EddieLomax - Kommentare
Die 5 meist diskutierten Serien
der letzten 30 Tage
-
Dept. QDept. Q ist eine Kriminalserie aus dem Jahr 2025 von Scott Frank mit Matthew Goode und Alexej Manvelov.+25 Kommentare
-
Star Wars: AndorScience Fiction-Serie von Tony Gilroy mit Diego Luna und Genevieve O'Reilly.+18 Kommentare
-
Das ReservatDas Reservat ist eine Drama aus dem Jahr 2025 von Ingeborg Topsøe mit Marie Bach Hansen und Danica Curcic.+15 Kommentare
Die 5 meist vorgemerkten Filme
-
28 Years Later392 Vormerkungen
-
The Fantastic Four: First Steps94 Vormerkungen
-
Jurassic World 4: Die Wiedergeburt93 Vormerkungen
-
Weapons - Die Stunde des Verschwindens87 Vormerkungen
Alle Kommentare von EddieLomax
OMAR M'A TUER von Roschdy Zem ist ein intimes Gerichts-Drama nach Tatsachen um einen Justiz-Irrtum, der zum Himmel schreit. Konstitutioneller Rassismus, Vorverurteilung und behördliche Unbeweglichkeit sind auch heute nach ca. dreißig Jahren kein unbekanntes Thema, auch hierzulande. Der Film bringt das Team hinter den preisgekrönten Meisterwerken INDIGÈNES (TAGE DES RUHMS, 2006) und HORS-LA-LOI (OUTSIDE THE LAW, 2010) von Regisseur Rachid Bouchareb, der hier für Produktion und Drehbuch verantwortlich zeichnet, mit seinen damaligen Stars Roschdy Zem, der hier Regie führt, und Sami Bouajila in der Hauptrolle wieder zusammen und erzählt ebenfalls von den schwierigen Lebensbedingungen der Maghrebiner in Frankreich. Die sehenswerte Chronologie des Skandals ist noch in der arte-Mediathek.
THE EXPENDABLES 4 von Scott Waugh ist einer dieser Filme, die schon vor dem Kinostart derartig mit Spott und Häme überschüttet wurden, dass man kaum noch neutral den Gang ins Lichtspielhaus wagen konnte. Mit auf niedrigstes Niveau heruntergeschraubten Erwartungen an den neuesten Teil einer Reihe, die ohnehin schon mehr von ihrer Ursprungsidee zehrte, das Testosteron-Kino der 80er und 90er Jahre in ein neues Zeitalter herüberzuretten, als dass sie filmtechnisch überzeugte, konnte man nur positiv überrascht werden. Und siehe da, über weite Strecken funktioniert das auf Jason Statham fokussierte Action-Abenteuer recht ordentlich, wenn auch nichts geboten wird, was man woanders schon nicht wenigstens einmal besser gesehen hat. Dennoch gefällt der an den ersten Teil der Reihe gemahnende ernstere Ton und bis kurz vor Schluss ist das alles in sich stimmig. Mehr erwarte ich von einem Rambazamba-Actioner ehrlich gesagt nicht. Das Ende allerdings zieht den Film in seiner Gesamtwertung herunter, weil man es sich hier doch nicht nur sehr einfach macht, sondern alles zuvor erlebte dadurch in Frage stellt. Dennoch ist EXPEND4BLES zu keiner Zeit langweilig und unterhält recht solide. Da gibt es weitaus schlimmeres.
THE LAST OUTPOST von Lewis R. Foster bringt Ronald Reagan in seiner ersten Western-Hauptrolle zurück auf den SANTA FÉ TRAIL, den er 11 Jahre zuvor an der Seite von Errol Flynn in Michael Curtiz' gleichnamigen Film bereits schon einmal besuchte. Auch dieses Mal trägt er eine Armee-Uniform und er macht, wie in allen seinen Western einen guten Eindruck. Leider ist die von vielen namhaften Drehbuchautoren zusammengebaute Geschichte nur wenig glaubwürdig, zudem ist das Werk recht geschwätzig, davon abgesehen aber kompetent inszeniert und ausreichend unterhaltsam.
PRIZEFIGHTER: THE LIFE OF JEM BELCHER von Daniel Graham ist ein historisches Box-Drama mit Russell Crowe in einer gewichtigen Nebenrolle und könnte gut als Double Feature mit CINDERELLA MAN von Ron Howard gesehen werden, in dem der Star ja ebenfalls in einem auf wahren Begebenheiten basierenden historischen Setting die Fäuste schwingt, allerdings war er damals noch deutlich besser ìn Form. Hier gibt's nun aber den B-Film im direkten Vergleich. Wenn sich auch Hauptdarsteller Matt Hookings seine Titelrolle selbst auf den Leib geschrieben hat, so ist er doch weder ein zweiter Sylvester Stallone, dessen Drehbuch grandios war, denn ein zweiter ROCKY, wozu es ihm schlicht an Charisma fehlt. Dabei ist die Geschichte von Jim Belcher äußerst interessant und verdient eine Verfilmung. Zu Beginn gelingt es überdies, auch Dank Crowe's Auftritt, beim Zuschauer Interesse zu generieren, im weiteren Verlauf jedoch sind es eher die Nebendarsteller wie Ray Winstone und Marton Csokas, die dafür sorgen, dass man dran bleibt. Dramaturgisch zerfahren schleppt sich der uneinheitliche Film dann von Kampf zu Kampf, alles zwar recht ansehnlich inszeniert, doch das Interesse an den Figuren ist längst erlahmt. Eine vertane Chance.
Erwachen. Der Mann (Rufus Sewell) in der Badewanne öffnet die Augen. Er weiß nicht, wie er hierher gekommen ist. Da liegen Sachen in der Ecke. Er zieht sie an. Sie passen. Die Wohnung ist dunkel. Das Telefon klingelt. Er geht ran. Eine Stimme sagt ihm, dass er verschwinden soll und legt auf. Der Mann sieht sich um. Weiter hinten im Raum liegt die Leiche einer Frau. Sie ist nackt und blutverschmiert. Er weiß nicht wie ihm geschieht und stürzt überhastet aus der Wohnung. Am Ende des Ganges erreicht ein Aufzug, voll mit Männern die Etage. Der Mann flieht durch das Treppenhaus. Einige Straßen weiter beginnt er über seine Situation nachzudenken. Doch ihm fällt nichts ein. Denn er hat sein Gedächtnis verloren. Irgendjemand scheint ihm zu folgen. Die Nacht ist noch lang und je mehr er in Erfahrung bringt, desto verwirrter wird er. Da ist einmal dieser Doktor (Kiefer Sutherland), der versucht seinen Weg zu lenken, sich aber ständig widerspricht. Dann ist da diese Frau (Jennifer Connelly), eine Bar-Sängerin, welche behauptet seine Ehefrau zu sein. Nicht zuletzt hält ihn der Polizei-Kommissar (William Hurt) für einen Serien-Mörder. Alles Dinge mit denen er umgehen kann. Was ihm wirklich Sorgen bereitet, sind aber diese merkwürdigen Männer in den langen Mänteln, die ihm ständig auf den Fersen sind.
Männer ohne Gedächtnis gab es ja schon häufiger auf der großen Leinwand. Vor allem in den vergangenen Jahren gaben sie mehreren visionären Filmemachern die Möglichkeit zu mehr oder weniger philosophischen Vexierspielen. Alex Proyas, Regisseur des berühmt-berüchtigten Kultfilmes THE CROW, bezieht sich in seinem erst zweiten Spielfilm auf die dunkle Seite der Filmgeschichte. Er schwelgt in den Schattenwelten des Film Noir ebenso versiert wie im expressionistischen Stummfilm des deutschen Kinos der Zwanziger Jahre und bringt den Noir so zu seinen Wurzeln zurück. Fritz Lang's METROPOLIS stand hier ebenso Pate wie M - EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER, ebenfalls von Lang. Der verrückte Doktor gemahnt an DR. CALIGARI und wird mit Hingabe gespielt von Kiefer Sutherland, der sich seine Rolle vermutlich aussuchen konnte und sich wohlweißlich gegen die Heldenfigur, für den Mad Scientist entschied. Er hat ganz klar die eindrücklichsten Szenen mit den besten Dialogen. Der damals dem internationalen Kino-Publikum nahezu völlig unbekannte Rufus Sewell ist absolute Klasse als Mann ohne Erinnerung. Man nimmt ihm zu jeder Zeit ab, das er sowohl ein unschuldig Verfolgter, als auch ein verrückter Frauenmörder sein könnte. Ein hervorragender Schauspieler, dessen großer Durchbruch zwar leider ausblieb, der jedoch immer wieder mit kleineren Rollen in großen Filmen und umgekehrt zu überzeugen weiß. Jennifer Connelly, hier noch leicht pausbäckig, wird von Proyas anfangs als klassische Femme Fatale inszeniert, aber schnell rehabilitiert. Sie bleibt die einzige Figur, die mehr Tiefe hätte vertragen können. Ihrer Sehnsüchte weckenden Reinheit tut das jedoch keinen Abbruch. William Hurt als überroutinierter Kommissar, dem langsam aber sicher Zweifel an seiner Arbeit kommen, bildet den ruhenden Pol eines Filmes, dessen durchdachtes Drehbuch zur wiederholten Sichtung einlädt. Man kann jedes Mal etwas neues darin entdecken. Seien es philosophische Gedankenspiele aus der Literatur, psychoanalytische Lesart oder kinematographische Bezüge. Es ist nur sehr schwer vorstellbar, das es ohne dieses Werk Nachfolger wie MATRIX oder INCEPTION hätte geben können. Alles Filme die sich mit Themen wie Identität, Menschsein, Zeit, Erinnerung, Traum und Realität auseinandersetzen. All das inszeniert wie ein schaurig schöner Alptraum. Ganz sicher wurden mit DARK CITY die Weichen für eine neue Art Science Fiction voller Querverweise auf die eigenen filmhistorischen Vorbilder gestellt.
1998 wollten das nicht viele sehen. Das dürfte sich mittlerweile geändert haben. Seit 2008, zehn Jahre nach dem Kinostart, gibt es einen Director's Cut auf Blu-ray, allerdings nicht in Deutschland. Das ist schade, wurden doch hier einige zusätzliche Szenen integriert bzw. in den Special Effects bearbeitet, die das ganze nun besser aussehen lassen. Gerade in technischer Hinsicht ist das sicher lohnenswert, handelt es sich doch hier nicht um eine A-Produktion, was sich heute, besonders wenn man die Kinofassung sieht, bemerkbar macht. Das tut dem Vergnügen an diesem Film jedoch keinen Abbruch. Wer DARK CITY noch nicht gesehen hat und sich für die oben genannten Filme begeistern konnte, sollte das schleunigst nachholen. Er wird es nicht bereuen.
Visionäre Dystopie, gedreht im Stil eines Film Noir mit Anleihen beim deutschen Expressionismus, die ihrer Zeit um einige Jahre voraus war.
A HAUNTING IN VENICE von und mit Hercule-Poirot-Darsteller Kenneth Branagh ist der nunmehr bereits dritte Film der Reihe, die mit zwei Klassiker-Remakes startete und jetzt endlich ihren eigenen Charakter mit der (Kino-) Erstverfilmung des letzten Romanes von Agatha Christie THE HALLOWEEN PARTY um den berühmten Meister-Detektiv findet. Dieser Roman lag bereits in Branagh's vorangegangenem, autobiographisch geprägten Film BELFAST bei seiner Film-Familie auf dem Wohnzimmertisch, ein Schelm, wer böses dabei denkt, vielmehr ein reizender Insidergag. Das Vater-Sohn-Gespann nahm er von dort gleich mit nach Venedig, Jude Hill und Jamie Dornan sind auch hier wieder als ein solches zu sehen, wenn auch unter völlig anderen Voraussetzungen. Das wahre Ereignis in diesem Film ist aber zum einen die völlig veränderte Tonalität gegenüber den beiden ersten Filmen, eine neue, viel subtilere Gangart fällt auf und es wird klar, wie der Regisseur sein Erfolgsrezept variiert, indem er je nach Sujet-Schwerpunkt beliebig das Genre wechselt, ohne den klassischen Who-Dunnit-Effekt zu vernachlässigen. Auf diese Weise kann die Serie noch lange weitergehen, es bliebe jederzeit überraschend und spannend, für genügend Vorlagen hat die Queen of Crime bekanntlich gesorgt. Das Highlight des Films ist für mich jedoch das starke Hauptdarstellerinnen-Quartett Michelle Yeoh (EVERYTHING EVERYWHERE ALL AT ONCE), Kelly Reilly (YELLOWSTONE), Tina Fey (30 ROCK) und nicht zuletzt Camille Cottin (CALL MY AGENT), die den Film in ihrer geballten darstellerischen Power dominieren und strukturieren, wofür man dem Regisseur nur gratulieren kann. Schließlich ist sein neues Ensemble nicht so prominent wie in den Vorgängern, dafür aber viel erfrischender und interessanter als all die Superstars zusammen. Ehre, wem Ehre gebührt. Bislang bester Teil der Reihe, von mir aus kann es gerne so weiter gehen.
Lambert (Coluche) fristet sein Dasein als Tankwart der Nachtschicht im Pariser Armenviertel Pantin. Wenn er nicht arbeitet, eigentlich auch dann, betrinkt er sich, um seine Vergangenheit zu vernebeln. Eines Nachts deckt er den Kleinganoven Youssef Bensoussan (Richard Anconina), der gerade ein Moped gestohlen hat, vor der Polizei. Die beiden freunden sich in der Folge an. Als Youssef sich in Lola (Agnès Soral) verliebt und seine kriminellen Aktivitäten gefährlicher werden, bittet er Lambert um Rat. Doch auch dieser kann ihn nicht vor den Gangstern retten, die er betrogen hatte. Youssef flieht vor ihnen zu Lamberts Tankstelle und wird dort ermordet, während Lambert hilflos zusehen muss. Jetzt folgt er nur noch seiner Todessehnsucht um Youssef zu rächen. Nicht mal Lola oder der Polizist Inspektor Bauer (Philippe Léotard) können ihn davon abhalten, seinen Weg bis zum Ende zu gehen.
Claude Berri (Wasser der Hügel, 1986) schuf mit "Tchao pantin" einen tieftraurigen Film polar, der dem kalten Realismus seiner Inszenierung eine herzerwärmende Liebe zu seinen Charakteren entgegenstellt, welche die Tragödie nur noch größer werden lässt. Nicht nur den Begleitumständen der Produktion ist es geschuldet, dass der vielfach preisgekrönte Film zum Klassiker werden konnte, der nach seiner Restaurierung 2014 nun in neuer Klarheit und Schärfe erstrahlen kann. Da ist die authentische Schilderung der Lebensumstände im Pariser Migrantenviertel, der viel zu frühe Unfalltod des in Frankreich sehr beliebten Hauptdarstellers Coluche, der hier seine erste dramatische Rolle spielte und dafür prompt mit dem französischen Filmpreis Cesar ausgezeichnet wurde, die elektrisierende Darstellung des damaligen Newcomers Richard Anconina, der ebenfalls prämiert wurde und später in Olivier Marchal`s Debüt GANGSTERS (2002) die Seiten wechseln durfte, oder die wunderbare Agnès Soral, die es schnell vermag ihrem zunächst schwierigen Charakter Lola größtmögliche Sympathiewerte zu verleihen. Coluche, hierzulande am ehesten bekannt durch seine Rolle als Sohn von Louis De Funes in "Brust oder Keule" (L’aile ou la cuisse, Claude Zidi 1976), wirkt absolut glaubwürdig als übergewichtiger Tankwart mit seinen hängenden Schultern und dem watschelnden Gang, der die ganze Tristesse seines Lebens ausdrückt und bleibt es als mit brutalen Methoden vorgehender Rächer nicht weniger. Wenn wir gegen Ende des Filmes seine Lebensgeschichte erfahren, wird uns die ganze Tragweite seiner Handlungen ebenso bewusst wie die Größe der Darstellung des beliebten Komikers. Leider konnte er seine Karriere nicht fortsetzen. Es wäre wünschenswert gewesen.
Bittere Nachtballade mit großen Schauspielern über die tragische Freundschaft eines Tankwartes mit einem Kleinganoven. Meisterhaft.
LUCIE AUBRAC von Altmeister Claude Berri ist ein hochemotionales Resistance-Drama nach Tatsachen. Carole Bouquet ist als Titelheldin eine Wucht, an ihrer Seite brilliert Daniel Auteuil, während Star-Regisseur Patrice Chereau einen Anführer des Widerstands gibt und Heino Ferch als Nazi-Sau Klaus Barbie überzeugt. Der perfekt ausgestattete Film erzeugt von der ersten Minute an Spannung und eine beklemmende Atmosphäre, welche die Schrecken jener Jahre universell spürbar werden lassen. Großer Dank gebührt hier dem Sender arte, der eine Synchronisation anfertigen ließ und das Meisterwerk so dem deutschen Publikum 26 Jahre nach seiner Premiere auf der Berlinale zugänglich macht.
AMICO, STAMMI LONTANO ALMENO UN PALMO von Michele Lupo, hierzulande auch bekannt als BEN UND CHARLIE, mit Giuliano Gemma und George Eastman, der auch das Drehbuch mit verantwortet, ist eine ziemlich originelle Italo-Western-Komödie mit ernsten Untertönen, die sich nicht allein auf Haudrauf und Klamauk verlässt. Der ausgezeichnet fotografierte und inszenierte Film weist einzig im finalen Drittel ein paar Längen auf, wenn sich die Geschichte langsam zum blutigen Showdown hin entwickelt und der sonst so lockere Tonfall einer gewissen Melancholie weicht.
EN PLACE von und mit Comedian Jean-Pascal Zadi ist eine erfrischende Mischung aus Sozialkomödie und Wahlkampfmärchen um einen Sozialarbeiter aus den Banlieues, der durch Zufall zum Präsidentschaftskandidaten wird. Dabei profitiert die aus sechs halbstündigen Folgen bestehende Serie enorm von den lebensechten Charakteren und den inhaltsstarken Dialogen, auch für Situationskomik ist gesorgt. Das Highlight war für mich jedoch der Auftritt von Benoît Poelvoorde als schmierigem sozialdemokratischen Bürgermeister, der ebenfalls für das höchste Amt kandidiert. Bei dessen für ihn typischen Improvisationen, bleibt einem wiederholt das Lachen im Halse stecken. Ist die Thematik insgesamt auch alles andere als neu, wird sie hier doch mit ganz eigenem unverstellten Blick präsentiert und sorgt für amüsante Unterhaltung.
DESCENTE AUX ENFERS von Francis Girod nach einem Roman von David Goodis, aus dessen Feder viele Vorlagen für den Film Noir stammen, ist ein sehr atmosphärisch beginnend und endendes Kriminaldrama mit starken Bildern und gutem Schauspiel, welches seinerzeit einen kleinen Skandal auslöste, weil der über fünfzigjährige Claude Brasseur hier mit seiner gerade zwanzigjährigen, früheren LA-BOUM-Filmtochter Sophie Marceau die Laken wälzt. Für Erotik und Fremdscham ist also hinreichend gesorgt, leider auch für einigen Leerlauf, weshalb der nicht besonders gut gealterte Film zwar sehenswert ist, aber kein Must-See darstellt (Marceau-Fans ausgenommen).
MARLOWE von Neil Jordan ist die erste Verfilmung um den berühmten Privat-Detektiv, die nicht auf einem Original-Roman von Raymond Chandler basiert, sondern den vor ein paar Jahren erschienenen Roman DIE BLONDE MIT DEN SCHWARZEN AUGEN von Benjamin Black als Vorlage verwendet. Zudem ist es eine europäische Co-Produktion mit größtenteils britischer Besetzung, was Erinnerungen an Michael Winners völlig missratenen THE BIG SLEEP von 1978 wach werden ließ. Letztlich ist diese Skepsis unbegründet, denn Neil Jordan, der schon einige hervorragende Noir-Krimis gedreht hat, lässt das Los Angeles der 1930er Jahre stimmungsvoll auferstehen und sein Film sieht wirklich fantastisch aus, allerdings etwas zu clean. Neeson ist natürlich viel zu alt für die Rolle und der bemüht komplex aufgeladene Plot lässt es betont langsam angehen, was ganz dem Alter seines Hauptdarstellers entspricht. Überhaupt ist es ein Film, der für sich genommen als klassischer Detektiv-Film ganz okay ist, der sehr gut ausgestattet und gespielt ist, was auch der ausgezeichneten Besetzung geschuldet ist, bei dem aber dieses typische Marlowe-Feeling der Romane und einiger Verfilmungen einfach nicht aufkommen will. Der geschmeidige Flow der früheren Thriller von Neil Jordan will sich hier nicht einstellen, weshalb wir zwar einen knapp überdurschnittlichen Krimi zu sehen bekommen, doch leider eine gescheiterte Marlowe-Verfilmung, was aufgrund der Seltenheit einer solchen sehr schade ist.
MORDENE I KONGO von Marius Holst ist ein hartes Drama über zwei norwegische Abenteurer, die sich für einen Auftrag im Kongo anheuern lassen. Als bei einer Nacht-und-Nebel-Aktion ihr Fahrer den Tod findet, landen sie für Jahre im Knast. Das auf Tatsachen beruhende Werk besticht durch seine sachliche Distanz zu den Protagonisten, ebenso wie zum Geschehen und bietet vor allem (wieder einmal) Aksel Hennie Gelegenheit zu glänzen. Der Fall sorgte seinerzeit international für Furore und findet hier kritischen Widerhall. In der arte-Mediathek.
THE EQUALIZER 3 von Antoine Fuqua schlägt einen beinahe gänzlich anderen Ton an als seine beiden Vorgänger und ist gerade deshalb ein nahezu perfekter Action-Thriller, der sich mindestens auf demselben Niveau derer bewegt. Interessant bei Fuqua ist, dass man immer merkt, wenn er Bock hat. Arbeitet er Aufträge, wie bei Konfektionsware a'la INFINITY ab, kommt meistens nur filmischer Durchfall dabei herum, arbeitet er stattdessen mit Schauspiel-Legende Denzel Washington, dem er immerhin mal einen Hauptrollen-Oscar beschert hat, ist er jedesmal hochmotiviert und legt sich ins Zeug. So ist die Inszenierung des on Location in Italien entstandenen Films wie aus einem Guss, geradezu klassisch, dabei hochmanipulativ und ziemlich intelligent, wobei die Kamera von Robert Richardson eine enorme Rolle spielt, ebenso wie Schnitt und Soundtrack, die dafür sorgen, dass das Uhrwerk von Robert McCall auch im Kampf gegen die Camorra genauso gut ineinandergreift, wie in den ersten zwei Einsätzen. Auch der Brückenschlag zum Kanon gelingt auf so einfache wie effektive Weise. Beste Unterhaltung von einem eingespielten Team.
SEVEN CITIES OF GOLD von Robert D. Webb ist ein Abenteuer-Drama aus Hollywoods klassischer Ära, bei dem Titel und Besetzung aufregender klingen, als es tatsächlich ist. Im Jahr 1769 startet eine spanische Expedition nach Kalifornien, um dort die sagenumwobenen sieben goldenen Städte zu finden. Begleitet werden die Konquistadoren (Anthony Quinn, Richard Egan u.a.) vom Franziskaner Serra (Michael Rennie), der die Eingeborenen (u.a. Jeffrey Hunter, Rita Moreno) zu Gott führen will. Basierend auf einer Roman-Biographie über den Mönch, steht dieser klar im Zentrum des Films, der sich bereits nach einem Drittel seiner Laufzeit von der titelgebenden Suche abwendet und sich stattdessen auf die Missionsarbeit des Gottesmannes konzentriert, wobei beträchtliche Längen entstehen, welche die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Probe stellen. Die prächtigen Bilder von Lucien Ballard und die hochwertige Austattung entschädigen jedoch für manche inhaltliche Schwäche. Da ich den Film als Kind mal gesehen habe und ihn als deutlich besser in Erinnerung hatte, war ich nun doch etwas enttäuscht, keinen vergessenen Klassiker wieder entdeckt zu haben.
RIDE OUT FOR REVENGE von Bernard Girard ist ein recht ungewöhnlicher Vertreter seiner Zunft. Der von Kirk Douglas produzierte Film besticht durch seine politische Haltung und die bodenständige Machart, zudem ist er hervorragend besetzt und gespielt. Allerdings ist er nicht besonders innovativ inszeniert und das Budget schien ziemlich schmal gewesen zu sein. Lloyd Bridges gibt einen fiesen Armee-Kommandanten, während Rory Calhoun als aufrechter Marshal mit moralischem Kompass für die Rechte der Indianer eintritt, die sich nicht einfach abschieben lassen wollen. Der deutsche Titel ist hier ausnahmsweise mal treffender als der Originaltitel. Gibt's bei YouTube.
Sam Fuller's seinerzeit von den Produzenten verstümmelte Unglücksproduktion lässt ihre inhaltliche Tiefe zumindest noch erahnen, inszenatorisch und darstellerisch gibt es wenig zu mäkeln, und doch ist fraglos der Wurm drin. Vielleicht kommt mal ein Director's Cut ... (?)
THE DEADLY TRACKERS von Barry Shear ist eine immer noch außergewöhnliche Film-Ruine voller komplexer Charaktere und hoher Themen-Vielfalt, dazu hervorragend gespielt und sicherlich einer der härtesten Vertreter seiner Zunft. Der Film wurde 1972 in Spanien unter der Regie und nach dem Drehbuch von Samuel Fuller mit dem Titel "Riata" begonnen, der sein Drehbuch als eines der besten bezeichnete, welches er je geschrieben habe. Auseinandersetzungen mit dem Hauptdarsteller Richard Harris führten nach zehn Wochen zum Abbruch der Dreharbeiten und - 1973 - zu neuem Regisseur und neuem Autor, Barry Shear und Lukas Heller. In Mexiko wurde unter dem neuen Titel "The Deadly Trackers" fast vollständig neu gedreht. Der einzige verbliebene Darsteller aus der ursprünglichen Besetzung war Richard Harris. Von Fuller's ursprünglicher Version war so gut wie nichts mehr übrig geblieben.
NO SUDDEN MOVE von Steven Soderbergh ist ein exquisit gefilmter Gangster-Film mit großer Star-Besetzung bis in die kleinsten Nebenrollen. In den vergangenen dreißig Jahren kehrte der Regisseur immer wieder zum Film Noir zurück, so auch hier. Die vertrackte Story wird mit ruhiger Gangart zelebriert und dabei auf altmodische Weise mit modernsten Mitteln erzählt. Die von Soderbergh persönlich geführte Kamera wird wieder einmal zu einem wichtigen Teil des edel gefilmten Werkes, wobei interessante Perspektiven kunstvoll die Komplexität einer Geschichte unterstreichen, welche an die Kriminalromane von Richard Stark, Ross Thomas oder Elmore Leonard gemahnt. Die vielschichtigen Charaktere lassen keinerlei Identifikation zu und ein ums andere Mal überrascht der mit eiserner Konsequenz präsentierte, dialoglastige Krimi mit Wendungen, die völlig unvorhersehbar sind und ein hohes Maß an Aufmerksamkeit erfordern. Wer die nötige Geduld dafür aufbringt, wird reich belohnt.
THE KING AND FOUR QUEENS von Raoul Walsh ist der zweite von drei unterschiedlich gelagerten Western, die der King of Hollywood Clark Gable im Herbst seiner Karriere mit der Regie-Legende drehte. Mit Jo Van Fleet trifft Gable hier auf seine Meisterin, die mit ihren vier Schwiegertöchtern auf einem Goldschatz sitzt, dessen er habhaft werden möchte, wobei er all seine Verführungskünste aufwenden muss, was in schönen Screwball-Szenen aufgeht. Der schwungvolle, schwer unterhaltsame Schwank funktioniert immer noch prächtig, auch weil er der schmalen Geschichte nicht mehr Raum gibt, als unbedingt nötig.
PLAN A von Doron Paz und Yoav Paz erzählt von einem gerechten Kampf für ein falsches Ziel. Vor allem die erste Hälfte des Films ist bärenstark und man wähnt sich zunächst in 'INGLOURIOUS BASTERDS - Die wahre Geschichte', wenn eine Einheit jüdischer Soldaten für die britische Armee in den Nach-Krieg zieht, um Rache an ehemaligen SS-Funktionären zu nehmen. Die zweite Hälfte verläuft dann etwas weniger spektakulär als Thriller-Drama um eine frühere Widerstands-Gruppe, deren Ziel nichts weniger ist, als die deutsche Gesamtbevölkerung für den Mord an sechs Millionen Juden kollektiv zu bestrafen. Zusammengehalten wird der gelungene, auf Tatsachen beruhende Film durch die herausragende Leistung von August Diehl, der hier nach A HIDDEN LIFE einmal mehr seine internationale Klasse unter Beweis stellt.
THE PLUNDERERS von Joseph Pevney entstand im Fahrwasser von THE WILD ONE mit Marlon Brando und könnte deshalb auch als Halbstarken-Western bezeichnet werden. Es war der letzte von dreizehn Western in der viel zu kurzen Karriere des Jeff Chandler, in denen er, mit einer Ausnahme, immer eine Hauptrolle spielte. Wir erleben 36 Stunden in der Kleinstadt Trail City, die von vier jungen Wilden heimgesucht wird, bis ein kriegsverserter und traumatisierter Veteran dem Treiben ein Ende setzt. Als einziger Film, den der Routinier und Chandlers Stamm-Regisseur Pevney auch produzierte, besticht das Werk durch seine äußerst dichte Dramaturgie und inszenatorische Effizienz, weshalb der vergessene Film als kleines Meisterwerk gilt. Wer mit Jack Arnold's Klassiker NO NAME ON THE BULLET etwas anfangen konnte, wird auch hier seine Freude haben. 1967 drehte Larry Peerce mit THE INCIDENT ein modernes Remake.
HORS NORMES von Olivier Nakache und Eric Toledano ist ein Drama, in dem Sozialarbeitern als Alltags-Helden ein Denkmal gesetzt wird und dabei jenen eine Stimme gibt, die keine Lobby haben. Realistisch und berührend.
HYPNOTIC von Robert Rodriguez ist, nach eigener Aussage, so etwas wie der Hitchcock-Film des Regisseurs, auch wenn der Vergleich etwas hinkt, denn der Zuschauer weiß kaum jemals mehr, als der Protagonist. Dennoch rutscht dieser in eine INCEPTION-meets-TOTAL-RECALL-Burrito-Style-Texicana, die teilweise in den bekannten Kulissen von Rodriguez' BATTLE ANGEL: ALITA stattfindet. Der Regie-Tausendsassa ist aber klug genug, um reichlich falsche Fährten zu legen in seinem manchmal ziemlich brachialen und dreckigen B-Movie-Mindfuck, der im Spätprogramm sicherlich am besten aufgehoben ist, auch wenn er hierzulande auf beschämend wenigen Leinwänden zu sehen ist. Etwas das klar der Tatsache geschuldet ist, dass der Kult-Regisseur hiermit in den Staaten eine handfeste Bruchlandung an der Kinokasse hingelegt hat. Das sollte den geneigten Filmliebhaber jedoch nicht abhalten.
MAN HUNT von John Woo ist ein launiger Action-Thriller voller Selbst-Zitate, den der Meister genauso auch in den 1990er Jahren hätte drehen können. Die beiden Hauptdarsteller machen einen guten Job und die Action stimmt, wenn auch die Handlung etwas verwirrend ist, was aber bei Woo noch nie eine übergeordnete Rolle gespielt hat. Der Spaß an der Sache steht im Vordergrund und ein Augenzwinkern ist ebenfalls stets dabei. Er kann's noch.