Der Witte - Kommentare
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Alle Kommentare von Der Witte
Allgemein doch etwas zu gering geschätzt wird das Geschick Paul Bartels, aus einer scharfzüngigen Beobachtung zur Gesellschaft leichte wie zielgerichtete Possen zu erschaffen. Zentral dafür lässt sich „Eating Raoul“ kennzeichnen, welcher im Los Angeles der frühen achtziger Jahre angesetzt ist und die Bemühungen des „kleinen Mannes“ sowohl sympathisiert als auch zum Äußersten des Amoralischen treibt, dennoch durchweg liebenswert auf leichtem Fuße unterwegs ist. Sein Werk behilft sich bewusst und entlarvend der Grundnaivität des netten Bürgers, der sich trotz aller Unsicherheit in die urbane Mentalität einfügt, ihr mit Angst begegnet und sich dennoch ihrer Mittel sowie modernen Möglichkeiten der kollektiven Verkommenheit zunutze macht. Willkommen heißen einen dabei Paul und Mary Bland - so bezeichnend lauten die Namen unserer Protagonisten, die im durchaus überzeichneten Kosmos aus Sex, Korruption und weiteren Perversionen um ihre Existenz bangen, ein eigenes Restaurant eröffnen zu wollen, dafür aber keinerlei Kohle haben. Aus der Verzweiflung und Begegnung zum Abtrünnigen heraus schlagen sie eine Kette an Ereignissen ein, bei denen sie notgeilen Hedonistikern eins mit der Bratpfanne überbraten und deren Geldbörsen plündern. Aus der mörderischen Zweckentfremdung des Küchenutensils, welche sie zudem mit der Verteidigung der Ehefrau motivieren (obgleich ihr da ein Sex überkommt, den sie in ihren getrennten Betten kaum noch erleben wollen), denken sie sich einen Geschäftsplan aus, Perverse anzulocken und reihenweise zu beseitigen - wofür sie sich sodann auch professionelle Hilfe holen, die ihre übersexualisierten Berufspersönlichkeiten mit einem geregelten Eigenheim kontrastieren. Bartels Beobachtung ist eben auch nah an der Realität solcher Umstände, verpackt sie jedoch in eine drollige Ironie, der weniger Zynismus als eine karikaturenhafte Heimeligkeit anhaftet.
Er verhilft dem eigentlich soziopathischen Konzept gewiss zu einer guten Menge an Sympathie, sehr wohl lässt er aber ein Urteil darüber aus, ob die von unseren „Helden“ ausgenutzten/ermordeten Seiten es „verdient“ haben, so wie sie doch alle in diesem System amerikanischer Eigennützigkeit mitspielen. So hält sich Bartel auch frei, den Spaß und die Reize jedweder Arten der Freizügigkeit entsprechend euphorisch darzustellen, wie er überhaupt auch gänzlich die Amoralität seines Ensembles verinnerlicht, ohne eine Einsicht von diesem zu erfordern. Der temperamentvolle Umgang untereinander, Spießigkeit mit variantenreicher Perversion zu ergänzen, spielt die Hauptrolle in dieser Welt, die nur gegeneinander/zusammen arbeitet, wenn Geld auf dem Spiel steht, wie es sich durchweg an Ladendieben, Kredithaien und falsch spielenden Teilhabern zeigt. In letzterer Funktion ist auch der titelgebende Raoul unterwegs, der sein halbwegs legitimes Geschäft im Sicherheitsservice für Raubzüge nutzt, dann aber auch bei Paul und Mary einsteigt, die Leichen und sogar die Karren jener „Kunden“ verhökert, jedoch selbst dabei nur spärliche Anteile weitergibt und sich sogar an Mary heranmacht. Wird ihre eheliche Treue bestehen oder wagt sie nebenbei doch die sexuelle Erfüllung, die sie im Nachhinein mit einer netten Lüge verteidigt, wie auch das „Geschäft“ überhaupt erst angefangen hat? Bei Bartel und Co. geht es nun mal ordentlich rund, obgleich allzu exzessive Eindeutigkeiten vermieden werden und stattdessen ein Filmemacher wirkt, der mit filmischer Naivität regelrecht unfassbare Abscheulichkeiten als Komödie mit Herz inszenieren kann, ohne dabei moralisch fragwürdig zu werden. Die Ambivalenz fusioniert hier durchaus mit einem Cartoon des Abwegigen, der in seiner Selbsterhaltung schlicht über die Runden kommen will. Da ist man gerne dabei, obwohl man es ja eigentlich auch besser weiß (von wegen).
[...] Alles andere als ein Indikator heutiger Sehgewohnheiten. Im Gegenteil: Die knapp zwei Stunden Laufzeit behalten sich ein streng behutsames Tempo vor, wie sie auch von einer Geradlinigkeit erfüllt sind, die man entweder stoisch oder konzentriert empfinden kann. Der Film befindet sich durchweg in einer Phase zwischen klassischem bis biederem Erzählkino und einer enthemmten Fantasie jenseits der Milchstraße. Vieles daran liegt vor allem am inszenatorischen Zeitgeist, aber auch an den Einflüssen, die Lucas zur stilistischen Struktur seines Überfliegers verarbeitet hat. [...] Die narrative Stärke wäre allerdings nichts ohne den Fokus, dass man als Mensch nicht nur vor oder inmitten einer beeindruckenden Aufgabe steht, sondern diese auch bewältigen kann. Hieran wirkt weniger das Narrativ des Auserwählten, wie es inzwischen gang und gäbe ist (auch den „Star Wars“-Prequels anhaftet), mehr hingegen die Macht der Selbstbestimmung, der eigenen Vision und des erweckten Potenzials. Das sind Werte, die allzu bezeichnend für George Lucas’ Werdegang selbst stehen, eine singuläre Stimme innerhalb und außerhalb des New Hollywood abzugeben und eine Fantasy zu entfesseln, die keiner haben wollte, bis sie sich doch noch an der Kasse bezahlt machte. [...]
So sehr man auch von Vornherein glaubt, dass ein mit SFX-Guru Douglas Trumbull besetzter Regiestuhl bedeuten würde, dieser müsse seinen Film mit Spezialeffekten ausstaffieren, da er sonst nichts anderes versteht, so angenehm überrascht wird man von einem durchaus cleveren und menschennahen Spannungsstück kognitiver Science-Fiction. Was „Projekt Brainstorm“, seine Protagonisten und Antagonisten zur Diskussion stellen, ist die Ausnutzung sinnlicher Erfahrungen, per revolutionärer Technik von einem Menschen anhand mehrspuriger Bänder zum anderen übertragbar. Die Parallele zum Medium Film kommt da nicht von ungefähr, lässt sich ebenso am Schnittpult montieren, auf Abruf erleben, lässt Emotionen und Erinnerungen miteinander teilen und kann genauso gut missbraucht werden. Jene daran forschenden, Dr. Michael Brace (Christopher Walken) und Dr. Lillian Reynolds (Louise Fletcher), halten dabei stets zu ihrer ethischen wie auch berufsethischen Verpflichtung, die Menschheit voranzubringen, während die Oberleitung ums Design überlegt und sodann schon Angebote ans Militär macht. Der Diskurs jener Positionen inszeniert Trumbull mit nüchterner, doch aufmerksamer Schlichtheit, profitiert dabei vor allem von einer Besetzung, die sich ihren noch so urigen Rollen anpasst, das Thema konkret anspricht, aber auch nicht überakzentuiert - sofern man in dieser Fantasy von Realismus sprechen kann, wird dieser jedenfalls glaubwürdig vermittelt.
Ohnehin stützt sich Trumbull in seinen Charakterwerten auf das Eheverhältnis zwischen Brace und seiner Gattin Karen (Natalie Wood), das in der Zusammenarbeit am Projekt ebenfalls Reibungspunkte erreicht, welche allerdings erst wirklich offenbart werden, sobald anhand der Technik in die Gedankengänge geschaut wird. Jene Verletzlichkeit im Privaten lässt sich ebenfalls primär im Fokus des Films feststellen, so wie sich der Mensch hier daran klammert, seine Fassung zu bewahren oder sich im Gegenzug selbstlos für höhere Zwecken einzusetzen. Louise Fletchers Charakter illustriert dies am Effektivsten mit einem Herzdefekt, der vom Film als solcher relativ subtil ausgesprochen wird und letztendlich dann doch so intensiv einschlägt, dass der Überlebensinstinkt sein Ventil in der Verewigung findet. Jahrzehnte vor dem bei Ankunft schon vertrockneten „Transcendence“ gelingt hier die Übertragung des Geistes, wohl aber eine, welche tatsächlich den Tod und das darüber hinaus liegende aufzeichnet. Dieser Existenz im Verstorbenen nahezukommen, wird sodann Braces größter Ansporn im Verlauf des Films, doch bei den ganzen Schikanen, die ihm in den Weg gelegt werden, vermeidet Trumbull sogar die Ausschöpfung einer Effektkanonade, die sich potenziell ergeben könnte.
Stattdessen hält er den Zuschauer am Ball, teilt in kleinsten Portionen Eindrücke aus, die über die Vorstellungskraft hinausgehen, während die Beobachtung und Jagd auf Brace geschieht, der einem Netz von Geheimhaltung auf die Schliche kommt und es mit dessen eigenen Mitteln zu bezwingen versucht. Trumbulls Verschwörungsthriller hat dabei genug Anklänge zur Realität inne, wie eben dessen Drang auf den neuesten Stand der Technik Menschen beherrscht und gegeneinander ausspielt, ebenso wie stark die Sehnsucht darin mitspielt, über die Grenzen des Status Quo zu gelangen, eine Art Virtual Reality zu erschaffen (siehe das „Oculus Rift“) oder sich schlicht im kollektiven Sinneszentrum nahezukommen. Letzterer Faktor wird zudem gegen die Großen ausgespielt, sobald die Eheleute Brace am Telefon fingiert zueinander sprechen, sich treffen zu wollen, während sie sich ins System hacken. Trumbull inszeniert entschieden darin, den Menschen stets Herr über der Technik bleiben zu lassen und seinem eigenen Ansporn zu folgen, die Gefahren des Neuen zu erkennen und diese notfalls auch per Eigeninitiative zu eliminieren, um das Neue zum fortschrittlichen Durchbruch zu verhelfen (nicht umsonst stehen unsere Charaktere oftmals vor einem Modell jenes Flugzeugs der Gebrüder Wright).
Ein Stück Ayn Rand steckt durchaus in jener Selbstbestimmungsmethodik, Trumbulls Protagonisten sind aber keineswegs rücksichtslos gegenüber der Verantwortung zur Gesellschaft - dennoch lässt er die Antagonisten mit ihrer eigenen Technik derartig bekämpfen, dass sie teilweise in den Slapstick hineingeworfen werden, was nochmals in Frage stellt, wer für die Nutzung eigentlich qualifiziert ist. All das illustriert sich auch in der inszenatorischen Handhabung der neuen Sinneserfahrung, die entgegen des 1,85:1-Formats (inklusive Mono-Ton) der „Realität“ mit Panorama-Weitwinkelaufnahmen (inklusive Stereo-Ton) wiedergegeben wird und somit in etwa vermittelt, welche Bedeutung jene Entwicklung haben könnte und wie sie auf den Menschen einwirkt - soweit es das Medium zulässt. Trumbull stellt sich dabei durchaus als Advokat sinnlicher Nähe dar, der die kollektive Vereinnahmung der Leinwand versteht und seinen Zuschauern im besten Fall bewusst macht, wie weit sie sich selbst in ein neues Bewusstsein transportieren könnten, obgleich er keinen Selbstzweck darin ausübt und den Großteil des Films durchaus bodenständig hält, letztendlich jedoch den optimistischen Blick zum Potenzial frei gibt. Ihm liegt es in seiner Darstellung vor allem am menschlichen Nutzen des von Menschen geschaffenen und lehnt sich damit über die Paranoia zum Technik-Feindlichen anderer Genre-Beispiele jener (und sogar heutiger) Zeit heraus. Insgesamt also gehaltvoller als man erwarten könnte.
[...] Es dürfte daher spannend werden, auch weil die Entführer gewisse Ambivalenzen mit sich tragen und im Rückblick Opfer einer skizzenhaften Manipulation statt Herr ihres eigenen Handels sind. Man könnte genauso sagen, die Gesellschaft ist Schuld – ähnlich simpel lässt sich die tiefere Ebene des Films erklären, die auch auf plumpere Symboliken, wie Radioheads „Creep“ („The Gambler“ lässt grüßen), setzt. Regisseur Hannezo, der hier sein Debüt abliefert, kommt mit inszenatorischem Geschick gut darüber hinweg, wie wenig das Drehbuch zu erzählen hat, und suggeriert in der Darstellerführung mehr, als das größtenteils gängige Entführungsprozedere nach Jahrzehnten Filmgeschichte überhaupt Neues aufbieten könnte. [...]
Es ist doch so: Nach jedem Ausflug ins Werk Frank Henenlotters fühlt man sich wohler darin, anders, kaputt, gar pervers zu sein, eben von der Gesellschaft als Fehler bezeichnete Faktoren inne zu haben, die es sonst zu verstecken gilt, ein Stigma der Scham ausdrücken und ohnehin nicht dem Schönheitsideal entsprechen. Henenlotter stellt den Ausbruch aus jener Selbstgeißelung im zweiten Teil seiner Basket-Case-Saga zum einen mit einer Überspitzung dar, die anhand obskurer Kreaturen menschlicher Mutation krasse Eindrücke abgeben, welche zum anderen aber auch mit einem Menschenschlag konfrontiert werden, welcher per Selbstgefälligkeit des „Normalen“ von oben herab Widerwärtigkeit ausstrahlt. Mitten drin ist wieder mal Duane (Kevin Van Hentenryck), der mit seinem missgebildeten Bruder Belial von der ominösen Granny Ruth (Annie Ross) aufgelesen wird, nachdem die Ereignisse aus Teil eins ihnen Verurteilung und Sensationskultur auf den Hals hetzen. So geraten sie in eine Kommune an „Freaks“, die von Ruth im Sinne einer Heimleiterin oder Gruppentherapie ausschließlich innerhalb ihres Hauses gehalten wird. So bizarr und furchterregend die Auswüchse jener abseits der Gesellschaft hausenden Wesen wirken, so wenig kann sich selbst Außenseiter Duane mit ihnen identifizieren, weshalb er sich erneut nach einem normalen Leben außerhalb der Bruderbindung sehnt und dies in Ruths Enkelin Susan (Heather Rattray) zu finden glaubt. Wie es nun mal der menschlichen Natur anhaftet, fängt er damit ebenso an, vom Äußeren her zu urteilen - Henenlotters Inszenierung behandelt die Etablierung seiner Liebe sodann ziemlich spärlich, um Duanes Oberflächlichkeit in jener Hinsicht herauszustellen, obgleich er trotzdem der herzliche Naivling bleibt, dessen Leben ihm jedoch schräge Neurosen zukommen lässt.
Er handelt jedenfalls nicht mit ausbeuterischer Absicht, wie es die Gesellschaftsvertreter hierin halten. Ob nun Schmierenreporter oder Schaubudenbesitzer: Sie wollen Kapital aus dem Fehlerhaften des Menschen schlagen, umso militanter kommt Ruth sodann zum Schluss, notfalls auch mit Belials Mörderklaue gegen das Unrecht anzukämpfen. Duane ist sodann ebenso hin- und hergerissen, auch aus Liebe zum Bruder für seine Zwischengesellschaft einzustehen, woraus Henenlotter sodann einige aufregende Sequenzen zieht, welche effektiv jene Frage auf den Kopf stellen, in welchen Kreisen man die Ausnahme oder den Konsens bildet. Der Horror dieser Frage bleibt nicht aus, ebenso verstärkt Henenlotter per Lichtfärbung und Kamerawinkel das Außergewöhnliche seines Ensembles, geht sogar euphorisch und frei an dessen Beischlaf heran, was man sowohl als Ekelfaktor, aber auch als Enthemmung werten könnte. Letzteres macht eher Sinn, wenn man im Gegenzug Duanes unbeholfenen Umgang mit Susan beobachtet, der umso schwieriger wird, sobald sie doch noch ihren einzigen Makel vorführt. Die Konsequenzen, die er daraus zieht, sind aber auch Resultate der Ideologie Ruths, welche in der Positionierung der Identität genug an Zweifeln sowie eine Manie aus Duanes enttäuschter Sehnsucht schürt. Das daraus folgende offene Ende kommt sodann zu einer radikalen Pointe, die von der (zugegebenermaßen durchweg schon bewusst anorganischen) Dramaturgie her so früh noch nicht erwartet wurde. Sie ist damit aber auch Teil eines eigensinnig kritischen (im Vergleich zu Teil 3 noch dezenteren) Humors, der Henenlotters Werk seit jeher ausmacht und auch hier die Brücke zwischen Gesellschaftssatire, Bodyhorror, Perversion und Romantik schlägt, wie sie sich in aller Krassheit dennoch beachtlich menschlich greifen lässt.
[...] Die Detailverliebtheit der Ausstattung, die bärtig-abgehalfterte Präsenz kampferprobter Recken, die spürbar eingefangene Kälte der Umwelt, die Hitze und der Rauch der Flammen, der Dampf der Schlacht in Erde und Fleisch: So ausgiebig um Echtheit bemüht, gibt sich das aktuelle Mainstreamkino selten. [...] Insbesondere die schauspielerische Komponente im Falle DiCaprios grenzt an Wahnsinn und kennt keine Hemmungen gegenüber einem Ambiente, das in seiner Kälte gewalt(tät)ig erdrückt. Ihre Funktionen sind aber auch Teil einer All-or-nothing-Mentalität, die dem Großprojekt anfällt: Der filmtechnische Aufwand allein scheint die Existenz zu definieren, jenseits des Gezeigten lässt sich jedoch nur wenig Substanzielles herausziehen. [...]
Was zunächst die größte Schwäche am „Spotlight“ sein könnte, wird im Verlauf die einzig angemessene Lösung: Thomas McCarthys Inszenierung nähert sich seinem Sujet mit schlichtem Gestus, einer trockenen, doch respektvoll beobachtenden Kamera sowie einem nicht gerade erheblichen Score Howard Shores. Der Hang zum Affekt lässt er abgesehen von einigen Momenten zum Ende hin ebenso vollständig aus, hauptsächlich ist seine Darstellung investigativen Journalismus' eben eine der Fakten und Wahrheiten, besitzt beinahe dokumentarischen Charakter, lässt aber nie daran zweifeln, dass hier Menschen am Werk sind, die ihr ganzes Herzblut, sprich ihre Expertise an den Tag legen sowie von Berufsethos und Menschenkenntnis her Empathie entgegenbringen können. Was sie erfahren, ist an sich schon schlimm genug, als dass das Entsetzen dazu reinforciert, überhaupt ausgesprochen oder ein Monster an den Pranger gestellt werden muss. Demut zeigt sich nun mal per Bescheidenheit und McCarthy weiß in gezielten Momenten ohnehin, dass die konkrete Nacherzählung eines Grauens mitunter stärker wirken kann als eine eventuell spekulative Stilisierung des Prozesses. Jedenfalls hält es unsere Recken nicht darin auf, an den Kern der Sache gelangen zu wollen, ein System aus Missbrauch und Vertuschung von höchstem Rang zu offenbaren, das als offenes Geheimnis alle Türen verschließen lässt und alleine nüchtern betrachtet ein gesundes Maß an Spannung und Entrüstung hervorruft. Gleichsam sind stets kühle Köpfe erfordert; nichts wird vorschnell veröffentlicht, solange es nicht gänzlich spruchreif oder in allen Belangen sorgfältig recherchiert ist, damit der erhoffte Einschlag auch wirklich was bewirkt.
Die Menge an berufsbedingten und legislativen Schikanen, die sie dabei entwirren müssen, scheint mindestens so komplex wie das von ihnen beleuchtete Netz katholischer Missbrauchsfälle an sich, womit McCarthy durchaus ein effektives Gleichnis zur Nachvollziehbarkeit bildet. Das Ensemble vom Boston Globe ist dabei nur bedingt im Privatleben zu beobachten, die Charaktereigenschaften im Umgang mit Umwelt und Mitmenschen sind aber durchweg scharf zu beobachten und werden im Spiel verdammt echt vermittelt. Nicht eben ausschließlich das brisante Thema ist hinsichtlich der Existenz des Films relevant, sondern auch die Darstellung jener Unmittelbarkeit menschlichen Einsatzes und dessen Verlangen nach der Unmittelbarkeit zur Wahrheit, das sich stark gedulden muss und dadurch dennoch umso kraftvoller wird - eben so wie es der Großteil der Meinungsbildung ja scheinbar kaum noch handhaben mag. Der Film illustriert aber auch an seinen engagiertesten Figuren Fehlentscheidungen vergangener Perspektiven, aus denen sich im Nachhinein lernen, Schuld eingestehen und vergeben lässt. Zum einen wird der katholische Grundgedanke (der Charaktere) damit trotz aller Offenbarungen weiterhin aufrechterhalten und nicht zynisch verpönt; zum anderen zeigt sich darin die Notwendigkeit, die Erinnerung an ein Unrecht nicht im Lauf der Zeit versiegen zu lassen, wenn dieses nicht beglichen wurde. Umso wichtiger ist eben solch ein Film, welcher der rücksichtsvollen und gleichsam kompromisslosen Methodik der Sorgfalt den Vorrang überlässt und mit Feingefühl ans Gerechte im Menschen herantritt.
[...] Nun ist die Inszenierung von minimalistischen Actionszenen noch souverän und die Erfassung einzelner Abläufe in ihrer formalen Strenge so kohärent wie glatt gelungen – allerdings bleibt es bei einem blassen Vergnügen, das in seinem Menschenbild nur schwer zur Identifikation beiträgt. Bax’ Tochter Francisca hat Depressionen? Einfach einen Gag draus machen, ob sie Müsli statt Drogen haben möchte. Nimmt Bax (van Warmerdam selbst) jene Drogen? Kann man doch einen unausgegorenen Gag mit Halluzinationen bringen. Ist Bax’ Vater geil auf junge Mädchen und legt sogar bei seiner Enkelin Hand an? Dann kann man ihn auch nach zwei Szenen brutal durch sie abstechen lassen [...] Immerhin wird in solchen Momenten deutlich, welch kaputte Familienkiste bei diesem ansonsten belanglosen Exkurs ins Vermutet-Abgefuckte injiziert wird. [...] Fernab dessen bleibt der Film Träger eines plumpen Zynismus [...]
Lässt sich das überhaupt experimentell nennen, was Philippe Garrel hier in beinahe kompletter Personalunion versucht hat? Fürwahr, er bricht das für gewöhnlich narrative Konzept des Kinos und lädt zur Assoziation ein, doch im Grunde bildet er schlicht die Kunstform Mensch ab. Schnörkellos kommt die Schönheit in den Fokus, sobald Gesichter von Nico, Dominique Sanda, Anita Pallenberg und Co. beinahe wie in Stillleben eingefangen werden, trotzdem ihrem Eigensinn nachgehen und doch das Licht in der Dunkelheit bleiben. Garrel macht aus ihnen zudem keine kühle Aktionskunst ohne filmischen Ansporn – sein Schnitt kommt beileibe nicht ins Schleppen, insbesondere die Lichtführung vermittelt stets mysteriöse Stimmungen und die Musik von Ash Ra Tempel verstärkt zudem den ätherischen Rausch der Beobachtung. Nun ist die Beobachtung aber keine unbedingt voyeuristische, aber es hängt ganz vom Zuschauer ab, welch heimelige Atmosphäre er stattdessen empfindet. Wer dem Sinnlichen nicht abgeneigt ist, dürfte sich jedenfalls stimmig in die Geographie der Kulissen oder gar ins Zusammensein mit den uns dargestellten/uns darstellenden Wesen hinein fühlen.
Das fast vollständige Fehlen einer Dramaturgie suggeriert gleichsam das Eintauchen in eine fremdartige Welt, reizvoll in ihrer Unberechenbarkeit und Selbstverständlichkeit. Der Minimalismus dieser Methodik konzentriert geradezu mühelos mehrere Vorstellungskräfte simultan zusammen, obgleich der weitere Verlauf des Films mit seinen Bildern uriger Gemälde und Frauen im Morgentau-Wald weiterhin wenige Fragen beantworten wird, ehe Nico doch noch atemberaubend geisterhaft aus der privaten Poesie über die Sehnsucht zu einem entfremdeten Liebhaber erzählt. Zudem scheint es so, als ob dieser im Geiste, in Spiegeln und im Zwielicht, zugegen ist oder zumindest in der Wahrnehmung unserer „Protagonistin“ verharrt, wie auch weitere Gestalten hier auftauchen. Das gibt der Aura der Dunkelkammer eine durchaus melancholische Note, das Gefühl daran hat man als Zuschauer jedoch eher selbst zu entscheiden, während die unwirkliche Optik weiterhin im Nirwana treibt. Das ist natürlich auch mal erfrischend, dass einem nicht dauernd vorgekaut wird, anhand welcher Rollenmodellen und Inszenierungsfunktionen man mitfühlen soll.
Bei gerade mal einundsiebzig Minuten Laufzeit erschöpft sich das Konzept zum Ende hin zwar und hält auch einen Sch(l)uss bereit, der sich prätentiös interpretieren lässt, jedoch bietet die Gesamterfahrung ein emotionales Potenzial zwischen den Welten Realität und Leinwand, das sich als Unikat seiner Zeit an das Äquivalent eines Traumes heranwagt und dabei auch per Schlichtheit glänzen sowie abstrakt über die Macht der Liebe, des Menschen und seines Wesen erzählen kann. Less is more. Danach wird man sich durchaus die Frage stellen, wie sehr es das aktuelle Kino oder dessen Zuschauer verlernt hat, die Kunst außerhalb der „Story“ zu reflektieren.
[...] Das emotionale Bestehen außerhalb einer geregelten Zivilisation gelingt hingegen ausschließlich durch die unbedingte Zuneigung der Hunde, die sich in jedes Bild drängeln und Schmatzer geben, was von ihr mit liebevoller Pflege und Verständnis quittiert wird. Dadurch entsteht ein hoher Unterhaltungsfaktor, der vom Film in behutsamer Beobachtung fokussiert wird. Ansonsten hält er sich sowieso durchweg am Tempo des Understatements, kommt schlicht und konkret zum Wesentlichen, ohne noch per nachgereichter Erklärung mit Absichten, Deutungen oder gar Urteilen um sich zu werfen, die man mitunter in der bloßen Betrachtung erfährt. [...] „Dog Lady“ verbringt hingegen die Zeit mit Impressionen eines Alltags im Abseits und bleibt dennoch kurzweilig darin, wie es sich nun regeln lässt. [...]
Kein noch so geliebter Regisseur ist unfehlbar, selbst ein Jim Wynorski ist nicht vor durchwachsenen Werken gewappnet. Dabei hält seine "Chopping Mall" zur ersten Hälfte hin noch einige Zutaten bereit, mit denen sich ein schönes Eskapismus-Stelldichein aus Konsumgesellschaftssatire und Genre-Irrwitz bilden könnte. Insbesondere die Auftritte von Paul Bartel und Mary Woronov signalisieren im Intro schon eine gehässige Klasse, die sich äußerst beglückend mit Wynorskis Hang zum Slapstick vereint, den er sodann mit einem Querschnitt der amerikanischen Mall-Kultur konfrontiert: Kellnerinnen, Fettsäcke, Nerds, unterbezahlt frustrierte Reinigungskräfte (Dick Miller), notgeile Buben und Bienen sowie das designierte Final Girl, die sich fortan alle mit den Kreationen einer Corporate Identity herumschlagen müssen. Damals waren jene ausschlaggebenden Roboter Synonyme für eine eventuell außer Kontrolle geratende Technokratie (siehe auch "Terminator"), heute würden sich Parallelen zur militarisierten Polizeigewalt aufspannen, wenn man bedenkt, wie brachial die Maschinen hier "zur Sicherheit" ausgestattet sind. Die Gefahr künstlicher Intelligenz ist jedoch nicht weit genug durchdacht, da die Killbots nur zu solchen werden, weil ein böser Blitz (?) einschlägt.
Die mörderischen Gimmicks, die sie daraufhin benutzen, sind nicht mal halb so gewitzt wie das Sprüchelager Wynorskis für seine nach Slasher-Regeln dezimierte Jugend-Truppe, die sich nach dem (visuell gut bestückten und doch unschuldig pubertär dargestellten) Beischlaf im nachtaktiven Einkaufszentrum gegen das Trio an Metzelmechs behaupten muss. Jener Überlebenskampf nimmt sich derartig ernst, dass jeder zuvor etablierte Spaß im Keim erstickt und dank gemäßigten Budgets ohnehin teils unbeholfene Action aufbietet. Für mehr Energie hätte sich das Drehbuch aber bereits jenseits der Ausgangslage anstrengen müssen, vielleicht clevere Eskalationen ausdenken oder Rat bei Bartel und Woronov einholen können. Es ist schließlich kein ineffektives Unding, gepflegt beobachteten Society-Witz ins Genre-Prozedere einzuarbeiten, wie z.B. "Chucky 2" oder andere Werke des Herrn Wynorski beweisen. Dieser Film hingegen lässt sein Potenzial stetig abbauen und weiß dabei am wenigsten mit seinen Charakteren anzufangen, obgleich im Finale zumindest eine stärkere Frau aus dem Ganzen hervorkommt - wenn auch nur als Nachhall Sarah Connors. Irgendwo insgesamt eine mittelschwere Enttäuschung und doch recht harmlose Genre-Kost mit zumindest einigen großartigen Momenten zum Durchkichern. Auf jeden Fall kein "Dawn of the Dead".
[...] Stellt [...] plump, aber nicht uninteressant Fragen über das wahre Ich, Schuld und Rache, Verhältnisse zwischen Opfern und Tätern, und wie sich die Gegenwart ein Abbild der Vergangenheit bildet. Nicht, dass Egoyan diese Aspekte subtil oder einprägsam auflösen könnte – doch er nimmt seine Inszenierung zumindest so einfach, wie es das Drehbuch von Benjamin August hergibt. Damit ist auch eine stets künstliche Aufregung verbunden, die der innewohnenden Taktlosigkeit des Ganzen hilft und dessen Trivialität herausstellt. Aber das ist immer noch besser als ein trockener Teufelsknochen oder die umständlich zerwürfelte Eintönigkeit einer spurlos Verschwundenen, die Egoyan zuvor versuchte. [...]
Im Nachhinein ist es schon einigermaßen schade, wie gewöhnlich nach Genre-Maß die Auflösung des hier Stattfindenden vollzogen wird. Sofort ist man geneigt, die Erfahrung runterzuwerten und bereits das zuvor bemühte Gerichtsdrama als Anlass zu nehmen, dem Film Langeweile zu attestieren. "Die dunkle Gabe" kommt gewiss auf triviale Pfade, wenn es um seine Abwicklung geht - Stärken hat Sam Raimis Film aber insofern noch genug, dass man gerne von Anfang an dabei ist. Mal ab von den effektiven Schocks, die er mit respektvollen Abständen setzen kann - ehe er zum Finale hin ein Stück zu eintrichternd zurande geht -, überzeugt die geerdete Herangehensweise an Handlung und Figurenspektrum, welche aus dem Funktionellen aufrichtigen Charakter schlägt. Der Aufbau dessen lässt sich entsprechend Zeit und gibt sich nicht gerade mit einsilbigen Definitionen zufrieden. Die Ambivalenz aller kommt am Ehesten aus der Suche nach Hilfe, Verständnis und Freundschaft zusammen - ein Kompass fürs Innere sowie für die Zukunft wird erfordert, solange die Umwelt um Hellseherin Annie (Cate Blanchett) mit Einschüchterung, Gewalt, Missbrauch und Untreue konfrontiert wird, aber aus Angst versteckt.
Annie nimmt anhand ihrer Visionen intensiver Teil an jener Angst, als ihr wirklich lieb ist - sie spricht sie wenigstens aus, allerdings auch in durchweg empathischer Bescheidenheit. Raimi sowie Drehbuchautoren Billy Bob Thornton und Tom Epperson liegt es ebenso nicht daran, den Stellenwert hellseherischer Medien in esoterischer Prätension zu überakzentuieren oder spekulativ zu trivialisieren. Stattdessen ist ihre Protagonistin hauptsächlich ein Mensch mit Privatleben - angreifbar in Lasten, Balanceakten zwischen Familie, Verantwortung und natürlich auch der Angst. Sie ist beruflich zwischen den Welten, versorgt alleinerziehend und haust leicht unter Mittelstand. Nun kann man vermuten, dass der Film damit Schwächen weiblicher Selbstständigkeit suggerieren könnte - im Gegenzug jedoch ist insbesondere das männliche Charakterspektrum eins voller Zweifel, Hass und Unverständnis (gegenüber sich selbst). Gerade der netteste kann seine eigene Haut abstreifen sehen, Tiefen heraufbefördern, sich an der Schuld seiner selbst oder anderer erwürgen sowie in seiner Aussage der Wahrheit ein Scheusal offenbaren.
Aber egal welches Geschlecht ins Auge gefasst wird: Annie versucht die gewünschte Dienstleistung, kann sich gleichsam selbst verteidigen, muss andererseits aber auch schweren Herzens anderen entsagen, wenn es ihrer Verfassung geschuldet selbst zuviel wird. Jene Charakterdimensionen rufen sich gerne öfters, aber nicht forciert ins Bewusstsein der Filmerfahrung. Allmählich steigern sich aber auch austauschbare, gar reißerische Elemente, sobald die Fundierung an einen Whodunit-Fall gekoppelt wird, der mit dem Ratefimmel des Zuschauers rechnet, obwohl die Optionen keine allzu außergewöhnliche Lösung versprechen. Mag den meisten Zuschauern egal sein, im Überangebot an ähnlichem Prozedere muss man aber schon mehr als einmal ein Auge zudrücken, obwohl Raimi noch angemessen vor einer Konklusion steht, die beinahe ins Hanebüchene fällt. Der vielversprechenden Konstruktion des Narrativs nach ist das schon enttäuschend, aber auch nur, weil dieser vorher in aller Ruhe mitreißen konnte - wohl auch, weil er seinen Schockfaktor beileibe nicht überstrapaziert und in seiner Atmosphäre auch nicht nur eine Richtung kennt, solange Charaktere diese bestimmen.
[...] Der allmählich umschlingende Schock in Sauls tödlicher Reise kommt daher aus der Vermittlung der Situation an sich, in die Nemes mitten hineinspringt und wo historische Rahmenbedingungen nicht noch ein Urteil vorbereiten müssen. Die Angst und der Tod sind auch so ständige Begleiter, das Unrecht derer lässt sich in diesen Umständen nur durch Selbstdegradierung aufhalten. Diese filmische Macht zieht trotz bekannter Thematik in vollen Zügen hinunter zum Verständnis am Rande der Existenz, auf dem man unversehens ausrutschen kann, je mehr man sich um Ehrlichkeit bemüht. Die Zügelung des Eigensinns jenseits der maschinellen Funktion lässt Geheimnisse umso schwerer wiegen, sogar zum Verhängnis anderer werden und kann sich von vornherein keine Hoffnung mehr ausmalen. Sichtiger ist dann doch der aufopferungsvolle Ausbruch des Individuums aus seiner Anonymität, solange sich dadurch ein letzter Funken Gnade im Albtraum bewahren lässt [...]
[...] Die Unschuld in Gefahr, gewürgt von der Dunkelheit eines neuen Bewusstseins, das sich unbarmherzig an die letzte verbliebene Idylle anschleicht. Weil die Kunst daran allerdings aus keiner inszenatorischen Aufdringlichkeit, sondern aus den Charakteren heraus geschieht, steht der persönliche Zugang untereinander stets an vorderster Stelle der Filmerfahrung – eben wie Kati Gedanken und Eindrücke reflektiert, sich seelisch ab- und ankoppelt, die Zeit zusammen schätzt sowie Schönheit und Ermattung erfährt. Die filmische Balance zu halten, dem Sujet gerecht zu werden und bahnbrechendes Kino zu erschaffen, gelingt hier aus dem Herzen heraus, weil die Vermittlung eines Zustands ganz persönlicher Natur in aller Formvollendung und Geborgenheit geschieht. Die Sprache ist eigen und vertraut zugleich [...]
Weil alle so heiß darauf brennen, diesen Film einzulutschen: Hütet Euch, Freunde, er ist leider nicht so saftvoll, wie er von außen hin anturnt. Größtenteils schafft Regisseur Cirio H. Santiago nur wenig, das sich jenseits der Standard-Klopperei eine goldene Mark verdienen würde. Obwohl der Aspekt einer weiblichen Martial-Arts-Heldin im Philippinen-B-Movie-Wust sicherlich Leistung in den Leisten offener Filmfreunde ankurbeln müsste, wird man stattdessen nur schlaff abgepumpt. Man mag es mir verzeihen, doch die einzigen Szenen, die im austauschbaren Prozedere noch Interesse anlecken, sind leider ausgerechnet die sexistischsten, wie auch immer sich das derartig verballern ließ. Ob Susanne (Jillian Kesner) nun des Nächtens völlig unprovoziert von zwei Räuden angesprungen wird, die auf ihrer Schussgier Wachmänner absicheln und ihr dabei im Faustkampf alle Kleider vom Leib reißen oder ob unsere Frau Carter beim Neonliebesspiel mit den Klappmessern ihres Schnurrbart-Chucks (Darby Hinton) ausgepackt wird: Die primitiven Triebe verleiten noch zu den verrücktesten Momenten im ansonsten ereignislos abgespulten Action-Erbseneintopf, der sich nicht mal seine eigene Titelmelodie leisten kann und deshalb jene vom "Henker des Shogun" ausleiht. Insgesamt höchstens etwas für solche, welche diese Art von Kino noch nie in die Glubscher transferiert bekamen und in dem Fall besonders mit der Schlusspointe liebäugeln werden, aber ohne Lachs: Wer bis hierhin vordringt, ist schon längst strafferes gewohnt.
[...] In diesem Fall wäre mehr Biss im Humor erforderlich gewesen. So allerdings folgt ein schleppender Mittelteil, der mit halb garem Ernst und plumpen Gags Empathie und Hintergrundgeschichten aufrollt, obwohl die eigentliche Filmerfahrung auf sich warten lässt. Ganz im Geiste der „Gremlins“ kommen sie dann nämlich gemein vom Dachboden, durch den Kamin und aus dem Schnee ins Haus hinein, jene grausig zum Leben erweckten Symbole der Geschenk- und X-Mas-Kultur, die in miniaturenhafter oder gigantischer Ausführung die Familie in Schach halten. Ekel, Aberglaube, Überraschung und Schlagkraft geben sich die Klinke im Angesicht der eisigen Kinderfresser – und umso wilder wütet das keck kichernde oder auch brüllende Creature Design. Allesamt sind sie deftige Schöpfungen und Umkehrungen einer Festtagstradition, die in diesem Rahmen kaum als solche geschätzt wird, aber umso hartnäckiger kontert. [...]
[...] Wahllos eingeworfene, extreme Weitwinkel- und Nahaufnahmen des Geschehens verstärken den Eindruck zum Reißerischen. Chris Hemsworth macht dabei seiner Statur entsprechend eine markige Machofigur, von der man in jedem Moment erwartet, sie würde eine Kartoffel mit der bloßen Hand zerquetschen. [...] Ungefähr ab der zweiten Hälfte folgt aber ein Bruch in der Dramaturgie: Seine Heroen stranden und führen einen Überlebenskampf im Trockenen auf, der einen Herzschmerz verlangt, den wir auf dem überbordenden Spielplatz des Abenteuers bislang nicht kennengelernt haben. [...] Für Gefühlsnähe ist es ohnehin zu spät [...] was auch daran liegt, dass Stil und Geschichte vollkommen verschiedene Ansätze erfordern. Wenn sich der Film seinem Hang zum 3-D-Actionabenteuer vollständig hingegeben hätte, könnte er vielleicht als einfacher Reißer absahnen. Basierend darauf kauft man ihm sein nachgeholtes Charakterdrama allerdings nicht ab. [...]
[...] Verlässt sich auf eine Coverage, die auch dann nichts aus ihrem Ambiente machen kann, wenn zig Perspektiven die Ereignislosigkeit einfangen und weiterhin nicht wissen, warum sie jene überhaupt noch zeigen müssen. Was dabei am ehesten heraussticht, ist die Theatralik, mit der man sich untereinander begegnet – wohl aber keine, die das Drama dermaßen überspitzt, dass womöglich noch Leidenschaft oder Spaß zu verspüren wäre. [...] Stattdessen beläuft sich Jolie Pitt auf eine äußerst brave, aber stumpfe Psychologie, die in ihrer übererklärenden Aussprache Reife oder Subtilität vermissen lässt. [...] Man ist also Zeuge einer öffentlichen Ehetherapie, deren Inhalt einem erwachsenen Publikum verlogen simplifiziert erscheinen wird und nach einer Selbstbestätigung sucht, die sich filmischem Taktgefühl vollkommen entschließt, es aber für sich behauptet. [...]
Auf filmischem Wege ist es immer ein Wagnis, in die Gedankenwelt eines Mörders hinein zu steigen, dessen Motivation erläutern zu wollen und gleichsam eine moralische Stellung einzunehmen. Dem Menschen dabei gerecht zu werden, bleibt im Regelfall auf der Strecke, da dieser meistens als Antagonist zwangsläufig die Abgründe der Gesellschaft repräsentieren muss. Selbst wenn nach psychologischen Ursprüngen gesucht wird, bleibt die Komplexität daran außen vor, wird simplifiziert oder unweigerlich spekuliert. In erster Linie liegt das am Anspruch des jeweiligen Films, wie er ein Feindbild daraus bildet oder eher angemessen recherchiert - die absolute Wahrheit wird das Medium an sich aber natürlich nie abbilden können. Ob es Regisseur Gerald Kargl mit „Angst“ gelungen ist, diesen Umständen mit Wahrhaftigkeit entgegenzukommen, mag man daher auch nicht sicher beantworten können, da sein Versuch gewiss schlicht nicht objektiv verfahren kann, die Perspektive daran aber weder glorifiziert noch verharmlost. Er entwirft stattdessen ein Portrait, das Abscheu und Mitleid balanciert, während sich der Mörder (Erwin Leder) nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis beinahe triebhaft dazu verleitet, weiter zu morden, zu peinigen und zu terrorisieren, obgleich seine eigene Verfassung stetig desolatere Zustände annimmt.
Die persönliche Näherung an den Zuschauer passiert dabei hauptsächlich per Voice-over, an dem der Mörder seine Vergangenheit und geistige Gegenwart aufzeichnet. Vieles daran wurde Geständnissen wahrer Täter entlehnt, schafft aber natürlich nicht, alle Fragen zum Handeln, zum Irrationalen und Sadistischen zu beantworten. Alleine aber schon solch ein Zugang lässt in seiner Verletztlich- und Entsetzlichkeit eine Art Verständnis durchkommen - in diesem Fall insbesondere solches, welches die verzerrte Wechselwirkung von Angst zwischen Opfer und Täter betrifft. Die individuelle Darlegung parallelisiert Kargl sodann zeitweise mit Bildern gegenwärtiger Taten, insbesondere muss aber die audiovisuelle Gestaltung des Films hervorgehoben werden, welche die innere Brüchigkeit der Hauptfigur furchteinflößend und delirierend zugleich umsetzt. Die Kamera ruckelt, rotiert auch mit ihren Darstellern, erzeugt ein Schwindelgefühl in ruppiger Bewegung aus erhöhter Perspektive, von der man als Zuschauer meint, man könnte jeden Moment von ihr herunterfallen. Mit dieser Unsicherheit sieht man den Mörder ebenso ausgestattet und erlebt sein Fieber zeitweise entsprechend desorientierend, obwohl Kargl in seiner erzählerischen Geradlinigkeit natürlich keine Entlastung ins Suggestive zulassen wird.
Klaus Schulzes Musikuntermalung hingegen verstärkt den Druck der Gedanken zu einem kalten Rausch. Dieser lässt sich im kargen sowie von geißelnden Formen und Linien durchstreiftem Setting eines Familienhauses, welches der Mörder infiltriert, in aller Verlorenheit des Triebes ebenso intensiv spüren. Er ist allein mit seinen Fantasien, kann sie nicht kontrollieren, nur umsetzen - die Eindrücke dazu an Opfern, die in ihrer Überwältigung keine große Gegenwehr leisten können und im Angesicht des omnipräsentenVoice-overs beinahe schon wie Geister wirken, verstören effektiv, auch weil der Täter gleichsam Opfer seiner selbst ist, die Tat dennoch nicht entschuldigt werden kann und mit aller Brutalität erschüttert. Interessanterweise setzt Kargl aber zudem noch einen Dackel inmitten des Geschehens - wohl der objektivste Beobachter des Geschehens, der das Verbrechen am Menschen nicht erkennt, nur den Menschen im Verbrecher. Er bellt, aber er folgt ihm auch ohne Weiteres. Der Mörder findet gewiss keine symbolisch ausgesprochene Zuneigung zu dem Tier, er bildet sich aber auch kein Urteil darüber, wie es selbst auch kein moralisches Urteil zum Stellenwert des Menschen als Mörder bilden kann.
Lässt sich am Tier die Repräsentation der Unschuld erkennen oder dackeln wir als Zuschauer auch ein Stück weit mit, wenn wir beinahe in Echtzeit dem Morden beiwohnen und das Innenleben dieses Menschen erforschen, der im besten Fall doch so fern (und wiederum nicht) von uns ist? Für eine Gesamtauflösung endet der Film allerdings doch recht abrupt, lässt höchstens ein richterliches Gutachten ausstellen, obwohl Kargl erneut wie am Anfang den Blick auf eine Landschaft richtet, die das Detail zum Menschlichen in ihrer weltlichen Größe untergehen lässt. Der Überblick über allem lässt eben nicht alles Innenwohnende daran erfassen: Vor, während und nach der „Angst“ wird vieles im Raum noch stehen bleiben, sicherlich auch die Angst, welche nie vollkommen ausgeschlossen werden kann, selbst wenn man sie nachzuvollziehen versucht. Jenem Diskurs begegnet Kargl durchaus mit ermattender Gnadenlosigkeit - die Angst, ihre Ursachen und Folgen zu verschweigen, würde jedoch durchaus am Menschlichen und Alltäglichen vorbei arbeiten. Bei diesem noch heute beeindruckenden Film wird es eben durchaus persönlich, sollte man zu schätzen wissen.
https://youtu.be/SD0yW4KfJyo
Dreht für dieses Video ordentlich Heizungen und Boxen auf, denn es ist erneut der Monatserste und somit Zeit für CEREALITY's "The Movies in December 2015" - inzwischen das zwölfte Video dieses Jahr in jenem Rahmen, ich hoffe ihr hattet bis hierhin mit der monatlichen Verarbeitung des hiesigen Kinoprogramms euren audiovisuellen Spaß.
Ich weiß ehrlich gesagt noch nicht, ob ich die Reihe nächstes Jahr fortsetzen oder umgestalten werde - hängt auch ein bisschen von euch allen da draußen ab, aber in erster Linie mach ich diese Dinger natürlich für mich. Bis dahin erstmal viel Spaß mit der gegenwärtigen Show - genauere Empfehlungen zum Monat und weitere Infos gibt es wie seit jeher auf:
http://www.cereality.net/thema/filmempfehlungen-im-dezember-126182
[...] Es geht abwärts, Tag und Nacht, damit das Publikum (nicht) seinen Spaß hat. Alversons Film ist nicht gerade angenehm, drängelt aber auch nicht um Schockwerte oder tragische Lasten. Die Existenz ist in der dargestellten Gegend des Zerfalls in einer Hypnose gefangen und vom Gefühl verbannt – trostlos und gehässig zugleich. Die Laufzeit wandert gleichsam mit abgekoppelten Sequenzen durch Genes Limbus, lässt im Ton einige stumpfe Echos Showbizglanz nachhallen, während einen Schreie, Grillen, jaulende Kojoten und das erdrückende Nimmermehr umgeben. Im „Entertainment“ wird man keine Empathie und auch keine aufrichtigen Symbole finden – vielmehr folgt der Zusammenbruch mit aller Selbstverständlichkeit. Dass er trotzdem wehtut und nicht nur den Protagonisten verletzt, muss man wohl nicht extra erwähnen, wenn es weniger im Herzen schmerzt als im Magen. [...]
Für einen wahrhaftigen Filmabend braucht man in erster Linie gute Freunde - dann eine Spannweite an Filmen, die echte Qualitäten mit sich bringen oder zumindest so aus dem Rahmen fallen, dass kollektiver Spaß vorherrschen kann. So kann man schon gut 3-5 Streifen durchbrettern, aber mindestens eine Dose Energy Drink sollte man für zwischendurch bereithalten, am besten auch einen Gutschein für den örtlichen Lieferservice, um Pizza, Burger und andere Leckereien zu kaufen. Ab und an geht's dann auch zum ASIA QUICK um die Ecke, lecker gebratene Nudeln und Co., das fetzt! Im Idealfall bringt aber jeder auch bereits was mit, ob nun Süßigkeiten, Alkohol oder natürlich auch Filme. Meiner Erfahrung nach möchte man sowas dann jede Woche machen, also ebenso bedenken, dass der Geldbeutel gut gefüllt bleibt ;)
[...] Wer von der alteingesessenen Geschichte Heidis weiß, braucht keine Überraschungen im Verlauf erwarten. Aus den Augen der jüngsten Generation jedoch, oder als Einsteiger im Erwachsenalter, entwickelt sich eine ernsthaft ausgearbeitete Erzählung, die erdrücken und beglücken kann, ohne zu überfordern oder gänzlich zu verharmlosen. Letzteres ist in leichter Tendenz präsent, gegen Ende hin unter Umständen auch mit (Heimat-)Kitsch unterfüttert. Gsponer setzt seinem Film dort einer Überakzentuierung aus, die ihrer Zielgruppe zu wenig zutraut, obwohl sie sich längst in der Perspektive wiederfinden dürfte. Wenn er aber von diesem Kompromiss ablässt, glänzt „Heidi“ als einfühlsames Porträt, das einfach scheint, aber beileibe nicht einfach als Kinderkram zu unterminieren ist.
[...] Regisseur Afonso Poyart probiert also das standardisierte Prozedere der Serienkillerinvestigation, bei der ein sinnesbegabter Ermittler durch plakative Effekte und Videoclipmontagen zum Duell gegen einen ebenbürtigen Zukunftssichter gezwungen wird, der ihm immer einen Schritt voraus zu sein scheint – und damit ist nicht nur der Zuschauer gemeint! [...] Zudem bemüht der Film alles erklärendes Overacting [...] und erzählt langwierig über eine Vergangenheit, die ohne Taktgefühl von chaotischem Actionkonsens, bedeutungsschwangeren Zeitlupen und Tatortuntersuchungen abgelöst wird, als hätte sich Poyart ein Vorbild an David Ayers „Sabotage“ genommen. Nicht zu übersehen und zu überhören: Kirchenkreuze und Hans-Zimmer-Chöre, um einen nicht vorhandenen Drive zu behaupten, der für ambivalente Charaktere sorgen soll. [...]