Framolf - Kommentare
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Alle Kommentare von Framolf
Oscar Madness (1 Auszeichnung, 1 weitere Nominierung)
++ Minimale SPOILER ++
Die Demokraten sind verzweifelt. Für die anstehenden Senatswahlen sehen sie sich auf verlorenem Posten, deshalb beknien sie den Sohn eines ehemaligen Gouverneurs, seinen Hut in den Ring zu werfen. Da sie sich keine großen Chancen ausrechnen, sichern sie ihm zu, relativ freie Hand zu bekommen. Er stimmt dem Ansinnen der Parteistrategen zu und tritt damit gegen einen erfahrenen konservativen Haudegen an, der offenbar mit allen Wassern gewaschen ist und auch vor Taschenspielertricks nicht zurückschreckt. Inhaltlich tritt der gegnerische Kandidat für ein „weiter so“ ein, von dem er nur abweicht, wenn ihm nichts anderes übrig bleibt. Gut möglich, dass seinen Zugeständnissen auch gar keine Taten folgen werden. Ihm gegenüber steht der bereits erwähnte liberale Emporkömmling (Robert Redford), der vorwiegend soziale Belange adressiert, Widersprüche im bestehenden System aufzeigt und sich für Veränderungen ausspricht.
Nach dem Abflauen der anfänglichen Euphorie deutet sich an, dass die Autoren (die selbst über praktische Erfahrung bei der Konzeption von Wahlkampfaktivitäten verfügen) wohl nicht unbedingt eine hoffnungsfrohe Aufstiegsgeschichte erzählen wollen. Zwar ist durchaus denkbar, dass der Herausforderer den Platzhirschen am Ende bezwingen wird, doch zu welchem Preis? Oder wird doch der träge Anteil der Wählerschaft obsiegen und die politische Landschaft des Bundesstaates im Status quo verharren?
Auch wenn der aufstrebende Demokrat deutlich positiver gezeichnet wird als dessen Mitbewerber, wird sein Charakter keineswegs als makellos verklärt. Beachtenswert erscheint in dieser Hinsicht nicht nur, was gezeigt wird, sondern auch jene Tätigkeiten, die ausgespart werden. McKay und seine Mitstreiter investieren üppige finanzielle und zeitliche Ressourcen in die Planung und Realisierung ihrer Kampagne, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit relevanten Themen findet aber allenfalls am Rande statt. Es steht also durchaus der Verdacht im Raum, dass auch er nur ein Blender sein könnte (was gegen Ende hin auch sinngemäß verbalisiert wird). Dass der trockene Erzählton der Inszenierung überwiegend fatalistisch wirkt, erscheint in diesem Licht nicht weiter verwunderlich. Viele der Ereignisse, die man hier zu sehen bekommt, haben auch Jahrzehnte später nur unwesentlich an Aktualität eingebüßt. Doch obwohl das Drehbuch (nebst einer Nominierung für den Ton) 1973 mit einem Oscar bedacht wurde, hält sich der Widerhall in Grenzen.
7 - 7,5 Punkte.
KURZFAZIT
Die Zukunft war scheinbar auch früher schon scheiße.
Ein Mann, dessen Nervenkostüm ziemlich stark strapaziert zu sein scheint, taucht in einem Krankenhaus auf, um dort seine Ex-Frau zu bedrohen. Diese soll ihm (mindestens) wieder besseren Zugang zur gemeinsamen Tochter ermöglichen. Schnell finden sich die Beteiligten in einer Geiselnahmesituation wieder. Wie es der Zufall will, ist auch ein Polizist (Fares Fares) zugegen, was den bewaffneten Kidnapper nicht gerade entspannter werden lässt...
Laut einer Texttafel zu Beginn des Filmes soll die Handlung von wahren Ereignissen inspiriert sein. Der Umstand, dass von Inspiration gesprochen wird, legt den Schluss nahe, dass ein vergleichsweise freier Umgang mit der Thematik gewählt wurde. Doch worin liegt eigentlich der Reiz, ausgerechnet diesen Stoff zu verfilmen? Ein Motiv könnte sicherlich sein, dem Publikum die Personen hinter einer Pressemeldung näherzubringen oder anhand der handelnden Personen im Stil eines klassischen Dramas ein menschliches Dilemma zu veranschaulichen. Doch ersteres könnte in Bezug auf den Entführer ein durchaus fragwürdiges Unterfangen darstellen, während es für letzteres schlichtweg an Fallhöhe mangelt. So bleibt der Verdacht, dass sich Fares Fares (bekannt für seine Rolle des Assad in den Filmen der Sonderdezernat-Q-Reihe), der hier nicht nur als Darsteller, sondern auch als Regisseur und Drehbuchautor fungiert, in erster Linie selbst eine Rolle auf den Leib schneidern wollte. Die Figur des Polizisten, den er in 'Eineinhalb Tage' verkörpert, durchlebt eine Reihe verschiedener Gefühlslagen, sodass sich ihm vielfältige Möglichkeiten bieten, an seinem Profil als Schauspieler zu feilen. Die Regie wiederum erscheint solide, während man das Skript als zweckmäßig bezeichnen könnte.
KURZFAZIT
Durchschnittlicher Thriller aus Schweden, der weder positiv noch negativ aus der Masse ähnlicher Produktionen herausragt.
Horrorctober 2024, Film #2
++ Minimale SPOILER ++
Manche Filmstoffe sind einfach nicht totzukriegen; manche Charakter-Archetypen genauso wenig. Frankenstein Junior lässt dabei ebenso grüßen wie Lisa. Der helle Wahnsinn, wie viele halbgare Highschoolkomödien und ähnliche Produktionen mit Protagonistinnen a la Repli-Kate und Fixi Hartmann oder „Helden“ wie Steinzeit Junior und Bob Maloogaloogaloogaloogalooga (keine Ahnung, warum den kaum jemand kennt...) seit den 80ern auf das Publikum losgelassen wurden. Zelda Williams (Regie) und Diablo(!) Cody (Drehbuch und Produktion) siedeln die Geschichte von Lisa Frankenstein und ihrem untoten Liebhaber daher konsequenterweise im Jahr 1989 an und betten die Geschehnisse natürlich auch in ein Highschool-Umfeld ein. Zwar ist kaum jemand aus dem Cast jünger als Mitte Zwanzig, aber schließlich hat auch das Tradition.
Die wiederbelebte Kreatur jedenfalls macht eine erstaunliche Entwicklung durch. Auch wenn sie sich anfangs nur durch Grunzlaute verständigen kann, ist eigentlich schon von Beginn an klar, dass sie früher oder später wahrscheinlich sogar Gedichte rezitieren wird (es kommt zwar nicht exakt so, aber die Ereignisse sind sehr nahe dran). Auf wundersame Weise bringt sich der aus der Zeit gefallene Feingeist sogar binnen weniger Minuten das Autofahren oder das Covern aktueller Popsongs selbst bei. Kein Wunder, dass er so angeschmachtet wird. Dumm nur, dass er einige körperliche Defizite aufweist. Aber dafür wurden schließlich Axt, Nadel und Faden erfunden.
Immerhin weiß man bei Filmen wie diesem schon im Vorfeld, was man wohl bekommen wird. Williams und Cody unternehmen auch gar nicht erst den Versuch, das Publikum in irgendeiner Weise zu überraschen. Für einen bierseligen Abend gibt es zwar schwächere, ganz sicher aber auch bessere Alternativen.
KURZFAZIT
Recycling eines „Premium-Konzepts“ aus den 80ern.
Horrorctober 2024, Film #1
++ Minimale SPOILER ++
Manche Filmkommentare schreiben sich mehr oder weniger von selbst. 'The Deliverance' von Regisseur Lee Daniels ('Precious') gehört allerdings nicht dazu. Die Geschichte, die hier erzählt wird, könnte konventioneller kaum sein. Doch hält Daniels zumindest eine Trumpfkarte in der Hand, auf die man als Kommentator oder Rezensent aber nicht explizit eingehen kann, ohne die vielleicht einzige bemerkenswerte Besonderheit dieses Filmes zu verraten. Denn Geschichten wie diese wurden schon vielfach erzählt – nur eben nicht allzu oft auf die Art und Weise, die Daniels hier verfolgt. Sobald die Katze endgültig aus dem Sack ist (der springende Punkt deutet sich schon früh an, wird aber erst nach einer gewissen Weile mit Gewissheit enthüllt), wird es dann doch recht gewöhnlich und es wird dem Genre kaum noch etwas von Bedeutung hinzugefügt.
Die Geschichte beginnt als klassisches Familiendrama. Eine derzeit alleinerziehende Mutter hat ihre aggressiven Impulse nicht im Griff, worunter ihre Kinder erkennbar leiden. Hinzu kommt in einem zweiten Handlungsstrang eine Geschichte über eine schwere Erkrankung und im Hintergrund schwingt die in vielen Sozialdramen erzählte Thematik eines abwesenden Vaters mit. Auf den ersten Blick erscheint der Fall also klar: Kurz- und mittelfristig dürfte den Kindern keine allzu rosige Zukunft bevorstehen. So wird es schließlich auch kommen – nur vielleicht nicht in dem Sinne, den die Inszenierung zu Beginn noch glauben machen möchte.
Für die Zuschauer kann sich aus dem von Daniels gewählten Weg eine durchaus spannende Situation ergeben; doch scheinbar verliert er einen nicht unwesentlichen Teil des Publikums dennoch bzw. vielleicht sogar gerade deshalb. Das alte Kreuz mit Genrehybriden. Im besten Fall bekommt man das Beste aus zwei Welten, im schlechten ein nur einen wirren Mix. Im Fall von 'The Deliverance' liegt das Ergebnis zwar irgendwo in der Mitte, doch auch der Erfolg gibt den Produzenten offenbar nur bedingt recht.
KURZFAZIT
Auf einen halbwegs originellen Auftakt folgt ein äußerst gewöhnliches Finale.
Oscar Madness Film 491 (1 Auszeichnung, 2 weitere Nominierungen)
Auf einem Versorgungsschiff der US-Marine tragen Teile der Besatzung harte Kämpfe aus. Zwar nicht mit bewaffneten Feinden, dafür jedoch mit einem nur bedingt respektiertem Kapitän sowie mit der Langeweile, die sich über Monate hinweg breitmacht. Andere Besatzungsmitglieder wiederum machen es sich in dieser Situation bequem und schaffen es sogar, sich einer etwas ungewöhnlichen Art von Hedonismus hinzugeben. Während also beispielsweise Lt. Roberts (Henry Fonda) von Kampfeinsätzen träumt, geht Ensign Pulver (oscarprämiert: Jack Lemmon) nicht nur seinem Vorgesetzten erfolgreich aus dem Weg, sondern er gibt sich auch so gut wie möglich den süßen Genüssen des Lebens hin. Obwohl die Gegensätze zwischen beiden größer kaum sein könnten, verbindet sie eine Freundschaft. Im Groll gegen ihren gemeinsamen Vorgesetzten sind sie vereint und schließlich sitzen sie sprichwörtlich im selben Boot.
US-Amerikanische Militärfilme des 1950er Jahre nehmen innerhalb ihres Genres augenscheinlich eine Sonderstellung ein. Der zweite Weltkrieg ist vorbei und verlangt nach cineastischer Aufarbeitung, während sich in Korea und Vietnam bereits die nächsten Kriege zutragen. Viele Produzenten stehen also vor der Aufgabe, Unterhaltung mit Vergangenheitsbewältigung und Propaganda in Einklang zu bringen. Letzteres gilt zumindest für jene Filme die mit (logistischer und/oder finanzieller) Unterstützung des Militärs realisiert wurden. Während sich entsprechende Hinweise oftmals im Abspann finden, wird in 'Keine Zeit für Heldentum' gleich von Beginn an mit offenen Karten gespielt und benannt, wer diesbezüglich in die Produktion involviert war. Die Tonlage, die in den folgenden knapp zwei Stunden angeschlagen wird, erweist sich dann auch recht schnell als Mixtur aus den o.g. Motiven. Mit lockeren Sprüchen und Slapstickeinlagen (zuvorderst durch Jack Lemmon) soll für Lockerheit gesorgt werden, wobei jedoch auch eine gewisse Indoktrination nicht zu kurz kommt – auch wenn die entsprechenden Dialoge und Handlungsbestandteile vergleichsweise ambivalent ausgestaltet sind.
Um den Grundton der Inszenierung halbwegs spoilerfrei zu umschreiben: Auch die Besatzungen von Frachtschiffen spielen eine wichtige Rolle im Krieg, doch zum Helden bringt man es damit nicht. Das Heldentum selbst wird als eher zweifelhaftes „Vergnügen“ skizziert. Als es gegen Ende der Geschichte danach aussieht, dass Drehbuch und Regie unerwartet deutlich Stellung beziehen könnten, werden die entsprechenden Entwicklungen jedoch rasch wieder eingefangen, indem einer der Charaktere seine Rolle nicht nur hinterfragt, sondern regelrecht auf den Kopf stellt - und so dem Publikum eine (zumindest aus Sicht der Autoren) unabdingbare Notwendigkeit vermittelt.
Mit mehreren Jahrzehnten Abstand aus dem Rückspiegel betrachtet, erscheint die in dieser Inszenierung von John Ford und Mervyn LeRoy angerührte Mischung insofern als etwas ungewöhnlich, dass sie nur schwerlich in zeitgenössische Schablonen passt. Die 50er Jahre waren in dieser Hinsicht eben eine ganz spezielle Zeit.
KURZFAZIT
Militärkomödie, in der zu einem massiven Spagat angesetzt wird, der allenfalls teilweise gelingt.
Vier von zehn nicht vorhandenen Unterhosen.
Klassenkampf auf die augenzwinkernde Art.
Ein Lagerarbeiter, der nicht nur in der Hierarchie seiner Firma weit unten steht, sondern zusätzlich noch von seinem Vorgesetzten kleingehalten wird, wittert das große Geld, als er eine Lücke im Produktions- bzw. Vertriebsprozess erkennt. Nach kleineren Anfangserfolgen sucht er nach Mitstreitern, um ein richtig großes Ding zu drehen.
'Der Duft des Goldes' gehört gewiss nicht zu den lautstarken oder gar plakativen Komödien, die in erster Linie auf Schenkelklopfergags setzen. Stattdessen wird eher augenzwinkernd eine kleine Ganovengeschichte erzählt, die wie eine Mischung aus Heist-Movie-Persiflage und satirischem Schwank wirkt. Hier und da werden einige Breitseiten bezüglich absurder Auswüchse des Kapitalismus oder des Arbeitsmarktes oder auch kleinere Spitzen in Richtung der mehr oder minder zahnlosen Gewerkschaften abgefeuert. In recht heiterer (aber durchaus einnehmender) Atmosphäre wird ein Hallodri auf seinem Weg zu einem möglichen Coup begleitet. Gerade seine Blauäugigkeit lässt ihn so manche Schritte unternehmen, die geradezu absurd anmuten, aber auf abenteuerliche Weise dann doch von Erfolg gekrönt sind. Genau diesen Umstand könnte man Jérémie Rozan (Regie & Drehbuch) durchaus um die Ohren hauen, doch auf der anderen Seite ist eigentlich von Beginn an klar, dass hier vielleicht nicht unbedingt die allerstrengsten Maßstäbe in Sachen Plausibilität angelegt werden sollten – andernfalls würde man sich als Zuschauer nur selbst um einen Teil des Vergnügens bringen. Eine gewisse Vorliebe für heitere französische Filme ist aber keinesfalls von Nachteil, da sich 'Der Duft des Goldes' eine ganze Reihe an Merkmalen mit weiteren beschwingten Produktionen aus demselben Land teilt.
KURZFAZIT
Heiter erzählte Ganovengeschichte, die zwar ihren Biss hinter einem verschmitzten Lächeln versteckt, aber gerade zwischen den Zeilen den einen oder anderen Wirkungstreffer setzt.
Viel Licht und Schatten präsentiert Regisseur David Ayer ('End of Watch') dem Publikum im Kriegsfilm 'Herz aus Stahl'.
Auf einen eher zerfahrenen Auftakt mit einem etwas unübersichtlichen Personentableau folgt ein Mittelteil mit deutlich nachdenklicheren Tönen, ehe zum Finale hin immer weniger Wert auf halbwegs realitätsgetreue Darstellungen gelegt zu werden scheint.
Der Reihe nach: Im Mittelpunkt der Handlung steht die Besatzung des Panzers „Fury“, die die feindlichen Linien durchbrechen und danach sukzessive vorrücken soll. Dabei wird vor allem die Opposition zwischen einem ganz besonders gefühlskalten Haudegen und einem Rookie aufgemacht, der sich ein Stück seiner Menschlichkeit bewahren will. Grausamkeiten finden nicht nur gegenüber den Feinden statt, sondern auch innerhalb der Kompanie – rein zum Selbstschutz versteht sich... Ayer selbst mag sich (in Anbetracht der Figurenzeichnung und des Endes der finalen Schlacht) nicht endgültig auf eine der beiden Seiten festlegen, doch er lässt sie mehrfach aufeinanderprallen, während die allermeisten militärischen Feinde gesichtslos bleiben.
Grundsätzlich könnte dieser Stoff durchaus auch die Grundlage zu mehr oder minder komplexen Betrachtungen liefern, doch für Ayer bleiben diese nur ein Element unter vielen. Stattdessen lässt er es gegen Ende hin lieber – auf fast schon grotesk überspitzte Weise – krachen, woraus letztlich der Eindruck einer wilden Mischung sehr unterschiedlicher Elemente resultieren kann. Selbiges gilt für die technische bzw. handwerkliche Umsetzung, die ihrerseits zwischen High- und Lowlights pendelt. Im Endeffekt steht und fällt hier alles über die Bewertung der B-Note, denn der Handlungsbogen an sich fällt eher überschaubar aus und wirkt wie ein zufällig ausgewähltes Exzerpt aus der Erfolgsserie 'Band of Brothers'.
KURZFAZIT
Stetiger Wechsel aus Licht und Schatten.
Alles beginnt mit einer Plansequenz, was oftmals kein schlechtes Omen darstellt. Offenbar hat sich das Team um den Director of Photography Ronald Paul Richard intensiver Gedanken gemacht, als es bei vielen anderen Filmen mit einem vergleichbaren Budget der Fall ist. Da kann also durchaus Hoffnung aufkommen, dass sich ein vergleichsweise hohes Anspruchsdenken durch alle Bereiche der Produktion ziehen könnte.
Doch weit gefehlt, denn der Genuss endet bereits nach kurzer Zeit wieder. Zwar blitzen auch im weiteren Verlauf von Michael Scotts 'Dangerous Lies' hier und da sehenswerte Einstellungen auf, doch das Gesamtniveau (der visuellen Gestaltung, aber auch der weiteren Kategorien) bleibt überschaubar. Fast schon ärgerlich wird es jedoch mit Blick auf das Drehbuch, das zunächst eine regelrechte Sammlung an Genreklischees bemüht, um schließlich die finalen Entwicklungen komplett an den Haaren herbeizuziehen. Besonders ärgerlich: Selbst die grenzwertigen Entwicklungen des Plots geschehen fast schon mit Ansage. Genrefans dürften hier – trotz einer fast schon abstrusen Wendung – kaum Überraschungen erleben. Eigentlich ist man ja bereits vorgewarnt, wenn in der Handlung eines nicht allzu üppig finanzierten Thrillers übermäßiger Reichtum eine Rolle spielt. Man möchte in vielen Fällen fast schon von Blendwerk sprechen. Aber gut, (nahezu) jeder Film hat eine Chance verdient, warum also nicht auch dieser hier? Zumindest eine komplette Bauchlandung bleibt einem immerhin erspart. Als Absacker vor dem Einschlafen kann dieser seichte Thriller also durchaus Sinn machen. Ein Streaming-Abo wird extra dafür aber wohl kaum jemand abgeschlossen haben.
KURZFAZIT
Fließbandware, die sich offenbar mit Müh' und Not durch die Qualitätskontrolle mogeln konnte. Nein Spaß, Netflix sieht das ja bekanntlich nicht so streng...
Ein Paar (Nicole Kidman und Sam Neill), das sich zur Bewältigung einer Krise auf hoher See befindet, lässt einen Schiffbrüchigen (Billy Zane) an Bord kommen. Dessen rüpelhaftes Verhalten verheißt keine guten Entwicklungen und seine Schilderungen (sinngemäße Kurzversion: „Alle Mitreisenden sind tot.“) machen es auch nicht gerade besser. Doch was sollen die beiden anfangs hilfsbereiten Eheleute auch machen? Ihr unvorhergesehener Gast dringt zügig ins Innere des Bootes vor und nistet sich schnell nach Art eines Parasiten ein. Die darauffolgende Entscheidung des Protagonisten verschlimmert die Lage noch zusätzlich, sodass nur noch schwer vorstellbar erscheint, dass alle drei lebendig zurückkehren werden.
Regisseur Phillip Noyce ('Das Kartell') und seine Crew setzen das Geschehen zwar recht ansehnlich in Szene, doch ob die Inszenierung auch allen Nachfragen standhält, sei dahingestellt. Ob die geringe Entfernung zwischen beiden Booten in der Nacht plausibel ist, erscheint ebenso zweifelhaft wie so manches Geschehnis auf dem Wrack. Zumindest an manchen Stellen wäre weniger womöglich mehr gewesen; beispielsweise die Blitze oder der Abschluss des Endkampfes wären hier zu nennen. Kapriolen wie diese zerren am Glaubwürdigkeitsfaktor der Erzählung und rauben so der eigentlichen Bedrohung in diesem Psychothriller einen Teil ihrer Durchschlagskraft. Oder anders formuliert: Die Geschichte lebt in erster Linie von der Drohkulisse, die der Antagonist aufbaut. Durch Übertreibungen in anderen Bereichen zerrt man aber die gesamte Räuberpistole aus der den Zuschauern bekannten Welt in ein Hollywood-Fantasie-Universum. Oder schlicht und einfach: Die Spannung leidet unter einigen grenzwertigen Entwicklungen des Plots.
KURZFAZIT
Herkömmlicher Thriller, dessen Drehbuch- und Regieentscheidungen jedoch nicht in jeder Einzelheit plausibel erscheinen.
Der nicht wirklich gefährliche und nur mäßig gerissene Schurke Gru ist mittlerweile in allererster Linie Familienvater und dreht eigentlich nur noch dann kriminelle Dinger, wenn er dazu gezwungen wird. Eigentlich hat er überhaupt nur bedingt Kontrolle über die für ihn und seine Familie wichtigen Entscheidungen, denn auch ein Umzug in ein Safe House wird ihnen auferlegt. Dort angekommen, versuchen er und seine Gattin, sich in die Nachbarschaft einzugliedern, was ihnen ebenfalls nur sehr bedingt gelingt. Und dann ist da auch noch der jüngste Spross der Familie, der merklich mit seinem Vater fremdelt. Doch immerhin ist die Familie nun in Sicherheit vor Grus Erzfeind (der sowieso als reine Witzfigur präsentiert wird). Oder etwa doch nicht?
Dass bei Fortsetzungen innerhalb erfolgreicher Franchises in Sachen Drehbuch in den meisten Fällen auf Nummer sicher gegangen wird, versteht sich von selbst. Doch auch gemessen an anderen Filmreihen kommt 'Ich - Einfach Unverbesserlich 4' bemerkenswert durchkalkuliert daher. Gleich zu Beginn werden dem Publikum mehrere Bausteine präsentiert, die nach und nach dann auch in genau der Weise zusammengefügt werden, die so ziemlich jeder Zuschauer erwarten dürfte. Selbst die Minions tragen nur noch sehr bedingt Überraschungsmomente in die Handlung hinein. Die Mehrheit von ihnen wird in einer Art Trainingslager ausgebildet und einige von ihnen sollen sogar zu Superhelden geformt werden. Letztlich läuft deren Geschichte aber nahezu komplett neben dem Hauptstrang der Handlung her und die entsprechend eingestreuten Szenen wirken eher wie isolierte Sketche, als dass sie sich nahtlos in das restliche Geschehen einfügen würden. Bei der Vielzahl an Streichen, die sie sich gegenseitig und auch den Menschen spielen, liegt natürlich auf der Hand, dass der eine oder andere Gag durchaus ins Schwarze trifft, doch die Frische ist mittlerweile zu großen Teilen abhandengekommen – zu rund anderthalb Stunden mehr oder weniger kurzweiliger Unterhaltung reicht das Konzept jedoch allemal.
KURZFAZIT
Passabel unterhaltsam, aber gru-selig durchkalkuliert.
Ein Paar, das sich aktuell augenscheinlich nicht allzu viel zu sagen hat, erwirbt ein neues Haus, das ein ganz spezielles Geheimnis birgt. Der Immobilienmakler druckst eine Weile herum, eher er mit der Sprache herausrückt. Um die konkrete Situation nicht vorwegzunehmen: Es handelt sich um eine Anomalie, die sich für Spaßzwecke nutzen lässt, auf der anderen Seite aber auch das Zeug dazu hat, Widersprüche und Gegensätze zu verstärken. Tatsächlich ist es dann auch so, dass beide Protagonisten völlig unterschiedlich auf ihre Neuentdeckung reagieren und dass sie sich in der Folge noch weiter auseinanderleben.
Quentin Dupieux bemüht in 'Incredible But True' seine bewährt skurrile Herangehensweise, um im Subtext dann allerdings doch bemerkenswert nachdenkliche Töne anzuschlagen. Die Absurditäten in dieser Geschichte verkommen keineswegs zum Selbstzweck, sondern sie dienen vielmehr als Vehikel einer spöttischen Satire auf den Umgang mit Alterungsprozessen. Eine Frau in seiner Erzählung hängt mit zunehmendem Fanatismus einem rein auf Äußerlichkeiten bezogenen Schönheitsideal nach, während sie von innen heraus von Ameisen befallen wird. Ein Mann mittleren Alters wiederum, dem der Kauf halbwegs teurer Autos nicht als Penisverlängerung ausreicht, beschreitet seinen Weg mit einer Konsequenz, die selbst das Publikum von Dupieux staunen lässt. Viagra war gestern. Der neueste heiße Scheiß („heiß“ ist in diesem Fall ab einem gewissen Punkt der Handlung wörtlich zu nehmen) setzt nochmal deutlich einen obendrauf. Ob's der Beziehung – oder wenigstens dem eigenen Ego – bekömmlich ist? Quentin Dupieux spürt dieser Frage nach.
Dabei hat er jedoch – bei allen fraglos vorhandenen Qualitäten – zusehends Mühe, den Kurzfilmstoff des Drehbuches auf Spielfilmlänge zu strecken. In Dialogen (und nicht nur dort) wird wiederholt auf Zeit gespielt, sodass sich die Produzenten offenbar nur mit Müh' und Not auf eine Spieldauer von rund 70 Minuten retten, was jedoch auch den Vorteil hat, dass die Inszenierung vergleichsweise wenig erzählerischen Ballast mit sich herumschleppt. Jede Medaille hat eben zwei Seiten, was sicher auch auf eine französische Groteske oder auf das Älterwerden an sich gemünzt werden kann.
KURZFAZIT
Skurril-bissiger Kommentar zum Themenkomplex „Midlife-Crisis“.
Randnotiz: Mit Alain Chabat ('Reality') hat Dupieux einen Verbündeten aus einem früheren Projekt an seiner Seite.
[Danke an Nasenschleuder für den Tipp]
++ Leichte SPOILER ++
Sheriff Walt Longmire ist ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Handys sind ihm zutiefst zuwider und seine Ermittlungsmethoden orientierten sich an Mitteln, die bereits während der 80er Jahre zur Verfügung standen. Oftmals ruht er selbst in größten Stresssituationen wie ein Fels in sich selbst – außer es geht um seinen Erzfeind. Denn dann wird seine Verbissenheit, die sich oftmals als Stärke erweist, zu einer regelrechten Achillesferse. Longmire ignoriert dann schon auch mal entlastende Fakten oder er verliert zeitweise aus dem Blick, dass sein Antagonist und er einen gemeinsamen Gegner haben, der augenscheinlich ein noch üblerer Schurke ist. Im Tagesgeschäft wiederum geht Longmire schnörkellos und bisweilen auch recht unkonventionell zu Werke. Mit Vorschriften nimmt er es nicht besonders genau. Der Erfolg gibt ihm zumeist recht. Im Privatleben hingegen erweist er sich als deutlich vulnerabler. Eine Backstorywound quält seine Seele. Hinzu kommt seine von Nervosität geprägte Unbeholfenheit beim Flirten.
Den Autoren dieser Krimiserie ist also die Konzeption einer geerdeten Hauptfigur mit Ecken und Kanten gelungen, ohne dabei allzu abseitige Charakterzüge bemühen zu müssen. Nicht nur der Protagonist, sondern auch zahlreiche weitere Charaktere des Ensembles (allen voran Vic, Ferg und Cady) wirken wie aus dem Leben gegriffen – und auch die übrigen relevanten Figuren fügen sich diesbezüglich gut ein. Das Setting in Wyoming (gedreht wurde oftmals auch in New Mexico) strahlt eine ähnliche Mischung aus knorrigem Charme und Gemütlichkeit aus wie Walt Longmire selbst. Im Grunde ist also alles angerichtet für bodenständige - und weitgehend unaufgeregte, aber keineswegs langweilige – Unterhaltung. Wären da nur nicht die Kriminalfälle, von denen viele als geradezu lächerlich einfach erscheinen. Rätselfreunde kommen dabei nur selten auf ihre Kosten, doch letztlich dürften sie ohnehin nicht zur Hauptzielgruppe dieser Produktion zählen.
Nach dem Wechsel von A&E zu Netflix kommt es zu deutlichen Änderungen in der Erzählstruktur. Der fünfaktige Aufbau wird zugunsten einer freieren Form aufgegeben und die ab der vierten Staffel tendenziell längeren Episoden variieren auch bezüglich der Laufzeit deutlich stärker. Mittel- und längerfristige Handlungsbögen gewinnen an Bedeutung, während isolierte Fälle zunehmend zu reinem Beiwerk werden. Während sie anfangs noch dazu dienen, die maßgeblichen Charaktere sowie die örtliche Umgebung dem Publikum näherzubringen, erscheint dieser Zweck in der zweiten Hälfte weitgehend erfüllt und entsprechende Handlungsbestandteile werden nur noch selten bemüht. Die Serie befindet sich also in einem steten Wandel – ebenso wie die Charaktere. Selbst der in sich ruhende Fels macht eine verhaltene Entwicklung durch, was hier und da auch mit trockenem Humor kommentiert wird.
Und so ist 'Longmire' ganz gewiss keine Serie der lauten Töne, aber doch eine, zu der es sich immer wieder gut zurückkehren lässt – auch und besonders zum Abschluss eines langen Tages.
KURZFAZIT
Hervorragende Wahl, um einen Abend entspannt vor der Glotze ausklingen zu lassen.
In der Politdoku 'Praying for Armageddon' erzählt Tonje Hessen Schei von einer Gruppe evangelikaler Prediger, die sich eine totale Eskalation im Nahen Osten herbeiwünschen und über politische Einflussnahme aktiv – wenn auch indirekt – darauf hinwirken wollen. Wie groß und wie einflussreich diese sektenartige Untergruppierung tatsächlich ist, bleibt unklar (da es gewiss auch intern unterschiedliche Strömungen geben wird), doch es lässt sich konstatieren, dass in diesem Film ein besonders radikaler Flügel dieser Bewegung porträtiert wird.
Um es kurz zusammenzufassen: Die Texte der Bibel sind wörtlich zu nehmen! Und zwar jeder einzelne Vers. Auf welche Übersetzung sich die Prediger beziehen, bleibt offen, doch fest steht für sie: Keine Metaphern, keine Interpretationen, sondern eine buchstabengetreue Exegese. Nur wenn es um die Apokalypse geht, muss natürlich berücksichtigt werden, dass den Verfassern lediglich ein limitiertes Vokabular zur Verfügung stand. Sie konnten zwar exakt vorhersagen, was sich dann zutragen wird, aber grobe Entwicklungen (wie die Entwicklung von Maschinen) waren für sie nicht absehbar. Jedenfalls wird Jesus, sobald nach einer vollständigen Eskalation des Nahostkonflikts Israel den Sieg davongetragen haben wird, auf einem Motorrad zur Erde kommen und mit seinem Schwert allen Bösen (bzw. Ungläubigen) den Garaus machen. Der Erlöser als eine Art He-Man auf Rädern, wenn man so möchte. Also gilt es, die Gewalthandlungen in Israel bis zur Endstufe auf der Eskalationsskala anzuheizen, damit die Menschheit endlich erlöst werden kann. Unterstützen wollen den himmlischen Rächer dann einige US-Amerikanische Motorradfahrer, die (man weiß nicht, wie) im selben Moment an seiner Seite durch den Nahen Osten brettern und Köpfe abschlagen werden. Vorsichtshalber üben und provozieren sie deshalb im Vorfeld schon mal im gelobten Land. Im Recht sind die Evangelikalen Amerikaner deshalb, weil die Palästinenser schon aus etymologischen Gründen gar nicht auf der richtigen Seite stehen können. Schließlich wurde das Wort „Palästinenser“ einfach so erfunden – im Gegensatz zur Bezeichnung von God's Own Country.
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber für mich ergibt das alles Sinn. Ein gut durchdachtes Weltbild. Keine Ahnung, weshalb derlei Ansichten von einigen Ketzern als wirr bezeichnet werden. In Heidi Ewings und Rachel Gradys oscarnominierter Dokumentation 'Jesus Camp' über die Indoktrinierung von Kindern mit radikalen Inhalten und religiösen Auslegungen wird ausgebreitet, wie der Boden für den Glauben an derlei Theorien bereitet wird. Tonje Hessen Schei zeigt darauf aufbauend auf, wie später im selben Umfeld die Ernte in Form von Wählerstimmen oder sonstiger Unterstützung eingefahren wird. Zwar wiederholt sich die Darlegung ab einem gewissen Punkt nur noch, weshalb auch eine kürzere Laufzeit ausreichend gewesen wäre, doch ein Gefühl für das Verständnis verschiedener Machtmechanismen wird durchaus vermittelt. Vermutlich werden hier ein paar Typen mit ganz besonders wirren Ansätzen in das Zentrum der Schilderungen gestellt. Doch auch wenn man das berücksichtigt, weist der Kern auf ein recht akutes Problem hin (gezieltes Zündeln in einem Pulverfass – aus welchen Motiven auch immer). Wenn die Konfliktparteien in Israel bzw. Palästina eines nicht brauchen, dann sind es wohl Fanatiker aus Übersee, die immer weiter Öl ins Feuer gießen, um ihr ganz eigenes Süppchen zu kochen.
Doch bei allem Zynismus ist die Situation in mindestens zweierlei Hinsicht dann leider doch sehr ernst. Einige Strippenzieher, denen böse Zungen vorrangig finanzielle Interessen unterstellen, nutzen derlei Erzählungen als Türöffner zu einflussreichen Politikern, die sich aus entsprechenden Verbindungen die Mobilisation zusätzlicher Wählerstimmen und Spendengelder erhoffen. Und vielleicht sogar noch fataler: Teile der Militärs nutzen bei Auslandseinsätzen beispielsweise Zielfernrohre mit eingravierten Bibelversen. Wenn sie dort auf eine Bevölkerung ohne einen breiten Zugang zu Informationen treffen, kann womöglich der Eindruck entstehen, nicht Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika würden in ihr Land einfallen, sondern Kreuzfahrer, die den gesamten Westen repräsentieren, was in der Konsequenz wiederum zu kriegerischen Brandherden an anderen Regionen der Erde führen kann (und seitens mancher Evangelikalen durchaus so gewollt zu sein scheint).
KURZFAZIT
Ab einem gewissen Punkt inhaltlich redundant und vielleicht auch etwas überdramatisiert. Die Relevanz der zugrunde liegenden Problematik wird dadurch aber keineswegs geschmälert.
[Danke an Eudora für den Tipp]
Verfickte Scheiße! Deadpuke und Vulvarine treiben es wieder. Also ihr Unwesen.
Aber halt, hat Wolfgang mit den Scherenhänden nicht eigentlich den Löffel abgegeben? Wen juckt's, dann spielt Disney die Multiversen- und Zeitlinienkarte halt ein weiteres mal (wobei im MCU beide Begriffe offenbar ohnehin nahezu synonym verwendet werden und abgesehen von wiederbelebten Charakteren und habgaren Gags kein nennenswerter erzählerischer Nutzen aus derlei Konstellationen gezogen wird) und dreht uns gleich eine ganze Reihe an Chaoten mit roten Masken und knurrigen Struwwelpetern an. Nach gefühlten hundert Lokis, einem regelrechten Berg von Ant-Men sowie unzähligen Spinnenmännern (bzw. -buben) von Sony kommt es darauf auch nicht mehr an.
Ein paar wenige der Deadpool- und Wolverine-Versionen aus bisher unbekannten Universen dürfen sogar einen kurzen Satz sagen. Da haben sich die Autoren, die sich auch dieses mal alle Mühe geben, den Anschein von einem Rudel 14-jähriger auf Koks zu erwecken, einmal mehr richtig ins Zeug gelegt. Doch dabei haben sie offenbar vergessen, einen Crocodilepool mit in die „Geschichte“ zu schreiben. Nur selten wurde eine Chance auf einen Recyclinggag bei Disney derart fahrlässig vertan. Ähnliches gilt für den Soundtrack, dessen Peinlichkeitsfaktor allenfalls noch von einigen präpubertären Onelinern überboten wird. Auf die Ohren gibt es nämlich eine wilde Mischung aus offenbar wahllos zusammengeschusterten Popsongs aus drei oder vier Jahrzehnten, ganz egal, ob es gerade passt oder nicht. Wenn zahllose Knochen zu Klängen von *NSYNC oder Madonna zerbersten, wird das selbstverständlich nur gemacht, um Erwartungen des Publikums zu dekonstruieren. Voll witzig. Nur halt nicht in diesem Universum.
Doch genug geätzt, denn selbstverständlich ist nicht alles schlecht. Ganz im Gegenteil. Wie schon bei Deadpools vorherigen Auftritten werden auch hier derart viele Scherze unterschiedlichster Art abgefeuert, dass für die allermeisten Zuschauer der eine oder andere Lacher dabei sein dürfte. Derbe Zoten, popkulturelle Referenzen, auf das eigene Studio und Personal bezogene Metagags und sogar der eine oder andere halbwegs hintergründige Spruch wechseln sich munter ab, sodass eine ganze Reihe verschiedener Humorvorlieben bedient werden dürfte. Die Handlung erscheint zwar komplett chaotisch, nur mäßig originell (erst recht nach der Veröffentlichung von 'Loki'), nur bedingt plausibel (MacGuffin) und in mancherlei Hinsicht nur notdürftig motiviert (Antagonistin), stellt aber letztlich ohnehin nur das Vehikel für eine überdrehte Gagparade dar. Gerade für Stammzuschauer des MCU wurden derart viele Zuckerstückchen eingewoben, dass der Nutri-Score irgendwo zwischen W und X liegen dürfte. Während mit nicht wenigen Superhelden-Produktionen aus dem Hause Disney aus den letzten Jahren ganz offenkundig auch neue Zielgruppen erschlossen werden sollten, steht hier die Fanbase ohne Wenn und Aber im Fokus. Für viele Anhänger von Deadpool wird hier ein regelrechtes Feuerwerk abgebrannt, während der Stil der 'Wolverine'-Filme auf ein Minimum zurückgestutzt wird – der vielleicht teuerste Preis dieses Buddy-Movies.
Licht und Schatten findet sich (wie sollte es anders sein) bei der 3D-Visualisierung. Sie verleiht dem Bild von 'Deadpool & Wolverine' anfangs eine gewisse Tiefe, flacht im weiteren Verlauf jedoch rapide ab.
KURZFAZIT
Disney schifft voller Inbrunst auf das Grab von 20th Century Fox. Wohl dem, der sicherheitshalber einen gelben Anzug trägt!
Eine mehr oder minder bunt zusammengewürfelte Truppe wird ab der Ankunft am Flughafen gezeigt bzw. dem Publikum vorgestellt. Viele weitere Passagiere bleiben hingegen namen- und (nahezu) gesichtslos. Es deutet sich also schon recht früh an, wer im Falle eines Unglücks ganz besonders schlechte Karten haben dürfte. Nach dieser kurzen Exposition geht es dann auch schon recht zügig in die Lüfte und ungefähr ebenso schnell wieder abwärts - sogar noch tiefer als zu Beginn, denn nach kurzen Turbulenzen finden sich die Überlebenden des Absturzes irgendwo unter dem Meeresspiegel wieder. Von dort führt kein Weg nach oben – so gaukelt es jedenfalls der Filmtitel vor. Doch auch hier macht sich schnell die Befürchtung breit, dass der weitere Verlauf ganz besonders vorhersehbar sein könnte.
Das Produktionsteam bemüht sich offenbar gar nicht erst darum, auch nur den Anschein von eigenständigen Ideen zu erwecken. Die Handlung folgt altbewährten Schemata und die zumeist hölzern vorgetragenen Dialoge wirken allenfalls zweckmäßig. Mehrere Entwicklungen der Handlung stinken kilometerweit gegen den Wind bzw. seemeilenweit gegen das Wasser, sodass man sich nicht wundern muss, wenn sich sogar Haie davon angelockt fühlen. Ein Fest für die schwimmenden Raubtiere, eine relativ müde Veranstaltung für das Publikum. So richtig schlecht ist das Ergebnis zwar nicht, doch eigentlich kennt man den Film schon vor der Sichtung. Dass Phyllis Logan ('Downton Abbey') und 'Star Trek'-Haudegen Colm Meany als Zugpferde mit an Bord sind, wertet die Produktion zwar durchaus auf, hat aufgrund der Struktur der beiden Rollen aber dennoch keine übergroßen Auswirkungen.
Und so bleibt am Ende eben ein etwas uninspiriert vorgetragener Streifen von der Stange, der zwar nicht vollends untergeht, sich auf der anderen Seite aber auch nur mit Mühe an der Oberfläche halten kann.
KURZFAZIT
Kannste den Haien geben.
Irgendwann im Frühjahr 2024: Es ist Abend, so gegen 21 Uhr. Ich hätte mal wieder Bock auf Actiontrash. Die letzten paar Griffe waren zwar allesamt nicht gut, aber immerhin fast durchweg unterhaltsam. Also Fernseher an und Film ausgewählt. 'Soldier Terminators' klingt nach lupenreinem Schund; perfekt! Los geht’s:
Irgendwelche Freischärler laufen durch irgendeinen asiatischen Dschungel und schlagen sich mit einer deutlich besser ausgestatteten Miliz gegenseitig die Schädel ein. Mittendrin im Gewusel befindet sich natürlich (wie sollte es auch anders sein?) ein Amerikaner, der wohl als Zugpferd bei der Vermarktung dieses Machwerks dienen soll. Wie das wohl beim Publikum ankommt? Kurzer Check auf Moviepilot: Kein Eintrag vorhanden. Jetzt hat nicht nur der Amerikaner seine Mission, sondern auch ich: Irgendwann demnächst den Filmeintrag per Mitmachmodul einreichen (ist mittlerweile längst erledigt). Nächster Halt imdb. Und tatsächlich, hier ist der Film gelistet – und zwar mit einem stolzen Punkteschnitt von immerhin 4,2 bei sagenhaften 33 abgegeben Stimmen (Stand Juni 2024). Irgendwer hat sogar zehn Punkte dafür vergeben. Wer aus der Filmcrew das war, bleibt aber unklar. Ist ja auch egal. Lieber noch ein wenig durch den Eintrag und die Untereinträge blättern. Siehe da, der Film wird (wie man das von vielen „Videothekenklassikern“ kennt) unter mehreren Namen vertrieben, u.a. unter dem Titel 'American Mission' und – ach du Scheiße! - 'Aerolite Force 4: Soldier Terminators'. Früher oder später werde ich also noch mindestens drei weitere Episoden schauen „müssen"; schummeln gilt nicht.
Ach ja, eigentlich wollte ich ja irgendwas über den Film an sich schreiben. Aber glaubt es mir: Wenn ihr schon ein paar ähnliche C-Movies gesehen habt, kennt ihr diesen Film schon, bevor ihr ihn zum ersten mal gesehen habt. Regielegende Godfrey Ho, der im selben Jahr noch rekordverdächtige 40(!) weitere Filme abgefilmt haben soll (teilweise auch unter den Pseudonymen Robert Lam, Charles Lee, Victor Sears, Bob Chan, Joel Law, Bruce Lambert, Anthony Pa, Tim Ashby, Larry Huton, Raymond Woo, Ralph Fillmore, Joe Livingston, Burt Peterson, Ted Kingsbrook und Tommy Cheung – in anderen Jahren hat er übrigens noch einige weitere Namen wie beispielsweise Henry Lee, Christ Hannah oder Albert Yu verwendet), liefert eben, was man sich von seinen Qualitätsproduktionen erwartet: Überschaubare Geschichten, Schauspielerleistungen mit sehr viel Luft nach oben, einmontierte Archivaufnahmen und eine perfekte Grundlage für Trinkspiele bei der Suche nach Filmfehlern. Prost!
KURZFAZIT
"Legen... wait for it..."
...nee, doch nicht.
Oscar Madness Film 490 (4 Auszeichnungen, 7 weitere Nominierungen)
Yorgos Lanthimos bleibt sich treu. Zumindest insofern, dass er eine recht eigenwillige Prämisse an den Beginn der Handlung setzt und daraus in einer kauzigen Inszenierung eine Mischung aus philosophischen bzw. literarischen Fragestellungen entwickelt, die er zumeist recht skurril ausformuliert. Im Fall von 'Poor Things' dekliniert er verschiedene Szenarien einer Frankenstein-Geschichte der besonderen Art durch. Ein (je nach Sichtweise) visionärer oder durchgeknallter Wissenschaftler (Willem Dafoe) erweckt nicht nur eine Verstorbene zum Leben, sondern setzt ihr auch noch das Gehirn eines ungeborenen Säuglings ein. Ein nicht nur „unbeschriebenes“, sondern zudem noch nicht voll entwickeltes Gehirn im Körper einer erwachsenen Frau also. Ohne sich umfassend mit den Bedingungen des Spracherwerbes oder mit biochemischen Prozessen zu befassen, interessiert sich Lanthimos in erster Linie für Fragen der Sozialisation und Emanzipation. Beide Dimensionen werden bis hin zu regelrechten Extrempositionen ausgereizt, wodurch 'Poor Things' eher als bewusst provokativ formulierte Eröffnungsthese in einer Diskussion statt als umfassend ausgearbeitetes Plädoyer erscheint. Augenscheinlich ist Bellas Weg das Ziel, denn dieser ist gespickt mit Skurrilitäten, unter deren Oberfläche auch die eine oder andere Problemstellung lauert. Äußerlich wirkt die Inszenierung wie ein cineastisches Kuriositätenkabinett. Vor der Attraktion wird marktschreierisch die Werbetrommel gerührt, drinnen wird man mit einem ganzen Reigen an ungewöhnlichen (und zumeist bunten) Eindrücken überflutet und in der Nachbetrachtung blitzt vielleicht auch der eine oder andere Gedanke zur zugrundeliegenden Substanz auf. Nicht bei jeder der Szenen ist klar, ob Lanthimos geniale Thesen unkonventionell verpackt oder ob die Skurrilität lediglich dem reinen Selbstzweck dient.
So oder so wird das Publikum auf eine äußerst ungewöhnliche Reise mit einer nicht minder ungewöhnlichen Protagonistin geschickt. Eine Reise, die nicht nur hinaus in die weite Welt, sondern auch hinein in das Innere des Seins und zu verschiedenen Kategorien des gesellschaftlichen Zusammenlebens führt.
KURZFAZIT
Lanthimos im Wunderland. Wo bislang der (stilistische) Minimalismus dominierte, regiert nun der Exzess.
Der brutale Mord und die Zerstückelung von Jamal Khashoggi gingen 2018 derart prominent durch die Medien, dass vermutlich jeder Interessent an dieser Dokumentation bereits mit den Grundzügen des Falles vertraut sein dürfte. Da seitens der Ermittler Informationen seinerzeit ganz bewusst häppchenweise veröffentlicht wurden, um den Fall möglichst lange im Fokus der öffentlichen Debatten halten zu können, hat vermutlich nicht jeder Nachrichtenleser und -zuschauer jedes Detail mitbekommen, daher liegt es natürlich nahe, im Rahmen eines Dokumentarfilmes noch einmal alle relevanten Fakten zusammenzutragen. Schließlich lässt dieser Mord nicht nur wegen seiner offenbar bestialischen Durchführung aufhorchen, sondern auch wegen seiner enormen politischen Tragweite. Das saudische Königshaus versuchte im Rahmen der „Aufarbeitung“ offenbar ganz bewusst, diffuse und sich gegenseitig widersprechenden Signale nach innen und nach außen zu senden, während in den Vereinigten Staaten Vertreter der beiden großen Parteien um die Deutungshoheit (und somit um eine entsprechende Gestaltung der Konsequenzen) rangen. Komplex wird es vor allem mit Blick auf die gesamte Region und das Verhältnis Saudi Arabiens zu verschiedenen Staaten im näheren Umfeld.
Es gäbe also viel zu erläutern und aufzuarbeiten. Filmemacher Bryan Fogel ('Ikarus') scheint jedoch eine andere Agenda zu verfolgen. Es beginnt zunächst emotionalisierend. Nach der knappen Präsentation einiger Hintergrundinformationen lobt ein Freund das Opfer als warmherzigen Menschen und es wird gezeigt, dass er sogar bei Katzen gut ankommt. Eine Reihe von Szenen ist mit stimmungsvoller Musik unterlegt. Da geht der eher beiläufige Hinweis auf Khashoggis Engagement für die Muslimbrüder fast schon unter. Zwar wird auch kurz über seiner Teilnahme an den Januarprotesten im Jahr 2011 auf dem Tharir und seine Freude über die Revolution („Ich war heute am Tahrir-Platz: Wie glücklich ich bin“) berichtet, doch die politischen Folgen daraus werden ausgespart. So befasste sich beispielsweise der erste Gesetzentwurf der Regierung Mursi mit der Aufhebung des Verbots der Genitalverstümmelung von Frauen. Dies in Einklang mit Khashoggis im Film kolportiertem Kampf für Freiheit zu bringen, ist vermutlich ebenso schwierig wie seine persönlichen Kontakte zu Bin Laden (Quelle: Tagesspiegel). Natürlich ist er keineswegs haftbar für Aussagen und Taten von Menschen aus seinem Umfeld zu machen, doch wenn derlei Dinge heruntergespielt oder gar nicht erst thematisiert werden, kann sich durchaus der Eindruck einstellen, dass Fogel seinem Publikum in den westlichen Ländern in erster Linie erzählen möchte, was dieses vermeintlich gerne hören will. Khashoggis Rolle als Reformer ist davon fraglos unbenommen, doch es könnte sich durchaus der Verdacht einstellen, dass sein in diesem Film immer wieder betonter Einsatz für Redefreiheit durchaus als eine Chiffre gemeint sein könnte, wie man sie von manch anderen politischen Strömungen kennt (also in dem Sinne, dass nicht die Äußerung aller Meinungen erlaubt werden soll, sondern die Äußerung anderer Meinungen).
Einerlei, das an ihm verübte Verbrechen ist an Unmenschlichkeit kaum zu überbieten und wird im späteren Verlauf der Dokumentation nach dem besagten Abriss über Khashoggis aktivistische Tätigkeiten noch einmal nachskizziert. Neue Erkenntnisse werden (wenn überhaupt) allenfalls in homöopathischen Dosen übermittelt. Gegen Ende wird noch einmal verstärkt auf technische Aspekte der Telekommunikationsüberwachung eingegangen – ungefähr auf demselben fachlichen und didaktischen Niveau, auf dem zuvor Manipulationen sozialer Medien erklärt wurden.
Insgesamt ist dieser Dokumentarfilm also offenkundig an ein westlich-liberales Publikum mit nur mäßiger Vorkenntnis gerichtet. Grundsätzlich ist es sicher ein guter Ansatz, nicht allzu viele Zuschauer durch ein zu großes Maß an vorausgesetztem Vorwissen auszuschließen. Wenn – wie in 'The Dissident' (diese Bezeichnung soll Khashoggi für sich selbst dem Vernehmen nach ausgeschlossen haben) – jedoch an einigen neuralgischen Punkten (bewusst oder fahrlässig) simplifiziert wird, besteht auch eine gewisse Gefahr, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Nichtsdestotrotz verdient es diese ungeheuerliche Geschichte fraglos, immer und immer wieder erzählt zu werden. Oder kurz zusammengefasst:
KURZFAZIT
Verkürzte Darstellung eines gewichtigen Themas.
Auf dem großen Markt der Verbrechensdokus nimmt 'Victim/Suspect' eine gewisse Sonderstellung ein. Im Mittelpunkt steht weder ein einzelner Fall noch eine zusammenhängende Verbrechensserie, sondern eine Vielzahl einzelner Delikte, die letztlich allerdings doch wieder miteinander verflochten sind. Als Person – oder gar als Persönlichkeit – spielen die Täter hier keine Rolle. Filmemacherin Nancy Schwartzman verzichtet darauf, ihnen mehr Raum einzuräumen als unbedingt nötig, was einerseits juristische Gründe haben mag, auf der anderen Seite aber gewiss auch Teil des Konzepts dieser Dokumentation ist.
Der springende Punkt ist, dass sich einige Ermittler einen schlanken Fuß machen und den für sie selbst unkompliziertesten Weg wählen, um einen Fall als abgeschlossen verbuchen zu können. Statt die Täter zu ermitteln oder die Beschuldigten zu befragen, wurde einer Reihe von Frauen, die Strafanzeigen erstatteten, vorgeworfen, ihre Anzeigen fingiert zu haben. Der ursprüngliche Fall kann so zu den Akten gelegt werden; soll sich doch jemand anderes damit herumärgern, falls eine der Betroffenen irgendwann doch noch Rechtsmittel einlegen sollte. Zumindest in manchen Departments in den Vereinigten Staaten scheint offenbar so gedacht zu werden.
Die Sensationsgier eines gewaltfaszinierten Publikums wird in 'Victim/Suspect' so gut wie gar nicht bedient. Auch cineastische Möchtegerndetektive scheinen die Produzenten nicht im Fokus zu haben, denn mit der Beweislage in den einzelnen Fällen wird sich nur kursorisch beschäftigt. Angesichts der hohen Relevanz der Thematik erscheint es fast ein wenig schade, dass einige Facetten der Fälle nur gestreift werden und nicht noch tiefer in die Thematik eingestiegen wird. Klar ist aber so oder so: Gerade bei Missbrauchsvorwürfen müsste eigentlich ganz besonders gründlich und umsichtig recherchiert werden. Wenn der Eindruck entsteht, dass (mindestens) grob fahrlässige „Ermittlungen“ (die diese Bezeichnung eigentlich gar nicht verdienen) systematischen Charakter haben könnten, macht eine Dokumentation wie diese ganz besonders Sinn.
KURZFAZIT
Hohe Relevanz, überschaubare Substanz.
Nur selten hat der Titel einer True Crime Dokumentation derart viel vorweggenommen und doch so wenig verraten.
Ein Mann zieht seiner ehemaligen Gattin nach deren Trennung hinterher, um näher bei den gemeinsamen Kindern zu sein. Ist dieser ehemalige Lover also ein Stalker, der später zum Killer werden wird? Unwahrscheinlich, denn schließlich erzählt er als Hauptinterviewpartner die Geschichte und scheint dabei nicht im Gefängnis zu sitzen. Also weiter. Da er an seinem neuen Wohnort (in einem für ihn fremden Bundesstaat) niemanden kennt, meldet er sich bei einem Datingportal an, wo er auch recht rasch mit einer Dame namens Liz anbandelt. Da er zunächst nur unverbindliche Bekanntschaften sucht, kommt ihm dieser Kontakt ebenso gelegen wie der zu einer weiteren Dame namens Cari, die er wenige Zeit später als Kundin seiner Werkstatt kennenlernt und kurz darauf ebenfalls auf einer Datingplattform entdeckt. Filmemacher Sam Hobkinson präsentiert dem Publikum also drei Frauen und einen Mann, in deren Umfeld sich schon bald eine regelrechte Serie an Straftaten abspielen wird, die letztlich in einem Tötungsdelikt gipfeln wird. Dass nicht alle vier Personen Schwerverbrecher sind, liegt auf der Hand. Doch der Verlauf der Ermittlungen (nicht unbedingt die kriminellen Handlungen an sich) lässt dann doch staunen.
Wie schon angedeutet, lassen sich einige Entwicklungen bereits anhand der Auswahl der Interviewpartner und der Gestaltung der nachgestellten Szenen absehen. Dennoch bleibt durchaus genug Raum für Spekulationen und Überraschungen. Umso skurriler mutet es an, wenn zwei der Ermittler im Nachhinein angeben, einige Zwischenschritte bei der Aufklärung des Falles genau so geplant zu haben. Aber geschenkt, besonders einer von ihnen (und wahrscheinlich auch die anderen) kniet sich so verbissen in den Fall hinein, dass man einfach nur den Hut davor ziehen kann. Unklar erscheint jedoch, inwieweit durch den Filmemacher dramatisierend in die Erzählung eingegriffen wird. Die Ereignisse werden überwiegend aus Sicht des besagten Mannes bzw. mit Blick auf seinen Kenntnisstand erzählt. Wann die Polizisten über welches Wissen verfügten, lässt sich allenfalls erahnen. Es kann durchaus sein, dass sie mit ihrer Behauptung, diesen und jenen Schritt geplant zu haben, recht haben. Doch dann bleibt die Frage, ob die Erkenntnisse durch die Filmcrew womöglich bewusst nur häppchenweise wiedergegeben werden. So oder so: Es gibt sicherlich zahlreiche True Crime Dokumentationen, die in der einen oder anderen Hinsicht weit hinter 'Lover. Stalker. Killer.' zurückfallen.
KURZFAZIT
Möglicherweise nicht ganz redlich erzählt, aber dennoch (oder vielleicht gerade deshalb?) durchaus sehenswert.
[Falls ihr mit dem Fall noch nicht vertraut seid und den Film sehen wollt, lest vorher bloß nicht die Inhaltszusammenfassung von MP – dort wird die entscheidende Wendung in den Ermittlungen schon gespoilert.]
Andrey Zvyagintsev
David Lynch
Eugene Jarecki
Adam McKay
Alfred Hitchcock
Orson Welles
Die restlichen Kandidaten auf nur vier Namen zu reduzieren, fällt mir mir schwer, deswegen belasse ich es bei sechs Kandidaten. :-)
Saoirse Ronan
Rooney Mara
Rose Byrne
Adèle Haenel
Charlie Murphy
Alicia Vikander
Catalina Sandino Moreno
Natalie Portman
Emmanuelle Chriqui
Einen Platz lasse ich mit Absicht frei, weil mir gerade bestimmt sowieso einige nicht einfallen, die ich sicher gerne auf der Liste hätte. :-)
++ Minimale SPOILER ++
Eine Frau wird in ihren eigenen vier Wänden ermordet, ihr Ehemann kommt mit schwersten Verletzungen auf die Intensivstation. Vernehmungsfähig ist zunächst nur deren gemeinsame Tochter, die davon berichtet, von den Einbrechern und vermeintlichen Raubmördern gefesselt, aber letztlich verschont worden zu sein, da sie kooperativ gewesen sei. Nachdem recht schnell klar wird, dass sie zunächst eine Beziehung zu einem Kleinkriminellen verschwiegen hat, argwöhnen die Ermittler, dass die junge Frau vielleicht mehr wissen könnte, als sie zugibt.
Der Titel dieser Dokumentation nimmt bereits vorweg, dass Jennifer wohl irgendein Unrecht begangen haben muss. Ist sie vielleicht in den Mordfall verwickelt oder deckt sie die Täter? Oder hat sie die Lage genutzt, um einen Vorteil daraus zu ziehen?
In verschiedenen Verhörsituationen wird ihr mit den üblichen Methoden auf den Zahn gefühlt. Wie in so vielen True Crime Dokumentationen wird dabei auch hier klar, dass sich zwei Gruppen von Verdächtigen als ganz besonders anfällig für die gängigen Verhörtechniken erweisen: Menschen mit sehr niedrigem Bildungsstand (beispielsweise ohne Schulabschluss) und Leute, die ihre eigenen kognitiven Fähigkeiten überschätzen bzw. die Gerissenheit der Ermittler unterschätzen. Jennifer wird im Verlauf der Dokumentation nachgesagt, sehr überzeugt von sich selbst zu sein. Keine besonders gute Ausgangslage, um blinde Flecken bei sich selbst zu erkennen. Und wie es der Titel dieses Filmes bereits vorwegnimmt, finden die Ermittler auch Anhaltspunkte in ihren Aussagen, die auf Ungereimtheiten hindeuten.
Auch wenn diese Dokumentation nahezu vollständig auf die Vernehmung von Jennifer zugeschnitten ist, bleibt due junge Frau dem Publikum doch seltsam fremd. Zwar erfährt man viel über einige Umstände, mit denen sie nicht ansatzweise zurecht kommt, doch abgesehen davon wird sie (offenbar bewusst) als extrem kalt und berechnend präsentiert. Aufgrund dieser Darstellung werden sich Sympathiebekundungen für sie vermutlich in Grenzen halten (wobei Charaktere aus True Crime Dokus sicherlich immer einen gewissen Kreis an Bewunderern haben), doch für die große Mehrheit an Zuschauern kann sich durchaus die Frage nach dem Zweck dieser Produktion stellen – abgesehen von der Befriedigung der öffentlichen Sensationsgier.
KURZFAZIT
Solide Dokumentation ohne nennenswerte Alleinstellungsmerkmale.
Als Shanann Watts und ihre beiden Kinder verschwinden, holen ihre Freunde die Polizei, die wiederum den Gatten der Vermissten herbeiruft, damit dieser sie für weitere Nachforschungen ins Haus lässt. Der Nachbar findet dessen Verhalten atypisch (gemessen daran, wie er sich sonst verhält), dementsprechend setzen die Polizisten ihre Ermittlungen erstmal an dieser Stelle an.
++ SPOILER (sofern man mit dem Fall noch nicht vertraut ist) ++
Was Menschen wie der Hauptverdächtige im Watts-Fall in ihrer anfänglichen Arroganz oftmals zu vergessen scheinen: Während sie selbst sich im Verlauf der Vernehmungen in einer psychischen Ausnahmesituation befinden, sitzen ihnen Ermittler gegenüber, die schlichtweg ihrem Beruf nachgehen. Sie können auf einen ganzen Werkzeugkasten an Verhör- und Ermittlungsmethoden zurückgreifen, haben in der Regel Routine im Umgang mit derlei Situationen und sind einem viel geringeren Druck ausgesetzt. Zwar haben sie sicherlich Vorgesetzte im Nacken sitzen, die die Lösung des Falles erwarten, doch wenn eine Sitzung keine Erkenntnisse zutage fördert, können sie es vielleicht später erneut versuchen oder auf den Fund neuer Beweise bzw. auf neue Zeugenaussagen oder anderweitige Fortschritte in den Ermittlungen hoffen. Wenn nichts davon gelingt, steht am Ende eben ein ungelöster Fall bzw. ein beruflicher Misserfolg, während hingegen so mancher Verdächtige (in Staaten mit der Möglichkeit zur Verhängung der Todesstrafe) sogar um sein Leben fürchten muss. Auch wenn also auf beiden Seiten großer Druck lastet, könnte die Verteilung kaum ungleicher sein. Der Umstand, dass sicher nicht wenige Tatverdächtige dies offenbar ausblenden, wird in 'An American Crime' anschaulich sichtbar gemacht. Die Ermittler spielen eine große Bandbreite an Möglichkeiten aus, indem sie den Verdächtigen zu genau definierten Zeitpunkten alleine lassen, ihm abwechselnd Angst machen oder Mitgefühl vorgaukeln (buchstäbliches Schulterklopfen) und ihn wiederholt mit Suggestivsätzen konfrontieren (sinngemäß: „Sie sind doch extra hier erschienen, um sich etwas von der Seele zu reden.“). Eine weitere Strategie besteht darin, ihn stundenlang in einer fensterlosen Kammer zu befragen und ihn zunächst nur zu einem Teilgeständnis zu bewegen. Eigentlich hat er allerspätestens in dem Moment verloren, in dem er dem Lügendetektortest zustimmt. Ihm wird gesagt, er solle davon Abstand nehmen, wenn er etwas zu verheimlichen habe. Er selbst denkt offenbar, dass er sich mit einer Verweigerung erst recht verdächtigt machen würde und stimmt – statt einen Anwalt zu verlangen - zähneknirschend zu.
Ein zweiter Punkt, in dem sich diese Dokumentation aus der Masse anderer Produktionen (vor allem älteren Datums) abhebt, ist das recht üppige Quellenmaterial, das hier zur Verfügung steht. Shanann Watts hat offenbar regelmäßig und gerne Videos von sich und ihrer Familie gepostet, wodurch gerade aus den letzten Wochen vor ihrem Verschwinden vergleichsweise viel Bildmaterial vorhanden zu sein scheint. Ein Fingerzeig in Richtung zukünftiger True Crime Produktionen? Womöglich. In Zeiten, in denen viele Menschen ihre eigenen Medien-Produzenten sind, steigen auch die Chancen für kommerzielle Anbieter, Videos für Dokus abzugreifen. Jedenfalls besteht somit im Fall von 'American Murder' gar keine Notwendigkeit, Szenen mit Schauspielern nachzustellen. Wie dieser Umstand in Bezug auf den Täter, die Opfer und deren Angehörige zu bewerten ist, steht auf einem ganz anderen Blatt und würde den Rahmen eines Kurzkommentares ganz sicher sprengen.
KURZFAZIT
In Bezug auf die Ermittlungsarbeit und das Verhalten des Hauptverdächtigen durchaus aufschlussreich.
Zwei Paare besprechen ihre Abendgestaltung.
Paar 1:
„Schatz, was machen wir heute Abend?“
- „Wir schauen 'Wolfsnächte'.
Paar 2:
„Schatz, was machen wir heute Abend?“
- „Wir essen gemeinsam. Es gibt trockenes Brot. Aber nicht das frische, sondern ein paar übriggebliebene Scheiben aus dem letzten Monat.“
„Sehr verlockend. Was gibt’s dazu?“
- „Ein paar Löffel Mehl.“
Zwei völlig unterschiedliche Pläne – und doch dürfte beiden Paaren ein trockener Abend bevorstehen. Regisseur Jeremy Saulnier wiederholt bei der Inszenierung seines Thrillers 'Wolfsnächte' zahlreiche bewährte Elemente, durch die er 'Blue Ruin' zu einem regelrechten Filmerlebnis machen konnte: Ruhiger Erzählstil, trostlose Atmosphäre, kalkuliert gesetzte Gewaltspitzen. Ein trennendes Merkmal wiederum findet sich in Bezug auf (nicht vorhandene) Geradlinigkeit. Während die Geschichte des Rachethrillers 'Blue Ruin' recht schnörkellos heruntererzählt wird, wirkt 'Wolfsnächte' regelrecht überfrachtet mit Metaphern und abschweifenden Gedanken. Eine ganze Reihe an Szenen kommt höchst bedeutungsschwanger daher, doch ob auch wirklich alle Verheißungen eingelöst werden, steht auf einem anderen Blatt. Der düstere Stil spiegelt die seelischen Abgründe verschiedener Charaktere wider, doch die Erzählung kommt ebenso umständlich auf den Punkt wie die besagten Figuren.
Als deutlicher Kontrast hierzu wirken die eingestreuten Gewaltszenen, die (im Vergleich zu unzähligen anderen Thrillern) extrem prosaisch vorgetragen werden. Coole Moves oder fetzige Musik sucht man hier verglich; stattdessen zerschneidet beispielsweise ein Schuss die Stille und schon spritzt das Blut. Oder es wird durch den Einsatz vollautomatischer Waffen ein regelrechtes Trommelfeuer losgelassen. Durch diesen nüchternen (relativen) Realismus wird die (alb)traumartige Atmosphäre wiederholt aufgebrochen und zwischenzeitlich durch einen anderen Albtraum abgelöst. Die Botschaft in Bezug auf die Figur des Killers wird dadurch mehr als deutlich – doch ob es auch die Mystifizierung des Wolfsexperten gebraucht hätte, sei dahingestellt.
KURZFAZIT
Atmosphärisch dicht und stellenweise fast schon morbide, streckenweise allerdings auch zäh und trocken.