Edward Nigma - Kommentare

Alle Kommentare von Edward Nigma

  • 4
    über Garbage

    Gespräch zwischen zwei Zuschauern nach dem indischen Revenge-Thriller Garbage: „Meine Erfahrung mit der Berlinale bisher: Die Internetseiten gehen nicht und das CineStar zeigt die ganze Woche nur Penisse. Kann ja auch nicht Sinn der Veranstaltung sein…“. Pimmel, Pimmel, überall Pimmel – dass das männliche Glied noch immer Verwirrung unter den Zuschauer stiften kann, finde ich direkt erstaunlich. Garbage, der neue Film des indischen Regisseurs Q, der zuvor die Zuschauer stilvoll in einem „Need Weed“-T-Shirt auf das Nachfolgende vorbereitete, zeichnete sich unterdessen nicht unbedingt durch ausufernde Nacktsequenzen aus. Stattdessen durften die Zuschauer hier einer sehr qualvollen Dekonstruktion der Männlichkeit beiwohnen: Der an Hodenkrebs leidende Taxifahrer Phanishwar (Tanmay Dhanania) hält in seiner Wohnung eine stumme Frau an einer Metallkette gefangen, die auf einem Tisch schlafen und ihm sklavisch ergeben sein muss. Doch nicht nur im Mikrokosmos seines Domizils fällt der Taxifahrer durch sein abscheuliches Verhalten auf: In den Weiten des Internets bläst Phanishwar regelmäßig menschenverachtende Tweets in den Äther und huldigt dem rechtsextremen Guru „Baba“, dessen hetzerische Anhängerschaft so etwas wie eine Ersatzfamilie für den verwirrten Geist geworden ist. Unterdessen flieht die junge Rami (Trimala Adhikari) vor den Folgen eines Sexvideos, das heimlich von ihr ins Netz gestellt worden ist. Hier trifft sie auf Phanishwar, der sie als Fahrer durch die Gegend chauffiert – das Zusammentreffen endet blutig. Garbage ist trashig inszeniertes Kino voller Blut, Schweiß und Tränen, das im unangenehmsten Sinne unter die Haut geht – richtig gut ist der mit Torture-Porn-Elementen versehene Streifen dennoch nicht, dafür verbringt der Film zu viel Zeit im erzählerischen Leerlauf. [...]

    • 8

      [...] Gleich der Eröffnungsfilm der diesjährigen Berlinale ist auch mein Vorab-Highlight gewesen: Wes Anderson lässt in Isle of Dogs – Ataris Reise nach Der fantastische Mr. Fox (2009) wieder einmal die Puppen tanzen. Wie üblich hat Anderson auch in seinem neusten Projekt eine namhafte Star-Riege um sich gescharrt. Diesmal stehen Edward Norton, Tilda Swinton, Bob Balaban, Jeff Goldblum und Bill Murray jedoch nicht selbst vor der Kamera, sondern leihen ihre Stimmen lediglich den wunderbar detailverliebt animierten Stop-Motion-Hunden, die sich gemeinsam mit dem kleinen Japaner Atari auf den Weg machen, dessen Hund Spots zu retten. Isle of Dogs – Ataris Reise ist ein visuelles Feuerwerk, ein Rausch der Sinne, fast in jeder Szene gibt es liebevolle Kleinigkeiten zu bestaunen – also eigentlich ein typischer Anderson. Wenn dem Film etwas vorgeworfen werden kann, dann, dass die Abenteuergeschichte um den Jungen Atari inhaltlich etwas dünn daherkommt und die Bezüge zur aktuellen weltpolitischen Lage auch nicht immer ganz stimmig aufgehen. Wer die auf die Müllinsel verbannten Hunde als Allegorie auf die aktuelle Flüchtlingskrise lesen möchte, wird dafür ebenso Ansatzpunkte finden, wie diejenigen, die in dem hundehassenden, manipulativen Bürgermeister Kobayashi ein Zerrbild des aktuellen US-Präsidenten sehen möchten. Es lassen sich für jede dieser Auslegungen auch Stolpersteine finden, welche die Interpretationsansätze unstimmig wirken lassen. Ein Beispiel: Wie lässt sich das Kobayashi als Trump-Gleichnis lesen, wenn gleichzeitig ausgerechnet eine amerikanische Austauschschülerin den Japanern Demokratie beibringt, falsche Fakten richtig stellt und einen Wahlbetrug aufdeckt. Vielleicht muss ich das Ganze auch erst einmal sacken lassen und mich einfach der visuellen Pracht ergeben – Wes Anderson war auch noch nie ein guter politischer Filmemacher. Mit Isle of Dogs hat der verspielte Regisseur auf jeden Fall einen perfekten Anti-Disney-Film erschaffen und mir einen sehr gelungenen Einstieg in die Berlinale gewährt. [...]

      5
      • 5
        Edward Nigma: CinemaForever 15.02.2018, 18:29 Geändert 16.02.2018, 07:29

        [...] Wakanda – ein fiktiver Staat im Herzen Afrikas, der von ganz realen Problemen eingeholt wird. Während die Bewohner der geheimnisvollen Übermacht in unwirklichem Wohlstand schwelgen, kämpft der Rest Afrikas mit aktuellen Problemen: Menschenhandel, Armut, Kriegszustände und Flüchtlingswellen sind nur einige der Probleme, die im Film (viel zu kurz) anklingen. Die Politik, die in Wakanda gefahren wird, ist dabei zutiefst nationalistische geprägt. Mit einer Barriere verbirgt sich der Staat vor den Blicken und humanitären Bittstellern – die Bewohner Wakandas sind sich der Probleme in der Welt durchaus bewusst – und fährt damit wohl einen Kurs, der am ehesten als der feuchte Traum Donald Trumps beschrieben werden könnte. „Wakanda first, Africa second“ lautet die Parole des Königshauses. Abgrenzung, Grenzsicherung und Realitätsverweigerung als Mittel gegen die Probleme der Welt. Der politische Führungsstil des Wunderlands lässt den denkenden Zuschauer übel aufstoßen. Wenn letztlich sogar der Schutz der Grenzen und das Geheimnis der technologischen und wirtschaftlichen Überlegenheit mit Waffengewalt gesichert wird (natürlich nur um Waffengewalt durch Waffenlieferungen zu unterbinden), ergibt sich Ryan Coogles Black Panther vollends der eigenen Absurdität. Da hilft auch eine nachgeschobene Grenzöffnung und der plötzliche Gesinnungswandel des Thronerben T’Chala in der ersten nachgeschobenen Post-Credit Szene wenig. [...]

        2
        • 9 .5
          Edward Nigma: CinemaForever 25.01.2018, 18:38 Geändert 25.01.2018, 21:47

          [...] Wie humorvoll kann ein Schlag in die Magengrube sein? So mancher Kinozuschauer dürfte sich diese Frage nach der Sichtung des neuen Films von Brügge sehen… und sterben?-Regisseur Martin McDonagh stellen, denn der irisch-britische Filmemacher nimmt sich in Three Billboards Outside Ebbing, Missouri einem unangenehm harten Thema an: Der Kampf einer verzweifelten Mutter, deren Tochter ganz in der Nähe ihres Wohnhauses vergewaltigt, ermordet und anschließend verbrannt wurde, gegen die schleppend voranschreitende Ermittlungsarbeit der Polizei, die auch sieben Monate nach dem grausamen Gewaltverbrechen kaum Fortschritte vorzuweisen hat.

          Kann ein solches Thema überhaupt als skurril-schwarzhumoriges Drama inszeniert werden, oder bleibt dem Zuschauer dabei nicht das Lachen im Halse stecken? Irgendwie gelingt Martin McDonagh dieser unmöglich erscheinende Spagat zwischen emotional-aufwühlendem Drama und absurder Komödie. Vielleicht auch, weil der Regisseur stets mit dem nötigen Feingefühl in der Charakterentwicklung vorangeht – und diese ist wirklich, wie schon in Brügge sehen… und sterben? oder auch seinem Oscar-prämierten Kurzfilm Six Shooter, das Herzstück des Films. Wie kaum ein anderer Regisseur versteht es McDonagh seine Charaktere nicht in erster Linie sympathisch, sondern menschlich zu zeichnen. Kein Anbiedern beim Publikum, keine Stützfigur, die dem Zuschauer stets in unverwundbarer moralischer Erhabenheit zur Seite steht. Three Billboards Outside Ebbing, Missouri ist emotional ambivalentes Kino, wie es sein muss, wie es nur noch viel zu selten produziert wird und für mich somit schon jetzt der wahrscheinlich beste Film des Jahres. [...]

          8
          • 7 .5
            Edward Nigma: CinemaForever 11.01.2018, 15:32 Geändert 11.01.2018, 15:36

            [...] In Japan ein Sensationserfolg, in Deutschland traurige Randerscheinung: Der Animefilm Your Name. von Makoto Shinkai (5 Centimeters per Second) zeigt recht deutlich, wie es um die öffentliche Wahrnehmung der Anime-Kultur hierzulande bestellt ist. Anime ist noch immer Nische. So sehr Nische, dass selbst mein Rechtschreibprogramm das Wort noch immer rot unterstreicht. Gerade einmal an zwei Tagen wird Your Name. in den deutschen Kinos gezeigt. Dabei ist dem Verleih durchaus bewusst, dass es eine eingeschworene Anime-Fangemeinschaft gibt, denn auch Your Name wird im Rahmen der „Anime Nights“ in großen Multiplex-Lichtspielhäusern im Originalton gezeigt, hierzulande eine Seltenheit. An den Erfolg dieser Ah-Nie-Mee-Filme im regulären Kinoprogramm scheint jedoch nicht geglaubt zu werden. Lediglich dem Studio Ghibli (Mein Nachbar Totoro; Die rote Schildkröte) wird eine gewisse Strahlkraft zugesprochen, die auch Zuschauer außerhalb der eingeschworenen Anime-Fangemeinschaft ansprechen könnte. Ein trauriger Trugschluss, der dazu führt, dass der neue Film von Makoto Shinkai ungesehen aus den Kinos verschwindet, noch ehe er richtig angelaufen ist. Dabei hätte Your Name. die große Leinwand auf jeden Fall verdient, denn der Anime über zwei grundverschiedene Jugendliche, die sich plötzlich im Körper des anderen wiederfinden, ist wunderbar unterhaltsames Gefühlskino, das zudem noch einen wunderbaren Einblick in das zwischen Tradition und Fortschritt tief gespaltene Japan des 21. Jahrhunderts gibt. [...]

            Solltet ihr 11.01 oder am 14.01 noch Zeit haben, nutzt die Gelegenheit und schaut euch „Your Name.“ im Kino an. Es lohnt sich.

            6
            • 6 .5
              Edward Nigma: CinemaForever 01.11.2017, 13:10 Geändert 01.11.2017, 13:12

              [...] Abseits der Frage nach der aktuellen Ausrichtung des MCU muss dennoch festgehalten werden, dass Thor: Tag der Entscheidung ein äußerst kurzweiliger Film geworden ist, was auch an der besonderen Humor-Nuance liegen dürfte, die der neuseeländische Eagle-vs-Shark-Regisseur Taika Waititi in den Film einfließen lässt. Insbesondere die Buddy-Chemie zwischen der grünen Kampfmaschine Hulk (Mark Ruffalo) und dem Donnergott Thor (Chris Hemsworth) funktioniert hervorragend und sorgt für einige der besten Buddy-Comedy-Momente im MCU. Warum sich die Verantwortlichen bei Marvel noch immer so vehement gegen einen weiteren Solo-Ausflug vom Hulk wehren, bleibt nach diesem souveränen Auftritt ein Rätsel. Erstaunlicherweise erweist sich im bunten Figurenkabinett gerade Loki, der heimliche Star der bisherigen Thor-Filme, als größter Schwachpunkt. Der von Tom Hiddleston gespielte Fanliebling, der im Film eine erstaunliche optische Ähnlichkeit zu Tommy Wiseau (The Room) aufweist, entwickelt sich zunehmend vom gewieften Gegenspieler zum durchschaubaren Ränkeschmied, dessen stetiger Versuch Thor als Thronfolger auszuschalten inzwischen zu einem traurigen Running-Gag verkommen ist. [...]

              3
              • 8 .5
                Edward Nigma: CinemaForever 13.10.2017, 13:27 Geändert 13.10.2017, 19:07

                [...] Dem Wahnsinn der Handlung angemessen ist dabei stets die Soundkulisse des Films: Düster brummt und dröhnt es aus den Boxen, steigert sich zunehmend und entlädt sich mit ganzer Wucht in einer ekstatischen Exorzismus-Sequenz - ein vorgeschobenes Finale. Albtraumhaft vereinen sich hier Trommelgeräusche, markerschütternde Schreie und gesprochene Beschwörungsrituale zu einer beklemmenden Klangcollage, die im Zusammenspiel mit der rauschhaften Inszenierung der Dämonenaustreibung einen hypnotischen Sog entfaltet, an dessen Ende der Zuschauer ebenso ausgelaugt und erschöpft ist, wie die Protagonisten, die der Zeremonie beigewohnt haben. The Wailing wird hier zu einem körperlichen Belastungstest, der am besten im Kino genossen werden sollte. [...]

                4
                • 6

                  [...] Kinderfilme können so frei sein… Frei von begrenzenden Hürden, frei von logischen Handlungsmustern, frei von jeglichem Schamgefühl, aber auch frei von gutem Geschmack. In den seltensten Fällen stören sich die jungen Kinozuschauer an platten Späßen, die irgendwo zwischen Furzwitzen, Bremsspuren in Unterhosen oder albernen Namensschöpfungen à la Madame-Muffelpo oder Mr. Poopypants verortet sind – lediglich für die mitgeschleppten Eltern können solche Momente zu einer echten Härteprüfung werden, gerade dann, wenn aus einem Kinderfilm ein nicht enden wollender „Uranus“-Witz wird. Zwar bietet Captain Underpants – Der supertolle erste Film einige solche Momente, doch glücklicherweise schafft es Regisseur David Soren über weite Strecken des Films die Balance zwischen infantilen Toilettenwitzen und durchdachten Meta-Späßen zu halten und das Ganze in eine leicht verständliche, emotionale Geschichte um die Zerbrechlichkeit und den Wert der Freundschaft zu verpacken. Daran dürfte auch der Drehbuchautor Nicholas Stoller (Nie wieder Sex mit der Ex) nicht ganz unschuldig sein, denn dieser verleiht der kindgerechten Buddy-Komödie ein ums andere Mal einen kreativen Anstrich. Kleinere Episoden werden mittels Daumenkino oder durch Comic-Strips illustriert und mit Hilfe von Sockenpuppen werden düstere Zukunftsfantasien über zerbrochene Freundschaften und Killerroboter zum Leben erweckt. [...]

                  1
                  • 7 .5
                    über mother!

                    [...] Darren Aronofsky lässt seine Zuschauer leiden, lässt sie lange orientierungslos in seinem neuen Film herumstolpern. mother! wird zur filmischen Umsetzung des „Winchester House“, denn die Räumlichkeiten entziehen sich einem genauen Verständnis der Architektur. An diesem Ort scheinen weder Zeit noch Raum innerhalb der normalen Parametern zu funktionieren. Hier verschmelzen die Wünsche, Träume, Bedürfnisse und Realitäts-Bruchstücke der namenlosen Protagonistin zu einem wandelbaren Gefängnis, aus dem es kein Entkommen geben kann. Auch für den Zuschauer gibt es aus diesem kafkaesken Labyrinth keinen Ausweg – noch bevor es gelingt, den Handlungsspielraum und das eigenwillige Regelwerk vollständig zu begreifen, reißt der Filmemacher alles nieder und lässt eine filmische Apokalypse über die Kinobesucher hereinbrechen. [...] mother! ist filmgewordene Ekstase, ein albtraumhafter, künstlerischer Schöpfungsmythos, der zwar fast in seinem eigenen Bombast zu ersticken droht, sich aber dennoch als eine durchaus gelungene cineastische Ausnahmeerfahrung erweist.

                    5
                    • 8

                      [...] Dicht gedrängt stapft ein schwer bewaffneter Trupp durch das Dickicht des Waldes. Auf den Helmen Schriftzüge wie „Bad Monkey“ oder „Monkey Killer“. Mit dieser Szene, die Erinnerungen an einschlägige Vietnam-Kriegsfilme weckt, beginnt Matt Reeves Planet der Affen: Survival. Der Kampf Mensch gegen Affe geht also in die finale Runde. Ein eröffnender Kamerablick lässt die bekannten Muster jedoch ins Wanken geraten, denn unter dem Soldatentrupp lassen sich auch Affen ausmachen, die als Späher oder Lastenträger den Menschen zur Seite stehen. Bereits in den Vorgängern Prevolution und Revolution verschwammen die Grenzen zwischen Ideal und Wahn im Überlebenskampf. Diese selbstzerstörerische Tendenz hat auch das Affenkollektiv längst erreicht. Das Nachwirkungen des Putschversuches durch Koba haben das Lager der Primaten vollständig entzweit. Viele der ehemaligen Anhänger haben sich nach dessen gescheiterter Revolution in die Reihen der Menschen geflüchtet. Hier werden sie, mit Schmähnamen versehen, als Arbeitstiere geduldet, aber nicht respektiert. Caesars Leitspruch „Apes Together Strong“ wird zur inhaltsleeren Floskel, die im Film immer wieder gebetsmühlenartig vorgetragen, aber nicht einmal mehr vom Oberhaupt eingehalten wird. [...]

                      3
                      • 6 .5

                        [...] Valerian – Die Stadt der tausend Planeten ist ein filmischer Rausch, ein Sprung in den intergalaktischen Farbtopf. Grelle Neonfarben, fantastische Aliens und bombastische Spezialeffekte: Luc Bessons Weltraum-Traumland strotzt vor Kreativität und allein dafür muss man dem französischen Filmemacher schon dankbar sein. Für Besson wird die Leinwand zur Spielwiese und trotz seiner 58 Jahre ist der Mann noch ziemlich fidel und tobt sich in seinem Sci-Fi-Universum richtig aus: Action-Einlagen in mehreren Dimensionen auf virtuellen Marktplätzen, der Strandplanet Mül, auf dem das friedliche Leben des indigenen Volks der Pearl ein jähes Ende findet oder die Taucheinlagen in den überschwemmten Arealen der Weltraum-Metropole Alpha sind nur einige der visuellen Highlights des Films. In Zeiten der Comic-Blockbuster im Einheitslook ist es schwer vorstellbar, dass dieser bunte Farbklecks in Hollywood ein Budget von 180 Millionen zugesprochen bekommen hätte. Besson ist mit Valerian ein Wagnis eingegangen, denn der Sci-Fi-Streifen ist die bis dato teuerste Kinoproduktion aus europäischen Landen und wird somit auch maßgeblich über die Zukunft von Bessons eigenem Produktionsstudio EuropaCorp mitentscheiden. Bei diesem Risiko bleibt bloß zu hoffen, dass sich der Wagemut für Besson letztlich auch auszahlt. [...]

                        2
                        • 7

                          [...] Wonder-Woman-Regisseurin Patty Jenkins, die vielen durch ihr fantastisches Serienkiller-Biopic Monster im Gedächtnis geblieben sein dürfte, wird bei Warner momentan wie eine Heilsbringerin gefeiert. Endlich positive Presse, endlich gute Kritiken – dick prangert das Gütesiegel „certified fresh“ auf dem Wonder-Woman-Banner der offiziellen Facebook-Seite. Wie flüchtige Pfauenfedern werden die Stimmen zum Film mit stolz geschwellter Brust präsentiert, wie eine Jagdtrophäe, die den sonst so verhassten Kritikern abgerungen werden konnte. Bereits jetzt brodelt die Gerüchteküche, wird Jenkins womöglich auch den nächsten Superman-Film inszenieren? Mit Wonder Woman hat die amerikanische Filmemacherin auf jeden Fall bewiesen, dass sie problemlos eine Hollywood-Millionenproduktion stemmen und sich zudem auch in die ästhetische Ausrichtung des DC-Kanons eingliedern kann, ohne dabei ihren eigenen Stil einzubüßen – eine Hürde, an der beispielsweise David Ayers Suicide Squad scheiterte. [...]

                          • 3

                            [...] Oh, Pimmelwitz – Quell der unendlichen Freude. Wie kein Zweites ist das amerikanische Kino dem humoristischen Potenzial des männlichen Geschlechtsteils erlegen. [...] Auch Regisseur Seth Gordon (Kill the Boss) kennt sich auf diesem Gebiet bestens aus, schließlich ist dieser als Filmemacher nicht gerade für seinen feingeistigen Humor bekannt. In Baywatch schießt der Regisseur aber stellenweise deutlich über das Ziel hinaus und liefert einige humoristische Rohrkrepierer jenseits des guten Geschmacks. Den absoluten Tiefpunkt bildet dabei die verdeckte Ermittlung in einer Leichenhalle, in der nicht nur jede Menge Körperflüssigkeiten zum Einsatz kommen, sondern Zac Efron auch noch für einen lauen Witz an den Genitalien einer Leiche herumfummeln muss. [...]

                            4
                            • 5
                              Edward Nigma: CinemaForever 24.05.2017, 19:40 Geändert 24.05.2017, 21:21

                              [...] Spätestens wenn sich der Piratenjäger Salazar (Javier Bardem) aus seinem nassen Grab erhebt, hält der gewohnte CGI-Bombast wieder krachend Einzug. Mutierte Kriegsschiffe, gigantische Seeschlachten und zerstörungswütige Geister sorgen für ein höhepunktarmes Actiongewitter, das dem Zuschauer kaum Zeit zum Durchatmen und den Charakteren den möglichen Platz zur Entfaltung nimmt. Kleine Akzente, wie die Liebesbekundung an die Arbeit des legendären Tricktechnikers Ray Harryhausen, der in Sindbads gefährliche Abenteuer 1973 eine Galionsfigur zum Leben erweckte, gehen in diesem CGI-Getöse unbeachtet unter. [...]

                              1
                              • 4 .5

                                [...] Insbesondere der Einblick in die gequälte Seele des Täters verkommt dabei zu einem einzigen küchenpsychologischen Fremdschäm-Moment. Regisseurin Cate Shortland versucht die Beweggründe des psychotischen Englischlehrers an die besondere Historie der Stadt zu knüpfen und scheitert damit katastrophal. [...] Manchmal liegt zwischen Stockholm und Berlin nur eine verschlossene Wohnungstür. Abgesehen von dieser grenzüberwindenden Erkenntnis hat Cate Shortlands Psychothriller Berlin Syndrom nicht viel Neues zu bieten und verläuft trotz eines interessanten Ausgangssettings stets entlang ausgetretener Erzählpfade. [...]

                                3
                                • 7 .5

                                  Der spanische Filmemacher Álex de la Iglesia ("Mad Circus – Eine Ballade von Liebe und Tod") ist in diesem Jahr gleich mit zwei Filmen auf der Berlinale vertreten. Neben der von ihm produzierten Groteske "Skins", dem Langfilm-Debüt des ehemaligen Soap-Sternchens Eduardo Casanova, das in der „Panorama“-Sektion gezeigt wird und eindeutig die Handschrift seines Produzenten trägt, steuert der spanische Regie-Exzentriker mit dem herrlich schrägen "The Bar" auch einen eigenen Film zur Berlinale bei. "The Bar" ist ein grotesker Genre-Mix, der irgendwo zwischen Kammerspiel, Thriller und Horrorkomödie einzuordnen ist und trotz einiger Längen im finalen Akt einen herrlich versifften Farbtupfer (wahrscheinlich Kackbraun) im diesjährigen Wettbewerb darstellt. [...]

                                  3
                                  • 8

                                    [...] Besonders gelungen ist die Darstellung von Georgs Midlife-Crisis, in die sich der Mittfünfziger mit Freuden zu stürzen scheint. Dessen Kündigung („Ich bin eine Instanz! Es wird Leserbriefreaktionen geben!“) trägt ebenso zur plötzlich aufkeimenden Lebensunsicherheit des einst so scharfzüngigen und unverwüstlichen Kritikers bei, wie die aufkommenden Zweifel an dessen Potenz, die von Freundin Pia in den Raum gestellt werden. Dennoch denkt Georg gar nicht daran, seine Probleme zu beheben und widmet sich stattdessen ausgiebig dem eigenen Müßiggang. Auf dem Rummelplatz, der hier zur letzten Zufluchtsstätte für die Außenseiter und Verlierer der Gesellschaft wird, schmiedet er Rachepläne gegen seinen Chef, der ihn so unsanft aus seinem bequemen Lebensalltag befördert hat. Die Abrechnung des ehemaligen Feuilletonisten mit der Gesellschaft fällt dabei herrlich kleingeistig und direkt aus: Mit einem Autoschlüssel bewaffnet, übt er Vergeltung am Lack des vom Chef so innig geliebten Autos. Dass dies nur der Anfang eines sich immer weiter hochschaukelnden Konflikts sein wird, an dessen Ende nur die totale Eskalation stehen kann, ist von Anfang an klar. [...]

                                    3
                                    • 7

                                      [...] Wenn man an Oren Movermans bisherige Regiearbeiten denkt, kommen einem zuerst bleischwere und hochbrisante Politdramen in den Sinn. Umso erstaunlicher ist es da natürlich, wenn sich die Eröffnung von The Dinner als köstlich und vor allem leicht verdauliche Abrechnung mit der leidigen Verwandtschaft gibt. Dass unter der Oberfläche jedoch mehr schlummert, als ein böser Stich ins Herz der amerikanischen Familienidylle, lassen bereits die Misstöne erahnen, mit denen der visuell äußerst „schmackhafte“ Vorspann ausklingt. Sowieso nutzt Moverman eine ganze Palette an verschiedenen auditiven wie visuellen Mitteln, um stets ein Gefühl des Unbehagens beim Publikum auszulösen, seien es nun Störgeräusche in der musikalischen Kulisse oder unerwartet albtraumhaft-psychedelische Montagen. [...]

                                      2
                                      • 7

                                        Wer hätte gedacht, dass bebende Fleischberge so ästhetisch perfekt in Szene gesetzt werden können? Der Regisseur/Modeschöpfer Tom Ford, der 2009 mit seinem Regiedebüt A Single Man großen Anklang unter den Kritikern fand, bringt dieses Jahr mit Nocturnal Animals seinen zweiten Film in die Kinos und gleich in der Eröffnungssequenz gibt der ehemalige Gucci-Chefdesigner die Marschrichtung des Filmes vor: Krankhaft übergewichtige, nackte Frauen bringen hier in Zeitlupe ihre Pfunde in Wallung – ein grotesker Anblick, der sich dem Zuschauer da bietet und doch entwickeln die Bilder einen hypnotischen Sog. Tom Ford sucht in seinem Drama-Thriller stets die Schönheit im Hässlichen, der Brutalität und der Hoffnungslosigkeit, womit er das stille, voyeuristische Verlangen eines jeden Kinogängers zumindest auf visueller Ebene perfekt zu befriedigen weiß. Das Ergebnis ist ein Film, an dem sich zwar das Auge nicht sattsehen kann, der seine Zuschauer trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) gefühlskalt zurücklässt, denn zu berechnend gestaltet Ford die Analogie zwischen seinen Erzählebenen, zu zweckmäßig werden die Figuren installiert und zu künstlich wirken die Hochglanzbilder in denen wir das Leid erfahren. [...]

                                        1
                                        • 6
                                          Edward Nigma: CinemaForever 17.12.2016, 23:08 Geändert 17.12.2016, 23:10

                                          John: Do you want ham or liverwurst?
                                          Constance: Liverwurst!
                                          <3

                                          • 4 .5

                                            [...] Während der Charakter von Tom noch einige interessante, wenn auch nicht immer gänzlich nachvollziehbare Züge aufweist, ist dessen junge Ehefrau Isabel fast beschämend einfach gehalten. Ihr gesamtes tragisches Sein wird in diesem Film auf den unerfüllbaren Kinderwunsch ausgelegt, was mit dem Zuschauer mit einer skurrilen Penetranz und dabei stetigen Simplizität nahegebracht wird. Trotz des Wissens um die Tragik des Gezeigten, kommt die Emotionalität nicht beim Publikum an. Das gesamte unausweichliche und unlösbare moralische Dilemma, in das jede der Figuren hineingezogen wird, kann von der Eindimensionalität seiner Charaktere nicht getragen werden. The Light Between Oceans scheitert als Drama an seinen Figuren, daran können auch die kraftvollen Landschaftsaufnahmen von Kameramann Adam Arkapaw, der die Einsamkeit des Leuchtturmwärters in wunderbare Bilder kleidet, nichts mehr ändern. [...]

                                            1
                                            • 3 .5

                                              [...] Regisseur Jon M. Chu ist ein Meister der Zauberei: Er täuscht sein Publikum wie einst David Copperfield und verkauft heiße Luft als astreines Unterhaltungskino. Zwar kann die filmische Illusion eine Zeit lang von dem namhaften Cast, reichlich Action und flotten Sprüchen aufrecht erhalten werden, doch allzu schnell enttarnt sich "Die Unfassbaren 2" als billiger Budenzauber. Darauf ein müdes „Tadaaaa…“ [...]

                                              2
                                              • 3 .5
                                                Edward Nigma: CinemaForever 18.08.2016, 13:22 Geändert 19.08.2016, 10:04

                                                [...] David Ayer begeht den größten Fehler, den er in der Konzeption des Films überhaupt hätte machen können und nimmt den Superschurken ihre diabolischen Charakterzüge. Er lässt sie zu missverstandenen Figuren werden, die mit einem Zähneknirschen ihr Leben für die gerechte Sache opfern würden. Mit einigen Drehbuch-Taschenspielertricks verhindert der Fury-Regisseur dabei von Beginn an, dass die Figuren echte Antipathie beim Zuschauer wecken könnten. Spaß am Töten? Darf es geben, doch bitte nur, solange die Gegner entmenschlichte Gurkenköpfe sind. Ego-Trips und Schimpftiraden? Gerne, aber nur wenn man sich letztlich doch als gute Seele mit Rüpel-Schnute entpuppt. Diese „Entdämonisierung“, die die Figuren ihrem absoluten Schurkentum enthebt, kann großartige und für das Comic-Universum weitreichende Folgen haben. Bestes Beispiel dafür dürfte wohl die Neugestaltung von Mr. Freeze in der mit einem Emmy ausgezeichneten Folge "Heart of Ice" der Meilenstein-Serie "Batman: The Animated Series" sein. Im Falle von David Ayers Suicide-Squad-Interpretation jedoch, wirkt die Charakterwandlung unglaubwürdig und scheint lediglich dazu zu dienen, die zahlenden Massen nicht zu verschrecken. [...] Die eigentlichen Superschurken werden gnadenlos in die glattgebügelte Superhelden-Maschinerie eingewoben und unterscheiden sich damit letztlich kaum von der Comic-Konkurrenz. Der bereits im Trailer gebetsmühlenartig beschworene Slogan „Don`t forget we are the bad guys“ wird so zu einer stetigen und stets nötigen Erinnerung für das Publikum, ja nicht zu vergessen, dass hier eigentlich gerade die übelsten Gesellen auf der Leinwand zu sehen sind, die das DC-Universum aufbieten kann. [...]

                                                6
                                                • 4

                                                  [...] Nachdem Michael Bay mit Genuss und finanziell leider äußerst erfolgreich die Transformers-Serie in den Kreativ-Bankrott getrieben hatte, suchte sich Hollywoods Sprengstoffmeister 2014 ein neues Opfer der 80er-Jahre-Populärkultur: Mit gehörig CGI-Zunder beförderte Produzent Bay die ikonischen Ninja Turtles unter der Regie von Jonathan Liebesman aus ihrer filmischen Vergessenheit wieder zurück auf die Leinwand. Zwar war das Turtles-Reboot ein filmischer Rohrkrepierer und eine Enttäuschung für alle Oldschool-Fans der Riesenschildkröten, erwies sich aber an den Kinokassen als erfolgreich genug, um eine obligatorische Fortsetzung spendiert zu bekommen. Mit Dave Green („Earth To Echo“) auf dem Regiestuhl sollte nun alles besser werden, denn der Regisseur bezeichnete sich nach eigenen Aussagen als großer Verehrer der mutierten Ninja-Reptilien – eine Aussage, die man nach der Sichtung des Films nur anzweifeln kann – und plante zudem Fanlieblinge wie die überdimensionierten Dumpfbacken Rocksteady und Bebob, Oberfiesling Krang oder den durchgedrehten Wissenschaftler Baxter Stockman in die Fortsetzung einzubauen. Doch trotz aller Besserungsversprechen können die Turtles auch mit „Teenage Mutant Ninja Turtles 2: Out Of The Shadows“ nicht aus dem Schatten ihres missratenen Vorgängers treten. Obgleich das Wiedersehen mit lieb gewonnenen Figuren aus dem Turtles-Universum dem Zuschauer einen kurzen nostalgischen Schauer verpassen mag, wird die Gewissheit um massig verschenktes Potenzial dadurch nur umso eklatanter, denn kaum eine der neuen Mitstreiter mag wirklich zu überzeugen. Was bleibt sind fast zwei Stunden nicht enden wollendes Getöse, Pimmelwitze und ein schrecklich chaotisches Handlungsgerüst. [...]

                                                  2
                                                  • 7

                                                    [...] Es war ein echter Mammutakt, die Ghostbusters wieder auf die Leinwand zu bringen. Bereits 2008 vermeldeten große Filmportale zum erste Mal, dass die Ghostbusters offiziell auf die Leinwand zurückkehren würden – Ganze acht Jahre und etliche Verwirrspiele um Cast, Regie und Drehbuch später ist es nun soweit: die Ghostbusters kehren endlich auf die Leinwand zurück! Doch irgendwie scheint dies keiner richtig zu wollen, schon gar nicht die Hardcore-Fans, die bereits seit dem durchwachsenen zweiten Teil auf eine weitere Fortsetzung hofften. Spätestens mit dem Tod von Egon-Darsteller Harold Ramis im Februar 2014 war jedoch klar, dass die Ghostbusters in alter Besetzung nicht mehr gemeinsam auf die Leinwand kommen würden und bereits vorher wurde ein möglicher gemeinsamer Auftritt mehr als eine Art Protonenpack-Übergabe an eine jüngere Geisterjäger-Crew angedacht, da insbesondere Bill Murray wenig Lust hatte, noch einmal in die Rolle des zynischen Dr. Peter Venkman zu schlüpfen. Eine komplette Generalüberholung der Reihe musste her und mit ihr wurde auch eine Entscheidung gefällt, die traurigerweise bereits vor Drehbeginn das Aus für die „Next-Gen-Ghostbusters“ bedeuten sollte: Zum Unmut der „Fans“ sollten nun Frauen in die Rollen der New Yorker Geisterjäger schlüpfen! „Schreck lass nach“, dachten sich da wohl einige unbelehrbare Ghostbuster-Fanboys, „Frauen, die Männerrollen übernehmen? Wo gibt es denn sowas?“ und enttarnten sich in dem folgenden Shitstorm, der über Regisseur Paul Feig und den Ghostbuster-Cast hereinbrach, als ekelhaft chauvinistische und bisweilen auch rassistische Kleingeister, die einem den Glauben an die Fankultur rauben könnte, eigentlich sogar rauben müsste. [...]

                                                    2