EddieLomax - Kommentare

Alle Kommentare von EddieLomax

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    EddieLomax 07.08.2023, 19:35 Geändert 07.08.2023, 19:42

    CATCH 22 von Mike Nichols konnte so wohl nur in der Hochphase des NEW HOLLYWOOD entstehen, zu sehr ignoriert er die üblichen Sehgewohnheiten, zu wenig wird sich auf eine Handlung fokussiert, zu fragmentarisch und nonlinear wird der zugrunde liegende Roman abgebildet. Es hilft vielleicht zu verstehen, wenn man weiß, dass Nichols nur Elemente des Buches verwendete und es den Schauspielern überließ, sich die Charaktere anzueignen. Womit wir bei Alan Arkin sind, der berühmt für seine Improvisationen war, dessen gesamte Arbeitsweise auf diesem Prinzip fusste. Für mich der Anknüpfungspunkt, denn wenn es in diesem Film eine Hauptfigur gibt, die sozusagen die Handlung vorantreibt, dann ist es sein Yossarian, ein Soldat der es satt hat weiter Einsätze zu fliegen und deshalb mit allen Mitteln versucht, nach Hause geschickt zu werden. Doch je absurder seine Aktionen werden, desto verrückter entwickelt sich das Geschehen um ihn herum. Ein wahres Schaulaufen von Stars in weiteren Rollen sorgt für die Unterhaltung, welche der Film auf den ersten Blick verweigert. Somit ein Anti-Kriegsfilm par exellence, auch ein Anti-Film, aber auch ein Film der es wert ist, mit anderen Augen betrachtet zu werden. Lässt man sich darauf ein, kann man vielleicht etwas mitnehmen. Ich habe CATCH 22 nun zum ersten Mal gesehen und ganz sicher nicht zum letzten Mal.

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      Fernando Truebas spanischer Liebesreigen am Vorabend des politischen Umbruchs Mitte der 1930er Jahre ist wortgewaltig und leidenschaftlich, etwas frivol und äußerst komisch, bisweilen auch bitter und dabei sehr unterhaltend.

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        THE GREASY STRANGLER von Jim Hosking ist ein kleines Meisterwerk des schlechten Geschmacks. Der No-Budget-Film funktioniert auf mehreren Ebenen als Satire, Killer-Comedy und Horror-Groteske der einfallsreichen Art und beweist, dass man nicht unbedingt ein großes Budget braucht, wenn man mit guten Ideen und ambitionierten Mitwirkenden auf vermeintlich ausgetretenen Pfaden mit frischem Blickwinkel arbeitet. Dabei macht es sich das Kleinod irgendwo zwischen Jim Jarmusch und John Waters in der Nische bequem, bedient sowohl den abseitigen Humor, als auch die queere Ecke und bleibt zudem jederzeit unvorhersehbar und originell. Eine wohltuende Überraschung im Genre-Einerlei.

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          EddieLomax 06.08.2023, 13:27 Geändert 06.08.2023, 16:15

          THE HURRICANE von John Ford ist bei weitem nicht so bekannt wie seine Western oder einige andere Filme außerhalb des Genres, bietet aber mit seiner spektakulären Inszenierung des Katastrophen-Szenarios mehr als genug Schauwerte, die seine Begutachtung rechtfertigen. Wobei davon abgesehen für den filmhistorisch interessierten Zuschauer ein John-Ford-Film natürlich immer sehenswert sein sollte. Allerdings legt der legendäre Regisseur hier seinen Fokus zunächst auf eine melodramatische Liebesgeschichte im Schatten des Kolonialismus, an dessen Politik Ford (einmal mehr) kein gutes Haar lässt. Es gibt viel Südsee-Folklore gepaart mit Gesellschaftskritik, bis im letzten Drittel der titelgebende Sturm alles hinwegfegt. Vorgetragen wird das Ganze neben dem attraktiven Hauptdarsteller-Pärchen Hall/Lamour, von Ford-Regulars wie Thomas Mitchell und John Carradine mit starken Auftritten. Der wahre Star des Films ist aber der Hurricane.

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            JOAQUIN MURRIETA von George Sherman zeigt die Legende der Titelfigur, einer Art Robin Hood Kaliforniens, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts sein Unwesen getrieben haben soll. Bis heute wird bezweifelt, ob er wirklich existiert hat oder sich die Legende aus verschiedenen Personen und deren Taten gespeist hat, ganz ähnlich wie es beim Rächer vom Sherwood Forest gewesen sein soll.

            Murrieta kommt mit seiner jungen Frau aus Sonora nach Kalifornien, um dort als Goldsucher sein Glück zu machen. Dabei stößt er wegen seiner mexikanischen Herkunft auf Ausgrenzung und Rassismus, was sogar soweit führt das er, kaum hat er eine Goldader gefunden, überfallen und ausgeraubt wird, während seine nun schwangere Frau vergewaltigt und ermordet wird. Er allein überlebt und lebt fortan nur noch für die Rache. Als er dann auf eine Bande mexikanischer Räuber trifft, wird er zu ihrem Anführer und kennt sein neues Ziel, nämlich alle Weißen aus Kalifornien zu vertreiben. In seinem einzigen Freund aus seiner Zeit als Goldsucher, dem Sheriff Love, findet er seinen Gegner.

            Soviel zur Handlung des Filmes, den der amerikanische Western-Routinier Sherman 1965 mit seinem Star Jeffrey Hunter in Spanien drehte. Dennoch kommt das Werk nicht wie einer dieser billigen Paella-Western von der Stange daher, sondern sieht sehr hochwertig und edel aus, ist formidabel besetzt und inszeniert und wirkt durch und durch wie eine amerikanische Studio-Produktion mit einigen Schauwerten und vielen Statisten. Einzig die Länge des Werkes mit 107 Minuten hätte gut eine Viertelstunde kürzer ausfallen können, wie die meisten US-Filme des Regisseurs zuvor, da sich doch ein paar Längen bemerkbar machen. Jeffrey Hunter spielt seine alleinige Hauptrolle erstklassig und beweist einmal mehr seine Fähigkeit ambivalente Charaktere zu verkörpern. Ihm gegenüber steht der stets verlässliche, verdiente Charakter-Darsteller Arthur Kennedy, der hier mal eine gänzlich positive Figur verkörpern darf. Außerdem gefällt Roberto Camardiel als Murrieta's rechte Hand Drei-Finger-Jack, dem niemals ganz zu trauen ist. Der sehr seltene Film ist mittlerweile in atemberaubender Qualität verfügbar.

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              THE RUSSIANS ARE COMING! THE RUSSIANS ARE COMING! von Norman Jewison, nach einem Drehbuch von William Rose, der zuvor mit IT'S A MAD, MAD, MAD, MAD WORLD reüssierte, schlägt in eine ähnliche Kerbe wie der Vorgänger. Eine dumme, vermeidbare Situation löst eine Kettenreaktion von Ereignissen aus, die bald völlig aus dem Ruder laufen. Wobei hier das klassische amerikanische Slapstickprinzip zugunsten einem ziemlich wahrhaftig erzählten, besonnenen und völkerverständigen Verlauf untergeordnet wird. Man spürt bereits, dass sich die Zeiten in Hollywood ändern sollten. Vor allem Alan Arkin als russischer Leutnant, der die meiste Zeit versucht ist, durch sein zielgerichtetes Vorgehen den Ablauf klein zu zu halten, besticht durch sein hintergründiges und verschmitztes Spiel.

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                Fort Apache: Captain Victor Kaleb (Bekim Fehmiu) kehrt tief traumatisiert nach einem Patrouillenritt zurück und muss sich sogleich vor Major Wade Brown (Richard Crenna) verantworten. Denn nachdem er seine von marodierenden Apachen beinahe zu Tode gequälte Frau von ihren Schmerzen erlösen musste, begab er sich entgegen anders lautender Befehle umgehend auf die Jagd nach den Tätern. Dabei war er gemeinsam mit seiner Einheit, geführt von den beiden Scouts Natachai (Ricardo Montalban) und Tattinger (Slim Pickens), eigentlich nur auf einen Aufklärungsritt geschickt worden, um die Position von Chief Mangus Durango, dem Anführer der Apachen, festzustellen. Brown, der Kaleb gemäß der Vorschriften zur Rechenschaft ziehen will, wird von diesem im Jähzorn niedergeschossen und verletzt, worauf Kaleb desertiert, um allein in der Wildnis auf Apachenjagd zu gehen.
                Zwei Jahre später erreicht General Miles (John Huston) in Begleitung des britischen Offiziers Cpt. Crawford (Ian Bannen) das Fort. Der General will ein für allemal Schluss mit den andauernden Attacken der Apachen machen. Dafür ist ihm jedes Mittel recht. Er lässt Kaleb zurückholen um ihm ein Angebot zu unterbreiten. Kaleb soll eine Gruppe von Kämpfern zusammenstellen und nach Indianerbrauch ausbilden, die dann mit ihm über die Grenze nach Mexiko gehen, Mangus Durango finden, angreifen und vernichten sollen. Er sucht sich die verschiedensten, aus seiner Sicht geeigneten Männer (u.a. Chuck Connors, Woody Strode und Patrick Wayne) nach Fähigkeiten und Charakter aus und beginnt mit der strapaziösen Ausbildung. Bereits hier bleiben einige Männer auf der Strecke. Mit den restlichen fünfzehn Mann sowie Major Brown, begibt er sich auf den Weg zu der Bergkette in Mexiko, bei der Mangus Durango sein Lager hat. Dem Rückgrat des Teufels.

                1970, sechs Jahre nach RIO CONCHOS und fünf Jahre nach MAJOR DUNDEE, schickt dieses Mal der ambitionierte italienische Produzent Dino De Laurentiis (DIE BIBEL) wieder eine Einheit der US-Kavallerie über den Rio Grande nach Mexiko, um einen Apachen zu jagen. Unter anderen Vorzeichen versteht sich. Nach dem Siegeszug des Italo-Western, auch in den USA, versammelt De Laurentiis ein All-Star-Cast, dass sich sehen lassen kann. Mit Burt Kennedy (HANNIE CAULDER) ist ein Western-Profi als Regisseur an Bord. Für das Drehbuch wurde der Schriftsteller Clair Huffaker verpflichtet, der schon für den ähnlich gelagerten RIO CONCHOS verantwortlich zeichnete. Die restliche Arbeit wurde einem Stab überlassen, der sich aus Leuten der Co-produzierenden Länder Italien und Jugoslawien zusammensetzt. Der gute Soundtrack stammt von Piero Piccioni. Die Ideen-Grundlage für diesen Western entstammt mit großer Sicherheit dem Robert-Aldrich-Klassiker DIRTY DOZEN, der drei Jahre zuvor alle Kassenrekorde gebrochen hatte. Ein Men-On-A-Mission-Movie also. Nur im wilden Westen. Vom Konzept her betrachtet eine sichere Nummer. Bei nur 95 Minuten Laufzeit nicht gerade breit angelegt, machen sich nach gutem Auftakt mit dem zweiten Drittel bereits einige Längen bemerkbar, die aber durch einigermaßen interessante Konflikte gepaart mit anständig inszenierten Action-Szenen überspielt werden können. Größere Spannungsmomente halten sich in erträglichen Grenzen, während zum Ende hin deutliche Zugeständnisse gemacht werden müssen. Bei einem reinen Exploitation-Western etwas zu wenig. Ein Film der Oberfläche. Der Zuschauer wird jedoch trotzdem über die gesamte Laufzeit irgendwie bei Laune gehalten. Dafür sorgen die Stars, die zwar nicht überambitioniert aber doch mehr als solide agieren. Zum Finale hin entsteht noch mal ein bisschen Spannung, die sich dann in einem der brutalsten Überfälle auf ein Indianerlager entlädt, der je über die Leinwand flimmern durfte. Härter ging es da nur in Ralph Nelson's SOLDIER BLUE zur Sache, wenn ich mich recht entsinne. Ideologisch hinterfragen sollte man das freilich nicht. Allein die Darstellung der Indianer als gesichtslose Dämonen, die nach persönlichem Gusto einfach abgeschlachtet werden dürfen, finde ich problematisch. Aber hier weiter zu gehen würde der Sache auch nicht gerecht werden, haben wir es doch hier mit einem reinen Action-Western ohne größeren Anspruch zu tun. Alles in allem ein gut konsumierbarer Himmelfahrtskommando-Western, dem kurz vor Schluss beinahe die Puste ausgeht, der aber durch einen tollen Cast und die versierte Regie Burt Kennedy's durchaus zu unterhalten vermag.

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                  EddieLomax 03.08.2023, 08:56 Geändert 03.08.2023, 09:25

                  THE DESPERADOS von Henry Levin ist ein Bürgerkriegs-Western um eine Bande von marodierenden Freischärlern, angeführt von Jack Palance und seinen Filmsöhnen, für die auch nach dem Ende des Krieges der Kampf weitergeht und zudem ist das Werk eine ziemlich zerfahrene Angelegenheit. Gerade von Levin, der mit THE MAN FROM COLORADO (1948) und THE LONELY MAN (1957, ebenfalls mit Jack Palance) u.a. eigentlich über hinreichend Erfahrung im Western-Genre verfügte, war eine solch unreflektierte Schieß-Orgie nicht zu erwarten. Hier wird eindeutig in Richtung Italo-Western geschielt, Grausamkeiten und Zynismen geben sich die Hand, massives Overacting gepaart mit inhaltlicher Oberflächlichkeit, voller Reit-Action und Rumgeballer, das Ganze inszeniert wie Shakespeare auf Speed, nur dramaturgisch völlig zerfahren. Will sagen, für Unterhaltung ist gesorgt, wenn auch mit deutlich missverstandener Intention.

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                    Die Lehrerin Gail (Meryl Streep) plant zum Geburtstag ihres halbwüchsigen Sohnes Roark (Joseph Mazzello) eine Rafting-Tour in Idaho. Sie ist nicht sehr überrascht als ihr Mann Tom (David Strathairn), ein Architekt, mal wieder aus beruflichen Gründen absagt. Also fährt sie kurzerhand allein mit dem Filius und dessen jüngerer Schwester. Am Salmon River angekommen, werden sie von Gails Eltern (Elizabeth Hoffman und Victor Galloway) empfangen, die alles für den Trip vorbereitet haben. Die kleine Willa (Stephanie Sawyer) soll für die Dauer der Flußfahrt bei ihren Großeltern bleiben. Am Startpunkt lernen Gail und Roark den sympathischen Wade (Kevin Bacon) kennen, der mit zwei anderen (u.a. John C. Reilly) ebenfalls im Begriff ist dieselbe Tour zu machen. Roark ist ganz begeistert von diesem lockeren und gut gelaunten Mann, der so ganz anders als sein strenger Vater ist. Auch Gail findet den sportlichen Typen auf Anhieb attraktiv. Kurz bevor sie starten trifft Tom doch noch ein. Er erklärt, den Geburtstag seines Sohnes nicht versäumen zu wollen und das er auch nebenbei an seinen Projekten arbeiten könne. Gemeinsam brechen sie auf. Gail ist begeistert, hat sie schließlich die Tour in ihrer Jugend schon einmal gemacht und das Rudern nie aufgegeben. Außerdem kennt sie den Fluß, da sie hier aufgewachsen ist, wie ihre Westentasche. Die ersten Kilometer verlaufen problemlos. Dann stoßen sie jedoch auf Wade und seinen Begleiter Terry, die ihnen erzählen, dass ihr Führer Frank, der dritte Mann, sich einfach aus dem Staub gemacht habe nachdem sie angelegt hätten. Wade bittet Gail mitfahren zu dürfen, weil er die Tour gerne beenden würde und Gail kenne sich ja aus. Sie willigt ein. Je weiter die Fahrt voran geht, desto aufdringlicher wird Wade. Langsam beginnt Tom an der Integrität der zwei Männer zu zweifeln und kurz darauf befindet sich die Familie in höchster Gefahr. Das die schlimmsten Stromschnellen noch vor ihnen liegen wird bald ihr geringstes Problem sein.

                    Nachdem sich Curtis Hanson Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger Jahre mit einigen hervorragenden Thrillern wie BAD INFLUENCE (1990) einen Namen gemacht hatte, fiel die Wahl Meryl Streeps, die endlich mal einen Action-Film drehen wollte, auf den aufstrebenden Regisseur. Hitchcock-Verehrer Hanson erweist sich als absoluter Glücksgriff, der die Lehren des Suspense-Großmeisters begriffen hat. Ähnlich wie dieser in bspw. THE MAN WHO KNEW TOO MUCH (1956), stellt Hanson eine gutbürgerliche amerikanische Familie in den Mittelpunkt seiner in bester Erzähltradition vorgeführten Geschichte. Gail und Tom sind ein Paar welches Probleme hat, die im Angesicht der Gefahr dem Familienzusammenhalt weichen. Sie bilden eine Wertegemeinschaft, die sich absolut gleichberechtigt jederzeit auf Augenhöhe begegnet. Die glaubwürdige und subtil gespielte Beziehung der beiden bildet das Fundament für diesen Thriller, dessen inszenatorische Dichte keinerlei Ballast aufweist. Man ahnt natürlich was da auf den geneigten Zuschauer zukommen wird, ist es schließlich Kevin Bacon hinter dessen freundlichstem Grinsen auch immer eine gewisse Unwägbarkeit lauert. Dennoch entwickelt sich die Story erstaunlich unvorhersehbar, von einigen Suspense-Standards abgesehen. Und das in den heutigen, scheinbar immer zynischer werdenden Zeiten der Familienhund überlebt, ist (vor allem für Hundebesitzer) schön zu sehen. So etwas kommt ja im zeitgenössischen Kino kaum noch vor. Eingebettet in eine grandiose, zudem von Kameramann Robert Elswit erlesen gefilmte Naturkulisse, wird die atemberaubende Landschaft zum dritten Hauptdarsteller und auch konsequent genutzt. Das wiederum erinnert an die Filme Anthony Manns, der die Natur ebenfalls nicht nur als schön anzusehende Kulisse nutzte. Der wunderschöne klassische Soundtrack stammt von Altmeister Jerry Goldsmith. Die großartige Meryl Streep führt das überschaubare Darsteller-Ensemble mit Bravour und einer Leichtigkeit, die ein wenig bedauern lässt, dass Frau Streep nicht mehr Filme dieses Genres gemacht hat. Der stille Star an ihrer Seite ist David Strathairn, der mit seiner zurückhaltenden aber aufrechten Art ein wenig an Gary Cooper erinnert. Kevin Bacon und John C. Reilly, hier noch schlank, harmonieren prächtig als Verbrecher-Duo auf der Flucht, wobei Bacon klar die stärkeren Akzente setzen kann. Insgesamt ist THE RIVER WILD - AM WILDEN FLUß eine überaus gelungene Angelegenheit für alle Beteiligten, ein Familien-Thriller von höchst professioneller Machart. Curtis Hanson drehte danach, nun bestens geschult in Thrill und Action, sein Opus Magnum L.A. CONFIDENTIAL. Wer sich also für handgemachte Old-School-Thriller in der Tradition von MÖRDERISCHER VORSPRUNG (Roger Spottiswoode 1988) oder AUF MESSERS SCHNEIDE (Lee Tamahori, 1997) begeistern kann, sollte unbedingt einen Blick riskieren.

                    Familien-Thriller der spannenden Art mit Großschauspielerin Meryl Streep in ungewohnter Action-Rolle.

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                      CA$H von Éric Besnard ist eine elegant-stilvolle Gaunerkomödie die etwas mehr Schwung vertragen könnte und gerne cleverer wäre als sie ist, aber Dank der guten Besetzung und einiger Story-Kapriolen anständig zu unterhalten vermag.

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                        600 KILOS D'OR PUR von Éric Besnard (Drehbuch: Besnard/Nicolas Boukhrief) ist ein stark bebildertes Dschungelabenteuer um Gold, Gier und Tod, dem es gelingt seiner eigentlich abgenutzten Geschichte durch die Vermeidung von Klischees, einigen cleveren Regie-Einfällen und gut gezeichneten Charakteren einiges Interesse abzugewinnen.

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                          DÉLICIEUX von Éric Besnard, der gemeinsam mit Nicolas Boukhrief auch das Drehbuch schrieb, ist eine kulinarische Historien-Dramödie vor dem Hintergrund der nahenden französischen Revolution. Der Leibkoch eines Adligen wird trotz herausragender Leistung geschasst und verdingt sich fortan auf dem Hof des Vaters, bis eine geheimnisvolle Frau auftaucht, die bei ihm in die Lehre gehen will. Von da an mit neuem Lebensmut ausgestattet, gründet er das erste Restaurant. Ein sehr schöner Film, der zwar nicht ganz die Qualität des ähnlich gelagerten VATEL (2000) mit Gérard Depardieu erreicht, jedoch ein weiterer Beweis der überaus fruchtbaren Zusammenarbeit von Besnard und Boukhrief, die seit zwanzig Jahren über alle Genre-Grenzen hinweg immer wieder sehenswerte Thriller, Abenteuerfilme oder Komödien schaffen, bei denen mal der Eine, mal der Andere Regie führt, dass es eine wahre Freude ist. Sie seien hiermit ausgiebig gewürdigt.

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                            THE WATCH von Akiva Schaffer ist eine anfangs lustige, dann nur noch zotig-peinliche Alien-Komödie.

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                              OPPENHEIMER von Christopher Nolan ist nichts weniger als die triumphale Rückkehr des Ausnahme-Regisseurs mit seinem ganz sicher wichtigsten, vielleicht besten Film, nachdem der unmittelbare Vorgänger doch weniger überzeugen konnte. Es liegt nicht nur an der Hinwendung zu einem Stoff, der uns in Zeiten des Umbruchs wie den unseren, wieder an die Gefahren einer atomaren Auseinandersetzung erinnert, vielmehr macht er mit einem Dialog-Marathon sondergleichen von Anfang an klar, dass die zu bearbeitenden Probleme und Konflikte zunächst einmal einer ausgiebigen und unmissverständlichen Kommunikation bedürfen, der im Anschluss klare Handlungen folgen müssen, die lösungsorientiert und pragmatisch sein sollten, um die sich zunehmend auftürmenden Hindernisse zu überwinden. Dabei gelingt es Nolan erstmals n.m.M. in der Geschichte des Films, die Person des J. Robert Oppenheimer greifbar, seine Beweggründe nachvollziehbar und schließlich seine Arbeit in all ihrer Komplexität einer breiten Masse von Kinozuschauern zugänglich zu machen, wie es bisher ohne Beispiel ist. Sicherlich konnte THE DAY AFTER seinerzeit der Atom-Angst Ausdruck verleihen und FAT MAN AND LITTLE BOY etwas später eine Chronik der Vorgänge in Los Alamos vermitteln, doch erst OPPENHEIMER gelingt es, den Bogen zu schlagen vom individuell menschlichen zum weltumspannenden großen Ganzen, in all seiner Fülle und Erfordernis. Von der ersten Minute an schlägt das Werk in seinen Bann, fordert Aufmerksamkeit, Sitzfleisch und starke Nerven (allein das Sounddesign ist bereits eine Herausforderung). Und doch schafft es Nolan, trotz seiner typischen kühlen Distanz, die ihn zu einem Wiedergänger Kubricks werden ließ, dieses Mal einen emotionalen Kern zu formen, der schlussendlich zu Tränen rührt und so der Sache in Form und Aussage gerecht wird. Müßig zu erwähnen, dass die Ensemble-Leistung schlicht herausragend ist und wenn es jemals ein perfektes Casting gegeben hat, dann ist es Cilian Murphy als Titel-Charakter. Besondere Erwähnung verdient auch die Arbeit von Robert Downey jr., der endlich mal wieder in einer richtigen Rolle zu sehen ist, sowie die Darbietung von Emily Blunt, sie ist Herz und Seele dieses Meisterwerks. Lasst es Oscars regnen!

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                                DOM HEMINGWAY kommt aus dem Knast und will sein Geld zurück. Als Entschädigung für sein Schweigen. Es kommt zu einem tödlichen Zwischenfall, in dessen Folge er nicht nur seiner Tochter und seinem Enkel wieder nahe kommen will, auch beginnt er an seiner Lebensauffassung zu zweifeln - naja, vielleicht doch nicht. Jude Law lässt in der Rolle seines Lebens mal so richtig die Sau raus in diesem völlig abgefahrenen Brit-Gangster-Movie der derben Art.

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                                • THE BAKER von Gareth Lewis ist eine feine kleine Brit-Comedy um einen Killer in der Krise, der auf Bäcker (!) umsattelt. Skurril, komisch und dabei herzhaft gespielt.

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                                    Eines schönen Tages wird Harry Wind zu Hause abgeholt. Er wird in eine Zelle gesperrt. Bald beginnt ihn ein Mann namens Rappold zu verhören. Wind weiß nicht worum es geht, geschweige denn was man ihm anlastet. Rappold bittet ihn, sein Leben aufzuschreiben. Langsam ergibt sich das Bild eines Mannes, der seiner Zeit immer ein wenig voraus war. Die Kindheit vor dem Zweiten Weltkrieg, die Zeit in den USA, die Jahre der Neustrukturierung nach dem Krieg. Harry Wind war maßgeblich an der Gestaltung seines Landes vor und hinter den Kulissen beteiligt. Erst spät wird ihm klar, das Rappold von höchster Stelle beauftragt wurde nachzuweisen, dass Wind ein Spion der Gegenseite sein könnte. Doch der ist geübt im Geschichten erzählen, Manipulation von jeher sein Geschäft. Irgendwann verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion und keiner der beiden weiß, wem er noch trauen kann, wenn alles in Frage gestellt wird. Wenn keine Unterscheidung von Wahrheit und Lüge mehr möglich ist.

                                    Die komplexe und zugegeben etwas sperrige Verfilmung des Romanes DAS VERHöR DES HARRY WIND von Walter Matthias Diggelmann ist ein sehenswertes Stück schweizerischer Vergangenheitsaufarbeitung in dem besonders Klaus Maria Brandauer durch sein zurückgenommenes Spiel beeindruckt. Die Romanhandlung wurde von Produzent und Drehbuch-Autor Alex Martin einmal auf links gekrempelt, soll heißen, im Gegensatz zum Roman wird hier die Perspektive gewechselt. Nicht mehr Wind steht im Mittelpunkt, sondern Rappold, was der filmischen Bearbeitung eines Politdramas entgegenkommt. Das hat zur Folge, dass die im Roman immer breiter aufgefächerte Familiengeschichte Winds hinter Rappolds Ermittlungsarbeit zurückstehen muss. So entsteht allerdings ein ziemlich genaues Bild der Ära des Kalten Krieges zwischen der Bedrohung durch den Kommunismus und der daraus resultierenden Atomangst in Folge massiver Aufrüstung.

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                                      EddieLomax 27.07.2023, 08:43 Geändert 27.07.2023, 23:36
                                      über Dragon

                                      Heute feiert Donnie Yen seinen 60. Geburtstag - Herzlichen Glückwunsch!

                                      Für mich ein Grund, einen seiner besten Filme zu würdigen.

                                      WU XIA von Peter Chan ist ein stilvolles, mit ruhiger Hand inszeniertes Martial-Arts-Drama auf den Spuren von David Cronenberg's A HISTORY OF VIOLENCE (2005), welches die Geschichte vom Familienvater (Yen) mit dunkler Vergangenheit in das China des frühen 20. Jahrhunderts verlegt und mit clever choreographierten Kampfszenen punktet. Die Besetzung kann sich sehen lassen, denn wir erleben neben dem Meister selbst, Takeshi Kaneshiro als Protagonist in einem seiner rar gewordenen Filmauftritte und es gibt ein Wiedersehen mit Kampfkunst-Legende Jimmy Wang Yu auf der Gegenseite. Ein unterschätztes Werk und dabei ein Pflichtprogramm für die immer zahlreicher werdenden Fans des Hongkong-Stars.

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                                        WEIRD: THE AL YANKOVIC STORY von Eric Appel, geschrieben und produziert von Appel und Al Yankovic selbst, der auch in einer Nebenrolle zu sehen ist, wirkt zunächst wie ein klassisches BioPic mit den typischen Stationen einer Künstlerbiographie, welche brav der Reihe nach abgehakt werden, bis man sich nach dem ersten Drittel dann fragt: Warum läuft hier alles so nach Plan und wieso geht einfach jede Situation so aus, wie man es erwarten würde? Ab dann wird es jedoch immer absurder und ich erinnerte mich an die verrückten Musik-Videos aus der Hochphase von MTV, bei der Yankovic eine nicht unbedeutende Rolle spielte. So steht seine teilweise frei erfundene Biographie ganz in der Tradition seiner berühmten Parodien, die sich zunächst recht familienfreundlich, im Nachgang aber als doch ziemlich subversiv herausstellten. Kann es also gut gehen, wenn der Parodist sein eigenes Leben parodiert? Es kann, wenn es auch nicht auf den ersten Blick überzeugt. Ist die Irritationen jedoch verkraftet, funktioniert es weitgehend ordentlich, mag eventuell nach zweiter Sichtung noch hinzu gewinnen, wobei die Leistung des Ensembles über jeden Zweifel erhaben ist, obwohl die Inszenierung nicht gerade heraussticht.

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                                          EddieLomax 26.07.2023, 08:18 Geändert 26.07.2023, 08:19

                                          SE INCONTRI SARTANA PREGA PER LA TUA MORTE von Gianfranco Parolini besitzt eigentlich alles, was einen typischen Italo-Western ausmacht. Einen coolen Anti-Helden, gleich mehrere charismatische Bösewichte, viel Staub und eine Menge Schießereien. Und doch will der Funke, auch nach mehreren Sichtungen einfach nicht vollständig überspringen. Vielleicht liegt es an der zu wenig skizzierten Handlung, der unübersichtlichen Figurenkonstellation oder einfach nur am verfehlten Ziel, einen exemplarischen Genre-Beitrag zu schaffen, der gleichzeitig als Reflektion desselben funktioniert. Parolini war ein zu guter Regisseur, als das man den Film einfach abtun kann, zu viele Szenen sind wirklich großartig inszeniert und gegen Ende ahnt man, wo die Reise hätte hingehen können. Möglicherweise hat er das erkannt, die Reihe deshalb abgegeben und sich im Anschluss auf die (besseren) Sabata-Filme konzentriert, in denen der satirische Gedanke viel deutlicher geworden ist.

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                                            Die kleine pummelige Olive will zum Schönheitswettbewerb. Mit Hilfe ihres Großvaters (Alan Arkin) überzeugt sie ihre Familie zu einem Road-Trip mit Hindernissen. In einem alten gelben VW-Bus brechen sie zu einer Reise ins Ungewisse quer durch die Vereinigten Staaten auf. Das Ziel ist Kalifornien. Doch jeder in der Familie hat sein Päckchen zu tragen. Das führt schnell zu Reibereien und Streitigkeiten. Olive schafft es, dass sich alle zusammenraufen und an einem Strang ziehen um rechtzeitig zum Wettbewerb anzukommen. Allen Widrigkeiten zum Trotz schaffen sie es und erleben eine große Überraschung.

                                            Ein Goldstück von einem Film. Der unabhängig produzierte Film entwickelte sich nach mehrere Jahre dauernder Arbeit zum Festival-Hit und begeisterte anschließend ein Millionen-Publikum. Dafür hagelte es Preise, unter anderem zwei Oscars. Das mitreißende Ensemble-Stück ist ein wohltuend anderes Kleinod, welches immer wieder auf's neue zu begeistern weiß. Es ist ein Feel-Good-Movie-Of-The-Summer. Dies gilt eigentlich für jeden Sommer, funktioniert aber auch im Winter. Selten so tränenreich gelacht. Wem es hierbei nicht warm ums Herz wird, dem ist nicht mehr zu helfen. Wer es noch nicht gesehen hat. Nachholen!

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                                              THE POWER OF THE DOG von Jane Campion ist schon eine ziemlich sperrige Angelegenheit, die dem geneigten Genre-Fan viel abverlangt. Als Ranch-Melodram der extrem ruhigen Art, gemahnt Campions Inszenierung immer wieder an Douglas Sirk, der wohl etwas schwungvoller gearbeitet hätte, doch sicher seine Freude an dem Prärie-Stück gehabt haben mochte. Kein einziger Schuß trübt hier die schwere Stille in Montana, wobei mir nicht viele Western (außer FOUR FACES WEST) einfallen, in denen das ebenso ist. Kirsten Dunst hätte für mich noch etwas mehr im Mittelpunkt stehen können, ihre Figur war schon sehr interessant, doch der Fokus lag eindeutig auf Cumberbatch und Smit-McPhee, der ja schon einmal mit dem wunderbaren SLOW WEST in Neuseeland für einen Western vor die Kamera treten durfte. Der Regie-Oscar geht in Ordnung, ist sicherlich auch der Lebensleistung von Campion geschuldet, denn allein für TPOTD, der oft sehr sauber und aufgeräumt daherkommt, wäre der Preis BESTER FILM ein bisschen zuviel der Ehre gewesen. Dennoch weht hier ein frischer Wind über den alten Westen, der das dranbleiben belohnt.

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                                                MO GUI TIAN SHI von und mit Lo Lieh stellt das Regie-Debüt des vornehmlich als Antagonisten in diversen Shaw-Brothers-Klassikern bekannt gewordenen Martial-Arts-Stars dar, wobei er zumindest klarstellt, dass seine Fähigkeiten auf dem Gebiet der Inszenierung weit hinter denen seiner Kampfkunst zurückstehen, trotz einiger netter Einfälle, die den Film jedoch nicht retten können. Der übliche Rache-Plot (wofür bleibt vage) um einen Ex-Knacki an seinen früheren Auftraggebern (so weit, so POINT BLANK) im selten mal atmosphärisch eingefangenen Hongkong der frühen 70er Jahre, lockt hier wirklich niemanden hinter dem Ofen vor. Selbst die Fights bleiben in von Bruce Lee verwöhnten Zeiten unter dem Niveau. Einzig die gute Synchronisation und der dreist abgekupferte Soundtrack (Shaft, Morricone, Spencer Davis) vermögen ein paar Akzente zu setzen. Davon abgesehen gibt das Werk selbst für Genre-Afficionados nicht viel her und bleibt somit verzichtbar.

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                                                  Der professionelle Jäger Martin David (Willem Dafoe) fliegt im Auftrag eines BioTech-Konzerns nach Tasmanien. Hier soll er, nachdem sich Hinweise auf ein lebendes Exemplar des eigentlich ausgestorbenen Tasmanischen Tigers verdichten, das Tier suchen und erlegen, um anschließend die Erbinformation sicher zu stellen und für Forschungszwecke zu überführen. Unterkunft findet er bei der Familie eines vor einem Jahr verschwundenen Umwelt-Aktivisten, der ebenfalls nach dem Tier gesucht hatte. Dessen Frau Lucy (Frances O'Connor) steckt seitdem in einer tiefen Depression und ist nicht ansprechbar, während ihre beiden halbwüchsigen Kinder versuchen den Alltag allein zu meistern. In seiner Tarnung als Wissenschaftler gerät Martin mit den Mitarbeitern einer Holzfabrik aneinander, die ihn einer Gruppe von Naturschützern zurechnen, durch die sie ihre Existenzgrundlage bedroht sehen. Unterstützung erhält er von dem Einheimischen Jack (Sam Neill), der die Gegend kennt wie kein Zweiter und zudem die Familie des Aktivisten seit dessen verschwinden unterstützt. Bald stösst Martin auf Ungereimtheiten und beginnt seinen Auftrag zu hinterfragen, sieht er sich doch zunehmend in der Ausübung behindert. Unterdessen kommt er auf seinen Expeditionen dem mythischen Geschöpf scheinbar immer näher.

                                                  Mit seinem zweiten Spielfilm gelingt dem australischen Fernseh-Regisseur Daniel Nettheim ein besonderes Werk. Reduziert und ohne jegliche künstliche Dramatik spielt er nach einfachsten Regeln seine naturethische Parabel durch und kann sich dabei ganz auf seine beiden Trümpfe verlassen. Der erste dieser Trümpfe ist Willem Dafoe, der dem nicht als Identifikationsfigur angelegten Wirtschafts-Söldner bei aller anfänglichen Ambivalenz mit seiner ruhigen Professionalität eine Tiefe verleiht, die seine Wandlung vom rein geschäftlich kalkulierenden Einzelgänger zum verantwortungsbewussten und empathiefähigen Menschen und Ersatzvater absolut glaubhaft und nachvollziehbar macht. Der zweite Trumpf ist die überwältigende Kulisse der tasmanischen Landschaft, die man so noch nie in einem Film bewundern konnte. Durch die hervorragend komponierten Digital-Aufnahmen von Kameramann Robert Humphreys erfährt man eine Nähe zur Natur, die in einem Spielfilm selten erreicht wird. Besonders schön ist eine Szene, in der die Kinder auf die Lautsprecherboxen starren, die ihr Vater einst in den Bäumen befestigt hatte und aus denen nun klassische Musik dringt, nachdem Martin sie mit Strom versorgt hat. So fasziniert können nur Kinderaugen schauen. Das naturalistische Grundthema wird zudem subtil und unterschwellig aufbereitet und verzichtet dabei erfreulicherweise gänzlich auf den plakativ erhobenen Zeigefinger. Vielmehr überträgt sich die Aussage durch die Geschichte in Verbindung mit den Bildern, so dass, bei aller entstehenden Spannung, der vordergründige Gedanke unterhalten zu werden am Ende der Erkenntnis weicht, etwas wirklich gehaltvolles gesehen zu haben, dass einen noch lange beschäftigt.

                                                  Existenzialistisches Drama, dass ohne erhobenen Zeigefinger ethische und philosophische Fragen aufwirft und durch beeindruckende Naturpanoramen des unverbrauchten Schauplatzes Tasmanien zu begeistern weiß. Dafoe ist schlicht brilliant in einem Film, der lange nachhallt.

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                                                    Britisch-Kanada 1890: Die Mounties Dan Candy (Donald Sutherland) und Malcolm Grant (Kevin McCarthy) sind schon lange Partner bei der berittenen Gebirgspolizei North-West-Mounted-Police und längst Freunde. Dan Candy geht bei Grant's Familie ein und aus, verbringt viel Zeit mit dessen halbwüchsigem Sohn Edouard (James O'Shea) und ist fast zu einer Art Familien-Mitglied geworden. Er lebt seit seinem zwölften Lebensjahr in der Gegend, kennt jeden Stein und ist auch mit einigen Indianern befreundet. Er mag die Ureinwohner, respektiert ihre Lebensweise, hilft ihnen, wenn sie ihn brauchen. Eines Tages schlachtet der Cree-Indianer Almighty Voice (Gordon Tootoosis) eine wild grasende Kuh. Die zwei Sergeants erhalten den Auftrag ihn zu verhaften, weil er Eigentum der Queen beschädigt hat. Der Indianer argumentiert, dass auf dem Tier kein Brandzeichen war, lässt sich aber unter Androhung von Waffengewalt seitens Grant verhaften und einsperren. Candy, der davon nichts hält, löst abends im Suff die Fesseln von Almighty Voice, verhilft ihm so zur Flucht. Als am nächsten Tag Grant die Verfolgung aufgenommen hat, reitet ihm der verkaterte Candy nach und findet nur noch die Leiche des Freundes. Erschossen. Für ihn ist klar, dass es nur Almighty Voice gewesen sein kann. Von nun an kennt er nur noch ein Ziel. Den Indianer fangen und der Gerichtsbarkeit stellen, damit er für den Mord hängen soll. Aus der Jagd wird eine endlos scheinende Odyssee.

                                                    Der Mountie-Western ist ein kleines Subgenre im großen Western-Pool. So streiften in der Filmgeschichte beispielsweise schon Tyrone Power in DER ROTE REITER (PONY SOLDIER, Joseph M. Newman 1952) und Robert Ryan in DIE ROTE SCHWADRON (THE CANADIANS, Burt Kennedy 1961) den roten Rock über. ALIEN THUNDER - FERNER DONNER, der in den USA auch unter dem Titel DAN CANDY'S LAW lief, aus dem Jahr 1974, basiert auf einer wahren Begebenheit, die der Regisseur und Kameramann Claude Fournier als naturalistische Ballade von ruhiger Gangart verfilmte. Sein Hauptaugenmerk liegt klar auf den gezeigten Lebensumständen in dieser überwältigenden Landschaft Kanadas, die der Regisseur stets in rechte Licht zu setzen weiß. Dabei gelingen ihm poetische Bilder, welche den lyrischen Charakter seiner melancholischen Erzählung eindrucksvoll unterstreichen. Im Mittelpunkt des Geschehens steht klar der von Donald Sutherland auf der Höhe seiner Kunst portraitierte Dan Candy, ein unglaublich sympathischer Charakter, der empathisch und liebevoll mit seinen Mitmenschen umgeht, bis ihn der vermeintliche Mord zu einem Getriebenen werden lässt, der kein anderes Ziel mehr kennt, als den Täter zur Strecke zu bringen. Was wirklich passiert ist, lässt Fournier bewusst offen. Ihm ist die Schilderung der Kettenreaktion, zu der Candy's Jagd schließlich führt, mit einer völlig überzogenen Reaktion der Polizei, wesentlich wichtiger. Dabei wird einmal mehr der radikale Umgang der Eroberer mit den unterworfenen Indianern thematisiert, die jeden auch noch so kleinen Widerspruch im Keim ersticken ließen.
                                                    In einer wichtigen Nebenrolle ist der unvergessene Indianer-Schauspieler Chief Dan George (THE OUTLAW JOSEY WALES, Clint Eastwood 1976) zu sehen. Donald Sutherland und Kevin McCarthy sollten sich vier Jahre später in Philip Kaufman's Remake des Don-Siegel Klassikers INVASION OF THE BODY SNATCHERS wieder begegnen. ALIEN THUNDER war kein großer Erfolg beschieden, was angesichts der wenig publikumswirksamen Erzählweise des Filmes auch nicht verwunderlich ist. Western-Freunde und Komplettisten, oder auch einfach Leute die historisch verbürgten Geschichten etwas abgewinnen können, sollten schon einen Blick riskieren.

                                                    Zu Unrecht vergessener, ambitionierter Mountie-Western nach wahren Begebenheiten, in dem Donald Sutherland eine starke Vorstellung bietet.

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