AlexanderDeLarge - Kommentare
Die 5 meist diskutierten Serien
der letzten 30 Tage
-
Star Wars: AndorScience Fiction-Serie von Tony Gilroy mit Diego Luna und Genevieve O'Reilly.+28 Kommentare
-
Das ReservatDas Reservat ist eine Drama aus dem Jahr 2025 von Ingeborg Topsøe mit Marie Bach Hansen und Danica Curcic.+18 Kommentare
-
MurderbotMurderbot ist eine Science Fiction-Serie aus dem Jahr 2025 mit Alexander Skarsgård und David Dastmalchian.+16 Kommentare
Die 5 meist vorgemerkten Filme
-
28 Years Later378 Vormerkungen
-
The Fantastic Four: First Steps93 Vormerkungen
-
Jurassic World 4: Die Wiedergeburt91 Vormerkungen
Alle Kommentare von AlexanderDeLarge
Wenn man sich für diesen Geschichtsabschnitt interessiert, dann ist "Deutschland im Herbst" auf jeden Fall sehenswert. Es gibt Originalaufnahmen sowohl von der Beerdigung des Hanns-Martin Schleyer als auch der Beerdigung der Stammheimer Häftlinge. Erstere leiten den Film ein, letztere schließen ihn ab. Hier liegt dann auch die Kernaussage des Films: Im Tod sind wir alle gleich oder "An einem bestimmten Punkt der Grausamkeit angekommen, ist es schon gleich, wer sie begangen hat: sie soll nur aufhören." Das ist natürlich sehr schön versöhnlich, mir aber zu einfach und indifferent. Wann hätte die Grausamkeit (global) jemals aufgehört? Der ganze Komplex wird hier ausschließlich innerdeutsch gedacht. Da ist ein Künstler wie Jan Delay mit Söhne Stammheims meiner Meinung nach sehr viel klarer und provokanter gewesen. Am kontroversesten ist noch Wolf Biermann, der direkt und unverblühmt die Behauptung der Selbstötung der Häftlinge anzweifelt. Künstlerisch gibt es eine sehr schöne Adaption bzw. Übersetzung von Sophokles Klassiker Antigone zu bewundern. Fassbinders Episode dagegen fand ich wenig gelungen. Ich liebe ja seine Filme, aber wenn es sich selbst vor der Kamera inszeniert, ist er doch reichlich nackt, zugekokst und ecklig.
"Das Kino gibt uns nicht, was wir wünschen, sondern es sagt uns überhaupt erst, was wir begehren sollen. (...) Die Fantasie kommt also zuerst" Slavoj Zizek. Weit davon entfernt Anderson irgendetwas absprechen zu wollen: Wie arm ist ein Kunstwerk, wenn einer davor steht und nichts anderes zu sagen weiß als das ist Kunst. Es ist tatsächlich alles so schön aufgebaut wie in einem Puppenhaus, drapiert, durchchoreographiert, aber Puppenhäuser sind nicht lebendig. Der Fehler von Grand Budapest Hotel ist es schön sein zu wollen und sonst nichts. Es ist schönes Blendwerk, aber eben doch Blendwerk. Ein aufgeklärter Mensch muss sich daran stören wie hier Geschichte verdreht und verklärt wird und den Finger in die Wunde legen. Ein Film für Hochzeit von Kate und William im Fernsehen Gucker. Was man mit dem Herzen bejaht, kann man mit dem Kopf nicht mehr verneinen.
Grand Budapest Hotel ist kein trotz alledem, es ist ein gerade weil. Kritisiert wird der aufkommende Faschismus, in den Himmel gehoben der Wilhelminismus. Z.B. "Das weiße Band" zeigt, dass beides zusammengehört.Deswegen hat Grand Budapest Hotel es auch verdient für alle Ewigkeit mit American Sniper in Verbindung gebracht zu werden.
Schlüssellocheinstellung, übergroßes Haus, übergroßes Patriarchengemälde, übergroßes Kreuz, Taschenspielertrick, wehendes Kleidchen im Wind, Rückspiegelsicht, eine Mücke auf nackter Haut in Ultra-Nahaufnahme, Schweißperlen in Ultra-Ultra-Nahaufnahme, Spiegelung in Pilotenbrille, zwei Mädchen Hand in Hand am Strand, ein Sportwagen am Strand, Sportwagen sind Freiheit, ein Ball der eine Gasse runterrollt, eine Frau mit Strohhut am Strand, eine Frau mit Kopftuch und Sonnenbrille am Strand, Motorengeräusch, Motorräder sind Freiheit, volle Lippen in Ultra-Nahaufnahme, Magnum ist viel mehr als nur Eis, Motorräder in langer Reihe, Lederjacken, Motorengeräusch, Motoröl auf nackter Haut, Rückspiegelsicht, ein Typ der mit Handschuhen Auto fährt, ein Typ der mit Handschuhen Auto fährt und sich eine Zigarette anzündet, ein Typ der mit Handschuhen Auto fährt und sich eine Zigarette anzündet und diese nicht raucht, sondern ganz aus dem Fenster wirft, Männlichkeit, Überblende mit Vollmond...
***Spoiler******
Verunglückt ist ein Film über die Liebe, denn ich merke nichts von der Liebe selbst. Eines darf ein Film über die Liebe nicht sein, distanziert. Die Liebe lässt sich nicht objektivieren, nicht sezieren, im besten Fall bilden Protagonist, Regisseur und Zuschauer eine Einheit, die erfüllt ist von diesem höchsten menschlichen Gefühl der Anerkennung. Wenn Tomeks Gefühl für Magda erfüllt ist von Wärme und Zuneigung, warum lässt der Film dann nichts von dieser Zuneigung in seinen Farben erkennen, einmal abgesehen von der Szene mit dem Milchwagen im Innenhof. Wenn die Liebe in Kieslowskis Universum nicht existent ist oder zumindest nur eine Quelle von Schmerz und Leid, womit sie ebenso negiert ist, dann hätte der Titel anders lauten sollen, "Ein Film über die Tristesse oder die Hoffnungslosigkeit jeder menschlichen Beziehung"
Vielmehr erscheint Tomek unreif, möglicherweise kennt er bestimmte Seiten von Magda besser als jeder andere, aber wirklicher menschlicher Annäherung verweigert er sich. Kein Küssen, kein Sex, so liebt man nur Götter und Göttinnen. Ein Selbstmordversuch... aus Liebe... höchst fragwürdig. Da gehe ich eher mit Sono und Love Exposure:
Die Liebe ist geduldig und freundlich.
Sie kennt keinen Neid, keine Selbstsucht,
sie prahlt nicht und ist nicht überheblich.
Liebe ist weder verletzend
noch auf sich selbst bedacht,
weder reizbar noch nachtragend.
Sie freut sich nicht am Unrecht,
sondern freut sich, wenn die Wahrheit siegt.
Diese Liebe erträgt alles, sie glaubt alles,
sie hofft alles und hält allem stand
Mein Film 400 und was für einer, Lars von Triers Melancholia ist das Schönste was man aus einer Depression machen kann. Ganz nach Kafka: Was ich geleistet habe, ist nur ein Erfolg des Alleinseins.
In der wunderbaren Ouvertüre ist bereits alles enthalten: Diese erste Nahaufnahme von Justine, zersauste Haare, fesselnder Blick, die Kamera vergräbt sich tief in ihre Gesichtszüge und legt dort diese Ursprünglichkeit und Wildheit frei, der 5000 Jahre Zivilisation nichts anhaben konnten.
Kultur ist nur eine dünne Apfelhaut über einem Chaoskern: Wenn wir uns unbeobachtet fühlen, pissen wir noch immer in freier Wildbahn auf einen Golfplatz, Brautschleier hin oder her. Wenn Justine über dem Hole des Golfplatzes kniet, das Hochzeitskleid hochgezogen, den Blick zu den Sternen gerichtet, dann sieht sie nicht nur aus wie ein Höhlenmensch, sie sieht auch dasselbe wie ein Höhlenmensch, fantastische Einstellung.
Und dieser Höhlenmensch, er will so gar nicht in diese Gesellschaft passen, in der aus Wäldern Golfplätze gemacht werden und zu Figuren geschnittene Bäume in akkuraten Abständen zueinander angeordnet werden müssen, in der alles geplant und optimiert werden muss, sogar das Glück, sogar der Geschlechtsakt.
In dieser Gesellschaft ist nicht mehr Gottesfurcht oder Liebe oder Gemeinschaft das oberste Gebot, die höchste Forderung der Gesellschaft an uns ist das zur Schau gestellte, offensive Glücklichsein.
Du kannst glauben was du willst, du kannst tun und lassen was du willst, aber sei verdammt nochmal glücklich: Now Repeat After Me Iam Free.
Nirgendswo zeigt sich diese versteckte Tugend deutlicher als bei der eigenen Hochzeit; der wichtigste Tag im Leben einer Frau.
Justines Schwester Claire plant das Glück anhand einer Checklist und ihr Schwager John bezahlt dafür in Bar. Justines eigentliche Aufgabe besteht darin, sich einen passenden Werbeslogan auszudenken, damit auch die nächste Generation Mädchen an den Schwachsinn vom Prinzen auf dem weißen Gaul glaubt.
Die intime Situation der Hochzeitsnacht, wie sich der Bräutigam mechanisch entkleidet und in weißen Samentötern dasteht, wer könnte da noch? Justine ist übrigens der Name einer Protagonistin von de Sade, sie geht bezeichnenderweise an ihrer Tugendhaftigkeit zu Grunde und wird im Finale von einem Blitz erschlagen. Und in diesem Finale muss es kein Schloss mehr sein, es tut wieder die primitive Höhle.
Glück ist nicht einplanbar, Glück ist spontan, es überkommt einen einfach, es überkommt einen wie die Melancholie. Alle Appelle bringen nun nichts mehr, sie kommt mit einer so unvergleichlichen Gewalt, zwingend wie ein Naturgesetzt. Deine Beine sind gefesselt und versinken mit jeder Gegenwehr nur noch weiter im Schlamm, bis hin zur völligen Bewegungslosigkeit, der Katatonie. Und wenn du aufgegeben hast, wenn du alle Hoffnung verloren hast, wenn du schon strahlst in Erwartung des Aufpralls, dann zieht der blaue Planet vorüber. Er zieht vorüber, jedoch nur um erneut wiederzukehren, bis eines Tages alles in einer Feuersbrunst entschwindet, ohne Wein und Beethovens 9.
+Spoiler+
Wenn eine gute Fee käme und ich drei Wünsche frei hätte... wenn ich nochmal jung wäre...eine zweite Chance... ich würde alles anders machen...mit dem Wissen von heute... Arthur Hamilton führt ein typisches, amerikanisches Durchschnittsleben der 1960er Jahre im inhaltsleeren Wohlstand. Ein angesehener Job, eine vorzeigbare Ehe, Haus mit Garten, Tochter auf dem College. Es ist kein unzufriedenes Leben, allerdings eines im Schatten der großen Träume der Jugend. Anders als wir bekommt Arthur seine zweite Chance, er wird "wiedergeboren", nur dass die gute Fee hier in Hollywood natürlich ein kommerzielles Unternehmen ist. Für 40 000$ erhält Hamilton durch plastische Chirurgie nicht nur ein neues Gesicht, neue Zähne, ein attraktiveres, jüngeres Aussehen, sondern auch gleich das fertig designte Leben seiner Träume, das Leben eines Kunstmalers.
Die große Tragik und Clue des Filmes besteht nun darin, dass ihn auch dieses so perfekte, so neue Leben seiner Träume nicht glücklich machen will. Arthur steht schon bald erneut in den Büroräumen der Firma und verlangt praktisch einen Umtausch, noch ein neues Leben. Zu seinem besten Freund sagt er über sein altes und neues Leben: The years i spend trying to get all the things i was told were important, that i was suppose to want. things, not people or meaning, just things.
Möglicherweise sind nicht unsere unerfüllten Träume unser Problem, sondern unsere Träume selbst. Möglicherweise werden unsere Träume in der Realität zu Alpträumen. In Wahrheit hat Arthur Hamilton nämlich nie wirklich gewusst was er wollte. Kunstmaler?!! Der Schein eines Kunstmalers vielleicht, das Benehmen, der Habitus, die Kleidung, das Haus, die Freunde, das Ansehen. Um wirklich Kunstmaler zu sein braucht es nämlich nur Farben und Staffelei. Nicht gestern, nicht morgen, hier, jetzt und heute, egal wie alt du bist. Wie aber wird man wer man sein möchte, wenn man nicht weiß wer man sein will.
Man könnte ja jedes einzelne Familienmitglied bedauern für dieses klägliche Außenseiterdasein irgendwo in einer Kleinstadt in Iowa. Stattdessen hat man größten Respekt davor, wie diese Familie füreinander einsteht und jeder von ihnen sein absurdes Schicksal fast klaglos erträgt. Oberflächlich betrachtet sind die Grapes die reinste Chaosfamilie, dahinter steht ein glaubhafter Zusammenhalt, der jeden Großstädter und Cosmopolitan vor Neid erblassen lässt, gerade wegen den schwierigen Umgebungsbedingungen. Der Film drängt sich nicht penetrant auf, er lässt einen zweimal hinsehen und er schafft Aktzeptanz für seine randständigen Protagonisten, ohne sie ins Lächerliche oder Tragische zu verzerren. Ein Verdienst auch von DiCaprio und dem wunderbaren Cast.
Als der so alleine am Lagerfeuer sitzt und mit seiner verstorbenen Frau spricht, denke ich mir: Wenn jetzt eine Sternschnuppe antwortet, schalte ich aus.
Wer reuevolle Geständnisse erwartet, sei daran erinnert, dass es immer der Sieger ist, der die Geschichte schreibt.
Was der Film nicht erzählt:
- Bei der Suche nach den Leichen der Bürgerrechtler fand man sieben weitere ermorderte Schwarze, für deren Verschwinden sich kein Schwein interessiert hatte.
- Der FBI-Chef J. E. Hoover musste zu den Ermittlungen gezwungen werden.
- Mississippi weigerte sich Anklage zu erheben, weshalb die Klage vor einem Bundesgericht verhandelt werden musste. Mississippi verweigerte den Toten noch 1989 im US-Kongress eine symbolische Ehrung.
- Insgesamt 18 Männer wurden angeklagt, von diesen jedoch nur sieben verurteilt. Keiner blieb länger als sechs Jahre im Knast!
Robin Williams verbreitet wieder einmal behagliche Wohnzimmerwohlfühlatmosphäre. Ob Good Morning, Vietnam, Dead Poets Society oder Good Will Hunting, dieser sanfte Riese zwang einen zum Lächeln und brachte das Beste im Menschen hervor. Der Rest ist mir persönlich ein wenig zu niedlich für eine Auseinandersetzung mit dem Vietnamkrieg.
Bei Only Lovers Left Alive bemerkt man in Kulissen und Requisiten recht schnell eine bestimmte Detailverliebtheit. Da ist dieses Vampirhaus im Industriegebiet - Paper Street 2.0 meine ich doch -, dann die marokkanische Altstadt für einen Hauch von Tausendundeine Nacht (oder eher 3 Sterne, All Inclusive?) und schließlich immer wieder die perfekt ausgeleuchteten Gitarren. Only Lovers Left Alive ist ganz schön anzusehen, aber wie ich finde durchsichtig und oberflächlich. Es wird viel von Musik gesprochen und gezeigt, aber hören tut man wenig. Es wird viel von Poesie gesprochen, aber es kommt keine vor. Keine große Musik, keine große Poesie, kein großes Drama und kein großer, eigentlich gar kein Inhalt. Only Lovers Left Alive will Vintage sein, aber man sieht den Photoshop Filter.
Wenn Scottie Ferguson in seinem grauen 1956er DeSoto Firedom (die Farbe grau passt gut zu ihm) eine Kreuzung nach der anderen umkurvt, interessiert mich einzig und allein die Frage, ob er wohl Rindlederhandschuhe trägt oder ob seine Haut tatsächlich schon so gegerbt und verbrannt aussieht wie Leder.
***Spoiler***
Es gab vor ein oder zwei Jahren mal eine kleine Randnotiz in den Abendnachrichten. Es ging um eine spezielle Form von SM-Film oder auch schlicht Tierquälerei. Frauen, die in Stilettos Kleintiere wie Ratten, Schlangen oder Spinnen zertretten und Männer, die sich diese Aufnahme ansehen, weil ihnen dabei offenbar einer abgeht. Die erste Szene in Enemy hat mich stark an diesen Bericht erinnert, eine Runde von Männern aller Altersgruppen, die sich in einem Hinterzimmer um einen Glastisch gruppieren und gebannt eine Frau betrachten, die mit ihren Absätzen einer kleinen Spinne gefährlich nahe kommt. Anfang- und Schlussszene sind für das Verständnis von Enemy geradezu evident. Wer oder was ist diese Spinne, die am Anfang aus einem goldenen Gefäß entlassen wird und droht von einer mysteriösen Frauengestalt zerstampft zu werden und am Ende als übergroße, raumfüllende Kreatur triumphiert? Wer seinen Spaß an der schönen Bilderflut von Enemy findet, hält das Narrativ vielleicht für überflüssig oder trivial. Diese Explosion an den Synapse erreicht man aber auch, indem man sich einfach eine Keule auf den Schädel haut. Wer also verdammt nochmal ist die Spinne? Sie ist zunächst ein mystisches Tier mit starker Symbolkraft. Wir bewundern ihre kunstvoll gesponnen Behausungen in der Sonne, das ist der kreative, ja schöpferische Teil der Spinnen-Methaphorik. Gleichzeitig fürchten wir sie aber auch als dunkel und bedrohlich. Verfängt, lähmt und tötet sie doch weitaus größere Tiere und sie tut dieses zudem hinterrücks, mit Gift. Nicht umsonst sprechen wir "vom Intrigen spinnen". Aber der vielleicht größte Albtraum für den Mann ist natürlich, dass es da auch diese Spinne gibt, die ihr Männchen nach dem Geschlechtsakt auffrisst. Skandallös sowas. Was wir mit der Spinne assoziieren, wurde und wird interessanterweiße oftmals auch mit Weiblichkeit assoziiert. Ist es möglicherweise die Frau, die Ehefrau und werdende, lebensspendende Mutter, die ihren Mann in Denis Villeneuves Enemy am Ende in ihrer Behausung eingefangen hat? Hat sie ihren motorradfahrenden und freiheitsliebenden Mann in Lederjacke, der das wilde Highlife eines Schauspielers führt und sie alle Nase lang mit langbeinigen Schönheiten betrügt, in einen alten, händezitternden Geschichtslehrer verwandelt? Es zeigt sich, dass man eine Ehe nicht einfach ausziehen kann wie den Ehering vom Finger. Du bist kein Mann, schreit sie und beide rasen zur Hölle. Zwei Seelen wohnen, ach! In meiner Brust, die eine will sich von der andern trennen :-)
Antichrist und der hier an einem Tag, ich geb mir eine Folge Desperate Housewives.
Die Fahrt geht immerzu in Richtung Verderben. Die Passagiere: Ein Schwarzer, ein Araber, ein Jude. Zusammengefercht und eingesperrt in den Banlieues, den franz. Projects. Hier fehlt die Luft zum Atmen, hier gibt es keinen Raum für Träume, die Aussicht ist versperrt von Beton. Es ist tatsächlich wie in einem Gefängnis, einem dunklen Erdloch, einem verlassenen Boot auf hoher See, einem Güterwagen vollgestopft mit Menschen. Die tägliche Nahrung: Ein Löffel voller Hass. Es kann keinen rational denkenden Menschen verwundern, wenn die Scheiße einmal raus muss und sich ausbreitet wie ein Flächenbrand. Wen es dann erwischt? Vollkommen willkürlich. Man kann noch so stark und charakterfest und so regelrecht tugendhaft sein wie Hubert. Die Frage ist nicht ob du an Gott glaubst, sondern ob Gott an dich glaubt!
La Haine ist natürlich kein religiöser Film, sondern eine Milieustudie. Vielleicht erwischt es gerade den, der sich unter allen Widrigkeiten noch ein menschliches Antlitz bewahrt, der ankämpft gegen die Hoffnungslosigkeit, die Enttäuschung und die Wut, der erfüllt ist mit Scham gegen seine Lebensumstände und seine Umwelt. Die traurige Botschaft: Vielleicht zerbricht Hubert gerade deshalb, weil er sich nicht verbiegen lässt.
Wäre Christian Bale nicht so verdammt dünn, er wäre Tyler Durden...
"Erzähl mir nicht, dass sie den Traum nicht geträumt haben und nicht versucht haben, Poesie oder Prosa zu schreiben, denn sie haben es, und sie haben versagt. Von der durchschnittlichen Kritik wird einem übler als von Lebertran."
Ein Liebesdrama das an Authentizität unübertroffen ist. Es mag eine pervertierte Form der Liebe sein... oder schonungsloser Realismus. "Ich habe sie nicht geliebt, Liebe ist bedingungslos. Ich wollte sie nur besitzen." Ist es eine pathologische Liebe? Dann ist in Fassbinders Kosmos die Gesellschaft an ihr erkrankt. Nicht nur die Petra von Kant weint bittere Tränen. Die Sidonie von Grasenabb hat einen Weg gefunden ihren Gatten zu manipulieren, sie oktroyiert ihm ihre Wünsche als seine eigenen auf. "Ich wollte auf Taschenspielertricks verzichten". Der Ehemann von Karin Thimm hat nie Geld, aber der Liebe wegen kann Karin nicht von ihm lassen. Sie bezahlt für seine Faulheit, während Petra von Kant die ihre finanziert. Und letztendlich Marlene, die in ihrer Liebe jede Schikane und Herabwürdigkeit erträgt ohne einen Ton, nicht aber das Zeichen von Schwäche. Es ist, wie annaberlin es beschreibt, der Fortgang einer Liebesbeziehung: Verlieben - Liebe - Langeweile/Egoismus/Ekel - Trauer - Hass - Gleichgültigkeit. Spezifisch weiblich, spezifisch homosexuell ist überhaupt nichts. In der Liebe sind alle gleich. Wie sonst könnte jede Etappe, die Petra von Kant in ihrer Schilderung der Liebe zu ihrem Ex-Mann preisgibt, an Karin erneut aufgeführt werden? Die wahre Tragik der Liebe besteht nicht in Mauern, in Klassen oder dem Tod. Es ist dieser tiefe, inhärente und unauflösbare Widerspruch von Stärke und Schwäche der Liebenden den Fassbinder enthüllt. Wenn die Protagonistin auf dem Boden krabbelt, hysterisch weint und schreit, dann mögen einige berechtigterweise von Kitsch sprechen. Wer wahrhaft geliebt hat, der weiß genau was gemeint ist und gibt sich lieber der Lächerlichkeit preis als einer Lüge hin.
Die Hölle war total überfüllt, und noch immer stand eine lange Schlange am Eingang. Schließlich musste sich der Teufel selbst herausbegeben, um die Bewerber fortzuschicken.
"Bei mir ist alles so überfüllt, dass nur noch ein einziger Platz frei ist", sagte er. "Den muß der ärgste Sünder bekommen. Sind vielleicht ein paar Mörder da?" Und nun forschte er unter den Anstehenden und hörte deren Verfehlungen an. Was auch immer sie erzählten, nichts schien ihm schrecklich genug, als dass er dafür den Platz in der Hölle hergeben mochte. Wieder und wieder blickte er die Schlange entlang. Schließlich sah er einen, den er noch nicht befragt hatte.
"Was ist mit Ihnen- dem Herrn, der da für sich allein steht? Was haben Sie getan?" "Nichts", sagte der Mann, den er so angesprochen hatte. "Ich bin ein guter Mensch und nur aus Versehen hier. Ich habe geglaubt, die Leute ständen um Zigaretten an."
"Aber Sie müssen doch etwas getan haben", sagte der Teufel. "Jeder Mensch stellt etwas an." "Ich sah es wohl", sagte der gute Mensch, "aber ich hielt mich davon fern. Ich sah, wie die Menschen ihre Mitmenschen verfolgten, aber ich beteiligte mich niemals daran. Sie haben die Kinder hungern lassen und in die Sklaverei verkauft; sie haben auf den Schwachen herumgetrampelt. Überall um mich herum haben Menschen von Übeltaten jeder Art profitiert. Ich allein widerstand der Versuchung und tat nichts."
"Absolut nichts?" fragte der Teufel ungläubig. "Sind Sie sich völlig sicher, dass Sie das alles mitangesehen haben?" "Vor meiner eigenen Tür", sagte der gute Mensch.
"Und nichts haben Sie getan?" wiederholte der Teufel.
"Nein!" "Komm herein, mein Sohn, der Platz gehört dir!" Und als er den guten Menschen einließ, drückte sich der Teufel zur Seite, um nicht mit ihm in Berührung zu kommen.
So ist er der Mensch...
Das Ende ist der wichtigste Teil einer Geschichte: Schade, dass sich Strange Circus seines Reichtums beraubt.
Ich bin hauptsächlich aus zwei Gründen ein Fan von Haneke. Zum einen setzt er den gefälligeren Unterhaltungsfilmen unbequeme Kunst gegenüber, zum anderen der inhaltlichen Beliebigkeit eine klare und kritische Haltung. Das Abfeiern von medialer Gewalt verwandelt er in Funny Games in einen Faustschlag in die Magengrube, die träumerische Nostalgie in Das weiße Band in einen erschreckenden Realismus. Haneke haftet deshalb auch das Image des Oberlehrers an, weil er seine Filme nicht als reine Dienstleistung an dem Zertreuungsbedürfnis des Publikums ansieht. Wie konnte es dem polarisierenden Haneke also passieren, dass ausgerechnet Liebe allseitig gelobt wird?
Tragischerweise nur durch Missverstehen, denn die reine Liebe und große Treue wird hier selbstverständlich nicht für sich selbst, selbsterfüllend und unverfänglich porträtiert, sondern, und das sollte jedem bewusst sein, der Film ist ein klarer Appell für das Töten von Menschen auf Verlangen. Haneke gelingt es mit Liebe eine so emotionalisierende und involvierende Geschichte zu erzählen, dass sich der Zuschauer mit den Protagonisten verfängt und ihre Perspektive als einzige Konstruktion der Wirklichkeit unhinterfragt übernimmt. Wo es vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Demografie wieder höchst kritisch und kontrovers wird, bleiben die Kritiker diesmal stumm, Hanekes rührselige Geschichte von reiner Liebe und tiefer Treue hat sie eingefangen, der de facto Mord erscheint nach dem Ablauf der ganzen Dramaturgie als einzige rationale Handlung und Ausdruck der Liebe. Nicht weil es tatsächlich so ist, sondern weil es für den Protagonisten so ist. Die Hilfeschreie der Protagonistin können Sternchen auf der Postkarte, also tatsächlich Hilfeschreie, aber genauso gut auch bedeutungsloses Gebrabbel sein. Man kann ihren Zustand als würdelos, man kann ihn anders, innerlich und dann als würdevoll definieren. Aber kann man das Recht einräumen zu töten? Die Handlung des Films hab ich vergessen, das Gefühl vergesse ich nie, sagt er. Haneke erzählt ein Gefühl, also urteilt der Zuschauer aus dem Gefühl. Wie Haneke in Bennys Video zunächst ein Schwein und in Funny Games zunächst einen Hund töten lässt, tritt hier eine Taube auf. Zuerst macht es den Anschein, als wollte der Protagonist sie mit der Decke einfangen und ebenfalls ersticken, tatsächlich schützt er sie mit der Decke dann nur, er hilft ihr aus einer für sie ausweglosen Situation, hält sie sanft an seine Brust gedrückt, entlässt sie wohl schließlich in die Freiheit. Der Fingerzeig ist unzweideutig.
Ich hab Irreversibel lange vor mir hergeschoben und regelrecht die Hosen voll gehabt wegen dieser ominösen, viel skandalisierten Vergewaltigungsszene. Das eine einzige Szene überhaupt ein so heftiges Echo hervorruft, dass man sich an das durchtrennte Augen von Ein andalusischer Hund erinnert fühlt, ist ein echter Anachronismus. Deshalb ist die erzieherische Wirkung einer solch drastischen Darstellung auch höchst zweifelhaft, wenn überhaupt intendiert. Man muss das Kind schon eine gewaltige Menge an Zigaretten rauchen lassen, damit es auf ewig die Finger vom Nikotin lässt. Das Problem bei Schockmomenten, Tabubrüchen usw. ist eben, dass sie sich schnell selbst einholen. 200 traumatisierte Zuschauer verlassen den Saal, 2000 bleiben mit erhöhter Toleranzschwelle zurück. Die Szene lässt aufmerken, wühlt auf, fesselt, beschäftigt, provoziert, erbost, fasziniert, weil sie in ihrer Intensität nie dagewesen ist. Die erzielte Intensität ist der künstlerische Verdienst der Filmemacher, aber ein gesellschaftskritischer Aspekt, etwa gegen die Bagatellisierung sexueller Gewalt in den Medien, ist nicht erkennbar. Der Film kann durchaus als in schädlicher Weise normenverletzend interpretiert werden, daher ist es auch keine Schande wegzusehen, Hauptsache man schaut im echten Leben hin.
Die Kamerafahrten, besonders am Beginn, illustrieren einen regelrechten Höllenritt, man wird als Zuschauer aus seinen gewohnten, zentrierten Strukturen herausgezogen und verliert jeden haltgebenden Bezugspunkt, die Welt steht auf dem Kopf! In dieser Hinsicht geht die Perspektive durchaus synchron mit dem Inhalt, man fühlt sich desorientiert, hilflos und erwartet den Angriff aus jeder Ecke. Komplementiert durch Töne und Fargebungen suggeriert diese Atmosphäre Ängste, auf eine letztendlich ziemlich banale und primitive, aber nach wie vor psychologisch effektive Weise.
Ob der Regisseur nun homophob ist oder nicht kann ich beim besten Willen nicht beurteilen, aber es geht doch darum: Der Schwulenclub dient als wirkungsmächtiges Stilmittel der Angsterzeugung, die personifizierte Vorhölle. Die Kamera dreht im Karussel um eine warnrot-blinkende Denkenbeleuchtung, während im Hintergrund alarmartige Töne nicht unzweideutiger und fluchtreflexauslösender sein könnten. Der Film setzt hier Homosexualität, Sodomie und Unzucht dramatisch in einen unheilvollen Gleichklang, was vor dem Hintergrund der späteren, realistisch anmutenden Vergewaltigung ethisch fragwürdig erscheint. Alle gesellschaftlichen und maskulinen Ängste gegenüber Schwulen werden hier genutzt, um einen ekelerregenden, rattennestartigen Raum voller animalischer, schwitzender, penetrierender Glatzköpfe zu schaffen.
Jeder glückliche Moment hat ausnahmslos schon sein eigenes Ende in sich, die Zeit zerstört alles. Ein Happy End gibt es niemals, alles endet im Dreck, einen glücklichen Anfang dagegen schon. Allerdings ist dieser Anfang nur dann glücklich, wenn man das Ende nicht kennt, weshalb der Film ab dem zweiten Drittel abflacht und eine Trivialität und Bedeutungslosigkeit preis gibt. Irreversibel ist ein gut inszenierter Film. Dem Film fehlt jedoch die Pointe, dadurch hinterlässt er den Eindruck einer gut getarnten Horrorshow. Menschenfeind ist da stimmiger.
Kann man nichts gegen vorbringen. Kidnapped erfüllt alle Maßgaben, die dieses Genre stellt. Das Drehbuch ist sehr konventionell, aber nicht im Sinne von langweilig, sondern im Sinne von solide. Mir persönlich lieber als irgendwelche konstruierten Storys mit x-Wendungen und null Glaubwürdigkeit. Gleiches gilt für die Darstellung der Charaktere. Kidnapped ist eben ein Erwachsenenfilm mit gewissen Bezügen zur Realität, da darf man nicht ins Taschentuch heulen, wenn der ein oder andere böse Junge eben keinen spontanen Läuterungsprozess durchmacht oder jedes mal vor dem Töten noch von irgendwo ein Messer in den Rücken bekommt. Gute Schauspielerleistungen (Mutter, Vater, Kind) und teilweise wirklich starke Einstellungen.
Und im packenden Finale erhebt sich Justitia von ihrem Richterstuhl und verkündet: Sie sind frei, die Gerechtigkeit hat gesiegt! Die Welt ist also doch schön rund, dann kann ich jetzt ja beruhigt ins Bett.