Das erwarten wir von der Berlinale 2015

04.02.2015 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Knight of Cups, Queen of the Desert, Schwarze Narzisse, Chasuke's Journey
Berlinale, STUDIOCANAL, Benaroya Pictures, KSM, Bandai Visual
Knight of Cups, Queen of the Desert, Schwarze Narzisse, Chasuke's Journey
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Morgen werden die 65. Filmfestspiele in Berlin offiziell eröffnet. Per ultramodernem E-Mail-Verkehr tauschen wir uns über unsere am meisten erwarteten Filme bei der Berlinale aus.

Donnerstagabend eröffnet Nobody Wants the Night von Isabel Coixet offiziell die 65. Filmfestspiele von Berlin. Auch moviepilot wird sich durch die Besucherschlangen kämpfen und euch von den Höhe-, Gähn- und Tiefpunkten der Berlinale 2015 berichten. Als Vorbereitung haben Berlinale-Gänger Beeblebrox und ich das Unvorstellbare getan und - ganz ohne Social Media-Klimbim - einander E-Mails geschrieben. Eine Dschungelprüfung ist nichts dagegen!

Jiang Wen und Ge You in Gone with the Bullets

the gaffer: Matthias, kennst du schon alle 400 Filme im Programm auswendig?

Beeblebrox: Ich habe mich zwar in den vergangenen Tagen sehr eingehend mit dem Berlinale-Programm beschäftigt, hunderte Datensätze verknüpft und tausende Keywords vertaggt. Trotzdem muss ich gestehen, dass ich beim Auswendiglernen schon nach dem Wettbewerb kapituliert habe und momentan mit einem riesigen Knäuel aus Filmen und Serien kämpfe. Und noch nie in meinem Leben habe ich mir Hermines Zeitumkehrer so sehr gewünscht wie jetzt. Konntest du dir denn schon einen ordentlichen Überblick verschaffen?

the gaffer: Stunden, ja sogar Tage habe ich damit verbracht, das Programm zu durchforsten. Mittlerweile lese ich die Katalogeinträge nur noch in der Stimme von Severus Snape , was beim Ticketeinsammeln am Pressecounter richtig Eindruck schinden wird. Aber im Ernst, von manchen Regisseuren im Wettbewerb kenne ich zwar (noch) keinen Film, aber andere Namen lösen virtuelle Freudensprünge aus. Andrew Haigh zum Beispiel, der bei der wunderbaren Serie Looking Regie führt, arbeitet in 45 Years mit Charlotte Rampling und dem einsamen Langstreckenläufer Tom Courtenay zusammen. Und überhaupt: Charlotte Rampling! Schön auch, dass es nach No Man's Land im letzten Jahr mit Gone with the Bullets wieder ein chinesischer Kassenschlager in die Königskategorie geschafft hat. Ich hoffe mal, Jiang Wen kommt nach Berlin, damit ich ihn aus der Ferne begaffen kann, ohne mich zu trauen, nach einem Autogramm zu fragen. Nur deswegen gehe ich schließlich zur Berlinale...

Beeblebrox: Oh ja, Andrew Haigh gehört auch zu den Namen, die mir sofort ins Auge gesprungen sind. Auf der einen Seite natürlich wegen Looking, auf der anderen Seite wegen Weekend, der mich vor ein paar Wochen komplett überrumpelt hat. Noch größer war mein Freudenschrei allerdings, als ich Terrence Malick und Werner Herzog im Reigen der Wettbewerbs-Teilnehmer entdeckte, wobei von Entdecken hier kaum die Rede sein kann. Dass ein Herzog in Extremen (sprich in diesem Fall der Wüste) nicht verkehrt sein kann, haben Aguirre, der Zorn Gottes und Fitzcarraldo schon vor Dekaden bewiesen. Und auch der Exzess im Bilderrausch von Knight of Cups sieht sehr vielversprechend aus, um nicht zu sagen, dass ich den ersten Trailer schon mit zehntausendfünfhundertmillionen Screenshots gewürdigt habe. Bevor ich mich aber in Malick-Schwärmerei verfange, sollte Sebastian Schipper nicht unerwähnt bleiben. Immerhin hört sich sein Beitrag Victoria wie die Berlin-Version von Absolute Giganten an!

the gaffer: Die Berlin-Version von Absolute Giganten? Da muss die Bärenverleihung eigentlich als Kicker-Turnier ausgetragen werden! Ich hatte schon befürchtet, dass sich Schipper bis ans Ende seiner Tage als Tatort-Sidekick von Wotan Wilke Möhring verdingt. Insofern ist die bloße Existenz von Victoria bereits zu begrüßen. Nur hoffe ich, dass er gar nicht erst versucht, an Absolute Giganten anzuschließen. Mehr Mitte Ende August, weniger Ein Freund von mir. Bei Malick bin ich ganz unsicher, was da kommen mag. Im Trailer (den ich nicht zehntausendfünfhundertmillionen Mal verscreenshottet habe) sieht Knight of Cups gleichzeitig wie der untypischste Malick-Film und der malickste Film schlechthin aus. Kein schlechtes Gefühl eigentlich. Ganz oben auf der Sichtungsliste für den Wettbewerb steht auch Chasuke's Journey von Sabu, dessen Inhalt sich liest, als hätte Terry Gilliam ein Remake von Irrtum im Jenseits gedreht.

Victoria

Beeblebrox: Ich schnappe hier gerade nur irgendetwas von Terry Gilliam und Irrtum im Jenseits auf und schiebe Chasuke’s Journey automatisch drei Kategorien nach oben in meiner Prioritätenliste. Apropos Irrtum im Jenseits! Von den Archers, also Michael Powell und Emeric Pressburger, läuft auch ein sagenhaftes Werk in der Retro, die sich dieses Mal dem (Glorious) Technicolor-Verfahren widmet. Letztes Jahr gab es in dieser Sektion ja hauptsächlich die wunderschönen Schatten des Schwarzweißfilms mit ausgezeichneter Klavierbegleitung zu bestaunen. Dieses Jahr erwarte ich mindestens eine absolute Farbeskalation auf der großen Leinwand – angefangen bei Die schwarze Narzisse, Du sollst mein Glücksstern sein und Das zauberhafte Land über Vom Winde verweht, Der Dieb von Bagdad und Niagara bis hin zu Der Garten Allahs, Wunderbare Zeiten und Yolanda und der Dieb. Am liebsten würde ich mich nur in die Retro setzen, so toll sehen schon die einzelnen Bilder zu den Filmen aus. Besonders wenn James H. Smith für 20 Minuten in ein pulsierendes New York des Jahres 1949 entführt, will ich mir das nicht entgehen lassen. Bei den ganzen Western, die da kommen, müsste dein Frontier-Herz doch auch höher schlagen, oder?

the gaffer: Was? Ich erkenn' kaum was zwischen all den Whiskyflaschen hier auf dem Saloontresen. Die Retrospektive war in den letzten Jahren so etwas wie mein qualitativer Rettungsanker bei der Berlinale, natürlich auch weil die Karten ohne Akkreditierung leichter zu haben sind als jene für Wettbewerbsfilme. Mit Filmen von King Vidor, Rouben Mamoulian und Henry Hathaway ist diese Oase des analogen Films wirklich vielversprechend aufgestellt. Daneben sei aber noch auf das Forum verwiesen, wo neben aktuellen Independentfilmen von Alex Ross Perry (Queen of Earth) und Jem Cohen (Counting) ein paar Raritäten gezeigt werden: Ein mexikanischer Western, ein südafrikanischer Krimi und drei Filme von Kon Ichikawa. Die warten dringend darauf, in den überfüllten Festivalplan gestopft zu werden. Wo wir wieder bei Hermines Zeitumdreherdingens sind...

Beeblebrox: Hermines Zeitumdreher wäre wirklich ein Segen. Vielleicht würde es mir dann gelingen, bei dem Berlinale Special Series vorbeizuschauen. Ich will ja nur ungern die Premiere von Fifty Shades of Grey ausfallen lassen.

the gaffer: ...

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