BaltiCineManiac - Kommentare
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Alle Kommentare von BaltiCineManiac
Ich will das als abendfüllenden Langfilm!
Sofort! Ich weiß, eine lächerliche Forderung
in einer Welt, in der so ambitioniert-erwachsene
Projekte wie "Mouse Guard" einfach so gestrichen werden.
Wow, was war das denn gerade? Zehn Jahre ist dieses Animationsfilm-Kleinod schon alt, aber jetzt erst sah ich es und es hat mich mit seinem Ende gerade emotional völlig unerwartet weggeballert, sodass ich den Kurzfilm nicht so schnell wieder vergessen werde. Man sollte neben den kostengebundenen und technischen Möglichkeiten der Entstehungszeit bei der Reflexion des Werkes bedenken, dass dieses ambitionierte Projekt völlig unabhängig (u.a. durch DVD-Vorkverkauf an im Abspann genannte Fans) mit einer Open Source Software für 3D-Animation realisiert wurde, im Hauptquartier der Blender Foundation in der niederländischen Hauptstadt Amsterdam.
Im tief verschneiten Hochgebirge irgendwo in einem fantastischen, mittelalterlich anmutenden Land, erzählt die völlig erschöpfte Sintel, die sich gerade noch draußen im Schnee des Angriffs eines bewaffneten Räubers erwehren konnte, einem Schamanen, wie sie den Weg in seine Hütte fand. Die junge Frau ist auf der Suche nach einem kleinen Drachen namens Scales, der einst verletzt vom Himmel fiel, als das Mädchen von den Nahrungsresten der Menschen in den Hintergassen der großen Stadt lebte. Als sie in der Welt völlig allein gelassen schien, war das Drachenjunge, das sie gesund pflegte, ihr einziger Freund. Bis der Herbst kam und die Vögel zogen ...
Zugegeben, bei der Animation besteht sicherlich noch Luft nach oben, aber mit seiner gekonnten Inszenierung und seiner das Herz berührenden Emotionalität klatscht dieses 14-minütige Historical-Fantasy-Miniepos ziemlich viel von der im 21. Jahrhundert produzierten Filmkonkurrenz mal so eben locker flockig an die Wand. Die Erzähldynamik ist grandios, die digitale Bildführung dynamisch wie von einem mehrfach Oscar-prämierten Kameramann, der Schnitt und das Timing stimmen, die Musik von Jan Morgenstern ist epic gekrönt von der Abspann-Ballade, die Action stimmt, ganz zu schweigen von der Gefühlsbestimmtheit.
Hat jemand "Der Name des Windes" von Patrick Rothfuss gelesen? Die Stadtepisode von Sintel erinnerte mich ein bisschen an Kvothes Straßenleben in Tarbean. Und dann wagt Regisseur Colin Levy, ein kleiner Layout Artist aus der Heerschar der Animationskünstler bei den Pixar-Großfilmproduktionen, auch noch dieses bittersüß-schmerzhafte Finale mit der Lebensreflexion und der metaphorischen Spiegelerkenntnis im Lebenssaft. Zeiten ändern dich! Und Freundschaft? Wie ein kurzer, aber tiefsinniger Minnesang, abgerundet vorgetragen, bevor sich die Herbstzeit übers Land legt. Oder aber die ersten Schneeglöckchen blühn ...
Horchet auf liebe Leut,
Die Geschicht von Sintel und Scales,
Sie wird euch das Herz entzwein ...
·
Ganzer Film (Offizieller YT-Kanal von Blender)
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https://youtu.be/eRsGyueVLvQ
Bin gerade beim Facebook-Scrollen über diese Schauspielerin gestolpert, genauer, über nachfolgendes Bild von ihr. Ich so: Woooooooooooooooooooooooooooo ...
https://livecinemanews.com/wp-content/uploads/2019/09/malvika_sharma_20190920_115818.jpg
Jetzt freue ich mich um so mehr auf den unbestimmt verschobenen Actionthriller "Master", auch wenn darin Nichtskönner Vijay immer noch die Hauptrolle spielt, sie dafür aber den weiblichen Main Part. YES! Gruselig finde ich, dass ich zwei ihrer drei hier eingetragenen Filme gesehen habe, aber sie mir als Polizistin und Ehefrau in Nebenrollen nicht wirklich so sehr auffiel.
Tom Holland ist jetzt LUGERMAN! ;)
You're an extraordinary
collection of atoms,
Lili Reinhart! 💕
Die größte Horrorserie unserer Zeit? Die längste, ja! Adjektive verwechselt. Alles andere wäre ein Armutszeugnis für die Horrorserienlandschaft der Jetztzeit. Hab mir extra alle Staffeln und alle Folgen - bis auf die letzte jenige welche der aktuellen Staffel halt - am Anfang der C-Epidemie reingezogen, um endlich mitreden zu können. Die Serie ist teilweise so grottig inszeniert, dass es schmerzt, hat aber auch einige ganz gut funktionierende Höhepunkte, Staffel 6 und 7 und der 1. Teil der 4. Staffel, während der 2. Teil dieser Staffel der schlechteste Part überhaupt ist, Staffel 10 mit der charakterlichen Demontage meiner Lieblingsfigur ist auch nicht leicht zu ertragen gewesen. Denn schlussendlich kommt man deshalb gut durch, weil man sich an die Protagonisten gewöhnt hat und einige davon mag. Alles in allem musste ich mich teilweise aber quälen und kann diesen Hype nicht in Gänze nachvollziehen!
Wie es endet? Werden wir sehen. Einfach gucken, wenn die letzte Staffel da ist, danach beurteilen, fertig. Und die Kraft bzw. Zeit, die für das Rumspekulieren draufgeht, für die Beschäftigung mit der großen weiten Filmwelt nutzen!
Kritischer Blick auf die deutsche Filmbranche und Filmförderung
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Genug vom cineastischen Magerquark!
"Die Stimmung in der deutschen Filmkultur fassen drei Sätze zusammen: So kann es nicht weitergehen. Aber so geht es weiter. Und es wird noch schlimmer. Eine Abrechnung!"
Umfangreicher und lesenswerter Artikel in der Zeit vom renommierten Autor Georg Seeßlen (unzählige Publikationen zu Film- und Medienkultur) zum Istzustand der deutschen Filmkultur. Erscheinungsdatum: 10.09.2020
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https://www.zeit.de/kultur/film/2020-09/filmfoerderung-deutschland-kritik-missstaende-filmkultur-kino-filmproduktion
Das ist seine Schanze auf ein neues Leben. Rafft dat doch mal, man!
Tja, das waren noch Zeiten damals, vorm Endsieg, ähm, nein, na ja, vorm Ende halt, wo die Eltern ihre Mädels spontan Corona nannten (das Krönchen, kein Söhnchen). Eines davon ist mittlerweile als Wanderzirkusartistin herangewachsen und macht in den postapokalyptischen Kriegsruinen von Berlin mit adoleszent-strammen Blondinen-Kurven die deutschen Jungens verrückt, deren Lebensinhalt zuvor darin bestand, gegeneinander zu kämpfen, organisiert als Diebes- und Schwarzmarktbanden, aufgrund noch fehlender Infrastruktur und geschlossener Schulen im Sommer 1945, sich nun aber zusammenraufend, als es darum geht, ein durch ihr Verschulden verunfalltes, zurückgelassenes Mädchen zu pflegen. Alles bloß ein riesengroßer Zirkus!?
Infolge vermehrter Anfragen im Kontext des Zeitgeschehens sah sich die DEFA-Stiftung dazu veranlasst, diesen völlig vergessenen Nachkriegsfilm auszubuddeln und im April online zu stellen, wie aus einem Web-Artikel einer renommierten Tageszeitung zu erfahren ist. Es könnte aber auch sein, dass niemand nachgefragt hat, aber es marketingtechnisch ziemlich viel Sinn macht, wo doch zur entsprechenden Zeit eh die ganze Welt nach 'nem bestimmten Mädchennamen im Internet sucht. Das gibt definitiv mehr Aufmerksamkeitsklicks als Applaus für waghalsige Trapezkünste unter der Zirkuskuppel. Schachtel Zigaretten drauf verwettet!
Als Unterhaltungsfilm für eine kriegsgebeutelte Bevölkerung konzipiert, wartet der Film mit einer recht naiv-gutherzigen, einfach zu verstehenden Geschichte auf, die dem Publikum aufzeigt, dass selbst bei arger Zwistigkeit ein höheres Ziel zur friedfertigen Einigkeit führen kann, natürlich damit subtextuell auf das damalige Zeitgeschehen anspielend, Kriegsparteien, verfeindete Völker, aber auch sich voneinander entfremdete Deutsche zur Einigkeit aufrufend. Was diesen eher formalistisch ohne größere künstlerische Ambitionen inszenierten Streifen aus dem Jahr 1948 mit hingeschludertem, gerafftem Ende durchaus einmal sehenswert macht, ist sein neorealistischer Hintergrund, vor dem er abgefilmt wurde. Der Zuschauer bekommt nämlich keine Heile-Welt-Studiokulisse, sondern Häuserruinen, Schutthalden, eine Stadt in Trümmern, (Schwarz-)märkte, Lebensmittelbeschaffung und ein realistisches historisches Sozialbild des damaligen Berlin geboten. Das visuellen Highlight ist dabei die Trapezübung in einem expressiv ausgeleuchteten Hausskelett Berlins bei Nacht.
Wer sich für (die deutsche) Filmgeschichte, hier speziell der Trümmerfilm, wie auch für die Frühgeschichte der DEFA noch vor Gründung der DDR interessiert, wer eine Leidenschaft für jedwede Zirkusfilme entwickelt hat, einen Blick aufs damalige Berlin erhaschen oder einfach nur seine Tochter Corona nennen will, dafür aber letzte Anregung braucht, der kann sich dieses weltweit bisher völlig unbekannte Werk (nur 11 Bewertungen in der IMDb, ELF!) durchaus mal ansehen!
GANZER FILM:
https://youtu.be/2HGZUi36TWc
(offizieller YT-Kanal der DEFA-Stiftung)
Moviepilot-Liste mit allen Verstorbenen
des Jahres 2020 aus dem Filmbereich!
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https://www.moviepilot.de/liste/in-memoriam-2020-balticinemaniac
Es ist immer wieder traurig, wenn ein Mensch in so jungen Jahren stirbt, weil ihn eine unheilbar schwere Krankheit getroffen hat, insbesondere für Verwandte und nahe Bekannte/Freunde, wie auch für die treuen Fans des Schauspielers. Außer dass ich allgemein weiß, in welchen Filmen Boseman im vergangenen Jahrzehnt mitgespielt hat, kann ich nicht von einer besonderen persönlichen Fan-Empathie zu ihm sprechen, weshalb meine Worte gerade eher dürftig ausfallen. Dennoch finde ich es beachtenswert, wie er - obwohl ihm die furchtbare Diagnose wohl seit 2016 bekannt war - nicht damit hausieren gegangen ist, es zum Thema machte (es wusste laut Berichten kaum jemand), sondern einfach weiterarbeitete und der Welt noch ein paar Filme mit ihm in entscheidender Rolle hinterließ in den letzten Jahren, von denen wir das jüngste Werk sicherlich bei den nächsten Oscars wiedersehen werden! Ich wünsche all seinen Lieben viel Kraft in dieser für sie schweren Zeit!
Mach es wie Tom Cruise!
Suche die Gefahr!
Gucke Kartoffelsalat DREEEEIIIIII!
Yeah, LOL!
Nach dem ersten Müllfilm mit diesem Titel nun also schon der dritte im Franchise? Na ja, nicht ganz, man hat den 2. Teil einfach weggelassen. Tatsächlich funktioniert das Konzept dieses Mal unterhaltungstechnisch einigermaßen, die Grundkonstellation der rivalisierenden Parteien/Schulen und ein künstlerischer Wettbewerb wurde erzähltechnisch schon zugenüge erprobt. Es hätte also ein richtig passables Musical werden können, wenn ansonsten nicht wieder dieselben Nichtskönner, was das Filmemachen anbelangt, am Werk gewesen wären. Absolut (immer noch) dilettantisch in Inszenierung, Skript (was ist das überhaupt für ein dämlicher Titelsongtext, soll das lustig sein?), Schauspielerei und Schauspielführung (was u.a. das unausgebremste Overacting anbelangt). Von den Fortsetzungsverweisen und Anschlüssen an die Zombie-Story aus dem 1. Teil will ich erst gar nicht schreiben. Trotzdem konnte ich den Film problemlos durchgucken, was vor allem an den weiblichen Protagonistinnen liegt, hier gab es (für mich) nämlich einige Entdeckungen.
WOW! Das war meine erste Reaktion, als diese komische blonde Tussi, die die Antagonisten-Bitch Franziska im Film spielt, und das leider nicht allzu gut (Schauspielunterricht als Option, maybe?), erstmals zum Singen ansetzt (obwohl sie zu keinem Zeitpunkt ihr Potenzial vollends entfalten kann, wohl auch, um den Rest nicht völlig zu düpieren). WTF, ist das Stimmtimbre echt? Also live von ihr gesungen/aufgenommen? JA! Es tut mir sehr leid, aber ich kannte vor diesem Moment Nicole Cross nicht, die u.a. von der Deutschen Welle und anderer deutscher Medien als die "deutsche Adele" bezeichnet wird. Noch nicht mal ansatzweise. Nie gehört! Diese Stimmfarbe, gerade in den tiefen Passagen, ja leck mich doch! Und so ein Riesentalent fliegt also bei DSDS bereits in der ersten Final-Show raus? Eine bessere Aussage kann man über die Wertigkeit dieser deutschen Unterhaltungsshow, bei der ansonsten Ugzn-Ugzn-Foxtrott-Tippmucke-Schlagerbeattussen in den Finalshows stehen, nicht treffen!
Nicole Cross: Hello (Adele Cover)
https://www.youtube.com/watch?v=_t1gfn9aqiQ
Nicole Cross: No Time To Die (Billie Eilish Cover)
https://www.youtube.com/watch?v=2B8EIRgSPx8
Nicole Cross: Before You Go (Lewis Capaldi Cover)
https://www.youtube.com/watch?v=3EluJxu293U
Deutsche-Welle-Bericht über Nicole Cross:
https://www.youtube.com/watch?v=2--2MncNslA
Mit Lisa Küppers ist eine weitere DSDS-Teilnehmerin dabei, als Sidekick der Hauptprotagonistin Mia. Die wird von Lea Mirzanelli gespielt, die sich als sehr passender Besetzungs-Coup erweist, und gar nicht mal schlecht ist (zudem auch passabel singen kann). Und dann hätten wir da ja noch die Neue an der Schule, Marta Shkop als Kim (Arrrrgggg!), ebenfalls eine sehr akzeptable Sängerin, wie es scheint (falls das kein Dubbing ist, kann dazu recherchetechnisch nichts finden). Zwischen Mia und Kim knallt es ab der ersten Minute. Das funktioniert sogar recht gut. Auch wenn die Lesbennummer im Resümee plakativ-verklemmt und mit Schalldämpfer vorgetragen wirkt, ist sie doch das passende i-Tüpfelchen zur Gefälligkeit des Films. 'tschuldigung, dass ich jetzt nicht Blümchen erwähnt habe!
Nein, 100 Mal besser ist diese Fortsetzung nicht (schöne Grüße an diejenigen, die so einen Quatsch behaupten, dann wäre es ja 'ne glatte 10), aber die erzähltechnische Musical-Wahl kommt dem Streifen definitiv zugute, sodass es zwar immer noch Trash ist, aber mit dem entsprechenden Zug zur Gefahr durchaus goutierbarer Trash, der teils mit Sängerinnenpotenzial aufwartet, dass international konkurrenzfähig ist. Die Disney-TV-Maschienerie macht auch keine besseren Musicals, rein filmtechnisch (hab da einige von in den letzten Jahren gesehen). Schon strange, irgendwie!
Unglaublich der Mann. Ihm ist keine Gefahr zu groß. Was er jetzt schon wieder gerissen hat. Und wie immer wird er es wohl mehrmals durchziehen, bis alles perfekt sitzt. Mal sehen, was als nächstes kommt ...
"Tom Cruise performs death-defying stunt: watching Tenet in a packed cinema"
https://www.theguardian.com/film/2020/aug/26/tom-cruise-performs-death-defying-stunt-watching-tenet-in-a-packed-cinema
#RIPSushantSinghRajput
(1986 - 2020)
DER ANFANG!
"Kai Po Che" ist Gujarati,
wird als siegesgewisse Phrase
beim Volkssport des Drachensteigens
verwendet und bedeutet wortwörtlich
in Englisch: "I have cut!"
Nach dem Roman "The 3 Mistakes of My Life" des indischen Bestsellerautoren Chetan Bhagat (der schon die Vorlage zum Erfolgsfilm "3 Idiots" schrieb) wird die Geschichte von drei Freunden in der Millionenmetropole Ahmedabad erzählt, die nach dem College den richtigen Sinn fürs Leben immer noch suchen und deren Leidenschaft Kricket ist, was sie schließlich dazu veranlasst, mit geliehenem Geld aus zwielichtiger Quelle einen Sportladen nebst Sportschule für teils minderprivilegierte Jugendliche mit klassischem Grundunterricht und eben ganz viel Schlagballspiel aufzumachen, und zwar nicht gerade in schicker Reichenvorortkulisse, sondern im echten, unteren urbanen Mittelstandsmilieu, inmitten der echten indischen Gesellschaft, in der "Mitte" Indiens quasi, immer in der Hoffnung, den nächsten großen Kricketstar zu entdecken.
Ihre Freundschaft wird aber nicht nur von ihren sich immer mehr herauskristallisierenden unterschiedlichen Lebenspräferenzen auf die Probe gestellt, sondern steht schlussendlich vor der existenziellen Zerreißprobe, als in Gujarat (wo der Film spielt) das Gujarat-Erdbeben von 2001 (Magnitude 7,7 auf der Richterskala; 20.000+ Tote) verheerende städtische Verwüstungen anrichtet und ein Jahr später die religiös-fundamentalistischen Gujarat-Unruhen von 2002 ausbrechen, ausgelöst durch das Eisenbahnattentat von Godhra, bei denen sich insgesamt mehr als 2500 Moslems und Hindus gegenseitig massakrierten.
Der Kapitalistische, der Politische und der Träumer! Drei Freunde, die mit ihrer Grundcharakteristik die junge, aufstrebende Generation Indiens des anbrechenden 21. Jahrhunderts repräsentieren (auch wenn Erscheinungs- und Handlungszeit mehr als 10 Jahre auseinanderliegen), was selbstverständlich von der breiten Publikumsmasse positiv-wohlwollend aufgenommen wurde und den kleinen Film zu einem Superhit an den Kinokassen machte. Der wirtschaftsorientiert denkenden, geschäftstüchtigen Govi (Rajkummar Rao), der zudem eine zunächst geheimgehaltene, weil interreligiöse Liebesbeziehung zu Vidya (gespielt von der bezaubernden Amrita Puri) unterhält, die wiederum die Schwester des jähzornigen, aufbrausenden Beinahe-Kricket-Profis Ishaan (Sushant Singh Rajput) ist, der einst auf Distrikt-Ebene spielte, aber von der Sportpolitik ausgebremst wurde, nun aber einen überaus talentierten muslimischen Jungen entdeckt hat, den er fördert und zum Nachwuchsspieler mit Chancen aufbauen will, mit dem Traum von der Premiere League, und zwischen ihnen Omi (Amit Sadh), der Neffe mit dem zwielichtigen Halbgangster-Politiker-Onkel, dessen Einfluss in der Stadt wächst, der den Jungs das Geld lieh, und mit dem diskrimierenden Verhalten seiner rechtspopulistischen, hindunationalistischen Partei nach dem Beben der entscheidende Katalysator für Zerwürfnis und Zuspitzung ist. Das Schicksal dieser Protagonisten interessierte das Kinopublikum, denn es "kannte" sie.
Nachdem Regisseur Abishek Kapoor bereits mit dem gefeierten "Rock On!!" über den Zusammenhalt der Mitglieder einer Grunge-Band in Mumbai sich in der Bromance-Thematik üben konnte, liefert er mit dieser Literaturverfilmung eine wunderbare dritte Regiearbeit ab, deren dynamische Inszenierung gekonnt klassische Stilelemente des Mainstreamkinos mit Modernität kreuzt, im sozialen Realismus Indiens verortet ist, echte Menschen in ihrem echten Milieu zeigt, ohne Studio-Kunstkulissen und Eskapismus zu bemühen, den Ausrichtungstanz zwischen relativer Nüchternheit und Emotionalität meistert, wunderbar wahre Gegenwartshistorie mit Fiktionalität verbindend. Dabei ist vor allem auch die Kameraarbeit und der Schnitt erwähnenswert, die dem Streifen seine flirrige Eindrücklichkeit verleihen, unterlegt von den eingängigen Klängen Amit Trivedis.
Die Darstellerriege versprüht(e) (damals) ob ihrer vergleichsweisen Unbekanntheit unverbrauchten Charme und weiß zu überzeugen, allen voran natürlich der schon etwas geübte Rajkummar Rao und der vom TV kommende Newcomer Sushant Singh Rajput in seiner ersten Kinorolle als ambivalenter Charakter mit Schattenseiten. Trotz seiner nach hinten raus etwas zu forciert vorgebrachten Steigerung hin zur Tragödie, Gewalt und Tod, plus etwas seltsamem Ende, insgesamt ein lockerer Wohlfühlfilm mit gesellschaftspolitischer Sozialrelevanz, der in seiner erscheinungszeitlichen filmhistorischen Einordnung (immerhin aus dem Jahr 2013) als Wegbereiter des modernen, Content-orientierten Unterhaltungskinos aus Bollywood bewertet werden darf und ein kleiner Klassiker ist.
·
Film bei Netflix Deutschland im Abo (OmU):
https://www.netflix.com/de/title/70254346
~~~
Achtung: Da der Film auch beim einstmaligen deutschen TV-Sender Zee.One gezeigt wurde, existiert eine deutsche Synchronversion, die allerdings gekürzt ist. Hände weg davon!
~~~
Trailer:
https://www.youtube.com/watch?v=nGSyqEOo8k8
Audio Jukebox:
https://www.youtube.com/watch?v=sIkD79RxoMQ
Filmplakat:
http://www.impawards.com/intl/india/2013/posters/kai_po_che_xlg.jpg
·
Einordnung: Hindi Cinema (= Bollywood)
Genre-Ausrichtung: Coming-of-Age-Freundschaftsdrama
Musical-Song-Tanz-Nummern: keine
[NEWS]
Björk, die Slawenhexe!
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Wie gestern in der englischsprachigen Entertainmentpresse bekannt wurde, wird die weltbekannte, extravagante isländische Sängerin, Musikerin und Komponistin zum Cast von Robert Eggers' Wikinger-Epos "THE NORTHMAN" hinzustoßen. Die ihr zugedachte Rolle in dem großteilig auf Island, ihrer Heimat, in historischer Zeit um die Wende des 10. Jahrhunderts spielenden Film wird als 'The Slav Witch' beschrieben. Es würde ihr erster Filmauftritt seit "Drawing Restraint 9" (2005) und ihrer gefeierten und preisgekrönten Performance in Lars von Triers Cannes-Gewinner "Dancer in the Dark" (2000) sein. Zudem soll ihre Tochter Ísadóra, geboren im Jahr 2002, ebenfalls als Schauspielerin mit von der Partie sein. Ob die Musikkünstlerin auch etwas zum Soundtrack des Films beisteuern wird, ist bis jetzt nicht bekannt.
Quellen:
https://thefilmstage.com/bjork-and-her-daughter-join-robert-eggers-viking-epic-the-northman/
https://twitter.com/awards_watch/status/1296132421717352451
The fault, dear Brutus, is not in our stars,
But in ourselves, that we are underlings.
Nicht durch die Schuld der Sterne, lieber Brutus,
Durch eigne Schuld nur sind wir Schwächlinge.
aus "Julius Caesar"
von William Shakespeare
·
Aktuellem Anlass folgend nach Jahren erneut angeschaut und mein Wohlwollen dem Film gegenüber ist nach wie vor ungebrochen, ja, ich habe sogar noch einige Feinheiten mehr entdecken können, die meine Wertung positiv manifestieren. Dieses Stück Kino ist nach dem Gesichtspunkt, was er sein will, und wie gut er das schafft, einfach großartig in Szene gesetzt worden. Zugrunde lag natürlich der im Deutschen wie im Englischen gleichnamige Bestseller-Jugendroman von John Green (übrigens ebenso Urheber der literarischen Vorlage zur diesjährigen Hulu-Miniserie "Eine wie Alaska").
Wenn ich die Aufgabe bekommen würde, eine Liste zu erstellen, in der Filme aufgeführt sind, in denen zwischen dem Hauptdarstellerpaar eine außergewöhnlich einnehmende Chemie herrscht, dann wäre dieser hier ganz vorne mit dabei. Zwischen Shailene Woodley, die mit ihrem Kurzhaarschnitt so betörend wunderbar, und in ihrer natürlichen Wahrhaftigkeit und schauspielerischen Ausdifferenziertheit eigentlich kaum aushaltbar ist, ein Blickspektrum abspulend, wie ich es selten sah, und dem zwar süffisant arogant gezeichneten, aber nie als falsches Arschloch auftretendem Ansel Elgort explodiert ein ganzes Chemielabor in unendlich vielen Szenenschnipseln, Teilreagenzien und -reaktionen, durch ihre nuanciert-gefühlige Detailliertheit auffallend.
Hazel Grace und Augustus Waters! Ständig bekommt der Zuschauer diese Namen um die Ohren gehauen. Und der unabbringbare Romantiker in mir weiß schließlich, dass diese Paarung im Sternenmeer des Schicksals geschrieben steht und stand, für immer da und ewiglich. Das muss man vermitteln können, ansonsten funktioniert der gesamte Streifen nicht. Es ist unabdingbar wichtig für solch einen Film, dass den Protagonisten ihre Zuneigung, aus dem sich ihr Tun ergibt, abgenommen werden kann (was hier der Fall ist), ebenso wie eine passende Altersbesetzung, soll heißen, das Publikum muss den Schauspielern zumindest glauben, dass sie so alt sind, wie dargestellt (was hier der Fall ist).
Krebs, egal welcher, ist scheiße, das wissen wir schon. Folgen und Einflussnahme der Krankheit auf das (junge) Menschenleben mit der Erzählung der ersten großen Liebe zu verbinden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenso die letzte sein könnte, an sich sehr gewagt. Es bedarf schon des richtigen Händchens nebst Fingergespür auf den richtigen Tasten der glaubhaften Gefühlsklaviatur, um diese inszenatorische Aufgabe zu meistern. Dies gelingt hier im formalistischen Korsett eines Indiefilms hervorragend.
Mit viel, teils unterschwellig garstigem, pointiertem Humor, schon mal selbstreflketorisch aus dem Off dargereicht, wird zwei Teenagern, die schon so viel durchgemacht haben in ihrem Leben, beim potenziellen Sterben auf Raten zugeschaut, was die starken Charaktere nicht daran hindert, mit all den Unsicherheiten und Hoffnungen, die dieser Lebensabschnitt mit sich bringt, selbstbewusst ihr Leben zu meistern und sich als selbst ernannte lebende Zeitbomben für ihre Mitmenschen auch noch zu allem Überfluss ineinander zu verlieben, auf die niedlich-holprige Art, wie es dort draußen in der Welt eben geschieht, wenn es richtig "knallt". Dabei wahren die Filmemacher das Gesicht ihrer Akteure, ohne die Ernsthaftigkeit ihrer Lebenssituation zu kaschieren, gehen nie voyeuristisch, aber doch gefühlig-eindringlich zu Werke, und verorten ihr Sujet ohne zu arge romantistische Überhöhung und Szeneriewahl als Identifikationsmultiplikator im Alltagsrealismus des amerikanischen Mittelstandes im US-Irgendwo, Kirchparkplätze und komische Themenparks vor Ort inbegriffen, ganz dicht dran an der realistischen Gegenwartsgefühlswelt von Jugendlichem in diesem Teil der Welt.
Dieses Teenager-Liebesdrama funktioniert, ganz schlicht und einfach, es wirkt und haut einen um, natürlich die entsprechende tragische Zuspitzung suchend, wenn schon der olle Shakespeare Stichwortgeber für den Titel war, gehört zum Besten, was aus diesem Genrebereich kommt, und ist schlussendlich einer der übelsten Tränenzieher der jüngeren Filmgeschichte. Ein Film, der vom Tod und vom Sterben handelt, ganz nebenher, aber eigentlich die Lust am Leben allgemein, am Lebensmoment im Speziellen, feiert, auch wenn die Möglichkeiten dazu noch so begrenzt erscheinen mögen, durchaus für alle eine wohltuende und über das Anschauen hinaus wirkende Anregung, wenn es denn mal wieder mit dem eigenen Sein etwas hapert. Und jetzt noch eine Grabrede ...
OK?
Okay!
Arte hat gerade für eine Woche
"Dune - Der Wüstenplanet"
im Mediathek-Programm!
Zum Vergleich empfehle ich
jedem Cinephilen ganz dringend
den gefeierten, 178 Minuten langen
Fan-Edit von Spicediver!
❖
D U N E - R E D U X
The Alternative Edition
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https://youtu.be/faHQA_0d9Mo
❖
Es ist nämlich so, dass David Lynch in Mexiko Material für einen 3,5 Stunden langen Film abgedreht hatte, er immer ein 3-stündiges Sci-Fi-Epos in die Kinos bringen wollte, aber die Produzentin Raffaella de Laurentiis und ihr Vater Dino mit einem 2-stündigen, publikumskompatibleren Film Kasse machen wollten. Nun, das mit dem Kasse machen klappte nicht, Mega-Flop, die 1988er TV-Version aus dem Lynch-Material war 188 Minuten lang, aber wohl so schlecht (Gewalt-Kürzungen, 4:3-TV-Format-Cropping des Cinemascope-Bildes), dass sich David Lynch davon distanzierte und namentlich aus den Credits entfernen ließ (der pflichtbewusste Alan Smithee sprang ein). Seit 2006 existiert in den USA eine Extended Version in Cinemascope und Dolby-Ton als DVD, auf der Kinofassung und TV-Langfassung enthalten sind. Aus diesem Material wiederum, nebst Material aus der Original-Kinoversion und Deleted Scenes entstand der oben verlinkte Fan-Cut, dessen dritte, endgültige Version aus dem Jahr 2012 vorliegt (es gab zwei Vorversionen). Dieser gilt allgemeinhin als die BESTE VERSION von David Lynchs DUNE!
·
Hier ein erhellender Interview-Artikel mit Spicediver, dessen wahren Namen, Banksy-like niemand kennt:
https://vocal.media/futurism/reconstructing-lynch-s-dune-a-look-at-dune-redux
International-Fanedit-Database-Eintrag:
https://ifdb.fanedit.org/dune-the-alternative-edition-redux/
·
Als ich den Film in seiner Kinofassung (wohl auch noch zusätzlich gekürzt) das erste Mal sah in recht jungen Jahren, irgendwann in den 1990ern nach Fall der Mauer meine ich, war ich hellauf begeistert, ja geradezu überwältigt von der ernsten, erwachsenen, düsteren, mystischen Atmosphäre, die dieses Science-Ficton-Epos kreierte. Ich sah so etwas vorher noch nie. Was kommt denn bitte aus dieser Entstehungszeit und der Zeit davor an "Dune" von David Lynch heran im fremdplanetarischen Sci-Fi-Fantasy-Space-Opera-Saga-Sektor? "Star Wars" fürs Massenpublikum? Eh man, kommt schon, die Krieg-der-Sterne-Trilogie fand ich genauso wie ihr megagenial damals, doch der Tenor war anders. Und bringt jetzt nicht in ihrer Erzählung erdentwicklungsrealitätsgebundene Sci-Fi-Klassiker wie "2001: A Space Odyssey" oder "Solaris" ins Spiel, die sind natürlich toll, aber ebenso etwas völlig anderes. Sowohl die Star-Wars-Trilogie (in THX) als auch "Der Wüstenplanet" nebst "Blade Runner" gehörten zu den ersten VHS-Kassetten/Boxen die ich nach der Wende besaß.
Ein Film sollte immer für sich stehend betrachtet werden. Nun kann ich sehr wohl nachvollziehen, dass es dem Romanlesenden enorm schwerfällt, sich einer anderen verbildlichten Version des Literaturinhalts hinzugeben als der eigenen, im Kopf ersponnenen Version des Ganzen. Film funktioniert(e) allerdings schon immer anders als Literatur. Kürzungen und Straffungen sind aufgrund der Dynamik und Funktionsweise des Mediums unerlässlich. Zum Glück las ich den Roman vor der Erstsichtung des Films nie, war also völlig unbeleckt in meiner Erwartungshaltung. Zudem war mir David Lynch und seine sonstigen Filmarbeiten damals absolut kein Begriff, sodass ein Grundvergleich mit seiner Vita gar nicht erst stattfand.
Die daraus resultierende Erwartungshaltung war wohl für viele der größte Stolperstein in der Rezeption neben einer theoretischen, obligatorischen Cineasten-Liebe zu Jodorowsky's nie entstandenem "Dune" (wenn man denn überhaupt Kenntnis davon hatte), was in meinen Augen aber nicht gerechtfertigt ist. Bezüglich vorliegenden Films verhält es sich genauso in der Auswertung, wie mit Kubricks "Spartacus" (1960), dessen Wert im Kontext der Filmgeschichte auch nur langsam erkannt wurde und noch wird. David Lynch muss sich nicht grämen, die Produzenten müssen es. Er hatte durchaus Ambitionen bei seinem Dreh in Mexiko. Das sieht man auch am "Endprodukt", selbst in der stark zusammengekürzten Kinoversion. Man muss nicht ständig denselben, lynchesken Stil erbringen, um einen guten Film hinzubekommen. Ein Filmemacher kann sich auch durch Vielfalt im Stil auszeichnen, zumal der gut aufgenommene "Elefantenmensch" ebenso einen eher konservativen Erzählstil aufweist, und eher mit Lynch-Sperenzien geizt, was den Oscar-Nominierungen zuträglich war. Zudem wäre der Film in seinem Tenor wohl nicht so derart gut geworden, hätte ein kommerziell orientierterer, in der Erzählstruktur eingängiger arbeitender Regisseur den Regieposten bei dieser - sogenannten - "Auftragsarbeit" übernommen.
Am meisten mochte ich tatsächlich von Anfang einen der größten Kritikpunkte am Film (scheinbar ein klarer Lynch-Einfall), nämlich die teilweise als Overvoice aus dem Off zu hörenden inneren geistigen Monologe der Protagonisten. Aber damit nicht genug, Ausstattung, Kostüme und Bild ließen eine fremde Welt entstehen, in die mich fallen lassen konnte, ohne mit quatschiger Jux-und-Dallerei-Bespaßung aus Kommerzgründen zugeballert zu werden. Die technischen Miniaturen, die mechanischen Kreaturen und die klassischen Spezialeffekte sind für ihre Zeit sehr annehmbar gelungen, dank der befähigten Oscarpreisträger Kit West ("Star Wars", "Indiana Jones") und Carlo Rambaldi ("E.T."). Nur bei den visuellen Effekten, erst in der Postproduktion entstandenen, da hinkt der Film dem Qualitätslevel der Zeit hinterher, ja man wird die Annahme nicht los, dass da plötzlich das Geld aus war. Ebenso kann sich der Cast sehen lassen. Ein Herz für Sean Young und Virginia Madsen! Kyle MacLachlan passt in der Hauptrolle, Sting ist so fies wie nie, Jürgen Prochnow nicht verschwendet, Brad Dourif mal wieder ambivalent, Max von Sydow, Patrick Stewart und José Ferrer ehrwürdig. Zu allem kommt dann noch die Musik, die einprägsam, episch und gut ist, aber noch viel besser hätte sein können. Und dann natürlich diese blauen Augen ... Ich weiß noch am nächsten Tag in der Schule, die Gespräche über die blauen Augen.
Ja, ich mochte diesen geschassten Film schon immer sehr, daran hat sich nach weiteren Sichtungen bis heute nichts geändert. Eher verfestigte sich bei mir aufgrund der wachsenden, über die Jahre gesammelten globalen Filmerfahrung de Eindruck, dass dem Film großteilig etwas sehr viel Unrecht angetan wurde, und ich mich anfangs nicht täuschte. Andere Lieblinge aus meiner Jugend bekommen dem entgegen heutzutage nur noch ein Kopfschütteln hin. Von Fan-Cuts bzw. Fan-Edits hielt ich bisher nicht viel, weil ich immer dachte, das wären amateurhafte, Spaß-orientierte, minderqualitative Quatschfilmchen, eben von Fans für Fans. Auch das hat sich geändert. Man kann dem ominösen Cutter und Nachbearbeiter namens Spicediver nur dankbar sein, dass er dem lynchschen Filmmatrial eine erneute Chance gab zu strahlen und zu wirken als einheitlicher Film.
Gerade weil das Pacing und die Tonalität von "Dune" (1984) sehr dem filmischen Erzählstil von Denis Villeneuve ähnelt, den er z.B. in "Blade Runner 2049" anwendet, bin ich sehr gespannt auf die Neuadaption von Frank Herberts Romanklassiker. Was kann er dem noch hinzufügen? Einiges nach oben ist möglich. Obwohl Denis Villeneuve mein Wohlwollen hat und ich ob seines Könnens guter Dinge bin, wird er es bei mir nämlich schwerer haben, als bei all den Enttäuschten, mich zufriedenzustellen, da ich schon die Erstverfilmung liebe und sie fest zu meiner Entwicklungsgeschichte gehört, wie ganz wenige andere Filme sonst. Einer der besten Science-Fiction-Filme aller Zeiten!
#RIPSushantSinghRajput
(1986 - 2020)
Chhichhore = Flippants
Kann auf Deutsch 'ne ganze Menge bedeuten, so etwa:
vorlaut, respektlos, schnippisch, leichtsinnig, flapsig, schnoddrig, frivol
Akademischer Erfolg zählt in Indien, einem im Eiltempo aufstrebenden Land, viel, verspricht dieser doch Wohlstand und ein gutes Leben fern von Armut und Slums, wenn dadurch die richtige, einträgliche Stellung in der Wirtschaft herausspringt. Der Druck ist immens. Was man diesbezüglich braucht, ist zunächst einmal ein ansprechender Studienplatz, am besten an einem renommierten College, wie z. B. einer Einrichtung des Indian Institute of Technology. Dazu muss man aber erst einmal als Schüler die Aufnahmeprüfung bzw. den Eignungstest bestehen. Eine Situation, mit der sich sicherlich auch ein Großteil westlicher Zuschauer assoziieren kann.
Raghav ist einer dieser fast erwachsenen Teenager, der gerade diesen Test absolvierte, hoffend und bangend, dass er bestanden hat und angenommen wird. Er lebt zusammen mit seinem von der Mutter geschiedenen, gut verdienenden Vater Aniruddh Pathak in einem schicken Appartementhochhaus. Der hat ihm schon mal im Vorhinein eine Flasche Champagner spendiert, davon überzeugt, dass sein Sohn die Leistung schon locker erbringen wird. Doch als die Ergebnisse bekannt gegeben werden, steht dieser nicht auf der Liste. Völlig im Schock über sein Versagen und die möglichen Reaktionen seines Umfelds stürzt er sich in verzweifelter Kurzschlussreaktion im Beisein seines Klassenkameraden vom Hochhausbalkon in den Tod. Denn was man in Indien gar nicht sein darf, ist, ein Verlierer, ein Loser zu sein!
Nach dem Selbstmordversuch lebensbedrohlich verletzt, ins Krankenhaus gebracht, stundenlang notoperiert, und nun auf der Intensivstation an Schläuche angeschlossen um sein Leben ringend, offeriert der behandelnde Chefarzt den zutiefst bestürzt herbeigeeilten, zerstrittenen Eltern, dass die Aussicht, dass ihr Sohn überleben wird, sehr gering ist, sofern er sich nicht mental stabilisiert und seinen Lebenswillen zurückbekommt. Da beschließt der Vater, dem komatösen Sprössling am Krankenbett von seiner eigenen Collegezeit am IIT zu erzählen, als er selbst zur Gruppe der Loser gehörte, die sich - Rückschläge gewohnt - ihren Platz in der Welt und den Respekt der anderen Studenten erst erkämpfen mussten, und wo er natürlich die betörende Maya kennenlernte, Raghavs Mutter. Um seine Erzählung beweiskräftig zu untermauern, ruft er seine einstigen Kommilitonen an, die allesamt am Intensivbett des Schwerverletzten auftauchen, begleitet jeweils von erhellenden Backflashs in die Vergangenheit.
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Die sechs Verlierer/Loser vom Studentenwohnheim-Block H4 sind:
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Sushant Singh Rajput = Anni, der Neuling mit Anfüherqualitäten
Varun Sharma = Sexa, der korpulente Spaßmacher und Pornosüchtige
Naveen Polishetty = Acid, der ständig fluchende Jähzornige, der seine Tests nicht besteht
Tahir Raj Bhasin = Derek, der verhinderte Sportler und Kettenraucher
Tushar Pandey = Mummy, das introvertierte, weinerliche Muttersöhnchen
Saharsh Kumar Shukla = Bevda, der alternde Dauerstudent und Alkoholiker
Und natürlich nicht zu vergessen:
Shraddha Kapoor = Maya, die Campus-Schönheit, Annis große Liebe
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Im Grunde ist die Vergangenheitserzählebene in ihrer Tonalität eine Pennälerkomödie, in bester Tradition von unzähligen - auch einer Menge westlichen - Filmen stehend, kombiniert mit einem Familiendrama und rührseliger Freundschaftswiederzusammenkunft in der Gegenwart, die Dissonanz zwischen unbeschwerter, lustiger Jugend und verantwortungsbewusstem, ernstem Erwachsenendasein widerspiegelnd, verschoben von Beruf, Familiengründung und Erfolgsdruck, so man denn diese Gesellschaftsschablone überhaupt ansetzen möchte. Eine Gruppe von schrägen, meist sozial unterprivilegierten Außenseitern rauft sich zusammen, boxt sich an Schule und/oder Universität durchs Leben und schließt unerschütterliche Freundschaft fürs Leben.
Es ist zu lesen, dass Regisseur Nitesh Tiwari, der auch am Drehbuch mitschrieb, hier seine eigenen Erfahrungen während seiner Zeit am IIT Delhi einfließen ließ, wo es zu einer Rivalität zwischen zwei Studentenwohnheimblocks kam. Das spielte sich so etwa Anfang/Mitte der 1990er-Jahre ab, was auch dem ausstattungstechnischen Zeitkolorit der entsprechenden Filmebene entspricht (Nitesh Tiwari ist Jahrgang 1970). Die gesamte College-Szenerie versprüht Nostalgie. Die Inszenierung ist dynamisch, frisch, mit super Kameraarbeit versehen, die Dialoge sind frech, energisch und oft witzig, die Story manchmal tragikomisch mit ernster Note, während die Gegenwart völlig ernst und melodramatisch daherkommt. Das eigentliche Verlaufsgerüst der ebenenverbundenen Geschichte ist jedoch arg vorhersehbar. Das formalistische, im indischen Kino bereits so oft verwendete Sportwettkampffinale nervt schon etwas (Never change an audience winning story formula?). Die Musik von Pritam, dem alten Plagiaristen, ist eher - sagen wir mal - gediegen. Ich mag "Control"!
Sushant Singh Rajput weiß vor allem als charismatischer College-Neuling auf der Vergangenheitsebene zu überzeugen, während er als gealterter, berufstätiger Familienvater eher bemüht wirkt. Der heimliche Star des Films ist ein anderer, nämlich Varun Sharma, dessen Figur Sexa mich ein bisschen an Johnny aus "Eis am Stiel" erinnert. Auch Saharsh Kumar Shukla und Tahir Raj Bhasin wissen zu überzeugen. Und es ist zudem etwas echt Unglaubliches passiert. Ich mochte zum ersten Mal überhaupt Shradda Kapoor, die ist ja wohl mal zum Dahinschmelzen bezaubernd im 90er-Erzählstrang. Was wieder einmal nervt, und hier nur durch gute Inszenierung weggedrückt werden kann, ist ein generelles Defizit des indischen Filmemachens, dass sich wie ein roter Faden durch die Jahrzehnte zieht, nämlich die teils holprige Altersmaske. In Indien scheint es nur wenig befähigte Maskenbildner zu geben, die ein älteres, naturalistisches Äußeres erschaffen können. Das alles wirkt immer wieder wie eine karikierende Persiflage!
Da sich nahezu jeder mittelständische, filmbegeisterte Inder mehr oder weniger in das offerierte Sujet des Films und die eingearbeiteten Gesellschaftsprobleme hineinversetzen kann, wurde der Film, vertrieben von den disneyschen Fox Star Studios, trotz moderater Werbung im Vorfeld zu einem überraschenden Box Office Hit allein durch Mundpropaganda, der zudem einhellig Kritikerlob einsackte und für fünf Filmfare Awards (u.a. bester Film des Jahres) nominiert war. Es sei aber nicht unerwähnt, dass Nitesh Tiwari diesbezüglich ebenso vom Nachhall seines Gigantoerfolges mit "Dangal" zehren konnte. Alles in allem ist ihm ein wunderbarer, gesellschaftsrelevanter, mit Nostalgie spielender, herziger und lustiger Unterhaltungsfilm mit moderater Tiefe gelungen, in der Tradition von Hits wie "3 Idiots" stehend, bestens zum Anschauen geeignet.
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Trailer:
https://www.youtube.com/watch?v=tsxemFX0a7k
Audio Jukebox:
https://www.youtube.com/watch?v=kSHHDkWmY6k
Filmplakat:
https://i2.cinestaan.com/image-bank/1500-1500/162001-163000/162424.jpg
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Einordnung: Hindi Cinema (= Bollywood)
Genre-Ausrichtung: College-Freundschafts-Rückerinnerungs-Familien-Dramödie
Musical-Song-Tanz-Nummern: kaum (1, im Abspann)
#RIPSushantSinghRajput
(1986 - 2020)
Was dem Deutschen der Fußball, ist dem Inder das Kricket! So könnte man es pro forma über den Daumen brechen, wenn man über die heute populärste Sportart auf dem südasiatischen Subkontinent schreiben will, auch wenn oftmals das Feldhockey als eigentliche Nationalsportart (ebenso umstritten) aufgeführt wird, da Indien darin in vormaligen Zeiten einfach mal die absolute Weltspitze war (u. a. von 1928 bis 1956 sechs Mal Olympiasieger in Folge + zwei weitere Titel in den Folgejahren oben drauf, siehe Film "Gold" mit Akshay Kumar).
Dass Kricket dem Hockey endgültig den Rang ablief, hat dann wohl mit dem Jahr 1983 zu tun (Parallelen zum Jahr 1954 in Bezug auf Deutschland erkennbar), denn da wurde Indien zum ersten Mal Kricket-Weltmeister und versank in Euphorie und Freudentaumel (2020 sollte hierzu der potenzielle Blockbuster-Film "'83" mit Ranveer Singh starten, der wegen Corona auf unbestimmt verschoben ist). Jedoch musste Indien danach lange Zeit (28 Jahre) warten, bis es erneut Weltmeister in besagter Schlagballsportart wurde. Der Nationalmannschaftskapitän, der die indische Mannschaft 2011 erneut zum glorreichen Sieg führte hieß Mahendra Singh Dhoni, in Indien eine lebende Legende, dies ist seine Geschichte.
Sportfilme funktionieren immer dann am besten, wenn man selbst etwas mit der inhaltlich behandelten Sportart anfangen kann, den darin porträtierten Sportstar kennt und/oder feiert, sowie eine gewisse Grundahnung vom Regelwerk hat. Für viele Deutsche - so schätze ich mal - ist Kricket, seine Regeln, die ganzen Divisionen, Liegen und internationalen Spielabteilungen, eine völlig unbekannte Welt, so auch für mich. Der Film erklärt nichts (was er fürs indische Publikum auch nicht braucht), wirft den Zuschauer unversehens mitten rein. Um eine Verbindung mit dem Gezeigten zu bekommen, bedarf es einer interessanten Charakterbeschreibung bzw. -entwicklung, die fesselt.
Nach einer kurzen Exposition in der Umkleidekabine kurz vor dem entscheidenden Weltmeister-Match 2011, führt der Film zurück zum Schuljungen Dhoni, dessen Talent irgendwo in der Punjab-Provinz von einem aufmerksamen Sportlehrer entdeckt wurde, ja, erst einmal direkt darauf gestoßen werden musste, dass er für diesen Sport talentiert ist. Daraufhin hängt er sich aber überraschend rein. Seine Eltern wünschen sich jedoch, dass er einen vernünftigen Beruf erlernt, weil es viel zu schwierig und die Wahrscheinlichkeit zu gering ist, dass ihr Sohn es im Kricket zu etwas bringt, sodass er davon leben kann. Im Folgenden sehen wir einen eher gehemmten, nicht reibungslosen Werdegang, der den talentierten Sportler nicht sehr weit führt. Er reibt sich in der Provinz auf und ist der ewig Wartende auf den Aufstieg. Sport und Studium zugleich schlauchen gewaltig. Ein sehr interessanter Aspekt des Films. Dann doch lieber der Job bei der Eisenbahn und nebenher Kricket? Funktioniert auch nicht!
Hier kommt es - gerade im Angesicht der traurigen Aktualität - zum eindrücklichsten Filmmoment. Sushant Singh Rajput sitzt als Dhoni verlassen und allein auf einer Bahnsteigbank rum, zu ihm gesellt sich der Bahnvorsteher. Er fragt ihn, was er hier tut und was er gedacht hat. Sushant Singh Rajput redet sich den ganzen Frust von der Seele, wie unzufrieden er mit der Situation und seinem Job ist. Und das er eine Depression entwickelt. Es verschmelzen auf gruselige Weise Schauspieler und Filmcharakter. Der Bahnvorsteher, selbst ein Mann mit ehemaliger Kricket-Erfahrung, erklärt ihm anhand von Verhaltensweisen im Kricket, wie er seine aktuelle Situation im Leben meistern kann. Vielleicht hätte Shushant Singh Rajput tatsächlich so einen Bahnvorsteher gebraucht? Danach schmeißt er den Eisenbahnjob und entscheidet sich endgültig, Kricket-Profi zu werden. Der Rest ist Geschichte.
Die erste Hälfte des Films ist wunderbar inszeniert, ich war trotz des vielen (nicht erklärten) Krickets interessiert am Charkter und an der Person M.S. Dhoni und seinem Werdegang, der eben nicht so reibungslos vonstattenging. Kamera, moderne Bildfärbung und Regie gefielen mir äußerst gut. Das Casting hat für die jüngeren Ausgaben des späteren Superstars passende Schauspieler gefunden. Sushant Singh Rajput, an sich zu Anfang viel zu Alt für das Alter seiner Rolle, macht seine Sache gut und spielt ordentlich. Der "ewige Nebendarsteller" und Dauerglatze Anupam Kher gefällt als Vater (zunächst mit ungewöhnlich vollem Haupthaar), zudem mag ich Bhumika Chawla (als Dhonis Schwester).
Doch die zweite Hälfte lässt all die positiven Eindrucke etwas zerbröseln und stellt eine Stagnation dar. Man sieht den populären Sportstar Dhoni und seine Frauengeschichten, was wie Publikumsservice für die (jungen) Kinogänger wirkt, die auch noch ihre Portion Romantik haben möchten. Das schnelle "Abhaken" der erste großen Liebe (Disha Patani) ob ihres traurigen Schicksals hat mich stark irritiert. Einfach mal kurz zusammenbrechen und dann locker weitermachen? Kiara Advani, die die spätere Ehefrau von Dhoni spielt, mag ich sehr, von daher war das schräge erste Aufeinandertreffen ihres Charakters mit dem Kricketer ein weiteres Highlight des Films, aber ganz und gar im RomCom-Modus erzählt. Nach viel Liebe und romantischen Ausflügen wird zum Schluss - spannungsformalistisch - das WM-Finale von 2011 drangehangen. Fertig!
Mit einer Lauflänge von 190 Minuten (verifiziert durch das CBFC-Zertifikat) ist dies einer der längsten indischen Filme, die ich je gesehen habe. Es waren - so meine ich, mich zu erinnern - nur vier Filme, die ich sah, länger als vorliegender Streifen. Jedem sollte klar sein, dass dieses Biopic durch und durch eine positivistische Verklärung der Lebensgeschichte des selbstverständlich noch immer unter uns weilenden Mahendra Singh Dhoni ist, angeleiert und in Auftrag gegeben von seinem Management, die außer dem Gerüst nicht viel mit der Realität zu tun hat. Der Film geriet in die Kritik, wegen der vielen Auslassungen, insbesondere, was die Kontroversen um die Person M.S. Dhoni angeht. Es ist immer etwas tricky, wenn ein Film über eine berühmte Person veröffentlicht wird, die noch lebt. Die kricket- und filmverrückten indischen Zuschauer feierten das Sportdrama trotzdem und pushten es mit Höchstwertungen. Sicherlich für Kricketbegeisterte ein Muss, für Sportfilmfans ein Kann. Aber für den Rest? Ich weiß nicht so recht ...
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Trailer:
https://www.youtube.com/watch?v=6L6XqWoS8tw
Audio Jukebox:
https://www.youtube.com/watch?v=kJy2M3bD4Dw
(ich mag den Song "Padhoge Likhoge" besonders, geile Vocals, fetter Drive)
Filmplakat:
https://wallpapercave.com/wp/wp6577933.jpg
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Einordnung: Hindi Cinema (= Bollywood)
Genre-Ausrichtung: Biografisches Kricket-Sportdrama
Musical-Song-Tanz-Nummern: keine
#RIPSushantSinghRajput
(1986 - 2020)
Ein Außerirdischer, der auf die Erde gelangt,
und unter den Menschen wandelt?
Ein Film, mit unzähligen tanzenden Autos?
TRANSFORMÄÄÄRS auf Indisch? Nein!
Dies hier ist natürlich nicht die Erstsichtung meinerseits, da ich den Film als einer der ersten in Deutschland nicht-kinogebundenen gesehen habe (behaupte ich jetzt mal ganz frech), Jahre her, damals noch im Original mit englischen Untertiteln. Um mir einen neuen Kick zu geben, habe ich die deutsche Synchronversion versucht, welche jetzt so schlecht nicht ist, wenn natürlich auch etwas krampfig z. B. in der sprachlich-übersetzerischen Bedeutungserklärung des irdischen Rufnamens des Aliens, der zeitgleich der Filmtitel ist. Deshalb schreibe ich die eigentliche Herleitung mal zum Verständnis hier hin (Das Ganze hat formell mit Saufen zu tun, Prost!):
beschwipst -> in Englisch = tipsy // tipsy -> in Hindi = peekay // peekay -> abgekürzt = PK !!!
Und auf Deutsch nun: piekeblau (Ähm, what? Keine Ahnung, ob richtig geschrieben, Wort existiert nicht wirklich!)
Erkenntnis: Synchronabteilung war hackedicht! Ist aber auch knifflig ...
Da kommst du nun also so dahergeflogen als humanoides Alien mit Segelohrlook und wirst auf der Erde abgesetzt (Warum noch mal? Ah ja, wegen Erforschung und so!). Um die Menschen nicht gleich zu verschrecken, wurden beim ersten Auftritt angsteinflößende Klamotten weggelassen (stand im Erstkontakt-Landungshandbuch), man will ja schließlich einen guten ersten Eindruck hinterlassen. Doch prompt wird dir deine diamentengleich funkelnde Raumschiffkommunikationseineinheit vom Hals weggeklaut. Als wissbegieriger Extraterrestrier auf der Suche nach dem kostbaren Stück und mit einem Faible für tragbare Kassettenrekorder zur Abdeckung vom Glied (nein, nicht Lied) stellst du, nachdem durch Handauflegen bei einer sehr kontaktfreudigen Dame (Name: Granate, nein, nicht Renate) eines innen überall rot ausgeleuchteten Etablissements einheimische Sprache erworben wurde, ganz viele naive, kindliche Fragen zum (religiösen) Sozialverhalten der Menschen, welches offensichtlich sehr kompliziert zu sein scheint. Honoriert wird das nicht gerade, sondern ein jeder denkt, dass dieser seltsame Mann besoffen, angetrunken, beschwipst ist, und scheucht ihn weg mit den Worten: Peekay hai kya?
Religionskritik und Hinterfragung von Glaubensdogmatismen ist fürs abendländische Kinopublikum eine ganz normale Sache, gerade auch, was die "eigenen" christlichen Institutionen diesbezüglich angeht. Scharfe Beobachtung des Treibens derselbigen, kritische Einordnung und Satire im Zeichen des Säkularismus sind üblich. So sieht es aber bei Weitem nicht in allen Teilen der Welt aus. Im Orient bringt man ganz schnell die irdischen Glaubensvertreter und ihre radikal indoktrinierte Anhängerschaft gegen sich auf, wenn man deren Götter und Glaubensinstitutionen kritisiert oder sogar infrage stellt, zum Teil mit fatalen, gewalttätigen Folgen. Im Vielsprachen- und Vielethnienstaat Indien mit einer Milliardenbevölkerung gilt die friedliche Harmonie zwischen den Religionen als Staatsdoktrin. Jedwedes Zündeln, vor allem medial, wird als reale Gefahr fürs Land angesehen. Deshalb ist "PK" aus dem indischen Blickwinkel schon recht gewagt, wenn auch mit einem sehr blumigen Schalldämpfer versehen, jedwede schärfere Untiefe ob der Thematik gekonnt umschiffend. Den letzten, entscheidenden Schritt bezüglich der Existenz von Göttern wagt der Film erst gar nicht, was auch fatal geendet hätte, denn dann wäre es zu Aufständen gekommen und Kinos, Plätze sowie Städte hätten gebrannt.
Der erprobte Blockbuster-Regisseur Rajkumar Hirani ("3 Idiots") weiß, wie man inhaltlich massentaugliche Filme schreibt und inszeniert, wobei er ohne wirklich irgendwo anzuecken, gesellschaftsrelevante und -reflektierende soziale Themen einbaut und auf eher weichgespülte Weise Kritik übt. Der Erfolg stellte sich (erneut) prompt ein. Menschenmassen strömten nicht nur in Indien, sondern weltweit in die Kinos und machten die komödiantisch-satirische Religionsauseinandersetzung zum ersten indischen Film überhaupt, der weltweit die Schallmauer von 100 Millionen US-Dollar bei den Einnahmen durchbrach und ein Jahr lang der erfolgreichste indische Film aller Zeiten war. Großen Anteil am Erfolg hat natürlich die (erneute) Zusammenarbeit mit Hauptdarsteller Aamir Khan und seine engagierte Involviertheit in das Filmprojekt. Der renommierte indische Kinokassen-Star geht mal wieder völlig in seiner Darstellung auf. Seine expressive schauspielerische Auslegung der Alienfigur mit ständig aufgerissenen Augen (Zwinkern verboten) ist zunächst gewöhnungsbedürftig. Kindlich-naiv lässt er das (vor allem indische) Publikum die eigene Welt neu erblicken, reflektieren und hinterfragen, auf ganz einnehmend-herzige Weise.
Als sein weltliches Bindeglied fungiert Anushka Sharma als TV-Reporterin und Filmproduktion studierende Jaggu, ebenso bezaubernd aufspielend, zudem als i-Tüpfelchen auch noch mit sexy Kurzhaarfrisur. Wer möchte denn bitte nicht mit der nachts auf der Terrasse tanzen? Ihre etwas problematischen Liebes- und Familienverhältnisse nebst Profession sind das Gerüst, an dem sich die Story aufbaut und ihr Finale findet. Nebenher bekommt der Zuschauer noch erwähnenswerte Nebenauftritte von Boman Iran (als Jaggus TV-Boss) und Sanjay Dutt (als fahrender Punjabi-Musiker) geliefert, beide ganz okay, sowie Saurabh Shukla (als selbst ernannter göttlicher Guru), der in anderen Filmen hervorstechendere schauspielerische Akzente setzen konnte (z. B. in "Raid" grandios). Aber wo war jetzt Sushant Singh Rajput in dem Ganzen? Er spielt in der Rahmenhandlung recht charmant Sarfaraz, den Pakistani-Liebhaber von Jaggu, den sie eher zufällig in Belgien kennenlernte, kommt aber über weite Strecken des Films nicht vor. Mehr war wohl nicht drin im zweiten Bollywood-Jahr des damaligen Filmbiz-Newcomers.
Kurzweilig und flüssig inszeniert, mit ordentlicher Kameraarbeit versehen, erlebt der Zuschauer für sich stehend keine großartigen, aber handlungstechnisch gut eingebundene drei Musical-Song-Tanz-Nummern, muss aber auch beim genaueren Nachdenken bei so manchem Logikloch arg die Augen zusammenkneifen, wie z.B. dem Umstand, dass PK sein gesamtes Wissen von einer Prostituierten übertragen hat, er aber später dennoch nichts über Sex, Sexpraktiken und Verhütungsmittel weiß. Überhaupt ist es sehr seltsam, dass PK durch die Gegend läuft, völlig unwissend ständig Fragen stellt und in Fettnäpfchen latscht, obwohl er doch durch Handauflegen schon so viel Wissen über die Erde gesammelt hat bzw. haben müsste. Die plötzliche Gedankenblitz-Aha-Erlebnis-Erkenntnis zu den Umständen von Jaggus zerbrochener Liebesbeziehung wirkt ebenso sehr aus dem Hut gezaubert und konstruiert. Muss man erst mal schlucken!
Alles in allem ein sehr naiver, herzensguter, froh gelaunter, witziger, im indischen Kontext durchaus wichtiger Unterhaltungsfilm mit Fehlern, aber auch Botschaft und Statement zur wirtschaftsorientierten Ausbeutung von Glauben, Gläubigen und Religion durch die religiösen, teils selbst ernannten und falschen Vertreter der Götter auf Erden, der leider die Existenz von Göttern selbst nicht einmal im Ansatz infrage stellt und diese fälschlich als gegeben ansieht. Wenn man einen Diskussionsansatz zu Religion allgemein mit Familie, Kindern oder Schulklasse sucht (so denn dazu die nötige fachliche Nacheinordnung erfolgt), ist man hier dennoch bestens aufgehoben und nicht "falsch verbunden"!
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Film bei Netflix Deutschland (OmU) und bei Amazon Prime Video im Abo (deut. Synchro):
https://www.netflix.com/de/title/70303496
https://www.amazon.de/PK-Andere-Sterne-andere-Sitten/dp/B08BYT89Q3
Ganzer Film bei YouTube (engl. u. deut. UT optional):
https://www.youtube.com/watch?v=sSb-OtEtlVo
Trailer:
https://www.youtube.com/watch?v=SOXWc32k4zA
Audio Jukebox:
https://www.youtube.com/watch?v=_q-_SPgzSXo
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Einordnung: Hindi Cinema (= Bollywood)
Genre-Ausrichtung: Religionskritisch-satirische Außerirdischen-Komödie
Musical-Song-Tanz-Nummern: ja (3)
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Weiterführende, eng themenbezogenen Filmempfehlung hierzu: Der zwei Jahre zuvor erschienene, meines Erachtens nach einen Tick schärfere, religionskritische Film "OMG - Oh My God!" mit Paresh Rawal und Akshay Kumar in den Hauptrollen (ebenso bei Netflix Deutschland abrufbar)!
https://www.moviepilot.de/movies/omg-oh-my-god
Irgendwie bin ich stark verwundert über Moviepilot, denn ich hätte heute Headlines wie "Mulan-Fans brechen zusammen, Disney-Kracher erneut auf unbestimmt verschoben" erwartet. Was'n los da bei euch, das ist doch eigentlich voll auf eurer Kernberichterstattungsschiene? Der nun nicht mehr gültige Kinostart steht hier auch noch drin ... :/
https://deadline.com/2020/07/mulan-avatar-star-wars-release-date-changes-disney-coroanvirus-1202993719/
https://www.cnbc.com/2020/07/23/disney-delays-mulan-indefinitely-star-wars-and-avatar-movies-pushed-back-a-year.html
https://time.com/5871140/disney-delays-mulan-star-wars-avatar/
https://edition.cnn.com/2020/07/23/media/disney-mulan-star-wars-avatar-delays/index.html
#RIPSushantSinghRajput
(1986 - 2020)
Romantische Komödien aus Indien gibt es wie Sand am Meer. Viele von ihnen sind formelhaft, in ihrem Storygerüst vorhersehbar und reißen einen nicht vom Hocker, so man denn schon etliche davon gesehen hat. Nur selten schafft es ein Film aus diesem Genre, innovative Zeichen zu setzen und etwas zu sagen über den reinen Unterhaltungseffekt hinaus. Vorliegende Liebesbeziehungsdramödie (so muss man wohl eher schreiben) ist ein solches Exemplar, denn die Nummer ist - für einen Westler aufgrund der bunten Verpackung schwerlich erkennbar - ob ihrer angesprochenen sozialrelevanten Inhalte im Zeitkontext ein kleiner Kracher bei Erscheinen gewesen (mittlerweile sieben Jahre und einiges an - auch rückschrittlicher - Gesellschaftsentwicklungszeit her).
Anhand der Beziehungen des jungen Touristenführers Raghu Ram (Sushant Singh Rajput) zu zwei ihm auf Hochzeiten begegnenden Frauen, zum einen Gayatri (Parineeti Chopra, so unglaublich bezaubernd und zudem befähigt als Schauspielerin) und zum anderen Tara (Newcomerin Vaani Kapoor), wird Lebens- und Denkweise zeitaktuellen junger Menschen reflektiert, aber nicht nur das, es ist eine garstige und witzige Abrechnung mit dem ganzen verlogenen, völlig ausufernden Hochzeitszirkus in Indien, denn unser Hauptprotagonist arbeitet auch als Fake-Hochzeitsgast, als jemand, den man sich als Fake-Verwandten (genannt 'Barati', zumeist angeheuert und vermittelt durch den Wedding Planner) gegen Geld und kostenlose Mahlzeit kaufen kann, um die Feier üppiger und prunkvoller aussehen zu lassen, bevölkert von netten, wohlgelaunten Menschen (üblicher Move in Indien, gibt es auch für Beerdigungen, da dann nur mit mehr theatralischen Heulkrämpfen).
Tja, die echte, unverfälschte, reine Desi-Liebe (Bedeutung des Filmtitels) hat es in Indien schwer, obwohl doch so viele Filme davon handeln (falls es die überhaupt gibt). Als Raghu Ram und Gayatri zusammenfinden, wilden unehelichen Sex haben (ganz böse) und dann auch noch beschließen in einer Beziehung ohne Trauschein zu leben, bringt dies natürlich Probleme mit sich. So müssen die beiden sich in der Öffentlichkeit, insbesondere bei Beschaffung einer eigenen gemeinsamen Wohnung als Bruder und Schwester ausgeben, denn als das, was sie sind, hätte sie keine bekommen. Dieses ewige Verstecken und Doppelspiel zerrt natürlich an den eigenen Nerven und ist nicht gut für die Beziehungsharmonie. Und schwupps, man kotzt sich an und alles geht in die Brüche. Nicht, dass man nicht irgendwann der nächsten Herzensdame begegnen würde. Doch immer dies Rückerinnerung an die erste große - ja, was eigentlich? - Liebe ...
Locker-flockig und mit Witz werden hier Themen wie Beziehungsangst, eheloses Zusammenleben und die Problematik arrangierter Ehen angeschnitten, ohne allzu sehr zu schmerzen. Dialoge und Drehbuch, worauf neben Charakteren und Schauspiel der Hauptfokus liegt, können sich sehen lassen, meistern den Balance-Akt zwischen Komik und Melodram recht gut, die ein oder andere Szene lässt einen Schmunzeln (Verarsche dummer West-Touristen im Hippie-Batik-Shirt, hab ich gelacht). Die erste Hälfte des Films läuft runder und ist peppiger als die zweite, die etwas holprig daherkommt. Technisch ist das alles hochwertiger Standard, filmkünstlerisch keine sonderlichen Noten setzend. Die Endprämisse des Films dürfte vielen Konservativen in Indien ein Dorn im Auge (gewesen) sein. Ob dieser, wirkt das Ende aber etwas abrupt und hingeschlust. Zum Schluss sei natürlich noch der süffisante Auftritt von Rishi Kapoor (RIP) als Goyal erwähnt, der mal wieder wunderbar in einer Variation seiner komödiantischen Altersparaderolle aufspielt. Es ist schon echt gruselig, dass im Jahr 2020 beide wichtigen männlichen Darsteller des Films innerhalb von nur wenigen Wochen verstarben. Dies ist ihre einzige Zusammenarbeit. Ein wunderbarer Genuss mit Gehalt, aber ohne Schwere für zwischendurch!
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Trailer:
https://www.youtube.com/watch?v=UVMS0rQnVA4
Audio Jukebox:
https://www.youtube.com/watch?v=C7xZS7SKtN8
Filmcover:
https://images.indianexpress.com/2017/01/shuddh-desi-romance.jpg
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Einordnung: Hindi Cinema (= Bollywood)
Genre-Ausrichtung: Romantische Beziehungskomödie
Musical-Song-Tanz-Nummern: kaum (2)
Es wurden Spuren eines Brandbeschleunigers gefunden.
Die Jungs sagen, als sie reingegangen sind, brannten
KLEINE FEUER ÜBERALL!
Und das bedeutet?
Das war ganz klar Brandstiftung!
Mein erster Gedanke nach dem wunderbaren Ende: Das ist so ziemlich mit das grandioseste metaphorische Abfackeln des idyllischen amerikanischen Vorstadthauses mit seinen eingefahrenen Vorstellungswelten in 8 Serien-Episoden, das ich je gesehen habe! Danke HULU! Auch wenn die Geschichte in den 1990er-Jahren spielt, definitiv gegenwartsrelevant. Nach dem gleichnamigen Roman der Sinoamerikanerin Celeste Ng (Goodreads Choice Award Winner 2017) entwirft die gestandene TV-Autorin/Produzentin Liz Tigelaar mit grandiosem Writing ein unglaublich dichtes Geflecht an schattig-ambivalenten Charakteren, Geheimnissen, Missverständnissen, Vorurteilen und Lügen, kleinen und großen Dramen, deren Summierung zu einer fatalistischen Spirale heranwächst, die nicht mehr aufzuhalten ist, gespeist von feinem, sich steigernden Thrill mit einem Schuss Psychosozialdrama - definitiv gesellschaftsreflektierend, das es schmerzt. Reese Witherspoon und Kerry Washington kollidieren schauspielerisch denkwürdig wie zwei blutdürstige, sich lange Zeit nur beäugend umkreisende, auch mal beschnuppernde Kampfhunde, deren zivilisatorische Zähmung sie hemmt, in der gestriegelten Vorstadt mit exaktem 15-Zentimeter-Rasen, ihr Verfehlungen projizierend und ihre Vergangenheit kompensierend. Wer gewonnen hat, fragt ihr? Nun, schaut doch selbst ...
Durchgebingt!
Weil es nicht auszuhalten gewesen wäre, nach Episode X erst einmal aufzuhören!
Für mich die bisher beste (Mini-)Serie 2020!
... e all'improvviso ci fu silenzio. Addio, grande maestro!
Eigentlich müsste ich wohl mehr schreiben zu diesem für mich auch ganz persönlich und meinen Werdegang sehr bedeutsamen Filmmusikkomponisten, was ich hoffentlich die Tage noch schaffe, doch ich sehe gerade den Bildschirm kaum noch, bin einfach nur völlig zerstört, todtraurig und leer. Und draußen prasselt leise der Sommerregen!
Hört seine 400 Scores, erlebt sie, verinnerlicht sie, meine ich damit, denn darin verbirgt sich seine herausstechende Bedeutung für die Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts. Diese bleiben, ewiglich!
Die Verstorbenen des Jahres 2020
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https://www.moviepilot.de/liste/in-memoriam-2020-balticinemaniac
#RIPSushantSinghRajput
(1986 - 2020)
Ein Satz mit X:
Das war wohl nix!
Oder auch:
Fast and Furious am Arsch, Baby!
Die Mischung aus illegaler Straßenrennfahrer-Action und Heist-Thriller stellt definitiv den Tiefpunkt für Dharma Productions unter Schirmherrschaft der umtriebigen und einflussreichen Bollywood-Produzenten-Persönlichkeit Karan Johar (KJo) im Veröffentlichungsjahr dar, so viel steht mal fest, reiht sich der Streifen 2019 doch nahtlos in die eher holprige Erfolgsgeschichte der renommierten Filmproduktionsfirma ein, die im gleichen Jahr mit "Kesari" und "Good Newwz" zwar veritable Hits mit Kritikerlob verbuchen konnte, aber mit "Student of the Year 2" und dem mega-teuren Partionszeit-Familienmelodram "Kalank" zwei in der Rezeption vonseiten Publikum und Feuilleton arge Flops einfuhr (hier mal bitte die IMDb-Wertungen checken, welche Bände sprechen), die zwar am Box Office auch irgendwie liefen, aber doch ein enttäuschtes Unbehagen zurückließen. Der Unterschied zwischen den ersten beiden und den letzten beiden genannten Filmen: Macher, die sich eine Art Unabhängigkeit gegenüber ihrem Produzenten bewahren konnten versus totale Einflussnahme von Karan Johar auf das Aussehen des Films mit seinen offensichtlich aus der indischen Gegenwartszeit gefallenen, gestrigen Konzeptionsvorstellungen, wie ein Bollywoodfilm auszusehen hat.
Auch "Drive" leidet unter dem gestrigen, nichtssagenden, formellhaft-eskapistischen, völlig hohlen KJo-Millennium-Style. Unterschied zu vorgenannten Werken: Das Machwerk hier, eigentlich in Ko-Produktion mit den disneyschen Fox STAR Studios entstanden (die sich ganz schnell zurückgezogen haben), schaffte es noch nicht einmal in die indischen Kinos, sondern wurde an die Resteverwertungsgesellschaft namens Netflix exklusiv vertickt, um die gröbsten Verluste zu minimieren (wer indische Top-Filme per Streaming schauen will, sollte sich Amazon Prime Video, das engl. Original, und/oder Hotstar vormerken, Netflix ist mit ein paar großartigen Ausnahmen diesbezüglich für 'n Gesäßmuskel, was aber in Deutschland - wieder einmal - völlig falsch reflektiert wird).
Im Angesicht des harschen Down-Votings durchs Publikum von "Kalank" und "SOTY2" traute man dem Film keinen veritablen Box Office Run mehr zu. Wenigstens in diesem Punkt richtig gedacht. Zuvor wurde ein Kinostart mehrfach verschoben, KJo ordnete ausgiebige Nachdrehs an, die wohl nicht wirklich zu etwas führten. Da der Typ wie ein kleines, verwöhntes Kind aus Bollywood-Nepotismus-Zucht ist, kann ich mir bildlich vorstellen, wie er als Rumpelstilzchen mit dem Glitzerschuh auf den Boden stampfte. Menno, Mammi (Hiroo Johar, seine Co-Produzentin), mach doch mal was, die ärgern mich, obwohl ich das so will ...
Zu allem Überfluss liefen die letzten Filme des US-amerikanischen The-Fast-and-the-Furious-Franchises in Indien richtig gut an den Kinokassen, soll heißen, viele Inder haben also erst kürzlich die Inhalte in produktionstechnischer Hollywood-High-End-Ausführung gesehen, bei denen "Drive" sich bedient und ihnen nun noch mal als trashige Billigkopie vorsetzt, kombiniert mit Ocean's-Drölfzig-Anleihen und ohne jedwede eigene Note. Wird schon keiner merken, Zwinker!
Das Writing ist grottenschlecht, insbesondere das der Dialoge (falls es ein Drehbuch gab), übertrumpft noch von der völlig lustlosen Scheinregie, mit komischen Anschlüssen und einer Armada an Twists, die keiner braucht. Was Sushant Singh Rajput, der eigentlich wunderbare Boman Irani und Pankaj Tripathi in dem Film machen, ist fraglich. Aber wenn KJo ruft, möchte man halt ungern Nein sagen, weil man sonst in Bollywood ganz schnell abgeschrieben ist. Jacqueline Fernandez chargiert wie ein zum seriösen Unterhaltungsfilm gewechselter Pornostar. Schon allein die erste Szene, wie sie aus dem Auto steigt, schmerzt beim Zusehen. Hilfe, welchem Publikumsklientel kann man denn so etwas heute noch (in Indien) anbieten? Ihr Spiel ist eine Katastrophe. Hauptsache, Babes, Money/Ca$h und schnelle Autos. Yeah, geil!
Abgerundet wird der filmische Abfallhaufen durch den massiven Einsatz von CGI-Effekten bei komplexen Actionszenen. Soll heißen, die ganze Autoaction kommt auch noch aus dem Computer. Das Problem: Das hat jeder Gamer schon besser gesehen. Für die landschaftlichen CGI-Hintergründe sollte es eigentlich Berufsverbot geben (Endszene mit der Autobahnbrücke, achtet mal auf die Papplandschaft). Des Weiteren werden alle Rennfahrer- und Autoverfolgungsjagdszenen in leichtem Zeitraffer gezeigt. Was ursprünglich viel langsam gedreht wurde, wirkt nun schneller - und - lächerlicher. Ein Generalproblem indischer Actionfilme. Die sollten den Scheiß endlich lassen. Nervt! Zumindest die Zuschauer, die auf (CGI-)Ratten in Filmen stehen, sind hier richtig, von denen gibt es nämlich in einer Szene 'ne ganze Menge. Und was sollte das Ganze nun?
Netflix sollte lernen, auch mal Nein zu sagen, und sich nicht jeden Crap als Chance auf dem Weltmarkt aufschwatzen zu lassen, bloß weil es so aussieht, dass mit bloßer Einflussnahme und Präsenz der produzierenden Bollywoodpersönlichkeit, deren parfümierte Flatulenz nach Gestrigkeit duftet, auch Qualität einhergehen muss. Muss es nämlich nicht, tut es hier nicht. Das nächste Mal dann: Eh, KJo, versuche deinen Müll doch jemand anderes unterzujubeln, um deine Fixkosten wieder reinzuholen, du Spacken!
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Film bei Netflix Deutschland (OmU):
https://www.netflix.com/de/title/81189912
Trailer:
https://www.youtube.com/watch?v=7ZU6X0wyzgc
Audio Jukebox:
https://www.youtube.com/watch?v=AJbYg6gia7s
Filmcover:
https://img.goldposter.com/2019/10/drive-2_poster_goldposter_com_3.jpg
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Einordnung: Hindi Cinema (= Bollywood)
Genre-Ausrichtung: Heist-Street-Racer-Kriminalactionthriller
Musical-Song-Tanz-Nummern: ja (3)
Stell dir vor, es ist später Abend, du hast dir gerade ein Tütchen zurecht gedreht, willst zum Chillen an den Strand und findest dort zu deiner Freude ein gemütliches altes Fischerboot auf dem Sand, in das du dich reinlegen und zu den Sternen blicken kannst. So weit, so gut. Während du dich also gerade so schön wegballerst, hörst du ein tief metallisches Materialdröhnen wie aus einem zimmerschen Sci-Fi-Score, guckst ungläubig auf deinen Joint, hebst deinen Oberkörper aus der Versenkung des kleinen Bootes, um über dessen Reling gen Wasser in die Dunkelheit zu schauen, und denkst:
FUCK, heute ist der Shit von meinem Dealer aber besonders heftig!
Denn auf das sandige Ufer schiebt sich just in diesem Moment mit massiger Gewalt der gigantomanische Stahlbug eines Ozeanriesen, eines menschenleeren, verlassenen, fast 150 Meter langen, 9000 Tonnen schweren Containerschiffs, das seit Jahren herrenlos über das Meer trieb. Ein sogenanntes Ghost Ship hat ungefragt angelegt und dich beim Kiffen gestört. Ach du heiliges THC!
Wer jetzt glaubt, dass der Drehbuchautor hier die nötige Dosis Fantasie aus seiner dafür vorgesehenen, zerebralen Schreiberlingsecke herausgekramt hat, die man bei ihm natürlich ob seines Berufsstandes zu großen Teilen voraussetzt, der irrt gewaltig, denn das Ganze ist tatsächlich so in etwa passiert, im Jahr 2011, an einem Strand, der zum Stadtgebiet der Metropole Mumbai gehört. Wenn die Menschen, die sich am Strand einfanden, um zu gaffen, nach und nach mehr und mehr Geschichten erfinden, die sich um diesen wahren Vorfall ranken, aufgegriffen von den Boulevard-Medien, dann bekommst du gleich noch die fantastischen Elemente für deine Film-Story frei Haus mitgeliefert. Netter Move!
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TV-Nachrichten-Ausschnitte zum MV-Wisdom-Vorfall (2011):
https://www.youtube.com/watch?v=xPbOee_dPT4
https://www.ndtv.com/video/news/news/9000-ton-ship-near-juhu-beach-needs-to-be-moved-but-how-202737
Original-Online-News zum MV-Wisdom-Vorfall (2011):
https://mumbaimirror.indiatimes.com/mumbai/other/wisdom-hits-juhu-beach/articleshow/16135922.cms
https://economictimes.indiatimes.com/industry/transportation/shipping-/-transport/mv-wisdom-stands-stranded-in-mumbai-its-myths-and-reality/articleshow/9008043.cms
https://www.hindustantimes.com/mumbai/mv-wisdom-finally-on-its-way-to-scrapyard-after-20-grounded-days/story-mIQYZPvsqA4jCbMvHsD6nM.html
Verknüpfungs-News zwischen wahrem Vorfall und Film (2020):
https://www.hindustantimes.com/bollywood/bhoot-part-one-the-haunted-ship-real-life-incident-that-inspired-vicky-kaushal-s-film/story-c3JMkF2G2r6Jz3eAKq5kZO.html
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Genre-Kenner werden es wissen, im Bereich Horrorfilm wurde vieles schon erzählt, vieles ausprobiert, sodass heutzutage Innovation eher rar gesät ist, und man froh sein kann, wenn es die Filmemacher schaffen, bekannt Elemente wohlig zu einem annehmbaren Filmerlebnis zusammenzufügen, gerade wenn es sich um einen Streifen aus einem Produktionsland wie Indien handelt, das genau in dem angesprochenen Metier nur selten glänzte. Das Team rund um Newcomer-Regisseur Bhanu Pratap Singh geht sehr ambitioniert zu Werke und weiß auf technischem Gebiet im indischen Vergleichskontext großteilig zu überzeugen.
Die wunderbare Arbeit von Kameramann Pushkar Singh stellt dabei das Herzstück des Filmdebüts dar, die Ausleuchtung ist passend düster, das Color Grading endlich mal vernünftig und nicht quietschig bunt, als Drehort/Location wurde u. a. ein echtes Schiffswrack erwählt, die man auf unzähligen Abwrack-Schiffsfriedhöfen an Indiens Küste finden kann, die Kulisse und Ausstattung ist also mehr als passend, der Ton ordentlich dick, natürlich klischeehaft genau dann, wenn der genreübliche Jump-Scare mal zu Besuch um die Ecke schaut und unfreundlich winkt, die VFX sind für ein Budget von umgerechnet 4,2 Mill. US-Dollar sehr annehmbar, die Laufzeit für einen indischen Film recht moderat, Musical-Song-Tanz-Nummern gibt es schon mal gar nicht (das wäre ja noch schöner), die Schauspieler liefern einen guten Job ab, allen voran natürlich der schon in Cannes für "Masaan" gefeierte Vicky Kaushal, eines der neuen Leading Faces von Bollywood (der mit "Uri: The Surgical Strike" einen Mega-Kinokassenhit im letzten Filmjahr einfuhr). Gibt es also etwas zu meckern?
Horrorfilme mit übernatürlichen Storyelementen gehören zur Gattung der Fantasyfilme, das ist mal einordnungstechnischer Fakt, weshalb vieles, was in ihnen fernab von Rationalität passiert, mit diesem Wissenshintergrund durchaus akzeptabel ist, wenn man denn will. Nur muss die filmische Darreichung im Rahmen ihrer eigenen Welt schon irgendwo plausibel sein. Die Details der Geschichte des kleinen Mädchens im Zusammenhang mit dem sonstigen Geschehen plus hinzukommender, enormer Zeitdauer (man muss sich das mal vorstellen, schwierig) lassen einen hier überlegungstechnisch an gewisse Grenzen stoßen. Zudem will der Film, aufgebaut auf einem soliden, aber eher konventionellen Haunted-Ship-Grundgerüst, an den Rändern erzählerisch sehr viel. Die Hauptfigur hat eine Psychose, ein Traumata, das auf einen familiären Verlust und Eigenversagen zurückzuführen ist, weswegen er starke Medikamente schluckt, dem Zuschauer per Backflash-Minnihäppchen langsam nähergebracht. Des Weiteren möchte man noch ein Statement zu internationalem Menschenhandel, Drogenhandel und Gangster-Schmugglertum per Frachtschifffahrt erbringen. Das ist sehr viel auf einmal, teilweise holprig zusammengepresst.
Bhoot ist Hindi und bedeutet schlicht 'Geist' (zurückzuführen auf bhūta in Sanskrit, eine übernatürliche Kreatur, entstammend dem Körper eines Toten). Es war im Jahr 2003, als ein Film namens "Bhoot" in Indien das Publikum begeisterte und einen der ersten, beachtenswerten, unvergessenen Schritte hin zum sich nur mühsam entwickelnden modernen Horrorkino auf dem Filmsubkontinent darstellte. Der Regisseur dieses Klassikers ist Ram Gopal Varma. Sein Name prangt gleich als erster Schriftzug im Vorspann des vorliegenden Werkes mit einem dicken fetten 'Thank You', eine Verneigung des Regisseurs an seinen Meister und Inspirator. Und er braucht sich selbst keineswegs zu verstecken, was die technischen Skills anbelangt, doch weniger Reminiszenz an Genreklassiker, und mehr eigene Ideen wären schön gewesen.
Der erste Teil einer angedachten Trilogie kann als Horrormysterythriller mit seiner technischen Machart punkten, weiß durchaus partiell beklemmende Atmosphäre aufzubauen sowie einige Schockmomente zu setzen und ist trotz Holprigkeiten bezüglich der Story und Erzählstruktur definitiv ansehbar, nicht nur für Hardcore-Fans des Genres, schon allein wegen des außergewöhnlichen Handlungsortes. Ob es tatsächlich (thematische) Fortsetzungen geben wird, ist fraglich, denn der Film schloss für Dharma Productions mit einem eher enttäuschenden Box-Office-Ergebnis ab.
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Trailer:
https://www.youtube.com/watch?v=ELcRnZ3kP08
Mini-Making-Of:
https://www.youtube.com/watch?v=IKwmFlSY_UU
Filmplakate:
https://img.goldposter.com/2020/01/bhoot-part-one-the-haunted-ship_poster_goldposter_com_1.jpg
https://www.nfkino.no/sites/nfkino.no/files/movie-posters/BOL20200517_3325058.jpg
https://img.goldposter.com/2020/01/bhoot-part-one-the-haunted-ship_poster_goldposter_com_2.jpg
https://mir-s3-cdn-cf.behance.net/project_modules/2800_opt_1/4c584591477341.5e32b938ecccc.jpg
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Einordnung: Hindi Cinema (= Bollywood)
Genre-Ausrichtung: Horrormysterythriller
Musical-Song-Tanz-Nummern: keine
Dodgson ist der Sohn eines Autos!