Framolf - Kommentare

Alle Kommentare von Framolf

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    Der filmtastische Adventskalender 2024

    [16]

    Wenn ein animierter Weihnachtsfilm unter der Mitwirkung von Adam Sandler (Drehbuch, Produktion, Sprecher) entsteht, stellt sich natürlich die Frage, ob der Hohepriester der Körperausscheidungen auch hier sein übliches Programm abspulen wird oder ob er Kompromisse eingehen wird, damit das Produkt als Familienfilm vermarktet werden kann. Schon nach wenigen Minuten ist die Sache klar: Der erste Rülpser und der erste Furz sind bereits abgehakt, als sich einige Männer in weißen Hosen einnässen – und das ist erst der Anfang. Auf dem Höhepunkt der Ekelparade gönnen sich ein paar Rehe einen Snack der besonderen Art (Spoiler-Alarm: Was ist braun und stinkt?). Wenn sich der gute Geschmack in den Keller zum Sterben zurückzieht, platziert Sandler seinen Nachnamen gerne auch mal mehrfach im Abspann. Wie in so vielen anderen Produktionen aus dem Hause Happy Madison auch, sind zahlreiche Angehörige seiner Familie ebenso involviert wie sonstige Weggefährten (z. B. Rob Schneider).

    Ein Kleinstadttrottel, der sich im eigentlichen Sinn des Wortes asozial verhält, soll sich im Rahmen einer Bewährungsmaßnahme unter die Fittiche eines Mentors begeben, um so eine drohende Haftstrafe abzuwenden. Selbstredend schlägt er zunächst auch diese helfende Hand aus, schließlich macht es so viel Spaß, sich danebenzubenehmen und andere Menschen zu beleidigen. Ehe es zur obligatorischen Läuterung kommt, toben sich Sandler und sein Alter Ego wie gewohnt aus – mit mehr oder weniger allen „Stilmitteln“, die man auch aus seinen Realverfilmungen kennt.

    Daraus ergibt sich: Für einen Weihnachtsfilm ist 'Eight Crazy Nights' durchaus ungewöhnlich, für ein Machwerk aus Sandlers Schmiede wird im Großen und Ganzen derselbe Unfug getrieben wie sonst auch.

    KURZFAZIT

    Sandler macht Sandlersachen – nur eben animiert und zumeist mit Weihnachtsdeko im Hintergrund.

    33
    • 5 .5

      Der filmtastische Adventskalender 2024

      [15]

      Layla muss am Flughafen feststellen, dass ihre Verbindung wetterbedingt gestrichen wurde. Dafür lernt sie dort zwei Männer kennen. Da sie aktuell schon einen Partner hat, vereinbart sie mit einem der beiden Herren, sich in genau einem Jahr bei einem Konzert wiederzutreffen – sofern beide Singles sind. Nachdem ihre Beziehung wenig überraschend binnen Jahresfrist scheitert, muss sie feststellen, dass das besagte Konzert bereits restlos ausverkauft ist. Um doch noch an eine der begehrten Karten zu kommen, wendet sie sich an eine Agentur und bekommt (surprise, surprise!) den anderen Kerl vom Flughafen als Servicemitarbeiter zugewiesen. Ausgerechnet er soll nun das Ticket auftreiben und damit ihr Date ermöglichen. Für beide beginnt eine Odyssee durch New York mit teils bizarren Zwischenstationen und einigen absurden Vorkommnissen.

      Wie man es aus solchen Geschichten kennt, wird einem MacGuffin hinterhergejagt, indem verschiedene Stationen abgearbeitet werden. Dabei kommen sich die beiden Hauptcharaktere zwar näher, doch das verschwommene Ziel am Horizont (der andere Typ vom Flughafen bei dem ausverkauften Konzert) nimmt so viel Aufmerksamkeit der Protagonistin ein, dass sich ihr Weggefährte nicht viel Hoffnung macht. Bemüht wird hier also eine an den Haaren herbeigezogene Prämisse, um ein wahrscheinlich gar nicht mal so selten vorkommendes Dilemma auszubreiten. Dass sich für Singles eventuell zwei Optionen auftun, ist gewiss keine Seltenheit. Ob man also für eine Geschichte wie diese derart aufgesetzte Vorbedingungen bemühen muss, sei dahingestellt.

      Im Grunde steht und fällt also alles damit, ob man den beiden Protagonisten bei ihrer skurrilen Tour durch die Stadt folgen möchte oder nicht. Die genauen Abläufe der einzelnen Situationen sollte man besser nicht allzu penibel hinterfragen, denn vermutlich wissen nicht einmal die Autoren, weshalb dieses oder jenes in genau dieser Form geschieht. Abgesehen davon bringt 'Meet Me Next Christmas' aber durchaus lockere, wenn auch extrem seichte, Unterhaltung auf den Bildschirm.

      KURZFAZIT

      3 in 1: Weihnachtsfilm, Romanze und Großstadt-Pendant zu einem Roadmovie.

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      • 4

        Der filmtastische Adventskalender 2024

        [14]

        Steven lebt für seinen Beruf. Für Sentimentalitäten bleibt da nicht viel Zeit. Doch eines Tages geschieht das Unfassbare: Seine Familie lädt sich selbst in seine Wohnung ein, um dort Weihnachten zu feiern. Gar nicht cool für Steven. Also engagiert er eine Dekorateurin, die seiner schnöde und zweckdienliche Wohnung Festtagszauber verleihen soll. Kurz nach Ankunft seiner Familie ernennt er sie sogar zu einer Art Weihnachtsmanagerin. Soll sie sich doch mit der Sippschaft herumplagen, während er im Büro sitzt- Die Dekorateurin soll nun also im Kreis wildfremder Menschen das Fest der Feste feiern. Überhaupt nicht cringe.

        Nach einer kurzen Phase der Verwunderung nehmen die Festivitäten ihren Lauf und die ohnehin schon rudimentäre Handlung kommt nahezu komplett zum Erliegen. Die Beteiligten absolvieren verschiedene Weihnachtsrituale, die beiden Protagonisten kommen sich nebenbei näher. Darüber hinaus machen sie sich vermehrt Gedanken über eine angemessene Balance von Privat- und Berufsleben. Eine Handlung im herkömmlichen Sinne oder gar einen Spannungsbogen, der diese Bezeichnung zumindest ansatzweise verdienen würde, sucht man hier vergeblich. Stattdessen plätschert die Weihnachtsfeierei belanglos vor sich hin. Der Albtraum für jeden Filmkommentator. Wo soll man schließlich ansetzen, wenn die Handlung einem mit Leitungswasser verdünnten Schluck Mineralwasser ähnelt? Letztlich landet man bei der wohl niedersten Form einer Filmbesprechung, der Inhaltsangabe – und diese fällt entsprechend dünn aus. Immerhin ist es Sam Irvin (Regie) irgendwie gelungen, diesen Hauch von Nichts halbwegs kurzweilig zu erzählen. Vielleicht liegt darin ja auch die Intention: Die Teilnahme an einem mehr oder minder ereignislosen Weihnachtsfest zu simulieren, wie man es als Zuschauer im Grunde auch selbst erleben könnte – abgesehen von der Idee mit der überhaupt nicht sonderbar wirkenden Einladung an die Dekorateurin...

        KURZFAZIT

        Zwar etwas weniger trashige, dafür aber nicht minder uninspirierte und nahezu handlungsfreie Variation der Weihnachts”komödie” 'Christmas Planner – Was für eine Bescherung!' (2012).

        26
        • 5 .5

          Der filmtastische Adventskalender 2024

          [13]

          ++ Enthält leichte SPOILER ++

          In der jährlich wachsenden Menge an schablonenhaften Weihnachtsromanzen finden sich nicht gerade viele Vertreter, in denen die (ohnehin schon) engen Grenzen des Subgenres ausgereizt werden. 'Roadtrip Weihnachtswunder' (auch unbekannt unter dem Titel 'Holiday Road') gehört zu den wenigen Beiträgen, deren Autoren nicht ausschließlich auf wiedergekäute Ideen setzen. Zwar steht auch hier eine Liebesgeschichte im Raum, doch der Kern der Handlung ist ein anderer. Statt auf die ausschließliche Fokussierung auf ein Protagonistenpaar zu setzen, wird hier ein klassischer Ensemblefilm auf den Bildschirm gebracht.

          Als eine stattliche Anzahl Reisender – wie in so vielen anderen Weihnachtsfilmen auch – feststellen muss, dass alle Flüge an ihrem Flughafen gestrichen wurden (obwohl das Wetter augenscheinlich gut ist), schließen sich neun von ihnen zu einer Reisegesellschaft zusammen. Jeder von ihnen schleppt einen schweren Rucksack aus der Vergangenheit mit sich herum, doch alle hegen auch ein Pflänzchen der Hoffnung. Gemeinsam begeben sie sich auf einen Roadtrip gen Denver, auf dem sie sich gegenseitig kennenlernen und Verständnis füreinander entwickeln. Der Geist der Weihnacht wird also nicht auf einen kitschigen Kuss im Schneefall heruntergebrochen, sondern mittels Verständnis und Hilfsbereitschaft zelebriert.

          Doch so gut das Konzept auch funktioniert: Während des letzten Aktes will es Martin Wood (Regie) offenbar nur noch hinter sich bringen. Die Inszenierung wird zunehmend schludriger und die zeitlichen Abläufe wirken ebenso holprig wie die konkrete Ausgestaltung einzelner Szenen. Zwei Personen, die noch eine Rechnung miteinander offen haben, tauchen ohne vorherige Verabredung mehr oder minder gleichzeitig am selben Friedhof auf. Mit dem Treffen zweier anderer Charaktere auf dem Gipfel eines Berges verhält es sich ähnlich. Eine weitere Person, die ebenfalls überraschend Besuch erhält (auch hier wirken die Anfahrtszeiten nicht stimmig), zaubert auf mysteriöse Weise ein Festessen für mehrere Personen hervor. Mit viel Fantasie lassen sich diese Vorgänge zwar erklären, zur mehr oder weniger sorgfältigen Gestaltung der vorherigen Abschnitte mag dieser nachlässige Stil jedoch nut bedingt passen. Zerstört wird das zuvor aufgebaute Bild dadurch zwar nicht, doch da es sich um die finalen Eindrücke handelt, bleibt eben das Gefühl, dass zumindest etwas Wasser in den Tafelwein gekippt wurde.

          KURZFAZIT

          Weihnachtlicher Ensemblefilm in Gestalt eines Roadmovies.

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          • 5

            Der filmtastische Adventskalender 2024

            [12]

            Das gab es ja noch nie in einem Weihnachtsfilm: Eine Finanzberaterin soll eine Farm, die in Schieflage geraten ist, vor der drohenden Insolvenz retten. Sie reist mit ihrer Tochter in die Provinz, um dort Ideen zur Rettung des Betriebs zu entwickeln. Sowohl der Bauer als auch seine Angehörigen erweisen sich als recht umgänglich, sodass einer harmonischen Adventszeit mit einem weihnachtlichen Happy End nicht viel entgegenstünde; wäre da nur nicht...

            Na gut, das stimmt eigentlich gar nicht, denn Hindernisse gibt es hier nicht wirklich. Das Miteinander der Menschen könnte harmonischer kaum sein. Die ungeschriebene Regel, dass Konflikte die Triebfeder der allermeisten Drehbücher seien, ist hier nahezu komplett außer Kraft gesetzt. Selbst die jugendliche Tochter nimmt mehr oder weniger jeden Vorschlag mit Begeisterung auf. Dieses Prinzip, das in vielen Weihnachtsfilmen Anwendung findet, wird hier auf die Spitze getrieben.

            Als zumindest etwas ungewöhnlicher erweist sich die Wahl der beiden Hauptdarsteller. Kellie Martin ('Emergency Room') und Colin Ferguson ('EUReKA') sind zum Zeitpunkt der Dreharbeiten rund zehn Jahre älter als die Protagonistenpärchen der meisten anderen Fernseh-Weihnachtsfilme aus Kanada und den USA. Durch diese leicht abgewandelte Konstellation ergeben sich für die Autoren einige Möglichkeiten, zumindest graduell von den ausgetretenen Pfaden abzuweichen, auf denen in Weihnachtsromanzen von Hallmark und den anderen üblichen Verdächtigen gewandelt wird. Wirklich bahnbrechend sind die Änderungen natürlich nicht, doch in Subgenres wie diesem lassen auch schon geringfügige Abweichungen aufhorchen. Das Ergebnis ist im Fall von 'Weihnachten in Montana' ein klassischer Durchschnittsfilm. Immerhin.

            KURZFAZIT

            Bauer sucht Frau.

            Oder um etwas genauer zu sein: Bauer sucht Geld und findet Frau, die ihm bei der Rettung der Farm hilft.

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            • 5 .5
              über Lola

              Die Genrezuschreibung, die man für 'Lola' nennen könnte, zeigt schon vor der Sichtung an, dass man es hier mit einem Film zu tun haben wird, der sich nur mit sehr wenigen anderen vergleichen lässt. Wenn man zehn verschiedene Zuschauer fragen würde, zu welchem Genre dieser Film denn gehören könnte, bekäme man vermutlich elf verschiedene Antworten. Trotzdem ein Versuch: 'Lola' (2022) präsentiert sich als vom Arthouse- und Avantgarde-Kino angehauchtes Science-Fiction-Steampunk-Polit-Kriegsdrama im Found Footage Stil, das sich zwischen Retro-Futurismus und Dystopie bewegt. Der nachgeschobene Nebensatz klingt nach einem Widerspruch in sich, trifft irgendwie aber trotzdem zu. Der Versuch einer kurzen Beschreibung:

              Zwei Schwestern sind im Besitz einer Apparatur, mit deren Hilfe sie im Jahr 1941 Fernsehsendungen und Rundfunkinhalte aus der Zukunft empfangen können. Teils reichen die empfangenen Programme bis weit in die 70er Jahre hinein. Die Maschine lässt sich für allerlei Späße verwenden, beispielsweise indem man bei Veranstaltungen zukünftige Hits als Eigenkompositionen ausgibt. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich auch Geheimdienste für die Maschine interessieren, um etwa feindliche Kommunikation abzuhören oder um bevorstehende Angriffe vorherzusehen. Doch die Anwendung einer Technik wie dieser hat natürlich auch einen Preis; und zwar einen enorm hohen.

              Weshalb den beiden Schwestern teilweise auch die strategische Ausrichtung und die taktische Einsatzplanung überlassen werden, erscheint nur schwer nachvollziehbar. Davon abgesehen wird hier jedoch ein Szenario ausgebreitet, das durchaus ambitioniert erscheint. Regisseur und Drehbuchautor Andrew Legge möchte für diese ungewöhnliche Prämisse natürlich auch eine angemessene Bildsprache finden. Richtig originell wird es, wenn Teile der Handlung nicht nur in Form von Nachrichtenformaten, sondern auch mittels Musikvideos vermittelt werden. 'The Sound of Marching Feet' ist nicht nur in Bezug auf den Erzählstil extravagant, sondern auch ein Beleg dafür, dass sogar musikbezogene Implikationen beachtet wurde. Wenn beispielsweise der Rock 'n' Roll zeitlich vorweggenommen wird, entwickeln sich eben auch Wave und andere Stilrichtungen früher. Auch wenn sich beim Anrühren nicht sämtliche Details komplett in zu einer homogenen Mischung zusammenfügen, so bleiben am Ende ein spannender Ansatz und eine durchaus ambitionierte Umsetzung.

              KURZFAZIT

              Ein Film mit Ecken und Kanten, der zwar nicht bis ins letzte Detail plausibel erscheint, dank einer originellen Prämisse und eines extravaganten Stils aber durchaus Aufmerksamkeit auf sich zieht.

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              • 4 .5
                Framolf 11.12.2024, 00:01 Geändert 11.12.2024, 00:04

                Der filmtastische Adventskalender 2024

                [11]

                David Winnings 2022er Weihnachtsfilm mit dem griffigen Titel 'Time for Him to Come Home For Christmas - Eine zweite Chance an Weihnachten' lebt in erster Linie von der zögerlichen Weise, in der Informationen an das Publikum vermittelt werden. Daher ist es nicht ganz einfach, diesen Film zu besprechen, ohne die entscheidenden Wendungen zu verderben. Dabei gibt es hier strenggenommen gar nicht mal so viele Twists. Eigentlich ist die Handlung sogar recht simpel, doch durch die häppchenweise Preisgabe der Backstory der beiden Protagonisten und drei wichtigsten Nebencharaktere kann zunächst der Eindruck entstehen, hier würde fast ausschließlich der Zufall regieren. Teilweise zwar das sicherlich auch, doch die meisten Ereignisse lassen sich dann doch recht plausibel herleiten.

                Zu Beginn geht es um eine Frau und einen Mann, die sich drei Jahre nach ihrem letzten Kontakt zufällig wieder über den Weg laufen. Zwar waren sie seinerzeit einander zugetan, ein Paar wurden sie jedoch nicht. Nun haben sie eine gemeinsame Mission: Sie wollen die Empfängerin einer Nachricht ausfindig machen, die fälschlicherweise an die Protagonistin zugestellt wurde.

                Auch wenn die Prämisse etwas abgestanden erscheint, ergibt sich aus der schrittweisen Enthüllung zurückliegender Ereignisse und dem Konstrukt um gleich zwei verhinderte Paare eine durchaus unterhaltsame Erzählung; obwohl wahrscheinlich so ziemlich alle Zuschauer bereits recht früh einen Verdacht haben dürften, wie die Geschichte wohl enden wird.

                Was sich vielleicht nicht vorhersehen lässt: Gegen Ende hin wird die Inszenierung deutlich schludriger, als es zu Beginn der Fall war. Beispielsweise stellt sich die Frage, weshalb Madeleine plötzlich in der Band von Tenille mitspielt. Aber geschenkt, es ist schließlich Weihnachten.

                4,5 - 5 Punkte.

                KURZFAZIT

                Eine abgestandene Prämisse wurde hier ansprechend verpackt. Zwar befindet sich unter dem Geschenkpapier eine Schachtel, in der eine weitere Schachtel liegt, doch das mehrfache Auspacken hält die Spannung aufrecht.

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                • 4
                  Framolf 10.12.2024, 07:05 Geändert 10.12.2024, 07:13

                  Der filmtastische Adventskalender 2024

                  [10]

                  Jedes Jahr zu Weihnachten schwappen alleine aus den USA und Kanada dutzende seichte Romanzen mit teils alberner Handlung auf die Bildschirme. „Da wollen wir einen Kontrastpunkt setzen“, denkt man sich offenbar bei Netflix, „wir produzieren einen seichten Thriller mit alberner Handlung.“ Gesagt, getan.

                  Ein fremder Irgendwer strandet auf der Suche nach seinem Vater in einem Kaff mit einem zwielichtigen Sheriff. Dieser redet sich selbst und seinen Deputies ein, einen dicken Fisch an der Angel zu haben. Nach einigen nicht unbedingt plausiblen Entwicklungen findet sich der Neuankömmling inmitten einer vermeintlichen Geiselnahmesituation wieder. Er nimmt die ihm zugeschriebene Rolle an und die Handlung wird noch absurder als ohnehin schon.

                  Wie auch immer, gerade zur Adventszeit kann man auch mal fünf gerade sein lassen. Gerade wenn ein Film auf anderen Ebenen überzeugt, ist eine zweifelhafte Handlung manchmal halb so wild. Wenn jedoch auch ein Teil der Dialoge aus dem Bückregal stammt, wird es schon schwieriger. Einige vorhersehbare „Wendungen“ runden den blassen Eindruck schließlich ab, selbst wenn sie von bekannten Gesichtern wie Jessica Alba, Tim Allen, Dax Shepard, Kurtwood Smith oder Vincent D'Onofrio vorgetragen werden. Durch das sommerliche Setting wird zwar ein sonniger Kontrastpunkt zum Kitsch vieler Weihnachtsfilme gesetzt, auf der anderen Seite finden sich gerade unter den Christmas-Produktionen aus dem Hause Netflix gleich mehrere dieser Vertreter ('Alles Gute kommt von oben', 'Weihnachten in der Wildnis', 'A California Christmas', 'A California Christmas 2: City Lights'). Offenbar hat sich dieses Konstrukt bewährt. Ein ambitionierteres Drehbuch hätte man diesem Film ruhig trotzdem spendieren dürfen.

                  Um fünf gerade sein zu lassen, bekommt 'El Camino Christmas' vier Punkte.

                  KURZFAZIT

                  Möglicher Alternativtitel: 'Was zur Hölle war das denn(?) Christmas'.

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                  • 3 .5
                    über Mr. 365

                    Der filmtastische Adventskalender 2024

                    [9]

                    Die Vorweihnachtsschmonzette 'Forever Christmas' wird – wie so viele andere billig produzierte Weihnachtsfilme auch – im deutschsprachigen Raum unter mehreren Titeln vertrieben. Auf Universal TV wird sie 2024 beispielsweise unter dem Namen 'Ewige Weihnachten' vermarktet, nachdem der Film an anderer Stelle bereits unter der Bezeichnung 'Mr. 365' gezeigt wurde [na toll, einen Film mit diesem Titel hätte ich mir bestimmt nicht angeschaut...]. Auf die „Handlung“ bezogen (wobei diese Bezeichnung hier eigentlich ein Witz ist), erweisen sich alle drei Varianten als gleichermaßen treffend. Schließlich geht es um einen Mann (laut Protagonistin Sophia eine Mischung aus Feuerwehrmann, Model und Superheld), der jeden einzelnen Tag im Jahr Weihnachten feiert. Sein Haus ist über die Maßen mit kitschiger Deko geschmückt. Persönliche Gegenstände wie Textilien, Geschirr, Unterhaltungselektronik oder Bücher scheint er allenfalls in kleinsten Mengen zu besitzen. Dafür hat er anscheinend einen ganzen Ordner mit juristischem Schriftverkehr, denn sein Nachbar (ein Grinch in Rentnergestalt) überzieht ihn mit einstweiligen Verfügungen und Unterlassungsklagen. Hängen geblieben sind ganz offenkundig beide. Der eine auf Weihnachten, der andere auf seinem Meckertrip. Man könnte einen Junggesellen, der Süßigkeiten in seinem Vorgarten auslegt, in dem eine Hütte in Kindergröße steht, vielleicht auch mit anderen Augen sehen als Sophia. Doch sie schenkt ihm lieber ein Shirt, damit er nochmal sein Oberteil auszieht, der feuerlöschende Model-Superheld.

                    Bei so viel trauter Zweisamkeit zwischen den Protagonisten braucht es dann auch gar keine Handlung mehr. Rein formal ist 'Forever Christmas' wie ein Kammerspiel angelegt, da die allermeisten Szenen in oder vor dem seltsam steril wirkenden Weihnachtshaus spielen. Natürlich würde bei einem Film dieser Art niemand eine hochtrabende Handlung erwarten, doch zumindest irgendeine Handlung (die über den Dreh einer Scripted Reality Produktion hinausgeht) wäre schon mal ein guter Anfang.
                    Randnotiz: Hauptdarstellerin Chelsea Hobbs hat sich zuvor mit eher grimmigen TV-Produktionen aus den Genres Krimi, Thriller und Horror einen Namen gemacht.

                    3,65 Punkte.

                    KURZFAZIT

                    Eleganz liegt oftmals im Auge des Betrachters.

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                    • 6
                      Framolf 08.12.2024, 16:55 Geändert 08.12.2024, 18:58

                      Der filmtastische Adventskalender 2024

                      [8]

                      Das Weihnachtsfest lebt in vielen Familien von seinen Traditionen. Jedes Jahr dieselben Rituale, dieselbe Dekoration, derselbe Speiseplan. Wer schon die Festtagsgestaltung vieler Menschen in Deutschland als festgefahren empfindet, wird nach einem cineastischen Besuch bei dieser norwegischen Familie die eigene Skala neu justieren müssen. Denn hier wird nicht nur das große Weihnachtsfest gefeiert, sondern vorher schon ein kleineres und zwei Tage davor das klitzekleine Weihnachten. Und jedes dieser Feste ist fest verbunden mit spezifischen Aktivitäten und kulinarischen Genüssen, von denen keinesfalls abgewichen werden darf. Doch dieses Jahr feiern Anne-Liese und ihre Angehörigen Weihnachten mal anders.

                      Tochter Thea bringt ihren indischen Lebensgefährten Shazam (zumindest nennt ihn die Mutter so) erstmals mit nach Hause. Dieser fremdelt zwar mit den eigentümlichen norwegischen Gebräuchen, zeigt sich aber dennoch aufgeschlossen. Dass die beiden verlobt sind, ist bei deren Ankunft allerdings noch ein Geheimnis. Theas Plan ist es, dieses zunächst noch nicht zu lüften. Schließlich soll die weihnachtliche Ruhe nicht gestört werden. Das klappt bestimmt.

                      Auch wenn in 'Weihnachten mal anders' nur wenig bis gar nicht von der üblichen Culture Clash Klaviatur abgewichen wird, entfaltet Petter Holmsens Inszenierung durchaus eine gewisse Sogwirkung, die gerade während der ersten Hälfte oftmals über wohlgesetztes Timing funktioniert. In zahlreichen Sprechpausen kann man den Akteuren regelrecht beim Denken zusehen. Als Zuschauer möchte man ihnen nicht selten zurrufen: „Sag es nicht!“ Doch so gut wie jedes mal passiert es natürlich doch. In verbaler Hinsicht lassen die Charaktere kaum ein Fettnäpfchen aus. Manche Dialoge gestalten sich wie ein einziger Unfall. Der Inder verstößt aus Unwissenheit oder Unachtsamkeit gegen die weihnachtliche Ruhe, die Norweger aus Ignoranz.

                      Und so wird sich die norwegische Familie wohl doch mit abweichenden Abläufen arrangieren müssen. Weihnachten mal anders eben.

                      KURZFAZIT

                      Weihnachten wie immer? Von wegen!

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                      • 1 .5

                        Der filmtastische Adventskalender 2024

                        [7]

                        Ungeschriebenes US-Fernsehfilm-Gesetz: In Weihnachtsfilmproduktionen, die etwas auf sich halten, muss mindestens ein Serienstar aus den 80er oder 90er Jahren mitspielen, besser sogar zwei. Natürlich halten sich an diese Faustregel auch viele Produzenten, die von vornherein schon ahnen dürften, dass das Ergebnis ihres aktuellen Projekts auf Murks hinauslaufen könnte. Schließlich lässt sich durch bekannte Namen manchmal auch der eine oder andere Schwachpunkt kaschieren. Und so dürften Caroline Rhea ('Sabrina – total verhext'), Barclay Hope ('Psi Factor – Es geschieht jeden Tag') und David Hasselhoff ('Knight Rider', 'Baywatch') wohl schon von Anfang an die Rolle als Zugpferde bei der Vermarktung von 'Christmas Planner – Was für eine Bescherung!' zugedacht gewesen sein. Eine Strategie, die mehr als verständlich erscheint, denn sehr viel mehr hat John Bradshaws Inszenierung auch nicht zu bieten. Overacting, Gaga-Dialoge, eine selbst für Weihnachtsfilme oberflächliche Handlung, an den Haaren herbeigezogene Wendungen und eine Inszenierung vom Fließband tragen nicht gerade zum Genuss dieses Machwerks bei. Auch wenn die Mitwirkung von David Hasselhoff zunächst einmal aufhorchen lässt, dürfte sich bei vielen doch recht schnell Ernüchterung einstellen. Seine Rolle ist derart überzeichnet, dass er sie eigentlich nur im Stil einer Witzfigur darstellen kann, die sogar noch kindischer als die Kinder selbst auftritt. Die Backstory, die ihm durch die Autoren verpasst wird, ist in dieser Hinsicht auch nur bedingt hilfreich.

                        Für Kinder kann dieser Mix durchaus funktionieren, für eingefleischte Hasselhoff-Fans vielleicht auch. Ansonsten dürfte die Zielgruppe schon recht überschaubar sein. Während in den meisten Weihnachtsfilmen Kitsch und eine ruhige, gemütliche Stimmung aufeinandertreffen, sind es hier über weite Strecken Kitsch und Hektik.

                        KURZFAZIT

                        Vielleicht hätte K.I.T.T. ja dieses Fiasko verhindern können; David Hasselhoff kann es jedenfalls nicht.

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                        • 3 .5

                          Der filmtastische Adventskalender

                          [6]

                          Jennifer Garner in einer Familienkomödie von Netflix mit einem Drehbuch aus der Hölle. Was schon in 'Yes Day' nur halb funktioniert hat, kommt nun also in abgewandelter Form wieder: Nämlich in einer Mischung aus Weihnachtsfilm und Körpertauschkomödie. Mutter und Tochter tauschen ihre Rollen und Körper ebenso wie Vater und Sohn und (WTF!?) Kleinkind und Hund – und das just an einem Tag, an dem sowohl für die Eltern als auch für die beiden Jugendlichen wichtige Entscheidungen anstehen. Alle vier müssen sich in bestimmten Situationen bewähren, um einen persönlichen Traum am weiterhin am Leben zu halten. Nun ist also jeder von ihnen gefragt, Verständnis für den jeweiligen „Tauschpartner“ zu zeigen und die eigenen Stärken im Sinne und zum Wohl des anderen Familienmitglieds einzusetzen. Das Kleinkind und der Hund laufen in einem eigenen Handlungsstrang als Sidekicks nebenher.

                          Nur selten wurde der Prozess des Säens von Handlungskeimlingen derart plump umgesetzt wie in dieser Komödie. Die Informationsvermittlung findet selbst für Weihnachtsfilmverhältnisse (wo die Messlatte nun wahrlich nicht hoch liegt) außerordentlich hölzern statt. Die Autoren geben sich augenscheinlich gar nicht erst Mühe, auch nur einen Hauch mehr Eleganz walten zu lassen als unbedingt nötig. Immerhin scheint innerhalb der Crew diesbezüglich Einigkeit zu herrschen, denn auch die Verantwortlichen für Kamera und Schnitt tun es den Schreiberlingen gleich. Schließlich treten im Lauf der rund 106 Minuten gleich reihenweise Kontinuitätsfehler auf. Mehrere Castmitglieder hingegen hauen über die Maßen auf den Putz, indem sie ihr Overacting regelrecht zelebrieren. Das Ergebnis ist ein zwar kurzweiliges Spektakel, jedoch eines mit dem Nährwert einer Marzipankartoffel.

                          KURZFAZIT

                          Ungelenk geschrieben und schludrig inszeniert, aber immerhin halbwegs kurzweilig erzählt.

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                          • 4

                            Der filmtastische Adventskalender 2024

                            [5]

                            Kann ein Erfolgsrezept aus den 60er Jahren auch vierzig Jahre später noch funktionieren? Das kommt sicherlich auch darauf an, welche Elemente beibehalten und welche erneuert werden und wie hochwertig sich die allgemeine Umsetzung präsentiert. Lance Riveras 'Das perfekte Weihnachten' beginnt mit einem ausladenden Vorspann im Trickfilm-Stil, der in ähnlicher Form auch von Blake Edwards oder anderen Haudegen aus einer längst vergangenen Ära stammen könnte. Dabei bleibt es natürlich nicht. Aufgrund mangelhafter Kommunikation zwischen verschiedenen Charakteren entfaltet sich das Szenario einer Verwechslungskomödie, deren Dynamik zunehmend Rasanz aufbaut.

                            Auf einer Prämisse wie dieser ließe sich fraglos eine geistreiche Komödie aufbauen – kämen nur nicht die meisten Gags aus den Papierkörben anderer Produktionen und das Dialogbuch direkt aus der Hölle. Wenn die ohnehin schon halbgaren Scherze dann auch noch voller Inbrunst in hoffnungslos übersteigertem Overacting vorgetragen werden, ist das Fiasko perfekt. Zwar ist das Grundgerüst stabil genug, um nicht unter diesem Berg an Ballast in Form von Unfug zusammenzubrechen, doch zwischen Konzept und Umsetzung klafft eine derart tiefe Lücke, dass man nur raten kann, wie tief das Niveau hineingefallen sein muss. Oder anders gesagt: Auf der Ausgangslage einer Screwball-Persiflage (oder -Hommage) und der Situation um die nicht präsente Vaterfigur nebst einem potentiellen Ersatz, der das Herz am rechten Fleck zu tragen scheint, sich aber für seinen gesellschaftlichen Status schämt, hätte sich eine wunderbare Tragikomödie aufbauen lassen können, die vielleicht sogar auch etwas Tiefgang aufweist. Stattdessen hat man sich für eine Mischung aus einer ernsten Problemstellung und seichter Unterhaltung mit einer Prise Fantasy entschieden, woraus letztlich ein unausgegorener Mix resultiert, der sich nur durch eine Handvoll gelungener Szenen ins Mittelmaß rettet.

                            KURZFAZIT

                            Spätgeborenes Screwball-Imitat, das vermutlich schon wenige Tage nach der Erstveröffentlichung Staub anzusetzen begann.

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                              Framolf 04.12.2024, 21:54 Geändert 05.12.2024, 23:35

                              Der filmtastische Adventskalender 2024

                              [4]

                              Emily (Emily Kinney) steht eine hektische Adventszeit bevor. Ihr Boss möchte einen Weihnachtsmarkt ausrichten und will dafür den besten Santa Claus verpflichten, der nur irgendwie zu finden ist. Um den hohen Anforderungen ihres Chefs gerecht werden zu können, begibt sich Emily zu einem Seminar, das sich „Santa Bootcamp“ nennt und bei dem die Teilnehmer fit für Weihnachten gemacht werden sollen. Der vermeintlich beste Ort, um den idealen Weihnachtsmann zu finden! Also schnell hin, sich die Schüler anschauen und den passendsten von ihnen zum besagten Weihnachtsmarkt locken; so lautet jedenfalls ihr Plan. Schließlich ist sie ohnehin nicht gerade ein großer Christmasfan.

                              Doch wie man es aus dem Weihnachtsfilmgenre kennt, kommt es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit immer anders, als die Hauptfigur es erwarten würden. Die Seminarleiterin (Oscar-Gewinnerin Rita Moreno) möchte Emily nämlich nur dann einen passenden Kandidaten vermitteln, wenn sie auch selbst am Seminar teilnimmt. Zwar ist für das Publikum schon recht früh klar, auf wen es wohl hinauslaufen wird, doch Emily muss sich eben notgedrungen auf den vorgeschlagenen Deal einlassen.

                              Zwar spielt Regisseurin Melissa Joan Hart (!) bei der Inszenierung ihres dritten Weihnachtsfilmes dieselbe Klaviatur, die bei fast allen Weihnachtsfilmen bemüht wird, doch dank einer vergleichsweise hochkarätigen Besetzung und eines fast schon absurden Szenarios gestaltet sich ihre Verfilmung als durchaus kurzweilig. Weshalb die Seminarteilnehmer Camouflagehosen tragen oder Lauftraining absolvieren müssen, erschließt sich zwar vermutlich nicht mal der Regisseurin selbst, aber wer bei Weihnachtsfilmen Handlungsdetails infrage stellt, hat schon von vornherein verloren. Daher: Glühwein und Gebäck auf den Tisch, Hirn aus und 'Santa Bootcamp' an. Es gibt schlechtere Pläne für einen Adventsabend.

                              Gaga Fact: Emily Kinney, die auch bei 'The Walking Dead' mitwirkte, trifft im Bootcamp auf einen Teilnehmer (Michael Maezzo), der aussieht, als wäre er der Onkel von TWD-Star Andrew Lincoln.

                              KURZFAZIT

                              Belanglos, aber kurzweilig.

                              [Danke an den kaiserofchristmas für den Tipp und das Anlegen dieses Filmes bei MP.]

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                                Framolf 03.12.2024, 23:46 Geändert 05.12.2024, 23:35

                                Der filmtastische Adventskalender

                                [3]

                                Das Jahr 2019: Netflix produziert den Weihnachtsfilm 'The Knight Before Christmas', in dem ein englischer Ritter aus dem 14. Jahrhundert in das Jahr 2019 in Nordamerika geschleudert wird und sich dort bei einer Frau einquartiert, die praktischerweise Single ist.

                                Das Jahr 2024: Netflix produziert den Weihnachtsfilm 'Hot Frosty', in dem sich eine Skulptur aus Schnee in einen lebenden Menschen verwandelt, der sich bei einer Witwe einquartiert.

                                Auch wenn das Konzept aus dem Jahr 2024 dem Publikum den Begriff „Ideenarmut“ regelrecht ins Gesicht schreit, könnte die Prämisse des neueren Films durchaus auch die Grundlage für eine Tragikomödie mit Herz, Humor und etwas Tiefgang bilden. Jedwede Hoffnung auf letzteres sollte man jedoch am besten schon vor der Sichtung begraben. Die anderen beiden Kategorien werden zwar irgendwie bedient, doch letztlich ist hier in beiderlei Hinsicht nicht viel zu holen. Zwar werden durchaus einige Gags auf die Strecke gebracht, wirklich ins Ziel kommen jedoch nur wenige. Mag sein, dass manche Menschen schon darüber lachen können, wenn jemand nackt über die Straße rennt (wobei für das Publikum natürlich alles verdeckt bleibt), doch spätestens bei den „Scherzen“ des Sheriffs stellt sich die Frage, ob das überhaupt irgendjemand lustig findet.

                                Immerhin: Das schon oft bemühte Motiv des naiven Neuankömmlings bringt einige lockere Situationen und eine kurzweilige Erzählung mit sich. Umso verwunderlicher erscheint, dass diese Ausgangslage recht schnell verwässert wird. Der Schneemensch lernt unfassbar schnell: Die Sprache beherrscht er von der ersten Minute an, den Rest eignet er sich binnen kürzester Zeit an, wodurch er zwar zunächst als schräger Vogel erscheint, allerdings keineswegs wie eine weltfremde Kreatur. Offenbar soll das Ergebnis dann doch eher eine Liebeskomödie als ein turbulenter Weihnachtsspaß werden.

                                Immerhin: In visueller Hinsicht ist diese Netflix-Produktion den allermeisten Konkurrenzprodukten aus dem Fernsehen meilenweit voraus.

                                KURZFAZIT

                                Dieser Schneemann wurde anscheinend aus gelbem Schnee gebaut...

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                                  Der filmtastische Adventskalender

                                  [2]

                                  Lucy Lovett (nicht zu verwechseln mit „Schauspielerin“ Luci Lovett) erleidet nach einem Sturz eine retrograde Amnesie. An die Ereignisse der letzten beiden Jahre kann sie sich nicht mehr erinnern. Sie fährt zurück an ihren Wohnort Bedford Harbor, um dort ihren Verlobten zu besuchen. Das Problem: Sie hat sich vor zwei Jahren von ihm getrennt, um nach Portland zu ziehen.

                                  Von nun an beginnen rund 80 Minuten voller Hochspannung, in denen sich alles um die Frage dreht, ob die beiden wohl wieder zueinanderfinden werden. Und wie verhält es sich mit ihrer besten Freundin und seinem Bruder, die beide zufälligerweise Singles sind? So viel Spannung hält doch kein Mensch aus!

                                  'Nur noch Weihnachten im Kopf' ist einer jener Weihnachtsfilme, die komplett ohne Widersacher (und erst recht ohne Schurken auskommen). Alle sind nett zueinander, Zurückweisungen werden von der einen betroffenen Person freundlich ausgesprochen und von der anderen in Würde hingenommen. Bei Wettbewerben wird mit Anstand verloren und (sowohl private als auch berufliche) Meinungsverschiedenheiten werden mit allergrößter Rücksichtnahme ausgetragen. Alles könnte also perfekt sein in Portland und Pleasantville Harbor; wäre da nur nicht das Wetter. Regenfälle und Sonnenschein wechseln sich innerhalb einzelner Szenen munter ab und die Mengen an Schnee, die die Kulisse im Stadt- und Landschaftsbild prägen, nehmen binnen weniger Stunden mehrfach zu und wieder ab. Schludrige Filmfehler oder Risse in der Matrix? Droht etwa noch mehr Spannung? Findet es heraus - an einem gemütlichen Abend in der Vorweihnachtszeit.

                                  Randnotizen: Als Set Dekorateurin fungiert Katie Goold (nicht zu verwechseln mit „Schauspielerin“ Katie Gold aus Dallas, Texas und ihren Namensvetterin und Kollegin Katie Gold aus Tschechien) und als Kameramann Sean Cox...

                                  KURZFAZIT

                                  Ein Film der klangvollen Namen – und irgendwie doch nicht...

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                                    Er ist wieder da...

                                    Der filmtastische Adventskalender 2024

                                    [1]

                                    Naomi hat einen Plan: Sie schickt ihre Freundin und ihren Bruder auf einen gemeinsamen Trip nach Lafayette, Louisiana. Jolie kann dort mithilfe ihres Begleiters den Ex-Partner eifersüchtig machen und Ghostwriter Jack soll sich dort Inspirationen für seinen nächsten Roman holen. Naomi wiederum kann sich freuen, wenn zwei ihrer liebsten Menschen zueinander finden („wenn“, nicht „falls“ – wie soll es auch anders sein in einer Weihnachtsromanze).

                                    Auch wenn die Autoren schon zu Beginn der Geschichte einige Verrenkungen unternehmen, um diese nicht gerade originelle Prämisse irgendwie in Gang zu setzen, erweist sich 'Der Weihnachtsvertrag' zumindest in manchen Punkten als nicht ganz so durchschnittlich wie viele andere TV-Filme aus den Vereinigten Staaten. Die vielleicht vielversprechendste Idee besteht darin, dass der Ghostwriter wider Willen (viel lieber würde er eigene Ideen umsetzen) eine Liste mit Plot Points ausgehändigt bekommt, anhand derer er einen Groschenroman schreiben soll, der sich als so etwas wie das US-Äquivalent zu den den Rosamunde Pilcher Filmen verstehen lässt. Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass dem Publikum viele der Punkte des Treatment-Gerippes auch in 'Der Weihnachtsvertrag' unterkommen werden. Gewissermaßen nehmen sich also Drehbuch und Regie selbst auf's Korn, auch wenn dieser Aspekt der Geschichte gegen Ende hin etwas überstrapaziert wird und für schmalzige Entwicklungen herhalten muss.

                                    Rein optisch setzen die Produzenten auch mit der Wahl der beiden Hauptdarsteller (und auch einiger Nebendarsteller) eigene Akzente. Es sind sogar einige Schauspieler involviert, deren Zähne nicht gebleacht sind – undenkbar bei manchen Produktionen aus anderen Studios. Der Autor sieht so aus, wie sich Regisseurin Monika Mitchell offenbar einen Schriftsteller vorstellt: Durchtrainiert, aber mit Brille (sieht man nur selten bei Hauptcharakteren in Weihnachtsfilmen). Und (fast schon verrückt für Weihnachtsfilmverhältnisse): Er ist offenbar KEIN leidenschaftlicher und talentierter Handwerker. Im Gegenteil, er bittet sogar ein paar Angehörige der Protagonistin um Hilfe bei Bastelarbeiten. Sachen gibt’s.

                                    Auf einem anderen Feld hingegen werden die mit weihnachtlichen TV-Romanzen verbundenen Erwartungen zuverlässig bedient: Die Eltern der Protagonistin werden (wie in vielen ähnlichen Filmen auch) von zwei Darstellern gespielt, die vor einiger Zeit größere Rollen in Fernsehserien hatten. Konkret handelt es sich hierbei um Cheryl Ladd ('Drei Engel für Charlie') und Bruce Boxleitner ('Agentin mit Herz').

                                    KURZFAZIT

                                    Nicht wirklich besser als das Gros der üblichen Weihnachtsfilme, aber immerhin mit etwas Abwechslung in einigen Details der Handlung und der Umsetzung.

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                                      [Nicht lesen, wenn ihr den Film auf jeden Fall anschauen wollt. Je weniger Vorwissen, desto besser.]

                                      Wichtelkommentar für EudoraFletcher68

                                      Rumänien, 1987. Ceausescu regiert mit eiserner Hand. Die Infrastruktur verfällt, viele Menschen leben in ärmlichen Verhältnissen und das Misstrauen unter den Bürgern ist groß. Die Angst vor der Securitate (und anderen Organen) ist allgegenwärtig und schwingt latent bei so ziemlich jeder Begegnung mit fremden Menschen (und vermutlich nicht nur mit diesen) mit. Verschiedene Instrumente der Überwachung verstärken das Gefühl einer permanenten Bedrohung zusätzlich.

                                      Konkret geht es in '4 Monate, 3 Wochen, 2 Tage' um zwei junge Frauen, die in einer Einrichtung zusammenwohnen, von der ohne weiteres Vorwissen nicht klar wäre, ob es sich dabei um ein Studentenwohnheim, eine Therapieeinrichtung oder eine Justizvollzugsanstalt handelt. Man bekommt also schnell ein Gefühl für das grimmige gesellschaftliche Klima, das zumindest teilweise in den Städten zu herrschen scheint. So lange das eigene Leben in halbwegs geordneten Bahnen verläuft (Motto: Bloß nicht auffallen), kann man sich wohl irgendwie mit den Verhältnissen arrangieren. Doch wer gegen bestimmte Normen verstößt, hat ein Problem. Ganz besonders schwierig wird es, wenn man etwas plant, das der restriktiven Gesetzgebung widerspricht; insbesondere dann, wenn man auch noch auf die Komplizenschaft eines zwielichtigen „Dienstleisters“ angewiesen ist.

                                      Man kann mir jetzt sicher vorwerfen, dass ich das Hauptschlagwort, unter dem dieser Film diskutiert wird, bislang vermieden habe. Mit der Ableitung konkreter politischer Forderungen aus dem Gezeigten würde man sich jedoch auf äußerst dünnes Eis begeben. Nicht umsonst findet die Handlung in den 80er Jahren statt und sicherlich nicht ohne Grund trägt diese Tragödie nicht den Titel 'Zwei Monate, drei Wochen, vier Tage'. Zwar lassen sich durchaus Vermutungen über die Intention des Filmemachers anstellen, doch letztlich blieben diese spekulativ.

                                      Wenn man das Offensichtliche ausblendet, bleibt folgende Essenz übrig: Ein restriktives Regime zwingt seine Bürger ins Private – selbst mit Problemen, die eigentlich einer fachkundigen Behandlung bedürfen (in welcher Form auch immer). Auf diese Weise kommt einigen Individuen die Macht zu, ein Unterdrückungsregime innerhalb eines Unterdrückungsregimes zu errichten. Ganz besonders leidtragend: Die Protagonistin, die im Anschluss an ihre Demütigung auch noch ein Reihe an Unverfrorenheiten im Rahmen einer Familienfeier ertragen muss, die von einer statischen Kamera eingefangen werden. Als Zuschauer sitzt man mit am Tisch, der Blick ist auf Otilia zentriert. Mal wird sie ignoriert, mal durch die Blume beleidigt und mal werden Anforderungen an sie gestellt, die sie gar nicht erfüllen kann - und all das unmittelbar nach der Erleidung eines Traumas.

                                      Es würde wohl zu kurz greifen, Filmemacher Christian Mungiu eine konkrete politische Agenda zu unterstellen, schließlich erscheint sein Ansatz sehr viel umfassender. Was man als Zuschauer daraus macht, bleibt einem (je nach Sichtweise zum Glück oder leider) selbst überlassen.

                                      Eine weitere Errungenschaft dieser Verfilmung: Nahezu alle Charaktere weisen, bis weit in die Nebenrollen hinein, deutlich erkennbare Konturen auf. Gerade die Ecken und Kanten verleihen den Figuren Plastizität und der Erzählung als Ganzes einen Realitätsbezug, der im Verbund mit der reflektierten Kameraführung und der zurückgenommenen Montage das Leben innerhalb der Diktatur regelrecht fühlbar macht.

                                      Zudem bemerkenswert: Mungiu hängt zu Beginn gleich mehrere von Chekhovs Guns deutlich sichtbar an die Wand, bringt sie aber dennoch nicht zum Einsatz.

                                      KURZFAZIT

                                      Intensives Kino, hochambitioniert.

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                                        Die Ausgangslage: Maggie hat es nicht leicht. Ihre vier Kinder (die verschiedene Väter haben) erst recht nicht. Maggie wurde von ihrem eigenen Vater missbraucht und von mindestens einem ihrer Partner massiv verprügelt. Nach einem Unglück, das sie zwar nicht direkt herbeigeführt, aber zumindest fahrlässig mitverursacht hat, werden ihr die Kinder durch das Jugendamt genommen. Ihr aktueller Partner behandelt sie zwar respektvoll, kann ihr aber nur bedingt helfen, da ihm die Abschiebung nach Paraguay droht.

                                        ++ Massive SPOILER ++

                                        Die weiteren Entwicklungen: Nahezu alle Begegnungen mit Nachbarn, Behördenvertretern oder Sozialarbeitern enden aufgrund Maggies mangelnder Impulskontrolle in einem Fiasko. Selbst vor Gericht kann sie ihr aufbrausendes Verhalten nicht zügeln. Also verliert sie auch das Sorgerecht für ihr nächstes Kind. Ein weiteres wird ihr unmittelbar nach der Entbindung entzogen. In mehreren Situationen wird deutlich, dass sie sich bei auftretenden Problemen oder in Stresssituationen selbst oft wie ein Kind verhält. Ob beabsichtigt oder nicht: Ihre augenscheinlich einzige Lösungsstrategie besteht darin, bei Konflikten das Gegenüber durch Aggressionen einzuschüchtern. Die Behörden wiederum schicken ständig wechselnde Vertreter zu ihr, die sich vorzugsweise hinter mantrenhaft aufgesagten Floskeln verstecken. Selbst wenn Maggie überzeugende Argumente parat hätte, dürfte sie diese in vielen Situationen gar nicht äußern. Zwar werden gelegentlich Anhörungen anberaumt, doch da ihr planvolles Vorgehen fremd ist, sind ihre Erfolge überschaubar. Für einen versierten Rechtsbeistand, der sich auch ausreichend Zeit für sie nimmt, fehlen ihr die finanziellen Mittel. Das System mag zwar einige Sicherungen eingebaut haben, in ihrem speziellen Fall greifen diese jedoch nicht. Sie fällt also regelrecht durch das Netz. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wie ihren Kindern ein sicheres Umfeld garantiert werden kann. Sie einfach nur einzusperren, während ihre Mutter anderweitig unterwegs ist, kann auch keine Lösung sein.

                                        Die Konsequenzen daraus: Ein Patentrezept hat auch Ken Loach nicht. Woher auch? Beratungsangebote weist Maggie unwirsch zurück und ihre wenigen privaten Kontakte dringen nur sehr schwer zu ihr durch. Dementsprechend ratlos sitzt man auch als Zuschauer vor der Situation. Maggies Lösung: Weitere Kinder gebären. Was aus ihnen werden soll, bleibt offen, bietet aber womöglich Stoff für eine weitere Tragödie dieser Art.

                                        KURZFAZIT

                                        Von Ken Loach für dich. Und zwar mitten ins Gesicht.

                                        [Danke an Eudora für den Tipp!]

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                                          Nachdem die Handlung des Vorgängerfilms mit einer Fahrt im Orient Express geendet hatte, muss dieses Motiv auch für den Einstieg in die Fortsetzung herhalten – ohne jedoch das damit verbundene Versprechen einzulösen. Zwar geht es auch in 'Murder Mystery 2' um die Lösung eines Kriminalfalls, doch der Zug an sich dient hier als reines Fortbewegungsmittel. Stattdessen kommt es im Rahmen einer Hochzeitsfeier zu einem Mord und einer Entführung, in deren Folge einige weitere Verbrechen geschehen. Erneut ermitteln Audrey und Nick Spitz (Jennifer Aniston und Adam Sandler) sowie Inspector Delacroix (Dany Boon), wobei nicht immer ganz klar ist, was letzterer überhaupt die ganze Zeit macht.

                                          In 'Murder Mystery 2' ist alles ein wenig bunter, lauter und schneller als in der ersten Episode, ansonsten ändert sich nicht viel. Die Actionszenen wirken krawalliger, die neu hinzugekommenen Charaktere mitunter etwas schriller und das Erzähltempo ist noch ein wenig höher; was aber nicht bedeuten soll, dass die Geschichte in irgendeiner Weise umfangreicher oder gar komplexer wäre. Das Finale auf dem Eiffelturm mag zwar als Höhepunkt gedacht sein, ist letztlich aber auch nur die Wiederholung eines vielmals gezeigten Motivs.

                                          Die beiden Protagonisten werden einfach nur etwas dynamischer durch den Verlauf der Handlung gehetzt; was aber nicht zwingend einen Mehrwert mit sich bringen muss. Jennifer Aniston kämpft gegen mimische Herausforderungen an und Adam Sandler spult dasselbe Programm ab wie in zahlreichen anderen Filmen auch. Selbiges gilt für Dany Boon, Mark Strong, Jillian Bell und einige weitere Beteiligte. Letztlich wird dem ersten Film also kaum etwas hinzugefügt. So gesehen macht eine Sichtung wahrscheinlich nur für Fans der Darsteller Sinn.

                                          KURZFAZIT

                                          Halbgare Fortsetzung einer halbgaren Krimikomödie.

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                                            ++ Minimale SPOILER ++

                                            Vergesst 'Knives Out', ignoriert Kenneth Branaghs Hercule Poirot Filme, denn Adam Sandler hat es sich zum Ziel gesetzt, das Krimigenre aufzumischen. Dafür ist er sogar bereit, bis an den absoluten Rand seiner persönlichen Schmerzgrenze zu gehen. Heißt für ihn: Weitestgehender Verzicht auf Fäkalwitze und präpubertäre Zoten. Das Frühstück bleibt also im Magen und es wird noch nicht mal in die Hosen geschifft. Nun denn...

                                            Zur Handlung: Ein Wichtigtuer (Adam Sandler), der sich gerne mal als Cop vorstellt, muss kleinlaut zugeben, dass er durch die entsprechende Prüfung gefallen ist. Tatsächlich sucht er sein Glück als Betrüger. --- Sorry, falscher Film! Das ist die Prämisse von 'The Do-Over' (2016).

                                            Also nochmal: Ein Wichtigtuer (Adam Sandler), der sich gerne mal als Cop vorstellt, muss kleinlaut zugeben, dass er durch die entsprechende Prüfung gefallen ist. Tatsächlich sucht er sein Glück als Privatdetektiv. Zumindest schlittert er im ersten der 'Murder Mystery' Filme gemeinsam mit seiner Partnerin (Jennifer Aniston) in diese Rolle, als sich in deren Gegenwart auf einer Yacht vor der Küste Frankreichs ein Mord ereignet. Nachdem die beiden für den zuständigen Inspector (Dany Boon) als verdächtig gelten und gejagt werden, ermitteln sie selbst, um sich auf diese Weise entlasten zu können.

                                            In einem Festival der Frankreich-Klischees engt sich der Kreis der Verdächtigen immer weiter ein. Zwar nur sehr bedingt durch Zutun des Protagonistenpaares, aber der Erfolg gibt ihnen gewissermaßen recht. Die Handlung an sich wird leicht verdaulich heruntererzählt. Zahlreiche Ortswechsel, einige scherzhafte Sprüche sowie die obligatorischen Slapstickeinlagen sollen dafür sorgen, dass keine Langeweile aufkommt. Wirklich spannend oder lustig ist das Treiben zwar nicht, doch 'Murder Mystery' ist immerhin weit davon entfernt, grau und eintönig zu wirken. Zum Abschluss des Ganzen wird dann auch schon die Produktion einer Fortsetzung angedroht. Doch das ist ein anderes Kapitel.

                                            KURZFAZIT

                                            Dann doch lieber 'Knives Out' oder wenigstens Kenneth Branaghs Hercule Poirot Filme.

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                                            • 6 .5

                                              Das Filmerlebnis beginnt hier bereits mit dem Titel. Handelt es sich um eine Abwandlung des ironisch benutzten Idioms „Was du nicht sagst“ oder doch eher um einen Hinweis, dass irgendjemand aus dem näheren Umfeld (schließlich heißt es „du“ und nicht „Sie“) etwas nicht sehen kann, das der Protagonist sehr wohl wahrnimmt? Oder sieht er es sogar selbst nicht? Und was ist damit überhaupt gemeint? Der Schriftzug auf dem Filmplakat legt nahe, dass hier tatsächlich irgendetwas nur verblasst wahrnehmbar sein dürfte. Als Zuschauer hat man also gleich von Beginn an einen Auftrag bzw. einen Fingerzeig, worauf man achten sollte. Dann mal los.

                                              Der halbstarke Anton fährt mit seiner Mutter und deren Partner an die französische Atlantikküste, wo er auf David und Katja trifft, die ungefähr in seinem Alter sind. David ist augenscheinlich einer jener Menschen, die einen ständig in Schwierigkeiten bringen, während Katja Antons Begierde weckt. Eine Kombination, bei der durchaus die Alarmglocken schrillen könnten. Doch Anton schiebt alle Bedenken beiseite. Auch wenn vieles vage bleibt, bekommt man spätestens in der finalen Szene eine Idee davon, warum das so sein könnte.

                                              ++ Massive SPOILER ++

                                              Der Verdacht liegt nahe, dass beide Personen verschiedene Facetten seiner Psyche repräsentieren und sich als Externalisierung in seinem Alltag manifestieren. Als würden Engelchen und Teufelchen auf seiner Schulter sitzen und ihm abwechselnd Ideen einflüstern, leiten sie sein Handeln in Bahnen, deren Motivation von außen ansonsten kaum erkennbar wäre. „Was du nicht siehst“ eben. Seine Mutter und ihr Lebensgefährte sehen die beiden Hausbesetzer, die stets dieselben Klamotten tragen, nicht. Ob es nur daran liegt, dass sich die beiden leise und im Verborgenen bewegen? Oder sieht die Mutter nicht genau genug hin? Jedenfalls mehren sich die Anzeichen für ein bevorstehendes Unglück; doch wir als Publikum sind eben auch viel näher an Anton dran als seine Mutter, deren Aufmerksamkeit aktuell vorrangig anderen Dingen zu gelten scheint.

                                              Egal, für welche der beiden Lesarten man sich entscheidet (also ob Katja und David reale Personen sind oder nicht): Hinter beiden Interpretationsmöglichkeiten prangt mindestens ein Fragezeichen. Wenn die beiden reale existierende Hausbesetzer sind, weshalb scheinen die Nachbarn nicht die Polizei hinzugezogen zu haben? Falls sie aber Ausgeburten des Gehirns eines labilen jungen Mannes sind, weshalb tragen dann die Kinder der Nachbarn Kleidungsstücke, die denen der beiden Anstifter sehr ähnlich sind? Verstörend sind letztlich beide Lesarten, jede auf ihre eigene Art.

                                              KURZFAZIT

                                              Psychothriller im Gewand eines Arthouse-Dramas.

                                              30
                                              • 5

                                                ++ Minimale SPOILER und eine kleine Lüge/Ungenauigkeit, um nicht mehr zu verraten als nötig ++

                                                Ein Hochstapler (Adam Sandler), der sich trotz verpatzter Prüfungen als FBI Ermittler ausgibt...

                                                Man könnte meinen, es gehe hier um 'Murder Mystery', doch Adam Sandler scheint derart fasziniert von dieser Charakteridee zu sein, dass er sie gleich mehrmals zum Besten gibt. Dann also anders:

                                                Ein random guy, den wir Zuschauer offenbar für cool halten sollen (schließlich trägt er eine Lederkjacke), trifft seinen alten Kumpel (David Spade) wieder, der als Prototyp eines hilflosen Mauerblümchens präsentiert wird. Schon nach wenigen Sätzen wird klar, dass die beiden wahrscheinlich auf ein großes, chaotisches Abenteuer im Stil von 'Der Harte und der Zarte' (1990) gehen werden. Wenig überraschend kommt es dann auch genau so. Der Möchtegern-Cop bringt die beiden in eine Situation, in der sie sich inmitten eines Komplottes wiederfinden.

                                                Geboten wird in 'The Do Over' eine Buddy-Actionkomödie, die kaum gewöhnlicher sein könnte; zumindest fast. Denn wo das Happy Madison Logo vorne drauf steht, darf natürlich (in den meisten Fällen) mindestens eine Geschmacklosigkeit nicht fehlen. In dieser Hinsicht wird auch hier zuverlässig geliefert – verschwitzte Eier und verbale Tiefschläge inklusive. Immerhin kommen dank einer halbwegs temporeichen Inszenierung kaum Längen auf. Vereinzelte Szenen erweisen sich als durchaus unterhaltsam und immerhin gibt es auch eine Menge bunter Bilder zu sehen. Besser als nichts.

                                                Offen bleibt letztlich die Frage, warum die Protagonisten am Ende nicht auf die Idee kommen, fünf Dollar in einen neuen USB-Stick zu investieren, wenn der alte doch nach Kacke riecht. Im Sandlerverse ergibt das Behalten des alten Sticks wahrscheinlich sogar Sinn, aber darüber möchte man lieber gar nicht erst nachdenken.

                                                Fünf von zehn schweißtriefenden Genitalien.

                                                KURZFAZIT

                                                Durchschnittliche Buddy-Komödie im Sandler-Style.

                                                31
                                                • 7 .5

                                                  Oscar Madness (3 Auszeichnungen, 7 weitere Nominierungen)

                                                  Während eines Staatsbesuchs in Rom büxt Kronprinzessin Ann (Audrey Hepburn) aus, um den protokollarischen Pflichten, die sie als erdrückend empfindet, zu entkommen. Schon nach kurzer Zeit gerät sie ausgerechnet an einen Fotoreporter (Gregory Peck), dem wiederum sein Vorgesetzter wegen eines Exklusiv-Interviews mit der Prinzessin im Nacken sitzt. Gemeinsam erkunden die beiden Rom – und für kurze Zeit wird klar, dass Klassenunterschiede zwischen Adeligen und Bürgern lediglich auf geerbten Privilegien basieren, während doch im Grunde beide einfach nur Menschen sind, die in Rom eine schöne Zeit verbringen wollen.

                                                  Harmlose Geschichten waren dem Komitee für unamerikanische Umtriebe in den 1950er Jahren bereits deutlich zu subversiv unda ufwieglerisch; schließlich stinkt die Idee von Gleichberechtigung nach Kommunismus. Autor Dalton Trumbo wurde wegen solcher Texte, aber auch wegen der Verweigerung einer Aussage und einer Mitgliedschaft in Der Kommunistischen Partei in den 1940er Jahren auf Hollywoods schwarze Liste gesetzt, was faktisch einem Berufsverbot gleichkam. Mit der Unterstützung eines Strohmannes (Ian McLellan Hunter) konnte Trumbo diese Geschichte dennoch zur Verfilmung bringen, was in Jay Roachs oscarnominierter Filmbiographie 'Trumbo' (2015) anschaulich nachgezeichnet wird. Hunter wurde 1954 ein Oscar für die Originalgeschichte zuerkannt, ehe die entsprechende Trophäe schließlich 1993 postum Trumbo zuerkannt und an dessen Witwe übergeben wurde. Weitere Auszeichnungen wurden Hauptdarstellerin Audrey Hepburn und Köstümdesgnerin Edith Head zuteil. Nominierungen konnte die Crew überdies in den Sparten Regie, Nebendarsteller (Eddie Albert), Drehbuch, Szenenbild, Kamera, Schnitt und Bester Film verbuchen, womit 'Ein Herz und eine Krone' bei der Oscarverleihung 1954 zum zweiterfolgreichsten Film hinter 'Verdammt in alle Ewigkeit' (acht Auszeichnungen, fünf weitere Nominierungen) avancierte.

                                                  ++ SPOILER ++

                                                  Das Ende der Handlung erscheint einerseits etwas naiv, muss aber wohl genau so ausfallen, um die Moral von der Geschicht' nicht zu verwässern. Zudem erhält die Story so eine Note bitterer Süße und es wird die Kostbarkeit des Augenblicks betont. Auf der anderen Seite kann man wohl davon ausgehen, dass die meisten Mitglieder royaler Familien schon Wege zu unbemerkten (regelmäßigen) Protokollverstößen finden dürften, wenn es sie danach dürstet. Notfalls wird der Fotoreporter eben als Hoffotograf eingestellt. Doch das würde dann auch wieder am Bild der makellosen Prinzessin kratzen, die sich eben nicht nach dem richtigen Leben im falschen sehnt, sondern nach einem Leben als gleichwertige Bürgerin - abseits des Lichts der Öffentlichkeit.

                                                  KURZFAZIT

                                                  Heitere Komödie, deren ohnehin schon recht harmlose gesellschaftspolitische Botschaft größtenteils im Subtext versteckt wurde.

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                                                  • 7 .5

                                                    Oscar Madness (1 Nominierung)

                                                    ++ Leichte SPOILER ++

                                                    Wie sehen sie aus, die perfekten Tage? Früh aufstehen, durch die Großstadt fahren, öffentliche Toiletten reinigen, gute Musik hören, bei bestem Wetter im Park eine Pause einlegen, weiterarbeiten, zwischendurch ins Onsen, abends auswärts einen Happen essen und dann zurück in die Singlebude, ehe am nächsten Morgen ein ähnlicher Tag folgen wird? Wer in bitterer Armut lebt und oft tagelang kaum etwas zu essen hat, dürfte diese Frage wahrscheinlich anders beantworten als ein Multimillionär, der mehrere Villen sein Eigentum nennt. Protagonist Hirayama befindet sich irgendwo dazwischen. Er beklagt sich nicht über gelegentliche Härten des Lebens, wirkt bei seinen Genüssen nach außen hin allerdings auch nur marginal fröhlicher als sonst. Ist er ein typischer Stellvertreter für die Gesellschaft, in der er lebt? Vielleicht.

                                                    So oder so: Die wirtschaftliche Kategorie (Beruf, finanzielle Situation, Eigentum usw.) ist nur eine von vielen. Schließlich gibt es zahlreiche Parameter für die Bestimmung von Zufriedenheit bzw. die Feststellung perfekter Tagesabläufe, beispielsweise den Gesundheitszustand, die soziale Situation (familiäre Beziehungen, Einsamkeit etc.), freizeitbezogene Erfolge (sportliche Leistungen, das Aufspüren eines seltenen Sammlerstücks usw.) oder Genüsse (kulinarisch, kulturell u.v.m.). Klar ist jedenfalls: „Jetzt ist jetzt.“ Das augenblickliche Glück gilt es zu genießen, denn morgen kann es bereits zerbrochen sein. Der umgekehrte Fall kommt ist ebenfalls möglich, dürfte jedoch seltener vorkommen.

                                                    So oder so ähnlich ließe sich wohl eine Quintessenz dieses Filmes zusammenfassen; was jedoch keinesfalls bedeuten soll, dass die Interpretationsmöglichkeiten damit schon ausgeschöpft wären. Filmemacher Wim Wenders, der sich in bester Alfred Hitchcock Manier auch selbst einen Mikro-Auftritt in seiner Inszenierung gönnt, betont in einem von Entschleunigung und äußerlicher Ruhe geprägten Drama die Relativität verschiedener Lebens- und Gemütszustände. Während die Schwester des Protagonisten mit Entsetzen auf dessen berufliche Situation reagiert, hat eine Person, die er später kennenlernt, ganz andere Sorgen. Letzterer kann und will seine Zeit auch gar nicht groß mit Belastungen wie Eifersucht verschwenden; er denkt in seiner persönlichen Situation lieber lösungsorientiert. Jedenfalls sehen beide Hirayama mit völlig anderen Augen und aus komplett unterschiedlichen Perspektiven; und das obwohl sich beide aktuell in Situationen befinden, in denen ihnen die Endlichkeit bewusst wird – allerdings auf äußerst verschiedene Weise.

                                                    Auch wenn Wim Wenders das Publikum sanft in eine bestimmte Richtung stupst: Die Beurteilung, ob das Glas des Protagonisten (und letztlich auch das eigene) halbvoll oder halbleer ist, bleibt jedem Zuschauer selbst überlassen. So gesehen kann 'Perfect Days' seine Wirkung über den Abspann hinaus entfalten – sofern man sich mit derlei Themen auseinandersetzen mag. Wim Wenders oscarnominiertes Drama 'Perfect Days' stellt sich somit als eines seiner blumigsten und griffigsten zugleich dar.

                                                    7 – 7,5 Punkte.

                                                    KURZFAZIT

                                                    Literatur in audiovisueller Form.

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