Der Witte - Kommentare
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Stelvio Massi und Maurizio Merli können auch anders, möchte man in der Anfangsphase von „Die Zuhälterin“ meinen, die aus dem Schnauzbart tragenden Detektiv Wally (Merli) einen gewitzten Verbrechensbekämpfer in Latzhosen stilisiert, der sich lieber Fußball als Damen ohne Unterwäsche anschauen will (jedenfalls tut er so) und mit seiner Karre in ulkige Verfolgungsjagden gerät, die in der deutschen Kinofassung fehlten, um die Härte des Gesamteindrucks beizubehalten. Das M-Duo kommt im Verlauf aber unweigerlich zu seinen Wurzeln zurück, wobei das Intro schon als klare Ansage fungiert, so wie Merli dort in berauschender Zeitlupe ein Trio an Entführern im Alleingang nieder ballert. Fokus dieses Szenarios ist hier bereits der Schutz von Kindern, dem Themenkomplex wird sodann verstärkt nachgegangen. Vorerst dreht sich der Fall noch um die verschwundene Tochter des Wiener Millionärs Von Straben, Annaliese (Annarita Grapputo), die Wally wieder auffinden soll, um damit auch seine Miese machende Detektei wieder auf Vordermann zu bringen, wo er mit seinen Methoden doch schon längst als Kommissar ausgedient hat. Im Zusammenspiel mit seinem Assistenten leistet er sich so manch streitlustige Routine, Wortspiele und allgemein gelungene Witze, bei denen Merli mal den Sympathischen geben darf.
Alsbald führt ihn die Spur zu den Hare Krishna sowie der darin gehirngewaschenen Annaliese, die aber keineswegs an eine Rückkehr zu ihrem Vater denkt. Just im Moment ihrer Flucht wird sie jedoch von Gangstern aufgeschnappt, die mit Werner Pochath den gemeinsten aller Schurken der jungen europäischen Sleaze-Leinwand inne haben, aber nur binnen weniger Sequenzen herausholen. Sobald Wally nämlich nach Wien kommt, gedenkt Von Straben (Alexander Trojan), alleine mit den Bösen zu verhandeln und die Polizei zum Stillschweigen hin zu „honorieren“. Wally und sein Wiener Kollege Karl (Gastone Moschin) riechen zwar den Braten, doch in bester „Convoy Busters“-Tradition wird der Fall für einen anderen Zweig kaltgelegt, der sich Merlis Detektiv zufällig ergibt, als er einer Dame aus der Wiener Nachbarschaft zuhört, die nicht an den Unfalltod ihrer eigenen Tochter glaubt. Dafür vergessen er und der Film sogar die dringlichen Finanzen seiner Detektei, eigentlich sogar die humorvolle Ader der Charakterzeichnung, je ernster sich Wally ins Zeug legt, ein Netz an finsteren Gestalten und systematischem Kindermissbrauch aufzudecken.
Da dürfen Flirtereien mit Karls Assistentin nicht fehlen, zur Recherche auch gewiss nicht der Besuch von feschen Strip-Lokalen - und ja, da kommt schließlich Joan Collins als reiches Luder Brigitte ins Spiel, deren Hintergründe an dieser Stelle nicht weiter verraten werden (das hat der Verleihtitel schon erledigt). Der Spannungsbogen besitzt dabei eine respektable Kohärenz, selbst mit den Schauwerten wird sich entgegen der allgemeinen Genre-Haltung zurückgenommen, wenn auch Suggestion und Verknüpfungen einiger Unterweltmilieus wahrlich düstere Aussichten bereithalten. Jasmine Maimone, die in der jugendlich angelegten Figur der Renate handgreiflich wird, gibt insofern besonders schmierige Auskünfte und Mechanismen preis, aufgedeckt in Rückblenden, wie sie auch einem Massimo Dallamano angerechnet werden könnten. Ausschlaggebend für die richtige Menge an Ernst und Aufrichtigkeit zeigt sich dabei Stelvio Ciprianis überdurchschnittlicher Score, der in einer Sequenz sogar für eine der dringlichsten Momente im Schaffen Massis sorgt. Entgegen des geläufigen Image rennt sein Merli nämlich vor Gangstern weg, findet Zuflucht in einer Telefonzelle binnen eines U-Bahnhofes (inklusive „Atomkraft? Nein danke“-Sticker) und muss hoffen, nicht von Pochath und Konsorten entdeckt zu werden, was in der Licht- und Schnittdramaturgie zu einem Highlight simpler, gleichsam effektiver Spannung führt.
Leider lässt sich das nicht von jedem Krimi-Element des Films sagen, zumindest aber führt er die losen Enden seiner Fälle aber zu einem Ganzen zusammen, um daraus einige durchaus obskure wie brachiale Konsequenzen zu ziehen. Vielleicht lässt sich darin dann noch ein bisschen nachgeholter Humor vorfinden, bis dahin sowieso reichlich unvorhersehbare Pfade, die sich selbst erfahrenen Genre-Afficionados nicht auf Anhieb ergeben dürften. Was Konsistenz und Dynamik angeht, sind die Italiener mit ihren Polizeifilmen eh eigen und nicht selten gemein, was Weltbild und zwischenmenschlicher Umgang angeht. An diesem Beispiel erlebt man noch eine gemäßigte Variante von allem, anfangs zudem etwas leichtherzig, später mit Ansätzen der Betroffenheit im komplex verschnörkelten Geheimgesellschaftsbild untermalt. Eben nicht derartig von der Leine losgelassen, wie die wahren Selbstjustiz-Reißer von derselben Belegschaft - das muss ja nichts Schlechtes heißen.
Alles müsste gemessen an den gegebenen Faktoren hinhauen: Rutger Hauer als verschmitzter und gejagter Hero im Hessischen unterwegs, sogar begleitet von der herzallerliebsten Vera Tschechowa, die unter Regisseur Ralf Gregan tatsächlich einige Male blank zieht (ihre "Lust" darauf mal dahin gestellt), dazu ein kosmologisch verstrahlter Synth-Soundtrack, Ballhaus-Kamera und Räudenlocations vom Anfang bis zum Ende im stilechten 70er-Jahre-MAZ-Look. Wäre das Narrativ doch nur nicht derartig belanglos ausgewalzt und gleichzeitig streng nachverfolgt, sogar per Rückblenden ungelenk nacherzählt (!), dass man dort abdriftet, wo man sich eigentlich in die Atmosphäre lauer Roadtrip-Zweisamkeiten und in spukenden Ruinen abgehaltenen Abhängphasen hinein verlieren könnte. Aiaiai, mich müsste sowas doch interessieren! Und manchmal ist es auch so, allen voran in der Chemie zwischen Rutger und Vera, die eigentlich unvereinbar (gewiss auch eintönig) scheint, jedoch um eine Verbundenheit im Vergangenen der Träume spekuliert und letztlich sogar einen Beischlaf herbeiführt, bei dem Rutger eher zum Schrei ansetzt, weil Sie sich an seinem eingeschossenen Schulterblatt reibt. Diese harten Zärtlichkeiten sind für wahr die Höhepunkte eines naiven Thrillers, der in etwa dem Tempo der Serie "Merkwürdige Geschichten" entspricht, mit den Gangstern Arthur und Stazi zeitweise noch mehr oder weniger erheiternde Eskapaden der Verfolgung und Ausspähung bereit hält, zudem für einen gesonderten Moment der Exploitation sorgt.
Ohnehin lässt sich einiges wunderbar knallrotes Kunstblut bewundern, ebenso raue Mengen an kernigen Sprüchen vom Durchschnittsgroschenroman im Kiosk um die Ecke, doch wie so viele Zutaten dieses Abenteuers herrscht gedämpfte Aufregung, die noch in ganzen drei Jumpcut-Montagen sowie einer beinahe Rolf-Olsen-verdächtigen Operation unterbrochen wird. Gregans Film gibt sich bescheiden und liefert Entspannung beim Versuch der Spannung, doch eine Teilnahmslosigkeit seiner selbst (bei Gregan abseits von Arbeiten mit Dieter Hallervorden leider kein Einzelfall) lässt nicht nur genuine Gefühle vermissen, sondern auch einen Ansporn jenseits der Oberfläche. An sich natürlich weiterhin ein legitimes Produkt seiner Ära und für den Genrefreund ein willkommenes Stelldichein unter dem Schatten eines Bösewichts vom Formate Horst Franks, wenn auch angesichts der Ressourcen überraschend spröde geraten und unausgegorenen im Ergründen eines Falls um Entführung, Sorgsamkeit und versteckter Millionen. Konzentration, Euphorie, Zynismus, Realismus, Sex & Crime, Rhythmus und Herz - zumindest in Portionen könnte man sich hier für jene Ansätze begeistern lassen, aber es gilt: Hansdampf in allen Gassen. Unbedingt dran bleiben für den Schlusspunkt auf dem Pfad zur Reflexion von Eskapismus, Realitätsverdrossenheit und/oder magischer Love Connection (es kann nämlich sein, dass sich Vera als gelangweilte Ex-Hausfrau eben nur einen langweiligen Traum ausdenken kann)!
1. Atemlos vor Angst (1977)
2. Das Ding aus einer anderen Welt (1982)
3. Die Fliege (1986)
4. Atemlos (1983)
5. Verblendung (2011)
6. Die Reise nach Tilsit (1939)
7. Mutters Maske (1988)
8. Die Körperfresser kommen (1978)
9. Maniac (2012)
10. Der Meineidbauer (1956)
Das Kino als Ort der Konfrontationen, mit Furcht als Verführer des eigenen Ichs agierend, man, wie herrlich brutal und bunt das ausarten kann! Wer schon „Im Augenblick der Angst“ vom Einfluss der Leinwand übernommen wurde, kriegt mit „Dèmoni“ ebenso einen Terror serviert, der einen im Sessel anspringt und aus Spaß das Sitzfleisch (sowie den Rest des Körpers) verschlingt. Lamberto Bava schließt sein Ensemble an, ich nenne sie mal „aufgestumpften“, Typen und Mädels schon von Vornherein in der Festung Berlin anno 1985 ein, da werden die übernatürlichen Mauern des Kinos die allzu selbstverständliche Zugabe. Nichtsdestotrotz ist der Ausbruch aus der Hölle anhand eines Mediums durchaus ein universelles Werkzeug Luzifers, von daher wirken die letztendlichen Fratzen der Besessenheit entsprechend altbacken und grotesk im Horror-Genre verankert, woraus sich der Film folgerichtig eine Gaudi erschafft, in der Blut und Schleim wie aus Geysiren suppt. Da braucht es nicht mal stark ausgeprägte Protagonisten, Studentenmaus Cheryl (Natasha Hovey) erhält im Intro aber schon die visuelle Charakterbildung anhand einer Verfolgung durch Visionen binnen einer hingenommenen Gefangenschaft im U-Bahnzugabteil. Das Böse darf sie und ihre Freundin sodann sogar zu weiterem Unheil einladen, wenn ein Gratis-Kinobesuch in Aussicht steht.
Die Jugend will hier eben leben und feiern, mit dem Ansatz packt Bava nicht nur die Zielgruppe, wo er doch sodann auch mehrere Fraktionen des allgemeinen Kinogängers repräsentiert oder sich nochmal ganz spezielle Figuren ausdenkt. Allen voran sei da Bobby Rhodes als Zuhälter Tony genannt, der nicht nur die markigsten Sprüche besitzt („Wir müssen diesem üblen Horror ein Ende machen“ - deklarativ wie jeder Dialog in „Dèmoni“), sondern auch am kompetentesten entscheiden kann, sobald die Katastrophe aufbricht, ehe er jedoch ebenso verspeist wird. Im Kontrast dazu sind die Teens schon vorher eine Einheit aus Unerfahrenheit, Draufgängertum und Anmachsprüchen im 80's Fell, naiv und frech zugleich ganz vorne am Parkett dabei und doch stets die Augen zuhaltend, wenn's mal zu blutig und gruselig wird. Die empathische Beobachtung zum Leichtsinn trifft sodann auf die Verkettung von Medium und Realität, als der dämonische Spuk parallel nach Blut dürstet und allesamt wild durch die Reihen tanzen sowie schreien lässt. Die Zerstörung des Projektors muss daherkommen, während man sich einen Film darüber anschaut - jene Metaebene leitet sogar ganz gewitzt die Pause in der italienischen Originalfassung ein, wo man doch umso gespannter die zweite Hälfte des Cine-Wahnsinns erleben möchte.
Die Hypnose der Bilder, sie reizt selbst in einem derartigen Splatterreigen zum Vergnügen. Als Beigabe gesellen sich sodann noch taffere Jugendgruppen dazu, eben Punks mit Koks in der Coke-Dose, die sich sehr stimmig mit den Hardrock-Nummern des Soundtracks ergänzen, Beleidigungen erster Güte untereinander austeilen und bei der Flucht vor den Bullenschweinen ebenso im Saal des Todes landen. Ganz gleich wer sich ihm in den Weg stellt, gibt es kein Pardon vom Grauen, das auch noch extrem verschärft mit leuchtenden Glubschern durch die Gegend rennt, als wäre es wieder Zeit für die „West Side Story“. Allmählich kristallisiert sich auch ein entsprechender Romeo-&-Julia-Hinweis raus, wenn Final Girl Cheryl mit dem blonden Hünen George (Urbano Barberini) zusammenkommt, während andere Paarungen nicht so glücklich ausfallen, sie hingegen sogar mit einem Motorrad Dämonen zersäbeln. Auch wenn da die schwierige Verantwortung vor verwandelten Freunden sowie deren unvermeidliche Zerstörung mit inbegriffen ist: Ist doch schön zu wissen, dass sich Leute eben im Kino finden können, selbst beim krassesten Eskapismus, den man an sich heranlassen wollen würde.
Um jene Punkte miteinander zu verknüpfen, fehlt es Lamberto Bava mitunter etwas an Tempo und Dringlichkeit, was er mit ausgezeichnet bunten wie kargen Texturen in Architektur, Nachtleben und Blutgekröse zu kaschieren versucht. Dem Ganzen geht in Hälfte Nummero Zwei deutlich die Luft (ebenso Charaktere und Sprüche) aus, doch es wäre falsch zu behaupten, er könnte zum Schluss nicht doch nochmal mit einigen abwegigen Einfällen überraschen - sei es jener des Helikopters oder der Aufbruch einer urbanen Apokalypse mit Twist-Effekt, wie eh und je so abenteuerlich und brachial unterwegs, dass die knapp 80 Minuten wie im Flug vergehen. Kino - dafür und darin werden Filme gemacht/zerfetzt.
Gräbt man tief in den Eingeweiden des italienischen Kriminalfilms vergangener Jahrzehnte herum, kommt man irgendwann auch an Mario Bianchis unglaublichem Œeuvre vorbei (siehe ebenso „Provinz ohne Gesetz“). Der Mann war zu dem Zeitpunkt schon in anderen beliebten Genres, u.a. mit seinem Räudenwestern „Sing mir das Lied der Rache“, unterwegs, hier jedoch im Reißertum von kernigen Killern und Bullen ging er besonders charismatisch auf. Das Charisma beläuft sich dabei wiederum auf Werte wie karge Kulissen mit dementsprechend drögen Landschaften, an zynischen Sprüchen keineswegs geizende Brutalo-Typen sowie Unmengen an Spekulationen zu noch so trivialen Sachverhalten. Beispielhaft dafür, budgettechnisch unterfordert mit der Härte des Zeitgeists zu punkten, lässt sich „Die Ungreifbaren“ sodann bedingungslos empfehlen. Anhand einer Story von Koautor Claudio Fragasso („Die Riffs III“, „Troll 2“) entspinnt sich entgegen der sonst so reaktionären Auffassung zu Gerechtigkeit sogar der Faktor politischer Korruption im Genre-Konstrukt, das in seiner Charakterzeichnung zudem durchweg die Erwartungen um Gut und Böse durchkreuzt, in der Handhabung aber vielleicht nicht ganz so effektiv ausfällt wie erhofft.
Man mag das Tempo des Films an sich ungern verändert sehen, genauso wenig die abenteuerlich spröde Kameraarbeit sowie das scharf an der Überzeugung vorbei spielende Darstellerspektrum, doch sie erschaffen stockende Eindrücke sowie dürftige Effekte für einen Film, der seinen Spaß stattdessen im Brachialton einer fiesen wie kostengünstigen Comic-Variante Italiens vorfindet. Gabriele Tinti gibt da als Tony Lo Bianco (!) schon frühzeitig Orientierungstöne an, als er eine Jungfrau aus seiner Wohnung abweist, da sie ihn für den Beischlaf als zu schroff empfindet. Bald gelangt er in die Organisation von Lucien Maurice (Pino Mauro), der jedem seiner Schergen misstraut und somit auch beim Neuen Tony mit allerlei Drohungen ankommt. Vertrauen ist hier aber auch stets ein delikates Unterfangen, da die Polizei (inklusive Richard Harrison) eben Tony als Maulwurf eingeschleust hat, um den Gangstern mit unkonventionellen Mitteln in die Suppe zu spucken. Die Entscheidung dazu wird eigentlich nachgeholt diskutiert, Bianchi und seine Autoren (neben Fragasso: Antonio Cucca) lassen natürlich nicht davon ab, sie im Detail darzulegen und dabei auf Topoi und Streitpunkte der Selbstjustiz zurückzugreifen, wie man sie nur aus dem Kino kennen dürfte. Das Prozedere bleibt innerhalb dieser ca. 90 Minuten nicht einmalig.
Ab und an gibt sich der Ethos des Ensembles zudem recht locker in seiner Auffassung alltäglicher Zwischenmenschlichkeit, durch die hiesige Videosynchronisation kommt sodann nochmal eine Extraladung ulkiger Deftigkeit hinzu, die sich mit der Mittellosigkeit des Ganzen galant über die Hälfte der Laufzeit strecken kann, ehe die ersten echten Action-Szenen starten. Davor geschehen allerdings noch die interessanteren Umstrukturierungen, wenn unter anderem Gangsterboss Maurice aufgrund seiner Leibesschwäche zum Freund vom ihm helfenden Tony wird, wobei dieser ihn schließlich scheinbar genauso schätzt und dennoch insgeheim fürs Gesetz arbeitet. Gleichsam verguckt sich Tony in die Maurice-Tochter Paulette (Paola Senatore), gebraucht im Umgang mit ihr aber weiterhin Macho-Sprüche sowie Beleidigungen der taktlosesten Sorte, wobei er mit ihr letztendlich die Gerechtigkeit im System falscher Masken zu finden versucht. Zu guter Letzt gibt es dann noch Tonys „Schatten“, der von der Polizei als Unterstützung angesetzt wird und so ziemlich als einziger ein (im Verlauf bewusst irritierendes) musikalisches Thema erhält, Monti, genannt „Der Panther“ (Tommaso Palladino). Daran meint man einen anstehenden Buddy-Cop-Film zu erkennen, doch obwohl die Zankereien der Beiden komische Früchte tragen, verfaulen diese bald im Angesicht finsterer Hintergründe.
Die Doppelung der Persönlichkeiten macht sich recht oft bemerkbar, sogar verbunden mit freiwilligem Prügelbezug vonseiten Tonys. Das fällt alles ungelenker aus als man es von einem professionellen Film der Ära gewohnt ist, die Sequenzen dazu ziehen jedoch einen angenehmen Bann aus Sleaze, Eigenart, Groschenroman-Dialog und Schnellschussmentalität auf, der seine brutalen wie emotionalen Spitzen beinahe schon im kindlichen Sinne inklusive Knalleffekt vorführt. Ganz bezeichnend sei dafür sodann die Entwicklung von Papa Maurice genannt, die in der Geißelung durch spinale Frakturen Spalten im Realitätsverständnis aufbricht, dass es als psychotronische (und doch ganz natürlich wahrgenommene) Überraschung für die Leinwand geradezu Vorbildcharakter haben könnte. Gleiches gilt für die im Verlauf stetig ansteigende Anzahl an weit hergeholten Unglaublichkeiten, doch Bianchi lässt die Handbremse angezogen, anstatt mit entsprechendem Elan durchzuziehen, solange er eben den taffen Poliziottesco heraushängen lassen muss. Zumindest kommen innerhalb der Tristheit einige tolle Pointen des Zynismus ans Tageslicht, die sich sogar mit einer unterkühlten Selbstverständlichkeit von Romantik anschleichen, ehe sie Blei, Schnurrbärte und Whiskey zum Friedhof auffahren lassen. Das Herz der Naivität steckt hier eben im Genre-Exkurs, da ist es dann auch nicht allzu schlimm, wenn es durchweg im Mantel des Nihilismus posiert, den es sich am Grabbeltisch eingesammelt hat.
Dem Thema begegnet man in der Weltgeschichte wohl häufiger, nicht ohne Grund oder Effekt: Kriegsflüchtlinge. Ingrid Bergman verkörpert hier für Roberto Rossellini sodann eine unfreiwillig Umherreisende nach Ende des zweiten Weltkrieges, Karin, welcher anhand bürokratischer Umstände nicht die Chance geboten werden kann, zu ihren Ursprüngen oder Wünschen eines eigenständigen Lebens zurückzukehren. Daher muss sich die Kämpferin aus Zwang mit Notlösungen zufriedengeben, in aktueller Lage bedeutet dies: Liebe durch den Stacheldraht, sprich die Hochzeit mit dem italienischen Soldaten und Fischer Antonio (Mario Vitale). Die Rückführung in die Zivilisation birgt jedoch nicht die optimalsten Verhältnisse, so wie er sie auf eine verschlafene Insel mitbringt, die zudem stets den Ausbruch eines Vulkans befürchten muss. Karins Odyssee wird kein Ende nehmen, bei der Niederträchtigkeit einer heimatlichen Mittellosigkeit steht ihr deutlich die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben. Rossellinis daran entspinnendes Melodram hat mit einer Verfolgung ihrer Unruhe durch die Kamera schon früh ein empathisches Ass im Ärmel, die musikalische Begleitung von Bruder Renzo schaufelt ebenso die Schicksalspein auf. Jene Faktoren werden im Verlauf nämlich ausschlaggebend für ein ambivalentes Beziehungsbild, das im Zusammenwirken zwischen Karin und ihrer neuen Heimat Konflikte heraufbeschwört.
So macht sie ihrem Antonio impulsive Vorwürfe, spricht ihre Unzufriedenheit offen aus und gestaltet seinen Haushalt nach eigenem Willen um, was im konservativen Blickwinkel der Ära gewiss keine Selbstverständlichkeit binnen der Pflichten einer Ehe darstellte, womit sich auch die zahlreichen Skandale um den Film zu seiner Zeit erklären lassen. Ohnehin schafft es Karin auch trotz aller Bemühungen nicht, sich anzupassen, „bescheiden zu bleiben“. Angesichts Antonios naiv liebevollem Gestus mag man ihr da einen Anstrich von Undankbarkeit anerkennen, im Gegenzug ist ihr das Klima teilweise vollkommen grundlos böse gesonnen, was die Spannungen der Lager gewiss ergänzen lässt. Die Frauen im Dorf, selbst Kinder, verweigern ihr das Gespräch, als „Fremde“ passt sie offenbar schlicht nicht hinein und selbst Antonio muss ihrer bloßen Anwesenheit geschuldet unter dem Druck der Gemeinschaft leiden sowie weniger verdienen, was ihn aber nicht von seiner Liebe abbringen kann. Es gibt für sie eben auch nicht nur Feinde auf der Insel, allen voran der einheimische Priester (Renzo Cesana) probiert die Motivation zur Hoffnung und zum Verständnis, doch obgleich das Geistliche hier stille Güte ausstrahlt, weiß Karin um den geringen Einfluss Gottes, wenn dessen Kreaturen sich in ihren Vorurteilen scheinbar verschworen haben.
Der Kochkessel des Eilands ist eben auch Teil der Erde und da lässt Rossellini ein breites Spektrum der Menschheit im Gleichnis repräsentieren, wobei er kritische wie objektive Reflexionen zum Handeln Karins aufstellt. Für die Frau wird es nämlich nicht besser, einer kathartischen Einsicht à la Leinwandtauglichkeit kommt sie ebenso nicht nahe, im Gegenteil: Auf der Suche nach einem Ausweg ins Individuum wird das Ehegelübde nur zur weiteren Hürde, welche sie folgerichtig stärker zu umgehen versucht. Gleichsam bleiben ihre Versuche in die Eingliederung nicht ungesehen, wobei diese einer ländlichen Rohheit ausgesetzt werden, mit der eben nicht jeder zurechtkommt. Es wird immer irgendwo schmerzen, ob nun das niedliche Frettchen ebenso süße Karnickel am Nacken packt oder die glückliche Gunst der Fischerei massiv sterbendes Fleisch ins Boot schleppt: Die Wunder der Natur sind aufregend und grausam zugleich, dementsprechend betrachtet Rossellini seine Eruptionen zu Wasser und zu Lande, wenn der Vulkan Magma und Rauch freilegt, so, dass für Karins Wesen nimmer Frieden herrschen kann. Der Bund durch eine Schwangerschaft verschärft die Lage umso mehr, der Diskurs wird immer unausweichlicher, gleichsam strenger abgewürgt.
Karin wird harsch und die Natur bietet ihr Paroli in der versuchten Flucht, wie viel Barmherzigkeit kann da noch überleben? Rossellini befindet sich ebenso im Zwiespalt, wie er seinem Neorealismus in solcher Krise antworten kann und will, wenn er sich denn solch einer Pflicht in der Funktion als Regisseur bewusst sein möchte. Sein polarisierendes Werk wird symptomatisch davon gezeichnet, inwiefern man Karins Blessuren nachempfindet oder schlicht im Frust erlebt, wie viel Einfluss die Parteien aufeinander im Guten wie im Schlechten ausüben, wann der Zwang der Anpassung und wann die Zusammenkunft zum Gemeinschaftssinn anfangen. Bei den Fragen verliert man schließlich den Kopf, wenn die Urgewalten über einen einstürzen und der Qualm die Zukunft verbirgt. Sind wir ihm jemals entkommen?
Okkultes vom Mario Siciliano, das kann nur eine heiße Sache ergeben, wenn sie auch beileibe nicht so ideologisch aufgeladen ist wie manch Action-Vehikel seines Gesamtwerks. Das Ungehobelte an der Exploitation holt er hier jedoch gewiss erneut ans Licht und bietet dafür Charaktere auf, wie sie im Kabinett eines 70's Comics italienischer Taktlosigkeit keine allzu schlechte Figur machen würden. Nach einer nächtlichen Exkursion in unbekannte Riten voll nackter wie schaurig schöner Eindrücke wird Hauptprotagonist Peter Crane (Jorge Rivero) hier ungemütlich aus dem Schlaf gerissen. Wo manch unbescholtenes Blatt der Zuschauersympathie normalerweise im einsamen Kämmerlein aufwachen würde, findet sich Peter als markiger Playboy zwischen einem Haufen an Betthäschen wieder, den er mit anderen Mitgliedern des Hedonismus des Nächtens in die Lust des Reichtums eingeweiht hatte. Soviel Übermut macht offenbar der Macht der Gewohnheit wegen jedoch keine große Sache draus und kommt auch ohne den Kater von Robbie Williams „Come Undone“ unter die Dusche, wohingegen eher die Visionen des Satanischen fortan den Tagesablauf Peters heimsuchen. Während das Muskelpaket also versucht, die Dates seiner zahlreichen Liebschaften abzuchecken, wird ihm auf mehreren Pfaden bewusst, dass andere seinen Albtraum teilen und dabei die Schuld vom Schatten der Vergangenheit empfinden.
So greift Peter also bei der ersten Gelegenheit eine Witwe ab, von deren Ex-Gatten er behauptet, dass dieser angesichts der Schönheit der Madame einfach nur dumm sein müsste gestorben zu sein, was alsbald zum Stelldichein auf Tuchfühlung führt. Siciliano ist eben nicht darum verlegen, die freie Liebe der Ära als Schleier für bekloppt sexistische Naivitäten zu nutzen und im Gegenzug einen moralischen Unterton im Wirbelwind der Schauwerte zu „begründen“, um der Zensur entgegenzukommen. Ein Spuk sucht Peter nämlich heim, der ihn im Rausch des Übernatürlichen als Mörderbestie gefangen nimmt und binnen einer Handvoll Szenarien Rache an Vertretern des gehobenen Sleaze übt, die einst adelig ihre Hände schmutzig machten. Klingt deftig, besitzt jedoch durchaus unbedarftere Qualitäten als man allgemein von Siciliano erwarten würde. So setzt er unter anderem als Kontrast zu Peter den Bullen Tenente (Anthony Steffen) auf den Fall an, der als verheirateter Kerl teils lächerlich spekulative Stichpunkte der Monogamie repräsentiert, dabei als Aktportrait verewigt wird und von seiner Frau sogar aus dem Nichts Tipps bekommt, inwiefern Metaphysisches eine Rolle in der Mordserie spielt.
Garstig kommt dann auch der Butler von Peter rüber, der, soviel sei verraten, falsche Spiele mit ihm treibt und ebenso ein Scheusal sonder gleichen offenbart - kleiner wie großer Mann wetzen hier die Messer, die Geister helfen da gerne à la Rube Goldberg nach. Freunde, Experten und Psychologen um Peter sind letzten Endes auch nicht das, was sie scheinen und zu guter Letzt geraten die Ausmaße des Unglaublichen zur amüsanten Schaubudenkiste, die aus reiner Impulsivität den Schrecken stilisiert. Blasse Geister, selbstständig aufspringende Möbelstücke, aufbrechende Böden, spinnende Aschenbecher: Der Kladderadatsch bewährt sich ausgelassen an der Handlung vorbei; so hämisch und kindisch gestaltet die Leinwand einnehmend, dass es selbst Tenente im Hörsturz erwischt. Keiner weiß sich wirklich damit zu helfen, also gesellt sich Siciliano inszenatorisch auch gerne zu den Hormonen seiner zahlreich versammelten Geschlechter, die Stelvio Cipriani rhythmisch anheizt, um Voyeurismus und Eroberungsfantasien innerhalb kollektiver Geilheit unter einen Hut zu bringen. Doch selbst die heißesten Burschen kommen irgendwann auf den Reiz der einen wahren Liebe und so schleicht sich Peter nach Kommissariat und Krankenhausaufenthalt immer öfter zur Herzensdame ärztlicher Fürsorge, Sarah Turner (Pilar Velázquez).
Nicht, dass sie ihrem Frieden glücklich erliegen werden, dafür sorgt erneut Sicilianos Ungeschicklichkeit im Aufbau eines Spannungsbogens, verbunden mit Langeweile sowie der Willkür von phantasmagorischen Effekten und Subplots (ambivalente Erinnerungen an die Frau Mama mit eingeschlossen), die einige wundersam wunderliche Kohärenzen zusammenfummelt und sie im Schlussakt sodann vollständig in den Shredder schmeißt. Das wahre Glück hingegen erhält derjenige unter der Zuschauerschaft, welcher dem bunten Treiben von Killern, sexy Typen und Damen, schwarzer Magie und europäischem Sonnenstich etwas abgewinnen kann und dafür auch auf Empathie jenseits pubertärer Vorstellungen sowie sonstige Selbstverständlichkeiten filmtechnischer Etikette pfeift. Für Sicilianos Verhältnisse scheint jedenfalls eine Unschuld durch, die er in seinen härteren Beispielen des Trivialkinos mit einer Weltverdrossenheit unterband, hier jedoch für spielerischen Genre-Irrsinn Sorge trägt.
Der Rolf (Antonio Marsina) hat es schon schwer, von daher wurde „Der Tag des Söldners“ im Original auch nach ihm benannt, so zentral sein Martyrium hier von Autorenfilmer Mario Siciliano aufgezeichnet wird. Fabio Frizzi stellt als Komponist durchweg eine ebenso wehmütige Ballade für den gepeinigten Helden bereit, nicht minder hoffnungsbefreit zeigt sich das um ihn entworfene Weltbild, anhand dessen dieser Actionfilm italienischer Küche und Härte arbeitet. Nach Jahren des unehrenhaften Söldnerlebens an der tunesischen Küste aufgeschwommen, bringt Rolfs gegenwärtiger Job als Fliegerkurier mühsame Plagereien mit sich, während die Polizei vor Ort ihn ohnehin auf den Kieker hat und für jede Schweinerei verdächtigt, anhand derer er ständig seine Fingerabdrücke per Kot abgeben darf. Sein einsamer Sonnenstrahl stellt Bardame Joana (Ketty Nichols) dar, mit welcher er zusammen Momente der Freiheit genießen kann, obgleich im Dialog stets die Vergangenheit beider aufgegriffen wird, welche, wie man sich vorstellen kann, recht dunkle Schatten wirft. Rolfs Schilderung zum Dasein seiner Mutter erhält von Siciliano dann auch eine rekreierende Szene, in welcher der kleine Rolf zusieht, wie sie von ihrem sadistischen Zuhälter eine Überdosis verpasst bekommt und daran stirbt. Sie liebte ihren Peiniger - und Liebe begegnet hier ohnehin mehrmals dem Sprengmeister.
Weitere Stationen des Vergangenem, wie etwa seine Einsätze in Afrika, melden sich bei Rolf sodann mit Ex-Kamerad John zurück, der in seiner ehrfurchteinflößenden Statur Rolf dazu überreden will, Drogen zu schmuggeln. Weil dieser aber gemessen an seinem Trauma mit der Mutter ablehnt (gegenüber John aber nie davon erzählt, was bei einem „Batman v Superman“ zur Deeskalation geführt hätte), kriegt er sodann die volle Härte der Überzeugungskraft zu spüren: Im Hinterhalt wird sein Körper dermaßen in Mitleidenschaft gezogen, dass er sich in quälend zähem Detail aufzuraffen versucht und dennoch im wilden Gras landet, wo er bis in die Nacht von Würmern angeknabbert wird. Sicilianos minimalistischer Kameraeinsatz zwingt den Zuschauer mit dreckiger Optik in den Bann der Schmerzen, anhand dessen Frizzis Synth-Sequenzen nur hart vorbeiknacken können, als wäre aus dem Jungen nichts mehr herauszuholen. Je enger sich im Verlauf auch die Schlinge um seinen Hals zieht, seine Wut gegenüber dem erneut aufkeimenden Hass die grausamsten Opfer hervorbringt, stellt Siciliano auch nur geringfügige Mengen an Katharsis in Aussicht, obgleich das Schicksal der Bösen, welche untereinander keine Ehre kennen, ebenso großflächig brutal erwirkt wird. Die gnadenlose Art Sicilianos kann ihr Mitleid dann auch meist nur in Stille oder in musikalischer Synthese zeigen, während die stoischen Mimen im Zwielicht endlos eingebrannter Einstellungen verharren.
An Übertreibungen mangelt es dabei nicht, der Hass setzt jedoch stets dermaßen deftig einen drauf, dass an keiner Stelle sowas wie Unterhaltungswerte oder gar Spaß aufkommen könnten - geschweige denn anhand einer Erzählweise, die ihre wenigen Szenarien aufs Maximum streckt, während Siciliano dabei im schäbigen Schein verlorener Menschlichkeit nur wenige visuelle Spitzen vorweisen will. Die Zutaten eines gängigen Rachethrillers sind durchaus der Antrieb, an dem er sich austauschbar orientiert, doch jene Verkettung an Gewalt, Folter, Jagd und Flucht könnte sich nicht weniger um den Zuschauer scheren, sie stapelt höchstens noch an Geschmacklosigkeiten auf, dass einen Ekel und Fassungslosigkeit packen. Rolf will einem da Leid tun, doch seine Desillusionierung birgt ebenso tief schürfende Misanthropie, die er selbst vor Freunden nicht abschalten kann und ihn kälter als Eis in der Tiefe seiner selbst verweilen lässt. Auch, wenn Rolf in seiner Essenz für die Gerechtigkeit einzustehen versucht: Mit solcher Verdrossenheit hat Siciliano binnen seines Gesamtwerks gewiss nicht gespart und so ist auch sein Schlussakkord nochmals ein Hort voll Zynismus und menschlicher Bestien, die im permanenten Extremfall Drogen verschlingen, Frauen missbrauchen und sich gegenseitig im Dickicht des Dschungel zerfleischen.
Wenn dann zum Schluss die Sonne aufgeht, kann sie nur trügen, wenn Rolf ihr mit zerschossenen Händen, verlorenen Freunden und Feinden sowie einer unausweichlichen Gefangenschaft entgegen blickt. Dieser Film schmerzt und stößt ab in seiner Endstation menschlicher Erfahrungen, ist in Sachen inszenatorischer Sorgfalt sowieso immens verbesserungsfähig, plump und widerlich seiner Drastik ausgesetzt - somit eigentlich auch derartig schmierig, dass er seine eskapistische Funktion als Gewaltfilm vollständig aus dem Innern heraus zersetzt. Auch eine Leistung und rückwirkend ohnehin reizvoll, inwiefern man das Schicksal der Charaktere und deren Umgang durch die Stimme des Autoren binnen eines solch grenzwertig exploitativen Films reflektiert. Die Erkennung der Absicht einer solchen Konsequenz kann aber schlussendlich nur vom Zuschauer abhängen, so offen sich „Der Tag des Söldners“ in die Schäbigkeit verliert, von daher sollte man hier nur ein zweifelhaftes sowie garantiert nicht unproblematisches Vergnügen erwarten.
Dort wo man fickt und kackt, lässt man es auch brennen. [...] So schön die Fantasie eines Wolfs im eigenen Heim auch erscheinen mag – Kraft, Fleischeslust und Lebendigkeit sind der pure Bombast des Primitiven für Anjas einst stillgelegte Welt, die aus jenem Biest die ultimative Selbstentdeckung schöpft. Anteile von Exploitation im Körperbewusstsein spielen da gerne mit, wenn es eine Einheit mit dem Gesamtbild Charakter fördernder Entkopplung ergibt, die das intensive Verständnis zur Natur als profund euphorisiert. Irre sein ist hier sexy und ohne heuchlerischen Pathos für eine Wilde aufgeschlossen, die Fell, Dreck, Blut und rohes Fleisch gegen den trostlosen Horizont aufbietet. [...] Das Bekenntnis zum Eigenen bringt Laune, Lust und Fieber [...]
In der Kunst der freien Adaption eines kontemporären Zeitgeist zu Unterhaltungszwecken gehörte die Cannon Group einst zur Meisterklasse. Einer ihrer stärksten Stürmer in der Hinsicht, Joel Silberg, war nach dem Überraschungserfolg von „Breakin'“ dann auch der ideale Mann, um den nächsten Trend aus afroamerikanischer Musik- und Lifestylekultur binnen des selben Jahres so einzufangen, dass ein wildes Märchen kollektiver Aktivitäten zustande kam. Urban angesiedelt, bedient er sich dabei bezeichnenderweise der Legende von Robin Hood, um John Rappin' Hood (Mario Van Peebles) sodann in seine Hood wiederkehren zu lassen. Jenes Ghetto ist eine Versammlung herzlicher Stereotypen, gleichsam gedenken fiese Bauspekulanten, das Viertel für den kapitalistischen Fortschritt einzureißen und in die Heimatlosigkeit hinein zu manipulieren. Jene Widersacher kommen im Verlauf drastisch und plakativ, also einem „Death Wish 3“ nicht unähnlich, auf den Plan - bei Hood ist nach seinem Knastaufenthalt aber Sense in Sachen Gewalt und Kriminalität. Seine Wut lässt er höchstens noch an Klobecken aus, die wahre Erfüllung findet er jedenfalls im Rap. Und der ist wie in einem Musical beinahe omnipräsent, im Freestyle durch den Alltag unterwegs, derartig nett und gewitzt, wie er seit N.W.A. nicht mehr sein wollte.
In dieser Ära jedoch vermag er wahre Wunder zu schaffen oder eben die Freundschaft zu akzentuieren, wobei Silbergs Selbstverständlichkeit zu jenem Stilmittel einige außerordentlich aus dem Abseits einfliegende Sequenzen zustande bringt. Ganz gleich, wo die beliebigste Szene anfängt: am Ende ist man völlig außer sich, welche Pfade sie eingeschlagen hat und wer da nicht bis zum Platzen mitlachen kann, ist selber schuld. Ein beinahe permanenter Beat hält Spannung, Kurzweil und Rapeinsatz sodann bei der Stange, die aberwitzige Verquickung dessen ergänzt sich sodann mit einem erheblichen Räudenfaktor durch Meisterraudi Duane (Charles Grant), welcher mit seiner Gang jedes „Fest“ der friedfertigen Community stets spruchreif verdirbt. Jedes Konfliktpotenzial kommt einem da mit Knalleffekt entgegen, ebenso wenn John Hood seinen kleinen Bruder auf den rechten Weg bringen will oder die Liebe mit Dixie (Tasia Valenza) wieder anheizen möchte. Diese Ambitionen führen ihn zum Hineinschnuppern in die Musikindustrie, aber noch oft genug auf die ihm immens wichtige Straße, um das Unrecht von oben gegen die Mitbewohner aufzuhalten.
Die Resultate naiver Selbstgerechtigkeit schaffen teilweise sogar den Sprung ins Slapstickhafte, der Bogen des Ganzen ballt sich jedoch vor allem mit variierenden Rap Acts zusammen, die im stilechten 80's Synth-&-Scratch-Sound ebenso rhythmische Montagen aus High-Energy und Story ergeben. Die dramaturgische Richtlinie ist dabei durchaus sogar noch minimalistischer ausgestattet als ein „Breakin'“, doch das Spektrum an Sozialdrama, Romantik, Battle, Beef, weißen Hoschis und weißen Schergen, sanften wie taffen Brüdern, geht mit Antrieb auf die schmerzfreien Barrikaden und darf sich zudem mit einer def'tigen Slang-Synchro brüsten. So schmierig der Realismus des Ambientes dabei auch eigentlich keinerlei Hoffnung zulassen dürfte, reißt der Ansporn neuer Inspiration hier letztendlich dennoch das Winterfell ein und sobald sich der Schlusspunkt entschieden aus der Enge der Realität abkoppelt (eine schöne Vorschau auf Silbergs „Lambada“), ist der Tag auch für den Zuschauer gerettet und die Reagan-Ära um ein Zeichen jugendlichen Eigensinns reicher. Eben nur echt bei Cannon erhältlich.
John Waters gelang mit diesem Coup ein respektabler Sprung Richtung Mainstream, wenn dieser auch erst mit „Hairspray“ wirklich komplettiert wurde. Hier schon jedoch zeichnet sich eine schön subversive Zweigstelle ab, die anhand wiedererkennbarer Muster des Melodrams die wilde Herzlichkeit im Geiste der „Pink Flamingos“ infusiert. Francine Fishpaw (Divine) erlebt dabei im Grunde eine wilde Amalgamation aus Bresson und Sirk binnen des knallbunten Baltimore, wenn das Kleinbürgerliche mit giftigem Sadismus auf die unschuldige Hausfrau eindrischt, wobei die fiesesten Früchte schon aus der Familie an sich heraus wachsen. Das verschrobene Dekor spendet da nur wenig Trost, gleichsam lockt Francines Nase sie ebenso oftmals vom Schleier des Suburbanen in den amoralischen Gestank. Kein Wunder aber, dass Waters diese Wechselwirkung mit offenen Armen empfängt und dem Zuschauer als gewitztes Gimmick voll sadomasochistischen Potenzials unter die Nase reibt: Odorama lautet das Motto seines Geruchskinos, welches, ähnlich dem Format eines William Castles, zur Zuschauerpartizipation einlädt und an entsprechenden Stellen fiese Gerüche zum Freirubbeln inne hat.
Als Zuschauer der Gegenwart hat man nur wenige Möglichkeiten, dieses Erlebnis von einst zu rekreieren, lediglich zur amerikanischen DVD-Ausgabe findet man exklusiv die entsprechende Karte des Gestankpanoramas vor, aber die lohnt sich allemal. Wo es unter mancher Nummer (die sodann auf dem Bildschirm an entsprechenden Stellen aufblinkt) noch nach neuem Auto und nettem Parfüm riecht, schnüffelt man alsbald auch an den ranzigen Tomaten und dem fettigem Käse einer Pizza-Karambolage, ehe ein Stinktier seine Aufwartung macht und zusammen mit dem Räudenduft eines Gasofens den Höhepunkt der Widerlichkeit abgibt. Beim Film selbst kommt man in der Hinsicht ebenso auf seine Kosten, so wie vor allem Francines Ehemann ihr voller Kaltschnäuzigkeit sowie Freveleien begegnet und sie im Verlauf auch durch erbarmungslose Demütigung in den Wahnsinn und Alkohol treibt. Daran nicht unbeteiligt, bringen sie ihre Kids ebenso an den Rand der Verzweiflung: Lu-Lu (Mary Garlington) rasselt schamlos durch jedes Fach durch und lässt sich vom Oberlumpen Bo-Bo schwängern, ehe sie sich voller garstiger Fröhlichkeit nach einer Abtreibung sehnt. Francines Sohn Dexter (Ken King) ist ebenso kein Musterbengel, zieht sich Drogen durch die Nase und tritt in seinem Horror-Fetisch wildfremden Frauen auf die Füße, wodurch er sodann landesweit von der Polizei gesucht wird.
Francine steht am Abgrund, lediglich Cuddles Kovinsky steht ihr zur Seite, prall und urig als sorgenlos naives Zentrum der Grundempathie unterwegs, wie sie eben nur von Edith Massey gespielt/verkörpert werden kann. Die Freundinnen helfen sich mit brachialen Konsequenzen aus, Waters' Regie macht dabei jeden erfahrenen Schock zum vergnügten Moment aus Hass und Häme, Intrige und Ekel, ohne seine Protagonisten der Lächerlichkeit preis zu geben - wie soll das auch gehen, wenn wirklich allesamt drübber wider der Gefälligkeit agieren? Überspitzung schließt eben Herzlichkeit nun mal nicht aus, selbst sobald Francine dem Mann ihrer Träume, Todd Tomorrow (Tab Hunter), verfällt und meint, dass es jetzt wieder aufwärts gehen dürfte. Wie so oft im Leben wird es aber erstens schlimmer und zweitens als man denkt, wie auch die Besserung der Kleinen mit brutaler Methodik im Konservativen erwirkt wird. Der Frieden ist hier ebenso lachhaft wie der Terror, letztendlich siegt dann auch das Mörderische aus der Unschuld heraus, wie es lustiger und ungelenker nicht eskalieren könnte. Eine dufte Duftnote vom Dirigenten deftigster Zeitgeistbeobachtung, wie eh und je direkt aus dem Herzen glücklich verdorbener Americana.
Bei Darsteller Maurizio Merli gibt es nimmer ein Pardon, so aufgedreht seine Figuren die Selbstjustiz innerhalb des Polizeiapparates ausüben und sich schon gar nicht um die Rechte von Zeugen, Verdächtigen und Tätern scheren. Regisseur und Koautor Stelvio Massi konzentriert diesen Hang des Poliziottescos hiermit in ein narrativ äußerst freies Konstrukt aus Korruption, Drogen- und Waffenschmuggel sowie bleihaltiger Ermittlung, bei dem sich Merlis Kommissar Olmi (!) von seiner besten Seite präsentieren darf: Ein wütender Schweinehund, der sich in durchweg bestätigter Brachialkompetenz durch zynische Sprüche, Verhöre sowie noch zynischere Gangster schlägt und ballert. Die simplistische Direktheit der Gewalt erinnert hier nicht von ungefähr ans Groschenromanformat, gleichsam bugsiert sich Regisseur Massi mit der Kamera ständig auf Merli und seinen Schnurrbart ein, die selbst in den entlegensten Spiegelflächen eine Perspektive des harten Durchgreifens repräsentieren. Als Privatmann erlebt man ihn daher eher selten, doch wenn es soweit ist, stellt er sich geradezu drollig im Alltagston dar, welcher dennoch wie abzusehen mit Flirteinlagen des weiblichen Geschlecht angefüllt ist. Machos in Paradise! Der Herr ist aber vorrangig mit seinem Job verheiratet, also ist auch der Film stets scharf darauf, jene Paarung zu euphorisieren, was zur Folge hat, dass Olmi mehrere Einsätze betreut, die mit dem anfänglichen Hauptfall mal sowas von rein gar nicht in Verbindung stehen.
Ohnehin entsteht ein Bruch zur zweiten Hälfte hin, in der nochmals ein anderer Fall an anderer Dienststelle begonnen wird, dessen Lösungen sich wie eh und je mit Ballermännern sowie genüsslich zusammengespinnten Aufklärungen ergeben. So sieht sein Job nun mal aus, gleichzeitig lässt man anhand jener Abwechslung auch davon ab, den Zuschauer mit ach so langweiligen Ermittlungsschranken zu begegnen. Stets heißt es dann im Endeffekt: „Sie hatten recht, Olmi“. Spannung kann sich daher nie wirklich entwickeln, stattdessen wird der Film zur Schaubühne für Olmis reaktionäre Ideologie, die in den richtigen Momenten wenigstens nicht zu asozial gegen die Kriminellen vorgeht und auch mal, mit einigen Konsequenzen verbunden, das Ziel verfehlt. Der Film zieht sich damit selbst vorsorglich aus der Schlinge, in seiner elliptischen Erzählung versperrt er sich ohnehin einer kohärenten Absicht - wenn er sich dessen auch nicht wirklich bewusst zu sein scheint. „Convoy Busters“ leistet sich so einige unfreiwillige Lachvorlagen, gleichsam wird die Figur Olmis auch in überspitzte Situationen männlicher Kernigkeit hinein konstruiert, dass sich jenes Schauspiel mit einer Distanz aus Unfassbarkeit und Lächerlichkeit äußerst unterhaltungsfördernd beobachten lässt. Wie Olmi dann auch dazu kommt, die aufreizende Lehrerin Anna (Olga Karlatos) klarzumachen, ist eine haarsträubende Angelegenheit für sich, ebenso ihre innigen Stunden zu zweit inklusive weltfremden Dialogen und einer Auflösung, die in ihrer Form schlicht kein gewöhnliches oder überhaupt funktionierendes Narrativ ergibt.
Sei es drum: Die Power des Primitiven lässt sich nicht komplett abstreiten, allen voran Stelvio Cipriani pumpt die Synths mit Nitro-Sequenzen auf, wenn Blut, Glas und Autos durch die Luft fliegen. Dazwischen spannt sich der Leerlauf immer in eine gewisse Erwartung zum nächsten Einsatz auf - Ballern als Ersatzsex -, dementsprechend wird per Exploitation auf die Kacke gehauen, wenn Olmi zum Schuss kommt. Im stilistischen Saft steht der Film aber durchaus etwas unbeholfen, wenn er kurz vor Schluss noch in ausgiebigstem Detail die Vertriebswege der Schmuggler nachzeichen muss, als hielte er sich für einen Melville. Im Gesamteindruck zum Belanglosen hin kann man nur richten: Was für ein Relikt, idiosynkratischer als die Polizei erlaubt. Von daher auch gar nicht mal uninteressant für Genrefreunde und so zurückgeblieben in einem Weltbild, welches sich zudem nicht mal wirklich rechtfertigen kann, dass es irgendwie zu Herzen rührt und zugleich frustriert, wenn man es sich denn mit vollem Ernst an die Brust nehmen will, obgleich der Film keine derartig dringliche Angriffsfläche bietet. Massi und Merli, hach, wie schmierig die Beiden nur Schmiere stehen können...
Der stärkste inszenatorische Griff, den sich Regisseur Robert Boris leistet, ist sein initiativer Charakter- und Prämissenaufbau per Zeitungsausschnitten im Intro. Er geht dabei von der Romantik eines jugendlichen Stalkers aus, der seinem Schwarm aus den USA ins vereinigte Königreich folgt, dem Beischlaf und der sonstigen konservativen Art der Eroberung wegen. Es wäre äußerst gruselig, wäre derjenige nicht Rob Lowe als mittelschichtiger Haudegen Nick, inklusive Sonnenbrille und College-Jacke, der sich in Las Vegas mit Minijobs verdient macht, zumindest aber ein Rudertalent sondergleichen vorweist. Auch bei der Damenwelt kommt das verschmitzt-naive Schlitzohr gut weg, doch bei vielerlei Optionen mag sein Herz ganz dem Hitzkopf entsprechend nur auf eine Karte setzen - und die nennt sich Lady Victoria (Amanda Pays). Energisch und rücksichtslos gemogelt schafft er es sodann auch in ihre Nähe nach Oxford, wo sich die Unterhaltungswerte vom Culture Clash binnen einer archetypischen Coming-of-Age-Geschichte der achtziger Jahre effektiv im Zuschauerinteresse einklinken. Nicks Nebenbuhler sind da ebenso eine Klasse für sich, eben unter anderem Julian Sands und Cary Elwes, womit sich die Konflikte der jeweiligen Seiten des Teichs auch im ideologischen Diskurs ansetzen.
Der lässt sich sodann allerdings eher im Wettbewerb austragen, ob nun um die Gunst der Herzen oder binnen elitärer Rudermannschaften. Mitten drin als Alternative dabei, erweist sich Ally Sheedy erneut als wahre Herzensdame mit kumpeligem Spleen, die unseren Ein-Bahn-Helden sowie gestandene Charakterfressen wie Bruce Payne sodann ordentlich zu kommandieren vermag. Ohnehin besitzen Synchro und zwischenmenschlicher Umgang die Qualitäten leichter Teen-Spritzigkeit, nur schleppt sich das Prozedere geradliniger voran als es das Intro verspricht. Nicks Anliegen und Bewährungen sind im Verlauf auch nicht mal so ausgeprägt, dass man sein Gelingen darin kaum erwarten kann, gleichsam denkt der Film auch selten daran, sein eingeschlagenes Ruder an Mustern herumzureißen - auch wenn manch Wandlung mehr oder weniger realistische Anstriche besitzt. Einige Sequenzen schaffen da durchaus die Empathie zur Begegnung von Demütigung und Demut sowie mentalen Mauern und Gewissensbissen im Angesicht einer noch formbaren Persönlichkeit. Letztendlich mangelt es dem „Oxford Blues“ aber an dringlicher Energie, zudem stellt er sich etwas doll brav an, um die Katharsis der Verantwortung zu vermitteln. Sympathisch, wenn auch bräsig, lässt er sich ordentlich weggucken, doch für die Reise nach Oxford empfiehlt sich durchaus ein Gruppenticket, um die Besichtigung etwas redseliger aufzulockern.
[...] Huntsman & Huntswoman lassen sich aber nicht unterkriegen, lieben sich in geheimen Dampfbädern, rauschen mit Pfeil und Bogen, Axt und Faust in den Eigensinn hinein. Wird auch langsam Zeit, so wie sich der Katalog an Referenzen über knapp zwei Stunden formt und seinen Hang zur Exposition nicht lassen kann. [...] Den Drive bestimmt ohnehin jemand anderes: der Huntsman. Sein verschmitztes Draufgängertum ist sich für keine Rauferei zu schade; Schroffheit, Humor und Sehnsucht vereinen sich in diesem Diener der Adventure-Kompetenz, selbst als der Film nochmals sieben Jahre weiter springt. [...] Deshalb entscheidet der Film sein Schicksal letztlich auch nicht auf dem Schlachtfeld, sondern im Thronsaal unter Liebenden und Schwestern, korrumpierter und wahrer Liebe, Ignoranz und Einsicht. Die Bezwingung der inneren wie äußeren Eismauern schließt es sodann imposant ab. [...]
Basierend auf dem Theaterstück von Maxwell Anderson, welches wiederum auf dem Roman von William March basiert, kommt die ultimative Verfilmung des Ganzen unter Mervyn LeRoy, „Böse Saat“, womöglich etwas didaktisch an, wenn mit bestechender Kohärenz die Psychologie von Mutter und Tochter unter einem Dach gezeichnet wird, sobald sich herausstellt, dass das Mädchen den mörderischen Soziopathen durchscheinen lässt. Das heißt, sie verschleiert ihr Wesen mit allzu perfidem Perfektionismus, der anderen nicht auffallen mag und ohnehin den Anstand schlechthin repräsentiert, doch als der Daddy vom Daddy's Girl aus zur Arbeit beordert wird, entfesselt sich ein Schauspiel aus Nerven, Schuld und Muttergefühlen vor den fassungslosen Augen des Matriarchats vor Ort, als allmählich klar wird, dass das Kind ohne jede Empathie in den Tag hinein lebt und keine Skrupel kennt. Gestandene Psychologen sehen nur die Unschuld (insbesondere durch Evelyn Varden gefördert, siehe auch „Die Nacht des Jägers“), doch die Zweifel türmen sich, während man als Zuschauer mehrere Emotionen am Prozedere durchmacht: Schock, Witz im Kontrast individueller Reflexionen, Kopfkino der finstersten Sorte, Suspense; allen voran Konflikte, anhand derer Verklärung mit den Opfern in Berührung kommt sowie der Schmerz im Mütterlichen geteilt wird. Nicht gerade erklärungsscheu versucht der Film dabei einige kriminologische Schritte zu etablieren, die entgegen des kontemporären Konsens über die Erfassung der Oberfläche, sprich der kulturellen Begebenheiten hinaus schauen und vom vererbten Genfehler aufs Übel stoßen.
Don't judge a book by it's cover, allgemein gesagt. Die Melodramatik der Offenbarung obliegt da einer strikten, aber einvernehmenden Konstruktion, welche in ihrer Ausweitung minimalistischer Szenarien das Verhängnis der Wissenden umso stärker vermittelt. Dieser Quer- und Einschnitt ins Herz mittelamerikanischer Naivität findet dann auch neben den „Blinden“ gleichsam gemeine Personen, doch selbst für diese geht das Mädchen zu weit. Das ergäbe beinahe bunten Camp, wenn denn die Leistungen des Ensembles nicht auf einem derartigen hohen Level mit Präsenz und Realismus glänzen würden. Patty McCormack als ausschlaggebende Rhoda ist in dem Sinne schon eine unfassbar giftige Wucht, die fix-niedlich Frau Mutter und andere Gönner manipuliert, gleichsam für Kleinigkeiten lügt und mordet. Doch das zentrale Highlight schlummert mitunter in Eileen Heckart als Hortense Daigle, welche als Verbliebene von Rhodas Opfer eine Existenz der Verzweiflung derartig schmerzhaft im Gewissen ankommen lässt, obgleich sie aus alkoholisierten Impulsen handelt. Ihre Pein wird im Dialog dann zwar reinforciert, ohnehin kommen die „Anzeichen“ der Dramaturgie teilweise mit vergnügter Eindeutigkeit durch, doch grundsätzlich ist LeRoys Inszenierung ein feinfühliges Martyrium einer Mutter, die zwischen den ethischen Verpflichtungen zu Tochter und Recht steht - getrieben von einer fast vergessenen Vergangenheit, die sie jetzt binnen der Bestätigung aller Vermutungen dort vorfinden muss, was ihr eigentlich am liebsten ist.
Die Lasten, späten sowie drastischen Konsequenzen, die Mama Christine (Nancy Kelly) davon nimmt, sobald es kein Entkommen mehr aus der Schuld gibt, sind letztendlich auch in einer bitteren Katharsis zusammengefasst, die im Ansatz zwar mit Genre-Reizen hantiert, die mehr oder weniger bewusste Schuld des Kindes jedoch äußerst effektiv als tieftraurige Herzensangelegenheit des Films herausstellt, ehe der Schlusspunkt wieder in einen pechschwarzen Humor einschlägt. Die Blitze des Schicksals sind hier märchenhaft und riskant zugleich, aber ihre brutalen Ansagen kommen in dem Fall auch nicht von ungefähr, sind selbst in höheren Kreisen durch Vorurteile, Selbstüberschätzung und Klassismus verwurzelt. Die „Böse Saat“ überwältigt da trotz ihres hohen Alters weiterhin, nicht nur weil sich die universelle Ursprünglichkeit vom Titel in den Narrativ ausschlägt oder von der Novelle zur Theaterbühne bis hin zum Status als Hollywoodproduktion adaptiert wurde. Sie schöpft ihre Frische nämlich auch aus einer qualitativen Perfektion, die nicht mal Rhoda emulieren könnte; die eben an Schauspiel, Inszenierung und Charakterbeobachtung so glaubwürdig im sowie abseits vom Zeitkolorit ankommt, dass die kontinuierliche Gewissheit des Wahns auch Jahrhunderte später bitterböse im Innersten zuschlagen dürfte.
Paul Verhoeven und Joe Eszterhas, was haben sich da zwei gefunden. Das psychologische Spiel mit eigentlich trivialen Oberflächen beherrschen beide ausgezeichnet, so wie sie Provokation in Genre-Topoi akzentuieren, die Gewalt und die Lust daran mit intensiver Analyse zur Verführung ausstellen und das Wechselverhältnis von Opfer und Täter zu einem Akt der Ekstase ballen - man bemerke in dem Sinne allein die Intro-Sequenz, stilecht mit Eispickel und Penis in abwechselnden Stößen. Die aus jener verbindlichen Autorenschaft geborene Einheit „Basic Instinct“ erzählt sodann auch die fruchtende Begegnung von Detektiv Nick Curran (Michael Douglas) und Krimi-Autorin Catherine Tramell (Sharon Stone). Zunächst glaubt man das Puzzle schnell zusammenfassen zu können, schließlich hat man als Zuschauer alles Mörderische beobachten dürfen und die gleichsam siegessicher in kollegialem Zynismus witzelnde Tatortuntersuchung vonseiten des Morddezernats sind gewiss Anzeichen, anhand derer uns Verhoeven und Eszterhas auf eine willkommene Spur voller knackiger Lösungen einladen wollen. Doch obwohl Kumpel Gus (George Dzundza) ebenso lachend zur Abgeklärtheit beiträgt, ist der Fall kein simples Unternehmen. Im Gegenteil: Die Top-Verdächtige Tramell mag als Femme Fatale herausstechen, doch ihre wasserdichte Kälte ist zu perfekt für ein Urteil, so wie sie auch ihr Gegenüber galant durchschauen kann. Gleichsam stilisiert das die Inszenierung anhand ihres Terrains, das die irdischen Grundelemente (insbesondere Wasser und Feuer) um sie herum vereint, sowie mithilfe des Scores von Jerry Goldsmith, der Catherines Thema als Markenzeichen der Kontrolle aufdreht.
Nick (der wohl unschuldigste Name für einen Cop) scheint es noch nicht zu wissen, dass er sich in sie verliebt bzw. wir als Zuschauer wissen noch nicht, warum sich da eine herrlich perverse Chemie stimmig ergibt. Im Verlauf von Verhör und Recherche herrscht nämlich beiderseits ein Vorwissen über den jeweils anderen, schon in etwa Vertrauen. Catherine entpuppt sich durchaus als Verführerin, spielt gerne mit Wahrheit und Fiktion, so wie sie Leben und Tod im Werk reflektiert, sodann sogar Nick zum Sujet auserwählt, an dem sich das Geschriebene wie bei seinen Vorgängern bewahrheiten lassen könnte. Nick ist aber nicht minder davon besessen, sie „festzunageln“, seine Vermutungen und Theorien bestätigen zu lassen, schlicht als Mann ein Statussymbol zu erobern. Anhand dessen erfahren wir als Zuschauer aber erst die Wahrheit über ihn, was er von seiner Persönlichkeit unter disziplinärem Zwang zurückhält, welche Ängste, Schuldgefühle und Leidenschaften ihn verfolgen. Der Trieb schlummert in ihm und womöglich möchte er diesen an Catherine zunächst exerzieren, ehe er jedoch schnell dem Reiz ihrer pointiert eingesetzten Präsenz verfällt, „den Fick des Jahrhunderts“ bei ihr zu erleben. Von solchen Ambitionen kann man nur verschlungen werden, es herrscht demnach ein wahrhaftiger Sadomasochismus, der auf Tuchfühlung mit vermeintlichen Mördern geht und von Angesicht zu Angesicht behauptet, die Handschellen anlegen zu können, während er im Bett bereits bewusst per Seide angeleint wird und den Tod erwarten kann. (Vermeintliche) Geheimnisse werden zudem bereitwillig verraten, die Konsequenzen dessen mit Impulsen der Wut im gesetzestreuen Apparat begegnet. Da kann man von Glück reden, das Verhoeven und Eszterhas insofern auch schlicht keine Scham kennen, höchstens zeigen.
Michael Douglas ist da als mehr oder weniger freiwillig Gehörnter durchaus im Fokus der Kohärenz, so wie er sich später im Verlauf der Jahre ohnehin durch Filme wie „Enthüllung“ und „The Game“ als gereizter Spielball der Gefühle zeichnete. In seiner Perspektive, bei Hatefucks in Form von Verfolgungsjagden, Vergewaltigungen oder Brüllkonzerten, zeichnet sich die perfide Spannung sodann mit einer Eleganz aus, die durch Brutalität eine Befriedigung im Schock findet, im Designer-Outfit nicht anders kann, als ans Fleisch kommen zu wollen. Der „Basic Instinct“ denkt nun mal mit Hormonen, flirtet wider besseren Wissens mit der Gefahr und verweigert sich energisch, von Außenstehenden anhand konventioneller Kriterien verstanden werden zu können. Diejenigen, die sich hier untereinander verstehen, machen sich aber ebenso das Leben schwer. Nick liebt gewiss noch seine alte Flamme Beth (Jeanne Tripplehorn), andersrum läufts genauso, doch sie stehen sich nicht nur innerhalb von Berufswegen im Weg, können nicht offen miteinander umgehen. Bei Catherine verläuft genau das erst recht in Extreme - da er sich selbst aber erst wirklich an ihr erkennt, was er bisher vermied, macht es die Bindung umso bedeutender. Es entsteht unvermeidlich der Homme fatal, an dem zudem seine besten Freundschaften absterben. Bei Verhoeven sind die Transformationen immer brutal, im Vergleich zu seinen anderen Filmen mag da (vor allem zur zweiten Hälfte hin) die Konzentration ein bisschen ins Schwanken kommen, je verzwickter Eszterhas seinen ausgekochten Pulp als Erzählkino durchkaut. Aber schon gewusst? Sex ist auch nicht perfekt. Sex kann zärtlich und krass zugleich sein, Krallen in die Haut fahren lassen, für die sich keiner entschuldigen muss. Wenn sich Menschen entschieden verknüpfen, machen sie es nicht unbedingt aus schlichter Nettigkeit, sondern aus einem Funken, einer Leidenschaft, einer Verbindung heraus. Die lassen sich allesamt in den irrsten Bahnen wiederfinden, selbst wenn man sich von gegensätzlichen Seiten des Gesetzes ausfragt, wie es ist, jemanden umzubringen.
Lee van Cleef ist in diesem asozialen Reißer der Protagonist eines zynischen Weltbilds, innerhalb dessen er nach wenigen Minuten schon von seiner Herzensdame verraten wird und einem missglückten Rennbahnüberfall zufolge einige Jahre lang im Knast einsitzen muss. Daraufhin wird er jedoch von einem Hippie-artigen Mafia-Boss beauftragt, weiter zu töten, was Regisseur Siciliano in ausgesprochen deftiger Montage schon so zeigt, dass Van Cleef mit seinem Scharfschützengewehr und Stelvio Ciprianis Grooves jemanden abknallt, woraufhin ein Flugzeug hochfliegt/landet und sich jene Wiederholungen der Prozedur für den Zuschauer an beiden Händen abzählen lassen. Der letzte Auftrag gilt jedoch einem von Van Cleefs alten Freunden und da lässt er von ab, weil ein Altherren-Ehrgefühl äußerst männlicher Schule noch in seinem Nihilismus vergangener Jahre überlebt hat. Doch die neue Generation an Killern, sprich Robert Widmark aka „ein blondes Arschloch“, ballert alles und jeden mit fiesem Grinsen ab, weshalb auch Van Cleef allmählich grundlos ins Kreuzfeuer der Auftraggeber gerät. Seinen Widersacher spielt er dabei immer wieder clever und kaltschnäuzig aus, doch die Konsequenzen der Anarchie türmen sich ebenso im Wechselspiel der europäischen Arschloch-Haltung. Sleaze ist dabei das Streckenpferd von Sicilianos Thriller, also lässt er die Angelegenheit in finster spekulierte Milieus münden, welche ihren frühen Höhepunkt in einer Transvestiten-Bar finden, wo Van Cleef noch abgeklärt Aufträge empfängt, seinen Verfolger Widmark aber in eine Hütte schmeißt, in welcher dieser sodann von den Männern in Frauenkleidern vergewaltigt und angeschlitzt werden soll.
Die Konfrontation dessen fällt dementsprechend grenzwertig aus und wird symptomatisch für dieses dirty picture, bei dem sich die inhärente Coolness im Charakterdarsteller Van Cleef allmählich auch mehr mit ruppigen Impulsen in die Hässlichkeit bugsiert. Schließlich erfolgt dann auch die Begegnung mit seiner alten Flamme, die ihn einst aufs Kreuz legte und sich nun noch weniger an emotionale Bindungen denn an den Opportunismus des Überlebens hält. Wahre Freundschaft gibt es da für Van Cleef nur noch bei Ausweisfälscher, Vogelliebhaber, Barbesitzer und Kriegskamerad Benny (John Ireland), der aber ebenso vom gnadenlosen Widmark der Zerstörung überlassen wird. Um Van Cleef herum können sich nur Leichen versammeln, auch wenn er als Marmorstatue der Y-Chromosome unverhofft Diana Polakov (aus „Supersonic Man“) anlockt und zumindest eine gewisse Hoffnung im Hedonismus anklingen lässt, obgleich Siciliano diese selige Naivität an Freiheit und Lust bald ebenso unter heißer Sonne absterben lässt. Der Krimi-Plot drum herum befähigt sich dann auch eher schleppender Groschenroman-Dramaturgie um Verrat, Zwietracht und Mordkomplotten, ehe die Konsequenz des Ganzen nochmals mit desillusionierter Wut Kugeln hageln lässt sowie mit Easy-Listening globales Übel hinnimmt. Ein Räudenfilm, wie er im Buche steht.
Ein obskures Kleinod, das sich nicht entschiedener als Rip-Off ausgeben könnte. Seine archaische Umsetzung birgt aber noch einige interessante Beobachtungen, die bei einem „Contaminator“ (1990) binnen gelangweilter Optiken verlaufen wären. Dabei scheint das Budget hier noch kleiner ausstaffiert zu sein, so wie sich Cast und Crew zunächst an Astronauten-Archivmaterial orientieren, bald jedoch garantiert ohne Drehgenehmigungen Los Angeles einnehmen, also als Mini-Filmapparat im Geheimen mitten drin ein Figurennetz aufspannen. Jenes besticht nicht unbedingt durch dramaturgische Spitzen und Tiefen, eher aber besitzt das Grüppchen an Höhlenforschern eine kollegiale Leichtfüßigkeit, in die man sich als Zuschauer ebenso gerne hinein verliert, sobald der Roadtrip in die herzliche Belanglosigkeit sowie zu den netten Bekanntschaften unterwegs begibt, die von der Inszenierung gleichsam schludrig abseits von Deutungsabsichten wirken. Einige Aspekte kündigen dabei aber schon die kommende Spannung an, obgleich die plumpe Handhabung ebenso mit einer drolligen Grundnaivität arbeitet, die mit ihren blutigen Schocks und Mysterien vor allem als jugendliches Gemüt Vergnügen bereitet.
Protagonistin Thelma (Belinda Mayne) zum Beispiel wird von Visionen und telepathischen Fähigkeiten geplagt, der spärliche Einsatz dessen bringt sie aber nur bedingt weiter, auch im späteren Kampf gegen die außerirdische Bedrohung, während sie im Rahmen der Exploitation auch nackt im Zelt schlafen darf. Zur Ripley gerät sie da nicht, doch nach dem lässigen Arsenal an Zeitkolorit und Hörspiel-artigen Hau-Drauf-Dialogen im Berliner Format erhöht sich das Kinematische am Film durchaus im Betreten der Tropfsteinhöhlen, in deren Dunkelheit die Lichter unserer Recken wie Sterne fallen und Ridley Scotts Version vom unbekannten Terrain effektiv emulieren. Ganz langsam geht es sodann auf die zentralen Gore-Effekte des außerirdischen Grauens zu und tatsächlich wird da auch schon auf eine Körperübernahme mit brachialen Entlarvungen hingearbeitet, wie sie John Carpenter einige Jahre später mit dem „Thing“ perfektionierte. In den Gängen dazwischen bietet sich hingegen reichlich Leerlauf an, der sich offensichtlich auf legitime Spielfilmlänge quält, ehe einen seine Pointen des Schreckens wieder mit hervorspringenden Effekten abholen. Deren direkt in die Kamera fliegenden Charakter sowie die Perspektiven in finstere wie obskure Steinformationen hinein könnten sich dabei auch als 3D-Variante mausern, in etwa wie Werner Herzogs „Höhle der vergessenen Träume“.
Abseits dessen ist die Suggestion auswegloser Leere darin gar nicht mal abzustreiten, insbesondere sobald Thelma in den finalen Minuten noch durch ein menschenleeres L.A. läuft, obgleich die Drehumstände frühmorgendlicher Aufnahmen kein großes Geheimnis um die Erzielung dieses Effekts machen. Ciro Ippolitos & Biagio Proiettis Film ist eben ein Werk der Sparsamkeit, der Score von Guido und Maurizio de Angelis spiegelt das Minimale ebenso wieder, und das macht das Gesamtprodukt sympathisch, inwiefern es sich allzu locker mit Potenzial und Inhalten durchschlägt. Einiges an Aufwand, insbesondere in den Effekten, ist da durchaus vorhanden, doch im Grunde macht es aufstrebenden Filmemachern Mut, mit wenigen Ressourcen ein schlichtes Werk auf die Beine stellen zu können, obgleich es mit ein wenig mehr Sorgfalt schönen Boden für Charakterwerte und Einfälle binnen des Gewöhnlichen aufbieten könnte. Kein Brecher unter den Rip-Offs, aber noch lange kein Brechmittel, so naiv das Werk durch simpel definierte Selbstverständlichkeiten wandert.
[...] Gewalt gegen Gewalt, das ist natürlich auch hier keine Lösung – oder zumindest erst dann, wenn es darum geht, das funktionell zubereitete Böse zu bezwingen. [...] Berechenbar, wenn auch effektiv, geht die Geschichte vonstatten, die man nun als „Dschungel-Action-Abenteuer“ betiteln könnte, so wie das Tempo vor allem im ersten Akt mehr an einer Parade der Schauwerte als an einer behutsamen Figurenentwicklung gemessen wird. Doch obwohl die in Los Angeles über digitale Mimikry entstandene Dschungelgeschichte ein potenzielles Desaster entsafteter Totkalkulation ergeben könnte, lockert sich das Geschehen zu einer Energie auf, die Jung und Alt gleichermaßen angemessen „frisch“ mit dem alten Stoff bekannt macht. Die Kompetenz Favreaus setzt in der audiovisuellen Ebene vor allem auf kohärente und farbenfrohe Unterhaltung, vielmehr besticht jedoch sein Umgang mit den Darstellern (ob nun mit oder ohne Binärfell), der einen natürlichen Dialog voranstellt, gerne aber auch einige kollegiale oder hippe Floskeln benutzt, den Zuschauer jedenfalls grundsätzlich glaubwürdig im Spiel einnehmen kann. [...] Die Moral von der Geschicht’ bindet sodann auch das Selbstverständnis vielfältiger Kulturen und deren Einflüsse in eine Persönlichkeit, die fernab der Kategorisierung in Spezies einen Frieden finden kann und nicht bloß das Feuer des Hasses schürt. [...]
Was man die Woche über so machen kann? Natürlich eine supercremige Fanfiction über die zwei Lieblingshelden der Saison reinschlotzten! 70 Minuten lang (basierend auf 13 DIN-A4-Seiten, rund 9500 Wörter) geht es im folgenden Video also drunter und drüber in Metropolis und Got-ham, Hot-Dogs und Monstertrucks inklusive. Klickt zum Mithören, Musik und meine goldene Stimme bringen den besten Start in den Tag, wenn Batman, Superman und der Rest der Rasselbande voller Überraschungen zusammentreffen. #WhoWillWin #Doritos
https://www.youtube.com/watch?v=O6ruj60nrwc
In seiner Gefühlswelt drastisch, wenn auch dramaturgisch konsequent setzt dieser Film von Hansjörg Amon auf einem Pfad zwischen Exploitation und Drama Aspekte der Emanzipation um. Direkt aus dem Jahr 1968 basiert dieses Spiel aus Intrigen und der Schere zwischen freier und fester Liebe binnen Bern auf einem waschechten Kolportageroman aus der „Quick“ von „Ilse Collignon“, dementsprechend sprunghaft hat man es trotz geradlinigem Narrativ mit einem Episoden-Ensemble an Gehörnten zu tun, welche der freimütigen Susanne auf den Leim gehen. Ihre Jugend ist ihr Kapital zum Vorankommen ihrer Persönlichkeit, im Vergleich dazu werden die konservativen Pfade des Coming-of-Age kontinuierlich ausgehebelt, obgleich „Sue“ in ihrer Abgeklärtheit das nötige Verständnis für jedermann in wirksamen Portionen abliefert. Auch wenn sie „ganz frech“ einen Button mit dem Slogan „J'aime les hommes“ im Klassenzimmer trägt, geniert sie sich auch nicht vor dem gleichen Geschlecht, im Gegenteil. Nur Abenteuer mit Jungs ihres Alters werden bewusst, auch vom Film, ausgeklammert. Der älteren Generation spendiert sie demnach Frische, eben eine „Abwechslung“, mit der sie laut eigener Aussage aufzeige will, dass es auch anders geht als mit den etablierten Modellen des Lebens. Das Treffen mit einem solchen Freigeist erweckt jedoch erst recht die Sehnsucht in ihren verdrossenen Teilzeitliebhabern, doch einem darin unvermeidlichen Weg in die erneute Bindung verweigert sie sich entschieden, was durchaus zur Tragik der von ihr Verbliebenen führt.
In erster Linie nutzt sie den jugendlichen Leichtsinn darin gewiss zur Förderung der Karriere, sogar hinein ins Filmgeschäft sowie anderen Vorteilen in jener Ausnutzung der versteckten, doch mit Anlauf ausgeführten Amoral ihrer Herrenbekanntschaften. Dass der Film aber natürlich auch aufzuzeigen versucht, wo die Grenzen von Modern und Altbacken liegen, wie angeblich ethisch unvereinbar sie letztlich davon treiben, ist nicht ganz unproblematisch. So erleben wir ihren Lateinlehrer (Jöns Andersson) zunächst als Verteidiger der Ideale, der sich dem liberalen Lehransatz verschreibt und dennoch treu auf seinen Haushalt schwört, bis er Sues Verführung zur Freiheit wahrnimmt und der Hormone wegen selbst im Angesicht der potenziellen Konsequenzen jede Verpflichtung des Lehrkörpers sowie der Ehe über Bord wirft. Den Vollzug zum Geschlechtsverkehr traut er sich nicht zu, damit geht Sue ebenso d'accord und hakt die Sache als Abenteuer ab. Erwin jedoch verliebt sich in sie, was er zu reinforcieren versucht, bis ihm der Skandal in der Beziehung zu Halse steigt und nochmals jede Konsequenz aufgeben lässt. Sue hätte mitgemacht, sie kümmert das öffentliche Bild nicht, sie bleibt so oder so für sich frei und bar jeder Herzensverpflichtung. Die Härte kriegen auch andere Herren zu spüren, die sie simultan um ihre Gunst versammelt, wenn diese sie nun mal als sexuelle Eroberung per Pelzmantel erreichen wollen.
Beim ihr schon länger vertrauten Gönner Pit (Eduard Küber) ist der sexuelle Profit der Beziehung offenbar so einvernehmend abgeklärt, dass er dem Ende dieser kaum hinterher trauert und mit ihrer Entscheidung einverstanden scheint, während einer wie der aufdringliche Regisseur Rex Bingen (Ruedi Walter) - bei dem Pit zudem als Kuppler fungiert hat - seine gehegten Aussichten mit ihr wehmütig in Scherben zerschellen sieht. Die Balance des Einfinden in der „Jet Generation“ hat hier nun mal, einigermaßen im Realismus „geerdet“, lichte wie dunkle Seiten, die Inszenierung des Ganzen feiert den Sex und beobachtet das Missverständnis an Gefühlen sodann mit ein und demselben musikalischen Leitmotiv von Walter Baumgartner. Die Leichtigkeit dessen unterstreicht mit seinen Orgeln und treibenden Beats anfangs noch das Chillen am See mit Speedboat und die luftigen Autofahrten durchs nächtliche Bern, später akzentuiert es dann noch die Euphorie des Sex und schlussendlich die Reise im Fortschritt eines Individuums, von dessen vermeintliche Liebe sich andere unter Tränen verabschieden müssen. Gleichsam stellt der Film das Gift in solchen heraus, die ihre Missgunst gegenüber dem Fortschritt in Hass und Erpressung münden lassen (siehe den nerdigen Schüler Harry) oder mit puritanischer Enthaltsamkeit über das Schicksal misslicher Lagen zu urteilen glauben, die in ihrer Ideologie nur eine strenge Lösung kennen lernen dürften. Zeitweilige Nutznießer teilen hier in ihrer Doppelmoral ohnehin auch gerne schlechte Noten aus.
Sues sonntägliche Schülerinnenrunde (die Authentizität dessen sei mal dahingestellt) offenbart da einiges, vor allem im Bezug zur Geschichte der Mitschülerin Monika, die zwischen Abtreibung und gekaufter Heirat steht sowie hinsichtlich Ruth, die für Sue schwärmt, auch traumatische Schmerzen aufnimmt und von ihr liebevoll aufgelesen wird, obgleich diese sich nicht viel draus macht. Im Nachhinein versucht sie sie sogar mit einem tendenziell homosexuellen Jungen zu verkuppeln, woran der Film zwar keine grenzwertig naive Lösung letztendlich gefundener Liebe versucht, in seinem Gesellschaftsmodell aber durchaus nicht frei von Plakativität und Klischees vom „Merkwürdigen“ ist. Die Konstruktion um solche Stereotypen unterminiert die Wahrhaftigkeit im Gesamteindruck, mit den Ansätzen der Leichtigkeit im Verständnis von Selbstbestimmung und Sex wird diese Trivialproduktion von Erwin C. Dietrich, auch mithilfe des charmanten Zeitkolorits, aber ebenso gehaltvoll wie auch anhand der Ambivalenz zur Reflexion der Gefühle der Zweisamkeit, an der zudem die Sympathie mit Sue stets zwischen den Stühlen steht. Viele Ideale werden daran kranken, bestätigt oder entgegen der heutigen politischen Korrektheit kritisch hinterfragt - das ideologische Spektrum positioniert sich weder ausschließlich zur verblendeten Fantasie, noch zur spaßbefreiten Verklemmtheit. Ein ziemlich diskutables Wesen, welches dieser Film aus der Mitte ausstrahlt, aber zumindest etwas, was ihn aus dem fix verdaulichen Standard heraushebt.
[...] Die Perversion des Komplexes folgt der Beibehaltung von Establishment und Arbeiterklasse, selbstverständlich mit geringen Aufstiegschancen, und ist demnach auf Konfrontation aus. [...] Missgunst macht sich breit und verschärft sich selbst in trivialen Treffpunkten wie Kindergeburtstagen und Supermarktbesuchen, bis die Herausforderung, wer die besseren Partys schmeißt, das Übel aller weckt. Die Blindheit vor dem Wesentlichen schafft umso energischer die Abgrenzung von Idealen und Empathie. [...] Solche Sachverhalte fängt Wheatley effektiv in audiovisuellen Collagen ein, die manchmal die übergreifende Bewandtnis des Ganzen und deren Abläufe abstrahieren und mit schwarzem Humor voll verziertem Horror auftrumpfen. Der Style des nahenden Untergangs muss sich manchmal aber mit allzu eindeutigen Phrasen arrangieren, die den Inhalt der zwischenmenschlichen Beziehungen und anderer Subtexte in selbsterfüllender Prophezeiung zusammenfassen. [...] Ben Wheatleys Betrachtung des menschlichen Wahns, die er schon mit „Sightseers“ und „A Field in England“ ansetzte, schafft auch hier [...] die Stärke vom (im filmtauglichen Sinne) kohärenten Aufbau in soziologische Tiefen. [...]
(Gesichtet im Rahmen des BIZARRE CINEMAS im Metropolis Kino Hamburg, 35mm, besonders rotstichig)
„Unmoralische Auswüchse zu vergeben!“ Roger Fritz erzählt von der Perversion der Unschuld, die von ihrer Korrumpierung binnen jugendlicher Naivität zunächst nichts wirklich zu wissen scheint. Leslie (Helga Anders) ist in dem Sinne auch keine Lolita, sprich eine bewusste Spielerin der Verführung, sondern ein Kind auf dem Pfad zur Adoleszenz, dessen oberflächliches Erwachsensein von der Außenwelt sexualisiert und ausgenutzt wird. Schon früh gibt ihr Stiefvater Maurice (Anthony Steel) dem Zuschauer eben solche Anzeichen der Zuneigung durch, welche Mutter Francine (Françoise Prévost) mit subtilem Frust zu übersehen scheint. Regisseur Fritz setzt dabei aber nicht auf einen expliziten Reißer zum Sachverhalt, dafür ist er grundsätzlich eher dem Zeitgeist zugetan, welcher mit der Hippie-Welle ein neues Verhältnis zu Liebe, Natur und Sozialstatus probierte, ohne jedoch die Moral des Einzelnen entwerten zu wollen. Den Idealen der Ära entsprechend bewegt sich die inszenatorische Beobachtung also zunächst ebenso drollig durchs sonnige Italien, in Zufriedenheit der Bevölkerung entlang, ob nun an der Gemüsehändlerin oder lachenden Kindern vorbei, hinein ins Engagement der Kunst, Oper und Ballett. Sobald Leslie jedoch von jenen durch ihre Eltern entschiedenen Pfade abdriftet, bricht Fritz seine Suggestionen stetig mehr in Eindeutigkeiten auf.
Seine Gestaltung konzentriert sich da zunächst vor allem auf den Sound, der im Intro bereits Autogeräusche durch merkwürdiges Surren ersetzt und die Ungewissheit mit Uli Rövers träumerischer Musik umso stärker fördert. So ist Leslies Spaß im Umgang mit ihrer Umwelt und den Avancen des jungen Kommunen-Schönlings Brian (Ray Lovelock), inklusive kleinem Karnickel im Korb, zwar hervorstechend für eine sinnliche Aura der Gemütlichkeit und Freiheit – die gleichsam stechend kontrollierenden Augen von Maurice halten die Laune jedoch an der Leine. Was zunächst als väterliche Fürsorge nach konservativem Format ausschaut, äußert sich allmählich als drakonischer Missbrauch, der im Verlauf auch zur Kritik an der heuchlerischen Fassade der „höheren Gesellschaft“ beiträgt, so wie diese in ihrer Ideologie die Unterwerfung verlangt, um sich dem Eigennutz hingeben zu können. Die politische Ader von Fritz spricht da durchaus entschiedene Töne, statt Didaktik lässt sie aber eindringliche Bilder und Charakternähe vorantreiben, wenn die Kontrolle des Mannes über der Weiblichkeit wie schon bei „Mädchen: Mit Gewalt“ zum Diskurs steht. Diese trifft sowohl auf Maurice als auch auf Brian zu, obgleich letzterer natürlich eher vom Frust der forcierten Verweigerung her energisch ausartet, während Maurice stets den Willen seiner Tochter maßregelt und gleichsam ihre Mutter mit der Einwilligung dazu emotional erpresst, da er diese sonst verlassen würde. Von Francine wird da also ein Kompromiss eingegangen, der ihre gesellschaftlichen Vorteile inklusive Butler beibehält, ihre Moral jedoch bis zum Äußersten verzerrt, solange sie (schon viel zu lange) die Schmierigkeiten ihres Ehegatten duldet. Da muss sich was ändern!
Wider besseren Wissens macht auch Leslie noch das Spiel des Altbewährten mit, doch mit der Aussicht auf neue Perspektiven und Reaktionen erhält ihr Charakter subtile Signale zur Wandlung, die Fritz innerhalb der glühend schönen Sonne mit durchgängiger Natürlichkeit der Hormone einbaut. Das Drama kommt hier also nicht mit Anlauf auf einen zu, Fritz' Methodik geht aber wie gehabt aufrichtig auf Eskalationen zu, die in kurzer, aber einwirksamer Wucht die Reflexion der Verhältnisse erwirkt - weniger ein Urteil an Einzelpersonen, da diese ohnehin eine Einsicht erfahren. Da bewährt sich Helga Anders zentral genauso stark und verletztlich zwischen Anthony Steel und Ray Lovelock, wie es ihr an Klaus Löwitsch und Arthur Brauss widerfuhr. Hier nimmt sie sich jedoch durchaus ihre Zeit, bis sie sich der Schwere ihrer Lage bewusst werden kann, was aber nun mal an der hier extremisierten Autorität der Erziehung liegt, die ihr Coming-of-Age ausschließlich für sich beanspruchen will und damit fast durchkommt, wenn letztendlich nicht doch noch das menschliche Gewissen zur Selbstbestimmung (auch im Weltgeschehen nebenan) obsiegen würde. Wider der Anpassung, aber hin zur Empathie schafft das „Häschen in der Grube“ also seine dramatische Fesselung mit beachtlicher Leichtigkeit und natürlich einigen zeitbedingten Schrulligkeiten (man beachte auch Ray Lovelocks Songeinlage) sowie einer galanten, teils pointiert drastischen Beobachtung am Zusammenspiel, Höhen und Tiefen von Lokalität, Jugend, Masse und Individuum. Ein weiterer Kandidat zur filmhistorischen Wiederentdeckung.
Direkt aus einem Röhrenlabyrinth, wie es selbst in Terry Gilliams „Brazil“ nicht binnen derartiger Finsternis tropfte, treffen wir die Hollowheads, eine Bilderbuchfamilie einer Fantasiewelt, die zwischen Dystopie und Urschleimverstrahlung in einem Alltag unterwegs ist, der uns vertraut, mit seinen absurden Eindrücken aber wie vom anderen Stern scheint. Die Entstehungszeit um 1989 gibt aber den entsprechenden Nährboden für eine hierin gepflanzte Sozialsatire ab, die zeigt, mit welchen Perversitäten der Obrigkeit man sich zufrieden geben kann, wenn die Macht der Gewohnheit zuschlägt. Außerirdische würden über unsere Manieren und Gepflogenheiten wahrscheinlich ebenso verblüfft sein; die Verzerrung der Details ändert hier jedenfalls nichts am universellen Modell des Lebens unter Kapital, Herz und individuellem Ehrgeiz, stets gleich neben dem Abgrund treibend, der hier ohnehin als allgegenwärtige Barriere verselbstständigt sowie als Reiz im Wechselspiel zur Wahrung der Moral wahrgenommen wird. Gleichsam kommen einen die Typen der Familieneinheit bekannt vor, wie sie ein Reagan und andere Ewiggestrige als Ideal empfinden dürften: Die treue Hausfrau Miriam (Nancy Mette) in der Küche; drei Kinder, meist auf dem Sprung zwischen Kreativität, Streichen und Dating; zu guter Letzt der stets grinsende Vater Henry (John Glover), der entgegen seines Potenzials im mickrigen Job aufgehalten wird und sich auch dann nicht beschwert, wenn der Boss Mr. Crabneck (Richard Portnow) ihn beleidigt oder die Frau anpackt.
Regisseur Thomas R. Burman, leider nur dieses eine Mal in jener Funktion tätig und ansonsten in der Make-Up- & SFX-Branche unterwegs, weiß um den sozialen Zwang seines im Mittelstand eingeordneten Ensembles und karikiert es nicht mit zynischem Urteil, als dass er die bescheidene Sehnsucht zum Eigensinn und zur Lebendigkeit in konzentrierter Kulisse empathisiert, dennoch einen tollen Spaß aus der Selbstverständlichkeit hingenommener Absurditäten schöpft. Als stilistische Beihilfen gesellen sich da ein Soundtrack, der Gefälligkeit und seliges Stöhnen in synthetische Samples zerhackt sowie schräge Kameralinsen im Angesicht schleimiger Spezialeffekte, die so enthusiastisch beäugelt werden wie auch Unmengen an Tentakeln nur die Spitze des Eisbergs an Doppeldeutigkeiten preis geben. Das zufriedene Eigenheim gibt sich da aber immerhin auch offen mit seinem verselbstständigten „Leck“ individueller Gelüste, vor allem in den Kids trifft man allzu bekannte Bilder der Jugend an, die in dieser Alternativrealität aber erst die wahre vergnügte Schmierigkeit des Menscheninnersten aufzeigen - allen voran der kleinste, Billy (Matt Shakman), wird da blutrünstig im Kinderzimmer sowie frech gegenüber der Hausordnung, wenn ihn sein Nachbarskumpel Joey dazu verleitet und die verrücktesten Tierchen einschleppt.
Teen-Schwester Cindy (Juliette Lewis) ist da noch etwas unschuldiger auf fesche Jungs und passende Kleider für eine naive Romantik aus, ebenso fetzt sie ab und an flotte Songs und Anziehmontagen weg, doch auch sie mag den Großvater im Keller nicht füttern wollen - eine Aufgabe, die jeder an den anderen abdrückt und genauso unangenehm ausschaut, wie einem der Greis auch irgendwo leid tut, so mitten im Dampf und Rost des Alters bugsiert. Gehört eben alles zum Tagespensum dazu und dem folgt der niedrig budgierte Film sodann binnen eines simplen Narrativs, das für Besorgungen zwischendurch zwar ebenso an der „frischen“ pechschwarzen Luft in einen urigen Arbeiterklasse-Horror schaut, hauptsächlich jedoch die Aufregung vor dem Besuch des Firmenchefs behandelt, dem man ja bloß ein schönes Abendessen kochen will, um vielleicht mal eine Beförderung ansprechen zu dürfen. Jenes sexbesessene Raubtier der Vetternwirtschaft schert sich aber natürlich nicht um seine Untergebenen, sondern möchte sie am liebsten einer nach dem anderen verschlingen, während die Maßregel der Nettigkeit unserer Familie Hollowhead jeden Konflikt auszublenden versucht. Dass diese Beengung der Werte sodann ihre gewalttätigen Folgen hat, wirkt beinahe schon wie aus einem Grimm'schen Märchen inklusive Hardgore-Effekten.
Die Bewältigung der Familie, über ihren Horizont hinaus zu blicken, geht sogar beinahe zu Herzen, wenn Regisseur und Ko-Autor Burman denn nicht noch sicher stellen würde, dass der Kompromiss von Karriere und familiärer/moralischer Selbsterhaltung auch ein bitteres Licht auf die gutmeinenden Hollowheads wirft, die eigentlich mehr dunkle Geheimnisse als zuvor um sich bilden. Die Erzählung dieser Konsequenz ist dabei wie der gesamte Film an sich gemäß seines Produktionsumgangs nicht vollends mit Vollgas dabei - ohnehin gibt er sich im Verlauf auch ziemlich eindeutig, inwiefern er seinen Subtext an die Oberfläche zieht. Was ihm auch an geballter Schlagkraft mangelt, macht er jedoch mit einer netten Ladung Herzblut wieder wett, die sich in den surrealen Dekors wie auch im zentralen Schlagabtausch der Umgangsformen zwischen dem angepassten Ekel und dem destruktiven Ekel von oben herab widerspiegelt. Diese „schrecklich nette Familie“ wühlt als Symptom einer gescheiterten Gesellschaft eben auch im Schleim (oder der Schleimerei) der Masse herum und obwohl sie innerhalb des Schreckens der Angepasstheit mustergültig aufzugehen versucht, macht es ihre neuen Mutationen der konservativen Konzepte, jedenfalls bis zu einem gewissen Punkt, umso liebenswerter.
[...] Eine neue Qualität der Brutalität überschattet das Handeln der Kontrahenten. Ihre Ursprünge verbinden sie aber auch als zwiegespaltene Waisen einer Welt, deren Szenarien Snyder und seine Autoren Chris Terrio und David S. Goyer aus einem Zeitgeist des Terrorismus, Menschenhandels, Kapitalismus und der Korruption schöpfen. Die Drastik, mit der das Politikum an der Fantasie exerziert wird, übertrifft sogar die Gewalt eines Nolan und wird in der ideologisch hantierenden Inszenierung von Nihilismus und Wut gekennzeichnet. [...] Und obgleich sich jene Reflexion allmählich dem Diskurs von Gerechtigkeit und Selbstgerechtigkeit, Macht und Missbrauch nähert, wie sie in der „Dark Knight“-Trilogie ambivalent an der Tagesordnung war, ergänzt sie in diesem Fall noch das Unikat eines anorganischen Epos, das seine Kontroversen brachial verschärft, ehe es sie deeskaliert. [...] Snyders Frankensteinmonster eines Films, wie ein Bizarro zum eigentlichen Supermanfundus, ist gewiss auch abweisend in seinen Ambitionen, weder als Trivialunterhaltung noch als Prestigeprodukt auf Anhieb (be)greifbar, und mit Stolperschritten in der eigenen Imposanz unterwegs [...] selbst wenn Snyder die Zerstörungsrate und Kollateralschäden auf konzentrierte Portionen zurückschraubt, die Aufregung an seinem Horrorszenario des Comickriegs aber gewiss voller morbider Eindrücke und digitalem Bombast vorführt. [...] Dieses Chaos des anfänglichen Misstrauens, der Boshaftigkeit einzelner Fronten und mühsamer Einigung (erfordert) eine Menge Toleranz für ruppiges Genrekino. [...]