Edward Nigma - Kommentare

Alle Kommentare von Edward Nigma

  • 3

    [...] Brian Klugmans und Lee Sternthals „Der Dieb der Worte“ ist wohl einer der unnötigsten Filme dieses Kinojahres. Hier wird der moralische Zeigefinger dem Zuschauer so tief ins Auge getrieben, dass es unmöglich ist, an diesem vorbeizuschauen. Diebstahl ist also schlecht, wer hätte das gedacht. Auch die unnötig komplizierte und stellenweise äußerst langatmige Inszenierung mindert das Filmvergnügen noch weiter. Wenn man nicht gerade ein Fan von Cooper, Quaid, Saldana oder Irons sein sollte, kann man getrost einen weiten Bogen um diesen Film machen. [...]

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    • 6 .5

      [...] Frischer Wind tut Not im Hause Blue Skye: Schon seit Jahren melkt das Animationsstudio fleißig die Franchise-Kuh zu Tode, und auch wenn „Ice Age 4 - Voll verschoben“ wieder unerwartet unterhaltsam war, könnte ja allmählich Schluss sein mit der ewigen Eiszeit. Mit dem düsteren aber dennoch kinderfreundlichen Animationsabenteuer „Epic - Verborgenes Königreichh“ ist dem Studio immerhin ein Teilerfolg gelungen. Auch wenn sich das Öko-Fantasyabenteuer inhaltlich so frisch und unverbraucht wie ein gammliger Bio-Apfel präsentiert, macht das Kinderabenteuer an einigen Stellen trotz offensichtlicher Mängel mächtig Laune. Besonders die kinderfreundlichen Actionszenen verbreiten Rummelplatzfeeling: Wenn sich kleine Waldsoldaten auf dem Rücken zahmer Kolibris wilde Verfolgungsjagden mit übellaunigen Krähen liefern, oder eine Hundertschaft der winzigen Öko-Recken gegen eine Armada tiefschwarzer Fledermäuse in den Kampf zieht, dann wird es dem Titel entsprechend auch kurz mal richtig episch. Bei solch rasanten Szenen fiebern sicher nicht nur die kleinen Kinogäste gespannt mit. [...]

      3
      • 8

        [...] In Shane Blacks „Iron Man 3“ ist Lebemann Tony Stark nur noch ein Schatten seiner selbst, denn die Ereignisse aus „Marvels The Avengers“ haben deutliche Spuren im Gemüt des sonst so unantastbaren Playboys hinterlassen. Albträume, Flashbacks, Gemütsschwankungen, Schlaflosigkeit und Panikattacken: Stark erinnert hier eher an einen traumatisierten Kriegsheimkehrer als an einen strahlenden Superhelden in glänzender Rüstung. [...]

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        • 5

          [...] Drehbuchautor Dan Fogelman („Crazy, Stupid. Love“) holt aus den gegebenen Möglichkeiten einer Road-Movie-Komödie zu wenig raus, denn hier bleibt ein Steak-Wettessen gegen die Zeit in einer texanischen Mampfbude der spannungsarme Höhepunkt des besagten Ausflugs. [...]

          3
          • 7
            über Mama

            [...] Wovor fürchten wir uns in Horrorfilmen? Doch nicht vor den Kettensägen schwingenden Hinterwäldlern, die in der Glut des Südens Menschen über offener Flamme rösten, oder den unappetitlichen Torture-Porn-Magenverdrehern à la „Saw“. Es ist das Unbekannte, das unsichtbar in jedem Schatten zu sitzen scheint und jeden Moment über den Zuschauer hereinbrechen könnte, das uns Gänsehaut beschert. Die Angst vor dem Unbekannten, vielleicht sogar die Angst vor der eigenen Fantasie also, die uns dazu zwingt Fingernägel kauend vor dem Fernseher zu sitzen und schon bei einem kleinen Geräusch in Angstschweiß auszubrechen. Sofern aber die Macht des Unbekannten gebrochen, der „Schwarze Mann“ enthüllt und die Katze aus dem Sack gelassen wurde, endet jedoch bei vielen Horrorfilmen der Grusel schlagartig, da sich der vorher nur schemenhafte Schrecken letztendlich doch nur als billige Lachnummer herausstellt. Auch „Mama“ hätte ein ähnliches Schicksal widerfahren können, doch statt nach dem Moment der Enttarnung weiterhin auf schlichte Schockeffekte zu setzen, hat sich Regisseur Andrés Muschietti dazu entschlossen, dem Horror Persönlichkeit zu verleihen. [...]

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            • Hoffentlich bleibt es nicht nur bei einer neuen Staffel :D

              • 1
                • 6 .5

                  [...] Bereits mit dem „Brautalarm“-Frauenschwadron sorgte die Schauspielerin für Aufsehen und brachte ordentlich Östrogen-Power in die amerikanischen Lichtspielhäuser. Doch warum ist Melissa McCarthy eigentlich momentan so erfolgreich? Zum einen kehrt mit der molligen Schauspielerin die Figur des „lustigen Dicken“ auf die Leinwand zurück, ein Element, das sich in den USA seit Oliver Hardy größter Beliebtheit erfreut und zum andern erlebt die körperliche Comedy durch McCarthy eine wahre Kino-Renaissance, denn die Vollblutkomikerin zeigt nicht selten in ihren Filmen vollen Körpereinsatz. [...]

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                  • 7 .5

                    [...] So unkonventionell und verspielt sich „Die Croods“ auch im Figuren- und Landschaftsdesign präsentieren, so ausgetrampelt sind die Pfade, auf denen sich die Geschichte rund um die Abenteuer der Ex-Höhlenbewohner bewegt. Vater-Tochter-Konflikt, erste Liebe und die Moral, dass man für ein lebenswertes Leben auch mal Risiken eingehen muss. Gähn. Erstaunlicherweise fällt dieser Aspekt kaum ins Gewicht, denn eine ungewöhnliche hohe Gag-Trefferquote sorgt für kurzweilige Unterhaltung von der ersten bis zur letzten Minute. [...]

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                    • 6

                      [...] Kann man sich jedoch mit den seltsam künstlichen Riesen und der äußerst einfach gehaltenen Geschichte anfreunden, erwartet einen ein kurzweiliges Fantasiespektakel in bester 3D-Optik. Besonders die furiosen Schlachtszenen um die Stadt Cloister lassen kaum Wünsche übrig, denn wenn die Riesen Burgmauern mit Kirchenglocken, brennenden Baumstämmen und gigantischen Felsklumpen bombardieren, dann ist das bestes Popcorn-Kino, das man unbedingt auf großer Leinwand gesehen haben sollte. [...]

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                      • 6 .5

                        [...] Erst wenn man nach einer Viertelstunde im zauberhaften Oz angekommen ist, gehen einem sprichwörtlich die Augen auf, denn binnen weniger Sekunden verwandelt sich „Die fantastische Welt von Oz“ vom Retro-Film zum modernen Kino-Erlebnis: Raimi schaltet in diesem Moment seinem Film nicht nur von schwarz-weiß auf Farbe, sondern vergrößert auch noch die Leinwand vom Normalformat zu Cinemascope und lässt statt Mono-Sound jetzt Stereo-Klänge auf den Zuschauer einprasseln. Das Kino als Zufluchtsstätte vor der Monotonie des Alltags: Wer in diesem Moment noch nicht weiß, warum gerade das Kino ein wahrhaft magischer Ort sein kann, dem ist nicht mehr zu helfen. [...]

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                        • 6

                          [...] „Hitchcock“ ist ein Film für Hitchcock-Einsteiger, die sich dem Mythos des legendären Filmemachers langsam annähern wollen. Hier wird unterhaltsames Hitchcock-Party-Wissen (Bsp: „Psycho“ war der erste Film, in dem man eine Toilettenspülung zu sehen und zu hören bekam) mit einem Einblick in Hitchcocks zwiespältiges Privatleben gekreuzt. Immerhin Hitchcocks Kampf gegen Zensurbehörden und profitorientierte Studiobosse wird in Sacha Gervasis Hitchcock-Biografie angemessen honoriert. [...]

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                          • 3 .5
                            über Parker

                            [...] In Taylor Hackfords („Im Auftrag des Teufels“) „Parker“ schlüpft die britische Kampfmaschine in die Rolle des vom Kriminalautoren Donald E. Westlake geschaffenen Verbrechers Parker, der neben Schlössern auch gerne Frauenherzen bricht. Leider erweist sich Statham nicht gerade als Idealbesetzung für die Rolle, denn dieser versprüht wie üblich so viel Charme wie ein rostiges Stahlrohr. Normalerweise würde dies ja auch reichen, doch die Rolle des Gangsters mit Herz und Frauenverführers par excellence kauft man dem sympathischen Glatzkopf nicht ganz ab. [...]

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                            • 6 .5

                              "I'm the Sheriff."

                              Arnold Schwarzenegger ist endgültig zurück im Showgeschäft. Nachdem der Ur-Terminator der Filmwelt einige Jahre den Rücken gekehrt hatte, nur vereinzelt mal einen Leinwand-Quickie („The Expendables“) einlegte und lediglich als Gouvernator Oppositionellen das Fürchten lehrte, ist er nun in „The Last Stand“ erstmals wieder in einer Hauptrolle zu sehen. Das sollte Freunde gepflegter Action-Unterhaltung gleich doppelt aufhorchen lassen, denn „The Last Stand“ ist nicht nur Arnolds Leinwand-Comeback, sondern gleichzeitig auch Kim Jee-Woons Hollywood-Einstand. Der koreanische Regisseur machte bereits mit Genre-Perlen wie dem radikalen Rache-Epos „I Saw the Devil“ und der Western-Hommage „The Good, the Bad and the Weird“ von sich reden. Was kommt dabei heraus, wenn die Action-Ikone der achtziger Jahre auf einen der vielversprechendsten Genre-Regisseure der Gegenwart trifft? Antwort: Ein makellos in Szene gesetzter Oldschool-Actioner mit Western-Einschlag, der zwar einige Zeit braucht um in Fahrt zu kommen, es dann aber umso heftiger krachen lässt.

                              Friedlich ist das Leben von Sheriff Ray Owens (Arnold Schwarzenegger), der in dem kleinen verschlafenen Kaff Summerton, das an der Grenze zu Mexiko liegt, für Recht und Ordnung sorgt. Doch als im nahegelegenen Las Vegas dem hochgefährlichen Kartellboss Gabriel Cortez (Eduardo Noriega) eine spektakuläre Flucht gelingt, überschlagen sich die Ereignisse. Denn Cortez plant, sich nach Mexiko abzusetzen und der schnellste Weg führt genau durch die Stadt Summerton. Natürlich kann Sheriff Ray Owens das nicht zulassen und so bereitet er sich gemeinsam mit seinen Deputies auf das bevorstehende Aufeinandertreffen mit dem skrupellosen Gangsterboss vor.

                              Schwarzenegger ist alt geworden und das sieht man auch. Zwar ist der einstige Mister Universum in Anbetracht seines fortgeschrittenen Alters noch immer in einer äußerst beeindruckenden körperlichen Verfassung, dennoch hängt die Haut an einigen Stellen inzwischen äußerst schlaff gen Erdboden, tiefe Falten durchziehen das markante Gesicht und auch die Geheimratsecken wachsen mit zunehmender Geschwindigkeit. Doch statt den Zeichen der Zeit mit ordentlich Make-Up entgegenzuwirken, lässt Regisseur Kim Jee-Woon Schwarzenegger in „The Last Stand“ im wahrsten Sinne des Wortes „alt aussehen“. Wie schon „The Expendables 2“ ist auch „The Last Stand“ selbstironisches Altmänner-Actionkino, dass geschickt die Alterserscheinungen seines Protagonisten als Steilvorlage für einige großartige One-Liner nutzt. Wenn der vollkommen zerschundene Schwarzenegger nach einem explosiven Feuergefecht von besorgten Stadtbewohnern gefragt wird: „How are you sheriff?“ und dieser nur trocken, mit einem leichten Hauch von Wehmut „Old“ antwortet, dann lacht und weint das Action-Herz gleichzeitig.

                              Kim Jee-Woon inszeniert „The Last Stand“ ganz im Stile klassischer Howard-Hawks-Western à la „Rio Bravo“. Ein alter Sheriff, der seine besten Tage bereits hinter sich hat, muss sein verschlafenes Städtchen gegen fiese Gangsterhorden verteidigen. Natürlich muss sich Arnie in „The Last Stand“ nicht ganz alleine mit dem fiesen Gesindel herumschlagen, sondern kriegt einige schussstarke Gefährten an die Seite gestellt. Zwar erweisen sich diese letztlich doch eher als leere Schießbudenfiguren, sind aber dennoch immer wieder für einen Lacher gut. Insbesondere Johnny Knoxvilles („Jackass“) Figur des vertrottelten Waffennarren hinterlässt zwar große Fragezeichen, bringt aber einen angenehmen Hauch Irrsinn in diesen fast klassischen Actioner und lässt sogar noch Erinnerungen an Kim Jee-Woons Western-Hommage „The Good, the Bad and the Weird“ wach werden.

                              Leider fährt „The Last Stand“ die erste Hälfte des Films lediglich mit angezogener Handbremse dem spektakulären Showdown entgegen. Unnötig wird die Geschichte um den spektakulären Fluchtversuch des berüchtigten mexikanischen Drogenbarons in die Länge gezogen, insbesondere die Szenen in der FBI-Zentrale erweisen sich als überflüssiger Ballast, der immer wieder das Tempo des sonst recht flotten Films drückt. Ob sich Regisseur Kim Jee-Won mit dieser schwerfälligen Exposition wirklich einen Gefallen getan hat, bleibt zu bezweifeln, zumal allein der Titel „The Last Stand“ bereits verrät, worauf die wilde Hatz durch die Wüste letztendlich hinauslaufen wird.

                              Kommt es dann aber endlich zum Showdown, wird man für die anfänglichen Längen ausreichend entschädigt. Brachiale Shootouts, coole One-Liner und eine Gatling-Gun in bester Django-Manier sorgen für rasante Action-Unterhaltung. Auch das abschließende Kräftemessen zwischen Drogenbaron Gabriel Cortez (Eduardo Noriega) und Sheriff Ray Owens (Arnold Schwarzenegger) gestaltet sich als kurzweiliges Spektakel. Wer schon immer mal wissen wollte, wie man sich mit einem Auto in einem Maisfeld an seinen Gegner heranschleicht und wie sich Schwarzenegger beim Brücken-Wrestling schlägt, sollte sich „The Last Stand“ auf keinen Fall entgehen lassen.

                              Fazit: „I‘ll be back“… und wir haben nie daran gezweifelt. Endlich ist Schwarzenegger zurück und macht das, was er am besten kann: Gangstern in den Arsch treten. Auch wenn „The Last Stand“ hin und wieder etwas durchhängt und alle Figuren erschreckend austauschbar bleiben, bietet der spaßige Neo-Western dennoch gelungene Action-Unterhaltung der alten Schule.

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                              • 5 .5

                                "Close your eyes, think of something nice."

                                Am 26. Dezember 2004 kam es im Indischen Ozean zu einem gewaltigen Seebeben. Die dadurch ausgelösten Flutwellen trafen mit verheerender Wucht auf die Küstenregionen Südostasiens und forderten insgesamt über 230.000 Todesopfer. Die Aufnahmen, die von einigen Hobbyfilmern gemacht wurden, geben einen ungefähren Eindruck von der beängstigenden, aber gleichzeitig auch faszinierenden Kraft dieser Naturgewalt. Erbarmungslos reißt sie alles nieder, was sich ihr in den Weg stellt und trotz dieser erschreckenden Aufnahmen lässt es sich als Außenstehender nur schwer nachvollziehen, was die Menschen in den betroffenen Regionen durchgemacht haben müssen. Dieser intensiven Erfahrung möchte uns jetzt der spanische Regisseur Juan Antonio Bayona („Das Waisenhaus“) mit „The Impossible“ näher bringen und zumindest was die Darstellung der Naturgewalten angeht, gelingt ihm dies auch bravourös.

                                Pünktlich zu Weihnachten fliegt Henry Bennett (Ewan McGregor) gemeinsam mit seiner Frau Maria (Naomi Watts) und seinen Söhnen Lucas (Tom Holland), Thomas (Samuel Joslin) und Simon (Oaklee Pendergast) in ein wahres Urlaubsparadies. In einer weiträumigen Ferienanlage in Phuket an der Küste Thailands will die Familie gemeinsam mal so richtig die Seele baumeln lassen. Doch unerwartet bricht ein wahres Unheil über die Familie herein: Eine meterhohe Flutwelle, ausgelöst durch ein gigantisches Seebeben, überschwemmt die Anlage und reißt alles mit sich. Maria und Lucas werden vom Rest der Bennetts getrennt und erleiden schwere Verletzungen. Doch wo sind Henry, Thomas und Simon? Eine verzweifelte Suche beginnt…

                                Menschen, die im Pool planschen, sich in der Sonne bräunen und einfach mal das Leben in vollen Zügen genießen. Nichts, aber auch gar nichts kündet von der verheerenden Katastrophe, die Regisseur Juan Antonio Bayona in wenigen Sekunden hereinbrechen lässt. Dann geht alles ganz schnell: Wenn die ersten Bäume unter den hereinbrechenden Wassermassen wie Streichhölzer umgeknickt werden, fühlt man sich an alte Monsterfilme erinnert und so verkehrt scheint der Vergleich auch nicht, denn wie eine unaufhaltsame Bestie frisst sich der Wasserstrom seinen Weg durch die Hotelanlage, durchbricht Wände und reißt erbarmungslos einfach alles mit, was sich in seinem Weg befindet. Wie soll man einer solchen Gewalt entkommen? An dieser Frage lässt Regisseur Bayona keinen Zweifel: Gar nicht. Ab jetzt heißt es einfach nur Zähne zusammenbeißen und durch, auf das Beste hoffen und möglichst einen klaren Kopf bewahren, denn sonst ist man hoffnungslos verloren.

                                So beeindruckend und ergreifend sich das Hereinbrechen der Naturgewalt auch gestaltet, so kitschig inszeniert Regisseur Juan Antonio Bayona den anschließenden Überlebenskampf der fünfköpfigen Familie. Freut man sich anfangs noch über jeden Moment des Glücks, der einem wie eine Hoffnungs-Oase inmitten des Schreckensszenarios erscheint, fühlt man sich nach kurzer Zeit bereits regelrecht belästigt von der schmalztriefenden musikalischen Untermalung des spanischen Komponisten Fernando Velázquez. Platz für eigene Emotionen? Fehlanzeige, hier wird einem klar vorgegeben, was man zu fühlen hat und das ändert sich auch leider bis zum Ende des Films nicht. Auch wie Regisseur Bayona die einzelnen Handlungsfäden zusammenführt, gestaltet sich stellenweise schrecklich manipulativ. Wenn sich die Protagonisten immer nur um Haaresbreite verfehlen und somit das glückliche Wiedersehen ein ums andere Mal hinausgezögert wird, hat das nichts mehr mit den wahren Begebenheiten zu tun, auf denen das Drama basiert, sondert dient lediglich dazu, den Zuschauer noch weiter auf die emotionale Folterbank zu spannen.

                                Wie nah in einem solchen unfassbaren Szenario Glück und Trauer nebeneinander liegen, wird einem immer dann schmerzlich bewusst, wenn Schicksale anderer Menschen den Handlungshorizont der Protagonisten streifen. Denn während sich hier einerseits Familien wiederfinden und Freudentränen vergossen werden, stapeln sich im Hintergrund die Leichen. Besonders intensiv gestalten sich dabei die Szenen im Krankenhaus, in dem das vollkommen überforderte Personal verzweifelt versucht, der hoffnungslosen Lage Herr zu werden. Und auch der kurze aber prägnante Auftritt des deutschen Touristen (Söhnke Möhring), der verzweifelt nach einem Lebenszeichen seiner verschollenen Frau sucht, gehört zu den kleinen, traurigen Höhepunkten des Films.

                                Fazit: Juan Antonio Bayonas Naturkatastrophen-Drama „The Impossible“ erweist sich als zweischneidiges Schwert. Während Bayonas mit der Darstellung der unbändigen Naturgewalt eine inszenatorische Meisterleistung geglückt ist, kommt das eigentlich Unglaubliche an der Geschichte, der Überlebenskampf der Familie, nicht über gehobenen Kitsch hinaus.

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                                • 7

                                  "This is not a retirement home, it is a madhouse!"

                                  In Zeiten moderner Medizin, künstlicher Hüftgelenke und dritter Zähne kann man heute erfolgreicher denn je die Folgen des Älterwerdens bekämpfen. Wenn man scherzhaft anmerkt „60 ist das neue 40“, könnte man richtiger nicht liegen, denn wirklich „alt“ ist man mit 60 noch nicht, schließlich liegt die Lebenserwartung des Durchschnittsbürgers in Deutschland momentan bei 80+ Jahren. Viele Rentner sind dabei noch bis ins hohe Alter aktiv, treiben Sport und wollen auch am kulturellen Leben Anteil nehmen. Eine Entwicklung, auf die inzwischen auch die Kinoindustrie reagiert hat, denn noch nie gab es so viele Filme, in denen Menschen gesetzten Alters im Mittelpunkt stehen, wie in den letzten Jahren. Dabei scheint es egal, ob Drama („Liebe“), Action („R.E.D.“ und „The Expendables“), Komödie („Best Exotic Marigold Hotel”), Horror („Cockneys vs. Zombies”) oder Animationsfilm („Oben“), die Generation 50+ steht immer öfter im Fokus. Mit Dustin Hoffmans Regiedebüt „Quartett“ kommt nun die nächste Rentner-Komödie in die Kinos, die uns beweist, dass man auch im Seniorenheim das Leben noch in vollen Zügen genießen kann.

                                  In Beecham House, einem Altersheim für pensionierte Musiker, ist die Aufregung groß, denn wie immer fehlt es am nötigen Geld, um auch in Zukunft die Pforten für Großbritanniens begabteste Alt-Musiker offen zu halten. Um für zusätzliche Einnahmen zu sorgen, planen die Bewohner eine große Gala mit musikalischem Programm, um musikaffine Spender dazu zu bewegen, ihre Geldbörsen zu zücken. Auch Cissy (Pauline Collins), Reginald (Tom Courtenay) und Wilfred (Billy Connolly) wollen sich am Programm beteiligen und proben bereits fleißig für den großen Abend. Doch die Ankündigung eines neuen Gastes bringt Unruhe in die altehrwürdige Seniorenresidenz, denn bei diesem soll es sich um niemand geringeren handeln, als um die berühmte Opernsängerin Jean (Maggie Smith). Diese Koryphäe auf ihrem Gebiet ist nicht nur Reginalds ehemalige Ehefrau, sondern auch das vierte Mitglied des berühmten englischen Opern-Quartetts, bestehend aus Cissy, Reginald und Wilfred. Um das Altersheim zu retten, soll nun das legendäre Quartett reaktiviert und noch ein letztes Mal gemeinsam vor Publikum aufgetreten werden...

                                  Für sein Regie-Debüt hat sich Hollywood-Altstar Dustin Hoffman nicht lumpen lassen und mit Tom Courtenay („Doktor Schiwago“), Billy Connolly („Last Samurai”), Pauline Collins („Ich sehe den Mann deiner Träume”) und Maggie Smith („Harry Potter“) die Crème de la Crème der britischen Schauspielgarde verpflichtet. Hier stimmt einfach die Chemie und besonders Billy Connolly sorgt in seiner Rolle als charmant-lüsterner Sittenstrolch mit Krückstock ein ums andere Mal für ausgelassene Heiterkeit. Zu diesem hochgradigen Quartett gesellt sich eine muntere Truppe von Nebendarstellern, jeder von ihnen eine inzwischen pensionierte Persönlichkeit der englischen Musiker-Elite. Dass die Dreharbeiten Spaß gemacht haben müssen, ist den Schauspielern anzumerken, denn erstaunlich ausgelassen und fidel wirken die nicht mehr ganz jungen Musiker und stellenweise gleicht das muntere Treiben vor der Kamera einem ausgelassenen Klassentreffen.

                                  „Quartett“ lebt von der Energie seiner Hauptdarsteller und die wissen ihre Aufgabe meisterlich zu schultern, glücklicherweise, denn außer einem starken Ensemble hat der Film wenig zu bieten. Die simple Geschichte um ein Altersheim, das mithilfe einer Talentshow gerettet werden soll, ist wenig originell. Statt um eine ausgefallene Handlung, sorgt sich Regisseur Hoffman eher um seine Figuren. Jeder von ihnen kämpft an seiner eigenen Front seinen aussichtslosen Kampf mit den Folgen des Alters. Egal, ob es sich dabei nun um Ereignisse aus der Vergangenheit handelt, die einen nach etlichen Jahren des Schweigens wieder einholen, die Schwere der Knochen, die nur noch von einem Krückstock getragen werden kann, die Trauer um die verflossenen Jahre oder die schleichende Demenz, die in ihrer Tragik nur mit einem Funken Humor genommen werden kann. Wie nah Glück und Trauer gerade an einem Ort wie dem Altersheim zusammenliegen, zeigt sich in „Quartett“ deutlich. Dennoch ist Dustin Hoffmans Regiedebüt ein lebensbejahender Film und eine Aufforderung, aus seinem Leben bis zum letzten das Beste zu machen und sich immer neue Herausforderungen zu suchen. Für diese Lehre dürfte Regisseur Dustin Hoffman wohl selber das beste Beispiel darstellen, hat er sich doch schließlich dazu entschlossen, sich im stolzen Alter von 75 Jahren auch einmal hinter der Kamera zu versuchen.

                                  Fazit: Auch wenn man Dustin Hoffmans Regiedebüt keinesfalls einen originellen Film nennen kann und echte Höhepunkte Mangelware sind, ist und bleibt „Quartett“ ein charmantes Feel-Good-Movie, dass generationsübergreifend für Heiterkeit sorgen dürfte und uns daran erinnert, das Leben bis zum letzten Atemzug voll auszukosten.

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                                  • 1 .5

                                    "What are you?"

                                    Manchmal kann es vorkommen, dass fertige Filme erst Jahre nach ihrer Fertigstellung in die Kinos kommen. Die Gründe dafür sind vielfältig, laufen zumeist aber alle auf ein Ziel hinaus: Gewinnoptimierung. Natürlich geht dieser Plan nicht immer auf, wie man zuletzt an der Eddy-Murphy-Komödie „Noch 1000 Worte“ sehen konnte. Dieser wurde zwar bereits 2008 abgedreht, aber nach kolossalen Kassenflops wie „Mensch, Dave!“ hoffte man wohl darauf, dass wieder bessere Zeiten für den einstigen Publikumsliebling Murphy kommen würden. 2012 rang man sich endlich dazu durch, der Komödie doch noch einen Kinostart zu spendieren. Das Resultat: Ein finanzieller Totalausfall, denn gerade einmal die Hälfte der Produktionskosten konnte an den Kinokassen wieder eingespielt werden. Ein weitaus besseres Marketing-Händchen haben da die Verantwortlichen von „House at the End of the Street“ bewiesen, denn obwohl der Horror-Thriller mit Jennifer Lawrence in der Hauptrolle bereits kurz nach ihrem „Winter's Bone“-Erfolg gedreht wurde, lies man sich mit der Veröffentlichung noch ein wenig Zeit. Ein cleverer Schachzug, denn so konnte man gehörig vom grassierenden „Panem“-Fieber des vergangenen Jahres profitieren und allein in den USA das Dreifache des Filmbudgets wieder einspielen. Bleibt zu hoffen, dass nicht auch in Deutschland unzählige panemgeile Lawrence-Fans hungrig in die Kinos stürmen, denn dieser Film hätte gut und gerne noch ein paar Jahre unter Verschluss bleiben können.

                                    Sarah (Elisabeth Sue) zieht mit ihrer Tochter Elissa (Jeniffer Lawrence) in einen kleinen Ort, weit weg vom Smog und Lärm der Großstadt. Hier hoffen sie, ein bisschen Ruhe und Frieden zu finden. Auch durch ihre Nachbarn ist keine Störung zu erwarten, da das einzige Haus in unmittelbarer Nähe nur von Zeit zu Zeit von einem jungen Mann (Max Thieriot) bewohnt wird, der sich tagsüber kaum blicken lässt. Bald schon erfahren die beiden von ihren neuen Dorf-Bekanntschaften, dass Ryan, so der Name ihres seltsamen Nachbarn der einzige Überlebende einer furchtbaren Familientragödie ist und man seine Bekanntschaft besser meiden sollte, da er etwas „eigen“ sei. Als Elissa jedoch eines Abends nach einer Party von einem Unwetter heimgesucht wird, erweist sich eben jener Sonderling als Retter in der Not, denn genau als ein Platzregen einsetzt, fährt dieser mit dem Auto an der jungen Schönheit vorbei und bietet ihr an, sie nach Hause zu fahren…

                                    Tiefe Wälder, ein leer stehendes Haus, ein düsteres Familiendrama und Jennifer Lawrence – alles hätte so schön werden können. Doch in Mark Tonderais („Hush“) „House at the End of the Street“ passt einfach gar nichts zusammen: Hilflos stolpert der Film nach einer halbstündigen Aufwärmphase zwischen aufgesetztem Familiendrama, unbeholfener Teenie-Romanze und spannungsarmen Horror-Thriller-Elementen hin und her, ohne sich richtig entscheiden zu können, was er eigentlich sein möchte. Dafür wird hier aber mehr als einmal die Grenze zur Lächerlichkeit um ein ganzes Stück übertreten: Wenn die „coolen Kids“, die eher an eine Milchbubi-Version der Grease-Gang erinnern, auf einer Schulparty aus dem Nichts heraus und mit vollkommen überzogener Härte damit beginnen, erst Ryans Wagen und dann Ryan selbst mit Baseballschlägern und Tritten einzudecken, kann dies nur mit einem fragenden Kopfschütteln bedacht werden. Und auch die Szenen, die das Mutter-Tochter-Verhältnis näher beleuchten sollen, wirken plump und aufgesetzt und neigen dazu in die Extreme abzugleiten, unvorhersehbaren Gefühlsexplosionen, die einen mehr als einmal mit dem Gedanken „…und wo kam das jetzt bitte her“ im Kinositz zurücklassen, sind hier der Regelfall.

                                    Wer erwartet schon tiefgründige Dialoge und komplexe Charakterstudien von einem Horrorfilm, in dem zumindest die Horror-Elemente funktionieren. Leider sind selbst diese nicht mehr als eine Aneinanderreihung altbekannter Klischees, die man so oder so ähnlich schon zig Mal besser in Horrorfilmen belächeln durfte. Hier kann man sein Popcorn darauf verwetten, dass das Opfer auf der Flucht vor dem Peiniger früher oder später über die eigenen Beine stolpern wird und der Killer schwerer kleinzukriegen ist, als Jason Voorhees persönlich. Bei so viel angestaubter Horror-Kost kann selbst ein durchaus interessanter Twist wenig Schwung in die Sache bringen, zumal sich dieser auch nach kurzer Zeit als vollkommen nebensächlich entpuppt. Wer noch einmal richtig Grund zum Schmunzeln haben will, der sollte unbedingt bis zum Ende sitzen bleiben, denn in einer kurzen Rückblende erfährt man hier, welches „traumatische“ Erlebnis ausschlaggebend dafür war, dass aus einem friedlichen Kind eine mordende Bestie wurde. Sigmund Freud würde im Grab rotieren.

                                    Fazit: Warum es diese filmische Gurke in die Kinos geschafft hat, ist klar: Der aktuelle Jennifer-Lawrence-Hype soll trotz miserablem Endprodukt gehörig die Kassen klingeln lasse. Doch außer einer verschenkten Lawrence, riesigen Logiklöchern, einem Haufen ungeklärter Fragen und einigen unfreiwilligen Lachern hat „House at the End oft the Street“ rein gar nichts zu bieten.

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                                    • 7

                                      "Hannah bitte, du kannst das so nicht schreiben, nicht für den New Yorker."

                                      Wie keine andere deutsche Regisseurin beschäftigt sich Margarethe von Trotta („Rosenstraße“) mit dem Leben und Wirken der bedeutendsten Frauen Deutschlands. Nach Rosa Luxemburg und Hildegard von Bingen steht in ihrem neusten Film nun die politische Theoretikerin Hannah Arendt im Mittelpunkt des Geschehens. Jedoch ist „Hannah Arendt“ keine chronologische Abhandlung über das Lebenswerk der Exildeutschen, denn lediglich punktuell werden wichtige Ereignisse aus ihrem Leben angerissen. Stattdessen beschränkt sich von Trotta größtenteils auf Arendts Berichterstattung über den sogenannten „Eichmann-Prozess“, einer der wichtigsten und kontroversesten Etappen im Leben der jüdischen Philosophin.

                                      Bereits 1933 hatte die jüdische Philosophin Hannah Arendt (Barbara Sukowa) Deutschland den Rücken gekehrt und sich in Amerika ein neues Leben aufgebaut. 1960 erfährt sie von der Festnahme des SS-Obersturmbannführers Adolf Eichmann durch israelische Agenten, doch statt in Deutschland soll Eichmann der Prozess in Israel gemacht werden. Hannah Arendt zögert nicht lange und beschließt für die New York Times von dem Prozess zu berichten…

                                      Wer trägt die Schuld an den Gräueltaten des Naziregimes? Eine Einzelperson oder war es doch eher ein kollektives Gesamtversagen? Während sich die deutsche Bildungselite in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg mit dieser Frage auseinandersetzen musste, suchte man auch in anderen Ländern nach den Schuldigen. Im Mai 1960 wurde der SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann von israelischen Agenten in Argentinien aufgegriffen und nach Israel gebracht, wo ihm der Prozess gemacht wurde. Für die amerikanische Zeitung „The New York Times“ durfte die jüdische Philosophin Hannah Arendt von der Verhandlung berichten und löste mit ihrer Berichterstattung eine Welle der Empörung aus. Denn nicht nur, dass sie den gesamten Prozess richtigerweise als reinen Schauprozess entlarvte, zudem beschrieb sie Obersturmbannführer als „Schreibtischtäter“, ein kleines Zahnrad im großen NS-Getriebe, dessen verwerfliche Handlungen dem persönlichen Vorteil geschuldet gewesen wären. Hannah Arendt war mit dieser Auffassung ihrer Zeit weit voraus, doch damals löste sie mit ihrem Artikel über den Eichmann-Prozess einen weltweiten Empörungssturm aus, der sie fast um ihre Karriere gebracht hätte. Die filmische Umsetzung dieser Lebensgeschichte schien eine Aufgabe wie gemacht für die Margarethe von Trotta und obwohl bereits 2002 ein erster Drehbuchentwurf von Pamela Katz („Die verlorene Zeit“) vorlag, musste sich die deutsche Regisseurin noch ganze acht Jahre gedulden, bis sämtliche finanziellen Schwierigkeiten ausgeräumt waren und endlich die erste Klappe fallen konnte.

                                      So brisant und spannend „Hannah Arendt“ thematisch sein mag, scheitert der ganz große Wurf wieder einmal an von Trottas altbekannten Schwächen: Der steifen Inszenierung und den gestelzten Dialogen. Dies wird besonders deutlich, sofern politische Themen, egal ob in trauter Zweierrunde oder im größeren Bekanntenkreis, besprochen werden. Es ist keine Leidenschaft zu spüren und auch wenn sich die Beteiligten scheinbar in Rage reden, kommt davon nichts beim Zuschauer an, denn zu durchdacht wirkt hier jeder Satz, als das man den Protagonisten wirklich die lebendige, hitzige Polit-Diskussion abkaufen würde. In der Furcht davor Arendt etwas Falsches und Missverständliches zu dem komplexen philosophisch-politischen Thema in den Mund zu legen, haben die Drehbuchschreiberinnen Pamela Katz und Margarethe von Trotta jede Aussage der Protagonistin in überdeutliche Worte gekleidet und dem Film dadurch die Luft zum Atmen genommen.

                                      Zumindest mit der Besetzung von Barbara Sukowa („Europa“) als Hannah Arendt hat Margarethe von Trotta alles richtig gemacht, denn diese schafft es, selbst in den stillsten Momenten der inneren Zerrissenheit ihrer Figur Ausdruck zu verleihen. Gekonnt wechselt sie zwischen verschlossener Exildeutschen und bissig-lautstarker Selfmade-Superfrau hin und her. Höhepunkt des Films dürfte jedoch ihr Monolog vor der versammelten Studentenschaft bilden, in dem sie Rechenschaft über ihren Artikel in der New York Times ablegen muss. Einer der seltenen wirklich emotionalen Momente im Film und dadurch wohl absoluter Höhepunkt in „Hannah Arendt“.

                                      Ein Geniestreich war es jedoch zweifelsohne auf die Originalaufnahmen aus dem Eichmann-Prozess zurückzugreifen und diese geschickt in den Film einzubauen. Denn erst wenn man Eichmann erlebt, wird einem klar, dass es sich bei dieser unscheinbaren Person nicht um das pure Böse handelt, sondern um einen simplen Bürokraten, einen „Schreibtischtäter“, wie ihn Arendt treffend beschrieb. Die Aufnahmen sprechen für sich, denn es ist nicht zu übersehen, dass Eichmann in diesem Prozess lediglich als Sündenbock für die grausamen Verbrechen des NS-Regimes herhalten muss. Die enorme Aussagekraft dieser Bilder nachzustellen, wäre ein Vorhaben gewesen, das bereits im Ansatz gescheitert wäre.

                                      Fazit: Margarethe von Trotta setzt einer weiteren großen Frau ein filmisches Denkmal. Trotz Schwächen im Drehbuch und der Inszenierung ist „Hannah Arendt“ dennoch ein gelungener Einblick in das Leben der mutigen Philosophin.

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                                        "You think I'm a hero? I am not a hero. And if you're smart, that scares you. Because I have nothing to lose."

                                        Tom Cruise scheint die Rolle des absoluten Agenten/Soldaten einfach auf den Leib geschrieben zu sein – das jedenfalls könnte man glauben, wenn man einen Blick auf die bisherigen Arbeiten des Hollywood-Stars wirft. Dabei dürfte der Scientology-Strahlemann auf Grund seiner Körpergröße von 1,70 Metern in diesem Berufszweig eigentlich eher schlechte Karten haben. Natürlich kommt es im Endeffekt nur darauf an, wie man sich verkauft und das Cruise weiß, wie man den Super-Agenten erfolgreich verkauft, ist kein Geheimnis, schließlich ist er 2011 bereits zum vierten Mal in der Rolle des knallharten Agenten Ethan Hunt zu sehen gewesen. Und auch wenn die negativen Schlagzeilen der letzten Zeit Cruises Popularität einen leichten Dämpfer verpasst haben, scheint Superagent-Cruise bei den Kinozuschauern nach wie vor gefragt zu sein. Schließlich spielte der neuste „Mission: Impossible“-Ableger „Mission: Impossible - Phantom Protokoll“ weltweit über 695 Millionen US-Dollar ein und war damit sogar der erfolgreichste Teil der Reihe. Kein Wunder also, dass auch „Jack Reacher“ nach dem bewährten „Cruise gegen den Rest der Welt“-Prinzip funktioniert – originell ist anders, Spaß macht es stellenweise aber trotzdem.

                                        Auf offener Straße werden fünf Menschen von einem Scharfschützen geradezu hingerichtet. Das Motiv: Unbekannt. Auch sonst besteht zwischen den Opfern kein offensichtlicher Zusammenhang. Als die Polizei den mutmaßlichen Täter und Ex-Army-Scharfschützen James Barr (Joseph Sikora) festnimmt, spricht dieser kein Wort, lediglich die Worte „Holt Jack Reacher“ kritzelt der Verdächtige auf ein Stück Papier. Unglücklicherweise ist der ehemalige Militärpolizist Jack Reacher (Tom Cruise) bereits seit Jahren unauffindbar. Noch bevor die Polizei eine Idee hat, wie sie an den verschollenen Reacher herankommen soll, tritt dieser selbst in Erscheinung und beginnt mit den Ermittlungen.

                                        Jack Reacher entspringt dem Geist des britischen Autoren Lee Child, der den ehemaligen Militärpolizisten bereits seit 1997 knifflige Fälle lösen lässt. Und auch wenn Tom Cruise seinem Vorbild äußerlich in keinster Weise ähnelt, denn der Roman-Reacher ist ein Hüne von 1,96 Metern, 100 Kilogramm schwer und hat tiefblaue Augen, die jedes Frauenherz zum Schmelzen bringen, erledigt er seine Aufgabe gut. Cruise gibt hier nicht den bierernsten Ermittler der alten Schule, sondern löst seinen Fall betont lässig. Schließlich ist Jack Reacher ein überlegener Charakter: Ein ultimativer Ermittler, ein Mann, der sowohl Muskelkraft als auch Charisma in sich vereint und auch in den brenzligsten Situationen immer einen flotten Spruch auf den Lippen hat. Glücklicherweise scheint sich Regisseur Christopher McQuarrie („The Way of the Gun“) aber durchaus bewusst, dass man den kecken Übermensch-Agent nicht gänzlich für voll nehmen kann und lockert den ernsten Grundton des Films immer wieder durch kleine komische Momente auf.

                                        Leider verzichtet Regisseur und Drehbuchautor McQuarrie darauf, das Rätsel um die fünf niedergeschossenen Passanten so lange wie möglich am Leben zu halten und so verpufft diese durchaus spannende Grundidee nach und nach im leeren Raum und ist letztendlich nicht mehr als die simple Steilvorlage für ein temporeiches Tom-Cruise-Finale. Hier liefert sich der beinharte Ermittler nicht nur eine furiose Verfolgungsjagd im „Drive“-Stil mit der Polizei, sondern nimmt es auch noch fast im Alleingang mit den skrupellosen Verbrechern auf. Nichts weltbewegendes, aber solide Action-Unterhaltung.

                                        Schwung und etwas Abwechslung in die Tom-Cruise-Solo-Show bringen die hochkarätig besetzten Nebencharaktere. Neben Rosamunde Pike („Barney’s Version“) als toughe Karrierefrau, die selbst ihrem unfehlbaren Gegenpart Jack Reacher problemlos das Wasser reichen kann, überzeugt vor allem Robert Duvall („Open Range – Weites Land“) als alternder Scharfschütze, der für die gerechte Sache auch gerne noch einmal selber in Aktion tritt. Zweifelhaftes Highlight in „Jack Reacher“ bleibt jedoch Werner Herzog als Ex-Strafgefangener und Oberbösewicht „The Zec“. Eigentlich soll Herzog den mächtigen Strippenzieher im Hintergrund verkörpern, einen nebulösen Schattenmann mit düsterer Vergangenheit. Doch wenn Herzog mit deutschem Akzent und stocksteifen Schauspiel von seiner Zeit im Strafgefangenenlager erzählt, in der er sich selbst einiger Finger entledigte, um der Knochenarbeit zu entgehen, sorgt das besonders bei eingefleischten Cineasten nicht für Gänsehaut-Momente, sondern eher für ausgelassene Heiterkeit.

                                        Fazit: Auch wenn „Jack Reacher“ als spannender Thriller beginnt, tritt der eigentliche Fall nach und nach in den Hintergrund, um Platz für den Hauptcharakter Jack Reacher zu schaffen. Spätestens dann wird aus einem interessanten Thriller eine reine Cruise-Solonummer, die nur für eingefleischte Fans des „Mission: Impossible“-Zugpferds wirklich interessant sein dürfte.

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                                          "It can still be a date, even if you order Raisin Bran."

                                          Wenn sich in „Three Kings“ drei amerikanische Soldaten inmitten des Iraks auf eine Schatzsuche begeben, oder Jason Schwartzman sich in „I Heart Huckabees“ einer existenzialistischen Durchleuchtung unterzieht, wird klar: Regisseur David O. Russell ist kein Thema zu absurd, um daraus einen Film zu machen. In diesem Punkt ähnelt der Regie-Sonderling vor allem seinem Kollegen Wes Anderson („Der fantastische Mr. Fox“), doch anders als Anderson lässt sich Russell lange nicht so eindeutig festlegen. Schließlich sticht gerade sein größter Erfolg, das 2010 angelaufene Boxer-Drama „The Fighter“, durch seinen ernsteren Grundton deutlich aus Russells bisheriger Filmografie heraus und doch schlug gerade dieser Film bei Publikum und Kritikern ein, wie die Faust von Mark Wahlberg. Dementsprechend gespannt erwartete man nun den neuen Film vom Regie-Sonderling, der auf den verheißungsvollen Namen „Silver Linings“ getauft wurde. Und im wahrsten Sinne des Wortes ist „Silver Linings“ wirklich ein Hoffnungsschimmer in der grauen Hollywood-Tristesse geworden.

                                          Nachdem Pat Solatano (Bradley Cooper) seine Frau Nikki (Brea Bee) in flagranti mit ihrem Liebhaber unter der Dusche erwischt hat, bricht für den High-School-Lehrer eine Welt zusammen. Völlig außer Kontrolle schlägt er den fremden Mann krankenhausreif. Doch diese Aktion soll für Pat nicht folgenlos bleiben, denn bei ihm wird daraufhin eine bipolare Störung diagnostiziert und er wird für acht Monate in eine Psychiatrie überwiesen. Obwohl Pat auch nach Ablauf dieser Frist noch mit schweren Wutausbrüchen und seiner Vergangenheit zu kämpfen hat, beschließt seine Mutter (Jacki Weaver), ihn gegen den Rat der Ärzte aus der Anstalt zu holen. Doch im Haus seiner Eltern angekommen, fällt es Pat nicht leicht, sich wieder ein richtiges Leben aufzubauen und die Vergangenheit ruhen zu lassen. Zu sehr trauert er seiner verlorenen Liebe hinterher. Erst als er die ebenfalls psychisch labile Tiffany (Jennifer Lawrence) trifft, verändert sich sein Leben nach und nach zum besseren…

                                          Mit „Silver Linings“ kehrt Regisseur David O. Russell wieder zu seinen Wurzeln zurück und inszeniert eine lebensbejahende Dramödie mit einem leichten Hang zum Wahnsinn. Im Mittelpunkt des Films stehen wie so oft bei David O. Russell Außenseiter, Sonderlinge, die unfähig sind, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Doch Sportjunkie Pat Solatano (Bradley Cooper) wird gerade diese Bürde von seinen Eltern auferlegt. Denn gegen das Anraten der Ärzte holt ihn seine Mutter aus der Psychiatrie und quartiert ihn wieder in seinem alten Zimmer ein. Dabei hätte er ärztliche Aufsicht dringend nötig, denn Pat leidet unter einer bipolaren Störung, gepaart mit heftigen Wutausbrüchen und ist somit nicht nur für sich, sondern ebenso für seine Umwelt eine erstzunehmende Gefahr. Doch auch sein Gegenpart Tiffany (Jennifer Lawrence), ist kein unbeschriebenes Blatt, denn ähnlich wie Pat versucht sie die Dämonen der Vergangenheit mit Psychopharmaka unter Kontrolle zu halten.

                                          David O. Russell beweist ein äußerst feinfühliges Händchen, wenn er seine „kranken“ Protagonisten in Szene setzt. Er offenbart die Krankheit, ohne sie zum Mittelpunkt der Handlung zu machen. Äußert sich Pats Leiden anfangs noch in einzelnen Macken und Ticks, gelegentlichem exzentrischen Verhalten und dessen sozialer Inkompetenz, die für die ein oder andere amüsante Szene sorgt, wird erst im späteren Verlauf so richtig klar, was der gehörnte Ehemann eigentlich durchleiden muss. Wenn Pat plötzlich mitten in der Nacht sein verschwunden geglaubtes Hochzeitsvideo zu finden versucht und darüber immer mehr in Rage gerät, Zeter und Mordio schreit und das Ganze letztendlich sogar in physische Gewalt ausarten lässt, spätestens dann bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Denn in dieser Szene wird dem Zuschauer nicht nur die Hilflosigkeit des Protagonisten, sondern auch die Hilf- und Ratlosigkeit seiner Mitmenschen erschreckend deutlich vor Augen geführt.

                                          Wer oder was gilt in unserer Gesellschaft eigentlich als geistig gesund? Diese Frage stellt sich einem fast zwangsläufig in "Silver Linings", denn auch wenn im näheren Umfeld von Pat und Tiffany fleißig über deren momentanen Geisteszustand getuschelt wird, kämpft doch eigentlich fast jeder mit seinen eigenen Zwängen einen aussichtslosen Kampf. Wenn Pats Vater - großartig gespielt von Schauspiel-Legende Robert De Niro - Woche für Woche die Football-Übertragung als fast religiöses Event zelebriert und darüber hinaus für eine, gelinde gesagt, dämliche Doppelwette Haus und Hof aufs Spiel setzt, dann ist das ein schädlicher, ein krankhafter Zwang. Genauso Pats bester Freund Ronnie (John Ortiz), der bedingungslos unter dem Pantoffel seiner Frau steht, ihr aber am liebsten an die Gurgel gehen würde und sich permanent in Scheidungs-Fantasien flüchtet. Von einem ausgeglichenen Gefühlshaushalt kann hier wohl kaum die Rede sein. David O. Russell zeigt deutlich, dass die Grenze zwischen geistig gesund und krank eine schmale ist, und zumeist nur durch ein ärztliches Attest definiert wird.

                                          Fazit: Regisseur David O. Russell lässt von vornherein kein Zweifel daran aufkommen, wie seine Feel-Good-Dramödie „Silver Linings“ ausgehen wird. Wenn sich Pat in einer Szene über das negative Ende von Hemingways „In einem anderen Land“ echauffiert und lauthals brüllt: „I mean, the world's hard enough as it is, guys. Can't someone say, hey let's be positive? Let's have a good ending to the story?“, kann dies durchaus als Leitmotiv für den Film genommen werden. Russell entlässt seine Protagonisten mit einem Lächeln auf dem Gesicht aus dem Film und auch wenn der Weg bis zu diesem Punkt manchmal hart war, hat sich die Mühe letzten Endes doch gelohnt.

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                                            "In a million years, when kids go to school, they gonna know: Once there was a Hushpuppy, and she lived with her daddy in The Bathtub."

                                            Jedes Jahr aufs Neue trifft sich auf dem Sundance Film Festival in Park City und Salt Lake City die Elite der Independent-Filmindustrie. Und jedes Jahr aufs Neue gibt es auch wieder einen absoluten Überflieger-Film, der auf dem Festival gefeiert wird, als wäre er der alleinige Heilsbringer für die kränkelnde Kommerz-Kinoindustrie. 2012 war dieser Film das Neuzeit-Märchen „Beasts of the Southern Wild“ von Regie-Newcomer Benh Zeitlin, das mit Laienschauspieler, wunderschönen Landschaftsaufnahmen und einem mitreißenden Soundtrack das Sundance-Publikum verzaubern konnte. Doch vom Status eines Meisterwerks ist „Beast of the Southern Wild“ meilenweit entfernt, denn besonders in der Erzählstruktur und der Inszenierung hat der Sundance-Hit deutliche Schwächen aufzuweisen. Letztendlich ist der Film ein annehmbares Erstlingswerk, das besonders vom unglaublichen Süßheitsfaktor seiner Quvenzhané Wallis profitieren kann.

                                            Abgelegen von dem Stress der Großstadt existiert ein Ort, an dem Menschen zusammenfinden, die in der Gesellschaft keinen Platz mehr haben. An diesem Ort, von den Einheimischen „The Bathtub“ getauft, verlebt die kleine Hushpuppy (Quvenzhané Wallis) eine abenteuerliche Kindheit zwischen Alligatoren und Krabben. Schon vor Jahren hat ihre Mutter die Familie verlassen, seitdem kümmert sich ihr unberechenbarer Vater Wink (Dwight Henry) um das kleine Mädchen, doch dieser hat eigentlich schon genug mit sich zu kämpfen. Doch als Wink plötzlich von einer seltsamen Krankheit befallen wird, verändert sich das Leben des jungen Mädchens drastisch.

                                            Regisseur Benh Zeitlin ist mit seinem Cast ein großes Wagnis eingegangen. Zwei Laiendarstellern vertraute er die Hauptrollen an, um damit ein Zeichen gegen das „System“ Hollywood zu setzen, in der Stars und Gewinn alles diktieren. Doch mit der Besetzung hat Zeitlin einen echten Glücksgriff gelandet, denn zwischen Quvenzhané Wallis und ihrem barschen Film-Vater stimmt die Chemie einfach. Dies dürfte wohl in erster Linie daran liegen, dass der kleine Star bei dem Casting von Wink eine gehörige Portion mitzusprechen hatte, denn nur mit ihrer Zustimmung durfte ein Schauspieler engagiert werden. Nachdem bereits zwei Darsteller von der kleinen Quvenzhané abgelehnt wurden, fand Benh Zeitlin seinen Wink-Darsteller Dwight Henry schließlich in der Bäckerei gegenüber des Produktionsstudios. Und auch die Vorstellung bei der niedlichen Protagonistin des Films konnte der Bäcker mittels mitgebrachter Süßigkeiten und einem netten Lächeln für sich entscheiden.

                                            Eine schöne Geschichte, fast märchenhafter als der Film selbst. Denn dieser möchte den Zuschauer zwar in eine magische Welt ziehen, verliert sich aber nach einiger Zeit in eine Vielzahl verschiedener Handlungsstränge und Problemfelder. Plumpe Ökobotschaft trifft hier auf unausgegorene Kapitalismuskritik – Zu halbherzig widmet sich Regisseur Benh Zeitlin den Thematiken, als dass diese wirklich beim Zuschauer Wirkung zeigen könnten. Zu sehr ist man damit beschäftigt, sich im melancholischen Soundtrack und den wunderschönen Landschaftsaufnahmen zu verlieren. Man lässt sich treiben und so treiben die einzelnen Etappen des Films an einem vorbei, ohne nennenswerten Eindruck zu hinterlassen.

                                            Monsunartige Unwetter, Zwangsräumungen, plötzlich eintretende Krankheiten, das Leben und Sterben im „The Bathtub“, die Suche nach einem lange verschollenen Familienmitglied und aufgetaute Riesenschweine: Zeitlin gibt den einzelnen Elementen keine Zeit zur Entfaltung, denn hat man sich gerade mit dem aktuellen Status quo arrangiert, scheint dieser schon wieder überholt und verkommt zur Nebensächlichkeit. Vielleicht wäre hier, in Anbetracht der mit 93 Minuten äußerst knapp bemessenen Spielzeit, weniger mehr gewesen.

                                            Zudem muss die Frage erlaubt sein, ob „The Bathtub“ wirklich so ein Idyll ist, wie es in diesem Film dargestellt wird. Zwar inszeniert Benh Zeitlin diesen Ort als ein kleines Paradies, als Asyl für all die gesellschaftlichen Aussteiger und Andersdenker vor den grauen Klauen des Kapitalismus, doch eigentlich ist der Hauptteil der „Bathtub“-Bewohner doch nichts weiter als ein Haufen reaktionärer Trunkenbolde ohne jeglichen Weitblick. Eigentlich kein guter Ort, um sein Kind großzuziehen, oder?

                                            Fazit: Benh Zeitlins „Beast of the Southern Wild“ ist ein ambitionierter Film, keine Frage. Leider ist der Film stellenweise zu überfrachtet und kann so an keiner Front vollends überzeugen. Dennoch sorgen das bezaubernde Schauspielduo Quvenzhané Wallis / Dwight Henry und der großartige Soundtrack wenigstens für ein paar magische Kinomomente.

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                                            • "Haben Sie was gesehen?" - "Nein Sir! Ich habe nicht gesehen, dass Sie wieder mit Ihren Puppen gespielt haben!"

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                                                "Ich machs kaputt!"

                                                Spätestens mit dem NES haben Videospiele endgültig Einzug in die Kinderzimmer der Welt gehalten und mit ihnen auch Namen wie Super Mario, Sonic the Hedgehog, Megaman und Samus Aran. Doch was wären all diese Videospielhelden ohne ihre fiesen Gegenspieler? Was wäre Mario ohne Donkey Kong und Bowser? Was täte Sonic ohne Doctor Robotnik/Doctor Eggman? Und wo würde Pacman ohne die bunten Geister heute sein? Ein fieser Gegenspieler macht ein Videospiel erst richtig gut, das weiß wohl jeder Gamer. Also warum nicht einmal all den Fieslingen und Bösewichtern Tribut zollen, über die wir nach zähen Kämpfen und langen Nächten triumphiert haben? Mit „Ralph reichts“ unternimmt Disney den Versuch, den Oberschurken des Arcade-Zeitalters ein würdiges Denkmal zu setzen und scheitert auf hohem Niveau. Doch zumindest die erste Hälfte des Films ist ein herrlich nostalgischer Rückblick auf die längst vergessene Prä-Heimkonsolen-Ära der Videospielgeschichte.

                                                Randale-Ralph (John C. Reilly / Christian Ulmen) hat genug! Ihm reichts! Seit nunmehr 30 Jahren stehen immer die anderen im Rampenlicht, werden bejubelt während er Abend für Abend wieder mit dem Gesicht voran im Dreck landet. Aber damit soll jetzt Schluss sein, denn Ralph plant seinen Job als Oberfiesling in dem Spiel „Fix it Felix, Jr." niederzulegen und sich in einem anderen Spiel als Held zu versuchen, doch dieser Plan ist nicht ungefährlich. Denn anders als in seinem eigenen Spiel ist Ralph dort nicht unsterblich…

                                                Dass auch Bösewichte eigentlich ein gutes Herz besitzen, haben uns in den letzten Jahren bereits Filme wie „Megamind“ oder „Ich – Einfach Unverbesserlich“ bewiesen. Und auch Ralph, der titelgebende Held des neusten Disney-Animationsspektakels, wäre eigentlich viel lieber einer von den Guten, statt Tag für Tag seiner zerstörerischen Arbeit nachzugehen und dafür nichts als Hass und Verachtung von seinen Videospielkollegen zu ernten. Doch einer muss ja schließlich diese Aufgabe übernehmen, oder? Wenn sich Ralph seelischen Beistand bei einer Selbsthilfegruppe für Videospiel-Bösewichte sucht, dann ist das Zucker für jedes Gamerherz. Hier sitzt Bowser neben Zangief und plauscht mit Dr. Eggman und M. Bison über die täglichen Probleme eines Superschurken.

                                                Besonders die erste Hälfte des Disney-Animationsfilms quillt förmlich über vor Anspielungen auf bekannte Game-Klassiker, denn fast an jeder Ecke stößt man hier auf mehr oder weniger bekannte Vertreter gängiger Spiele-Klassiker wie Sonic the Hedgehog oder Ryu und Ken aus der "Street Fighter"-Reihe. Leider endet dieser Nostalgie-Trip viel zu schnell, denn sofern Ralph in die quietschbunte Welt des Mädchen-Rennspiels „Sugar Rush“ eintaucht und dort auf den kessen Game-Glitch Penellope von Schweetz (Sarah Silverman / Anna Fischer), wird „Ralph reichts“ zu einem äußerst kindergerechten und konventionellen Disney-Film, in dem zum x-ten Mal Themen wie „Der Wert der Freundschaft“ oder „Selbstverwirklichung“ durchgekaut werden. Auch der anfängliche Biss und der ernste Unterton weichen nach und nach vergnüglichen Slapstickeinlagen und turbulenten Rennpassagen, die besonders in 3D die kleinen Kinozuschauer bei Laune halten dürften. Es ist direkt ärgerlich, dass man sich bei Disney nicht getraut hat, den Film ein wenig konsequenter auf ein älteres Publikum zuzuschneiden. Doch letztendlich bleiben Animationsfilme doch immer nur Kinderfilme – schade eigentlich.

                                                Dabei hat Regisseur Rich Moore („Futurama“) mit Ralph einen liebenswerten Anti-Helden erschaffen, der eigentlich gar nicht so recht in die kinderfreundliche Disney-Welt passen will. Denn Ralph ist ein grantiger Nörgler mit depressiver Ader, der seine Probleme lieber in Stamm-Videospiel-Kneipe zu vergessen versucht, als sich diesen zu stellen. Gerade auf Grund seiner vielen Charakterschwächen bietet Ralph gerade für die älteren Semester genügend Produktionsfläche um sich mit ihm zu identifizieren und wird dadurch zu einer der sympathischsten und auch erwachsensten Figuren im Disney-Kosmos. Denn wenn sich Ralph über seinen Job beschwert, bei seinen Arbeitskollegen um Anerkennung kämpft und jeden Abend wieder in seine schäbige „Behausung“ zurückkehrt, während nur ein paar Meter weiter das Leben so viel besser scheint, dann kann man nur zu gut mit dem tollpatschigen Hitzkopf mitfühlen.

                                                Fazit: „Ralph reichts“ scheitert letztendlich daran, dass sich der Film nicht entscheiden kann, ob er nun ein quietschbunter Kinderfilm oder ein nostalgischer Trip für Videospielnerds sein möchte. Für einen vergnüglichen Familienausflug reicht das Spektakel aber dennoch allemal.

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                                                • 5 .5

                                                  "I always bring a gun to a knife fight."

                                                  Wenn Musiker von der Musik genug haben und nach neuen Herausforderungen suchen, probieren sie oftmals eine Karriere in Hollywood ins Rollen zu bringen. Nicht wenige zieht es dabei vor die Kamera, und auch wenn offensichtlich nicht jeder Musiker zum Schauspieler berufen ist, feiert so manch einer mit diesem Berufswechsel große Erfolge. Andere besonders kreative Köpfe zieht es dagegen hinter die Kamera: Das kann in einem absoluten Desaster enden, wie jüngst Pop-Queen Madonna mit ihrem Historien-Drama „W.E.“ bewiesen hat, aber auch zu durchaus interessanten Ergebnissen führen, wie im Falle des französischen Ausnahme-Künstlers Quentin Dupieux (Mister Oizo), der mit seinem Experimentalfilm „Rubber“ mal eben die Kino-Konventionen auf den Kopf stellt. Mit „The Man with the Iron Fists“ versucht nun auch Wu-Tang-Legende und bekennender Kung-Fu-Film-Fanatiker RZA im Filmgeschäft Fuß zu fassen. In diesem hat der Clanführer nicht nur die titelgebende Hauptrolle übernommen, sondern versucht sich auch gleich noch als Regisseur und Drehbuchautor. Das Resultat ist ein trashiger Martial-Arts-Streifen, der zwar merkliche Schwächen in der Inszenierung besitzt, aber auch durch eine ganze Reihe ausgefallener Ideen Punkten kann.

                                                  In Jungle City ist der Teufel los: Seitdem die zwei verfeindeten Clans der „Lions“ und der „Wolves“ ihre Machtkämpfe in der kleinen Stadt austragen, ist dort kein Einwohner mehr sicher. Auch der geheimnisvolle Schmied (RZA) wird in den Kampf um Macht und Gold hineingezogen und stellt für beide Parteien außergewöhnliche Kriegswaffen her. Als auch noch der eigenwillige Kopfgeldjäger Jack Knife (Russel Crowe) und der stählerne Killer Brass Body (Dave Bautista)auf der Bildfläche erscheinen, eskaliert die Lage in der Dschungelstadt...

                                                  Gleich in den ersten fünf Minuten fackelt RZA ein Martial-Arts-Feuerwerk sondergleichen ab. Wenn zu donnernden Beats und einem legendären Rap-Part des verstorbenen Wu-Tang-Mitgliedes ODB bereits im Prolog ordentlich Prügel verteilt werden, Knochen brechen und Gliedmaßen durch die Gegend fliegen, weiß man, worauf man sich die nächsten 90 Minuten einzustellen hat: Trashige Martial-Arts-Unterhaltung der alten Schule. Was RZA hier in den Kampfszenen auf die Leinwand zaubert, scheinen die Wirklichkeit gewordenen Fantasien eines echten Martial-Arts-Fanboys zu sein. Denn durch die detailreichen Kostüme, die spektakulären Waffen, die halsbrecherischen Kampfmoves und das breit gefächerte Figurenarsenal, von denen jeder einzelne Charakter schrill, überzeichnet und verdammt tödlich ist, werden zumindest die Action-Einlagen bis zuletzt nie langweilig. Wenn der amerikanische Pistolero Jack Knife auf den gefürchteten Blasrohr-Killer Poison Dagger trifft, sich todbringende Freudenmädchen mit dem gefürchteten Lion-Clan anlegen und ein Schmied mit eisernen Fäusten in den direkten Schlagabtausch mit dem stählernen Killer Brass Body tritt, ist blutige Martial-Arts-Action wie zu den Hochzeiten der Shaw-Brothers-Filme garantiert.

                                                  Doch leider verliert sich der Film allzu oft in einer unnötig hohen Anzahl aus verschiedenen Handlungssträngen. Rache, Verrat, Machtgier: Jeder Charakter hat seine eigenen Beweggründe um sich in den Kampf um Jungle Village einzumischen. In diesem Durcheinander verliert man schnell einmal den Überblick, wer denn gerade mit wem unter einer Decke steckt und warum. Und so gestaltet sich die Zeit zwischen den furiosen Kampfsequenzen als Geduldsprobe für den Zuschauer, die lediglich Russel Crowe als notgeiler Cowboy ein wenig auflockern kann. Da wäre es doch durchaus interessant zu wissen, ob die ursprünglich auf vier (!) Stunden angedachte Fassung von RZA für ein wenig mehr Klarheit in der wirren Figurenkonstellation gesorgt hätte.

                                                  Das RZA eigentlich der richtige Mann für einen coolen Soundtrack ist, hat er bereits mehrfach bewiesen. So steuerte er beispielsweise die herrlich minimalistischen Beats für Jim Jarmuschs „Ghost Dog“ bei, oder machte die Serie „Afro Samurai“ erst durch seine musikalische Untermalung zu einem der coolsten Animes der letzten Jahre. Doch gerade in seiner Königsdisziplin erreicht RZA diesmal nur das Mittelmaß, was wohl in erster Linie daran liegen dürfte, dass viele der Songs diesmal gar nicht aus der Feder des Wu-Tang-Masterminds stammen. Herausgekommen ist ein Soundtrack auf Wu-Tang B-Seiten-Format, ein glatt gebügelter Mix aus Rap R&B, der leider nicht recht mit der trashigen Atmosphäre des Films harmonieren will.

                                                  Fazit: Trotz tatkräftiger Unterstützung von Eli Roth („Cabin Fever“) und Quentin Tarantino („Kill Bill“) kann das filmische Erstlingswerk des Wu-Tang-Oberhauptes RZA nicht vollends überzeugen. Denn die konfuse Handlung um die Geschehnisse in Jungle City bremst „The Man with the Iron Fists“ immer wieder aus. Dass wir RZA nicht zum letzten Mal auf dem Regiestuhl gesehen haben werden, steht bereits schon jetzt fest, denn mit „Genghis Khan“ und „No Man's Land“ sind gleich zwei Projekte für die nächste Zukunft geplant.

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                                                    "I like to kill them softly..."

                                                    Andrew Dominik gehört wohl zu den unterschätztesten Filmemachern unserer Zeit. Nach dem psychodelischen Gefängnisthriller „Chopper“ mit einem großartigen Eric Bana in der Hauptrolle, folgte Dominiks eigentlicher Geniestreich, denn mit „Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“ lieferte der junge Regisseur einen vielschichtig wie handwerklich perfekten Western ab, der zwar an den Kinokassen floppte, jedoch im Nachhinein zum Western-Geheimtipp avancierte. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an Andrew Dominiks neustes Werk „Killing Them Softly“, zumal dieser harte Gangster-Thriller auf dem Roman „Cogan's Trade“ des legendären Krimi-Autoren George V. Higgins basiert. Ideale Voraussetzungen also für den australischen Regisseur und auch wenn „Killing Them Softly“ nie an die Klasse von „Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“ heranreichen kann, hat Dominik trotz allem einen stimmungsvollen und bitterbösen Gangster-Thriller inszeniert, der besonders durch Dominiks makellose Regiearbeit, das starke Ensemble und einen hervorragenden Soundtrack punkten kann.

                                                    Frankie (Scoot McNairy) und sein Kumpel heroinabhängiger Kumpel Russel (Ben Mendelsohn) sind mal wieder blank. Durch den zwielichtigen Geschäftsmann werden die beiden Tagelöhner auf ein illegales Pokerspiel aufmerksam gemacht, bei dem es nicht nur um „Peanuts“ geht. Schnell ist der Entschluss gefasst, die illegale Pokerrunde zu überfallen und das Preisgeld in Höhe von 30.000 US-Dollar einzusacken. Mit mehr Glück als Verstand gelingt den beiden Möchtegern-Gangstern sogar der Coup, doch der Veranstalter (Ray Liotta) möchte die Diebe nicht so einfach davonkommen lassen und an engagiert über Mittelsmann (Richard Jenkins) den berüchtigten Auftragskiller Jackie Cogan (Brad Pitt), damit sich dieser der Sache annimmt.

                                                    Blutrünstige Gangster, drogensüchtige Gelegenheitskriminelle und depressive Auftragskiller: Andrew Dominik gewährt uns in „Killing Them Softly“ einen Einblick in das Milieu der Gesetz- und Ehrlosen, wo die Gewalt Diplomatie ersetzt und man für Geld alles, aber auch wirklich alles kaufen kann. Und auch wenn diese zwielichtige Gesellschaft fast gänzlich abgekoppelt vom sichtbaren Leben ihren Lauf nimmt, vollständig entziehen kann sie sich diesem dennoch nicht: Denn erstaunlicherweise unterliegt auch ein Gangsterleben den tagesaktuellen Schwankungen der Weltwirtschaft. Und so gestaltet Dominik „Killing Them Softly“ als fortwährenden Kampf um Geld, Respekt und das tägliche Überleben in einem maroden System. Wirklich „soft“ ist hier rein gar nichts.

                                                    Dem gegenüber stellt Dominik den 2008 lautstark ausgetragenen Wahlkampf zwischen John McCain und Barack Obama um das Amt des Präsidenten. Leere Phrasen dröhnen in Dauerbeschallung aus dem Off und die geleckten Kandidaten blicken von meterhohen Plakatwänden auf das unwirkliche Ghetto-Szenario hinab. Dabei verkommt das gewinnende Lächeln dieser „sauberen“ Politiker über den Dächern der Slums zu einem zynischen Grinsen, denn ihre Wahlversprechen sind wie immer nichts weiter als heiße Luft. Dominik kämpft zwischen den Fronten und lässt weder an Republikanern noch an den Demokraten ein gutes Haar. Und so bleibt letztlich die Frage, wer hier die eigentlichen Verbrecher sind. Denn während für die politische Elite des Landes Lobbyismus, Lug und Betrug fast schon zum guten Ton gehört, gilt selbst in den zwielichtigsten Kreisen immer noch ein ungeschriebener Ehr-Kodex, dessen Missachtung tödliche Folgen hat, wie in „Killing Them Softly“ der ein oder andere Gangster mit voller Härte zu spüren bekommt.

                                                    Doch auch ungeachtet der beißenden Kritik ist „Killing Them Softly“ ein handwerklich perfekter Gangster-Thriller mit schwarzhumoriger Note. Mit Brad Pitt, Ben Mendelsohn, James Gandolfini, Richard Jenkins und Ray Liotta hat Andrew Dominik wohl einen der eindrucksvollsten Cast des Kinojahres 2012 zusammengetrommelt und auch die Arbeit seines Kameramannes Greig Fraser („Let Me In“) spricht für sich. Eindrucksvollstes Beispiel für dessen Können ist wohl der brillant in Szene gesetzte Raubüberfall des illegalen Pokerspiels, dessen Intensität sich wohl am besten mit dem anfänglichen Katz-und-Maus-Spiel in Nicolas Wending Refns „Drive“ vergleichen lässt.

                                                    Fazit: Mit „Killing Them Softly“ liefert Dominik einen zynischen Kommentar zur zunehmend grotesken politischen Situation in den USA ab. Und natürlich ist es auch kein Zufall, dass „Killing them softly“ genau in einem Wahljahr Premiere feiert. Wenn Dominik sein Publikum letztendlich mit den Worten “America isn’t a country; It’s a business. Now fuckin' pay me.“ aus dem Kino entlässt, muss man bestürzt feststellen, wie viel Wahrheit doch in diesen Worten steckt.

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