EudoraFletcher68 - Kommentare

Alle Kommentare von EudoraFletcher68

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    EudoraFletcher68 03.12.2017, 18:40 Geändert 07.02.2023, 20:40
    über Zelig

    ZELIG Mockumentary über eine Identitätsstörung. Es beginnt 1928 mit Interviews über „ihn“.

    Wer SPOILER-hochsensibel ist, sollte am besten meinen ganzen Kommentar erst nach der Sichtung lesen.

    Es werden sw-Aufnahmen gezeigt, im Hintergrund ein Sprecher, der die Geschichte der „Entdeckung“ von Leonhard Zelig (Woody Allen) erzählt. Man weiß eine Weile nicht, worauf das ganze hinaus laufen soll. Wir erfahren, dass Zelig sich anscheinend in verschiedene Kreisen einschleicht, bzw dort einfach auftaucht und so tut als würde er dazu gehören. Er wird in einer Gruppe Chinesen entdeckt, wo er anscheinend chinesisch aussieht und spricht. Man liefert ihn in die Psychiatrie ein. Dort angekommen ist er wieder er selbst. Die ihn behandelnde Psychiaterin berichtet, dass ihr eigentlich nichts Besonderes an ihm auffiel. Das einzig merkwürdige sei gewesen, dass sie ihn auf den ersten Blick für einen Kollegen gehalten habe. Sie beginnt ihn zu interviewen und zu studieren. Er gibt an Psychiater und Psychoanalytiker zu sein und behauptete sich mit Freud in Wien wegen dem Konzept des Penisneid überworfen zu haben. Sie stellte fest, dass seine Ausführungen zwar unsinnig aber so flüssig und überzeugend vorgetragen wären, dass ein Laie wahrscheinlich darauf reingefallen wäre. Experten machen sich Gedanken über eine geeignete Diagnose für Zelig. Man stellt fest, dass es keine körperliche Erklärung für seine Metamorphosen gibt, sondern dass diese psychische Ursachen haben muss.

    Sehr schön erklärt der Film den seelischen Hintergrund von Zeligs Zustand. Nun könnte sich der Zuschauer fragen: was soll denn das? Was will der Film uns sagen? Man kann nachlesen, dass er elegant die Geschichte der Nationalsozialisten in Deutschland bzw Europa neu erklärt. Das ist sicherlich die manifeste Ebene des Films.

    Ich persönlich vermute, es ging Woody Allen auch darum, das Thema DAS DRAMA DES BEGABTEN KINDES (1979 erschienen, von Alice Miller) zu inszenieren. ZELIG beschreibt im Grunde die Persönlichkeitsstruktur von Menschen, die aus Anpassung ihren (lieblosen) Eltern gegenüber kein stabiles „Ich“ oder „Selbst“ entwickeln konnten, sondern eben ein sogenanntes „falsches selbst“ und zeitlebens auf der Suche nach Zugehörigkeit und Liebe sich an die (vermeintlichen) Bedürfnisse der anderen anpassen. Hinzu kommt, dass Woody Allen sich hier auch gekonnt über psychiatrische und psychoanalytische Experten lustig macht, die er so gelungen darstellt, dass ich vermuten muss, dass er zumindest in diese Kreise hinein geschnuppert haben oder sehr guten Berater vom Fach gehabt haben muss. Auch Zeligs psychotherapeutische Behandlung und die Gegenübertragung seiner Psychiaterin sind schlüssig dargestellt.

    Fazit: Vermutlich ist das eher ein Film für Psychotherapeuten, für Woody Allen-Liebhaber und für Leute, die Einblicke in die Welt der psychoanalytischen Denkens haben (möchten), aber nicht so für das breite Publikum.

    https://boxd.it/2suS8

    5
    • 7 .5
      EudoraFletcher68 03.12.2017, 17:16 Geändert 07.12.2022, 07:12

      Es handelt sich um ein spannendes Beziehungsdrama mit Thrilleranteilen ohne Slapstick oder Situationskomik. Da weder Woody Allen selbst mitspielt noch sein typischer, auch manchmal durch andere Schauspieler verkörperter Charakter dabei ist, gibt's keine philosophischen Abhandlungen über den (fehlenden) Sinn des Lebens.

      Anfang Handlungsspoiler
      Alles beginnt erst einmal harmlos. Ein attraktiver junger irischer Tennisspieler, Chris (Jonathan Rhys Meyers, „from Paris with love“) bekommt einen Job als Tennislehrer in einem chicen Londoner Club. Dort freundet er sich gleich mit seinem ersten Schüler, einem offensichtlich wohlhabenden jungen Mann, Tom (Matthew Goode) an. Dann lernt er zwei recht verschieden hübsche junge Frauen kennen: die brünette, überfürsorgliche und etwas naive Chloe (Emily Mortimer) ist die Schwester von Tom und die blonde, verführerische und aus armen Verhältnissen stammende Nola (Scarlett Johansson), die mit Tom, der sich schon bald als arrogantes und geringschätzendes A.... heraus stellt, verlobt ist. Chris beginnt ein Verhältnis mit Chloe, obwohl er eigentlich Nola begehrt. Die Beziehung zwischen Chris und Chloe ist unangenehm: Sie passen eigentlich nicht zusammen, versuchen sich gegenseitig zu manipulieren und man bekommt anfangs den Eindruck, dass er sie hasst. Es entwickelt sich bald eine spannungsreiche Situation, die immer weiter eskaliert, bis man es kaum noch aushalten kann.
      Ende Handlungsspoiler

      Die Dramaturgie finde ich fantastisch! Woody Allen schafft es ohne jede Action Spannung aufzubauen und die fiesen Beziehungsspielchen zwischen Chris und Chloe und der reichen Familie sind richtig gelungen. Bis zu „Match point“ spielen die meisten Filme von Woody Allen in den USA. „Match point“ ist quasi der Beginn von Woody Allens europäischer Phase und spielt ausschließlich in London.
      Fazit: sehr spannendes, nervenaufreibendes Drama mit Londoner Kulisse und passender Musik.
      Auch zu empfehlen für Leute, die sich fragen, was wohl in verheirateten Männern mit Geliebten vor sich gehen könnte. Ist jedenfalls eine mögliche Version so einer Geschichte. Das Ende ist folgerichtig und böse.

      https://boxd.it/2suS8

      5
      • 8 .5

        Die jugendliche Winona Ryder als ketterauchende Taxifahrerin kommt schon mal recht gut, unabhängig davon ob man Jarmusch-fan ist oder nicht. Auch Gena Rowlands als Castingagentin mit einem der ersten Mobiltelefone hat mir gefallen.
        Die Idee, fünf Kurzfilme, die alle in derselben Nacht in einem Taxi in verschiedenen Metropolen spielen, gefällt mir. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass der Durchschnittszuschauer vielleicht irritiert wird, weil ihm eine durchgängige Handlung und vor allem Action fehlt. Das hat mir gerade gefallen. Es ist so, als ob man Ausschnitte aus dem Leben verschiedener Menschen miterlebt. In den Taxis begegnen sich unterschiedlichste liebevoll inszenierte Charaktere, die sonst keine Berührungspunkte hätten. Der New Yorker Taxifahrer ist ein Deutscher mit sprachlichen Defiziten, der sich weder auskennt, noch mit der Automatik des Autos zurechtkommt. Allerdings soll er angeblich aus Dresden stammen, ihm fehlt aber der entsprechende Dialekt - kleiner überflüssiger Fehler, man hätte ihn einfach aus Norddeutschland kommen lassen können.
        Die Sequenzen in Paris, Rom und Helsinki sind in der jeweiligen Landessprache. Allein schon deshalb ist man gezwungen sich auf den Film zu konzentrieren. Mir tut das sehr gut, im Gegensatz zu vielen aktuellen Filmen, bei denen ich häufiger den Impuls kriege, noch etwas anderes zu machen, weil sie eben nicht fesselnd genug sind. Bzw. habe ich den Verdacht, dass heutzutage Filme häufig schon darauf angelegt sind, dass man ihnen nicht die ungeteilte Aufmerksamkeit widmet, sondern nebenbei noch im Internet surft - schrecklich.

        Wer „down by Law“ gesehen hat, freut sich sicherlich Roberto Benigni als römischen Taxifahrer wieder zu sehen.

        „Night on earth“ lebt ausschließlich von den Menschen und den Dialogen. Für mich sehenswerter als die meisten Actionfilme.

        4
        • 2 .5
          EudoraFletcher68 03.12.2017, 14:44 Geändert 16.08.2023, 23:06

          Hatte mich eigentlich gefreut Keanu Reeves wieder zu sehen. In MATRIX fand ich ihn einfach toll! Außerdem spielt auch Dean Winters mit, den ich aus 30ROCK kenne, wo er recht gut einen völligen Pannetypen gespielt hatte. Und nach diesen wahnsinnig vielen begeisterten Kritiken war ich auf jeden Fall interessiert. Mein erstes Problem:

          ANFANG HANDLUNGSSPOILER
          Die Grundlage des Films entbehrt jeder Logik - am Anfang wird John Wick von drei Buben bewusstlos geprügelt und dann bringen sie auch noch seinen süßen kleinen Hund um. Danach wird er zum Berserker und bringt alle andern um. Da hab ich mich schon gefragt, warum hat er sich nicht gleich gewehrt und auf sein Hündchen besser aufgepasst?
          ENDE HANDLUNGSSPOILER

          Der Rest des Films ist halt Action. Irgendwo habe ich gelesen, dass John Wick der perfekte Rachegott sein soll. Aha.

          Mich hat das Geschehen nicht in den Bann gezogen. Mir taten sich dagegen ein paar Fragen auf. Zum Beispiel, warum eigentlich die bösen Russen immer in der Kirche hausen? Gehört das heutzutage dazu, und dann kommt die Schießerei in der Kirche? Bei BANSHEE gibt's das auch und mindestens in noch einen Film der letzten Jahre (Titel vergessen da bedeutungslos). Dann doch immer noch lieber BANSHEE als JOHN WICK, das ist wenigstens zwischendurch auch mal mehr oder weniger unfreiwillig lustig. Öfter habe ich mich gefragt, wo eigentlich die Polizei bleibt, während John mit einer Riesen-Kanone ballernd durch New York spaziert. Ach ja und heutzutage tackert man sich seine Verletzungen gerne selbst zusammen, hab ich auch schon öfter gesehen. Gähn......

          Reicht das, wenn einer auf dem Rachefeldzug durch die Gegend läuft und möglichst viele Leute erschossen werden, ohne schlüssige Geschichte? Oder was findet man an dem Film? Mir kam das Geschehen eindimensional vor, John Wick, ehemals böser Auftragskiller, dann guter Ehemann, dann armes Opfer von russischen Halunken, dann Rächer des armen Hündchens....

          Und das wirklich allerdümmste fand ich den Schluss, da hab ich mich gefragt, ob der wohl für die weiblichen Fans gedacht ist? Damit die dann denken, uii wie süüüüß.... Da kann ich nur kotzen.

          Ich vermute, das ist einer der Filme, die von einem Algorithmus entwickelt wurden. Künstlich und seelenlos von A-Z.

          Sogar Ian McShane, den ich ansonsten sehr schätze, wertet JOHN WICK für mich nicht auf.

          9
          • 9
            EudoraFletcher68 03.12.2017, 14:20 Geändert 09.02.2023, 23:23

            Spielt in einer amerikanischen Großstadt, vermutlich in New York. Es geht um einen sympathischen Auftrags-Killer, Ghost Dog (Forest Whitaker), ein Tierfreund, der für die Mafia arbeitet. Er lebt zurück gezogen, züchtet Brieftauben und folgt den Grundsätzen eines Samuraibuchs „hagakure“.
            Eines Tages ist ein Mafiaboss mit ihm unzufrieden und aus dem Jäger wird ein Gejagter.
            Der Film hat ein gemächliches aber keineswegs langsames Tempo, er ist wie alle Jim Jarmusch Filme sehr atmosphärisch, die Typen sind echte Charaktere, ziemliche Vögel. Besonders der leise Humor hat mir gefallen.
            Einer meiner Favoriten von Jarmusch, muss natürlich in der OV angeschaut werden, zum Teil mit Untertiteln, da auch französisch gesprochen wird.

            Es handelt sich um Jarmusch' Variation eines Rachefeldzugs à la JOHN WICK, nur halt mit Niveau.

            Wer mit den SOPRANOS (die übrigens auch 1999 gestartet haben) oder THE WIRE (keine Ahnung, ob es da überhaupt eine Verbindung gibt, die Serie kam mir nur irgendwie auch in dem Sinn) etwas anfangen kann, wird GHOST DOG lieben.

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            • 10
              EudoraFletcher68 03.12.2017, 13:48 Geändert 22.08.2020, 07:33

              Es geht eigentlich nur um drei recht unterschiedliche Männer:

              Anfang Handlungsspoiler
              Jack, ein kleinkrimineller Zuhälter, dem ein Kollege eine Minderjährige quasi untergeschoben hat und Zack, ein gefeuerter DJ der den Auftrag angenommen hatte, für 1.000 € eine Leiche im Kofferraum seines Autos ans andere Ende der Stadt zu fahren, treffen in Untersuchungshaft in derselben Gefängniszelle aufeinander. Sie können sich nicht ausstehen. Dann kommt Roberto, ein italienischer Tourist, der extrem kommunikationsfreudig ist und nie seinen Schnabel halten kann. Zuerst sind die beiden anderen nur genervt von ihm, bis er dann aber eine Ausbruchsmöglichkeit entdeckt. Die 3 brechen gemeinsam aus und schlagen sich durch die Sümpfe von Louisiana. Dabei passieren ihnen alle möglichen Sachen, die teilweise schreiend komisch sind!
              Ende Handlungsspoiler

              Der gesamte Film ist in sw und man sollte (oder kann?) ihn sich nur im Original oder OmU ansehen. Sonst funktioniert er nicht.
              Besetzung: Jack (John Lurie spielte auch schon in Jarmuschs „Stranger than Paradise“ mit), Zack (Tom Waits, eher bekannt für seine Musik, ob er ein guter Schauspieler ist kann ich nicht sagen, mir kommt es so vor, als ob er einfach sich selbst spielen würde. Die Rolle ist im quasi auf den Leib geschrieben) und Roberto (Roberto Benigni, ein toller Schauspieler, der in der Lage ist, sowohl urkomische Charaktere, als auch sehr dramatische Rollen zu spielen. Er wurde in Deutschland vermutlich bekannter durch „Das Leben ist schön“).
              Was ist so toll an dem Film: Das italienische englisch von Roberto allein ist für sich schon köstlich! Sein selbst erdichtes Lied
              "I scream(a), you scream(a) for ice cream(a)..." (hört sich bei ihm alles gleich an) ist mir noch Jahrzehnte später im Ohr!
              Wie diese 3 sehr unterschiedlichen Charaktere irgendwie schauen, dass sie miteinander klar kommen, ist fantastisch. Und es gibt einfach total viel Situationskomik, ich litt mit ihnen und musste immer wieder schallend lachen. Es gibt wenige Filme, die es schaffen, mit einem vermutlich recht kleinen Budget durch Bilder und Musik eine intensive und eindringliche Atmosphäre zu kreieren und die ohne Gewalt oder Sex oder Action auskommen und dabei aber einfach genial sind. „Down by Law“ gehört definitiv dazu und wer den noch nicht gesehen hat, hat etwas verpasst! Neben „the Clerks“ einer meiner absoluten Lieblingsfilme.

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