Framolf - Kommentare

Alle Kommentare von Framolf

  • American Honey
    Der Tod des Herrn Lazarescu
    Drogen; Amerikas längster Krieg
    Harry und Tonto
    Leave No Trace
    Mother (Japan, 2020)
    Next Goal Wins (Doku)
    Wackersdorf
    Welcome to Sodom
    Why We Fight

    22
    • 5 .5

      Die Werke von Filmemacher Noah Baumbach (u.a. 'Greenberg', 'Marriage Story', 'Gefühlt Mitte Zwanzig') sind nicht gerade leicht greifbar für Kritiker und Publikum. Mal werden (Lebens-)Weisheiten offen ausgesprochen, mal werden sie zwischen Skurrilitäten oder unter vermeintlich banalen Aussagen versteckt. Auf der anderen Seite finden auch immer wieder Absurditäten, die für sich selbst stehen, Eingang in seine Werke. Zumindest mutmaßlich, denn man kann sich bei Baumbach keineswegs in allen Fällen sicher sein. Seine Groteske 'Weißes Rauschen' (2022) erscheint in dieser Hinsicht wie ein bunter Querschnitt seiner Filmographie.

      Jack Gladney (Adam Driver) ist beruflich erfolgreich (er hat eine Professur inne), während er nur sehr bedingt Herr seines Privatlebens ist. Als eines Tages infolge eines Verkehrsunfalles eine giftige Wolke auf seinen Wohnort zukommt, gleitet die Situation komplett ins Chaos ab.

      Baumbach überzieht sein Publikum mittels dieser Inszenierung mit Abhandlungen über Elvis Presley und Adolf Hitler, mit offenbar freischwebenden Gedanken zu Eheproblemen und Szenen aus dem Berufsalltag, mit Philosophie und handfesten Befunden sowie schließlich mit Gewalt- und Tanzeinlagen. Bei der Sichtung des Filmes kann sich durchaus der Eindruck einstellen, als wollte Baumbach dem Publikum eine Mischung aus seiner eigenen Gedankenwelt und der des Autors der Romanvorlage (Don DeLillo) in audiovisueller Form zugänglich machen. Für eingefleischte Fans des Einen oder des Anderen vermutlich eine spannende Sache, doch wer nicht zu diesem Kreis gehört, steht möglicherweise etwas ratlos davor. Mir ging es jedenfalls so.

      Randnotiz: Es empfiehlt sich, die Szene, in der Jack Deutschunterricht nimmt, sowohl in der Originalversion als auch in der deutschsprachigen Synchronisation zu schauen. Auch wenn der Gesprächsinhalt nicht von übermäßiger Bedeutung für die Handlung ist, erscheint doch kurios, wie weit sich die Übersetzung vom Original entfernt.

      KURZFAZIT

      Buntes Sammelsurium der Kuriositäten – garniert mit einigen Bonmots.

      35
      • 6

        Sein dritter Auftritt als Meisterdetektiv Hercule Poirot führt Kenneth Branagh in ein venezianisches Spukhaus, wo ein Medium für paranormale Fälle zu einer Seance geladen hat. Wie üblich findet sich ein bunt gemischter Kreis zusammen und es kommt zu einem Todesfall. Dabei sollte sich doch eigentlich herumgesprochen haben, dass es eine ganz schlechte Idee ist, einen Mord in Anwesenheit von eines Ermittlers von seinem Format zu begehen. Bevor es losgeht, straft Poirot jedoch einen anderen möglichen Auftraggeber mit demonstrativem Desinteresse.

        Trotz der Mitwirkung von Kenneth Branagh, Tina Fey, Michelle Yeoh u.a. zeigt sich schnell, dass die vielleicht größten Stars dieses Filmes die Verantwortlichen für die Kulissen und Requisiten sein könnten. Das Gros der Räume ist detailreich gestaltet und es gibt eine stattliche Anzahl ungewöhnlicher Gegenstände zu bestaunen. Daraus resultiert ein Szenenbild, das düster und fantasievoll zugleich wirkt und der Geschichte einen passenden Rahmen verleiht.

        Die Handlung selbst fällt vergleichsweise konventionell aus. Die Hinweise, die das Publikum an die Hand bekommt, werden so dosiert, dass sich aufmerksame Zuschauer einen Teil der Auflösung selbst zusammenreimen können, wobei für eine komplette vorzeitige Auflösung im Alleingang sicher auch eine Portion Glück nötig ist. Das Finale ist derart gestaltet, dass es Überraschungen parat hält, aber doch wahrscheinlich genug erscheint, um nicht als komplett an den Haaren herbeigezogen zu wirken.

        Nach Abschluss der Ermittlungen wird der Interessent vom Beginn der Geschichte erneut bei dem berühmten Meisterdetektiv vorstellig und erlebt dabei eine handfeste Überraschung.

        KURZFAZIT

        Routiniert, aber mit Liebe zum Detail vorgetragene Kriminalgeschichte, die mit einigen Stilelementen aus dem Horrorgenre bebildert ist.

        35
        • 8

          Ermittler in Mordfällen laufen üblicherweise dem Geschehen hinterher. Was sollen sie auch anderes tun? Schließlich können sie erst tätig werden, nachdem ein Mord geschehen ist. Zwar gibt es – sowohl auf der Leinwand als auch im realen Leben – verschiedene Versuche, Verbrechen zu prognostizieren, doch was in Bezug auf Einbrüche hier und da gelingen mag, erscheint bei Tötungsdelikten weitgehend aussichtslos.

          In der unter der Mitwirkung von David Fincher entstandenen Kriminal-Serie 'Mindhunter' versucht ein kleines Team von Forschern und Ermittlern Ende der 70er Jahre, einen Mittelweg zu finden. Zwar mögen sich vielleicht einzelne Morde nicht vorhersehen lassen, doch es erscheint durchaus sinnvoll, der inneren Natur einzelner Verbrechensserien nachzuspüren. Welche Mordfälle hängen zusammen? Lässt sich daraus ein Muster ableiten? Und lassen sich auf Grundlage dieser Muster Rückschlüsse auf die Identität des Täters sowie Prognosen für zukünftige Kapitalverbrechen ableiten? Um dies herauszufinden, führen zwei FBI Agents Befragungen mit bereits inhaftierten Mehrfachtätern durch und gleichen ihre so gewonnenen Thesen anhand von aktuellen Fällen mit der Realität ab, indem sie sich in ausgewählten aktuellen Fällen an der Ermittlungsarbeit beteiligen. Doch dann geschieht eines Tages (während Staffel zwei) etwas, was auch einen mit allen Wassern gewaschenen Haudegen an seine Grenzen stoßen lässt.

          In vergleichsweise düsterer Atmosphäre und mit ruhiger Hand inszeniert werden in 'Mindhunter' Verbrechen aus einer für Serienverhältnisse ungewohnten Perspektive betrachtet. Statt dem Geschehen ausschließlich hinterherzulaufen, rücken die Ermittler bereits gewonnene Erkenntnisse in ein neues Licht und wollen ihre daraus gezogenen Schlüsse dazu nutzen, auf Augenhöhe mit gerade aktiven Serienkillern kommen zu können. Mit beachtlicher filmhandwerklicher Qualität werden dabei auch einige zurückliegende Verbrechen aufgearbeitet, denen in der Popkultur ein fast schon ikonischer Charakter zukommt. Der sogenannte „Son of Sam“ sowie Charles Manson dürften zwei der prominentesten Beispiele dafür sein. Wie ein Elefant im Raum steht dabei stets die Frage, welche Ermittlungsmethoden legitim und erfolgversprechend sind und wo die moralischen und methodischen Grenzen derartiger Vorgehensweisen liegen. Abschließend kann diese Frage zwar nicht beantwortet werden, doch Fincher und der Rest der der Crew spüren ihr zumindest akribisch nach. Manchmal reicht es eben schon, die richtigen Fragen zu stellen.

          Bedauerlich erscheint, dass ein roter Faden, der weite Strecken der Handlung durchzieht (zumeist zu Beginn der Episoden), nicht final zu Ende gebracht werden konnte. Dennoch erscheint ein Blick auf diese durchaus von Understatement geprägte Serie mehr als lohnenswert. Auch wenn dem Publikum die Veröffentlichung einer dritten Staffel von 'Mindhunter' wohl verwährt bleibt, empfiehlt sich als Ersatz eine Sichtung der (zumindest teilweise) thematisch und atmosphärisch ähnlich gelagerten Miniserie 'In With the Devil' mit Taron Egerton und Paul Walter Hauser.

          KURZFAZIT

          Ruhig vorgetragener Blick in menschliche Abgründe.

          35
          • 7 .5

            Oscar Madness (7 Nominierungen)

            „Die besten Denkmäler sind die, die man sich selbst setzt“, scheint sich Steven Spielberg während der Vorproduktion seines autobiographisch geprägten Dramas 'Die Fabelmans' gedacht zu haben. Als Zuschauer hingegen stolpert man zuerst über den Titel. Steht ein Ausflug ins Reich der Fabeln bevor oder wird es einfach nur fabelhaft? Vorneweg: Es mag sein, dass beides nicht komplett von der Hand zu weisen ist, doch unter dem Strich steht eine Erzählung, die deutlich weniger marktschreierisch ausfällt als bei vielen anderen Autobiographen (es kann sein, dass es diese Bezeichnung bis gerade eben noch gar nicht gab...).

            Selbststilisierung findet in dieser als „leicht fiktionalisiert“ beworbenen Produktion in erster Linie über Auslassungen statt, was wohl noch eine der zurückgenommensten Formen der Selbstbeschreibung sein dürfte. Allzu unglaubwürdige Facetten bleiben dem Publikum also erspart, dafür konzentriert sich Spielberg auf eine Art teleologischer Erzählung, in der (fast) alles auf seinen künftigen beruflichen Werdegang gerichtet ist. Auch die familiären Details, die er einfließen lässt, sind teilweise in diesem Licht zu sehen. Komödiantisch oder satirisch heiter wird es zumeist dann, wenn gesellschaftliche oder kulturelle Phänomene ins Visier genommen werden – ob in Bezug auf Hollywood-Legende John Ford, auf den Onkel aus der Zirkusbranche oder auf die Unsitte, nach dem Essen, die Tischdecke samt Einweggeschirr zusammenzuknüllen und wegzuwerfen.

            In Bezug auf seine Mutter ergibt sich die bizarre Situation, dass sie ihre Extravaganzen auslebt, während ihr Filius vergleichsweise erwachsen wirkt. Manchmal hat es (überspitzt gesagt) den Eindruck, als wäre er sein eigener Vater und seine eigene Mutter. Allzu großen Groll scheint er allerdings nicht zu hegen, denn gewidmet ist der Film seinen Eltern (Erwähnung im Abspann). Schließlich hat jede Medaille zwei Seiten. Aufgrund der defizitären Erziehungsmethoden seiner Eltern, die sich pointiert auf die Formel „Geschenke statt Aufmerksamkeit“ reduzieren ließen, blieben ihm zumindest genug Zeit und Raum für seine Beschäftigung mit der Kamera.

            Unter dem Strich scheint 'The Fabelmans' vor allem die Idee zugrundezuliegen, verschiedenen wiederkehrenden fiktionalen Elementen aus Spielbergs Filmen eine Verankerung in der Welt abseits der Leinwand zuzuweisen. Zahlreiche Gestaltungsideen aus seinem Œuvre entstanden eben nicht im luftleeren Raum, sondern sind spätestens jetzt biographisch herleitbar. Die Resonanz in Form von immerhin sieben Oscarnominierungen (Bester Film, Regie, Originaldrehbuch, Hauptdarstellerin Michelle Williams, Nebendarsteller Judd Hirsch, Filmmusik und Szenenbild) - nebst zahlreichen weiteren Ehrungen und Nominierungen - kann sich sehen lassen.

            KURZFAZIT

            Eine Branchengröße verneigt sich vor sich selbst.

            33
            • 7 .5
              Framolf 12.11.2024, 02:02 Geändert 13.11.2024, 01:52
              über Reptile

              Nur wenige Genres dürften derart deutlichen Wellenbewegungen unterliegen wie das des Kriminalthrillers. Während Komödien, Horrorfilme und andere Bereiche quasi konstant über Jahrzehnte hinweg bespielt werden, gibt es manche Jahrzehnte mit recht vielen hochwertigen Thrillerproduktionen und manche mit deutlich weniger. Grant Singers 'Reptile' (2023) wurde mitten in eine Flautephase hinein produziert. Umso mehr lässt der prominente Cast aufhorchen, der für diesen Film verpflichtet werden konnte. Neben Benicio del Toro, Alicia Silverstone und Justin Timberlanke sind mit Domenick Lombardozzi ('The Wire', 'Breakout Kings') oder Owen Teague ('Bloodline', 'The Stand') auch so einige Darsteller involviert, die sich nicht zuletzt im Serienbereich einen Namen machen konnten. Andere (wie beispielsweise Frances Fisher) fühlen sich augenscheinlich in beiden Welten wohl (was mittlerweile wohl auch für Owen Teague gelten dürfte). Wenn sich ein derart illustrer Cast für eine Thrillerproduktion zusammenfindet, kann das Konzept also nicht so schlecht sein, oder?

              Der erste Eindruck täuscht tatsächlich nicht. Singers Inszenierung der Geschichte über die Frau eines Maklers, die unter rätselhaften Umständen ermordet wird, überzeugt bei weitem nicht nur in Bezug auf das Schauspiel. Denn nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera scheint sich eine versierte Crew zusammengefunden zu haben. Die Erzählung spielt dabei mit Elementen aus verschiedenen Subgenres (Copthriller, Film Noir, psychologischer Thriller) und verbindet diese zu einer schwermütig vorgetragenen Gemengelage, in der kaum jemand irgendwem vertrauen kann. Nahezu jedes Wort wird mit Bedacht gewählt. Wer sich (auch nur kurz) nicht daran hält, lebt bzw. stirbt gefährlich. Selbst jene Entwicklungen, die sich relativ treffsicher vorhersagen lassen, sorgen dank der stilsicheren Inszenierung durchaus für Spannung.

              Sobald mal wieder eine Handvoll solch hochwertiger Thriller in halbwegs kurzen Abständen veröffentlicht wird, darf man bestimmt auch mit der nächsten Welle in diesem Genre rechnen.

              KURZFAZIT

              Düster, intensiv und von ruhiger Hand inszeniert.

              35
              • 5 .5

                ++ Leichte SPOILER ++

                Eine Werkstatt, eine (lebendige) Frau und eine Leiche. Diese Konstellation steht am Beginn der Handlung von 'Blood on Her Name' (Alternativtitel: 'Blood on My Name'). Was genau sich zugetragen haben könnte, bleibt zunächst nebulös. Zwar bekommt man als Zuschauer recht schnell Informationen zur Verfügung gestellt, durch die man sich den mutmaßlichen Hergang der Tat selbst herleiten kann, doch wirkliche Gewissheit besteht vorerst nicht. Stattdessen sieht man eine Protagonistin, die im Bestreben, den entstandenen Schaden zu begrenzen, noch sehr viel größeres Unheil anrichtet. Mit nahezu jedem ihrer Schritte reißt sie sich selbst – und Teile ihres Umfeldes – tiefer in einen Sumpf des Verderbens.

                Ihr Vater, der selbst nicht gerade ein Kind von Traurigkeit ist, hat ihr in der Kindheit einen sprichwörtlichen Rucksack umgeschnallt, dessen Last sie auch im Erwachsenenalter nur schwer schultern kann. Sie selbst möchte ihr Problem nun anders lösen. Nur leider gibt ihr der Erfolg nun mal so gar nicht recht.

                Die Geschichte, die hier erzählt wird, ist also die eines Niederganges – nicht nur in Bezug auf die Hauptfigur, sondern auch mit Blick auf einige weitere Charaktere. Nicht alle gehen auf dieselbe Weise unter, doch am Ende des Filmes sind gleich mehrere Personen deutlich schlechter gestellt als noch zu Beginn. Eingebettet ist die Handlung in eine Szenerie, die vermutlich sehr viel mehr Bezug zur Lebenswirklichkeit zahlreicher US-Amerikaner haben dürfte als es in vielen anderen Produktionen der Fall ist. Vieles ist im Verfall begriffen. Zahlreiche Menschen leben zwar vielleicht nicht in bitterer Armut, von einem sorgenfreien Auskommen oder gar Überfluss kann jedoch auch keine Rede sein. Wahrscheinlich wäre es zu hoch gegriffen, die Handlung als Allegorie auf den wirtschaftlichen Niedergang einer Gesellschaft zu deuten, doch komplett unbeabsichtigt dürften derlei Parallelen wohl auch nicht sein. Unter dem Strich steht daher ein kleiner, etwas dreckiger Kriminalthriller, der auch einige Merkmale des Dramengenres in sich trägt.

                KURZFAZIT

                Anschauliche Darstellung, wie man einen entstandenen Schaden kaputtrepariert.

                32
                • 5

                  Ein alternder Comedian (Richard Dreyfuss) und ein Promoter (Chevy Chase), dessen beste Tage ebenfalls schon eine Weile zurückzuliegen scheinen, wollen es noch einmal wissen. Wobei: Ob der Manager in beruflicher Hinsicht tatsächlich schon mal so richtig goldene Tage hatte, erscheint nicht ganz gewiss. In irgendeiner Form wird er wohl schon über prominente Kontrakte verfügt haben, aber seinen (gegebenen oder verweigerten) Antworten nach zu urteilen, hält er schon ganz gerne das überzeichnete Bild des großen Machers aufrecht. Kurzum: Einer der beiden ist eingerostet, der andere offenbar nicht ganz so renommiert, wie er nach außen gerne erscheinen würde. Wenig überraschend haben sich beide im Lauf der Jahre eine ganze Reihe kauziger Marotten angeeignet – dementsprechend fällt dann auch ihre gemeinsame Tournee aus.

                  Regisseur Greg Pritikin scheut bei der Inszenierung der Tragikomödie 'The Last Laugh' offensichtlich jegliches Risiko, denn in nahezu jedem Abschnitt der Handlung wird eine risikoarme Variante gewählt. Zwar könnte man argumentieren, dass ein zeitloses Konzept selbst im Alter keinen Rost ansetzt; doch wenn so gar keine eigene Note hinzugefügt wird, bleibt ein Film bei vielen Zuschauern wahrscheinlich auch nicht besonders lange in Erinnerung. Als entspannter Absacker nach einem hektischen Tag kann dieser Film gewiss funktionieren, doch zu einer größeren Wirkung mangelt es an Ambitionen.

                  Mit Blick auf die Besetzung stellt sich die Frage, ob die Inszenierung nicht auch mit vertauschten Rollen funktioniert hätte; also mit Chase als Komiker und Dreyfuss als Tourmanager. Oder wenn man es negativ sehen möchte: Da beide Darsteller nur sehr bedingt ihre persönliche Note einbringen (dürfen?), wirken ihre Rollen auch ein Stück weit austauschbar.

                  KURZFAZIT

                  Mit ruhiger Hand inszenierte Tragikomödie der alten Schule – passend zur Wahl der beiden Hauptdarsteller.

                  33
                  • 6

                    ++ Leichte SPOILER ++

                    Man kennt es: Jemand fährt ins Hinterland, durch eine Gegend, in der man niemanden kennt. Kurz danach kommt es fast schon zwangsläufig entweder zu einem missglückten Überholmanöver oder zum einer respektlosen Konfrontation an einer Tankstelle (oder beides) – und schon wird eine Spirale in Gang gesetzt, deren Eskalationsdynamik sich kaum noch aufhalten lässt. John Hyams (Regie) macht in 'Alone – Du kannst nicht entkommen' keine Ausnahme. Ganz im Gegenteil: Gespielt wird die übliche Genre-Klaviatur. Etwas angetäuscht wird hier allenfalls im deutschsprachigen Zusatztitel, denn ein Entkommen wäre durchaus an mehreren Stellen möglich. Doch da hier eben (ganz besonders zum Auftakt) auf ausgetretenen Pfaden gewandelt wird, nimmt die Protagonistin so ziemlich jeden Fehler mit, den man nur machen kann.

                    Ein aufdringlicher Creep kreuzt wiederholt ihren Weg (wobei nicht immer ganz klar ist, wie ihm das konkret gelingt). Zwar ist er ihr von Beginn an suspekt, doch handfeste Schlüsse zieht sie augenscheinlich nicht daraus. Für das Publikum stellt sich dementsprechend (zumindest zu Beginn) die Frage, ob wirklich dieser Typ ihr Hauptgegenspieler sein wird oder ob noch andere Leute hinzustoßen werden. Doch da die Filmfigur Jessica natürlich nicht weiß, dass sie in einem Thriller mitspielt, scheint sie ihrer inneren Stimme offenbar nicht genug Bedeutung zuzumessen. Und so kommt es eben, wie es kommen muss. Alles spitzt sich zu einer Situation zu, in der es nur noch darum geht, irgendwie zu entkommen.

                    Immerhin: Innerhalb dieser Prämisse erzählt Hyams die Geschichte auf durchaus packende Weise. Der Inhalt ist zwar zum Davonlaufen (und sei es nur, um dem Psychopathen zu entkommen), doch der Stil gestaltet sich vergleichsweise ansprechend.

                    KURZFAZIT

                    Nicht besonders originell (vor allem zu Beginn), aber immerhin stellenweise spannend.

                    35
                    • 6 .5

                      Da sich ein wohlhabendes Ehepaar (der Mann wird dargestellt von Matthew Broderick) Sorgen macht, dass ihr nerdiger Sohn, der demnächst auf das College gehen soll, dort kein Bein auf den Boden bekommen wird, heuern sie eine chaotische und chronisch klamme Frau (Jennifer Lawrence) an, um den Buben zu einem Mann zu machen. Klingt schlüpfrig – und ist es auch ein wenig. Schließlich soll sie ihm das Feiern und Saufen ebenso beibringen wie den Umgang mit dem anderen Geschlecht. Verkehrte Welt also. Während sich hunderttausende Eltern Sorgen machen, wie ihre feierwütige Brut Prüfungen bestehen soll, ist es hier genau umgekehrt. Zum Lernen muss man den Jungen nicht animieren, doch zum Leben schon.

                      Die Konstellation des Protagonistenpärchens erinnert ein wenig an Garry Marshalls 'Pretty Woman'. Zwar sind die Schnittmengen zwischen den jeweiligen Charakteren höchst überschaubar, doch das Prinzip ist ähnlich: Die unkonventionell und bisweilen lasziv handelnde Dame wirbelt den staubtrockenen Alltag ihres männlichen Gefährten durcheinander. Angesiedelt ist die Handlung von 'No Hard Feelings' irgendwo im Bereich zwischen Coming of Age Drama und (romantischer) Komödie. Gene Stupnitzky (Regie) kokettiert mit einigen vermeintlichen Tabubrüchen, bleibt letztlich aber doch auf den üblichen Mainstream-Pfaden. Wer genau zur Hauptzielgruppe dieser Produktion gehören soll, ist den Produzenten möglicherweise selbst nicht zweifelsfrei klar, denn es werden verschiedene Interessens- und Altersgruppen bedient, ohne sich auf eine davon festzulegen. Am Ende bleibt somit ein heiter vorgetragenes Sommerabenteuer, das aber mit einer Reihe von Charaktere gespickt ist, die durchaus auch zu bedauern sind. Immerhin: Viele von ihnen finden einen geeigneten Weg, mit ihrer jeweiligen Situation umzugehen. Vielleicht liegt genau darin eine der Hauptqualitäten dieser Tragikomödie.

                      KURZFAZIT

                      Kurzweilige Spaßveranstaltung, der aber ein durchaus ernstes Fundament zugrunde liegt.

                      32
                      • 5

                        Wer hätte nicht schon mal die Dienste einer Firma gebraucht, die ihren Kunden Alibis in jedweder Situation anbietet bzw. sie mit teils professionell und aufwändig vorgetragenen Ausreden aus jeder noch so ausweglosen Situation rettet? Die Bürger Frankreichs haben nun ein Problem, denn die Firma aus der Vorgängerepisode existiert nicht mehr. Zwar hätten die Beteiligten durchaus noch Lust auf ihre absurden Scherze zum Wohle der Auftraggeber, doch das familiäre Umfeld spielt bei dieser Charade nicht mehr mit. Was wäre nun die dümmste Idee, die man in dieser Situation haben könnte? Ganz genau, man setzt die frei gewordenen Kapazitäten und das fragwürdige Know How für private Zwecke ein und zieht eine ähnliche Show erneut ab. Doch wer würde schon so doof sein?

                        Wo auch immer in Frankreich ein Fettnäpfchen (oder gar ein ganzer Eimer voller Fett) steht, sind Gregory (Philippe Lacheau) und Medhi (Tarek Bouadi) nicht weit. Getreu dem Motto, dass viele Dinge erstmal schlimmer werden, bevor sie sich bessern, stürzen sie sich voller Tatendrang in ihre selbst gestellten Aufgaben und machen alles schlimmer, bevor es noch schlimmer wird. Egal, wie tief du schon mal gesunken bist, Gregory wird deine Tiefschläge locker unterbieten. Immerhin hat er steht's eine vermeintlich rettende Idee parat. Für Heiterkeit ist also durchaus gesorgt, auch wenn das Konzept bereits erste Abnutzungserscheinungen aufweist. Lacheau und seine La Bande à Fifi scheinen sich dessen bewusst zu sein, worauf besonders das Finale schließen lässt, während dessen ein Haken auf den nächsten folgt und in dieser Hinsicht fast schon an ein Con Artist Movie erinnert. Heiter ist ihr Konzept eines immer stärker eskalierenden Schlamassels allemal, doch über kurz oder lang werden wohl neue Pläne geschmiedet werden müssen.

                        KURZFAZIT

                        Mittelmäßige Weiterführung einer halbwegs originellen Ausgangsidee.

                        33
                        • 6

                          ++ Enthält SPOILER ++

                          1978 kommt es beim sogenannten Jonestown Massacre in Guyana zu über 900 Todesfällen. Ti West nimmt diese Ereignisse zum Anlass, eine ähnliche Geschichte im Found Footage Stil zu erzählen; wobei beides gleich wieder relativiert werden muss. Zwar finden nahezu alle Wegmarken des besagten Ereignisses Eingang in das von West verfasste Skript, doch die Details und Leerstellen dazwischen werden teils verfremdet, teils mit fiktionalen Elementen gefüllt. In Bezug auf die visuelle Gestaltung hebt sich die Produktion recht deutlich aus der Masse anderer Found Footage Filme ab, da innerhalb der Geschichte eine (semi-)professionelle Crew mit mit halbwegs passabler Ausrüstung (statt irgendwelcher Amateure mit billigen Kameras) für die Aufnahmen sorgt.

                          Die Handlung an sich wird vergleichsweise trocken heruntererzählt. Das Konzept der Gnade scheint bei den Fanatikern (mit einer Ausnahme) nicht vorzukommen. Die größten Ungeheuerlichkeiten finden bei Tageslicht statt, was die Möglichkeiten, sich zu verstecken, deutlich einschränkt. Gestorben wird überwiegend abseits der Kamera, was die Schilderungen aber keineswegs harmloser erscheinen lässt. Der eigentliche Schrecken geht in Wests Inszenierung allerdings eher von den Ereignissen aus, die unmittelbar vor dem Massaker stattfinden. Die Art und Weise, in der die Fanatiker ihrem Anführer folgen, wäre mit „unkritisch“, „blauäugig“, „unbedarft“ oder „verblendet“ noch vorharmlosend beschrieben. Ti West und Nebendarsteller Gene Jones lassen den Anführer der Sekte noch nicht einmal besonders charismatisch erscheinen. Wenn selbst dieser windige Typ mit seinen recht überschaubaren rhetorischen Fertigkeiten die bedingungslose Gefolgschaft zahlreicher Menschen herbeiführen kann, möchte man sich gar nicht ausmalen, wozu erst talentiertere Menschenfischer in der Lage sein könnten; doch die politische Historie zahlreicher Länder hält ohnehin eine ganze Reihe an Beispielen parat.

                          5,5 – 6 Punkte.

                          KURZFAZIT

                          Trockene Erzählung einer Geschichte, die erschreckenderweise nicht komplett aus der Luft gegriffen ist.

                          34
                          • 5 .5

                            Mit (real existierenden) historischen Persönlichkeiten in frei erfundenen Geschichten ist es oft so eine Sache. Gerade als Regisseur oder Autor läuft man dabei sicherlich oft Gefahr, schnell ins Unglaubwürdige oder sogar in den Trashbereich abzugleiten. Doch wenn in Hollywood selbst Abraham Lincoln Vampire jagen kann (bzw. muss), kann Edgar Allan Poe erst recht bei Mordermittlungen helfend zur Seite stehen. Dies gilt ganz besonders, wenn in das Drehbuch so manche Elemente eingewoben sind, die entweder aus dem Werk des berühmten Schriftstellers stammen oder zumindest daraus stammen könnten. Vielleicht wäre es zwar etwas glaubwürdiger gewesen, statt des Schriftstellers höchstselbst einen begeisterten Leser seiner Literatur in die Ermittlungen einzubinden, doch es kann durchaus sein, dass diese Variante den Verantwortlichen schon zu sehr von Understatement geprägt gewesen wäre.

                            Jedenfalls wird ein nicht allzu ungewöhnlicher Krimi- bzw. Thrillerplot dargeboten, der seine Würze neben den bereits erwähnten Reminiszenzen an Edgar Allan Poe hauptsächlich durch die visuelle Gestaltung erhält. Nicht zuletzt durch Kulissen, Kostüme und Beleuchtung wird eine stimmig erscheinende Atmosphäre erschaffen, von der man sich vorstellen könnte, dass sie durchaus auch im Sinne Poes sein könnte. Und selbst wenn dem nicht der Fall sein sollte, passt sie zumindest hervorragend zur Geschichte dieses Filmes, die durchaus auch düstere Facetten aufweist. Die Wendungen, die die Handlung nimmt, sind zwar nicht unbedingt originäre Erfindungen von Regisseur und Drehbuchautor Scott Cooper ('Crazy Heart') oder Louis Bayard, dem Verfasser der Romanvorlage, was aber nicht heißen soll, dass sie zwangläufig vorhersehbar wären. Ein Rückgriff auf Abstrusitäten, wie etwas die Jagd auf Vampire, ist dazu gar nicht erst nötig.

                            KURZFAZIT

                            Vergleichsweise düster inszenierter Kriminathriller mit prominenter Besetzung (Christian Bale, Robert Duvall, Charlotte Gainsbourg u.a.).

                            36
                            • 6 .5

                              Horrorctober 2024, Film #28

                              Es gibt nur zwei Dinge, die viele Würdenträger in der katholischen Kirche noch mehr fürchten als konfessionslose Staatsanwälte: Dämonen und Frauen. In 'The Devil's Light' (2022) bekommen sie es gleich mit beidem zu tun.

                              Schwester Ann, die alleine schon aus biographischen Gründen Interesse an der Thematik hat, schleicht sich in ein Seminar, in dem Geistliche dazu befähigt werden sollen, auch in schwierigen Fälle von Besessenheit Abhilfe schaffen zu können. Frauen dürfen in kirchlichen Einrichtungen gerne Bettpfannen leeren (oder wie im Film etwas euphemistischer behauptet wird: sich um die körperliche Gesundheit von Patienten kümmern), aber wenn es um mentale Belange geht, möchte man sie dann doch lieber fernhalten. Glück für Ann, dass ihr Dozent ein wenig progressiver denkt und sie zumindest als „Beobachterin“ für sein Seminar zulässt. Als Außenseiterin wider Willen bringt sie auch einige unkonventionelle Ideen mit ein, die der Seminarleiter zunächst nicht so richtig einzuordnen weiß. Bedeuten sie Fluch oder Segen? Führen sie zu Erlösung oder wird die Situation dadurch sogar noch verschlimmert? Und dann steht da ja auch noch ihre Backstory im Raum, denn sie ist nicht die erste Person in ihrer Familie, die mit einem Dämon in Kontakt kommt.

                              Auch wenn die Inszenierung recht konventionell erscheint und ein Großteil der Handlung auf den üblichen Exorzismusfilm-Pfaden verläuft, kann sich 'The Devil's Light' durch die Patriachatsthematik etwas abheben. Entsprechende Aussagen werden hier nicht mit dem erhobenen Zeigefinger unter's Volk gebracht, sondern sie schwingen eher implizit in den Dialogen mit. Zwar steht am Ende auch nur ein weiterer Exorzismusfilm, doch ist es zumindest einer, der von einer inhaltlichen Handschrift durchzogen wird.

                              KURZFAZIT

                              Exorzisten, nehmt euch in Acht, sonst verliert ihr euer Privileg; äh... sonst schlägt der Dämon wieder zu.

                              39
                              • 5 .5
                                über 1899

                                Horrorctober 2024, Beitrag #27

                                Eine hochwertig produzierte Serie aus Deutschland? Das lässt grundsätzlich schon mal aufhorchen. Also ab auf die Seereise gen Amerika. Und diese beginnt vielversprechend. Zwar wirkt das Figurentableau auf den ersten Blick etwas unübersichtlich, doch das Produktionsdesign kann sich ebenso sehen lassen wie die Kostüme. Zwar erscheint die Gestaltung der visuellen Effekte nicht allzu ambitioniert, doch verstecken muss sich '1899' auch in dieser Hinsicht nicht – zumindest nicht vor anderen europäischen Produktionen. Auch der international besetzte Cast kann hinsichtlich der Hauptrollen überwiegend überzeugen. Ein Blick auf die Handlung wiederum fällt gemischt aus.

                                Von Beginn an wird eine ganze Reihe an Mysterien etabliert, wobei fraglich erscheint, ob es sich wirklich lohnt, über ausnahmslos alle nachzugrübeln. Selbst nach der Sichtung aller Episoden kann der Eindruck haften bleiben, dass zwar einige Geheimnisse bedeutungstragend sind, andere jedoch auch eher selbstzweckhaft eingestreut worden sein könnten. Klären lassen wird sich diese Frage wohl nicht mehr, doch es gibt begründete Zweifel daran, dass im Verlauf einer zweiten Staffel sämtliche Rätsel aus der vorherigen aufgeklärt worden wären. Der Rest ist eine Mischung aus 'Matrix', 'Fringe' und einer ganzen Reihe weiterer Erfolgsproduktionen aus den Bereichen Mystery und Science Fiction mit einigen Anleihen aus dem Horrorgenre. An Ködern, mit denen das Publikum an der Stange gehalten werden soll, mangelt es keineswegs. Ob die damit verbundenen Versprechen jemals eingelöst worden wären, wird sich wohl auf unserer Realitätsebene nicht mehr auflösen lassen. Bei den Cliffhangern am Ende der Episoden fällt die diesbezügliche Bilanz gemischt aus. So oder so gibt es als Belohnung für's Durchhalten zum Ende jeder Episode einen Rockklassiker auf die Ohren. Wer der Musik von Deep Purple, Black Sabbath, Jimi Hendrix oder The Blue Öyster Cult etwas abgewinnen kann, darf sich ganz besonders auf die finalen Szenen und den Abspann der jeweiligen Episoden freuen.

                                KURZFAZIT

                                Vergleichsweise hochwertig produzierte Serie aus Deutschland, deren Handlung (je nach Sichtweise immerhin oder nur) mit Abstrichen überzeugt.

                                33
                                • 4

                                  [BREAKING NEWS: Horrorctober verlängert bis Sonntag!
                                  Hab nicht mehr alle Kommentare rechtzeitig fertig bekommen. :D ]

                                  Horrorctober 2024: "13 aus 13: Doppelt böse!" - Film #26

                                  ++ Leichte SPOILER ++

                                  Das Grauen kommt über uns – in der Handlung des österreichischen Body-Horrorfilms gleich doppelt. Als ob die Monster nicht schon schlimm genug wären, hat das Publikum auch noch eine Politikerin zu ertragen, die sich trotz offenkundig schwacher Nerven als eine Art Superheldin aufspielt. Der Reihe nach:

                                  Als ein schmelzender Gletscher eine rote Substanz freisetzt, die möglicherweise Blut sein könnte, geht eine Gruppe von Wissenschaftlern dem ungewöhnlichen Phänomen nach. Nicht etwa unter Einhaltung irgendwelcher Sicherheitsprotokolle, sondern auf grob fahrlässige Weise. Wird schon nicht kontaminiert sein, das rätselhafte Zeug. Tja, Satz mit x. Spätestens nach dem ersten Auftauchen eines augenscheinlich mutierten Tieres hätte man vielleicht auf Nummer sicher gehen können, aber hey, was soll schon passieren?

                                  Also kommt es, wie es kommen muss, und der bisher unbekannte Erreger greift nicht mehr nur auf Wildtiere über (was für sich genommen ja schon besorgniserregend wäre). Doch wozu vorsichtig sein? Das Forscherteam hat schließlich ein Ass im Ärmel: Die zuständige Ministerin herself (dargestellt von Brigitte Kren, der Mutter des Regisseurs Marvin Kren) killt durchaus auch mal eigenhändig Monster oder führt Notoperationen durch. Man kennt es ja aus Filmen wie 'Big Game' oder 'Pixels': Wenn Normalos überfordert sind, rettet schon auch mal der POTUS die Welt. In Österreich ist es die Umweltministerin. An Brigitte Kren als Schauspielerin scheitert die Inszenierung keineswegs, denn sie ragt aus einem nicht gerade überambitionierten Ensemble durchaus positiv heraus, doch ihre Rolle der kratzbürstigen Retterin wirkt noch stärker an den Haaren herbeigezogen als der Mutantenplot.

                                  Sehen lassen hingegen können sich die Alpenkulisse sowie einige der handgemachten Tricks – vorwiegend speziell jene, die mit der Maske in Verbindung stehen. Was bleibt, ist ein krudes Crossover aus Monster- und Bodyhorror auf der einen und Politikertrash auf der anderen Seite.

                                  KURZFAZIT

                                  Obacht geben, länger leben.

                                  30
                                  • 8
                                    Framolf 31.10.2024, 23:58 Geändert 31.10.2024, 23:59

                                    Horrorctober 2024: "13 aus 13: Doppelt böse!" - Film #25

                                    ++ Enthält indirekte SPOILER ++

                                    Die Freizeitparks des Mauskonzerns – Orte, die zum Träumen einladen und vielleicht sogar lange gehegte Wünsche in Erfüllung gehen lassen. So denken nicht nur viele Kinder, sondern wohl auch der Protagonist dieser Geschichte, der so ziemlich alle Frauen angiert, außer seiner eigenen. Von Prostituierten aus (zumindest ungefähr) seiner Generation bis hin zu Zahnspange tragenden Mädels, die seine Töchter sein könnten, müssen so einige Frauen, die ihm über den Weg laufen, für seine Fantasien herhalten. Ob nach unten irgendwelche Grenzen gesetzt sind, ist nicht ganz klar, denn in mindestens einer Szene wird zwischen den Zeilen angedeutet, dass seine Triebe noch sehr viel schlimmer sein könnten. Überhaupt spielt sich ein nicht unbedeutender Teil der Handlung in vagen Andeutungen und blumigen Metaphern ab. Wiederholt werden auch bissige Vorwürfe hinter verschrobenen Scherzen versteckt, über die vermutlich nur ein kleiner Teil der Zuschauer lachen kann. Stellenweise erinnert die Erzählung an ein Gespräch mit jemandem, der eine Schnapsidee zunächst als Gag getarnt vorträgt, um zuerst die Reaktionen darauf anzutesten, bevor er sich offen zu seinem Vorschlag bekennt. Angerissen wird ein kleines Sammelsurium an Themen und Motiven, wodurch sich der Kern der Handlung auch nicht ohne Weiteres bestimmen lässt.

                                    Genervt von den Eskapaden ihres Gatten, der seiner Familie nicht mehr Beachtung schenkt als unbedingt nötig, geht seine Ehefrau in eine unwirsche Abwehrhaltung über. Er wiederum verhält sich wie das trotzige Kind, als das sie ihn behandelt. Zu dem bereits erwähnten Topos gesellt sich also auch noch der eines Ehedramas. Doch damit noch lange nicht genug, denn zusammengehalten werden die teils konfus vorgetragenen Ereignisse und Thesen von der Klammer eines Freizeitparks, der wohl wie kein zweiter als Sinnbild für ein profitorientiertes Machtstreben im Bereich der Kultur steht, in dem die Besucher (oder besser: Konsumenten) mit einer hemmungslos übersteuerten Reizüberflutung überwältigt werden sollen. Daraus resultiert ein Raum, in dem zwar durchaus Möglichkeiten geschaffen werden, in Bezug auf deren Auswirkungen man jedoch getrost skeptisch sein darf. Zusätzlich verkompliziert wird die Gemengelage durch die Einbindung einiger Motive aus dem Science Fiction Bereich, die womöglich auch einen Hinweis auf die Bedeutung des Filmtitels geben sollen. Denn wer genau flüchtet hier eigentlich und wovor? Wer hat hier eine ganz besonders düstere Zukunft zu fürchten? Die Tochter und/oder Mutter in Bezug auf das Familienoberhaupt wider Willen? Der Protagonist vor bevorstehenden Entwicklungen oder sogar vor sich selbst? Die (Konsum-)Gesellschaft vor Auswüchsen des Marktes? Zumindest letztere These wird zügig wieder abgeräumt, indem per Parallelmontage eine persönliche Tragödie und in den Park strömende Besuchermassen einander gegenübergestellt werden.

                                    So oder so wird sich die Handlung wohl nicht komplett enträtseln lassen, denn dazu werden zu viele Einzelheiten entweder halbernst, verklausuliert oder mit dem Fragezeichen einer wahnhaften Vision verfremdet dargestellt. Wer vom Experimentalfilm angehauchten Produktionen aufgeschlossen gegenübersteht, wird möglicherweise die eigene Neugierde befeuert sehen, während andersdenkende vielleicht Zuschauer schon frühzeitig entnervt abwinken werden.

                                    7,5 – 8 Punkte.

                                    KURZFAZIT

                                    Völlig durchgeknallt – und nicht zuletzt in dieser Hinsicht besorgniserregend nah am realen Leben.

                                    31
                                    • 7

                                      Horrorctober 2024, Beitrag #24

                                      Junge Menschen, die klandestine Treffen abhalten, dürften ein ähnlich beliebtes Film- und Literaturthema sein wie schwerkranke Jugendliche oder junge Erwachsene, die ihre letzten Monate erleben. Beides zusammen klingt mal so richtig abgestanden. Doch wenn man den Stoff bzw. die Romanvorlage in die Hände von Mike Flanagan legt, sieht die Sache schon wieder anders aus, denn nach 'Spuk in Hill House', 'Spuk in Bly Manor' und 'Midnight Mass' rührt er auch hier eine stimmige Mischung aus düsterer (aber keineswegs depressiver) Atmosphäre, halbwegs facettenreichen Charakteren und einem durchaus unterhaltsamen Erzählton an. Dass die Stimmung etwas weniger morbide erscheint als noch in 'Midnight Mass', dürfte sowohl der Lage der Charaktere als auch der anvisierten Hauptzielgruppe geschuldet sein.

                                      Durchaus lohnenswert erscheint ein Blick auf die Erzählstruktur. Auf verschachtelte Weise wird eine Geschichte erzählt, deren Handlungsfortschritt zwar recht überschaubar erscheint, aber in der intensiv Bezug auf das Innenleben der maßgeblichen Charaktere genommen wird. Zwar schreitet die ohnehin schon spärliche Rahmenhandlung ziemlich schleppend voran, doch dafür wird ihr in den Binnenerzählungen der Protagonisten Tiefe verliehen. Die Mitglieder des Midnight Clubs erzählen sich Gruselgeschichten (und teilweise auch welche aus dem Science Fiction Bereich), in denen sie zumeist ihre eigene Vergangenheit oder Teile ihrer Gedankenwelt offenlegen. In vielen Fällen bauen die Kurzgeschichten auf vorherigen Erzählungen oder auf Geschehnissen aus der Rahmenhandlung auf. In den späteren Episoden werden auch vermehrt Elemente aus den Erzählungen der jeweiligen Vorredner aufgegriffen. Sowohl in der Rahmenhandlung als auch in den Binnengeschichten spielen sie sich zunehmend verbal die Bälle zu und werden so als Gemeinschaft stärker als die Summe ihrer Teile. Auch wenn einige von ihnen körperlich enorm geschwächt sind, schöpfen sie zusammen immer wieder Kraft; nicht zuletzt auch durch die Geschichten, die sie austauschen und das jeweilige Feedback, das sie sich dazu geben.

                                      Die Kurzgeschichten an sich erscheinen anfangs recht gewöhnlich, ehe sie mit zunehmendem Verlauf der Serie nicht nur komplexer, sondern (zumindest in der Summe) auch origineller werden. Einige davon hätten vielleicht sogar das Zeug dazu, in Spielfilmlänge verfilmt zu werden. Dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen mitunter reden und handeln wie Mittdreißiger, kann zwar befremdlich wirken, trägt aber stellenweise auch zur Spannung bei.

                                      KURZFAZIT

                                      Horrorkurzgeschichten als Therapeutikum.

                                      32
                                      • 6 .5

                                        Horrorctober 2024: "13 aus 13: Doppelt böse!" - Film #23

                                        ++ Minimale SPOILER ++

                                        Eine Forschungsstation auf dem Mars ist mit einer internationalen Crew besetzt. Zwischen mehreren Besatzungsmitgliedern herrscht ein gewisses Misstrauen und selbst das Wort des ranghöchsten Offiziers scheint für Teile der Besatzung nicht über jeden Zweifel erhaben zu sein. In ruhigen Zeiten nicht ideal, im Katastrophenfall ein absolutes Desaster. Als sich zwei der Mitglieder wider besseren Wissens auf eine Außenmission begeben und Indizien für bakterielle Zellteilung nachgehen, kippt die Lage in ein unkontrollierbares Szenario um.

                                        Der Cast um Liev Schreiber, Olivia Williams und Elias Koteas erfüllt die Rollen der Raumfahrer aus verschiedenen Ländern mit Leben. Doch wirklich merken muss man sich deren Herkunft nicht. Denn wie sich schon früh andeutet, räumt die besagte Bedrohung ordentlich auf. Ruairi Robinson (Regie) legt augenscheinlich nicht besonders viel wert auf einen doppelten Boden in Form eines allzu tiefgründigen Subtextes. Stattdessen wird ein zwar recht konventionelles, aber immerhin recht spannend in Szene gesetztes Schlachtfest zelebriert, das zwar recht vorhersehbar daherkommt, aber atmosphärisch durchaus zu überzeugen vermag. Auf größere Überraschungen wartet man vergebens, doch gerade daraus kann sich vielleicht auch ein gewisser Reiz ergeben; beispielsweise wenn man ein Unglück kommen sieht, das sich (mutmaßlich) nicht abwenden lässt. Auf links gekrempelt wird das Science Fiction Genre also nicht gerade, doch das dürfte auch keineswegs der Anspruch der Produzenten gewesen sein. Stattdessen bekommt man eine recht sichere Nummer ohne größere Wagnisse geboten. Zwar ist man vom Hard Science Fiction noch ein ganzes Stück weit entfernt, doch zumindest auf allzu große Luftsprünge der Handlung wird verzichtet, wodurch wenigstens ein Mindestmaß an Glaubwürdigkeit erhalten bleibt.

                                        KURZFAZIT

                                        Konventionell und risikoarm, aber keineswegs langweilig.

                                        35
                                        • 4 .5

                                          Horrorctober 2024, Film #22

                                          Jo (Noémie Merlant) ist schwanger. Sie und ihr Partner Spencer (Kit Harington) führen ein perfektes Leben – zumindest wirkt es auf viele Menschen in ihrem Umfeld so. Sie wohnt in einem schönen Haus, macht einen sportlichen Eindruck, hat offenbar eine erkleckliche Anzahl von Followern auf ihren Social Media Kanälen und ihren Job (eine Führungsposition) hat sie sowieso im Griff. Bei einem derart (für ihre Mitarbeiterinnen) beeindruckenden Status ist natürlich auch die mögliche Fallhöhe enorm hoch. Eine perfekte Ausgangslage für ein Horrordrama. Eigentlich.
                                          Zunächst kommt es, wie es kommen muss, und der schöne Schein beginnt nach der Niederkunft zu bröckeln. Aus ihrer einstmals heilen Welt wird damit eine, die von Misstrauen dominiert ist. Misstrauen gegenüber der Schwiegermutter, Misstrauen gegenüber anderen Müttern und sogar Misstrauen gegenüber ihrem neugeborenen Nachwuchs. Kann es wirklich sein, dass ihr all diese Menschen – sogar die kleine Ruby – schaden wollen? Wie und wohin soll sie sich in dieser Lage in Sicherheit bringen? Oder ist ihr Problem eher, dass sie Wahrnehmungen falsch einordnet oder gar halluziniert?

                                          Thematisch erscheint 'Baby Ruby' wie eine stark simplifiziertes (und weniger ambitioniert inszeniertes) Pendant zu Maggie Gyllenhaals oscarnominiertem Drama 'Frau im Dunkeln' (2021). Die Protagonistin fällt nach der Entbindung in einen depressionsartigen Zustand und hadert mit ihrer Mutterschaft. Das bisher augenscheinlich perfekte Leben ist dahin, stattdessen wird sie nun Tag für Tag und Stunde für Stunde mit ihren eigenen Unzulänglichkeiten konfrontiert. Und die Situation wird immer schlimmer.

                                          Ironischerweise kann das vielleicht auch für die Zuschauer gelten. Denn kurz nach dem Auftreten der ersten Risse in der heilen Welt von Jo, zeichnet sich schon ab, wie es in der folgenden Stunde ungefähr weitergehen wird. Halbwegs offen erscheint eigentlich nur das Ende. Und so plätschert die Handlung trotz einer sukzessiven Eskalation über weite Strecken vor sich hin. Sehr viel mehr als puren Durchschnitt sollte man daher nicht erwarten (umso besser, falls man während der Sichtung dennoch positiv überrascht wird).

                                          KURZFAZIT

                                          Ambitioniert erscheinende Prämisse, (weitgehend) konturlose Umsetzung.

                                          32
                                          • 6

                                            Horrorctober 2024, Film #21

                                            Zu Beginn eine kleine Aufgabe für Drehbuchschreiber: Denkt euch bitte eine Geschichte aus, in der folgende Elemente vorkommen: Dorf, Wolf, Polizist, Schwert, Erektion.

                                            Bevor jemand vorschnell abwinkt: Till Kleinert (Regie, Drehbuch und Produktion) ist es gelungen, wie sein Mystery-Horror-Drama 'Der Samurai beweist. Was kann man dabei erwarten – Arthousekino oder billige Trashelemente? Von beidem etwas, wobei der Experimentalfilmcharakter und die bedeutungstragenden Metaphern die Pulp-Elemente durchaus überlagern. Worum geht es also?

                                            Einige Einwohner eines Dorfes sehen sich durch die Anwesenheit eines Wolfes in den umliegenden Wäldern bedroht. Der fast schon grotesk durchsetzungsschwache Dorfpolizist bringt regelmäßig Fleisch in den Wald, wovon er sich eine Entspannung der Situation erhofft. Hält er damit den Wolf aus dem Dorf fern oder setzt er erst recht Anreize, um dessen Weiterziehen zu verhindern? Und ist die wahre Gefahr für den Ort tatsächlich der Wolf oder vielleicht doch etwas anderes? Und falls es der Wolf ist: Handelt es sich dabei wirklich um ein konkretes Tier oder eher um eine Metapher für etwas anderes?

                                            So (oder so ähnlich) lässt sich die Prämisse zusammenfassen, die zu Beginn dieses Filmes ausgebreitet wird. Die fünf anfangs genannten Schlagworte fügen sich zu einer Geschichte über die (Un-)Möglichkeit des richtigen Lebens im falschen bzw. des falschen Lebens im falschen zusammen. Kleinert will hoch hinaus. Eine Geschichte über ein im Raum stehendes Coming Out (und weitere Themen) wird von ihm als blutige Auseinandersetzung eines am Rande stehenden Charakters mit sich selbst und seinem gesellschaftlichen Umfeld illustriert. Als Zuschauer wohnt man diesem Kampf zwar bei, aber man kann vermutlich am ehesten dann etwas daraus mitnehmen, wenn man selbst mit seiner persönlichen Rolle (in Bezug worauf auch immer) hadert. Möglicherweise sieht man aber auch nur achselzuckend dabei zu und lässt sich (im Idealfall) auf einen albtraumartigen Psychotrip mitnehmen.

                                            Fünfeinhalb bis sechs von zehn kopflosen Dorfjugendlichen finden diesen Film gut.

                                            KURZFAZIT

                                            Das Grauen kommt hier von innen und außen zugleich.

                                            32
                                            • 6
                                              Framolf 28.10.2024, 08:52 Geändert 28.10.2024, 08:53

                                              Horrorctober 2024, Film #20

                                              Die Redaktion einer berühmten deutsche Filmseite, die dafür berüchtigt ist, jahrelang selbst unterdurchschnittliche Eigenproduktionen aus dem Hause Netflix wortreich angepriesen zu haben, scheint vor der spanischen Kreidelinie zu kapitulieren. Auch wenn Vollzitate im Internet eigentlich eine heikle Sache sind, darf man in diesem speziellen Fall bestimmt mal eine Ausnahme machen. Allem Anschein nach hat die Redaktion wochenlang die Köpfe zusammengesteckt und an einem passenden Text zu dieser Produktion gebastelt. Et voilà: Der komplette und ungekürzte Wortlaut der besagten Filmbesprechung lautet: „Die Kreidelinie ist ein Film aus dem Jahr 2022.“

                                              Hut ab, das ist mal bemerkenswert konsequent auf den Punkt gebracht und hat den Vorteil, dass man auf diese Weise auch noch eine Reihe inhaltlicher Fehler umschiffen konnte. Obendrein wirkt die Handlung so auch viel geheimnisvoller und nichts wird gespoilert. Letzteres ist bei diesem Film dann auch wirklich sehr von Vorteil, denn die Geschichte an sich ist zwar nicht unbedingt ungewöhnlich, die Erzählweise lässt das Publikum allerdings doch recht lange im Ungewissen, worum es im Kern der Handlung überhaupt geht. Selbst über das Genre, in dem man sich hier befindet, kann man zunächst nur spekulieren.

                                              Konkret geht es um einen mysteriösen Fall, in dem ein Mädchen aufgegriffen wird, das über weite Strecken nahezu jegliche Kommunikation verweigert. Noch rätselhafter erscheint, dass das Kind eine auf den Boden gezeichnete Kreidelinie als ein nahezu unüberwindbares Hindernis zu begreifen scheint. Was hat es damit auf sich?

                                              Zwar dürfte sich bei vielen Zuschauern schon früh eine grobe Vermutung einstellen, doch ob – und zu welchem Ausmaß – diese tatsächlich zutrifft, bleibt lange Zeit offen. Regie und Drehbuch verlassen sich über weite Strecken auf die Wirkung einer düsteren Atmosphäre, in der fragil wirkende Charaktere Licht in das Dunkel zu bringen versuchen. Als irgendwann mit letzter Gewissheit klar wird, worauf die Erzählung hinausläuft, ist sie im Grunde auch schon wieder vorbei. So gesehen macht es dann doch irgendwie Sinn, ohne jegliches Vorwissen an eine Sichtung heranzugehen – auch auf die Gefahr hin, etwas völlig anderes zu bekommen, als man sich vielleicht ursprünglich erhofft hatte.

                                              KURZFAZIT

                                              In diesem Sinne: Die Kreidelinie ist ein Film aus dem Jahr 2022.

                                              33
                                              • 5
                                                über Mama

                                                Horrorctober 2024: "13 aus 13: Doppelt böse!" - Film #19

                                                Zwei Kinder werden im Rahmen eines Gewaltverbechens alleine im Wald zurückgelassen, wo sie für lange Zeit auf sich selbst gestellt sind. Jedenfalls kümmert sich kein erwachsener Mensch um sie. Allerdings sucht dort eine dunkle Präsenz ihre Nähe. Als sie eines Tages endlich zu ihrem Onkel und ihrer Tante gebracht werden, hat es den Anschein, dass keineswegs nur die beiden bei ihren Angehörigen einziehen. Rätselhafte Dinge gehen im Haus vor sich und die beiden legen ein sonderbares Verhalten an den Tag, was ganz besonders für die jüngere der beiden gilt. Ist dies Ausdruck ihres Traumas oder haben sie vielleicht doch einen ungebetenen Gast mitgebracht?

                                                Andy Muschietti erzählt in 'Mama' eine Geschichte, die eigentlich auch ohne die übersinnlichen Elemente schon grausam genug wäre. Obwohl die Prämisse um die sich selbst überlassenen Kinder für sich genommen (ohne Anklänge an das Märchen von Hänsel und Gretel) schon eine solide Basis für ein düsteres Drama bietet, entscheidet sich Muschietti für die Horrorvariante, die ironischerweise aber gerade wegen ihrer Mystery- und Fantasyelemente weniger schockierend wirkt, als es vielleicht bei einer Erzählung der Fall gewesen wäre, die näher an der Realität bleibt. Nicht gerade besser wird es in dieser Hinsicht durch die Vergabe der beiden Hauptrollen. Auch wenn Jessica Chastain gewiss zu den renommiertesten Darstellerinnen ihrer Generation gehört, steht es auf einem anderen Blatt, ob man ihr die Rolle der Rock-Musikerin abkauft. Bei Nikolaj Coster-Waldau wiederum könnte man die Frage stellen, ob der Zugewinn, den die Inszenierung durch seine Doppelrolle erhält, nicht an anderer Stelle wieder für Einbußen sorgt, indem der Realitätsbezug leidet. Bemerkenswerterweise stehlen ihnen jedoch die beiden Jungdarstellerinnen fast die Show.

                                                Muschiettis Horromärchen hat durchaus seine Qualitäten (wie beispielsweise eine passend gesetzte Atmosphäre), wirkt jedoch nicht so abgründig, wie es vielleicht der Fall sein können hätte.

                                                KURZFAZIT

                                                Ein Film so durchschnittlich wie sein Titel.

                                                31
                                                • 3
                                                  Framolf 26.10.2024, 14:21 Geändert 28.10.2024, 08:53

                                                  Horrorctober 2024, Film #18

                                                  Es liegt was in der Luft. Ist es ein Vogel, ist es ein Flugzeug? Oder sind es gar motherfucking snakes on a motherfucking plane? Schön wär's.

                                                  Regisseur Peter Thorwarth (Legendär: 'Bang Boom Bang') schickt ein Flugzeug gen Himmel, in dem sich auch einige Terroristen befinden (unter ihnen auch Dominic Purcell aus den Serien 'Prison Break' und 'Der Fall John Doe!'). Doch nicht nur das, schließlich verbirgt sich auch noch eine Überraschung an Bord.

                                                  In einem etwas verquer vorgetragenen Mix aus Handlungsfetzen aus verschiedenen Zeitebenen wird in fast schon epischer Breite skizziert, was den meisten Zuschauern ohnehin schon von Beginn an klar sein dürfte. Zwar hält die Erzählung auch einige durchaus überraschende Details bereit, doch das Hauptinteresse dürfte eher auf anderen Dingen liegen. Wer gerne die Fetzen fliegen sieht, kann hier (zumindest phasenweise) durchaus auf seine Kosten kommen, aber insgesamt sollte man die Erwartungen besser nicht allzu hoch schrauben. Für ein heiteres Trashspektakel wirkt der Vortrag zu ernst, für eine Premiumproduktion fallen die Ergebnisse in mehreren Bereichen zu überschaubar aus. Licht und Schatten findet sich (nicht nur, aber ganz besonders) bei einigen Darstellerleistungen, wodurch letztlich auch der Gesamteindruck leidet. Die Handlung selbst ist zwar eher Mittel zum Zweck, wirkt aber vielleicht gerade deshalb auch etwas unaufgeräumt. Das Schlachtfest wiederum fällt nicht so kompromisslos aus, dass es längerfristig in Erinnerung bleiben würde. Einige Zutaten für einen unterhaltsamen Flug über die Wolken sind durchaus vorhanden, doch angerichtet sind sie recht gewöhnlich – zumindest im Verhältnis zum doch recht absurden Plot.

                                                  KURZFAZIT

                                                  Um es mit dem mittlerweile fast schon ikonischen Zitat eines altgedienten Hollywood-Haudegens zu sagen: „Enough is enough. I've had it with these motherfucking snakes on this motherfucking plane.“

                                                  25
                                                  • 3

                                                    Horrorctober 2024: "13 aus 13: Doppelt böse!" - Film #17

                                                    Bei den allermeisten Filmkommentaren bietet es sich ja an, die eigenen Vorlieben nicht überzubetonen, sondern stattdessen auch ein wenig Raum für halbwegs wertfreie Beobachtungen zu lassen (sofern das überhaupt möglich ist). Doch mit 'Der Tod weint rote Tränen' stehe ich jetzt erstmals seit langer Zeit mal wieder vor der Frage, wie man darüber schreiben kann, ohne komplett ins Subjektive abzugleiten. Wenn ihr den Grund dafür erfahren wollt, empfehle ich euch mein frisch erschienenes Buch.

                                                    Nein Spaß, ein Buch gibt es natürlich nicht, deshalb zurück zum Film. Hélène Cattet und Bruno Forzani (beide Drehbuch und Regie) lassen ein regelrechtes Gewitter aus stakkatoartigen Schnitten und visuellen Spielereien jeglicher Art auf das Publikum einprasseln – wobei die Bezeichnung „Gewitter“ noch stark untertrieben erscheint. Von schwarz-weiß gehaltenen Sequenzen über die Nutzung diverser Farbfilter bis hin zu Stop Motion Tricks wird (zumindest gefühlt) so ziemlich die komplette Bandbreite an visuellen Gestaltungsmöglichkeiten genutzt; abgesehen von teuren Spezialeffekten und langen Plansequenzen. Und darin liegt in Bezug auf die Rezeption und die Verarbeitung der gebotenen Reize auch schon der Hund begraben. Während viele Arthouse- oder Experimentalfilmemacher ihren Produktionen eine (zumindest stellenweise) betonte – und in manchen Fällen sogar regelrecht zelebrierte - Langsamkeit verordnen, bleibt hier kaum Zeit zum Luftholen; und erst recht nicht zum Nachdenken. Komplett auf die Spitze getrieben wird das auf diese Weise abgebrannte Feuerwerk in einer Szene im mittleren Akt. Mittels einer Türklingel und eines immer und immer wieder gezogenen erzählerischen Taschenspielerticks werden dabei die Geduld und das Nervenkostüm der Zuschauer auf eine ganz besonders harte Probe gestellt.

                                                    Doch wozu das Ganze eigentlich? Handelt es sich bei diesem Übergebrauch an Stilmitteln immer noch um ein Vehikel zum Transport der Geschichte oder um eine reine Fingerübung? Oder soll eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt vielleicht sogar ganz bewusst erschwert werden? Das Bild eines Bühnenzauberers, der während seiner Vorstellung zwei spärlich bekleidete Assistentinnen irgendwelche Sachen auf der Bühne machen lässt, um das Publikum von einem lausigen Trick abzulenken, kann einem dabei durchaus in den Sinn kommen.

                                                    Welche dieser drei Möglichkeiten trifft also zu? Macht euch am besten selbst ein Bild. Vielleicht bekommt ihr ja einen objektiven Artikel dazu hin. :-)

                                                    Drei von zehn vulvaförmigen Stichwunden.

                                                    KURZFAZIT

                                                    Eine gute Wahl für alle Filmfreunde, denen die Filme von David Lynch, Gaspar Noé, Quentin Dupieux oder Dario Argento zu mainstreamlastig sind.

                                                    30