00101001100 - Kommentare

Alle Kommentare von 00101001100

  • 8 .5

    >> Ein wenig mehr Liebe und niemand kann verloren sein auf dieser Welt ! <<

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    • 8

      Wenn ein Film mit einer derart einfachen Prämisse, welcher zudem unterhaltsam ist, einen im Anschluss noch eine ganze Weile beschäftigt, dann wurde definitiv vieles richtig gemacht.

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      • 8
        00101001100 17.02.2020, 16:00 Geändert 17.02.2020, 16:04

        "Der Mann ohne Vergangenheit" ist Aki Kaurismäkis optimistischere Version von "Die Bourne Identität": Wenn du neu geboren und deiner Vergangenheit entledigt wirst, hast du tatsächlich die Chance, von vorne zu beginnen und eine bessere Version von dir selbst zu erschaffen. Natürlich werden dir Steine in den Weg gelegt werden und du wirst auch öfters stolpern, aber mit der richtigen Einstellung und den richtigen Leuten um dich herum, wird es schon irgendwie gehen.

        Ich liebe die minimalistische und zugleich einzigartig fokussierte Verwendung von Beleuchtung und Inszenierung, welche dem Film eine theatralische Atmosphäre verleiht, sowie den trockenen Humor, welcher durchgängig eingestreut wird.

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        • 5 .5
          00101001100 10.02.2020, 15:08 Geändert 10.02.2020, 15:08

          "Die innere Sicherheit" ist Christian Petzolds Ansatz für einen Bankraub-Drama-Thriller. In seinen wenigen guten Momenten bietet der Film eine interessante Perspektive auf den nagend langweiligen und zugleich angespannten Alltag einer kleinen Gangster-Familie. In den meisten Momenten ist es jedoch ein erfolgloser und lahmer Versuch darin, cool und ungewöhlich zu sein. Irgendwie scheitert der Film durch einen chronischen Mangel an Energie, viel schlechtes Schauspiel und ein paar unglaubwürdige Action-Sequenzen. Persönlicher Höhepunkt: Die thematisch komplexe Szene, in der sich die Tochter der Familie in den Unterricht einer fremden Schulklasse einschleicht, um dort die deutsche Synchroversion von "Nacht und Nebel" zu schauen. Leider konnte selbst ein derart eindrücklicher Moment den Film insgesamt nicht für mich retten..

          • 9 .5

            Es ist schlichtweg unmöglich, "Tropical Malady" zu beschreiben. Sicherlich fordert der Film sehr viel Geduld und er ist auch nicht für jeden etwas - vielleicht überhaupt nur für wenige. Wenn er dich jedoch beim Herzen zu fassen bekommt, wird er dich nie mehr loslassen. So voll von Emotionen, mystischer Atmosphäre, Symbolik, tief sitzender Energie und Überlieferungen - wie nichts, was ich je zuvor erlebt habe.

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            • 7 .5
              00101001100 29.01.2020, 15:02 Geändert 29.01.2020, 19:36

              "Projekt Brainstorm" hat das Potenzial, ein Meisterwerk zu sein. Die technologischen Aspekte, welche er behandelt, sind wohldurchdacht, faszinierend und glaubwürdig zugleich. Der Film trifft eine Schwachstelle, welche heutzutage sogar noch empfindlicher ist als je zuvor, da immersive Medien immer weiter an Bedeutung gewinnen durch Technologien wie VR und AR. Douglas Trumbull scheint ein Gefühl gehabt zu haben für diese Tendenzen, jedenfalls hat er das Konzept interessant weitergedacht. Welchen Effekt wird eine solche immersive Technologie auf die Personen haben, die sie benutzen? Was, wenn wir wenn wir damit unsere Gedanken und Gefühle aufzeichnen könnten, um sie unseren Mitmenschen zugänglich zu machen und ihnen aufrichtiges Mitgefühl zu ermöglichen? Was, wenn diese Technologie aber auch für militärische Zwecke missbraucht werden könnte?

              Zugleich verknüpft "Projekt Brainstorm" die Technologie mit erstaunlichen Bildern. Alles in der sogenannten 'Realität' wurde mit einer 35 mm-Kamera und in Breitbild gedreht, während alles in der 'immersiven Realität' im ultrabreiten Super Panavision-Format und auf 70 mm gefilmt wurde. Die Bildsprache, welche letztere von ersterer Welt abhebt, reicht von unterhaltsamen Aufnahmen, wie beispielsweise Achterbahnfahrten, hin zu unerwarteten und intensiven Außerkörpererfahrungen. Über diese spannenden Visualisierungen hinaus hat auch die dargestellte Technologie selbst eine tolle Optik. Sie durchläuft im Laufe des Filmes eine realistische Entwicklung: Von einem riesigen, klobigen Helm, welcher sogar Dampf ablässt, hin zu einem praktischen und reduzierten, ja geradezu stilvollen Aufsatz für den Kopf. Auch die Funktionsweise des angeschlossenen Abspielgerätes gibt einiges her, da darin ein glitzerndes Band abgespult wird, welches dabei vielfarbiges Licht auf die Nutzer*innen reflektiert.

              Was nun all diese wunderbaren und faszinierenden Elemente davon abhält, sich zu einem meisterhaften Film zu vereinigen, ist die Regiearbeit, welche nicht gerade Trumbulls Stärke zu sein scheint. Obwohl "Projekt Brainstorm" so großartige Schauspieler*innen wie Christopher Walken und Louise Fletcher aufweisen kann, fühlen sich die Interaktionen und Dialoge zwischen den Figuren oftmals hölzern und erzwungen an. Einige Handlungspunkte wirken wie ungeliebte Notwendigkeiten, welche schnellstmöglich wieder zur Technologie und deren interessanter Bildsprache führen sollen. Leider wagt sich der Film dann aber auch nicht, letztere Bildwelt auch einmal für sich stehen zu lassen, sondern unterbricht sie selbst im großen Finale immer wieder mit unnötig kontextualisierenden Sequenzen der 'Realität'. Nichtsdestotrotz ist "Projekt Brainstorm" ein sehenswerter Film - auch wenn er es hauptsächlich wegen der dargestellten Technologie samt ihrer Bildsprache ist.

              Ich konnte sogar eine 70 mm-Projektion des Films auf großer Leinwand anschauen (im Arsenal Berlin) und so sollte der Film an sich auch gesehen werden. Die Kopie war in einem guten Zustand, sah großartig aus und klang auch so.

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              • 7 .5

                Eine dokumentarische Reise durch große Teile der späten DDR, welche insgesamt leider etwas unfokussiert wirkt. Mitunter gelingt es Helke Misselwitz jedoch, intime und starke Einblicke in die Alltagserfahrungen, Lebensläufe, Gedanken und Emotionen ihrer hauptsächlich weiblichen Protagonist*innen zu geben.

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                • 4

                  Ich habe schon bessere Fanta-Werbungen gesehen..

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                    00101001100 23.01.2020, 16:42 Geändert 23.01.2020, 16:43

                    Diese eher generische Adaption von Bertolt Brechts Stück hat nicht viel Aufregendes zu bieten und steht in starkem Kontrast zum radikalen und hochpolitisierten Brechtschen Drama. Die einzigen Aspekte, welche G.W. Pabsts Version wenigstens streckenweise sehenswert machen, sind einige der beeindruckend arrangierten und wunderschön geleuchteten Kulissen, sowie die meisten der interessant orchestrierten Gesangsparts.

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                    • 9 .5
                      00101001100 21.01.2020, 12:07 Geändert 22.01.2020, 07:55

                      Was für ein wahnsinniges Kunstwerk! Ich kann einfach nicht begreifen, wie so ein Film überhaupt gedreht werden konnte, aber er hinterlässt definitiv Eindrücke, welche bleiben werden. Bilder, Stimmungen, Ideen, Ängste, Sehnsüchte. Falls es jemals soetwas wie einen existenzialistischen Film gegeben hat, dann ist es dieser!

                      Leider konnten 1977 ganze Teile des Films nicht zuende gestellt werden, obwohl die Sets bereit gebaut waren und Cast und Crew bereitstanden. Stattdessen wurde der Dreh von hoher politischer Seite aus abgebrochen und die meisten Sets zerstört. Andrzej Zulawski und Teile des Teams konnten den Film erst mehr als 10 Jahre später fertigstellen, wobei die fehlenden Teile durch dokumentarische Aufnahmen und einen Off-Kommentar (von Zulawski selbst) ersetzt wurden. Interessanterweise erzeugen all diese (politisch motivierten) Hintergründe und der Zustand, in welchem der Film heute überhaupt noch vorliegt, eine weitere, unangenehm reale Ebene, welche die existenzialistischen Fragen, mit welchen er inhaltlich kämpft, kongenial ergänzt. Dennoch hätte ich natürlich nur zu gerne das Erzeugnis gesehen, welches nie sein wird...

                      Zu den wenigen Dingen, welche den Film in meinen Augen schwächen, gehören die ausschließlich männliche und teilweise antiquierte Sichtweise, welche der Film einnimmt (auch wenn diese eine typische Eigenschaft des Existenzialismus zu sein scheint und der Filmemacher das Ganze tatsächlich von seiner eigenen Perspektive aus angeht) und gewisse Aspekte des letzten Aktes (vor allem die schlecht gealterte Rockmusik).

                      Randnotiz: Ich hatte ursprünglich versucht, eine tadellose digitale Kopie von "Der silberne Planet" im Arsenal Berlin anzuschauen, leider funktionierte der Projektor lediglich für die erste halbe Stunde des Filmes und gab dann den Geist auf.. Der Auftakt allein packte mich aber dermaßen, dass ich unbedingt so schnell wie möglich das ganze Werk sehen musste. Bedauerlicherweise hatte ich dieses Mal jedoch nur eine unterdurchschnittliche DVD-Kopie zur Hand und kann es gar nicht warten, den Film noch einmal in einer angemessenen Fassung anzuschauen.

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                        00101001100 12.01.2020, 01:30 Geändert 08.05.2020, 10:19

                        Zugegeben, jeder muss irgendwie über die Runden kommen, muss überleben und ab und zu auch einmal etwas Dampf ablassen. In diesem Film machen das alle Beteiligten jedoch auf Kosten eines einzelnen Menschen namens Lulu. Dennoch stellt die Geschichte, in dieser Art und Weise erzählt, eine universelle Frage: Tun wir diese Dinge nicht immer auf Kosten von jemand anderes? G.W. Pabst nimmt sich dieser Frage an und inszeniert seine Antwort mit einer derart spannungsvollen Energie, dass sie nicht verleugnet werden kann: JA!

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                        • 9

                          Da ist etwas unaufgeregt und einzigartig ruhiges an Ulrich Köhlers Art zu inszenieren. Und gerade diese spezifische Weise, Szenen zu filmen, hat etwas an sich, was mich zutiefst erschüttert. Es bietet schlichtweg keine bekannte Dramaturgie, an welche man sich klammern könnte - alles ist jederzeit möglich. Alles ist angespannt und leicht zugleich und das fühlt sich, jedenfalls für mich, wie ein cineastisches Äquivalent zum Fliegen an.

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                            00101001100 11.01.2020, 11:39 Geändert 11.01.2020, 13:48

                            Mein erster Mizoguchi - und was für ein Start! Konnte den Film sogar im Kino und auf Film anschauen (im Arsenal Berlin). Leider war die gezeigte Kopie in einem denkbar schlechtem Zustand, konnte ursprünglich schon nicht besser als eine vierte oder fünfte Generation gewesen sein, da das Bild streckenweiße ziemlich unscharf und hart kontrastiert war, und wies zudem starke Abnutzungserscheinungen auf. Dennoch war es eine reine Freude, die fabelhaften Kulissen zu betrachten und sich in das langsam erzählte, operngleiche Melodram hineinziehen zu lassen. Die Inszenierung der einzelnen Sequenzen allein ist großartig, mit vielen unglaublich langen Einstellungen, welche sich aus komplexen Bewegungen und subtilen Dialogen zusammensetzen. In Kombination mit der traumartigen, oftmals schwebenden Kamera erinnerte mich das alles an das Werk von Max Ophuls - welches ich liebe.

                            Die einzige wirkliche Schwachstelle war für mich die zu schwach entwickelte weibliche Hauptfigur Otuko. Auch wenn ich die symbolische Bedeutung ihrer aufopferungsvolle Hingabe für die Abitionen der männlichen Hauptfigur Kikunosuke (ein guter Schauspieler zu werden) durchaus verstehe, erscheint mir ihre vollkommene Unterwürfigkeit doch überzeichnet und oberflächlich. Es fungiert zwar als eine Art sozialkritischer Kommentar gegen gesellschaftliche Erwartungen an Frauen, all ihre Energie für die Karrieren ihrer Männer einzusetzen. Da jedoch der Fokus des Films kaum auf Otuko, sondern beinahe ausschließlich auf Kikunosuke liegt, wirkt die Entwicklung ihrer Figur insgesamt vereinfacht und zu kurz gedacht. Nichtsdestotrotz ermöglicht der extreme Kontrast zwischen ihrem Schicksal und Kikunosukes Situation jedoch die faszinierende und unvergessliche Schlusssequenz des Films.

                            Ich kann es kaum erwarten, das Werk von Kenji Mizoguchi weiter zu erkunden!

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                            • 8 .5

                              Ein geständiger und offen mordender Psychopath kann sich tatsächlich missverstanden fühlen, wenn das System in dem er lebt noch abgedrehter ist als er selbst... Was für eine kunst- und auch schmerzvolle Nachempfindung eines bestimmten Aspektes der amerikanischen 1980er Jahre. Genau jenes Aspektes, welcher uns Donald Trump beschert hat.

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                                00101001100 05.01.2020, 13:24 Geändert 05.01.2020, 13:25

                                Das Natural Born Killers unter den Highschool-Filmen. Der Film leidet zwar streckenweise etwas an der geringen Produktionsqualität, aber die wichtigen Szenen funktionieren erstaunlich gut und die finale Botschaft kommt an. Mein Kandidat für den besten Abspannsong des Jahres 1988!

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                                • 8 .5

                                  Der Wahnsinn schleicht sich langsam an, aber sobald dich die roten Schuhe einmal im Griff haben, gibt es kein Zurück mehr! Dieser bestimmte Übergang, welcher genau zur Hälfte des Filmes stattfindet, wäre an sich schon ein Kunstwerk, würde aber nicht annähernd so gut funktionieren, wenn er nicht in eine solch meisterhafte filmische Erzählung eingebettet wäre. Die Archers haben es geschafft, eine Geschichte über Leidenschaft, Inspiration und Besessenheit zu erzählen und diese zugleich in einen kompromisslosen Metakommentar über den verdreht-komplexen Prozess zu verwandeln, welcher das Machen eines Ballettes ist - oder eben das Drehen eines Filmes.

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                                  • 9 .5

                                    I am Jack's wonderous admiration.

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                                      über Serpico

                                      Endlich mal ein Superheldenfilm nach meinem Geschmack!

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                                      • 6 .5

                                        Wieder eine dieser einzigartigen Quentin Dupieux-Ideen, welche in einen Spielfilm umgesetzt wurde. Eine recht unterhaltsame Abhandlung von seltsamen kleinen Situationen, sonderbar lustigen Dialogen und unerwarteten Wendungen, welche an irgendeinem Punkt einfach endet. Und wie bei den anderen Dupieux Kreationen fehlt irgendetwas, um all das zu einem geschlossenen Kunstwerk zu vereinen. Die Höhepunkte dieses bestimmten Dupieux-Streifens sind seine Optik, die traumgleiche Atmosphäre und die interessante Nutzung von Betonmonster-Gebäuden aus den 1970ern als zentrale Handlungsumgebung.

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                                        • 6 .5
                                          00101001100 14.12.2019, 10:00 Geändert 14.12.2019, 10:02

                                          Allein der Anfang von Schock-Korridor fühlt sich an wie der feuchte Traum einer*s jeden Psychoanalytikers*in: Ein Journalist zwingt seine Geliebte, welche als Stripperin arbeiten muss, um über Wasser zu bleiben, dazu, sich als seine Schwester auszugeben, damit er wegen Inzests in eine Psychiatrie eingewiesen wird und dort einen Mordfall aufklären kann. Dieser Anfang ist zugleich aber auch die größte Stärke des ganzen Films, dessen inszinatorische B-movie Extravaganzen danach leider nicht immer funktionieren.

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                                            über Timecop

                                            Ich wünschte, ich könnte in die Vergangenheit reisen und mich davon abhalten, diesen Film zu schauen.

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                                              00101001100 20.10.2019, 17:36 Geändert 20.10.2019, 17:43

                                              Il Cinema Ritrovato, Bologna, 28.6.2018 (es wurde eine 122-minütige Version gezeigt):

                                              "Deliverance" stützt sich vor allem auf einen starken Anfang und ein starkes Ende - sie sind es, welche diesen Film sehenswert machen. Besonders einprägsam ist hierbei die Szene am Essenstisch nach dem Ankunft der Gruppe in Aintry, in welcher John Voight nach all dem erlebten Entsetzen doch einmal kurz in Tränen ausbricht, dann aber sofort wieder lachen muss, da sich um ihn herum über Mais und Gurken unterhalten wird. Eindrücklich ist auch die Kameraarbeit in den reißenden Strömen eines Flusses, wordurch dieser tatsächlich zum angsteinflößensten Aspekt des ganzen Filmes wird.

                                              Ansonsten ist der Film unter dem Strich ein solide gemachtes Drama mit weitestgehend durchschnittlichen Schauspielleistungen. Die Instrumentalisierung und Darstellung der sogenannten 'rednecks' als hässliche Bedrohung ist einerseits sehr fragwürdig, andererseits auch nicht vollkommen unausgewogen. Die dankbare Ballance ist vor allem der sympathischen (und mittlerweile wohl auch ikonografischen) Auftaktsequenz samt mitreissendem Banjo-Duell zwischen einheimischen Jungen und der eindringenden Männergruppe zu verdanken. Und dem Fakt (ACHTUNG SPOILER), dass die Fahrzeuge der Gruppe am Ende wirklich wie vereinbart an ihrem Bestimmungsort abgeliefert werden. Man hüte sich also vor einem zu schnellen Urteil!

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                                                über Vox Lux

                                                "Vox Lux" ist ein unerwartet ungewöhnlicher Film mit einem besonders starken Anfang, bzw. "Genesis", wie es der Film selbst betitelt. Vom ersten Moment an zieht er die Zuschauer*innen mit hinab in eine düstere Tiefe und aus diesem Strudel kann sich bis zum "Finale" auch niemand mehr befreien - obwohl filmisch dazwischen einiges an Federn gelassen wird. Gerade die unkommentierten ersten Einstellungen, so dunkel, hart und ungeschönt, dass gar nicht klar wird, wo oben oder wo unten ist und wo das Ganze noch hingehen soll, hinterlassen den bleibenden Eindruck, welcher "Vox Lux" zu einem Seherlebnis macht. Alles, was danach kommt ist eigentlich nur noch ein Nachhall dieser initialen Schockmomente - was ja durchaus auch inhaltlich Sinn ergibt.

                                                Celestes Leben, genau wie ihr Körper, ist durch das eine Horrorerlebnis gezeichnet, welches sie im Alter von 14 Jahren durchlebt hat und ihre nachfolgende Entwicklung scheint lediglich eine geradlinige Folge all dessen zu sein. Sie verarbeitet das Erlebte in ihrer Musik und wird damit innerhalb kürzester Zeit zu einem Popstar, vielmehr zu einem reinen Popsymbol. Was sie anfangs in der Ich-Form von sich gab, wird schnell zur Wir-Form umgedeutet und der Film selbst stellt ihr Schicksal dem der gesammten Vereinigten Staaten gleich - in Person der durch Willem Dafoe gesprochenen Erzählstimme. Mit Anfang dreißig ist sie schließlich völlig losgelöst vom Leben abseits der Bühne und des Starrummels, was sie zwar einerseits seelisch zerstört, aber sie eben auch so unvergleichlich erfolgreich macht. Nur noch auf der Bühne und als Pop-Persona kann sie richtig aufleben, alles andere ist eine leere Hülle, welche größtenteils durch Alkohol und Drogen aufrecht gehalten wird. Dementsprechend logisch ist es, dass der ganze letzte Akt einem nahezu ungeschnittenen Auftritt von Celeste gewidmet ist. Obwohl sie kurz vorher, vor der Bühne, kaum aufrecht stehen konnte und in einen Weinkrampf ausgebrochen ist, sitzt bei der Show selbst die kleinste Bewegung der anspruchsvollen Choreografie. Sie ist vollkommen zu einem Popidol mutiert und hat so ziemlich alles menschliche hinter sich gelassen.

                                                Dramaturgisch kommt "Vox Lux" als ein Epos daher, was vor allem an der schicksalhaften Erzählerstimme liegt, welche an bestimmten Stellen der Geschichte wichtige Leerstellen füllt, das Gezeigte in einen Gesamtzusammenhang stellt und für die mystisch-dramatische Fallhöhe sorgt. Inszinatorisch bedient sich der Film jedoch über weite Strecken eher eines gewissen Minimalismus, beschränkt sich auf wenige Figuren in Celestes Umfeld und bindet die Bildsprache stets nah an die Personen. Am schwächsten geraten ist gerade dieser Fokus auf die Personen, dieser Hang zum Schauspielkino. Was durch eindringliche Anfangsbilder in die Welt geworfen wird, verkommt über die ganze Länge des Films zu einer meandernden Auserzählung und mitunter überzogenen Darstellungskunst. Solange die entsprechenden Schauspieler*innen auch wirklich abliefern und in ihrer Rolle aufgehen, funktioniert dieses Konstrukt noch ganz gut, wobei vor allem Jude Law als Celestes Manager und auch Nathalie Portman als ältere Celeste überzeugen können. Sobald jedoch die Schauspielleistung versagt, fällt auch alles drumherum in sich zusammen. Leider ist das bei Raffey Cassidy der Fall, welche sowohl die junge Celeste, als auch deren Tochter Albertine verkörpert und somit leider eine zentrale Funktion in diesem Epos einnimmt. Auch Stacy Martin bleibt als Celestes Schwester blaß und kann keine wirklichen Akzente setzen.

                                                Auch tonal weiß "Vox Lux" vor allem im zweiten Teil nicht zu überzeugen und driftet etwas ziellos umher zwischen einer augenzwinkernden Satire, einem ernsten Drama und einem düsteren Psychothriller. Geschickt miteinander kombiniert hätte das eine aufregende Mischung ergeben können, aber in dieser Unentschlossenheit wird es teilweise zu einer verwirrenden Qual. Ein entlarvendes Beispiel in dieser Hinsicht ist die Doppelbesetzung von Raffey Cassidy als Celeste und deren Tochter. Es ist nicht klar, ob diese Entscheidung reine Symbolik ist, ein optischer Witz, oder sie auch dramaturgisch einen tieferen Sinn haben soll. Letztendlich wirkt sie jedoch vor allem ideenlos und lächerlich. All diese inkonsequenten Umsetzungen von eigentlich großartigen Ansätzen sind wirklich ärgerlich, gerade weil hier endlich mal wieder ein ungewöhnlicher Blick hinter die Kulisse der Popindustrie gewagt wird. "Vox Lux" hätte ein Meilenstein des Musikfilmes werden können, so bleibt er immerhin noch "sehenswert".

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                                                  Il Cinema Ritrovato, Bologna, 28.6.2018:

                                                  Es ist völlig unverständlich, warum "When Tomorrow Comes", und John M. Stahl mit ihm, derart unbekannt sind. Was für eine tragisch-schöne Geschichte mit starken Figuren, vor allem auch Frauenfiguren, die trotz aller Dramatik durchweg mit Leichtigkeit erzählt wird und eine tolle Atmosphäre erzeugt. Auch die Bilder sind wunderbar inszeniert, mitunter sogar atemberaubend schön. Wahrscheinlich lag und liegt die Unbekanntheit dieses Films an der für die Zeit ungewöhnliche Thematisierung von Arbeiterrechten, der eigenwilligen Erzählweise, den starken Frauenfiguren und, vor allem, dem fehlenden Happy End.

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                                                    Il Cinema Ritrovato, Bologna, 27.6.2018:

                                                    Schöne, eigenwillige und durchaus sinnvolle Adaption von Friedrich Dürrenmatts "Besuch der alten Dame" in einem heruntergekommenen Dorf in Senegals Hinterland. Besonders gelungen sind die ständigen Steigerungen der auf Pump lebenden Bevölkerung, die finale Gerichtssprechung und die darauffolgende Hinrichtung, sowie der letzte Besuch bei der "alten Dame". Hier ist die Bildsprache am eindrücklichsten und die Bilder brennen sich förmlich ins Gedächtnis ein. Aber selbst in den weniger bildgewaltigen Sequenzen bleibt der Film stets farbenfroh, energiegeladen und vor allem humorvoll, trotz der düsteren Thematik, und trifft damit Dürrenmatts Ton ziemlich genau. Leider ist der Soundtrack mitunter nicht wirklich gelungen und enthält ein dominantes, sich öfters wiederholendes, schlecht gealtertes Synthesizer-Motiv.

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