AlexanderDeLarge - Kommentare
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Alle Kommentare von AlexanderDeLarge
Der Film ist nicht halb so bekloppt, wie der Titel vermuten lässt. Erinnert an einen Monty Python-Film zum Thema Steinzeit.
Hey HansNase, du hast es geschafft, meine Neugier auf den Film zu wecken. Darf ich mal fragen, wie du The Putin Interviews einschätzt?
Ich glaub Slavoj Žižek ist für die Hälfte aller DVD-Verkäufe von diesem Film verantwortlich... oder hat den etwa jemand auf eigene Faust entdeckt?!
Vergib mir Vater, aber du hast doch keine Ahnung. Du mit deinem Beamtenjob, deinem Eigenheim, deinen Rentenbezügen... da wäre ich auch schön entspannt. Aber das mit den üppigen Rentenbezügen hat sich bald, du weißt ja, Generation X! Jeder Zweite, der 2030 in Rente geht, wird in Altersarmut leben. Was deine Beamtenpension damit zu tun hat? Das weißt du nur zu gut!
Und ein Eigenheim? Meine Güte, für uns einfach unerreichbar. In jeder Großstadt bezahlt man bald horrende Mieten für ein Kellerloch; Gentrifizierung und so. Glaubst du ich liebe mein Smartphone? Glaubst du etwa ich bekäme ohne Handy einen Job? Immer erreichbar sein, immer mobil, das ist die Devise. Und wenn es auch keinen gesetzlichen Handyzwang gibt, oder den Zwang unbezahlte Überstunden zu leisten: Der Markt regelt das schon!
Wir haben keine Zeit etwas für die Schwachen zu tun, wir haben Bachelor und Master. Wer hat sich das ausgedacht, wir? Nein ihr, die ihr 20 Semester Philosophie studiert habt (Andrea Nahles)! Sogar unser Freundeskreis heißt jetzt soziales Netzwerk. Wir investieren in Freunde, wir sind nicht beisammen, wir betreiben Teambuilding.
Du bist in der Erde verwurzelt, Toni Erdmann. Wir sind froh, wenn wir nach dem fünften unbezahlten Praktikum (bald zahlen wir schon drauf) einen Zeitvertrag bekommen, und wenn wir dafür nach Bukarest oder Shanghai müssen.
Du fragst, ob ich glücklich bin? Nein. Siehst du denn nicht wie fragil ich bin? Aber wir haben den Traum vom Glück aufgegeben. Wir wollen nur das Schlimmste verhüten, den Abstieg. Wenn ich sie nicht entlasse, tut es ein anderer. Und ich? Ich schrubbe Toiletten, putze Tische, räum den Müll weg, und den letzten beißen die Hunde... wäre dir das lieber?
Nicht ich bin herzlos, mein Job ist herzlos und die Uniform, die ich tragen muss. Aber ihr, ihr psychologisiert mal wieder fleißig und pathologisiert. Wenn ich krank bin, wieso passe ich dann so verdammt gut in diese Gesellschaft?
Ich würde Mia mal ein Review von Sunset Boulevard empfehlen oder mit Schopenhauer: Es ist eine große Torheit, um nach außen zu gewinnen, nach innen zu verlieren.
Das klingt doch ganz nach meiner Generation! Freue mich auf interessante Anregungen.
Nach dem großartigen Citizenfour (2014) stellt man sich unweigerlich die Frage: Wozu Snowden? Ist eine Dokumentation mit den realen Beteiligten in der realen Situation nicht allemal informativer, unmittelbarer und authentischer als ein dramatisierender Blockbuster? Überraschenderweise ist dem nicht so, denn Snowden spannt einen weiteren Bogen als Citizenfour und räumt so mit einigen Mythen auf, die sich auch acht Jahre nach dem NSA-Skandal immer noch hartnäckig halten.
Das Snowden möglicherweise sogar noch wichtiger als Citizenfour ist, beweist auch die systematische Unterdrückung und der wirtschaftliche Flop des Films in den USA (alle US-Filmstudios lehnten eine Beteiligung ab).
Da wäre zum Beispiel das bei Überwachungsfreunden beliebte Argument der Terrorabwehr: Im Film erstellt der fiktive Edward Snowden (Joseph Gordon-Levitt) aus den Daten der NSA eine Weltkarte, die das Ausmaß der Überwachungsmaßnahmen für jedes einzelne Land auf einer Farbskala von hellgrün bis dunkelrot darstellt, und, oh Wunder, zu den meist überwachten Ländern gehören Indien, China, die USA und Deutschland. Ein Schelm, wer da an Wirtschaftsspionage denkt.
Interessant und kaum bekannt: Die 80.000 von der NSA installierten "backdoors" auf Behörden- und Unternehmensservern, mit denen sich bei "Verbündeten" wie Japan oder Deutschland lebenswichtige Infrastruktur wie Wasser- und Stromversorgung elegant sabotieren lässt. Ein nicht ganz unwichtiges Detail in der Ära Trump und ein weiterer Beleg dafür, worum es bei Prism etc. wirklich geht: Die Aufrechterhaltung und Verewigung der absoluten Hegemonie der herrschenden Klasse über den Rest der Welt (zwei der reichesten Acht, Gates und Zuckerberg, haben bei Prism ja auch bereitwillig assistiert).
Natürlich kommt auch das Persönliche und die Biografie von Snowden nicht zu kurz: Einer der mit seiner Hühnerbrust zu schwächlich ist, um mit 30 kg Ausrüstung durch den Matsch zu marschieren und vom Militär ausgemustert wird. Einer der von epileptischen Anfällen geplagt wird. Keiner mit einem graden Lebenslauf, sondern Einer, der die Highschool und das Studium frühzeitig abbricht und trotz alledem den Mut und die Courage besitzt, einmal auf der Sonnenseite angekommen, alles zu opfern. Snowden darf und muss ein Held des 21. Jahrhunderts sein, über den Filme gemacht, Bücher geschrieben, Geschichten erzählt, Lieder getextet werden - meinetwegen auch Actionfiguren oder Sexpuppen. Zum Vorbild machen ihn Intelligenz, Sensibilität und Integrität: Drei Dinge die wir alle heute weit aus mehr brauchen als Muskeln.
(die Karte kann hier aufgerufen werden: https://www.theguardian.com/world/2013/jun/08/nsa-boundless-informant-global-datamining)
Mrs. Michelson: Die, die noch ziemlich rüstig waren, das waren dann die Arbeitsjuden. Die kriegten eine Kette um die Füße, damit sie nicht wegliefn... und mussten morgens Wasser aus dem Brunnen ziehn und für Essen sorgn und sowas.
Claude Lanzmann: Und diese Arbeitsjuden sind durch den Dorf mit Ketten gelaufen?
Jaja. Hmm.
Und es war möglich mit diesen Leuten zu sprechen?
Nein, Nein. Das wagte keiner...
Warum? Es war gefährlich?
Ja. Da war Bewachung. Bewachung war da ja bei... Und lieber hatte man mit sowas nichts zu tun... Näch? Das geht ziemlich an die Nerven, das immer so sehen. Das ist doch ne Zumutung fürs ganze Dorf. Dies immer ansehen, dies Elend. Wenn die Juden "angekommen werden" und in ne Kirche oder nen Schloss geschoben werden. Und dies Geschrei! Das ist, das ist furchtbar, DEPRIMIEREND! Wenn man das jeden Tag wieder... das Schauspiel wieder von vorne sieht.
Die Welt hat zu wenig Lanzmänner, die in der Scheiße graben und das Gras wieder herausreißen, das all die Mr. und Mrs. Michelsons – doch so gerne – über das Elend wachsen sehen. Dieses Schafsglück sei ihnen nicht vergönnt! Neun Stunden und aus den Fragen sind neue Fragen geworden und genau darin scheint der Sinn zu liegen. In diesem Sinne: Seht den Film, zeigt den Film, nervt mit dem Film. Die Nazis haben gezeigt, dass man aus dem Menschen alles machen kann. Wie viel Würde uns am Ende bleibt, entscheiden wir selbst.
Das Original-Protokoll ist in zehn Minuten gelesen bzw. überflogen: http://www.ns-archiv.de/verfolgung/wannsee/wannsee-konferenz.php
"Wie freilich die Beherrschten die Moral, die ihnen von den Herrschenden kam, stets ernster nahmen als diese selbst, verfallen heute die betrogenen Massen mehr noch als die Erfolgreichen dem Mythos des Erfolgs." (Adorno)
In dieser Hinsicht funktioniert "Sweet Smell of Success" hervorragend. Kein anderer Film, der die moralische Verkommenheit und Degeneration der angeblich Schönen und Erfolgreichen an der Spitze der Medienpyramide so schonungslos demaskiert wie dieser. Es ist bezeichnend, dass die Figurs des J.J. Hunsecker seine jüngere Schwester nicht mit Machtgebärden und Drohungen unter ihren Willen zwingt, sondern als "Klatschkolumnist" dem Metier entsprechend zu dem Mittel der Manipulation greift. Die Manipulation geht noch einen Schritt weiter als die direkte Machtausübung, denn sie zielt darauf ab, nicht nur den Körper, sondern auch den Willen zu fesseln und jede spontante Handlung der Schwester zu unterdrücken. Wer tatsächlich noch glaubt, das Ganze sei rein fiktiv und mächtige Journalisten, die sogenannten Meinungsführer, würden private Interessen nicht mit geschäftlichen verquicken, wenn der Preis nur heiß genug ist, sei an den Fall des schmierigen Stefan Aust erinnert, der laut Zeugenaussagen positive Berichterstattung über Windkraft im Spiegel unterdrückte, um seine private Pferdezucht zu schützen.
Erst der Kontrast zu der jungen und unverdorbenen Liebe von Susan und Steve macht den Film so richtig grausam und brutal und erzeugt so etwas wie Tragik. "Sweet Smell of Success" ist in dieser Hinsicht mit seinen wunderbaren Dialogen fast schon poetisch, wenn er die Integrität von Steve als "a pocket fulla firecrackers" bezeichnet. Die Tragik besteht darin, dass in dieser Geisteskrankheit namens Kapitalismus Würde und Loyalität für den Träger schlicht tödlich sind.
SPOILER+++
Natürlich haben die Produzenten den Film entsprechend abgerundet und ihm ein typisch amerikanisches Ende verpasst. Die Bösewichte werden exemplarisch bestraft – J.J. Hunsecker mit Einsamkeit und Sidney Falco nach dem Prinzip von Auge um Auge, Zahn um Zahn – und Susan findet auf wundersame Weise doch noch einen Ausweg aus der Schlangengrube. Weit mehr noch: Dem Prototyp des skrupellosen Zeitungsmachers wird eine Freiheitsstatue des aufrechten, unbestechlichen Journalisten gegenübergestellt, der sich auch durch Erpressung nicht zum Abdrucken von Schrott bewegen lässt. An dieser Stelle ist der Film wieder ganz Ideologie. Er will uns weismachen: Seht her – Wir müssen die Schalthebel der Medienmacht nur mit wirklichen Persönlichkeiten besetzen und schon haben wir eine gute Presse! Es sind aber nicht die "schlechten Menschen", die die "schlechten Medien" erzeugen, sondern die schlechten Medien, die die schlechten Menschen erzeugen. Auch wenn der Journalist keine persönliche Agenda verfolgt, verfolgt er doch die "politische Richtung" seiner Zeitung, eines mächtigen Konzerns, der noch mächtigeren Konzernen untertan ist.
„The Passion of the Christ“ wühlt auf, verstört, weckt niedere Triebe, provoziert Abwehr, zieht Antisemitismusvorwürfe auf sich, regt zum Nachdenken an – über Gewaltdarstellung und Inszenierungskunst, Glaube und Postmodernität, Authentizität, Christentum, Religiösität -, fordert heraus und ist auf keinen Fall beliebig.
Schon mit „Apocalypto“ hatte Mel Gibson bewiesen, dass mehr in ihm steckt als der pöbelnde, rassistische Hinterwäldler, der im Alkoholrausch manchmal zum Vorschein kommt und auf den er von US-Liberalen gerne reduziert wird. Die tief empfundene Gläubigkeit inspiriert ihn zu Filmwerken von einiger Brillanz. Man mag seine Filme warm oder kalt finden, zumindest sind sie nicht lau.
Auch The Passion kann man getrost mit dem Prädikat künstlerisch wertvoll versehen. Das trotzdem so viele Zuschauer in Deutschland den Film verschämen, ihn als Blutorgie, blindes Gemetzel, Splatter usw. bezeichnen und geradezu hassen, basiert auf einem fundamentalen Missverständnis. Gibson geht es weder um ein unterhaltsames, kleines Grippenspiel, noch um das Ausleben versteckter SM-Neigungen, sondern um seine radikale Botschaft. Wer sich auf diese Botschaft einlässt, anstatt die Hände vors Gesicht zu schlagen, erlebt sogar als Atheist so eine Art subjektive Offenbarung, einen ganzen neuen Zugang zum Verständnis der christlichen Religion überhaupt: Das Christentum will nicht vermitteln, reformieren oder überhaupt versöhnlich sein, sondern hinwegfegen, umstürzen, von Grund auf neu erschaffen. Das Christentum ist nicht konservativ und gutbürgerlich, sondern revolutionär.
Die eigentliche Kraft jeder Revolution besteht in dem tiefen Glauben ihrer Anhänger. Dieser gegen jede Rationalität unerschütterliche und kompromisslose Glaube, manifestiert sich in der blinden Opferbereitschaft von Extremisten jeglicher Coleur (sogar die antireligiösen Revolutionären sind Gläubige, denn das Gegenteil von Glaube ist nicht Unglaube, sondern Zweifel) The Passion macht klar: Die Leiden Christi am Kreuz sind mitnichten als Metapher zu verstehen, sondern eine radikale Aufforderung zur Selbstaufgabe. "Moderne Christen" mögen sich schockiert und ungläubig abwenden, sie erkennen ihr Christentum der unschuldigen Orgelmusik und selbstzufriedenen Sonntagsreden nicht wieder - insofern ist das literweise vergossene Kunstblut tatsächlich wichtig für den Film, wichtiger als die aramäische Sprache -, aber ist diese Naivität Mel Gibson anzulasten? Der ehemalige Papst Johannes Paul soll über den Film so lakonisch wie treffend gesagt haben: „Es ist, wie es war.“ Ein Blick in die Evangelien und man kann sich dieser Einschätzung anschließen.
Bei "Wir sind jung" ist man hin- und hergerissen. Zunächst einmal ist es sicherlich erfreulich, dass sich ein junger Regisseur dieser Thematik überhaupt animmt, anstatt den nächsten Türkisch für Anfänger zu drehen. Filmtechnisch ist das Ganze auch nicht schlecht umgesetzt. Inhaltlich jedoch werden Halbwahrheiten verbreitet, die für einen historischen Stoff schlicht nicht hinnehmbar sind, bei einer Koproduktion der Öffentlichen aber leider auch nicht überraschen. Um einer wirklichen Ursachenforschung aus dem Weg zu gehen, versteift sich der Film auf die psychologischen Dispositionen seiner Charaktere (Stefan [Jonas Nay] rebelliert gegen seinen [demokratischen gesinnten] Vater, Robbie [Joel Basman] gibt den prototypischen Soziopathen und Goldhan [Paul Gäbler] personifiziert den klassischen Versager). Diese Form der Personalisierung verbessert natürlich die Konsumierbarkeit des Machwerks und erscheint zunächst auch recht einleuchtend, verstellt jedoch letztendlich die Sicht auf den Gesamtzusammenhang.
Die Halbwahrheit ist der größte Feind der Wahrheit. Rebellen, Versager und Soziopathen wird es überall geben. Was es dagegen nicht überall gibt, mehr als 2,5 Millionen neue Arbeitslose innerhalb von zwei Jahren. Aber genau diese Zuwachsraten wurde in der wiedervereinigten Bundesrepublik zwischen 1989 und 1991 verzeichnet, der überwiegende Teil dieser neuen Arbeitslosen entfiel dabei natürlich auf die neuen Bundesländer. Warum ist davon im Film kein Wort zu hören? Warum entsteht der Eindruck, Rostock hätte die Trostlosigkeit der Plattenbau quasi mit der Muttermilch aufgesogen. In der DDR war Rostock die am schnellsten wachsende Großstadt überhaupt. Eine besondere Bedeutung hatte dabei der Rostocker Hafen, der die DDR mit den Weltmeeren verband und für 1/3 aller Arbeitsplätze sorgte. Mit der Wiedervereinigung sah sich Rostock dann schlagartig der Konkurrenz von Hafenstädten wie Hamburg und Bremen ausgesetzt, welche eine wesentlich bessere geographische Lage aufweisen. 1990 ging die Beschäftigung um 9%, 1991 um 33% zurück. 1992 waren in Lichtenhagen 19% der Erwachsenen und 50% der unter 25-Jährigen arbeitslos. Es war also weniger ein eingeübter Autoritarismus, der die Jugendlichen schnell mal von der Internationalen zum Deutschlandlied wechseln ließ, sondern vielmehr eine desolate wirtschaftliche Gesamtsituation gepaart mit übertriebenen Erwartungen (blühende Landschaften), die in Lichtenhagen für eine explosive Grundstimmung sorgte. Wer das für belanglos hält, sei auf zahllose Studien verwiesen, die den Zusammenhang von Jugendarbeitslosigkeit und Terrorismus beweisen. Ausländer gab es übrigens auf 240.000 Einwohner gerade mal lächerliche 1.700.
Darüber hinaus wird die verhängnisvolle Rolle der Polizei drastisch untertrieben. Lichtenhagen war kein Ereignis von wenigen Stunden, sondern eine mehrere Tage andauernde Gewaltorgie. Bereits am 22. August flogen Molotows und Steine, nicht erst am 24. August. Es reisten Nazis aus dem gesamten Bundesgebiet an, es wurden von findigen Geschäftsleuten Bierstände und Imbisswagen aufgebaut und ausgerechnet die vom Verfassungsschutz unterstütze Polizei möchte ahnungslos gewesen sein? Dann waren die Beamten wohl schlechter informiert als jedes x-beliebige Rostocker Grundschulkind.
Die selbe Polizei war übrigens eine Woche später mit ausreichender Stärke vor Ort, um eine "linksgerichtete" Demo von Antirassisten zu gängeln. Während es beim Sonnenblumenhaus an Wasserwerfen mangelte, brachte man hier Hubschrauber in die Luft. Auch während der Ereignisse am Sonnenblumenhaus hatte man schon 60 Nazigegner verhaftet, die versuchten sich den Angreifern in den Weg zu stellen. Einige wurden später auch noch mit Anzeigen bedacht. Die Bewohner der umliegenden Häuser bekamen alle eine Entschädigung für die erlittenen seelischen Verletzungen, außer die Vietnamesen, die bekamen nicht mal eine Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis.
Die wichtigste Konsequenz von Lichtenhagen war jedoch eine Verschärfung des Asylrechts. Ein Schelm, wer da Böses denkt.
Auf ganzer Linie enttäuschender Mysterie-Thriller ohne Profil. Regression versucht den typischen 90er-Horror-Charme von Halloween H20, Buffy, The Craft, X-Factor usw. nachzuahmen, inklusive verschlafener Kleinstadt, Friedhof mit Kapelle, verlassener Scheune, Bibliothek. Das misslingt schon in der ersten Sequenz fulminant, als sich der Kameramann irriger Weise einer langen POV-Einstellung bedient, die in ihrer Videospiel-Ästhetik doch sehr stark an das Hier und Jetzt erinnert. Zwar behandelt Regression eine sehr interessante Thematik, den (angeblichen) organisierten, rituellen Missbrauch von Kindern, ein mediales Phänomen zwischen Verschwörungstheorie und gesellschaftlichem Abgrund, ohne jedoch auch nur annährend das Potential des Gegenstandes inhaltlich oder inszenatorisch auszuschöpfen. [SPOILER] Auch für Emma Watson lohnt sich der Film nicht, denn sie scheint "böse" und ambivalent überhaupt nicht drauf zu haben. Regression versagt gleich in zweifacher Hinsicht: Als schlecht gemachter Mysterie-Thriller und gut gemeinter Aufklärungsfilm.
Zur Gelegenheit:
The Pawnbroker schaut man besser alleine als mit Freunden oder Frauen. Zum einen weil der Film Einsamkeit und menschliche Verlassenheit zum Inhalt hat und zum anderen weil es bei Pawnbroker auf die Details ankommt, man muss also genau Hinsehen. Eigentlich ist schon allein die Kulisse sehenswert genug: Das Harlem der 60er Jahre, demaskiert, unverstellt, wahrscheinlich greif- und erlebbarer als in jeder Doku. In Herzen des Ghettos und des Films befindet sich die Pfandleihe. Oder anders gesagt, die Pfandleihe ist das Herz. Wieso gerade hier und nicht woanders?
Zur Substanz:
In Sol Nazermans Laden kommen die wahrhaft Müden, die Armen, die Geknechteten. Wer hier verkauft, verkauft sich selbst. Seine intimsten Schätzen, seine sieben, identitätsstifenden Sachen, das was man aus seiner brennenden Wohnung retten würde. Verlobungsringe und Familienschmuck werden demütig und kleinlaut abgegeben. Dinge, von denen man sich geschworen hat sie niemals abzugeben, für ein paar Dollar verramscht. Und jeder dieser Verkäufe ist ein Eingestehen der eigenen Unzulänglichkeit, des Scheiterns, eine Kapitulation vor sich selbst. Um dieses Geschäft profitierend betreiben zu können, muss man ein wirklich harter Hund sein. Für Sol, von dessen Martyrium die eintätowierte Nummer auf seinem Arm zeugt, sind diese Einzelschicksale Schal und Rauch, er sieht nur Zahlen: 1 Dollar, 2 Dollar, 20 Dollar. Und so schreit er seinen Mitarbeiter an (aus Faulheit paraphrasiert): Ich glaube nicht an Gott, nicht an die Kunst, nicht an Politik oder Philosophie noch Wissenschaft. Ich glaube einzig und allein an das Geld.
SPOILER ALERT
Der KZ-Terror dem Sol entkommen ist, zielte nicht zuvorderst auf die physische Vernichtung seiner Insassen. Er zielte auf ihre totale Negierung, auf die vollkommene Auflösung und Zersetzung ihrer Identität. Mord alleine war nicht genug, denn auch Tote haben Identitäten, Biographien, Grabinschriften. Sols Persönlichkeit offenbart dagegen, dass es möglich ist einen Menschen zu einer entseelten Hülle zu machen, jeden von uns. Nichts ist grausamer als den Überlebenswille eines Menschen gegen seine Menschenwürde auszuspielen. Welche Optionen hast du, welche Entscheidung kannst du noch treffen. Als ein auf seine animalischen Instinkte zurückgeworfener und verkümmerter Mensch zu überleben oder zu sterben. Und was wenn deine Peiniger dir nicht einmal erlauben zu sterben? Was wenn sie dich mit Einzelhaft in den Wahnsinn treiben und in diesem Zustand konservieren? Wie Hannah Arendt bemerkte, machte der KZ-Terror jeden Widerstand zwecklos, denn noch die Widerständler wurden weniger hart bestrafft als die vollkommen Unschuldigen. Für Mitglieder der Weißen Rose die schmerzfreie Guillotine, für Juden das KZ. Am Ende der KZ-Tortur ist Sol in zynischer Weise tatsächlich (fast) das, was er laut Nazi-Ideologie schon immer gewesen ist. Eine entseelte Hülle, ein auf seine animalischen Instinkte zurückgeworfener Mensch, welcher nur den Glauben an das Geld kennt. Die zutiefst schockierende und verstörende, aber meiner Meinung nach zugleich wahre Botschaft, die im Herzen von Pawnbroker begraben liegt: Du kannst jeden Mensch brechen und ihn zu seiner eigenen Karrikatur machen. Das heroische Beschreien von Freiheit und dem eigenen Namen unter Peitschenhieben kommt nur im Film vor. Auch Pawnbroker hat in diesem Sinne ein Happy End zu bieten, dieses besteht in Tränen. Denn das Gegenteil von Freude ist nicht Trauer, sondern Apathie.
Zur Relevanz:
Rod Steiger spielt als Sol einfach großartig. Ich bin sehr froh, dass er vom nichtssagenden Oscar verschont geblieben ist. Obwohl Pawnbroker der erste und wahrscheinlich subtilste Film zum Holocaust ist, fristet er eher ein Schattendasein. Gut so: Pawnbroker bleibt von der nervigen Klassiker-Lobhudelei befreit und ist ein Film für Leute, die Sehen und nicht Erzählen wollen.
Jeder der die Oscars für eine ehrwürdige Institution hält, sollte sich American Sniper anschauen, denn was ist schon für einer Verleihung zu halten, die so einen Propagandadreck auch noch prämiert. Amercian Sniper hat so viele Unsinnigkeiten und Gemeinheiten zu bieten, dass man sie kaum in einen kompakten Kommentar bekommt. Da werden die Iraker als Wilde bezeichnet, als Wölfe, die die Schafsherde, sprich amerikanische Zivilisten, reißen. Die berühmte irakische Gastfreundschaft? Nur ein Vorwand um die netten Soldaten in einen Hinterhalt zu locken. Für alle geschichtsvergessenen nochmal zum mitschreiben: Kein irakischer Soldat hat jemals seinen Fuß auf amerikanischen Boden gesetzt, keine irakische Rakete ist jemals in einen amerikanischen Häuserblock geflogen, kein einziger Terrorist des 11. Septembers war Iraker, wurde vom Irak finanziert, ausgebildet oder unterstützt. Aber, O-Ton, das Böse kommt aus dem Irak nach San Diego. "Gott, Vaterland, Familie..." Es hätte heißen sollen: Öl, Handelswege, Dollarkurs. Der Film ist sich nicht mal zu zynisch auch noch US-Veteranen im Rollstuhl für seine Propaganda einzuspannen, die ihre eigene Ausbeutung und Vernichtung zum Wohle der herrschenden Klasse brav und schafisch beklatschen. Der Gipfel der Frechheit ist es aber dann, die PTBS der quälenden Frage anzulasten, ob man wohlmöglich nicht genug andere Menschen umgebracht hat.
Im ersten Teil des Films sind es die Protagonisten, die sich viel zu ernst nehmen. Ergebnis ist eine geniale Parodie. Im zweiten Teil des Film ist es der Film, der die Protagonisten viel zu ernst nimmt. Ergebnis ist eine zahnlose, laue Schnulze.
Reiche Diebe hängt man in goldene Kette, arme in eiserne.
Capturing the Friedmans ist in mehrerer Hinsicht ein sehenswerter Film:
1. Es wird ein seltener Einblick in das Innenleben einer Familie (im Film häufiger mit dem Adjektiv dysfunktional bedacht) gewährt und das überwiegend mit Privataufnahmen aus den 80er Jahre, die wirken mittlerweile schon richtig antiquiert und nostalgisch und sind außerdem teilweise von hervorragender Qualität. Eigentlich müsste man die Friedman-Brüder als Co-Regisseure im Abspann aufführen.
2. Der Film kreist um wichtige gesellschaftliche Themen. Unschuldsvermutung, Sippenhaft, Vorurteil und Ressentiment. Wieso fällt es uns so schwer, uns einen weißen, gebildeten Mittelstandsvater mit sozialer Ader sowie vielfachen Sternchen und Auszeichnungen als Verbrecher vorzustellen?
3. Der Film ist auch etwas für Psychologie-Interessierte. Stockholm-Syndrom oder aufrichtige Vaterliebe? Ist es Naivität und Nervosität, wenn Jesse vor dem Gerichtsgebäude tanzt oder Gefühlskälte? Wie steht es mit der Hypnosetherapie, wenn wir an verdrängte Erlebnisse gelangen wollen?
4. Schließlich zeigt der Film eindringlich, wie fiktional auch der beste Dokumentarfilm ist. Auswahl des Themas, Perspektive, aber eben auch der Aufbau einer Dramaturgie und die Erzeugung von Spannung. Anstatt eine möglichst chronologische Abfolge der Ereignisse wiederzugeben, erzeugt Jarecki bewusst Chaos und Durcheinander. Wie ist es zu bewerten, dass der Regisseur die Opferperspektive vollkommen vernachlässigt? (https://www.youtube.com/watch?v=qjYWOZgMbHQ)
So unglaublich nah, so echt, so intensiv, so atemberaubend..., dass ich nach einer halben Stunde aufhören nach dem versteckten Schnitt zu schielen oder das Haar in der deutschen Filmsuppe zu suchen, das ja eigentlich immer da sein muss. Weit gefehlt. Endlich einmal wieder in diesen Strudel von Hautnaherlebnis gezogen worden sein, der perfektes Kino heißt, danach mit der Jacke über dem Ärmel durch die Nacht gehen und geflasht sein. Und wenn man sich dann fragt was diesen Film verursacht hat: Das ist Innovation, Live-Theater, Impro, modernstes Kino. Auf einem Hubschrauber wäre ich gern über das Setting geflogen, hätte die Auf- und Abbauten beobachtet, das Timing, die Synchronisierung aller Beteiligten zu diesem grandiosen Konzert. Er spielt wieder, der deutsche Film.
Interessant wäre ein junger, talentierter Filmemacher gewesen, der für sein Projekt Klinken putzen geht (Wie viel Potential da verschwendet wird?). Seduced and Abandoned besteht dagegen aus einer Menge Trivalität und Belanglosigkeit. Ach, entscheidet ist der Marktwert? Erzähl mir was neues... Noch nie im Leben so viel gefaktes Lachen gesehen wie auf dieser scheiß Charity Party. Da erzählt eine diamantbesetzte, sonnenverbrannte Liftoma etwas von Weltfrieden... geh sterben! wenn dein Vermögen das BIP von Afrika übersteigt oder halt zumindest deine Fresse. James Tobakc und Alec Baldwin haben leider diese dabei sein ist alles-Aura, sie bleiben ganz sie selbst und scheuen sich davor wirklich in die Rolle des Bittstellers zu schlüpfen und eine Filmidee auch ernsthaft vorzustellen, da spührt man den Respekt der dritten Reihe vor den wirklichen Machern. Die Investoren wedeln mal so für die Kamera mit der dicken Geldbörse, wers glaubt wird seelig. Ein authentischer Blick hinter die Kulissen wird leider nicht geboten.
Dieser Film lebt ganz allein,
von der Angst des Mannes um sein Ei
"Vergewaltigungen können in der Kunst eine wichtige Funktion erfüllen, obwohl Autoren und Regisseure mindestens genauso gut auch ohne sie auskommen." Nein kommen sie nicht. Vergewaltigungen sind ein Teil der Realität und wie arm wäre eine Kunst, die die Realität verschleiert anstatt sie zu enthüllen. Es gab schon Zeiten in denen eine solche Vergewaltigungsszene hätte nicht gezeigt werden dürfen, dies waren keine goldenen Zeitalter des Antisexismus. Wer bestimmt über die Funktion der Kunst?! Ist die Vergewaltigungsszene in Irreversibel künstlerisch wertvoll? Blöd nur dass das Publikum diese Szene nicht erträgt.
"Sie dient als Motivator für Reek, sich gegenüber seines Peinigers zu emanzipieren. Nicht dazu, dass sich Sansa emanzipiert." Inwiefern ist gerade "dieser Punkt" problematisch? Wieso ist er problematischer als ein Mensch, der mittels Konditionierung in einen Hund verwandelt wird.
"Was ist nur aus den Rollen starker, eigenständiger Frauen geworden, die ich oft dazu benutzt habe, um Game of Thrones zu verteidigen? (...) Arya wischt hauptsächlich Fußböden..." Ayra ist meine Lieblingsrolle und natürlich weiß der Autor, dass solche "Meister" wie der FacelessMen in der Ausbildung ihrer Schützlinge stets auf Demut setzen. Man denke mal an Kill Bill und den frauenhassenden, alten Meister der Kiddo trainiert. Klarer Fall von reiner Polemik.
"Zum Beispiel, dass es einfach überhaupt nicht geht, Vergewaltigung als normalen Vollzug einer Ehe anzusehen. Auch wenn das im Mittelalter vielleicht so gewesen sein mag." Wo wird die Vergewaltigung hier den bitte als "normaler Vollzug einer Ehe" dargestellt? Vielmehr wird die Abnormalität der Szenerie deutlich hervorgehoben. Würden wir als Publikum so etwas als normal ansehen, dann hätte es wohl kaum die angesprochenen Schock-Effekte gegeben.
"Ich vermisse da die gebotene Sachlichkeit, Zurückhaltung und vor allem Sensibilität gegenüber des höchst diffizilen Themas. Zum Beispiel empfinde ich die Argumentation 'Man hat doch gar nichts gesehen, also alles nicht so schlimm' als unglaublich asozial, dumm und menschenverachtend." Das "man hat doch gar nichts gesehen" zeugt vielleicht von Naivität oder mangelnder Reife. Das "unglabulich asozial, dumm und menschenverachtend" zeugt von selbstgefälliger, bildungsbürgerlicher Arroganz. Und wie die Autoren von Game of Thrones polarisieren, so drückt der Autor im kleineren Maßstab die selben Knöpfe. "Aufreger der Woche", statt Sex Sexismus.
sehr informativ
Unfassbar dass so ein geiler Artikel nach zwei Jahren gerade mal 100 gelesen wurde.
Es ist eine infame Unterstellung, dass in Kelly Reichardts Filmen nichts passiert. Es passiert ausgesprochen viel: Schönheit, Freundschaft, Liebe, Träume, Angst, Verlust, Hass. Auf dieser Ebene ergreifen uns Dramen, schaffen Mitgefühl, Identifikation und Ablehnung. Das im Vordergrund nichts explodiert ist kein weniger, sondern ein mehr. Wenn du umbedingt etwas explodieren sehen willst, dann schau dir doch auf youtube Autounfälle an. Nur durch diese Voraussetzungen ist es uns überhaupt möglich all die Details zu sehen, zu berühren, aufzunehmen und zu verarbeiten, die Old Joy so sehenswert machen. Dieser vielsagende Blick, wenn der eine, schon erwachsen und werdender Vater sein Toast try bestellt oder der andere, noch ganz Teenager und Träumer, bekifft seine Theorie vom Universum entwirft. Das wunderbare Gleichnis von Zweien, die sich schuldlos in die Quere kommen und das vielsagende Verschwinden des Eherings, wenn die Barrieren endlich für einen kurzen Moment überwunden sind und es einfach wieder ist wie früher. Was gibt es erschreckenderes als den Verlust des besten Freundes, dieses sich nicht wiedererkennen können, Zombies vielleicht? Was gibt es schöneres als diesen Frieden zu finden in der Freundschaft für einen Moment.