Ganzen kein Film für mich. Vermutlich bin ich selbst wiederum auch einfach zu engstirnig, um mich auf solch eine Geschichte gänzlich einlassen zu können. Aber am Ende ist es mir schlichtweg einfach egal, ob der eine unsympathische Autobauer gegen den anderen unsympathischen Autobauer gewinnt oder nicht. Diese Tatsache kann selbst durch die positiven Aspekte nicht abgefangen werden.
Nachdem die Brüder Alex und Benjamin Brewer vor allen Dingen Musikvideos inszenierten, haben sie mit THE TRUST ihren ersten gemeinsamen Langfilm realisiert. Herausgekommen ist dabei ein oft behäbiger, aber dennoch nie gänzlich langweiliger Heist-Film über zwei Cops (gespielt von Nicolas Cage und Elijah Wood) die die Möglichkeit wittern, eine Gang um ihr Geld zu erleichtern.
Nicolas Cage und Elijah Wood funktionieren als ungleiches Duo im Grunde erstaunlich gut vor der Kamera. Nur die Performance von Nic Cage wirkt in gewissen Momenten zu forciert „Over the Top“ und damit deplatziert. Allerdings kommt der Film in seiner gesamten Tonalität etwas zu gewollt daher. Während der Thriller-Part durchaus funktionieren mag, wollen sich die krampfhaft hineingeschriebenen Comedy-Elemente allerdings nicht harmonisch mit einfügen.
Im Gegensatz dazu kann THE TRUST aber visuell überzeugen und auch der Soundtrack von Reza Safinia weiß zu gefallen, was ironischerweise zu dem Musikvideo-Background der beiden Regisseure passt.
Am Ende ist THE TRUST ein maximal mittelmäßiger Streifen, bei dem viel Potential verschenkt wurde. Ob der aber durchaus vorhandenen Qualitäten darf man dennoch darauf gespannt sein, was das geschwisterliche Regie-Duo in Zukunft noch so abliefern wird.
Wenn ich HEARTSTOPPER mit einem Wort beschreiben müsste, dann wäre es: „Herzerwärmend.“
Diese Serie ist wie die Kuscheldecke und der heiße Kakao an einem verregneten Nachmittag. Wie ein:e gute:r Freund:in, der:die den Arm um deine Schulter legt und dir sagt, dass alles gut wird. Wie dieses Gefühl von süßer Melancholie.
Ein Außenseiter muss sich durch den ganz alltäglichen Schulwahnsinn manövrieren, hat dabei jedoch mit den Irrungen und Wirrungen der Pubertät zu kämpfen. Und ganz nebenbei kann das (un)aufgeklärte Publikum gleich noch etwas über diverse Formen von Sexualität sowie queere Liebe lernen.
An einigen Stellen mag HEARTSTOPPER sicherlich an den Netflix-Hit SEX EDUCATION erinnern, ohne dabei jedoch die Tiefgründigkeit und Vielschichtigkeit des augenscheinlichen Vorbildes zu erreichen. Dafür sind die Konflikte zu seicht, die Figuren zu eindimensional und das Gezeigte möglicherweise auch etwas zu weit von der Realität entfernt. Andererseits ist es eine gelungene Abwechslung, dass einige (wenngleich nicht alle) der bekannten Konflikte ausgespart werden und irgendwie ist es auch schön, sich dieser, ja fast schon Wunschvorstellung hinzugeben.
Und das führt mich zur Einleitung meiner kleinen Serienkurzkritik zurück. Denn lässt man mal die Formalitäten außer Acht, ist HEARTSTOPPER ein zuckersüßes Coming-of-Age-Serienstück, bei dem mir wahrlich warm ums Herz wurde.
Ein Profi-Killer der sich in den Ruhestand verabschieden möchte sowie ein allerletzter Job, der weitreichende Folgen nach sich zieht und bald gar zu einer ganz persönlichen Angelegenheit wird. So vertraut diese Prämisse klingt, so vorhersehbar ist auch der Rest des Films. Am Ende ist DELIVER US FROM EVIL ein solide inszenierter Action-Thriller, der Dank des starken Schauspiels des Hauptdarstellers Hwang Jung-min sowie einiger eingestreuter gesellschaftskritischer Kommentare etwas über dem Durchschnitt anzusiedeln ist.
Irgendwann in den 1980ern, irgendwo in irgendeinem amerikanischen Städtchen. Die College-Studentin Samantha „Sam“ Hughes (Jocelin Donahue) möchte aus ihrer kleinen, miefigen Studierendenbude raus und hat sich dafür eine eigene, wenn auch kleine Wohnung geangelt. Um sich die Miete allerdings leisten zu können, braucht sie dringend einen neuen Job. Am schwarzen Brett vor dem Campus ihres Colleges entdeckt sie eine Stellenanzeige mit der Aufschrift: „BABY $ITTER NEEDED“. Schnell hat sie den Job. Doch nicht nur ist das Haus weit abgelegen, auch das ältere Ehepaar hinterlässt einen merkwürdigen Eindruck. Zudem stellt sich heraus, dass die Bedingungen andere sind, als zunächst vereinbart. Die 400 Dollar möchte sich Sam aber auch nicht entgehen lassen und so nimmt sie den Job trotz Bedenken an. Doch schon bald beschleicht sie der Verdacht, dass sie womöglich einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben könnte.
Auch wenn im Vorlauf des Films durch eine Texteinblendung bescheinigt werden soll, dass die Geschichte des Films auf ungeklärten Ereignissen basieren würde, so ist doch davon auszugehen, dass ein Großteil der Handlung vielmehr der Fantasie des Drehbuchautors und Regisseurs Ti West entsprungen sein dürfte. Ungeachtet dessen inszenierte dieser mit dem 2009 erschienen THE HOUSE OF THE DEVIL eine atmosphärische Schauergeschichte.
Dabei ist der Film ein waschechter Slow-Burner. Ruhige Bilder, lange Kamerafahrten, ein gedrosseltes Erzähltempo – Ti West nimmt sich mehr als genügend Zeit, um in die Handlung einzusteigen und seine Hauptprotagonistin Sam näher vorzustellen. Spannung will dadurch jedoch für einige Zeit nicht so recht aufkommen. Viel eher wirkt es so, als verliere sich der Film immer wieder in Nebensächlichkeiten und kleinen Details. Im Kontrast dazu lernen wir allerdings Sam besser kennen. Wir können uns in aller Ruhe mit ihr emotional verbinden, um anschließend mit ihr gemeinsam das titelgebende ‚Haus des Teufels‘ zu erkunden.
Erst später steigt die Spannungskurve etwas an und auf der akustischen Ebene wird das Gefühl der Beklemmung durch den wirklich sehr guten Soundtrack noch zusätzlich weiter verstärkt. Leider bleibt am Ende aber auch das Gefühl, dass, wenn der Film einmal Fahrt aufgenommen hat, der unheimliche Part sogleich wieder vorbei ist.
Womit hingegen nicht gegeizt wird, ist die bereits angesprochene Detailverliebtheit. Das Kostümbild, das Styling der Figuren, die Auswahl und Herrichtung der Schauplätze sowie natürlich das Bild. So wurde der 80s-Look nicht etwa erst nachträglich digital hinzugefügt, sondern es wurde tatsächlich auf 16mm-Film gedreht. Dem Retro-Charme damit aber noch nicht genug, ist der Film – zumindest in den USA – nicht nur auf DVD, sondern auch in einer limitierten VHS-Edition erschienen.
Mit THE HOUSE OF THE DEVIL verneigt sich Ti West vor den Horrorfilmen der 70er und 80er Jahre wie etwa THE TEXAS CHAIN SAW MASSACRE (1974, R: Tobe Hooper), HALLOWEEN (1978, R. John Carpenter) oder A NIGHTMARE ON ELM STREET (1984, R: Wes Craven), um nur einige Beispiele zu nennen. Auch diese Filme kommen mit einem teilweise eher flachen Spannungsbogen daher, haben Dialoge die zuweilen etwas ‚cheesy‘ sind und besitzen dabei trotz alledem dieses gewisse, nur schwer greifbare und kaum zu beschreibende Etwas. THE HOUSE OF THE DEVIL ist gewiss kein Streifen, der allen Horrorfilmfans gleichermaßen einen Schauer über den Rücken jagen dürfte. Aber er ist eine liebevolle Hommage an Horrorklassiker, vor denen er sich so tief verbeugt.
PORN MEETS HORROR
Was haben der Porno und der Horrorfilm gemeinsam? Mal abgesehen davon, dass diese Frage nach einer Einleitung zu einem eher mittelmäßig schlechten Party-Gag klingt, haben der Porno und der Horrorfilm in der Tat einiges gemeinsam. So wird beispielsweise über beide Genres nach wie vor oftmals abfällig geredet. Sie haben etwas „schmuddeliges“, „verruchtes“, ja, manchmal sogar etwas „verbotenes“ an sich. Während ein Großteil unserer ach so aufgeklärten Gesellschaft wohl eher kaum freiwillig zugeben würde, Pornos zu konsumieren, scheint es auf der anderen Seite ebenso zum guten Ton zu gehören, dem Horrorfilm seine Qualitäten abzusprechen. Nicht selten habe ich den Satz gehört: „Für einen Horrorfilm war das irgendwie schon ganz gut“, was stets so klingt, als würde die Messlatte für einen „guten Horrorfilm“ niedriger hängen, als beispielsweise bei einem „guten Drama“.
Tatsächlich gibt es aber auch real existierende Probleme, mit denen sich sowohl der Porno als auch der Horrorfilm konfrontieren lassen müssen. So fand – und findet oftmals auch heute noch – in beiden Genres eine Objektifizierung der Frau und damit eine Zurschaustellung des weiblichen Körpers für den männlichen Blick statt. Denn, und auch das muss man sagen, das Publikum ist in beiden Fällen nach wie vor größtenteils männlich. Wobei nicht von der Hand zu weisen ist, dass sich seit geraumer Zeit Frauen in dem Genre zunehmend emanzipieren, auch wenn dahingehend nach wie vor noch Luft nach oben ist.
Nun hat aber ausgerechnet ein männlicher Filmemacher einen Horrorfilm über das Drehen eines Pornos realisiert. Da stellt sich sogleich die Frage: Kann das funktionieren? Die überraschende Antwort darauf lautet: Ja, kann es. Ti Wests X ist nicht nur ein Paradebeispiel dafür, wie man einen guten Horrorfilm macht, sondern auch dafür, wie „Mann“ Nacktheit im Film darstellen kann, ohne dabei ausschließlich das männliche Auge zu stimulieren.
ZEITREISE IN DIE VERGANGENHEIT
Es ist das Jahr 1979. Eine Gruppe junger, attraktiver Leute will einen Pornofilm drehen und den boomenden Videothekenmarkt erobern. Die kleine Gruppe besteht aus dem ambitionierten Kameramann und Filmnerd RJ (Owen Campbell) und dessen schüchterne Freundin Lorraine (Jenna Ortega), die sich um das Equipment und den Ton kümmert. Außerdem mit dabei sind die selbstgefällige Darstellerin Bobby-Lynne (Brittany Snow) und der männliche Hauptdarsteller des Sexstreifens, Jackson (Scott Mescudi a.k.a. Kid Cudi), sowie zu guter Letzt der Producer und Kopf des Ganzen, Wayne (Martin Henderson), nebst dessen Freundin Maxine (Mia Goth), dem nächsten Sternchen am Pornohimmel mit dem gewissen „X-Factor“. Der Titel des geplanten Porno-Hits lautet: „The Farmer‘s Daughters“.
Als Drehort wurde eine Hütte auf einer abgelegenen Farm auserkoren. Zwar bekommt Wayne von dem mürrischen Gutsbesitzer zur Begrüßung erst einmal eine Schrotflinte unter die Nase gehalten, aber nachdem alle Unklarheiten beseitigt sind, kann die Gruppe die Hütte beziehen und direkt mit dem ersten Take beginnen. Doch schon bald wird der feuchtfröhliche Drehspaß zu einem blutigen Albtraum.
EIN BISSCHEN SEX, EIN WENIG PSYCHO-HORROR UND GANZ VIEL SPLATTER-FUN
Um eines gleich vorweg zu nehmen: Natürlich ist X kein Porno. Viel eher ist X ein Film über das Drehen eines Pornos. Hier gibt es zwar etwas nackte Haut und dort ein wenig Sex zu sehen, aber auf besonders explizite Szenen wurde an dieser Stelle verzichtet. Spannend ist jedoch, wie Nacktheit von der Kamera eingefangen wird. Anstatt, wie in so manch anderem Horrorfilm üblich, die Reize des weiblichen Körpers besonders hervorzuheben und zur Schau zu stellen, scheint es hier fast schon eine Art Gleichberechtigung zwischen weiblicher und männlicher Nacktheit zu geben. In gewisser Weise spiegelt sich dies auch in dem Pornofilm im Film wider, haben doch alle beteiligten Darsteller:innen, egal ob männlich oder weiblich, eine Entscheidungsgewalt darüber, was als nächstes geschehen soll. Selbst heutzutage mutet das noch recht progressiv an.
Diskutieren ließe sich jedoch über den Moment, als das „Mauerblümchen“ Lorraine plötzlich den Entschluss fasst, ebenfalls als Darstellerin im Film mitzuwirken. Selbstverständlich ist es ihr gutes Recht, über ihren eigenen Körper und ihre Sexualität zu bestimmen. Allerdings scheint Lorraines Entscheidung nicht den ursprünglichen Prinzipien ihrer Beziehung mit RJ zu entsprechen, welcher daraufhin sichtlich verletzt ist. Eine wirkliche Kommunikation zwischen den beiden Charakteren findet diesbezüglich jedoch nicht statt. Und am Ende ist es RJ, der dazu angehalten wird, den Akt mit der Kamera festzuhalten.
Nebenher wird aber auch die Begierde älterer Menschen thematisiert, was auf der großen Leinwand auffallend selten geschieht. Die Frau des Farmers beobachtet die junge Gruppe heimlich bei ihrem Treiben, wodurch ihr eigenes Verlangen ebenfalls wieder zu erwachen scheint. Ihr Ehemann ist aber offenbar nicht dazu in der Lage ihr den Wunsch nach Körperlichkeit zu erfüllen. Das Herz will, was das Herz will. Aber das Herz des Farmers schlägt offenbar nicht mehr ganz so kräftig, wie noch in jüngeren Tagen. Unerwarteterweise entstehen dadurch seltsam gefühlvolle Momente, obwohl es eigentlich gerade diese aufkeimende sexuelle Lust der alten Frau ist, welche dafür genutzt wird, um ein Gefühl von Beklemmung und Unbehagen zu erzeugen.
Somit hat X, gerade in der ersten Hälfte, leichte Psycho-Horror-Anleihen. Zumindest solange, bis sich die aufgebaute Spannung in einem wahren Splatterfest entlädt. Was im Porno der Akt der Lust ist, durch welchen die eigentliche Handlung immer wieder unterbrochen wird, sind in X die teils extremen Gewaltausbrüche. So hangelt sich der Film von einem brutalen Mord zum nächsten, während das Blut spritzt, als gäbe es kein Morgen.
RETRO MIT CHARME
In vielen neueren Horrorfilmen wird in Sachen Gore und Splatter immer wieder auf billig aussehende Computereffekte zurückgegriffen. Doch in den 70er Jahren mussten sich die Filmemacher:innen noch mit praktischen Effekten behelfen. Umso erfreulicher ist es, dass auch in X sämtliche Effekte praktischer Natur sind und nicht aus dem Rechner stammen.
Generell sieht der Film aber wirklich verdammt gut aus. Kameramann Eliot Rockett, der unter anderem bereits THE HOUSE OF THE DEVIL (2009) oder THE INNKEEPERS (2011) für Ti West bebildert hat, weiß auch hier wieder die Szenen wundervoll einzufangen. Das Bild ist körnig, wirkt dadurch retro und erinnert somit an Slasher-Filme aus den 70er und 80er Jahren.
Insgesamt zeichnet sich X durch eine ausgesprochene Liebe zum Detail aus. Die Settings, die Requisiten, die Kostüme und Frisuren: Alles wirkt fein säuberlich auf die damalige Zeit abgestimmt und hier und da gibt es sogar die eine oder andere, mal mehr und mal minder offensichtliche Anspielung an Horrorklassiker à la THE TEXAS CHAIN SAW MASSACRE (R: Tobe Hooper, 1974) oder PSYCHO (R: Alfred Hitchcock, 1960) zu entdecken.
STYLE OVER SUBSTANCE?
Das ist zwar alles durchaus charmant. Allerdings wirkt X so, als wäre er kaum mehr als der x-te (Retro-)Slasher. Aber gibt es auch so etwas wie Substanz? Es bedarf schon eines etwas genaueren Blickes, um hier so etwas wie Subtext zu erkennen. Hie und da werden Andeutungen gemacht, dass sich hinter alldem eine noch viel größere Story verbergen könnte. Und die Tatsache, dass ein Prequel bereits abgedreht ist, ein Sequel schon erdacht wurde und darüber hinaus noch weitere Filme in diesem Universum möglich sind, verstärkt diesen Eindruck noch zusehends.
Bis diese Filme jedoch erscheinen, insofern sie denn tatsächlich erscheinen sollten, muss X aber erst einmal für sich alleine stehen. Und zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich sagen, dass dieser Film ein stylischer und fantastisch aussehender, authentischer, hervorragend besetzter und gespielter, absolut blutiger und manchmal verstörender sexy Arthouse-Slasher mit B-Movie-Charme ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
WHAT A BLOODY HELL OF A MOVIE!
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🎙🎧 Diese Review gibt es nicht nur für die Augen zum lesen, sondern auch als Mini-Podcast für die Ohren. Bei Interesse hier die Links:
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Das El Royale Hotel hat seine besten Zeiten längst hinter sich. Der Glanz vergangener Tage blitzt zwar noch hie und da unter all dem angesetzten Staub hervor, aber inzwischen ist das Hotel eher zu einer Absteige für zwielichtige Gestalten verkommen. So ergibt sich auch, dass sich dort eines schicksalshaften Tages die Wege von vier Reisenden kreuzen. Sie alle hat es aus unterschiedlichen Gründen in dieses Hotel verschlagen. Und sie alle haben etwas zu verbergen. Doch auch das Hotel selbst, das El Royale, birgt so manches Geheimnis. Wenn die Wände reden könnten, sie würden schreien…
Drew Goddards BAD TIMES AT THE EL ROYALE ist ein Ensemble-Film, in welchem dem Ensemble erfreulicherweise genügend Wertschätzung zu Teil wird. Das heißt, alle Figuren sind fein ausgearbeitet, vielschichtig geschrieben und sie alle tragen ihren Teil zum Verlauf der Geschichte bei. Doch es bedeutet auch, dass der Film weniger Plot Driven ist, sondern viel eher Character Driven. Einige mögen daher vielleicht mokieren, dass sich Drehbuchautor und Regisseur Drew Goddard zu viel Zeit nehme, um die Handlung voranzubringen und dass der Film ohnehin viel zu lang geraten sei. Und diese Kritik hat durchaus ihre Berechtigung. Wer sich jedoch auf die Figuren einlassen und von dem hervorragenden Schauspiel in den Bann ziehen lassen kann, wird sich wohl kaum daran stören. Für mich jedenfalls vergingen die knapp zweieinhalb Stunden wie im Fluge.
Ganz nebenbei sieht der Film auch noch fantastisch aus und der Soundtrack passt wie die Faust auf‘s, ähm, Ohr. Ein besseres Händchen für die geeignete Filmmusik beweisen möglicherweise nur noch Edgar Wright oder Quentin Tarantino.
Wodurch sich der Thriller zudem noch auszeichnet, ist das World Building. Jeder einzelnen Figur sowie dem El Royale Hotel selbst wurde eine eigene Backstory spendiert. Zwar spielt sich der Großteil der Handlung an einem Ort ab, aber durch clever geschriebene Dialoge, eingestreute Hinweise und gut platzierte Rückblenden wirkt die Welt schnell größer und lebendiger. Auch die aufgemachten Geheimnisse tragen nicht unerheblich zu diesem Gefühl bei.
Leider jedoch verfolgt Goddard die Strategie, nicht jedes einzelne dieser Geheimnisse genauer zu durchleuchten. Dadurch wird zwar der Anschein von Vielschichtigkeit gewahrt und das Geschehen bleibt bis zum Ende hin mysteriös. Aber einige offene Fragen bleiben ungeklärt, wodurch Teile des Publikums gegebenenfalls etwas unzufrieden zurückgelassen werden könnten.
Wer jedoch nach dem Abspann das eigene Kopfkino bedient, nicht alles bis ins kleinste Detail erläutert bekommen muss und sich außerdem von der langen Laufzeit nicht abschrecken lässt, wird mit einer gut konstruierten Story, einem wunderbar aufgelegten Cast und einem durchweg spannenden Thriller belohnt.
Mit diesen Erwartungen ist es immer so eine Sache. Während sie für die einen zur Bürde werden können, führen sie, wenn sie zu hoch angesetzt wurden, bei anderen unweigerlich zur Enttäuschung. Nun hat der Filmemacher Robert Eggers mit THE NORTHMAN dahingehend zwei Dinge bewiesen:
Erstens: Mit seinen ersten beiden Filmen THE VVITCH (2015) und THE LIGHTHOUSE (2019) hat er die Messlatte derart hochgelegt, dass THE NORTHMAN die dadurch entstandene Erwartungshaltung nur unterlaufen konnte.
Und Zweitens: Zwar ist dieser Film bis dato Eggers‘ teuerster Film, aber mehr Budget bedeutet nicht zwangsläufig auch ein besseres Ergebnis.
Doch der Reihe nach. Worum geht es eigentlich in THE NORTHMAN?
Der junge Prinz Amleth (Oscar Novak) muss mit ansehen, wie sein Vater, König Aurvandil (Ethan Hawke), von dessen Bruder Fjölnir (Claes Bang) getötet wird. Amleth kann Fjölnirs Schergen knapp entkommen und schwört, sich eines Tages an ihm zu rächen.
So sind die Jahre ins Land gezogen. Amleth (nun gespielt von Alexander Skarsgård) ist zu einem Mann herangewachsen und inzwischen Teil einer mordenden und brandschatzenden Bande von Berserkern. Nach dem Überfall auf ein Dorf scheint, wie durch eine Fügung des Schicksals, nun endlich Amleths Chance gekommen zu sein, um seinen einstigen Schwur zu erfüllen.
Was sich daraufhin entspinnt, ist eine Rachegeschichte in Reinform. Etwas wenig für knapp 70-90 Millionen US-Dollar und 137 Minuten Laufzeit, könnte man meinen. Und in der Tat wirkt die Story von THE NORTHMAN etwas dünn. Dass es aber durchaus funktionieren kann, wenn sich ein Revenge-Film nur auf das Wesentlichste konzentriert, haben bereits andere Werke wie THE REVENANT (2015, R: Alejandro G. Iñárritu) oder MANDY (2018, R: Panos Cosmatos) bewiesen.
Allerdings scheint das Motiv für die Rache hier kaum über einen mehr als fragwürdigen Ehrbegriff hinauszugehen. Anstatt sich also eingehender der Charakterzeichnung zu widmen und die Motivation der Figur so noch ein wenig nachvollziehbarer zu gestalten, liegt das Hauptaugenmerk von Eggers stattdessen auf dem "World Building". Doch so interessant es auch sein mag, mehr über die Bräuche und Riten, die Mythologie und den Glauben aus dieser entworfenen Welt zu erfahren, so essentiell wäre es gewesen, der Hauptfigur einige zusätzliche Facetten zu verleihen.
Gleichzeitig scheint es aber das zugrundeliegende Konzept des Films zu sein, nur das Nötigste zu erklären. Ansonsten verfolgt Eggers weitestgehend das Prinzip "Show, don‘t tell", wodurch die Deutung über das Gezeigte dem Publikum oft selbst überlassen bleibt. Der positive Effekt, den diese Art des Erzählens mit sich führt, ist, dass die Welt dadurch ungleich größer und komplexer anmutet. Im Kontrast dazu erscheint alles aber auch etwas abstrakter. Die Figuren und ihre Motive sind kaum greif- bzw. nachvollziehbar, was eine emotionale Verbundenheit verhindert.
An der Visualität von THE NORTHMAN gibt es, abgesehen von einigen wenigen schlechten CGI-Effekten, kaum etwas zu bemängeln. Auch wenn keine überdimensionalen Schlachten bestritten werden, ist das Bild dennoch wie für die große Leinwand geschaffen. Und die wenigen Actionszenen die es gibt, sind außerordentlich gut getimt, choreographiert und stets übersichtlich gefilmt.
Am Ende mag THE NORTHMAN zwar Robert Eggers‘ bisher schwächster Film sein, aber völlig auf Grund gelaufen ist dieses Schlachtschiff keineswegs. Formal nahezu perfekt, lässt das bildgewaltige Werk nur leider an Fallhöhe und emotionalen Tiefgang vermissen.
+++ HINWEIS: KÖNNTE LEICHTE SPUREN VON SPOILERN ENTHALTEN +++
Ist es mit Dating-Apps, Swipes und Matches heutzutage überhaupt noch möglich, dass eine Love-Story ihren Anfang ganz klassisch im realen Leben finden kann? Noa (Daisy Edgar-Jones) jedenfalls hat genug vom Online-Dating, von den immer gleichen „zwanglosen“ Fragen und den herben Enttäuschungen, die am Ende auf sie warten. Doch dann lernt sie eines abends Steve (Sebastian Stan) kennen, der sie zwar auf eine sehr direkte, aber irgendwie auch charmant unbeholfene Art im Supermarkt anflirtet. Schnell werden Nummern getauscht, es folgt ein erstes Date und das Schicksal scheint es dieses Mal tatsächlich gut mit Noa zu meinen. Es wirkt alles einfach zu schön um wahr zu sein. Zumindest solange, bis sich Steves wahres Gesicht zeigt und die Stimmung auf einmal völlig kippt. Kurz gesagt: Noas schlimmster Dating-Horror wird einmal komplett durch den Fleischwolf gedreht.
Ursprünglich wollte ich mir FRESH im Rahmen der Fantasy Filmfest Nights auf großer Leinwand ansehen, denn dort lief er als Abschlussfilm. Leider wurde dieses Vorhaben von einer kurzfristig einsetzenden Erkältung verhindert. Und nun, nachdem ich ihn mir im Stream auf dem heimischen Fernseher angeschaut habe, bedauere ich es umso mehr diese Gelegenheit verpasst zu haben. Denn Mimi Caves Langfilm-Debüt ist ganz nach meinem Geschmack. FRESH beginnt als romantische Komödie mit einer sarkastischen Note und entpuppt sich im weiteren Verlauf als Thriller mit einer gehörigen Prise Zynismus. Die zu Grunde liegende Prämisse ist zwar nicht neu, aber wie sie hier zubereitet wird, hat – dem Titel entsprechend – durchaus etwas frisches an sich.
In den USA auf Hulu erschienen, ist FRESH hierzulande seit dem 15. April als Star-Original auf Disney+ verfügbar. Und auch wenn der Film direkt für den Stream produziert wurde, ist es in diesem Falle doch recht bedauerlich, dass er, abgesehen von einigen Screenings auf diversen Filmfestivals, keine Kinoauswertung bekommen hat. Stattdessen wird ihn nun vermutlich recht bald das gleiche Schicksal wie vielen anderen Original-Produktionen ereilen und er versauert irgendwo in den Untiefen der Plattform.
Dabei ist das Bild eigentlich wie für die große Leinwand geschaffen. Im Anbetracht dessen, dass oft Nahaufnahmen gezeigt werden, mag diese Aussage vielleicht erst einmal etwas paradox klingen. Aber abgesehen davon gibt es in vielen Einstellungen unzählige Details zu entdecken, die auf einem kleineren Bildschirm vermutlich recht schnell übersehen werden können.
Und auch anderweitig ragt FRESH aus dem Gros der Streamingmassenproduktionen hervor. Abgesehen vom faden Ende ist die Story wirklich würzig geschrieben und wird mit der richtigen Balance aus Absurdität und Ernsthaftigkeit serviert. Hie und da ist das Ganze zwar dezent sehnig, aber bis auf einige kleinere Längen ist der Film nie langweilig, sondern spätestens ab dem Moment an dem der Albtraum seinen Lauf nimmt durchgehend spannend. Der peppige Soundtrack weiß ebenfalls zu gefallen. Aber die „Cherry on Top“ sind die grandiosen Darbietungen der beiden Hauptdarsteller:innen Daisy Edgar-Jones und Sebastian Stan, die hier mit sichtbar viel Spaß an der Spielfreude bei der Sache waren.
Mein Fazit lautet also: Blutig, aber gleichzeitig auch well done! Auch wenn FRESH kaum Grenzen überschreitet, ist er dennoch nichts für schwache Mägen. Für all diejenigen mit einem etwas spezielleren Filmgeschmack lautet jedoch die Devise: Zugreifen, solange der Augenschmaus noch frisch ist. Wobei er vermutlich auch aufgewärmt noch exquisit schmecken dürfte.
Dan (Mamoudou Athie) ist ein Spezialist darin, altes, beschädigtes Film- und Videomaterial zu restaurieren. Schließlich wird er von Virgil Davenport (Martin Donovan), Chef des ominösen Unternehmens LMG, angeheuert, um eine ganze Reihe Videokassetten wiederherzustellen, welche bei einem Brand beinahe völlig vernichtet worden wären. Die Bezahlung ist mehr als gut und Dan soll sogar das neueste technische Equipment für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt bekommen. Was nach einem einfachen Job und leicht verdientem Geld klingt, entpuppt sich jedoch bald als wahrer Albtraum. Plötzlich beginnt Dan Dinge auf den Tapes zu sehen, die unmöglich sein können. Spielt ihm seine Wahrnehmung einen Streich? Um die Wahrheit herauszufinden, begibt sich Dan immer tiefer hinein in den Kaninchenbau und muss schließlich feststellen, dass das, was auf den Tapes zu sehen ist, offenbar eng mit seiner eigenen Vergangenheit verwoben zu sein scheint.
Das Verwirrspiel, was sich aus dieser Prämisse entspinnt, weist durchaus einiges an Potential auf. Erzählt wird die Geschichte dabei auf zwei Zeitebenen. Während die Gegenwart aus Dans Perspektive geschildert wird, spielt sich die Vergangenheit auf den Tapes ab, wobei sich die beiden Zeitebenen zusehends einander annähern.
Über weite Teile weiß ARCHIVE81 eine unheimliche und dichte Atmosphäre zu erzeugen. Doch, obwohl die Serie durchaus spannend beginnt, weist sie zwischendurch immer wieder etwas Leerlauf auf und scheint sich, aufgrund zu vieler Twists und Wendungen, hinten raus sogar etwas zu verrennen.
Ähnlich überambitioniert wirken auch die Figuren. Diese werden zwar durchweg gut gespielt und gerade die wichtigen Hauptfiguren sind recht sympathisch. Doch hie und da treffen sie Entscheidungen, die vermutlich kaum ein normaler Mensch unter den gegebenen Umständen treffen würde.
Leider wurde die Serie bereits wieder abgesetzt, was vor allen Dingen deswegen schade ist, da die erste Staffel mit einem Cliffhanger endet. Was also am Ende bleibt ist eine Mystery-Serie die zwar stark beginnt, deren auf einem Podcast basierende Grundidee aber im weiteren Verlauf etwas an Reiz verliert.
Geisterbeschwörung, unerklärliche Ereignisse und Besessenheit. Das klingt alles äußerst vertraut, denn Filme wie OUIJA: URSPRUNG DES BÖSEN (OT: OUIJA: ORIGIN OF EVIL) gibt es wahrlich zuhauf. Was diesen Film jedoch aus der grauen Masse etwas hervorhebt, ist, dass Regisseur Mike Flanagan tatsächlich eine unheilvolle Atmosphäre heraufzubeschwören vermag und dass ihm offenbar etwas an seinen Figuren gelegen ist, wodurch sie auch dem Publikum nicht egal sind.
Allerdings ist dem Ganzen auch anzumerken, dass ein straighter (knapp) 90-Minüter nicht so ganz Flanagans Steckenpferd ist. Überlange Filme wie DOCTOR SLEEPS ERWARCHEN (2019, OT: DOCTOR SLEEP) oder Serien wie MIDNIGHT MASS (2021) liegen ihm da weitaus eher, kann er sich dort doch die Zeit nehmen die er braucht, um seine Figuren angemessen vorzustellen und das Szenario zu etablieren. Daher wirkt dieser Film durch den einen oder anderen kleineren Zeitsprung in der Handlung mitunter etwas holprig erzählt.
Zusätzlich stören die nicht ganz so gelungenen CGI-Effekte ein wenig. Wobei dies dem eher geringen Budget von round about 10 Millionen US-Dollar geschuldet sein dürfte.
Den vorhandenen Schwächen weiß der gut aufgelegte Cast jedoch gekonnt entgegenzuspielen. Allen voran Lulu Wilson überzeugt als ein von einem bösen Dämon besessenes Creepy Child. Und auch der Soundtrack der Newton Brothers geht wieder einmal gut ins Ohr.
Am Ende wurde mit OUIJA: URSPRUNG DES BÖSEN das Genre zwar keinesfalls revolutioniert. Allerdings bietet dieser massentaugliche Grusler die passende Unterhaltung für einen schauerhaften Fernsehabend.
Anders als es der Titel im ersten Moment vermuten lassen könnte, ist DETECTIVE DEE UND DAS GEHEIMNIS DER PHANTOMFLAMMEN ein Abenteuerfilm, der mehr auf Tempo als auf knifflige Knobeleien zum Miträtseln setzt. Dabei macht er zwar eine sagenhafte Welt voller Mysterien auf. Über einige Ungereimtheiten sowie die schlechten Effekte muss man aber hinwegsehen wollen.
Pixars neuester Streich ROT (OT: TURNING RED) ist ein weiterer Eintrag in die Coming-of-Age-Filmographie der Company. Dieses Mal geht es um ein Mädchen, dass immer dann zu einem roten Panda wird, wenn die Emotionen mit ihr durchgehen. Allerdings ist es nicht immer ganz so einfach, die Gefühle im Zaum zu halten – vor allen Dingen nicht während der Pubertät befindet, wenn die Hormone völlig verrückt spielen.
Was sich aus dieser Prämisse entspinnt, ist eine oft knuffige, manchmal magische Geschichte über das Erwachsenwerden und Zu-sich-selbst-finden. Dabei hat Pixar – zumindest dramaturgisch – auf die altbewährte Formel gesetzt. Die Hauptfigur macht die typische Entwicklung durch, es entstehen die üblichen Konflikte und am Ende fügt sich alles so, wie es sich eben fügen soll. Das könnte durchaus als Kritikpunkt angeführt werden. Allerdings ließe sich auch argumentieren, dass das Publikum dadurch eben das bekommt, was es sich von einem Pixar-Film erhofft.
Das bedeutet natürlich nicht, dass alle Pixar-Filme identisch wären oder dass sich ROT aus dieser Masse nicht hervorheben würde. Die kreativen Köpfe wissen durchaus gekonnt mit den einzelnen Versatzstücken zu spielen, so dass sich auch hier wieder das Gefühl einstellt, eine neue und eigenständige Geschichte erzählt zu bekommen. Und an einigen Stellen ist ROT auch ziemlich erfrischend. Ich kann mich beispielsweise nicht entsinnen, dass hormonelle und körperliche Veränderungen in einem anderen „Animationsfilm für die ganze Familie“ auf eine so charmant-direkte Art und Weise thematisiert wurden. Dadurch entsteht der Eindruck, als hätten Regisseurin Domee Shi und ihre Co-Autorin Julia Cho aus ihren ganz persönlichen Erfahrungen geschöpft. Gleichzeitig bekommt die Geschichte dadurch aber eine Universalität, da gewiss ein großer Teil des Publikums diese Erfahrungen teilen kann.
Manchmal wirkt das Ganze zwar zu hyperaktiv und comichaft überzeichnet, und auch die Auflösung der Konflikte erscheint am Ende dann doch etwas zu einfach. Aber alles in allem ist ROT eine wirklich spaßige und herzliche Angelegenheit – nicht mehr und nicht weniger.
Für die UnAufgefordert, die Studierendenzeitung der HU Berlin, habe ich eine Filmkritik zu THE BATMAN geschrieben. Interessierte können hier reinlesen:
https://www.unauf.de/2022/der-neueste-eintrag-ins-dc-filmuniversum-matt-reeves-the-batman/
Andernfalls hier in aller Kürze mein Fazit zum Film:
"[...] Zusammenfassend lässt sich sagen, dass The Batman kein reines Popcorn-Kino geworden ist. Das war aber auch gar nicht die Intention von Regisseur Matt Reeves. Viel eher hat er Action- und Erzählkino miteinander verwoben, wodurch am Ende ein sehenswerter Blockbuster entstanden ist, der mehr ist als einfach „nur“ ein weiterer Superheld*innenfilm von der Stange."
Am 3. März 2022 startet der von vielen lang ersehnte THE BATMAN in den Kinos. Um mich auf diesen Film jedoch richtig einzustimmen, wollte ich im Vorfeld – so wie viele andere hier auf Moviepilot sicherlich auch – noch einmal in das Batman-Cinematic-Universe eintauchen. Und welcher Batman-Film wäre hierfür besser geeignet, als der batmanigste Batman-Film überhaut? Die Rede ist natürlich von THE LEGO® BATMAN MOVIE!
Nun, es ist sicherlich unbestreitbar, dass THE LEGO® BATMAN MOVIE kaum die von THE BATMAN erwartete düstere Stimmung transportiert. Von den Konflikten über die Gewaltdarstellung bis hin zum Ausgang der Story ist hier natürlich alles kindgerecht aufbereitet.
Dennoch bietet THE LEGO® BATMAN MOVIE die ideale Möglichkeit, um sich auf den Fledermausmann himself vorzubereiten, was vor allen Dingen daran liegt, dass hier alles mögliche aus allen möglichen Batman-Comics und -Filmen in einen Topf geworfen und kräftig verrührt wurde.
Ein zentraler Bestandteil des Films ist Batmans Gefühlswelt, welche mit den Worten „es ist kompliziert“ wohl noch am treffendsten beschrieben werden kann. Ausgelöst durch den Tod seiner Eltern leidet Batman alias Bruce Wayne unter Verlustängsten, was ihn jedoch auch dazu treibt, Beziehungen jeglicher Art von sich zu weisen, nur um nicht wieder diesen Verlust spüren zu müssen. Allerdings ist er dadurch vor allen Dingen eins – einsam.
Darüber hinaus wird aber noch vieles mehr thematisiert und es würde den Rahmen sprengen all dies im Detail aufzuführen. Selbstverständlich ist der Film dadurch heillos überladen. Auch hat es bei mir etwas gedauert, bis es bei mir „CLICK!“ gemacht hat und ich mich auf die Art des Films einlassen konnte. Zudem will hier kaum so etwas wie Spannung aufkommen – ja, auch von einem Animationsfilm der für ein jüngeres Publikum gemacht ist, kann durchaus zumindest ein Fünkchen Spannung erwartet werden. Stattdessen wird ein Gag-Feuerwerk abgefackelt, bei dem aber leider nicht jeder Witz zündet – an dieser Stelle wäre weniger definitiv mehr gewesen.
Im Prinzip ist THE LEGO® BATMAN MOVIE aber anzumerken, dass es ein Film von Batman-Fans für Batman-Fans ist, der sich vor allen Dingen durch seine Liebe zum Detail auszeichnet. Und somit ist dieser Film, trotz der Kritikpunkte, definitiv eine Empfehlung wert – sowohl für Fans von Batman, als auch für (jung gebliebene) Fans von Klemmbausteinen.
Nachdem George A. Romero im Jahr 1968 mit NIGHT OF THE LIVING DEAD das Zombie-Genre revolutioniert und gleichzeitig Filmgeschichte geschrieben hatte, erschien 1990, also knapp 32 Jahre später, ein Remake des Klassikers. Die Regie übernahm dieses Mal Tom Savini, Maskenbildner und Special Effects-Experte sowie ein langjähriger Weggefährte Romeros.
In Deutschland folgte jedoch schnell die Indizierung und Beschlagnahme des Streifens. Erst 2020 wurde die Beschlagnahme aufgehoben und NIGHT OF THE LIVING DEAD (1990) zusätzlich vom Index gestrichen. Seit 2021 ist der Film in der ungeschnittenen Fassung ab 18 Jahren freigegeben.
Dabei ist Tom Savinis NIGHT OF THE LIVING DEAD weit davon entfernt ein ebensolches Gore-Fest zu sein, wie beispielsweise George A. Romeros DAWN OF THE DEAD (1978) oder DAY OF THE DEAD (1985), für die Savini selbst einst die blutigen Spezialeffekte angefertigt hatte. Was den Gewaltgrad angeht, orientiert sich das Remake viel eher am Original, welches im Gegensatz zu den beiden genannten Nachfolgern noch relativ blutleer daherkommt. Doch nicht nur im Bezug auf die explizite Gewaltdarstellung, auch in anderen Belangen ähnelt dieser Streifen sehr dem Original, angefangen natürlich bei der Handlung:
Barbara (Patricia Tallman) und Ben (Tony Todd) sowie einige andere finden Unterschlupf in einem Farmhaus. Was sie allesamt eint, ist, dass sie von Unbekannten scheinbar völlig grundlos und aus dem Nichts angegriffen wurden. Bald findet die kleine Gemeinschaft jedoch heraus, dass die Angreifer keine normalen Menschen mehr sind, sondern dass es sich dabei um Untote handeln soll. Offenbar scheinen die Toten wieder auferstanden zu sein, um nach dem Fleisch der Lebenden zu trachten. Vor dem Farmhaus versammeln sich immer mehr von den Untoten, so dass dieses Versteck bald nicht mehr sicher ist. Doch die Gefahr lauert nicht nur draußen vor der Tür. Innerhalb der kleinen Gruppe kommt es immer wieder zu Konflikten, welche nach und nach immer mehr drohen zu eskalieren. Und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Natur des Menschen ihr wahres Gesicht zeigt…
Soweit scheint also erst einmal alles beim Alten zu sein. Und auch ansonsten ist hier vieles recht ähnlich im Vergleich zum Original. Da es sich bei Tom Savinis NIGHT OF THE LIVING DEAD jedoch nicht um eine simple 1:1-Kopie handelt, sind dann doch ein paar Unterschiede auszumachen.
So wurde hier beispielsweise etwas mehr Wert auf Action und Spannung gelegt. Sämtliche Passagen, die Romeros Original damals noch das Tempo nahmen, wurden konsequent herausgestrichen. Soll heißen: Mit umständlichen, viel zu langwierigen Erklärungen wird sich hier gar nicht erst aufgehalten. Dadurch ist das Remake zwar um einiges kurzweiliger geraten, allerdings lässt es dadurch auch etwas an Tiefgang vermissen.
George A. Romeros Werk zeichnete sich einst durch seine bissigen, gesellschaftskritischen Kommentare aus. Er äußerte sich kritisch gegenüber Medien, Rassismus wurde (wenn auch eher zufällig) thematisiert und auch das unfähige Militär sowie die Wissenschaft bekamen ihr Fett weg. All das wurde in Savinis Version aber weitestgehend heruntergefahren und auf einen gemeinsamen Nenner eingedampft, welcher da lautet: "Der Mensch ist dem Menschen sein Wolf."
Die einzige Ausnahme bildet hier die Darstellung der Frau. Denn im Gegensatz zum Original ist die Figur der Barbara nun wesentlich stärker und eigenständiger. Sie macht eine echte Entwicklung durch und stellt sich selbstbewusst den Entscheidungen der Männer entgegen. Dies kann gewiss auch als selbstkritische Reflexion interpretiert werden, hat Romero beim Remake nicht nur als Produzent mitgewirkt, sondern erneut auch das Drehbuch beigesteuert.
Abgesehen davon liegt der Fokus beim 1990er NIGHT OF THE LIVING DEAD aber klar auf der Unterhaltung – und die bekommt man hier allemal geboten. Sicherlich, der Film atmet die Luft seiner Zeit und wirkt dadurch heutzutage mitunter vielleicht etwas "trashig". Und auch im direkten Vergleich mit dem Original würde dieser Film definitiv den Kürzeren ziehen. Doch abgesehen davon ist Tom Savini ein recht solider Zombie-Streifen gelungen, der immer noch zu den besseren Vertretern des Genres zählen dürfte.
Die Teenagerin Blaire (Shelley Henning) skyped mit ihrem Freund Mitch (Moses Storm). Wenig später schließen sich diesem Gespräch noch weitere ihrer Freund:innen an. Mit dabei ist aber auch eine unbekannte Person. Vergeblich unternimmt die Gruppe mehrere Versuche, die unbekannte Person abzuschütteln. Doch es gelingt ihnen nicht. Wurden sie gehackt? Oder handelt es sich um einen Virus? Bald gibt die unbekannte Person zu erkennen, was sie will – und das ist Vergeltung.
Das ganze Geschehen verfolgen wir über Blaires Bildschirm. Wir sehen den Skype-Call, die Chat-Rooms, die geöffneten Tabs in ihrem Browser. Wir sehen, wie sie immer wieder zwischen den verschiedenen geöffneten Fenstern hin- und herklickt. Damit ist UNKNOWN USER (OT: UNFRIENDED) dem sogenannten Screenlife- oder auch Desktop-Film zuzuordnen, einer Unterkategorie des Found-Footage-Films.
Tatsächlich sind Aufmache und Prämisse von UNKNOWN USER gar nicht mal so uninteressant. Und eigentlich weiß dieser kleine Horrorfilm über den Großteil seiner (recht kurzen) Laufzeit auch ganz gut zu unterhalten. Doch im Verlauf nutzt sich das Prinzip doch ein wenig ab und es wird zuweilen gar anstrengend den Überblick zu behalten. Eins steht jedenfalls fest: Wer die eigene Benutzeroberfläche gerne aufgeräumt hält und wem es bereits einen Schauer über den Rücken jagd, wenn mehrere Tabs und Anwendungen gleichzeitig geöffnet sind, der oder die bekommt hier mit absoluter Gewissheit das Fürchten. Denn was das betrifft, ist dieser Film wirklich nichts für schwache Nerven. Auch ist es irgendwann schlichtweg anstrengend, wenn die Figuren aufgrund der Geschehnisse die Fassung verlieren und sich gegenseitig bald nur noch anschreien.
Auf der anderen Seite wirkt der Film dadurch irgendwie auch authentisch. Im Gegensatz zu anderen Teenie-Horrorfilmen hat man hier nicht unbedingt das Gefühl, dass irgendwelche 08-15-Charaktere durch die Gegend stapfen und von einem:einer Killer:in gemeuchelt werden. Viel eher hat es den Anschein, als würde man tatsächlich ein paar Teenager:innen dabei zusehen, wie sie die Beherrschung verlieren und durchdrehen. Zumindest solange, bis der Film den Bogen dann doch überspannt und die Story gegen Ende immer absurdere Züge annimmt. Ohnehin ist die Auflösung das größte Problem des Films und es bleiben gewiss einige Fragen – vor allen Dingen die Logik betreffend – offen.
In jedem Falle sollten die eigenen Erwartungen an diesen Film nicht allzu hoch angesetzt werden. Ist man aber dazu in der Lage, hie und da ein Auge zuzudrücken und über die eine oder andere Ungereimtheit hinwegzusehen, dann bekommt man hier immerhin kurzweilige Grusel-Unterhaltung für Zwischendurch geboten.
Es hatte zugegeben etwas gedauert, bis ich das Konzept des Erzähl-Formates "Podcast" nicht nur verstehen, sondern auch für mich persönlich annehmen konnte. Aber irgendwann ist der Groschen bei mir gefallen und seitdem höre ich fast täglich diverse Podcasts. Nur mit einer bestimmten Kategorie bin ich bislang noch nicht warm geworden: dem True Crime-Podcast.
Umso erstaunlicher ist es für mich daher, dass ich der auf Disney+ erschienen Krimi-Serie ONLY MUDERS IN THE BUILDING etwas abgewinnen konnte. Denn auf dem ersten Blick scheint die Serie nichts anderes zu sein, als der filmgewordene True Crime-Podcast. Doch sie hat es geschafft, mich mit ihrem Charme, den quirky Charakteren und einer nicht gerade unspannenden Kriminalgeschichte in den Bann zu ziehen.
Dabei wäre selbst die ursprüngliche Idee, die Steve Martin – Hauptdarsteller, Ideengeber und Produzent – für etwa zehn Jahre mit sich herumgetragen hatte, ein richtiger Knaller gewesen: Drei ergraute Herrschaften sind durch eine gemeinsame Leidenschaft miteinander verbunden – dem Lösen von Verbrechen. Da sie aber inzwischen zu alt sind, um sich nach draußen zu begeben, konzentrieren sie sich stattdessen auf Verbrechen, die in dem Apartment-Gebäude stattfinden, in dem die drei leben. Für die Serienumsetzung wurde nun einer dieser älteren Männer durch eine junge Frau ausgetauscht und die Idee durch die naheliegende True Crime-Podcast-Komponente ergänzt.
Es ist ein Mord geschehen. Ein junger Mann wird tot in seiner Wohnung aufgefunden. Erschossen. Die Polizei vermutet einen Selbstmord. Doch den drei True Crime-Podcast-Fans Charles (Steve Martin), Oliver (Martin Short) und Mable (Selena Gomez) kommt schnell der Verdacht, dass es sich in Wahrheit um einen Mord handeln könnte. Zwar kennen sich die drei erst seit jener Mordnacht, aber dennoch beginnen sie gemeinsam zu ermitteln. Und nach und nach kommt das ungleiche Trio der Wahrheit auf die Spur.
Die Geschichte, die ONLY IN MURDERS IN THE BUILDING erzählt ist weder neu noch bahnbrechend. Vieles fühlt sich vertraut an und die Haken, die geschlagen werden, folgen ebenfalls einem altbekannten Muster. Das bedeutet zwar nicht, dass die Handlung allzu vorhersehbar ist, aber wenn man bereits einige Krimis und Krimiserien geschaut hat, dann könnte man zumindest ein kleines Bauchgefühl bekommen, wenn es um die Frage geht, ob ein Mord stattgefunden hat oder nicht, und wenn ja, wer denn der:die Mörder:in sein könnte.
Aber nichtsdestotrotz wissen die Serienschöpfer:innen stets genau, welche Knöpfe sie drücken müssen, damit das Publikum am Ball bleibt. Das liegt zum einen an den drei Hauptfiguren, zwischen denen relativ schnell eine gewisse Chemie entsteht und mit denen man als Zuschauer:in gerne mitermittelt. Auch wird immer wieder eine Prise Humor eingestreut und teilweise bekommt das Ganze sogar parodistische Züge, ohne jedoch zu sehr in Klamauk auszuarten, so dass sich Witz und Spannung hier stets die Waage halten.
Was aber am beeindruckendsten ist, sind die kreativen Einfälle, wie die Geschichte erzählt wird. So gibt es etwa eine Folge, die wie ein Casting für ein Theaterstück aufgezogen ist oder – und dies ist mein persönliches Highlight – eine Folge, in der größtenteils aus der Sicht einer tauben Figur erzählt wird.
Alles in allem merkt man, wie durchdacht die Serie ist und wie viel Herzblut in ihr steckt. Diese Leidenschaft transportiert sich auch auf das Kriminalgeschichten liebende Publikum – selbst auf diejenigen, die, wie ich, mit True Crime-Podcasts nicht viel anfangen können.
Vier Studenten der Transylvania University in Lexington, Kentucky, planen einen spektakulären Raub. Aus der Bibliothek ihrer Universität wollen sie historische Bücher im Wert von mehreren Millionen Dollar entwenden. Das Wissen darüber, wie ein solcher Coup durchzuziehen ist, haben sie aus Spielfilmen. Und tatsächlich, trotz kleinerer Rückschläge scheint ihr Plan zunächst aufzugehen. Doch bald müssen die Vier feststellen, dass die Realität nicht nach den Regeln eines Heist-Movies spielt und dass ihre Entscheidungen schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen.
„This is not based on a true story. This is a true story.“ Mit diesen selbstbewussten Worten werden zu Beginn des Films die nachfolgenden Geschehnisse eingeläutet, die sich, so unglaublich das Ganze auch klingen mag, so (oder so ähnlich) tatsächlich im Jahr 2004 zugetragen haben (sollen). Die Ironie dabei: Haben sich die vier Studenten für ihren Plan noch selbst von der Filmwelt inspirieren lassen, so diente nun wiederum ihre Tat als Inspiration für diesen Film.
Für die filmische Umsetzung dieser Geschichte hat sich Drehbuchautor und Regisseur Bart Layton nicht nur seine Erfahrungen als Dokumentarfilmer zu nutze gemacht, er hat in AMERICAN ANIMALS auch gleich eine Brücke zwischen Dokumentation und Spielfilm geschlagen. Während die Ereignisse von der Planung bis hin zur Umsetzung mit Schauspieler:innen in feinster Spielfilm-Manier nachgestellt und nacherzählt werden, sind zwischen diesen Szenen immer wieder Interview-Sequenzen mit den realen Personen zu finden, welche das Gezeigte wiederum kommentieren und einordnen. Dieses Stilmittel ist zwar nicht gänzlich neu, sorgt aber dafür, dass man als Zuschauer:in stets an den wahren Hintergrund dieser Story erinnert wird und das Gezeigte hierdurch authentisch bleibt. An einigen Stellen tauchen die realen Personen sogar kurz selbst in den Spielfilmszenen auf, ohne jedoch die Handlung aktiv zu beeinflussen.
Spannend wird es vor allen Dingen dann, wenn die Erinnerungen der echten Personen auseinandergehen. So gibt es etwa eine Szene, in der sich zwei von ihnen an ein Gespräch zurückerinnern, welches sie geführt haben. Ihre Versionen unterscheiden sich allerdings grundlegend voneinander. Während der eine schildert, dass sie auf einer Party waren, meint der andere sich daran zu erinnern, dass sie das Gespräch während einer Autofahrt geführt hätten. Diese Diskrepanz hat der Regisseur aufgegriffen und schneidet immer wieder zwischen beiden Szenerien hin und her, während das Gespräch zwischen den Figuren jedoch inhaltlich nahtlos fortgeführt wird. Kreative Einfälle dieser Art gibt es an einigen Stellen des Films.
Die Verwebung von Dokumentar- und Spielfilm hilft allerdings auch dabei, sich auf emotionaler Ebene besser mit den Protagonisten zu verbinden, wenn etwa die realen Personen in den Interviewsequenzen geläutert und mit einer gewissen Reue auf ihre damaligen Taten zurückblicken.
Mit seinem Dokumentar-Spielfilm-Hybriden ist Bart Layton ein äußerst beachtlicher True-Crime-Heist-Movie gelungen. Vom Cast über die visuelle Ausgestaltung bis hin zur Musik – hier stimmt einfach alles. AMERICAN ANIMALS ist von der ersten bis zur letzten Minute spannend sowie (vor allen Dingen im finalen Akt) absolut eindringlich. Es bleibt also interessant zu beobachten, was der Filmemacher in Zukunft noch abliefern wird.
Irgendetwas fühlt sich merkwürdig an, fühlt sich falsch an. Ein Gefühl von Beklemmung macht sich breit. Unbehagen. Ganz so, als befände man sich im falschen Film.
Wir beobachten skurrile Figuren, wie sie mit anderen skurrilen Figuren in Interaktion treten und aneinander vorbeispielen, wie sie in künstlich überzeichneten Dialogen zueinander, aber nicht miteinander reden. Wir sind das Publikum, das durch die oft erhöhte Kamera von oben auf die Szenerie blickt. Und von hier oben aus schauen wir den skurrilen Figuren dabei zu, wie sie, zu Emotionen kaum imstande, stets die Kontrolle über die Situation bewahren wollen, wie sie nach Erklärungen für das Unbeschreibliche, das Unaussprechliche suchen, und wie sie daran verzweifeln und die Fassung verlieren. Wir blicken buchstäblich in menschliche Abgründe.
Und doch, obwohl wir den Überblick zu haben scheinen, wird auch die Bedrohung für uns nie ganz greifbar. Es ist nicht irgendein personifiziertes Monster, das mit seinen grauenhaften Taten für Anspannung beim Publikum sorgt. Denn es gibt kein Monster. Es gibt nur das Monster im Menschen. Eine schauerliche Erkenntnis.
THE KILLING OF A SACRED DEER ist ein weirder, klinisch steriler Psychothriller mit künstlerischem Anspruch, dessen unnatürlich unmenschliche Künstlichkeit zwar eine stärkere, emotionale Verbindung zu den Figuren verhindert, welche uns aber gleichzeitig ein so unbehagliches Gefühl bereitet, dass es kaum auszuhalten ist.