Filmtoast - Kommentare

Alle Kommentare von Filmtoast

  • 6 .5

    [...]Insgesamt bietet Extraordinary mehr als man auf den ersten Blick vermuten würde. Das world building überzeugt, das stetige Augenzwinkern in Richtung Superhelden-Genre packt und die ambivalente Auseinandersetzung mit nahbaren, aber auch fehlerbehafteten Figuren wühlt das Young-Adult-Genre ordentlich auf. Wer also gerne in eine Coming-of-Age-Geschichte mit schwarzhumorigen Untertönen eintauchen möchte, sollte den acht halbstündigen Episoden eine Chance geben. Die erste positive Überraschung aus dem Hause Disney+ im Jahr 2023.

    • 8

      [...]Shrinking überzeugt in seinen ersten drei Episoden auf ganzer Länge: Der Mix aus emotional ambivalenten Figuren, treffsicherem Humor und einer originellen Charakterdynamik, kreiert eilends eine Wohlfühl-Atmosphäre. Binnen weniger Szenen fühlt man sich im Setting angekommen. Die Probleme der Figuren hört man sich gerne an und so wird man quasi selbst zu einer Art Therapeut. Die liebevollen Charaktere möchte man am liebsten direkt umarmen. Dieses Gefühl kreieren besondere Serien, die sofort mit offenen Karten spielen und ihr Potenzial nicht verstecken. Shrinking gehört in seinen ersten Folgen in diese Kategorie! Zuversicht ist da, dass es genauso weitergeht.

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      • 4

        [...] Ich bin zwiegespalten. Für sehr kleine Kinder ist diese Verfilmung sicherlich einen Blick wert, um sie an die schöne Buchvorlage heranzuführen. Vielleicht können Elternteile hiermit schon einmal das Fahrwasser testen, bevor sie ihre Sprösslinge von Teufelsbergen und flüsternden Mumien lesen lassen. Einer Person, die das dreizehnte Lebensjahr überschritten hat, ist Die drei ??? – Erbe des Drachen dagegen nur schwerlich zu empfehlen. Über die müde Handlung, schwache Regieleistung und unauffällige Präsentation dürfte auch eine geballte Nostalgie-Ohrfeige kaum hinwegtäuschen können. Lobend erwähnt werden sollte, dass diese Version definitiv mehr Respekt vor dem Original aufweist als die beiden gescheiterten Verfilmungsversuche aus den 2000ern. Für mehr als eine Junior-Ausgabe reicht es trotzdem nicht. Dennoch wäre ich einer Fortsetzung tatsächlich nicht abgeneigt, denn die Hauptdarsteller sind passend gewählt, wenn auch noch nicht ideal eingegroovt. Mit etwas Feinschliff könnte man beim vierten Anlauf vielleicht endlich eine Version erschaffen, die der Vorlage gerecht wird.

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        • 4

          [...] Nimmt man Jung_E als Science-Fiction-Rip-Off mit leichtem Trash-Faktor, kann man eventuell sogar gut anderthalb Stunden Spaß mit dieser uninspirierten Story haben. Insgesamt ist dieser Film jedoch aufgrund der Belanglosigkeit kaum der Rede wert und sehr schnell vergessen. Schade, dass der Regisseur im Gegensatz zu seinen bisherigen Arbeiten hier keinen Kniff gefunden hat, in einem Genre, in dem schon vieles da war, zumindest mit emotionaler Fallhöhe und interessanten Figurenschicksalen zu punkten.

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          • 7

            [...] Let the Right One in ist eine starke Neuauflage, die sich zwar nur wenig von bisherigen Verfilmungen absetzt, aber für Nichtkenner derselbigen womöglich sogar die erste Wahl sein könnte. Denn die Showtime-Serie setzt die richtigen Schwerpunkte, punktet mit emotionalen Bildern, die man nicht so schnell vergisst und hat einen durchwegs fantastisch aufspielenden Cast. Lediglich wessen Blutdurst nach Vampir-Geschichten inzwischen gestillt ist, der wird hier auch nichts Neues erfahren. Zumindest als Vampir-Fan ist man nach drei Folgen aber mit Garantie so angefixt, dass man bis zum Staffelende dranbleiben wird. Dafür sind die Charaktere einfach zu einnehmend gezeichnet und ihre Schicksale zu nachvollziehbar tragisch erzählt.

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            • 6

              Wie das uneheliche Kind von Hereditary und The Ring fühlt sich Smile – Siehst du es auch? an, ohne allerdings die Qualitäten der großen Vorbilder zu erreichen. Gerade im 2. und 3. Akt müssen die Zuschauer:innen in Sachen Logik und Länge einiges an Toleranz entgegenbringen. So ist Finn am Ende zwar ein durchaus spannender Mix aus bekannten Zutaten gelungen, der allerdings bereits kurz nach dem (Heim-) Kinoerlebnis wieder aus dem Gedächtnis verschwindet. Viel Hype um (fast) nichts!

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              • 9

                [...]Ob der Werktreue zur Spielevorlage von The Last of Us wagt sich der Rezensent hier als Nicht-Kenner des Games kein Urteil. Das müssen die Fans für sich selbst beantworten. Aus Sicht eines Serienfans jedoch ist der Auftakt der neuen HBO-Show mehr als geglückt. Produktionstechnisch über jeden Zweifel erhaben braucht die Serie keine fünf Minuten eher man vom Nervenkitzel übermannt wird und dem Sog erliegt. Dann gelingt es auch noch sehr schnell über die Ambivalenz der Protagonisten Sympathieträger mit Kanten zu etablieren.

                Nach den beiden ersten Folgen leidet man bereits mit Joel und Ellie mit, als kenne man sie bereits seit Jahren. Das liegt natürlich am fantastischen Casting, aber auch an der Art und Weise, wie Craig Mazin hier im Endzeit-Setting den intimen Roadtrip aufzubauen weiß. Und wenn man sich den Cast ansieht, dann weiß man, dass auch einige namhafte Stars und bekannte Figuren erst in späteren Folgen in Erscheinungen treten werden. Demnach wird es kaum umspannender werden im weiteren Verlauf. So muss ein Serienauftakt sein!

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                • 7

                  [...]Das Phänomen SCOOTER und ihr schillernder Frontmann sind, ob man will oder nicht, ein Stück Popkultur. Über die Jahre trotz einiger Wechsel in der Besetzung konstant erfolgreich, immerhin 28 Jahre mit gemeinsam mit Gründungsmitglied Rick J. Jordan und seit Beginn mit Manager Jens Thele im Hintergrund, waren Scooter als erste deutsche Band zwanzigmal in den Top Ten der deutschen Charts vertreten. Doch man muss nicht unbedingt popkulturell interessiert oder Scooter-Fan sein, um sich die Doku anzusehen. Regisseurin Cordula Kablitz-Post hat ein Händchen für interessante Protagonist*innen und nach ihrer erfolgreichen Doku über die Toten Hosen liefert sie nun aus einem anderen musikalischen Bereich nach. Gerade weil es statt einer Doku über die geplante Tournee nun ein Film in der Zeit der Corona-Krise geworden ist, gibt es gleich zu Beginn Anknüpfungspunkte für das Publikum.

                  Konzert-Feeling im Kino, guter Humor und ein Stück Musikgeschichte: FCK 2020 – Zweieinhalb Jahre mit Scooter bietet nicht nur Fans des Trios gute Unterhaltung.

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                  • 8

                    [...]„Soft & Quiet ist quasi ein Paradoxon: der Horror(?)-Thriller arbeitet ohne Schnitte, schneidet aber tatsächlich richtig tief ins Fleisch seines Publikums.“ Bis zum Abspann ertränkt die Regisseurin ihre Zuschauer:innen mit Bildern, die fassungslos machen sollen. Da dieses Anliegen unmissverständlich erfüllt wird, kann man diese knapp anderthalbstündige Tortur allen, die sich darauf einlassen wollen, nur ans Herz legen. Trotz der Drastik über das Vorgehen der hier exemplarisch gewählten White-Supremacy-Gruppe, bleibt am Ende aber doch vor allem auch das letzte Bild haften – und gibt dem Ganzen doch noch eine Pointe, die förmlich aus dem Nichts kommt.

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                    • 6

                      [...]Welcome to Chippendales mit Kumail Nanjiani in der Hauptrolle ist eine spannende und vor allem interessante True-Crime-Serie, die uns Einblicke in eine Welt gewährt, die uns bisher verborgen blieb. Neben der faszinierend abgedrehten Story bietet die Serie von Robert Siegel einen tollen Cast und einiges an nackter Haut. Doch leider kann Welcome to Chippendales diese Faszination nicht bis zum Ende halten, durch die großen Zeitsprünge verliert die Serie enormes Potential und kann ihre Handlung nicht glaubwürdig zu Ende bringen.

                      • 8

                        [...]Der Festival-Geheimtipp aus Cannes Return to Seoul ist ein nicht immer greifbares Charakterstück, das in vermeintlich alltäglichen Bildern seine subtilen Botschaften transportiert und mit leisen Tönen die offensichtliche Geschichte erzählt. Eine herausragende Hauptdarstellerin, die Balance aus kraftvollen und zerbrechlichen Dialogen und das Feingefühl des Regisseurs für Kultur und Zeitgeist machen den Film zu einer glasklaren Empfehlung für Zuschauer, die nach dem Schauen auch gern mal noch über einen Film sprechen oder nachdenken wollen. Aus einer fixen Idee wird eine Odyssee der Sinnsuche, die versinnbildlichen soll, dass eine Suche nicht nur erfolgreich ist, wenn man das findet, was man am Anfang erwartet.

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                        • 6

                          [...}Als Verbeugung vor klassischen Animations-Abenteuer für Erwachsene im Stile eines Ralph Bakshi und der Kunst des Illustrators Frank Frazetta funktioniert The Spine of Night, trotz aller Defizite, einigermaßen gut. Aufgrund der etwas antiquiert wirkenden Rotoskopie-Technik und des brutal-blutigen Settings wird er kaum neue Zuschauergruppen abholen können. Wer sich als Animationsfan alter Schule einen guten Schub Nostalgie abholen will, kann guten Gewissens einen Blick riskieren.

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                          • 8

                            Das Konzept, das auch eine moderne Hommage an den Serienklassiker Twilight Zone ist, schlägt immer noch ein. Man hat durchaus auch noch Raum für eine regelmäßige Fortführung, vielleicht als kleine Netflix-Halloween-Tradition neben dem inzwischen alljährlichen Flanagan im Oktober. Alle Einzelfolgen haben ihren eigenen Stil und die Handschrift des jeweiligen Machers. Das Gesamtwerk eint die fantastische Ausstattung, die Detailverliebtheit, die engagierten Darsteller. Einen richtigen Durchhänger gibt es unter den acht Folgen nicht, obgleich leichte Schwankungen im Niveau nicht von der Hand zu weisen sind. Nichtsdestotrotz können die Lovecraft’schen Folgen genauso durch ihre schwelende Spannung überzeugen, wie andere wiederum durch die Jump-Scare- und Schock-Momente. Dieses Kuriositätenkabinett hat Zukunft!

                            • 8

                              [...]Ein exzellenter Auftakt mit toller Musik, einem spannenden World Building und liebenswert morbiden Charakteren. Schon mit der ersten Folge ist man bei Wednesday am Haken. Jenna Ortega fügt ihrer jungen Schauspiel-Vita eine weitere starke Performance hinzu und wird von ihren Mitstreitern, die teils große Namen mitbringen, exzellent unterstützt und in Szene gesetzt. Tim Burton hat hier eine charmante, kurzweilige Detektivgeschichte in einem extravaganten Setting kreiert, das alte Fans abholen und neue Fans in Windeseile gewinnen wird. Ein starkes Stück kurz vor Jahreswechsel beim Streamingriesen.

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                              • 4

                                [...]Starpower eines Jason Momoa schützt vor Belanglosigkeit nicht. Schlummerland ist weder Fisch noch Fleisch. Als Geschichte einer Trauerbewältigung kratzt man zu sehr an der Oberfläche, als optische Spielerei setzt man keine neuen Akzente. Wenn, dann kann man diesen Film aber doch jungen Zuschauern empfehlen, denn als kindgerecht kann man die Art, wie hier mit sensiblen Themen umgegangen wird schon bezeichnen. Und das jugendliche Publikum wird auch bezüglich der eher mauen Inszenierung der Action nicht ganz so kritisch sein. Ein kleines Abenteuer für die Kleinen.

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                                • 4

                                  [...]Schade! Die richtigen Zutaten waren allesamt gegeben, doch The Menu mag einfach nicht wirklich funktionieren. Während der Abspann läuft, verlässt der Zuschauer amüsiert den Saal, fängt aber bereits auf dem Heimweg an zu hinterfragen, ob das, was er gerade gesehen hat, wirklich zufriedenstellend war. Der Film ist zur gleichen Zeit zu clever und nicht clever genug. Keine der Figuren wurde ausreichend überspitzt, um im Gedächtnis zu bleiben. Schön anzusehen ist das Ganze dennoch und die aus der Präsentation resultierende Erfahrung ist nicht zu verachten. Wer also Fan davon ist, zu essen, was auf dem Tisch kommt, wird angenehme 106 Minuten erleben. Wer allerdings aus dem Kinobesuch wirklich etwas mitnehmen möchte, geht hier vermutlich hungrig zu Bett.

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                                  • 5

                                    [...]Wer sich noch gar nicht mit den Black Mambas, Tierschutz und Südafrika befasst hat, wird hier einige spannende Einblicke bekommen. Der Film bietet einen breiten Überblick über die verschiedenen Grauzonen rund um die Arbeit der Black Mambas und das Leben um den Kruger Nationalpark. So werden viele Themen nur kurz angerissen, insgesamt bleibt der Film aber doch recht oberflächlich. Auch bei spannenden Inhalten geht es selten weiter in die Tiefe. Die Regisseurin zeichnet ein vielschichtiges Bild. Ein bisschen mehr Raum für die drei Hauptprotagonistinnen wäre aber sicherlich interessanter gewesen.

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                                      [...]Die Schwimmerinnen von Sally El Hosaini ist ein kraftvoller Film, der mit der Schwere der Thematik „Flucht“ stark umzugehen weiß. Die eingefangenen Bilder sind beeindruckend, ebenso das Schauspiel der beiden Hauptdarstellerinnen. Leider verliert sich die Netflix-Produktion oft in ihren Popsongs und dem großen Traum von Olympia, was die aufgeladene Thematik etwas abmildert und so auch an Wucht verliert. Dennoch sollte man den man das Streaming-Drama gesehen haben!

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                                        [...]Der Terrifier macht seinem Namen alle Ehren und lehrt seinen Opfern das Fürchten, seinem Publikum hingegen diebisch-diabolischen Spaß am exzessiven Aderlass. Damien Leone führt in Terrifier 2 Arts Treiben nicht nur äußerst konsequent fort, sondern steigert sich in jeder Hinsicht: mehr Abwechslung, mehr Blut, mehr Sympathien für die Helden der Geschichte.

                                        Einzig bei der Laufzeit ist er übers Ziel hinaus geschossen. Langeweile ist trotz 138 Minuten nicht zu finden, das Finale wirkt aber doch sehr in die Länge gezogen und gibt sich einer monotonen Tretmühle hin. Wer damit kein Problem hat – ab ins Kino!

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                                        • 6

                                          [...] Mit Sicherheit ist Emancipation kein schlechter Film. Doch mit genauso großer Sicherheit wäre in dieser Geschichte mit dem passenden Augenmaß ein wahrlich großartiger drin gewesen. Zu lang, zu Smith-zentrisch, zu sehr auf optische und akustische Opulenz getrimmt. Vielleicht bekommt zumindest aber Will Smith für seine aufopferungsvolle Darbietung die ein oder andere Wertschätzung – wenn auch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht bei der kommenden Oscar-Verleihung.

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                                          • 6

                                            [...]Etwas ärgerlich ist es schon, dass dieser Film so stark auf Kinder abzielt, die ihn dann vielleicht nicht einmal sehen dürfen. Anfang des Jahres durften wir noch Bradley Cooper in Nightmare Alley dabei zuschauen, wie er sich Glasscherben aus den Fingerknöcheln pulte. Von dem Guillermo del Toro, der diese Szene inszenierte, ist hier wenig übrig. Natürlich ist Gewalt nicht gleichzusetzen mit Anspruch. Für einen reifen Film benötigt es keinen Tropfen Blut. Trotzdem vermisst man bei der Düsternis von Pinocchios Welt die letzte Konsequenz. Wer Punkte wie Militärpropaganda und Mussolinis Italien ansprechen will, darf dabei nicht auf halber Strecke anhalten und den zuckersüßen Ausweg wählen.

                                            Eventuell ein bisschen unreif, definitiv ziemlich unausgereift, trotzdem charmant – das ist Guillermo del Toros Pinocchio. Für alle Fans bildgewaltiger Geschichten ein absolutes Muss! Wer Musicals gegenüber eher kritisch eingestellt ist oder bei Kinderfilmen kein Auge zudrücken kann, was Inhalt und Umsetzung betrifft, sollte auf Netflix lieber weitersuchen. Ein zukünftiger düsterer Kinderklassiker à la Der Glöckner von Notre Dame oder Nightmare Before Christmas wird der Film wohl nicht werden. Für einen gemütlichen Familienabend, bei dem sich weder Eltern noch Nachwuchs langweilen, gibt es wohl aber zurzeit nichts Geeigneteres.

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                                            • 8

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                                              • 6

                                                [...]War die Abstrafung in Venedig nun gerecht oder nicht? Schwer zu sagen, denn die Fassung, die auf Netflix gezeigt wird, ist knapp 20 Minuten kürzer als der Festivalschnitt. Vielleicht hat das Trimmen an den richtigen Stellen geholfen, die zentralen Punkte präsenter und prägnanter zu machen, vielleicht war das europäische Publikum dieses Jahr einfach in Meckerlaune. Vielleicht ist es – man verzeihe mir die Anspielung – etwas dazwischen. Bardo ist keinesfalls perfekt. In seinen schlimmsten Momenten kann er wichtigtuerisch, reizüberflutend, sogar prätentiös sein. Aber ein monumentaleres Werk wird 2022 vermutlich nicht hervorbringen. Durch konstante Handlungsfäden und eine überraschende Menge an Einsätzen von Tscheckows Gewehr kann der Film schlussendlich eine zufriedenstellende Erfahrung bieten, auch wenn man dem Regisseur zwischenzeitlich am liebsten an die Gurgel gehen möchte. Definitiv das Gegenteil von massentauglich, aber ebenso von beliebig – mit Bardo hat Iñárritu ein wunderschönes Durcheinander geschaffen, das zu seinen unausgereiftesten und vielleicht gerade deshalb einprägsamsten Werken gehört.

                                                • 8

                                                  [...]Florestano Vancinis Ausflug in den Italowestern ist ein außerordentlich gelungener Genrebeitrag, der sicher zu den besten Vertretern seiner Art gehört, nach den Meisterwerken von Leone oder Corbucci. Der Film bietet einige tolle Regieeinfälle, die nötige Langsamkeit in den richtigen Momenten, das nötige Tempo in den Actionszenen. Er zeichnet sich durch eine für Gemma-Western eher untypische Härte aus. Hinzu kommt ein wunderbar-typischer Score von Armando Trovaioli, der eigentlich auch in dem Genre nicht gerade zu Hause war. Umso bemerkenswerter, dass seine Musik alles enthält, was man sich von einem Italowestern wünscht: Düstere Trompetenklänge, scharf angeschlagene Gitarrensaiten, dumpfe Trommeln. Das Bonusmaterial des Mediabooks enthält neben einem deutschsprachigen Audiokommentar auch die um 20 Minuten gekürzte Kinoversion und ein 30-minütiges Interview mit Nieves Navarro. Das kommt allerdings etwas zäh daher, da sich die Gute nur mühsam interessante Anekdoten aus der Nase ziehen lässt. Alles in allem aber ein Muss für Genrefans.

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                                                    [...]Weißes Rauschen ist ein anderer Baumbach-Film. Aber es ist ein weiterer sehenswerter. Wenngleich der eigensinnige Humor, die überbordende, fast plakative Konsumkritik im Verhältnis zur fast schon unterschwellig Horror-suggerierenden Inszenierung, die sicher nicht zufällig an Jordan Peeles Nope erinnern wird, schon eine gewöhnungsbedürftige Melange ergeben. Adam Driver im „Duell“ mit Don Cheadle ist ebenfalls ein Highlight. Auf die über zweistündige Laufzeit muss man sich einlassen können, aber wer das tut, wird mit Diskussionsstoff und Material zum Sinnieren für mehrere Tage belohnt.

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