Framolf - Kommentare

Alle Kommentare von Framolf

  • 6
    Framolf 08.12.2024, 16:55 Geändert 08.12.2024, 18:58

    Der filmtastische Adventskalender 2024

    [8]

    Das Weihnachtsfest lebt in vielen Familien von seinen Traditionen. Jedes Jahr dieselben Rituale, dieselbe Dekoration, derselbe Speiseplan. Wer schon die Festtagsgestaltung vieler Menschen in Deutschland als festgefahren empfindet, wird nach einem cineastischen Besuch bei dieser norwegischen Familie die eigene Skala neu justieren müssen. Denn hier wird nicht nur das große Weihnachtsfest gefeiert, sondern vorher schon ein kleineres und zwei Tage davor das klitzekleine Weihnachten. Und jedes dieser Feste ist fest verbunden mit spezifischen Aktivitäten und kulinarischen Genüssen, von denen keinesfalls abgewichen werden darf. Doch dieses Jahr feiern Anne-Liese und ihre Angehörigen Weihnachten mal anders.

    Tochter Thea bringt ihren indischen Lebensgefährten Shazam (zumindest nennt ihn die Mutter so) erstmals mit nach Hause. Dieser fremdelt zwar mit den eigentümlichen norwegischen Gebräuchen, zeigt sich aber dennoch aufgeschlossen. Dass die beiden verlobt sind, ist bei deren Ankunft allerdings noch ein Geheimnis. Theas Plan ist es, dieses zunächst noch nicht zu lüften. Schließlich soll die weihnachtliche Ruhe nicht gestört werden. Das klappt bestimmt.

    Auch wenn in 'Weihnachten mal anders' nur wenig bis gar nicht von der üblichen Culture Clash Klaviatur abgewichen wird, entfaltet Petter Holmsens Inszenierung durchaus eine gewisse Sogwirkung, die gerade während der ersten Hälfte oftmals über wohlgesetztes Timing funktioniert. In zahlreichen Sprechpausen kann man den Akteuren regelrecht beim Denken zusehen. Als Zuschauer möchte man ihnen nicht selten zurrufen: „Sag es nicht!“ Doch so gut wie jedes mal passiert es natürlich doch. In verbaler Hinsicht lassen die Charaktere kaum ein Fettnäpfchen aus. Manche Dialoge gestalten sich wie ein einziger Unfall. Der Inder verstößt aus Unwissenheit oder Unachtsamkeit gegen die weihnachtliche Ruhe, die Norweger aus Ignoranz.

    Und so wird sich die norwegische Familie wohl doch mit abweichenden Abläufen arrangieren müssen. Weihnachten mal anders eben.

    KURZFAZIT

    Weihnachten wie immer? Von wegen!

    32
    • 1 .5

      Der filmtastische Adventskalender 2024

      [7]

      Ungeschriebenes US-Fernsehfilm-Gesetz: In Weihnachtsfilmproduktionen, die etwas auf sich halten, muss mindestens ein Serienstar aus den 80er oder 90er Jahren mitspielen, besser sogar zwei. Natürlich halten sich an diese Faustregel auch viele Produzenten, die von vornherein schon ahnen dürften, dass das Ergebnis ihres aktuellen Projekts auf Murks hinauslaufen könnte. Schließlich lässt sich durch bekannte Namen manchmal auch der eine oder andere Schwachpunkt kaschieren. Und so dürften Caroline Rhea ('Sabrina – total verhext'), Barclay Hope ('Psi Factor – Es geschieht jeden Tag') und David Hasselhoff ('Knight Rider', 'Baywatch') wohl schon von Anfang an die Rolle als Zugpferde bei der Vermarktung von 'Christmas Planner – Was für eine Bescherung!' zugedacht gewesen sein. Eine Strategie, die mehr als verständlich erscheint, denn sehr viel mehr hat John Bradshaws Inszenierung auch nicht zu bieten. Overacting, Gaga-Dialoge, eine selbst für Weihnachtsfilme oberflächliche Handlung, an den Haaren herbeigezogene Wendungen und eine Inszenierung vom Fließband tragen nicht gerade zum Genuss dieses Machwerks bei. Auch wenn die Mitwirkung von David Hasselhoff zunächst einmal aufhorchen lässt, dürfte sich bei vielen doch recht schnell Ernüchterung einstellen. Seine Rolle ist derart überzeichnet, dass er sie eigentlich nur im Stil einer Witzfigur darstellen kann, die sogar noch kindischer als die Kinder selbst auftritt. Die Backstory, die ihm durch die Autoren verpasst wird, ist in dieser Hinsicht auch nur bedingt hilfreich.

      Für Kinder kann dieser Mix durchaus funktionieren, für eingefleischte Hasselhoff-Fans vielleicht auch. Ansonsten dürfte die Zielgruppe schon recht überschaubar sein. Während in den meisten Weihnachtsfilmen Kitsch und eine ruhige, gemütliche Stimmung aufeinandertreffen, sind es hier über weite Strecken Kitsch und Hektik.

      KURZFAZIT

      Vielleicht hätte K.I.T.T. ja dieses Fiasko verhindern können; David Hasselhoff kann es jedenfalls nicht.

      31
      • 3 .5

        Der filmtastische Adventskalender

        [6]

        Jennifer Garner in einer Familienkomödie von Netflix mit einem Drehbuch aus der Hölle. Was schon in 'Yes Day' nur halb funktioniert hat, kommt nun also in abgewandelter Form wieder: Nämlich in einer Mischung aus Weihnachtsfilm und Körpertauschkomödie. Mutter und Tochter tauschen ihre Rollen und Körper ebenso wie Vater und Sohn und (WTF!?) Kleinkind und Hund – und das just an einem Tag, an dem sowohl für die Eltern als auch für die beiden Jugendlichen wichtige Entscheidungen anstehen. Alle vier müssen sich in bestimmten Situationen bewähren, um einen persönlichen Traum am weiterhin am Leben zu halten. Nun ist also jeder von ihnen gefragt, Verständnis für den jeweiligen „Tauschpartner“ zu zeigen und die eigenen Stärken im Sinne und zum Wohl des anderen Familienmitglieds einzusetzen. Das Kleinkind und der Hund laufen in einem eigenen Handlungsstrang als Sidekicks nebenher.

        Nur selten wurde der Prozess des Säens von Handlungskeimlingen derart plump umgesetzt wie in dieser Komödie. Die Informationsvermittlung findet selbst für Weihnachtsfilmverhältnisse (wo die Messlatte nun wahrlich nicht hoch liegt) außerordentlich hölzern statt. Die Autoren geben sich augenscheinlich gar nicht erst Mühe, auch nur einen Hauch mehr Eleganz walten zu lassen als unbedingt nötig. Immerhin scheint innerhalb der Crew diesbezüglich Einigkeit zu herrschen, denn auch die Verantwortlichen für Kamera und Schnitt tun es den Schreiberlingen gleich. Schließlich treten im Lauf der rund 106 Minuten gleich reihenweise Kontinuitätsfehler auf. Mehrere Castmitglieder hingegen hauen über die Maßen auf den Putz, indem sie ihr Overacting regelrecht zelebrieren. Das Ergebnis ist ein zwar kurzweiliges Spektakel, jedoch eines mit dem Nährwert einer Marzipankartoffel.

        KURZFAZIT

        Ungelenk geschrieben und schludrig inszeniert, aber immerhin halbwegs kurzweilig erzählt.

        29
        • 4

          Der filmtastische Adventskalender 2024

          [5]

          Kann ein Erfolgsrezept aus den 60er Jahren auch vierzig Jahre später noch funktionieren? Das kommt sicherlich auch darauf an, welche Elemente beibehalten und welche erneuert werden und wie hochwertig sich die allgemeine Umsetzung präsentiert. Lance Riveras 'Das perfekte Weihnachten' beginnt mit einem ausladenden Vorspann im Trickfilm-Stil, der in ähnlicher Form auch von Blake Edwards oder anderen Haudegen aus einer längst vergangenen Ära stammen könnte. Dabei bleibt es natürlich nicht. Aufgrund mangelhafter Kommunikation zwischen verschiedenen Charakteren entfaltet sich das Szenario einer Verwechslungskomödie, deren Dynamik zunehmend Rasanz aufbaut.

          Auf einer Prämisse wie dieser ließe sich fraglos eine geistreiche Komödie aufbauen – kämen nur nicht die meisten Gags aus den Papierkörben anderer Produktionen und das Dialogbuch direkt aus der Hölle. Wenn die ohnehin schon halbgaren Scherze dann auch noch voller Inbrunst in hoffnungslos übersteigertem Overacting vorgetragen werden, ist das Fiasko perfekt. Zwar ist das Grundgerüst stabil genug, um nicht unter diesem Berg an Ballast in Form von Unfug zusammenzubrechen, doch zwischen Konzept und Umsetzung klafft eine derart tiefe Lücke, dass man nur raten kann, wie tief das Niveau hineingefallen sein muss. Oder anders gesagt: Auf der Ausgangslage einer Screwball-Persiflage (oder -Hommage) und der Situation um die nicht präsente Vaterfigur nebst einem potentiellen Ersatz, der das Herz am rechten Fleck zu tragen scheint, sich aber für seinen gesellschaftlichen Status schämt, hätte sich eine wunderbare Tragikomödie aufbauen lassen können, die vielleicht sogar auch etwas Tiefgang aufweist. Stattdessen hat man sich für eine Mischung aus einer ernsten Problemstellung und seichter Unterhaltung mit einer Prise Fantasy entschieden, woraus letztlich ein unausgegorener Mix resultiert, der sich nur durch eine Handvoll gelungener Szenen ins Mittelmaß rettet.

          KURZFAZIT

          Spätgeborenes Screwball-Imitat, das vermutlich schon wenige Tage nach der Erstveröffentlichung Staub anzusetzen begann.

          30
          • 5 .5
            Framolf 04.12.2024, 21:54 Geändert 05.12.2024, 23:35

            Der filmtastische Adventskalender 2024

            [4]

            Emily (Emily Kinney) steht eine hektische Adventszeit bevor. Ihr Boss möchte einen Weihnachtsmarkt ausrichten und will dafür den besten Santa Claus verpflichten, der nur irgendwie zu finden ist. Um den hohen Anforderungen ihres Chefs gerecht werden zu können, begibt sich Emily zu einem Seminar, das sich „Santa Bootcamp“ nennt und bei dem die Teilnehmer fit für Weihnachten gemacht werden sollen. Der vermeintlich beste Ort, um den idealen Weihnachtsmann zu finden! Also schnell hin, sich die Schüler anschauen und den passendsten von ihnen zum besagten Weihnachtsmarkt locken; so lautet jedenfalls ihr Plan. Schließlich ist sie ohnehin nicht gerade ein großer Christmasfan.

            Doch wie man es aus dem Weihnachtsfilmgenre kennt, kommt es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit immer anders, als die Hauptfigur es erwarten würden. Die Seminarleiterin (Oscar-Gewinnerin Rita Moreno) möchte Emily nämlich nur dann einen passenden Kandidaten vermitteln, wenn sie auch selbst am Seminar teilnimmt. Zwar ist für das Publikum schon recht früh klar, auf wen es wohl hinauslaufen wird, doch Emily muss sich eben notgedrungen auf den vorgeschlagenen Deal einlassen.

            Zwar spielt Regisseurin Melissa Joan Hart (!) bei der Inszenierung ihres dritten Weihnachtsfilmes dieselbe Klaviatur, die bei fast allen Weihnachtsfilmen bemüht wird, doch dank einer vergleichsweise hochkarätigen Besetzung und eines fast schon absurden Szenarios gestaltet sich ihre Verfilmung als durchaus kurzweilig. Weshalb die Seminarteilnehmer Camouflagehosen tragen oder Lauftraining absolvieren müssen, erschließt sich zwar vermutlich nicht mal der Regisseurin selbst, aber wer bei Weihnachtsfilmen Handlungsdetails infrage stellt, hat schon von vornherein verloren. Daher: Glühwein und Gebäck auf den Tisch, Hirn aus und 'Santa Bootcamp' an. Es gibt schlechtere Pläne für einen Adventsabend.

            Gaga Fact: Emily Kinney, die auch bei 'The Walking Dead' mitwirkte, trifft im Bootcamp auf einen Teilnehmer (Michael Maezzo), der aussieht, als wäre er der Onkel von TWD-Star Andrew Lincoln.

            KURZFAZIT

            Belanglos, aber kurzweilig.

            [Danke an den kaiserofchristmas für den Tipp und das Anlegen dieses Filmes bei MP.]

            27
            • 4
              Framolf 03.12.2024, 23:46 Geändert 05.12.2024, 23:35

              Der filmtastische Adventskalender

              [3]

              Das Jahr 2019: Netflix produziert den Weihnachtsfilm 'The Knight Before Christmas', in dem ein englischer Ritter aus dem 14. Jahrhundert in das Jahr 2019 in Nordamerika geschleudert wird und sich dort bei einer Frau einquartiert, die praktischerweise Single ist.

              Das Jahr 2024: Netflix produziert den Weihnachtsfilm 'Hot Frosty', in dem sich eine Skulptur aus Schnee in einen lebenden Menschen verwandelt, der sich bei einer Witwe einquartiert.

              Auch wenn das Konzept aus dem Jahr 2024 dem Publikum den Begriff „Ideenarmut“ regelrecht ins Gesicht schreit, könnte die Prämisse des neueren Films durchaus auch die Grundlage für eine Tragikomödie mit Herz, Humor und etwas Tiefgang bilden. Jedwede Hoffnung auf letzteres sollte man jedoch am besten schon vor der Sichtung begraben. Die anderen beiden Kategorien werden zwar irgendwie bedient, doch letztlich ist hier in beiderlei Hinsicht nicht viel zu holen. Zwar werden durchaus einige Gags auf die Strecke gebracht, wirklich ins Ziel kommen jedoch nur wenige. Mag sein, dass manche Menschen schon darüber lachen können, wenn jemand nackt über die Straße rennt (wobei für das Publikum natürlich alles verdeckt bleibt), doch spätestens bei den „Scherzen“ des Sheriffs stellt sich die Frage, ob das überhaupt irgendjemand lustig findet.

              Immerhin: Das schon oft bemühte Motiv des naiven Neuankömmlings bringt einige lockere Situationen und eine kurzweilige Erzählung mit sich. Umso verwunderlicher erscheint, dass diese Ausgangslage recht schnell verwässert wird. Der Schneemensch lernt unfassbar schnell: Die Sprache beherrscht er von der ersten Minute an, den Rest eignet er sich binnen kürzester Zeit an, wodurch er zwar zunächst als schräger Vogel erscheint, allerdings keineswegs wie eine weltfremde Kreatur. Offenbar soll das Ergebnis dann doch eher eine Liebeskomödie als ein turbulenter Weihnachtsspaß werden.

              Immerhin: In visueller Hinsicht ist diese Netflix-Produktion den allermeisten Konkurrenzprodukten aus dem Fernsehen meilenweit voraus.

              KURZFAZIT

              Dieser Schneemann wurde anscheinend aus gelbem Schnee gebaut...

              33
              • 4

                Der filmtastische Adventskalender

                [2]

                Lucy Lovett (nicht zu verwechseln mit „Schauspielerin“ Luci Lovett) erleidet nach einem Sturz eine retrograde Amnesie. An die Ereignisse der letzten beiden Jahre kann sie sich nicht mehr erinnern. Sie fährt zurück an ihren Wohnort Bedford Harbor, um dort ihren Verlobten zu besuchen. Das Problem: Sie hat sich vor zwei Jahren von ihm getrennt, um nach Portland zu ziehen.

                Von nun an beginnen rund 80 Minuten voller Hochspannung, in denen sich alles um die Frage dreht, ob die beiden wohl wieder zueinanderfinden werden. Und wie verhält es sich mit ihrer besten Freundin und seinem Bruder, die beide zufälligerweise Singles sind? So viel Spannung hält doch kein Mensch aus!

                'Nur noch Weihnachten im Kopf' ist einer jener Weihnachtsfilme, die komplett ohne Widersacher (und erst recht ohne Schurken auskommen). Alle sind nett zueinander, Zurückweisungen werden von der einen betroffenen Person freundlich ausgesprochen und von der anderen in Würde hingenommen. Bei Wettbewerben wird mit Anstand verloren und (sowohl private als auch berufliche) Meinungsverschiedenheiten werden mit allergrößter Rücksichtnahme ausgetragen. Alles könnte also perfekt sein in Portland und Pleasantville Harbor; wäre da nur nicht das Wetter. Regenfälle und Sonnenschein wechseln sich innerhalb einzelner Szenen munter ab und die Mengen an Schnee, die die Kulisse im Stadt- und Landschaftsbild prägen, nehmen binnen weniger Stunden mehrfach zu und wieder ab. Schludrige Filmfehler oder Risse in der Matrix? Droht etwa noch mehr Spannung? Findet es heraus - an einem gemütlichen Abend in der Vorweihnachtszeit.

                Randnotizen: Als Set Dekorateurin fungiert Katie Goold (nicht zu verwechseln mit „Schauspielerin“ Katie Gold aus Dallas, Texas und ihren Namensvetterin und Kollegin Katie Gold aus Tschechien) und als Kameramann Sean Cox...

                KURZFAZIT

                Ein Film der klangvollen Namen – und irgendwie doch nicht...

                33
                • 5 .5

                  Er ist wieder da...

                  Der filmtastische Adventskalender 2024

                  [1]

                  Naomi hat einen Plan: Sie schickt ihre Freundin und ihren Bruder auf einen gemeinsamen Trip nach Lafayette, Louisiana. Jolie kann dort mithilfe ihres Begleiters den Ex-Partner eifersüchtig machen und Ghostwriter Jack soll sich dort Inspirationen für seinen nächsten Roman holen. Naomi wiederum kann sich freuen, wenn zwei ihrer liebsten Menschen zueinander finden („wenn“, nicht „falls“ – wie soll es auch anders sein in einer Weihnachtsromanze).

                  Auch wenn die Autoren schon zu Beginn der Geschichte einige Verrenkungen unternehmen, um diese nicht gerade originelle Prämisse irgendwie in Gang zu setzen, erweist sich 'Der Weihnachtsvertrag' zumindest in manchen Punkten als nicht ganz so durchschnittlich wie viele andere TV-Filme aus den Vereinigten Staaten. Die vielleicht vielversprechendste Idee besteht darin, dass der Ghostwriter wider Willen (viel lieber würde er eigene Ideen umsetzen) eine Liste mit Plot Points ausgehändigt bekommt, anhand derer er einen Groschenroman schreiben soll, der sich als so etwas wie das US-Äquivalent zu den den Rosamunde Pilcher Filmen verstehen lässt. Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass dem Publikum viele der Punkte des Treatment-Gerippes auch in 'Der Weihnachtsvertrag' unterkommen werden. Gewissermaßen nehmen sich also Drehbuch und Regie selbst auf's Korn, auch wenn dieser Aspekt der Geschichte gegen Ende hin etwas überstrapaziert wird und für schmalzige Entwicklungen herhalten muss.

                  Rein optisch setzen die Produzenten auch mit der Wahl der beiden Hauptdarsteller (und auch einiger Nebendarsteller) eigene Akzente. Es sind sogar einige Schauspieler involviert, deren Zähne nicht gebleacht sind – undenkbar bei manchen Produktionen aus anderen Studios. Der Autor sieht so aus, wie sich Regisseurin Monika Mitchell offenbar einen Schriftsteller vorstellt: Durchtrainiert, aber mit Brille (sieht man nur selten bei Hauptcharakteren in Weihnachtsfilmen). Und (fast schon verrückt für Weihnachtsfilmverhältnisse): Er ist offenbar KEIN leidenschaftlicher und talentierter Handwerker. Im Gegenteil, er bittet sogar ein paar Angehörige der Protagonistin um Hilfe bei Bastelarbeiten. Sachen gibt’s.

                  Auf einem anderen Feld hingegen werden die mit weihnachtlichen TV-Romanzen verbundenen Erwartungen zuverlässig bedient: Die Eltern der Protagonistin werden (wie in vielen ähnlichen Filmen auch) von zwei Darstellern gespielt, die vor einiger Zeit größere Rollen in Fernsehserien hatten. Konkret handelt es sich hierbei um Cheryl Ladd ('Drei Engel für Charlie') und Bruce Boxleitner ('Agentin mit Herz').

                  KURZFAZIT

                  Nicht wirklich besser als das Gros der üblichen Weihnachtsfilme, aber immerhin mit etwas Abwechslung in einigen Details der Handlung und der Umsetzung.

                  29
                  • 8

                    [Nicht lesen, wenn ihr den Film auf jeden Fall anschauen wollt. Je weniger Vorwissen, desto besser.]

                    Wichtelkommentar für EudoraFletcher68

                    Rumänien, 1987. Ceausescu regiert mit eiserner Hand. Die Infrastruktur verfällt, viele Menschen leben in ärmlichen Verhältnissen und das Misstrauen unter den Bürgern ist groß. Die Angst vor der Securitate (und anderen Organen) ist allgegenwärtig und schwingt latent bei so ziemlich jeder Begegnung mit fremden Menschen (und vermutlich nicht nur mit diesen) mit. Verschiedene Instrumente der Überwachung verstärken das Gefühl einer permanenten Bedrohung zusätzlich.

                    Konkret geht es in '4 Monate, 3 Wochen, 2 Tage' um zwei junge Frauen, die in einer Einrichtung zusammenwohnen, von der ohne weiteres Vorwissen nicht klar wäre, ob es sich dabei um ein Studentenwohnheim, eine Therapieeinrichtung oder eine Justizvollzugsanstalt handelt. Man bekommt also schnell ein Gefühl für das grimmige gesellschaftliche Klima, das zumindest teilweise in den Städten zu herrschen scheint. So lange das eigene Leben in halbwegs geordneten Bahnen verläuft (Motto: Bloß nicht auffallen), kann man sich wohl irgendwie mit den Verhältnissen arrangieren. Doch wer gegen bestimmte Normen verstößt, hat ein Problem. Ganz besonders schwierig wird es, wenn man etwas plant, das der restriktiven Gesetzgebung widerspricht; insbesondere dann, wenn man auch noch auf die Komplizenschaft eines zwielichtigen „Dienstleisters“ angewiesen ist.

                    Man kann mir jetzt sicher vorwerfen, dass ich das Hauptschlagwort, unter dem dieser Film diskutiert wird, bislang vermieden habe. Mit der Ableitung konkreter politischer Forderungen aus dem Gezeigten würde man sich jedoch auf äußerst dünnes Eis begeben. Nicht umsonst findet die Handlung in den 80er Jahren statt und sicherlich nicht ohne Grund trägt diese Tragödie nicht den Titel 'Zwei Monate, drei Wochen, vier Tage'. Zwar lassen sich durchaus Vermutungen über die Intention des Filmemachers anstellen, doch letztlich blieben diese spekulativ.

                    Wenn man das Offensichtliche ausblendet, bleibt folgende Essenz übrig: Ein restriktives Regime zwingt seine Bürger ins Private – selbst mit Problemen, die eigentlich einer fachkundigen Behandlung bedürfen (in welcher Form auch immer). Auf diese Weise kommt einigen Individuen die Macht zu, ein Unterdrückungsregime innerhalb eines Unterdrückungsregimes zu errichten. Ganz besonders leidtragend: Die Protagonistin, die im Anschluss an ihre Demütigung auch noch ein Reihe an Unverfrorenheiten im Rahmen einer Familienfeier ertragen muss, die von einer statischen Kamera eingefangen werden. Als Zuschauer sitzt man mit am Tisch, der Blick ist auf Otilia zentriert. Mal wird sie ignoriert, mal durch die Blume beleidigt und mal werden Anforderungen an sie gestellt, die sie gar nicht erfüllen kann - und all das unmittelbar nach der Erleidung eines Traumas.

                    Es würde wohl zu kurz greifen, Filmemacher Christian Mungiu eine konkrete politische Agenda zu unterstellen, schließlich erscheint sein Ansatz sehr viel umfassender. Was man als Zuschauer daraus macht, bleibt einem (je nach Sichtweise zum Glück oder leider) selbst überlassen.

                    Eine weitere Errungenschaft dieser Verfilmung: Nahezu alle Charaktere weisen, bis weit in die Nebenrollen hinein, deutlich erkennbare Konturen auf. Gerade die Ecken und Kanten verleihen den Figuren Plastizität und der Erzählung als Ganzes einen Realitätsbezug, der im Verbund mit der reflektierten Kameraführung und der zurückgenommenen Montage das Leben innerhalb der Diktatur regelrecht fühlbar macht.

                    Zudem bemerkenswert: Mungiu hängt zu Beginn gleich mehrere von Chekhovs Guns deutlich sichtbar an die Wand, bringt sie aber dennoch nicht zum Einsatz.

                    KURZFAZIT

                    Intensives Kino, hochambitioniert.

                    34
                    • 6

                      Die Ausgangslage: Maggie hat es nicht leicht. Ihre vier Kinder (die verschiedene Väter haben) erst recht nicht. Maggie wurde von ihrem eigenen Vater missbraucht und von mindestens einem ihrer Partner massiv verprügelt. Nach einem Unglück, das sie zwar nicht direkt herbeigeführt, aber zumindest fahrlässig mitverursacht hat, werden ihr die Kinder durch das Jugendamt genommen. Ihr aktueller Partner behandelt sie zwar respektvoll, kann ihr aber nur bedingt helfen, da ihm die Abschiebung nach Paraguay droht.

                      ++ Massive SPOILER ++

                      Die weiteren Entwicklungen: Nahezu alle Begegnungen mit Nachbarn, Behördenvertretern oder Sozialarbeitern enden aufgrund Maggies mangelnder Impulskontrolle in einem Fiasko. Selbst vor Gericht kann sie ihr aufbrausendes Verhalten nicht zügeln. Also verliert sie auch das Sorgerecht für ihr nächstes Kind. Ein weiteres wird ihr unmittelbar nach der Entbindung entzogen. In mehreren Situationen wird deutlich, dass sie sich bei auftretenden Problemen oder in Stresssituationen selbst oft wie ein Kind verhält. Ob beabsichtigt oder nicht: Ihre augenscheinlich einzige Lösungsstrategie besteht darin, bei Konflikten das Gegenüber durch Aggressionen einzuschüchtern. Die Behörden wiederum schicken ständig wechselnde Vertreter zu ihr, die sich vorzugsweise hinter mantrenhaft aufgesagten Floskeln verstecken. Selbst wenn Maggie überzeugende Argumente parat hätte, dürfte sie diese in vielen Situationen gar nicht äußern. Zwar werden gelegentlich Anhörungen anberaumt, doch da ihr planvolles Vorgehen fremd ist, sind ihre Erfolge überschaubar. Für einen versierten Rechtsbeistand, der sich auch ausreichend Zeit für sie nimmt, fehlen ihr die finanziellen Mittel. Das System mag zwar einige Sicherungen eingebaut haben, in ihrem speziellen Fall greifen diese jedoch nicht. Sie fällt also regelrecht durch das Netz. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wie ihren Kindern ein sicheres Umfeld garantiert werden kann. Sie einfach nur einzusperren, während ihre Mutter anderweitig unterwegs ist, kann auch keine Lösung sein.

                      Die Konsequenzen daraus: Ein Patentrezept hat auch Ken Loach nicht. Woher auch? Beratungsangebote weist Maggie unwirsch zurück und ihre wenigen privaten Kontakte dringen nur sehr schwer zu ihr durch. Dementsprechend ratlos sitzt man auch als Zuschauer vor der Situation. Maggies Lösung: Weitere Kinder gebären. Was aus ihnen werden soll, bleibt offen, bietet aber womöglich Stoff für eine weitere Tragödie dieser Art.

                      KURZFAZIT

                      Von Ken Loach für dich. Und zwar mitten ins Gesicht.

                      [Danke an Eudora für den Tipp!]

                      36
                      • 3 .5

                        Nachdem die Handlung des Vorgängerfilms mit einer Fahrt im Orient Express geendet hatte, muss dieses Motiv auch für den Einstieg in die Fortsetzung herhalten – ohne jedoch das damit verbundene Versprechen einzulösen. Zwar geht es auch in 'Murder Mystery 2' um die Lösung eines Kriminalfalls, doch der Zug an sich dient hier als reines Fortbewegungsmittel. Stattdessen kommt es im Rahmen einer Hochzeitsfeier zu einem Mord und einer Entführung, in deren Folge einige weitere Verbrechen geschehen. Erneut ermitteln Audrey und Nick Spitz (Jennifer Aniston und Adam Sandler) sowie Inspector Delacroix (Dany Boon), wobei nicht immer ganz klar ist, was letzterer überhaupt die ganze Zeit macht.

                        In 'Murder Mystery 2' ist alles ein wenig bunter, lauter und schneller als in der ersten Episode, ansonsten ändert sich nicht viel. Die Actionszenen wirken krawalliger, die neu hinzugekommenen Charaktere mitunter etwas schriller und das Erzähltempo ist noch ein wenig höher; was aber nicht bedeuten soll, dass die Geschichte in irgendeiner Weise umfangreicher oder gar komplexer wäre. Das Finale auf dem Eiffelturm mag zwar als Höhepunkt gedacht sein, ist letztlich aber auch nur die Wiederholung eines vielmals gezeigten Motivs.

                        Die beiden Protagonisten werden einfach nur etwas dynamischer durch den Verlauf der Handlung gehetzt; was aber nicht zwingend einen Mehrwert mit sich bringen muss. Jennifer Aniston kämpft gegen mimische Herausforderungen an und Adam Sandler spult dasselbe Programm ab wie in zahlreichen anderen Filmen auch. Selbiges gilt für Dany Boon, Mark Strong, Jillian Bell und einige weitere Beteiligte. Letztlich wird dem ersten Film also kaum etwas hinzugefügt. So gesehen macht eine Sichtung wahrscheinlich nur für Fans der Darsteller Sinn.

                        KURZFAZIT

                        Halbgare Fortsetzung einer halbgaren Krimikomödie.

                        31
                        • 4

                          ++ Minimale SPOILER ++

                          Vergesst 'Knives Out', ignoriert Kenneth Branaghs Hercule Poirot Filme, denn Adam Sandler hat es sich zum Ziel gesetzt, das Krimigenre aufzumischen. Dafür ist er sogar bereit, bis an den absoluten Rand seiner persönlichen Schmerzgrenze zu gehen. Heißt für ihn: Weitestgehender Verzicht auf Fäkalwitze und präpubertäre Zoten. Das Frühstück bleibt also im Magen und es wird noch nicht mal in die Hosen geschifft. Nun denn...

                          Zur Handlung: Ein Wichtigtuer (Adam Sandler), der sich gerne mal als Cop vorstellt, muss kleinlaut zugeben, dass er durch die entsprechende Prüfung gefallen ist. Tatsächlich sucht er sein Glück als Betrüger. --- Sorry, falscher Film! Das ist die Prämisse von 'The Do-Over' (2016).

                          Also nochmal: Ein Wichtigtuer (Adam Sandler), der sich gerne mal als Cop vorstellt, muss kleinlaut zugeben, dass er durch die entsprechende Prüfung gefallen ist. Tatsächlich sucht er sein Glück als Privatdetektiv. Zumindest schlittert er im ersten der 'Murder Mystery' Filme gemeinsam mit seiner Partnerin (Jennifer Aniston) in diese Rolle, als sich in deren Gegenwart auf einer Yacht vor der Küste Frankreichs ein Mord ereignet. Nachdem die beiden für den zuständigen Inspector (Dany Boon) als verdächtig gelten und gejagt werden, ermitteln sie selbst, um sich auf diese Weise entlasten zu können.

                          In einem Festival der Frankreich-Klischees engt sich der Kreis der Verdächtigen immer weiter ein. Zwar nur sehr bedingt durch Zutun des Protagonistenpaares, aber der Erfolg gibt ihnen gewissermaßen recht. Die Handlung an sich wird leicht verdaulich heruntererzählt. Zahlreiche Ortswechsel, einige scherzhafte Sprüche sowie die obligatorischen Slapstickeinlagen sollen dafür sorgen, dass keine Langeweile aufkommt. Wirklich spannend oder lustig ist das Treiben zwar nicht, doch 'Murder Mystery' ist immerhin weit davon entfernt, grau und eintönig zu wirken. Zum Abschluss des Ganzen wird dann auch schon die Produktion einer Fortsetzung angedroht. Doch das ist ein anderes Kapitel.

                          KURZFAZIT

                          Dann doch lieber 'Knives Out' oder wenigstens Kenneth Branaghs Hercule Poirot Filme.

                          36
                          • 6 .5

                            Das Filmerlebnis beginnt hier bereits mit dem Titel. Handelt es sich um eine Abwandlung des ironisch benutzten Idioms „Was du nicht sagst“ oder doch eher um einen Hinweis, dass irgendjemand aus dem näheren Umfeld (schließlich heißt es „du“ und nicht „Sie“) etwas nicht sehen kann, das der Protagonist sehr wohl wahrnimmt? Oder sieht er es sogar selbst nicht? Und was ist damit überhaupt gemeint? Der Schriftzug auf dem Filmplakat legt nahe, dass hier tatsächlich irgendetwas nur verblasst wahrnehmbar sein dürfte. Als Zuschauer hat man also gleich von Beginn an einen Auftrag bzw. einen Fingerzeig, worauf man achten sollte. Dann mal los.

                            Der halbstarke Anton fährt mit seiner Mutter und deren Partner an die französische Atlantikküste, wo er auf David und Katja trifft, die ungefähr in seinem Alter sind. David ist augenscheinlich einer jener Menschen, die einen ständig in Schwierigkeiten bringen, während Katja Antons Begierde weckt. Eine Kombination, bei der durchaus die Alarmglocken schrillen könnten. Doch Anton schiebt alle Bedenken beiseite. Auch wenn vieles vage bleibt, bekommt man spätestens in der finalen Szene eine Idee davon, warum das so sein könnte.

                            ++ Massive SPOILER ++

                            Der Verdacht liegt nahe, dass beide Personen verschiedene Facetten seiner Psyche repräsentieren und sich als Externalisierung in seinem Alltag manifestieren. Als würden Engelchen und Teufelchen auf seiner Schulter sitzen und ihm abwechselnd Ideen einflüstern, leiten sie sein Handeln in Bahnen, deren Motivation von außen ansonsten kaum erkennbar wäre. „Was du nicht siehst“ eben. Seine Mutter und ihr Lebensgefährte sehen die beiden Hausbesetzer, die stets dieselben Klamotten tragen, nicht. Ob es nur daran liegt, dass sich die beiden leise und im Verborgenen bewegen? Oder sieht die Mutter nicht genau genug hin? Jedenfalls mehren sich die Anzeichen für ein bevorstehendes Unglück; doch wir als Publikum sind eben auch viel näher an Anton dran als seine Mutter, deren Aufmerksamkeit aktuell vorrangig anderen Dingen zu gelten scheint.

                            Egal, für welche der beiden Lesarten man sich entscheidet (also ob Katja und David reale Personen sind oder nicht): Hinter beiden Interpretationsmöglichkeiten prangt mindestens ein Fragezeichen. Wenn die beiden reale existierende Hausbesetzer sind, weshalb scheinen die Nachbarn nicht die Polizei hinzugezogen zu haben? Falls sie aber Ausgeburten des Gehirns eines labilen jungen Mannes sind, weshalb tragen dann die Kinder der Nachbarn Kleidungsstücke, die denen der beiden Anstifter sehr ähnlich sind? Verstörend sind letztlich beide Lesarten, jede auf ihre eigene Art.

                            KURZFAZIT

                            Psychothriller im Gewand eines Arthouse-Dramas.

                            30
                            • 5

                              ++ Minimale SPOILER und eine kleine Lüge/Ungenauigkeit, um nicht mehr zu verraten als nötig ++

                              Ein Hochstapler (Adam Sandler), der sich trotz verpatzter Prüfungen als FBI Ermittler ausgibt...

                              Man könnte meinen, es gehe hier um 'Murder Mystery', doch Adam Sandler scheint derart fasziniert von dieser Charakteridee zu sein, dass er sie gleich mehrmals zum Besten gibt. Dann also anders:

                              Ein random guy, den wir Zuschauer offenbar für cool halten sollen (schließlich trägt er eine Lederkjacke), trifft seinen alten Kumpel (David Spade) wieder, der als Prototyp eines hilflosen Mauerblümchens präsentiert wird. Schon nach wenigen Sätzen wird klar, dass die beiden wahrscheinlich auf ein großes, chaotisches Abenteuer im Stil von 'Der Harte und der Zarte' (1990) gehen werden. Wenig überraschend kommt es dann auch genau so. Der Möchtegern-Cop bringt die beiden in eine Situation, in der sie sich inmitten eines Komplottes wiederfinden.

                              Geboten wird in 'The Do Over' eine Buddy-Actionkomödie, die kaum gewöhnlicher sein könnte; zumindest fast. Denn wo das Happy Madison Logo vorne drauf steht, darf natürlich (in den meisten Fällen) mindestens eine Geschmacklosigkeit nicht fehlen. In dieser Hinsicht wird auch hier zuverlässig geliefert – verschwitzte Eier und verbale Tiefschläge inklusive. Immerhin kommen dank einer halbwegs temporeichen Inszenierung kaum Längen auf. Vereinzelte Szenen erweisen sich als durchaus unterhaltsam und immerhin gibt es auch eine Menge bunter Bilder zu sehen. Besser als nichts.

                              Offen bleibt letztlich die Frage, warum die Protagonisten am Ende nicht auf die Idee kommen, fünf Dollar in einen neuen USB-Stick zu investieren, wenn der alte doch nach Kacke riecht. Im Sandlerverse ergibt das Behalten des alten Sticks wahrscheinlich sogar Sinn, aber darüber möchte man lieber gar nicht erst nachdenken.

                              Fünf von zehn schweißtriefenden Genitalien.

                              KURZFAZIT

                              Durchschnittliche Buddy-Komödie im Sandler-Style.

                              31
                              • 7 .5

                                Oscar Madness (3 Auszeichnungen, 7 weitere Nominierungen)

                                Während eines Staatsbesuchs in Rom büxt Kronprinzessin Ann (Audrey Hepburn) aus, um den protokollarischen Pflichten, die sie als erdrückend empfindet, zu entkommen. Schon nach kurzer Zeit gerät sie ausgerechnet an einen Fotoreporter (Gregory Peck), dem wiederum sein Vorgesetzter wegen eines Exklusiv-Interviews mit der Prinzessin im Nacken sitzt. Gemeinsam erkunden die beiden Rom – und für kurze Zeit wird klar, dass Klassenunterschiede zwischen Adeligen und Bürgern lediglich auf geerbten Privilegien basieren, während doch im Grunde beide einfach nur Menschen sind, die in Rom eine schöne Zeit verbringen wollen.

                                Harmlose Geschichten waren dem Komitee für unamerikanische Umtriebe in den 1950er Jahren bereits deutlich zu subversiv unda ufwieglerisch; schließlich stinkt die Idee von Gleichberechtigung nach Kommunismus. Autor Dalton Trumbo wurde wegen solcher Texte, aber auch wegen der Verweigerung einer Aussage und einer Mitgliedschaft in Der Kommunistischen Partei in den 1940er Jahren auf Hollywoods schwarze Liste gesetzt, was faktisch einem Berufsverbot gleichkam. Mit der Unterstützung eines Strohmannes (Ian McLellan Hunter) konnte Trumbo diese Geschichte dennoch zur Verfilmung bringen, was in Jay Roachs oscarnominierter Filmbiographie 'Trumbo' (2015) anschaulich nachgezeichnet wird. Hunter wurde 1954 ein Oscar für die Originalgeschichte zuerkannt, ehe die entsprechende Trophäe schließlich 1993 postum Trumbo zuerkannt und an dessen Witwe übergeben wurde. Weitere Auszeichnungen wurden Hauptdarstellerin Audrey Hepburn und Köstümdesgnerin Edith Head zuteil. Nominierungen konnte die Crew überdies in den Sparten Regie, Nebendarsteller (Eddie Albert), Drehbuch, Szenenbild, Kamera, Schnitt und Bester Film verbuchen, womit 'Ein Herz und eine Krone' bei der Oscarverleihung 1954 zum zweiterfolgreichsten Film hinter 'Verdammt in alle Ewigkeit' (acht Auszeichnungen, fünf weitere Nominierungen) avancierte.

                                ++ SPOILER ++

                                Das Ende der Handlung erscheint einerseits etwas naiv, muss aber wohl genau so ausfallen, um die Moral von der Geschicht' nicht zu verwässern. Zudem erhält die Story so eine Note bitterer Süße und es wird die Kostbarkeit des Augenblicks betont. Auf der anderen Seite kann man wohl davon ausgehen, dass die meisten Mitglieder royaler Familien schon Wege zu unbemerkten (regelmäßigen) Protokollverstößen finden dürften, wenn es sie danach dürstet. Notfalls wird der Fotoreporter eben als Hoffotograf eingestellt. Doch das würde dann auch wieder am Bild der makellosen Prinzessin kratzen, die sich eben nicht nach dem richtigen Leben im falschen sehnt, sondern nach einem Leben als gleichwertige Bürgerin - abseits des Lichts der Öffentlichkeit.

                                KURZFAZIT

                                Heitere Komödie, deren ohnehin schon recht harmlose gesellschaftspolitische Botschaft größtenteils im Subtext versteckt wurde.

                                33
                                • 7 .5

                                  Oscar Madness (1 Nominierung)

                                  ++ Leichte SPOILER ++

                                  Wie sehen sie aus, die perfekten Tage? Früh aufstehen, durch die Großstadt fahren, öffentliche Toiletten reinigen, gute Musik hören, bei bestem Wetter im Park eine Pause einlegen, weiterarbeiten, zwischendurch ins Onsen, abends auswärts einen Happen essen und dann zurück in die Singlebude, ehe am nächsten Morgen ein ähnlicher Tag folgen wird? Wer in bitterer Armut lebt und oft tagelang kaum etwas zu essen hat, dürfte diese Frage wahrscheinlich anders beantworten als ein Multimillionär, der mehrere Villen sein Eigentum nennt. Protagonist Hirayama befindet sich irgendwo dazwischen. Er beklagt sich nicht über gelegentliche Härten des Lebens, wirkt bei seinen Genüssen nach außen hin allerdings auch nur marginal fröhlicher als sonst. Ist er ein typischer Stellvertreter für die Gesellschaft, in der er lebt? Vielleicht.

                                  So oder so: Die wirtschaftliche Kategorie (Beruf, finanzielle Situation, Eigentum usw.) ist nur eine von vielen. Schließlich gibt es zahlreiche Parameter für die Bestimmung von Zufriedenheit bzw. die Feststellung perfekter Tagesabläufe, beispielsweise den Gesundheitszustand, die soziale Situation (familiäre Beziehungen, Einsamkeit etc.), freizeitbezogene Erfolge (sportliche Leistungen, das Aufspüren eines seltenen Sammlerstücks usw.) oder Genüsse (kulinarisch, kulturell u.v.m.). Klar ist jedenfalls: „Jetzt ist jetzt.“ Das augenblickliche Glück gilt es zu genießen, denn morgen kann es bereits zerbrochen sein. Der umgekehrte Fall kommt ist ebenfalls möglich, dürfte jedoch seltener vorkommen.

                                  So oder so ähnlich ließe sich wohl eine Quintessenz dieses Filmes zusammenfassen; was jedoch keinesfalls bedeuten soll, dass die Interpretationsmöglichkeiten damit schon ausgeschöpft wären. Filmemacher Wim Wenders, der sich in bester Alfred Hitchcock Manier auch selbst einen Mikro-Auftritt in seiner Inszenierung gönnt, betont in einem von Entschleunigung und äußerlicher Ruhe geprägten Drama die Relativität verschiedener Lebens- und Gemütszustände. Während die Schwester des Protagonisten mit Entsetzen auf dessen berufliche Situation reagiert, hat eine Person, die er später kennenlernt, ganz andere Sorgen. Letzterer kann und will seine Zeit auch gar nicht groß mit Belastungen wie Eifersucht verschwenden; er denkt in seiner persönlichen Situation lieber lösungsorientiert. Jedenfalls sehen beide Hirayama mit völlig anderen Augen und aus komplett unterschiedlichen Perspektiven; und das obwohl sich beide aktuell in Situationen befinden, in denen ihnen die Endlichkeit bewusst wird – allerdings auf äußerst verschiedene Weise.

                                  Auch wenn Wim Wenders das Publikum sanft in eine bestimmte Richtung stupst: Die Beurteilung, ob das Glas des Protagonisten (und letztlich auch das eigene) halbvoll oder halbleer ist, bleibt jedem Zuschauer selbst überlassen. So gesehen kann 'Perfect Days' seine Wirkung über den Abspann hinaus entfalten – sofern man sich mit derlei Themen auseinandersetzen mag. Wim Wenders oscarnominiertes Drama 'Perfect Days' stellt sich somit als eines seiner blumigsten und griffigsten zugleich dar.

                                  7 – 7,5 Punkte.

                                  KURZFAZIT

                                  Literatur in audiovisueller Form.

                                  42
                                  • 4 .5

                                    Charles Kinnanes Sportkomödie 'Home Team' beginnt mit dem Hinweis, dass die Handlung auf wahren Ereignissen basiere. „Sehr gut“, denkt da der leidgeprüfte Zuschauer, „endlich mal ein Film aus dem Hause Happy Madison, in dem nicht durchgehend gekotzt, gefurzt oder in die Hosen gepinkelt wird." Und Tatsache: Auch wenn mit Adam Sandlers Ehefrau Jackie, seiner Langzeitmuse Kevin James und dessen Bruder Gary Valentine, seinem Kumpel Rob Schneider, seinem Neffen Jared und seiner Tochter Sunny ein beachtlicher Teil seines Stammensembles auf der Besetzungsliste auftaucht, geht es erstmal überraschend gesittet zu. Hier und da werden zwar nach wie vor niveaulose Witze eingestreut (vor allem in Bezug auf den Alkoholiker und den New Age Verfechter), aber in erster Linie geht es neben dem Vater-Sohn-Konflikt dann doch um Sport. Bei den meisten anderen Produktionsfirmen würde man zwar ob des dennoch überschaubaren Niveaus wahrscheinlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, doch für Happy Madison Verhältnisse ist man hier fast schon im Arthouse Bereich unterwegs.

                                    Erzählt wird eine Geschichte, die in der Tradition der 'Mighty Ducks' Filme steht. Ein Team aus nicht besonders disziplinierten, taktisch absolut planlosen und somit hoffnungslos überforderten Nachwuchssportlern kassiert auf dem Spielfeld eine demütigende Abreibung nach der anderen. Alles ändert sich jedoch mit dem Einstieg eines neuen Trainers. Die Jungs staunen nicht schlecht, als sie plötzlich nicht mehr jedes Spiel zu Null verlieren. Touchdowns für das eigene Team kannten sie bisher nur vom Hörensagen. Und die Crew an der Seitenlinie sieht sogar noch weiteres Potential nach oben.

                                    Alles verläuft also in durchaus geordneten Bahnen. Sportkomödie, Familiendrama und Coming of Age Story (nicht nur in Bezug auf die Spieler, sondern letztlich sogar mit Blick auf den Coach) gehen Hand in Hand...

                                    …bis plötzlich eine regelrechte Flut an Erbrochenem über den Bildschirm schwappt. Selbst 'Stand By Me' und 'Voll Normaaal!' können da nicht mithalten. Man kann eben nicht anders bei Happy Madison (Ausnahmen bestätigen die Regel).

                                    Viereinhalb von zehn bekömmlichen Energieriegeln.

                                    KURZFAZIT

                                    Nah dran an einer durchschnittlichen Sportkomödie.

                                    32
                                    • 7

                                      Oh Wiese, die du grünst so grau
                                      Mit Füßen getreten und doch so still.
                                      Die Männer und Frauen stellen sich zur Schau
                                      Ein Kreislauf, der niemals enden will.

                                      Das Haus ward gemauert für die Ewigkeit
                                      Es dient als Kulisse für Damen und Herrn
                                      Die sich im Kreis bewegen so gern.
                                      Und so geht es weiter für alle Zeit.

                                      Beständig auf Jahr und Tag währet der Reigen
                                      Den Männlein und Weiblein vollführen im Licht
                                      Auch Schatten nennt der Garten am Hause sein Eigen
                                      Doch dorthin bewegen die Leute sich nicht.

                                      KURZFAZIT

                                      Gut zwei Sekunden Filmgeschichte.

                                      34
                                      • 7
                                        über Everest

                                        Im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts nimmt der kommerzielle Tourismus rund um den Mount Everest rasant an Fahrt auf. Während zuvor überwiegend erfahrene Bergsteiger, Abenteurer und Lebensmüde in Richtung Gipfel aufgebrochen sind, kommen nun plötzlich Hinz und Kunz in das Basislager – und teilweise auch deutlich höher hinaus. Wichtig ist nur, dass man einen mittleren, zumeist aber sogar hohen fünfstelligen Betrag für die Kosten aufbringen kann. Alleine die behördliche Genehmigung schlägt schon mit rund 10.000 US-Dollar zu Buche. Bei solchen Kosten reisen die meisten Hobbybergsteiger natürlich mit einer entsprechenden Erwartungshaltung an und wollen unbedingt auf den Gipfel. Ob das Wetter herhält, ausreichend wenig Verkehr auf der Strecke ist oder ob der Gesundheitszustand mitspielt, scheint bei vielen allenfalls eine sekundäre Rolle zu spielen. Dass der Abstieg in der Regel einen noch viel höheren Tribut fordert als der Aufstieg, wird ebenfalls gerne außer Acht gelassen. Manche der Gipfelstürmer lassen einige Finger und Zehen oben, andere gleich den ganzen Körper und offenbar die allermeisten von ihnen haufenweise Müll und Exkremente. Wie in mehreren Dokus berichtet wird (und wie man auch auf zahlreichen Fotos sehen kann), ist der Weg zum Gipfel gepflastert mit zahllosen Leichen. Schätzungen gehen von einer niedrigen bis mittleren dreistelligen Zahl an Körpern aus, die in diesen Höhen ihre letzte (Un-)Ruhestätte gefunden haben. Auch entkräftete Menschen an den Rändern der Wege gehören dem Vernehmen nach zum Alltag. Manchen von ihnen wird geholfen, anderen nicht.

                                        Regisseur Baltasar Kormákur nimmt das Publikum zunächst behutsam an die Hand und führt es Schritt für Schritt über Flughafen, Hotel und Basislager an den Gipfel des höchsten Berges der Welt. An mehreren Stellen zeichnet er die Verbissenheit einiger Expeditionsteilnehmer nach. Eine Verbissenheit und Beratungsresistenz, die bereits bei vielen Touren auch schon andere Teilnehmer, Sherpas und Veranstalter das Leben gekostet hat; beispielsweise wenn jemand wider besseren Wissens mit einem schlechten Gesundheitszustand den Gipfel erklimmen will und dabei andere unnötig aufhält oder eine waghalsige Rettungsaktion erforderlich macht. Die Tour, die in diesem Film gezeigt wird, verläuft wie so viele andere auch: Der Aufstieg gestaltet sich schwierig, ist aber zu bewältigen; danach beginnt der Albtraum.

                                        Während man zu Beginn fast meinen könnte, Kormákur würde den Berg, seine Wetterkapriolen und Tücken sowie die Leichen- und Müllproblematik romantisieren, wird man während der zweiten Hälfte der Spieldauer eines Besseren belehrt. Die Leichtigkeit und der positive Tonfall sind nun komplett einem Szenario der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit gewichen. Nicht wenige Teilnehmer würden sicherlich sofort einwilligen, wenn man ihnen anbieten würde, „nur“ ihre Zehen (und nicht ihr Leben) auf dem Berg zu lassen. Wie es endet, dürften viele Zuschauer bereits vor der Sichtung wissen. Wer nur teilweise oder gar nicht darüber Bescheid weiß, wird dankbar sein, zu Hause auf der Couch oder im Sessel dem Geschehen beiwohnen zu dürfen – und nicht vor Ort sein zu müssen. Ungeachtet dessen werden aber auch in Zukunft fraglos zahlreiche weitere Optimisten den Weg nach Nepal antreten, um sich dort vermeintlich unsterblich zu machen.

                                        KURZFAZIT

                                        Auch wenn sich Autor Jon Krakauer bitter über den Inhalt des Films beklagt hat, erweist sich Kormákurs 'Everest' als zwar leicht glatt gebügelt, aber trotzdem ausreichend nahe an zahlreichen Dokumentationen über Besteigungen des Mount Everests. Es mag sein, dass in Detailfragen manchen Charakteren Dialogzeilen in den Mund gelegt wurden, die es so nie gegeben hat, doch im Großen und Ganzen deckt sich der Ton der Inszenierung mit den Berichten von Everest-Besteigern. Wie nahe diese wiederum an der Wahrheit bleiben, lässt sich von außen nur schwer beurteilen.

                                        36
                                        • 6

                                          Eine junge Frau wird vermisst. Nach dem Fund mehreren Leichen steht der Verdacht im Raum, dass sie ein weiteres Opfer im Rahmen einer bisher ungeklärten Mordserie sein könnte. Zudem wird vermutet, dass noch weitere menschliche Überreste gefunden werden könnten. Bei der zuständigen Polizeidienststelle reagiert man überwiegend gelassen. Teilweise fehlt schlichtweg die Motivation, sich mit dem Ableben von Prostituierten zu befassen. Am ehesten engagiert sich noch ein Ermittler (Gabriel Byrne), der kurz vor dem Ruhestand steht und aufgrund eines steinigen Karriereweges nur bedingt ernst genommen wird. Für die Hinterbliebenen, die sich (wenn schon kein Auffinden der Vermissten) wenigstens Klarheit und eine Ermittlung des Täters wünschen, das reinste Fiasko.

                                          Erzählt wird in 'Lost Girls' nicht nur die Geschichte eines Kriminalfalles, der auf wahren Begebenheiten basiert, sondern auch die Tragödie um eine zerrüttete Familie. Eine Vaterfigur ist nicht vorhanden und die Mutter scheint die maximal mögliche Distanz zu ihren Töchtern zu pflegen. Zu der nun vermissten Tochter hatte sie nur spärlichen Kontakt und auch deren Schwestern pflegen nicht gerade ein inniges Verhältnis zu ihrer Mutter. Die ältere fühlt sich nur unzureichend beachtet, die jüngere wird mit Medikamenten ruhiggestellt. Die sichtlich überforderte Mutter wiederum macht ihrerseits Argumente geltend, warum sie aus ihrer Sicht keine Schuld an der Misere trägt. So gesehen handelt es sich bei der Inszenierung von Liz Garbus ('What happened, Miss Simone?') nicht nur um ein Kriminal- und Familiendrama, sondern durchaus auch um ein Gesellschaftsdrama. Letztlich ist davon auszugehen, dass es sich weniger um tragische Einzelschicksale handelt, sondern vielmehr um ein Phänomen mit einem relativ großen Kreis an Betroffenen. Vielleicht nicht unbedingt in Bezug auf die Mordserie, aber doch in Hinblick auf die familiäre Misere und das eklatante Behördenversagen.

                                          Randnotizen:

                                          Amy Ryan und Gabriel Byrne (beide 'In Treatment') agieren hier im Vergleich zu ihren Rollen in der Therapeuten-Serie mit mehr oder weniger vertauschten Rollen. Während Ryan in der Serie Byrnes Therapeutin spielt, wird sie in 'Lost Girls' gezwungenermaßen zu einer Bittstellerin, die unter dem schleppenden Fortgang der Ermittlungen leidet.

                                          Über die Informationen, die in Textafeln am Ende der Inszenierung eingeblendet werden, ließe sich wahrscheinlich ein weiteres Drama verfilmen.

                                          KURZFAZIT

                                          Grau. Trist. Hoffnungslos. Alltäglich.

                                          [Die Synopse von MP ist mal wieder völliger Unsinn. Die Handlung wird nicht aus der Perspektiv der Todesopfer geschildert, sondern aus Sicht der Hinterbliebenen.]

                                          35
                                          • 7
                                            Framolf 19.11.2024, 01:30 Geändert 19.11.2024, 11:15

                                            Roberto Saviono dürfte unter den Autoren fiktionaler Werke unbestritten zu den profundesten Kennern des organisierten Verbrechens in Italien gehören, was er nicht zuletzt durch die Veröffentlichung zahlreicher Printreportagen und Sachbücher unter Beweis gestellt haben dürfte. In 'Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra, der 2008 produzierten Spielfilmversion der gleichnamigen Vorlage aus der Feder von Roberto Saviano wird, wie es der Titel bereits andeutet, ein Gefühl für das Milieu des organisierten Verbrechens in der Region um Neapel (und darüber hinaus) vermittelt. Die ebenfalls lose auf derselben Quelle basierende Fernsehserie 'Gomorrha' (2014 – 2021) zielt anfangs in eine ähnliche Richtung, ehe sie gegen Ende hin jedoch zu einer Ansammlung übertrieben plakativer Anekdoten verkommt.

                                            Die Geschichte der Serie beginnt zunächst als fiktionalisierte Version von Savianos Recherchen sowie als Milieustudie, die dem Publikum anhand gängiger Stilmittel wie Personalisierung, Psychologisierung und Emotionalisierung vermittelt wird. Gennaro Savastano, Sohn des berüchtigten Clan-Bosses Pietro Savastano hadert mit seiner eigenen Rolle ebenso wie mit der Behandlung durch seinen Vater. Im Lauf einer fast schon epischen Geschichte versucht er so verzweifelt, seinen Vaterkomplex zu bewältigen, dass er gar nicht bemerkt, wie er sich zunehmend eine alternative Version seines alten Herrn verwandelt. In einem zweiten Handlungsstrang versucht sich Ciro Di Marcio, einer der erfahrensten Soldaten Savastanos, auf seine ganz eigene Weise zu emanzipieren. Gennaro und Ciro verbindet daher eine Mischung aus Freundschaft und Hass, Kooperation und Rivalität sowie Loyalität und Verrat – teilweise in schwindelerregend schnellem Wechsel.

                                            Anfängliche Zweifel, ob dieses Grundgerüst tatsächlich eine Serie mit 58 Episoden tragen kann, dürften spätestens während der mittleren Staffel zerstreut werden, ehe sie mit Anbruch des letzten Drittels der Serie wieder deutlich zunehmen. Zwar wird eine regelrechte Armee an neuen Charakteren eingeführt, von denen nicht wenige als vielversprechende Archetypen erscheinen, doch bevor sie ihr Potential auch nur annähernd entfalten können, segnen sie auch schon wieder das Zeitliche. Dies gilt zwar gewiss nicht für alle von ihnen, denn einigen Darstellern wird enorm viel Raum zur Entwicklung ihrer Figuren zugestanden, doch ins Herz schließen sollte man besser niemanden in dieser Geschichte. Im Grunde scheint bei so gut wie allen Charakteren das Verfallsdatum bereits aufgedruckt, man sieht es als Zuschauer nur noch nicht. Oder um es im Stil der Serie auszudrücken: Für nahezu jeden Charakter steht schon ein Grabstein bereit; sofern er nicht auf einer Deponie verscharrt wird...

                                            Grundsätzlich ist es sicher keine schlechte Idee, keinem der Charaktere einen Freifahrtschein auszustellen, doch die Tode häufen sich während der letzten beiden Staffeln derart inflationär, dass es nur noch grotesk erscheint. Mitunter führen selbst Nichtigkeiten zu Massakern; nahezu jede Episode in den späteren Staffeln hält ihr Blutbad der Woche bereit, manchmal sind es sogar zwei. Doch selbst durch diese apokalyptisch anmutende Eskalation kann nicht verborgen werden, dass einige Handlungselemente repetitiv vorgetragen werden. Wie ein Mantra werden verschiedene Entwicklungen wiederholt und zumeist nur geringfügig variiert. Entscheidungen werden mehrmals zurückgenommen und dann doch wieder in der ursprünglichen Form umgesetzt. Vergleichbar mit dem Pendel einer Uhr kehren besonders die beiden Protagonisten immer wieder zu denselben beiden Extremen zurück. Was also zunächst als Mischung aus Kriminalthriller, Mafiadrama und Milieustudie beginnt, verkommt spätestens ab der vierten Staffel zu einer Art. Seifenoper mit Waffen.

                                            Dank der hohen literarischen und auch cineastischen Qualität der ersten Serienhälfte überwiegen die positiven Eindrücke klar, doch haften bleibt unmittelbar nach einer Sichtung eben oftmals der letzte Eindruck.

                                            Dies gilt auch bei der Betrachtung einzelner Episoden. In 'Gomorrha' gehört es zur Tradition, jede Episode mit demselben Musikstück auszuleiten und in den Abspann zu überführen, während dessen dann auch der Gesang einsetzt. Was einerseits als akustisches Markenzeichen funktioniert, bringt auf der anderen Seite auch zwei Nachteile mit sich: Zuschauer, die gerade im Serienbereich auf leitmotivisch verwendete Melodien konditioniert sind, erwaten naturgemäß bestimmte Stimmungen zu bestimmten Liedern. Die Produzenten legen sich auf diese Weise also unnötigerweise selbst Fesseln an. Darüber hinaus kann durch den exzessiven Gebrauch des immer selben Themas am Ende jeder Episode Bingewatching zu einer regelrechten Geduldsprobe werden.

                                            Randnotiz: Die Wege, die Gennaro in Köln zurücklegt, sind ziemlich wirr. Ein Beispiel: Mit dem Auto Richtung Schäl Sick über die Severinsbrücke, dann steigen sie aus und gehen zu Fuß Richtung Westen und kommen aber trotzdem in Deutz wieder raus - und finden sich plötzlich in einem Wald wieder, der ein paar Kilometer entfernt liegt.

                                            KURZFAZIT

                                            Ambitioniertes Projekt mit einigen unbestreitbaren Vorzügen, aber auch ein paar Rissen im Gebilde.

                                            31
                                            • 7 .5

                                              Oscar Madness (3 Nominierungen)

                                              Halbschwergewichtsboxer James „The Bulldog of Bergen“ Braddock (Russell Crowe) hat sich ein kleines Vermögen erwirtschaftet. Seine Kämpfe sind gut dotiert und er lebt mit seiner Familie in einer kleinen Villa an der Ostküste der USA. Wenige Jahre später werden Braddock und seine Angehörigen mit voller Wucht von den Auswirkungen der Großen Depression erfasst. Sie wohnen nun in einem spärlich ausgestatteten Keller-Apartment in einer Nachbarschaft, die eigentlich ein Arbeiterviertel sein sollte. Jedoch gibt es so gut wie keine Arbeit, worunter die gesamte Gesellschaft leidet. Gerade als ambitionierter Sportler könnte er in einer derart schweren Krise vielleicht identitätsstiftend wirken, doch im Grunde hat er mit dem nackten Überleben zu kämpfen. Schließlich liegt oftmals so gut wie kein Essen auf dem Teller.

                                              Regisseur Ron Howard scheint dem Kalkül zu folgen, dass viele Zuschauer seines Boxerdramas auch einige weitere Klassiker dieses Subgenres rezipiert haben dürften. Neben einigen (mehr oder weniger subtil vorgetragenen) Verweisen auf das in Martin Scorseses Sportdrama 'Wie ein wilder Stier' verfilmte Schicksal Jake LaMottas wird besonders während der beiden letzten Akte auf die beiden ebenfalls oscarnominierten Verfilmungen von 'Der Champ' von King Vidor (1931) und ganz besonders auf die Version von Franco Zeffirelli (1979) Bezug genommen. Das Schicksal Andy Purcells und vor allem Billy Flynns im Hinterkopf, erhält Max Baers Hintergrundgeschichte in Hinblick auf James Braddock eine besonders dramatische Note. Die damit verbundenen Kunstgriffe geschehen jedoch zu Lasten von Braddocks Widersacher, dessen Auftreten im Howards Geschichte deutlich überzeichnet erscheint. Dass Baer selbst massiv unter den Folgen seines Kampfes gegen Frankie Campbell gelitten haben soll, wird allenfalls in einer einzigen Dialogzeile angedeutet. Diese wird jedoch in einem derart aufgeladenen Kontext präsentiert, dass nicht eindeutig klar ist, ob sie als aufrichtige Warnung oder als pure Aggression gedacht ist.

                                              Nichtsdestotrotz wurde Howards Inszenierung für drei Oscars nominiert. Berücksichtigt wurde seine Produktion in den Kategorien Schnitt und Maske, was in erster Linie durch die vergleichsweise realistische Darstellung der Boxkämpfe begründet sein dürfte. Zudem durfte sich Nebendarsteller Paul Giamatti einer Nennung auf der Kandidatenliste erfreuen. Jedoch hatte er bei der Verleihung am 5. März 2006 gegenüber George Clooney ('Syriana') das Nachsehen.

                                              KURZFAZIT

                                              Wuchtig inszeniertes Boxer- und Sozialdrama, das neben der sportlichen Seite auch die wirtschaftliche (besonders im Mikrokosmos New Jersey) in den Blick nimmt.

                                              35
                                              • Sehr heitere Sammlung! :D
                                                Noch ein paar mehr und es reicht für eine kleine Sonderausstellung. :-)

                                                18
                                                • Haha, sehr gut. Einen Easter-Egg Scherz in der Adresszeile versteckt. :D

                                                  17
                                                  • 303
                                                    Das geheime Leben der Bäume
                                                    Das schönste Mädchen der Welt
                                                    Der Goldene Handschuh
                                                    Golden Twenties
                                                    Smile
                                                    Systemsprenger
                                                    Wackersdorf
                                                    Werk ohne Autor
                                                    Zwei Herren im Anzug

                                                    24