Framolf - Kommentare
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Alle Kommentare von Framolf
Atmosphärisch ansprechender Mysterythriller, der sein Publikum über weite Strecken im Ungewissen lässt, gegen Ende hin aber alle wesentlichen Fragen beantwortet.
'Lavender' erzählt die Geschichte eines Ehepaares mit Beziehungsproblemen. Erschwerend kommt für beide hinzu, dass der weibliche Part immer stärker werdende Schwierigkeiten in Sachen Wahrnehmung und Erinnerung entwickelt. Wie in so vielen ähnlich gelagerten Filmen stellt sich die Frage nach der Unterscheidung zwischen Realität und Wahn und damit verbunden nach der Interpretation der (vermeintlichen oder tatsächlichen) Visionen. Darüber hinaus beginnt auch noch die Tochter der beiden, ungewöhnliche Verhaltensweisen zu entwickeln. Keine gute Mischung für die besagte Familie. Der geneigte Zuschauer ahnt ohnehin bereits, dass eine derartige Konstellation nur auf ein - für die Protagonisten - gefährliches Finale hinauslaufen kann.
Auch wenn man sich beim Zuschauen über weite Strecken fragt, was es mit dieser Geschichte wohl auf sich haben mag, kommt gegen Ende dann doch deutlich mehr Licht ins Dunkel. Auch wenn das Finale hier eine etwas ungewöhnliche Note hat,* erscheint 'Lavender' im Nachgang dann doch als recht konventionell. Dementsprechend macht man als Thrillerfan mit einer Sichtung auch weder viel richtig noch falsch.
*[SPOILER]
Ein wesentlicher Teil des Finales spielt sich als erlebte Retrospektive ab und ist nicht in der Gegenwart angesiedelt.
Es dürfte nur wenige Zuschauer geben, denen angesichts der Prämisse nicht Filme wie 'Das Fenster zum Hof' oder 'Disturbia' in den Sinn kommen. Einerseits eine gute Gelegenheit für die Produzenten, die Fans der besagten Produktionen „abzufischen“, andererseits aber auch eine große Herausforderung, sich durch eigene thematische und stilistische Schwerpunkte ausreichend davon abzusetzen. Dementsprechend wurden dann auch einige inhaltliche Elemente aus den genannten Genrevorgängern übernommen, andere Bestandteile wurden variiert und letztlich wurde auch noch eine Handvoll eigener Zutaten hinzugefügt; teilweise durch Fox und teils durch Disney, ehe das Ergebnis dann letztlich durch Netflix veröffentlicht wurde.
So verwundert es kaum, dass die gesamte Inszenierung auch eine gewisse Fahrigkeit durchzieht und sie in manchen Facetten auch deutlich überkonstruiert wirkt. Zu einer Reihe ansprechender Einfälle gesellt sich eine mindestens ebenso große Zahl verpasster Gelegenheiten. Das Drehbuch legt verschiedene Fährten aus, wobei im Grunde von vornherein klar ist, dass einige von ihnen zu losen Enden führen werden. Also dominiert die Frage, welcher der möglichen Lösungsansätze wohl der zutreffende sein wird. Da man es hier mit unzuverlässigem Erzählen zu tun hat, kommt erschwerend hinzu, dass es somit ohnehin keine verbindlichen Gewissheiten gibt. Manche Zuschauer werden angesichts dieser Konstellation bereits von vornherein aufgeben, mitzurätseln. Und wer am Ball bleibt, findet sich an einer Kreuzung wieder, von der aus mehrere Wege in einer Sackgasse enden. Das muss per se natürlich nicht schlecht sein, aber der sportliche Ehrgeiz zum Mitknobeln wird so nur bedingt befeuert. Also sieht man einer derangierten Protagonistin dabei zu, wie sie durch ihren beengten Alltag stolpert und dabei einen Kriminalfall lösen will bzw. muss. Das Ergebnis ist durchaus eine Sichtung wert – mit Betonung auf „eine“...
Science-Fiction-Pendant zu 'Buried' (2010). Eine Frau findet sich in einer hochtechnologisierten Kapsel wieder, die offenbar verschlossen ist, und muss herausfinden, wie man aus der Kapsel herausfindet...
Relativ schnell wird klar, dass es sich hier um kein reines Ausbruchsszenario handelt, sondern dass auch mysteriöse Rahmenumstände aufgeklärt werden müssen. Durch mehrere Telefonate und die Internetnutzung der Protagonistin bleibt die Handlung einigermaßen abwechslungsreich, wodurch sich zumindest für die Zuschauer kein Lagerkoller einstellt. Das ganz große dramaturgische oder gar philosophische Rad (hinsichtlich der Sci-Fi-Aspekte) wird hier zwar nicht gedreht, aber für solide Unterhaltung reicht es allemal. Die Erzählung bleibt über die gesamte Laufzeit frisch und erliegt nicht der Ermüdungsgefahr, die zumindest manchen Kammerspielen mit nur einer einzigen präsenten Figur droht.
Am Ende mogelt sich das Drehbuch um einen richtigen Schluss herum, denn das Gezeigte bildet eigentlich nur den Auftakt zu einer noch viel größeren Geschichte, auf der man ohne weiteres auch eine komplette Serie aufbauen könnte.
→ Für eine einmalige Sichtung gewiss nicht die schlechteste Wahl.
Was wäre, wenn die Eltern ihren Kinder einen Tag lang alles durchgehen lassen würden? Prämissen wie diese hätten das Zeug zu einem derben Horrorfilm, rasanter Action oder einer absurden Komödie. Doch leider wählt man hier die biedere Variante und schickt die besagte Familie in eine Waschanlage und einen Freizeitpark. Wow!
Das Problem an solchen Geschichten ist offensichtlich die Gefahr, Kindern damit einen Floh ins Ohr zu setzen, was wiederum Eltern dazu führen könnte, diesen Film eben nicht mit ihrem Nachwuchs zu sichten. Die Produzenten sind sich dessen natürlich bewusst, weshalb sie den Geist der Story am Ende wieder einfangen und [Mini-SPOILER] die Kinder zu der Erkenntnis gelangen lassen, dass autoritäre Entscheidungen manchmal durchaus nötig sein können. [SPOILER ENDE] Sehr überzeugend geschieht dies hier allerdings nicht, sondern eher halbherzig. So wie die vorherigen „Abenteuer“ eben auch. Und so bleibt am Ende eben nur eine maue Komödie, die abgesehen von ein paar wenigen unterhaltsamen Szenen nicht viel zu bieten hat.
Man möchte fast bilanzieren, dass eine Sichtung nur für Eltern Sinn macht, die ihre Kinder bestrafen wollen... Allerdings würde man sich durch derlei Erziehungsmethoden nur ins eigene Fleisch schneiden; denn wenn es blöd läuft, fordern die Kinder dann ihren eigenen Yes Day ein; oder noch schlimmer: Sie wünschen sich eine weitere gemeinsame Sichtung dieses halbgaren Machwerks...
Science-Fiction-Drama-Serie, die auf den allerersten Blick womöglich wie eine Utopie wirken kann, für viele Zuschauer aber eine Dystopie sein dürfte.
Die entschleunigte Inszenierung zelebriert die Kulissen in sorgfältig durchkomponierten Bildern und lässt die Ungeheuerlichkeiten, die das Drehbuch bietet, mit Bedacht auf die Zuschauer wirken. Das Konzept impliziert eine massive Kritik an einigen Auswüchsen in der Tech-Branche bzw. bei einigen besonders großen Konzernen, würdigt aber auch die Faszination die von einigen der Neuerungen ausgeht. Und so geht es dann auch mehreren Charakteren: Je tiefer sie hinter die Kulissen der Branche blicken können, desto größer wird ihr Entsetzen darüber. Bei manchen früher, bei anderen später.
Insgesamt hat dieser deterministische Ansatz natürlich auch etwas enorm deprimierendes, aber auch eine gefahrvolle Dimension an sich. Übel ist es natürlich aus Sicht von unterprivilegierten oder kranken Menschen, denen ein derartiges Denkmuster sogar noch den letzten Rest Hoffnung rauben könnte. Schlussendlich riechen auch in 'Devs' manche Entwicklungen nach forcierten selbsterfüllenden Prophezeiungen. Wie sich einige Dinge ohne Zutun der Projektentwickler entwickelt hätten, bleibt offen. Denn geradezu verheerend kann natürlich die entschuldigende Komponente sein, die diesem Konstrukt zugrunde liegt. Wieso noch Verantwortung für irgendetwas übernehmen, wenn ohnehin alles vorbestimmt ist? Mit einem derartigen Denkmuster im Rücken kann man sich natürlich ohne jegliches schlechte Gewissen wie die Axt im Walde verhalten. Und wenn es tatsächlich keinen wirklich freien Willen gibt, fällt auch ein großer Teil der Gründe weg, die das Leben überhaupt lebenswert machen.
Alex Garland hat mit 'Devs' ein in visueller Hinsicht außerordentliches Werk geschaffen, das auch auf inhaltlicher Ebene ganz große existenzielle Fragen in den Fokus nimmt. Wirklich handfeste Antworten darauf kann naturgemäß auch er nicht bieten. Der Ansatz, den er präsentiert, könnte allerdings fatalistischer kaum sein – auch wenn er ihn auf einer anderen Ebene wieder mit etwas Hoffnung unterfüttert. Allerdings ist selbst dieser „Ausweg“ in letzter Konsequenz wieder deutlich frustrierender als dass er Befriedigung bieten könnte. Was soll man nun als Zuschauer daraus mitnehmen? Ganz gezielt den Gegenbeweis antreten (was aber kaum möglich sein dürfte)? Bewusster leben und noch stärker den Augenblick genießen? Das steht natürlich jedem frei, aber dafür bräuchte es das hier bemühte Modell nicht. Man könnte auch versuchen, dem vermeintlichen Determinismus zu trotzen und im Rahmen der eigenen Möglichkeiten das Richtige zu tun. Wenn man allerdings radikal an dieses Konzept glaubt, wird man auch hier recht schnell die Segel streichen.
Was bleibt, sind also gemischte Gefühle nach einer hervorragend umgesetzten Miniserie, die stark die Handschrift ihres Showrunners trägt, aber in inhaltlicher Hinsicht (zumindest mich) auch etwas ratlos zurücklässt.
(@Siegemund: Deinen Blogartikel habe ich mir nach dem Verfassen meines Kommentars erstmals komplett durchgelesen. Vor der Sichtung hatte ich nur Auszüge gelesen, weil ich mich nicht zu sehr spoilern lassen wollte. Du bringst dort viele interessante Aspekte mit ein, aber um ehrlich zu sein, konnte ich nicht so richtig erkennen, dass Garland den Big Data Aspekt tatsächlich - verkürzt gesagt - über den Determinismus stellt bzw. als unverzichtbare Grundlage heranzieht. Oder als Frage formuliert: Inwiefern kann deine These die blinden Flecken von Oracle & Co. erfassen? Oder nochmal anders: Müsste diese spezielle Art des Determinismus nicht in sich zusammensacken bzw. permanent an der Komplexität der Realität und den erwähnten blinden Flecken scheitern? Vielleicht bin ich da aber auch einfach nur nicht technikgläubig genug.)
++ Leichte SPOILER ++
Heute gehen wir japanisch essen. Das Restaurant erscheint auf den ersten Blick recht ansprechend und die Speisen, die serviert werden, machen optisch einen ordentlichen Eindruck. Was man wohl bekommen wird, wenn man hier das Gericht des Tages bestellt?
Cedric Nicolas-Troyans 'Kate' wirkt wie die Verfilmung eines Drehbuchs, das Luc Besson kurz zuvor abgelehnt hat. Eine radiaoaktiv verstrahlte Auftragsmörderin schießt sich ihren Weg durch die Unterwelt Tokios frei, um sich an den Leuten zu rächen, die für ihre Vergiftung verantwortlich sind.
Die Inszenierung stellt den Stil deutlich über den Inhalt. Wirklich hinterfragen sollte man die Handlung besser nicht – zumal auch nicht immer ganz klar ist, was hier klar beabsichtigt ist und was eher tölpelhaft als Kollateralschaden verursacht wurde. Gegen Ende wird dann auch noch ein „Twist“ präsentiert, den so ungefähr jeder Zuschauer vorausgeahnt haben dürfte. Es gibt einfach ein paar bestimmt Karten, die immer und immer wieder im Actiongenre gespielt werden. Ein Beispiel wäre (nicht direkt aus diesem Film): Sobald ein Polizist im Krankenhaus liegt, kann man eigentlich darauf warten, dass er sich die Schläuche herausreißt und wieder den Kampf gegen seine Widersacher aufnimmt. Dasselbe gilt, wenn ein Cop suspendiert wird und seine Waffe sowie seine Dienstmarke abgeben muss. Da hält die Auszeit für gewöhnlich keine zehn Minuten. In der Inszenierung von 'Kate' spielen Polizisten zwar keine relevante Rolle, aber dafür werden eben andere Klischees bemüht, die das Publikum in (un)schöner Regelmäßigkeit ertragen muss. Leider erreicht man damit oftmals das Gegenteil und tötet die Spannung eher ab, als sie zu befeuern.
Unter dem Strich steht also die solide Inszenierung eines – zumindest in Teilen – haarsträubenden Drehbuches. Die Atmosphäre der nächtlichen Szenerie schafft einen halbwegs wiedererkennbaren Rahmen und die temporeiche Umsetzung des Stoffes verhindert, dass allzu große Länge aufkommen.
Damit soll dieser Kurzkommentar dann jetzt auch enden, denn der Ober bringt gerade das bestellte Gericht. Schön angerichtet ist es ja schon. Umso ernüchternder erscheint es daher, dass sich in der Mitte der relativ aufwändigen Garnitur nur ein angeschimmeltes Butterbrot befindet. Schade. Im rechten Licht lässt sich der Teller sicher gut fotografieren. Aber Sättigung oder sogar Genuss sollte man sich dann doch lieber anderswo gönnen.
Japanuary 2022 - Film 8/8
Im japanischen Drama 'Wife of a Spy' werden Politik und Filmkunst auf eher unkonventionelle Weise verknüpft. Die Handlung dieser Produktion dreht sich um eine Dame, in deren Umfeld das Filmemachen eine ähnlich große Rolle spielt wie die politischen Interessen einiger ihr nahestehenden Personen. Die Handlung findet statt vor dem Hintergrund einer zunehmend eskalierenden Kriegssituation, deren Auswirkungen immer deutlicher für die heimische Bevölkerung spürbar werden. Wie würde man sich nun verhalten, wenn man die Möglichkeit hätte, entscheidend einzugreifen, aber damit letztlich auch großes Leid bei Menschen zu verursachen, die unter anderen Konstellationen vielleicht glimpflicher davon kommen würden? Diese Ausgangsfrage erinnert ein wenig an die hierzulande geführte Debatte über den Abschuss von Flugzeugen, die eventuell von Terroristen gekapert wurden. Regisseur Kiyoshi Kurosawa steuert zu dieser Diskussion mit 'Wife of a Spy' einen Beitrag der (stilistisch) etwas anderen Art bei, hält sich mit einer klaren Positionierung aber weitestgehend zurück.
++ Massive SPOILER ++
Ungewöhnlich erscheint aus hiesiger Perspektive die Wahl des Widerstandskämpfers, um den sich die Geschichte dreht. Während in deutschsprachigen Produktionen oftmals pazifistischen Regimegegnern ein filmisches Denkmal gesetzt wird, geht es hier um einen Spion, der zumindest indirekt eine unfassbare Blutspur hinter sich herzieht. Er beobachtet Gräueltaten seiner Landsleute im Ausland und versucht, den USA Informationen darüber zuzuspielen, um sie auf diese Weise zu einem Kriegseintritt zu Ungunsten Japans zu bewegen. Zudem nimmt er billigend in Kauf, dass seine Frau im Bombenhagel zurückbleibt, während er einen Hafen ansteuert, der weitab vom akuten Kriegsgeschehen gelegen ist. Kurosawa entschärft das Problem dieses überaus ambivalenten Charakters insofern, dass er dessen Frau in das Zentrum der Erzählung rückt und mehrere Fragezeichen hinter den Verbleib des besagten Spions setzt. Auf diese Weise entgeht die Regie auch dem Dilemma, sich womöglich kompromisslos und eindeutig positionieren zu müssen; denn wie sollte das auch möglich sein in einer moralischen Grenzfrage wie dieser? Darüber hinaus fängt er dieses Problem auch über eine (in zumindest manchen Szenen) etwas flapsige Erzählweise ein, die ein wenig Schärfe aus der ohnehin schon brisanten Situation nimmt. Ein (in Bezug auf das Thema) ungewöhnlicher Ansatz, aber vielleicht auch gerade deshalb der Behandlung dieses heiklen Sachverhalts angemessen.
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Nach den Klassikersichtungen im letzten Jahr standen dieses mal u. a. fünf relativ unbekannte Filme auf dem Plan. Das Perlentauchen hat sich gelohnt; einige der Filme hätte ich ohne den Japanuary wahrscheinlich gar nicht gesichtet.
https://www.moviepilot.de/liste/japanuary-2022-framolf
Japanuary 2022 - Film 7/8
Großes Kino aus Japan.
Die Prämisse: Eine junge Frau, die seit frühester Kindheit gelähmt ist, findet sich selbst in einem gedanklichen Gefängnis vor: Ihre Mutter verweigert ihr – unter dem Verweis auf draußen lauernde Gefahren - einen halbwegs normalen Alltag und ihre Chefin beutet sie (trotz verwandtschaftlicher Beziehungen) emotional regelrecht aus, indem sie ihr nicht die öffentliche Anerkennung zukommen lässt, die ihr aufgrund ihrer Arbeit als Zeichnerin eigentlich zustehen sollte. Damit wiederum errichten die beiden bisher wohl engsten Bezugspersonen für die Protagonistin Yuma eine Art gedanklichen Deckel, der sie an jeglicher Art von Emanzipation hindert und ihr das Erreichen ihrer privaten und beruflichen Träume verwehrt.
Das Statement: Die Handlung von '37 Seconds' erweist sich als flammendes Plädoyer für die Unterstützung der eigenen Kinder, Verwandten, Nachbarn, Freunde oder Kollegen – ganz besonders dann, wenn diese ohnehin schon mit großen Herausforderungen zu kämpfen haben. Gerade in einer solchen Situation braucht man zumeist nicht gerade jemanden, der einem erklärt, was man alles voraussichtlich nicht bewerkstelligen können wird. Und genau dieser Philosophie hat sich eben auch HIKARIs Inszenierung verschrieben. Statt unnötig zu zweifelhaften Unterhaltungszwecken künstliche Hindernisse aufzutürmen, begleitet die Kamera die Protagonistin auf ihrem bisweilen auch etwas steinigen Weg durch einen immer spannender werdenden Alltag. Während dieser (Selbstfindungs- und Selbstgewisswerdungs-)Tour sieht sie sich gezwungen, an manchen Stellen ganz bewusst die Eskalation im Verhältnis zu ihrer Mutter zu suchen, um schlussendlich eine neue Basis für das gemeinsame Zusammenleben finden zu können. Viele Jugendliche können davon ein Lied singen. Und – ohne zu viel zu verraten – dabei gelingen ihr auch Dinge, die ihre Mutter in dieser Form offenkundig bisher selbst noch nie zustande gebracht hat. Denn letztlich hat diese nicht nur die Möglichkeiten ihrer Tochter unnötig limitiert, sondern damit indirekt auch ihre eigenen.
Der Advocatus Diaboli: Wer unbedingt ein Haar in dieser Suppe finden möchte, könnte darauf verweisen, dass hier die Reaktionen der allermeisten Menschen schlimmstenfalls aus Desinteresse bestehen. Wirklich extrem böse meint es – entgegen der (möglicherweise nicht ganz uneigennützigen) Prognosen der Mutter – eigentlich niemand mit Yuma. Aber wäre es anders, würde das Drehbuch komplett seine eigenen Intentionen unterlaufen. Mag sein, dass es auch viele bemerkenswerte Geschichten über einen aussichtslosen Kampf gegen Windmühlen zu erzählen gibt; aber dafür ist eben in dieser Inszenierung nicht der richtige Ort. Denn hier geht es um einen Befreiungsakt der ganz besonderen Art: Eine Loslösung aus der Umarmung einer überfürsorglichen Mutter, einen Übertritt aus der Jugend in das Erwachsenenleben und das Erleben von Dingen, die sich zwar nur mit Widerständen, aber oftmals eben trotzdem irgendwie realisieren lassen. Dass dies mit allergrößten Hindernissen verbunden sein kann, versteht sich von selbst; da bedarf es dann auch gar keiner pseudodramatischen Einschübe mehr.
Das Fazit: Manchmal können nur 37 Sekunden über ein komplettes Leben entscheiden. Die Protagonistin im Zentrum dieser Geschichte hat es mit großem Willen und mitreißender Unbeirrbarkeit geschafft, dass die besagte Zeitspanne für sie in allererster Linie die konkrete Ausgestaltung ihres Alltages betrifft. Ihre Träume, Hoffnungen und eine gewisse Lust am Leben lässt sie sich dadurch aber nicht nehmen. Ganz im Gegenteil: Mit bewundernswerter Beharrlichkeit und einer ordentlichen Portion Optimismus meistert sie große Herausforderungen, findet Freunde und Verbündete und zieht aus ihrer Emanzipation Energie für weitere Schritte. Dass es irgendwann bei manchen Vorhaben auch wieder Rückschläge geben mag, versteht sich von selbst. So geht es schließlich allen Menschen – ganz unabhängig von der körperlichen Konstitution. Daher muss das auch nicht übermäßig betont werden. Zumindest nicht im Rahmen dieser Inszenierung. Denn wenn jemandem schon Steine in den Weg gelegt werden, kann man nur sämtliche Hüte davor ziehen, wenn diese Person sogar noch etwas schönes daraus baut.
Japanuary 2022 - Film 6/8
Ghiblis 'Stimme des Herzens' vereint eine Coming of Age Geschichte mit Elementen des Bildungsromans und bringt beide literarische Formen auf eine Art zusammen, die sowohl jüngere als auch (vergleichsweise) ältere Zuschauer adressieren dürfte. Eine Schülerin, die sich der Dichtung (und ein Stück weit auch der Musik) verschrieben hat, verliebt sich über beide Ohren in einen Jungen, dessen Vorlieben genau anders herum akzentuiert sind: Er lebt für die Musik, interessiert sich aber auch für Literatur. Die dritte maßgebliche Figur im Bunde ist der Großvater des Jungen, dessen Leidenschaft Antiquitäten und deren zugehörige Geschichten sind. Und, wie sollte es anders sein, auch er musiziert gerne. Und so fügt sich diese Konstellation zu einer kleinen Geschichte über Kunst, Kultur, Adoleszenz und Liebe zusammen, die kaum schöner bebildert sein könnte. Wie man es von Ghibli kennt, ist auch dieser Film von einem feinen Gespür für detaillierte Bilderwelten gekennzeichnet. Während in zahlreichen anderen Trick- und Animationsfilmen in vielen Szenen der jeweilige Hintergrund mehr oder weniger stillsteht, gibt es hier ständig etwas zu entdecken. Mitunter spielt sich dort sogar mehr ab als im Vordergrund. Leute gehen ihren beruflichen Tätigkeiten oder Freizeitaktivitäten nach, Tiere laufen durch die Szenerie, Autos versetzen die Stadt in eine rastlose Unruhe. Überhaupt steht hier der Verkehr in starkem Kontrast zu dem Protagonisten-Pärchen. Während für die beiden im Verlauf der gemeinsamen Gespräche regelmäßig die Welt um sie herum stillsteht, zerschneidet der Verkehr, der hier konsequent als latent bedrohlich gezeigt wird, immer wieder die Idylle, was auch in der 'Asphalt Roads'-Textvariante ihren Ausdruck findet.
Wenn man so möchte, geht es hier nicht nur um eine Stimme, sondern auch um eine Stille des Herzens, die immer wieder Gefahr läuft, im Kontext ihrer Umwelt unterzugehen. Yoshifumi Kondos Kino ist eben nicht das eines erhobenen Zeigefingers, sondern es geht um eine Würdigung und eine Zelebration des Erhaltungswürdigen sowie um eine angemessene Wertschätzung der Schönheit im Kleinen wie im Großen – in der Kultur wie auch im Alltag. Auf den ersten Blick mag das vielleicht banal wirken, doch es geht hier eben auch um Werte, deren Existenz gemeinhin mitunter so sträflich als Selbstverständlichkeit unterschätzt oder gar missachtet wird, dass deren Verlust droht: Die Natur, die innere und äußere Ruhe, der Stellenwert von Kunst, Kultur und Erinnerungen und letztlich auch die Jugend. Die Vergänglichkeit der letzteren lässt sich nicht aufhalten, aber viele andere Faktoren lassen sich eben vielleicht doch konservieren oder zumindest wertschätzen. Und sei es „nur“ in Form eines filmischen Denkmals aus dem Hause Ghibli.
7 Punkte mit Drall in Richtung 7,5.
(Zwei Bemerkungen vorab: 1. Achtung, zwei Kommentare unter meinem wird das unvermittelt das Ende des Filmes gespoilert! Auch einer der Trailer nimmt den Schluss schon vorweg. 2. Das Nutzerverhalten bei Netflix ist und bleibt kurios. Einerseits geht der größte Müll steil, sofern er nur unter den aktuellen Top 10 gelistet ist, aber andererseits bleiben einige Genreperlen komplett unbeachtet, weil halt keiner darüber redet. Netflix und OmU-Versionen bleiben ganz offenbar eine Mischung, die beim Publikum nicht besonders gut ankommt.)
Japanuary 2022 - Film 5/8
++ Enthält leichte SPOILER sowie einen massiven SPOILER, vor dem weiter unten im Text nochmal gesondert gewarnt wird ++
Tatsushi Ômoris Widerhall auf Horokazu Koreedas 'Shophlifters'? Ja und nein. Denn für gewöhnlich fällt das Echo etwas leiser aus als der ursprüngliche Ruf. Im Fall von 'Mother' (2020) verhält es sich hingegen vielmehr so, dass die jüngere Veröffentlichung in emotionaler Hinsicht nicht minder wuchtig daherkommt – eher im Gegenteil.
Eine Mutter bringt sich und ihren Sohn mehr schlecht als recht mit Gaunereien und Schnorrereien durch den steinigen Alltag, wobei der Kleine gefühlt mehr zum Überleben beiträgt als seine Erziehungsberechtigte. Sobald auch nur ein Yen übrig bleibt, versenkt sie diesen in einer Spielhalle – aber nicht um ihrem Sprößling mal ein paar Minuten der Abwechslung an einer Konsole zu verschaffen, sondern zur eigenen Bespaßung. Und um Männer kennenzulernen; vorzugsweise solche, die selbst einen schweren Rucksack an Problemen mit sich herumschleppen. Sobald sich Schwierigkeiten abzeichnen (weil beispielsweise das Gas abgestellt wird), sucht die tragische Schicksalsgemeinschaft das Weite, um sich woanders wieder etwas aufzubauen, bevor der Kreislauf in eine weitere Runde geht.
Soweit die Prämisse. 'Mother' erzählt die Geschichte einer manipulativen Mutter mit einer massiven Neigung zur Selbstzerstörung und einem Hang zu Rücksichtslosigkeit, der seinesgleichen sucht. So gut wie jeder Mensch ist für sie nur Mittel zum Zweck – mit allenfalls einer einzigen Ausnahme. Und damit ist, so viel kann verraten werden, nicht der kleine Shuhei gemeint. Tatsushi Ômoris Inszenierung zeichnet eine Odyssee ins Verderben nach, die einer klaren Abwärtsspirale gleicht. Auf jedes noch so kleine Glück – und sei es nur ein rund vier Quadratmeter „großer“ Raum als wohnungsähnlicher Zufluchtsort – folgt eine neuerliche Episode des Absturzes. Für die Erwachsene eine freie Entscheidung (wenn auch meist aus inneren bzw. manchmal aus äußeren Zwängen heraus), für das Kind im Grunde alternativlos. Ômori zeichnet diesen Weg bitter-lakonisch nach und lässt seine Figuren nahezu ungebremst auf einen Abgrund zusteuern. Oder genauer gesagt: Zwar versuchen Akteure von außen durchaus, mildernd einzuwirken, doch das destruktive Vehikel nimmt immer wieder in atemberaubender Beschleunigung Geschwindigkeit auf. Was kann aus einem Kind oder Jugendlichen in so einem Umfeld überhaupt noch werden? Tatsushi Ômoris Fazit fällt ebenso bitter wie vielschichtig aus.
→ Sehenswertes Drama, das betont nüchtern inszeniert wurde und gerade dadurch noch an zusätzlicher Wucht gewinnt. Nicht, dass es dieser bedurft hätte; die Handlung ist auch so schon deprimierend genug, doch trotz gelegentlicher Pointierungen sind wesentliche Teile der Geschichte alles andere als weithergeholt, was dieses Drama umso bedrückender erscheinen lässt.
Daher klare Empfehlung an Fans überwiegend lebensnaher Geschichten, die keine Berührungsängste mit OmU-Versionen haben (meines Wissens ist aktuell – Stand Januar 2022 – noch keine deutschsprachige Synchronversion verfügbar, was wohl auf absehbare Zeit auch so bleiben wird).
++ Indirekter SPOILER bzgl. des Endes ++
Am Ende bleibt die Frage, ob der Gipfel der Ereignisse nicht vielleicht einfach nur der einzig logische „Ausweg“ für Shuhei war. Einen Grund für diese Annahme nennt er selbst (regelmäßige Mahlzeiten und eine Chance auf Bildung). Ein weiterer wäre die Möglichkeit, sich in einem „gesicherten“ Raum von der Mutter abzunabeln. Zum Zeitpunkt seiner Entlassung wird er Ende Zwanzig sein, bei guter Führung kommt es vielleicht auch etwas früher dazu. So zynisch es auch klingt, aber vielleicht kann er sich auf diese Weise Bildung aneignen und an ein Leben ohne seine Mutter gewöhnen, die ihrerseits wiederum auch ohne ihre Kinder zurechtkommen muss. Die Tragik bzw. Ironie an der Sache ist, dass ausgerechnet Akikos Mutter den höchsten Preis für diese „Gelegenheit“ entrichten muss. Wenn man bei dieser (gewiss nicht komplett von der Hand zu weisenden) Logik bleibt, lässt sich auch nicht ganz ausschließen, dass Akiko eines Tages selbst von ihren zukünftigen Enkeln Gefahr drohen könnte. Manche Dinge im Leben sind und bleiben komplex. Tragischerweise auf eine Art, die manche Menschen auch überfordern und auch zu großen Schäden bei Dritten (zum Beispiel Kindern) führen kann. Ein Trauerspiel, aus dem leider kein Ausweg in Sicht ist.
Japanuary 2022 - Film 4/8
Es ist und bleibt eine Glaubensfrage, ob man bei Ghibli eher den phantastischen Inszenierungen, die nur so vor Ausschweifungen strotzen und zum Eskapismus einladen, zugetan ist oder lieber den Filmen, die eher leise Töne anschlagen, nahe am Leben bleiben und in einigen Facetten fast schon an europäische Arthouse Dramen erinnern. 'Der Mohnblumenberg' lässt sich ohne Wenn und Aber in die zweite Traditionslinie einordnen, gesellt sich dabei zu Produktionen wie 'Stimme des Herzens' und steht damit in direkter Opposition zu Filmen wie 'Das wandelnde Schloss' oder 'Chihiros Reise ins Zauberland' – zumindest in stilistischer Hinsicht. In thematischer Hinsicht lassen sich zweifellos Überschneidungen feststellen, die allerdings mit völlig unterschiedlichen Mitteln vorgetragen werden.
In Bezug auf 'Das wandelnde Schloss' wäre beispielsweise die Einbettung einer Coming-of-Age-Geschichte (zumindest im weitesten Sinne) in die zeitgenössischen Umstände einer vergangenen Epoche zu nennen, die von großen Umwälzungen geprägt ist. Erzählt wird in beiden Fällen die persönliche Geschichte einer Protagonistin und quasi nebenbei, aber doch von großer Relevanz, schwingt auch der jeweilige gesellschaftliche Wandel und dessen Bedeutung für die entsprechenden Zeitgenossen mit.
Und so wird in 'Der Mohnblumenberg' das Lebensgefühl der frühen 1960er Jahre in Japan eingefangen, das noch von den Auswirkungen des Koreakrieges geprägt ist, angesichts der anstehenden Olympischen Sommerspiele 1964 auch von einer Welle der Veränderung erfasst wird. Mitten in dieser Szenerie befinden sich die beiden Protagonisten (und einige ihrer Freunde) in einer Art durchlässigen Blase, die zwar – innerhalb der Beziehung zwischen den beiden und abgeschottet durch die vier Wände des Clubhauses – einen geschützten Raum zur eigenen Entwicklung und Entfaltung ermöglicht, durch äußere Umstände aber auch bedroht wird. Politische Konflikte zwischen den Schülern spitzen die Situation noch weiter zu.
Wer Ghiblis leisen, nuanciert vorgetragenen Jugenddramen zugetan ist, hat gute Chancen, auch mit 'Der Mohnblumenberg' gut unterhalten zu werden. Falls man jedoch ausschließlich an den phantastischen Epen dieses Studios Freude hat, sollte man womöglich besser einer anderen Verfilmung den Vorzug geben.
Japanuary 2022 - Film 3/8
++ Enthält Mini-SPOILER ++
Eine Welle an Selbstmordversuchen und tatsächlich auch vollzogenen Suiziden rollt durch das Land. Hauptsächlich betroffenen erscheinen Schüler und besonders Schülerinnen. In einer Art gemeinschaftlichem Akt gehen viele von ihnen in den Tod; andere treten die letzte Reise alleine an. Was hat es damit auf sich? Ein paar Ermittler schicken sich an, der Sache auf den Grund zu gehen und stehen dabei zunächst vor einer Wand aus Fragezeichen, was nicht zuletzt an fehlendem Verständnis für pop- und subkulturelle Phänomene sowie an mangelndem Einfühlungsvermögen für die Gefühlslage vieler Jugendlicher liegt. Ein klassisches Generationenproblem.
Mythen über böse Kräfte in der Musik rankten sich schon um die Beatles und bildeten die Grundlage zahlreicher Geschichten, wie zum Beispiel die Erzählung über den Rattenfänger von Hameln. Innovativ ist dieser Ansatz also keineswegs und die handwerkliche Umsetzung hat in den Jahren seit der Produktion ordentlich Federn gelassen. Das vergleichsweise geringe Budget kann und sollte man dem Film natürlich nicht negativ auslegen, in Sachen Ästhetik zahlt man jedoch einen gewissen Preis dafür, dass sie ziemlich stark an einigen zeitgenössischen Stilmitteln verhaftet ist. Einerseits ein schönes „Zeitdokument“, das auch den Geist der Post-Grunge-Ära in eine filmische Sprache übersetzt und mit diversen japanischen kulturellen Eigenarten verbindet. Andererseits kann daraus aber natürlich auch eine Barriere zum Publikum späterer Dekaden resultieren und auch die Allgemeingültigkeit der Aussage etwas leiden.
'Suicide Circle' lässt sich weder als richtig gut noch als eindeutig schlecht klassifizieren. Vielmehr liefert der Film eine Art Diskussionsbeitrag, der vornehmlich Fragen stellt und Probleme aufwirft, diese aber naturgemäß auch nicht besser beantworten kann als die ratlosen Charaktere im Zentrum der Geschichte. Der Kulturpessismus, der dabei mitschwingt, trägt auch nicht unbedingt zur Entschärfung der Situation bei, spiegelt aber recht treffend die vorherrschende Meinung vieler Erwachsener wider. Und so bleibt unter dem Strich eine Verfilmung, deren Sichtung im Sinne einer gewissen Aufgeschlossenheit gegenüber der jeweils jüngeren oder älteren Generation durchaus Sinn macht, aber (auch durch eine gewisse Flatterhaftigkeit) nur einen sehr begrenzten Erkenntnisgewinn bietet.
Japanuary 2022 - Film 2/8
++ Leichte SPOILER ++
'A Family' (Japan, 2020) – der doppeldeutige Titel lässt es bereits erahnen - beginnt als fast schon klassischer Mafiathriller und endet als Familiendrama. Zunächst begleitet man einen Neuling bei seinem Ein- und Aufstieg innerhalb eines Yakuza-Syndikats. Die Besonderheit besteht hier in den Rahmenbedingungen: Während in vielen Mafiafilmen der Newcomer gemeinsam mit seiner Organisation den Weg nach oben antritt bzw. seiner Bande auf ein neues Level verhilft, tritt der Protagonist hier einer „Familie“ bei, die bereits erste Risse aufweist und sich später im freien Fall befindet. Gefahr droht dabei von allen Seiten: Mit der Konkurrenz wetteifert man um Marktanteile und ist sich bezüglich der abgesteckten Claims uneinig. Auf der anderen Seite wittern staatliche Ermittler Morgenluft und auch der gesellschaftliche Druck auf das organisierte Verbrechen steigt. Und zu allem Überfluss beginnen auch noch Teile der „Geschäftsgrundlage“ zu bröckeln, wodurch auf andere Felder des kriminellen Lebens ausgewichen wird. Keine guten Voraussetzungen für eine „Karriere“ in der Schattenwelt. Erst recht nicht, wenn man sich nebenbei ein Privatleben aufbauen möchte; denn wer setzt (sich) schon gerne auf ein halbtotes Pferd?
Wirklich innovativ ist die hier erzählte Geschichte nicht; halbwegs ungewöhnlich ist allenfalls, dass die Inszenierung in zwei Blöcke aufgeteilt wurde: Einen ersten, in dem der Crime-Anteil überwiegt und einen zweiten, in dem der Fokus eher auf privaten Aspekten und den Auswirkungen der Verbrecherkarriere auf das Sozialleben liegt. In keinem der beiden Sektoren hebt sich die Inszenierung übermäßig weit aus der Masse an Gangsterfilmen ab, aber andererseits fällt sie auch nicht ab. Für Genrefans kann sich eine Sichtung durchaus lohnen; allerdings eher als Ergänzung zu den bisherigen Sichtungen statt als Highlight für die Ewigkeit.
Japanuary 2022 - Film 1/8
(Eigentlich wollte ich meine letztjährigen Oscar-Sichtungen weiterführen, aber ich hatte so viele anderweitige Vormerkungen, dass der zweite Schwung japanischer Oscar-Filme noch warten muss. Vielleicht nächstes oder übernächstes Jahr dann.)
Das Ende der Jugend – Eine kurze Ewigkeit.
Das japanische Drama 'Am Flussufer' zeichnet eine Art Sittengemälde über Heranwachsende nach, die gerade die letzten Züge ihrer Jugend erleben, aber doch noch einige Jahre vom „richtigen“ Erwachsenenleben entfernt sind. Das Publikum wird dabei in eine von Eifersucht dominierte Szenerie geworfen, in der wirklich jeder der Charaktere sein bzw. ihr Päckchen zu tragen hat. Ob Essstörung, Entfremdung, Mobbing, schrittweises Coming Out, Probleme mit Nebenbuhlerinnen, Gefühle der mentalen Isolation, Drang nach Anerkennung oder ein steiniger Weg bei der Selbstfindung: Dieses Alter ist nichts für Weicheier. Und so schlingern Haruna und ihre Mitschüler eher ratlos durch ihren Alltag, statt ihn aktiv nach ihren Vorstellungen gestalten zu können.
Einige nachgespielte Interviewsequenzen sollen etwas Authentizität vermitteln, doch eigentlich hätte es diese gar nicht gebraucht. Die Kameraführung und der behutsame und gut durchdachte Einsatz von Musik erzeugen auch so schon ein gewisses Gefühl eines halbwegs lebensnahen Bezugs zu den Charakteren. Alle von ihnen haben Ecken und Kanten, aber auch zutiefst menschliche Seiten. Die Charakterzeichnung wirkt alles andere als geschönt, schießt aber hier und da betont plakativ über das Ziel hinaus. Auch das wäre eigentlich gar nicht nötig gewesen. Doch in einer Welt, in der Filme wie 'Kids' oder Serien wie 'Skins' nicht zuletzt durch eher explizite Auswüchse für Furore sorgen, gehört das Klappern eben auch zum Handwerk.
Am Ende steht eine Inszenierung, die phasenweise betont fragmentarisch und flüchtig daherkommt und ihre größten Qualitäten in der streiflichtartigen Beleuchtung diverser Situationen ausspielt. Ein roter Faden ist zwar vorhanden, wird aber an mehreren Stellen bewusst durchtrennt oder verknotet, wodurch hier und da auch ein wenig Verwirrung gestiftet wird, was aber letztlich auch die Aufmerksamkeit beim Zuschauen erhöhen könnte.
→ Halbwegs unkonventionell, aber gerade deshalb für Genrefans sehenswert.
(Die Genreeinstufung durch MP als Komödie und Kriminalfilm ist – einmal mehr – komplett am Thema vorbei. Tatsächlich handelt es sich um ein lupenreines Drama mit allenfalls leicht zynisch-satirischen Zwischentönen im Subtext.)
++ Leichte SPOILER ++
'The Outpost – Überleben ist alles' schildert die Geschichte eines militärischen Versorgungslagers in einem Tal irgendwo im Hindukusch. Bereits während der ersten Minuten dürfte sich sehr vielen Zuschauern der Verdacht aufdrängen, dass die Lage dieses Camps ziemlich suboptimal gewählt wurde, da das Terrain nur extrem schwer zu überblicken und noch schwieriger zu sichern ist. Die ohnehin schon ortsunkundigen Soldaten im Tal haben meist keinen Überblick darüber, was sich an den Hängen abspielt – ganz zu schweigen von der Lage an den jeweiligen Bergrücken. Auch Luftunterstützung bzw. Aufklärung bekommen sie allenfalls sporadisch. Dementsprechend oft geraten sie in der Folgezeit dann auch unter Beschuss. Umso fataler macht es sich dadurch natürlich bemerkbar, dass auch die Ausrüstung mit „lückenhaft“ noch ziemlich schmeichelhaft umschrieben ist. Zu kompensieren versucht man das u.a. durch völlig weltfremde Schießübungen, die in der dort vorherrschenden Situation noch nicht mal annähernd in die Praxis umzusetzen sind. Kritik der Soldaten wird selbstverständlich übergangen und so kommt es, wie es fast zwangsläufig kommen muss: Der Ansturm von außen nimmt immer stärker zu und erinnert dabei an einen Damm, der nach und nach zerbröckelt. Kann das gutgehen?
Die Inszenierung von Rod Lurie zielt tendenziell in eine ähnliche Richtung wie David Simon mit 'Generation Kill': Beklagt werden unzureichende Ausrüstung und Fehlentscheidungen von oben herab, vor allem aus den Headquarters, teilweise aber auch von den Offizieren vor Ort. Auszubaden haben es dann die einfachen Soldaten, von denen klar wird, dass viele von ihnen nicht aus Idealismus, sondern aus rein wirtschaftlichen Gründen in der Army sind. Pathetisch wird es eigentlich nur einmal für wenige Sekunden, als [SPOILER] die Luftunterstützung anrückt und die Bilder kurz durch schwülstige, aber zumindest betont leise intonierte Musik unterlegt werden. [SPOILER ENDE]
In den Anfangsminuten mutet die Regie dem Publikum einiges zu, indem sie reihenweise Namen einblendet und die dazugehörigen Gesichter nur für wenige Sekunden (wenn überhaupt) zeigt. Schnell wird klar: Hier sind zahlreiche Menschen vor Ort, aber in einer derart schlecht geplanten Situation verkommen Namen zu reinen Platzhaltern – noch mehr als es in Gefechtssituationen üblicherweise ohnehin schon der Fall ist. Die Inszenierung wirft das Publikum mitten ins Geschehen und man im Grunde als passiver Charalter mit dabei. Und so ist 'The Outpost' ganz sicher keiner der unkritischen „Unterhaltungskriegsfilme“, aber auch kein richtiger Antikriegsfilm. Vielmehr werden hier Töne angeschlagen nach dem Motto: Wenn schon Krieg, dann wenigstens sorgfältig geplant und nicht voller Aktionismus in ein Himmelfahrtskommando. Die Ereignisse aus dem August 2020 sollten diese Forderung noch ein weiteres mal untermauern und angesichts der Unmengen zurückgelassenen Materials bleibt zu befürchten, dass das letzte Kapitel in dieser Geschichte noch lange nicht geschrieben ist und Autoren sowie Filmemacher auch weiterhin Stoff für Erzählungen wie diese haben werden.
++ Leichte SPOILER ++
Der Leprechaun aus dem ersten Film ist zurück! Und wie! Zwar wird er nun nicht mehr von Warwick Davis gespielt, der zuvor sechs verschiedene Versionen der irischen Kobolde verkörpert hatte, aber für die Fortsetzung der Geschichte um den allerersten Bonsaikiller abgesagt hatte. Daher übernimmt mit Linden Porco nun ein anderer Darsteller, der allerdings ebenfalls voller Spielfreude in seiner Rolle aufgeht.
Das 'Leprechaun'-Universum hat in all den Jahren seit seiner Entstehung viele Kobolde kommen und gehen gesehen – und jeder hat(te) seine Eigenarten. Manche zaubern viel und oft, andere lösen ihre Probleme vorwiegend über rustikale Handarbeit. Viele von ihnen haben Spaß daran, Menschen platzen zu lassen. Einer von ihnen versucht sich als Rapper (Teil 5), ein anderer als Bühnen-Zauberer (Teil 3). Und auch ihre Vorlieben und Laster unterscheiden sich. In Teil 6 bekommt das Publikum einen Kifferkobold zu sehen, der kein großer Fan von Limericks zu sein scheint, während in Teil 2 ein Schwerenöter auftritt, der auch mal widerwillig ein paar Drinks zu sich nimmt. Und nicht zu vergessen der Familienmensch, äh -kobold in Teil 4, der sich ein Eheleben mit einer Weltraumprinzessin wünscht.
In der achten Episode der Reihe tritt nun wieder der Pionier-Kobold aus dem ersten Film auf, der leidenschaftlich gern Schuhe putzt und von Fortbewegungsmitteln jeglicher Art schwerstens begeistert bzw. bekoboldet ist. Da kommt ihm sein Wiederauftauchen in der Zukunft ganz recht. Schließlich gibt es jetzt Drohnen. Kein schlechtes Mittel, um von A nach B zu gelangen, denn die modernen Autos findet er – im Gegensatz zu Lieferwägen - eher enttäuschend.
Nach dem unsäglichen Stilwechsel in 'Leprechaun Origins' besinnt sich die Produktion nun wieder auf ihre Wurzeln und präsentiert eine stilistisch renovierte Version, die nur so vor Fanservice strotzt. Eine Figur aus der Episode von 1993 ist wieder involviert und eine weitere ist trotz physischer Abwesenheit allgegenwärtig (vor allem in den Dialogen). Die wesentlichen Schauplätze (Farm, Keller, Auto) finden wieder Eingang in die Verfilmung; dasselbe gilt für diverse Requisiten und kleinere Hommagen an die Handlung der ursprünglichen Fassung (siehe z. B. die Briefkastenszene).
Die Gegenspieler des kleinen Killers (unter ihnen Taylor Spreitler aus 'Kevin Can Wait') werden zwar charakterlich nicht allzu fein ausgearbeitet, können dem Wicht aber mit ein paar kreativen Ideen zusetzen (Kleeblattshake usw.). Das namenlose Männchen mit Hut revanchiert sich dafür gerne mal mit sehenswerten Kills (bspw. per Solarpanel), über die es sich auch jedes mal diebisch freut.
Insgesamt ist Steven Kostanskis Inszenierung Fanservice in Reinform, aber offenbar nicht ausschließlich aus Kalkül, denn man hat den Eindruck, dass hier ein Team am Werk war, das seine Franchise und deren Stärken und Schwächen genauestens kennt – was man von der Crew, die den Vorgänger 'Origins' zu verantworten hat, nicht unbedingt behaupten kann. So gesehen fühlt sich 'Leprechaun Return' auch wie eine Art Heimkehr an, die den Kreis der Reihe nach einem Viertel Jahrhundert wieder schließt. Eigentlich einer runder Abschluss, aber auch und gerade nach dem augenzwinkernden Ende eine gute Basis für weitere Streiche - auch wenn es derzeit (Stand: Januar 2022) wohl eher nach einem Reboot aussieht.
Nach fünf mehr oder minder ähnlich gelagerten Filmen, die nur durch die Kapriolen der Weltraumepisode (Teil 4) unterbrochen werden, wollte man anno 2014 offenbar auf Biegen und Brechen ein anderes Konzept verfilmen. Wenn man das Ergebnis betrachtet, hat man sich dabei tatsächlich verbogen (und verhoben). Den allermeisten Zuschauern bleibt allerdings nur noch das Brechen... Denn der Leprechaun verkommt hier zu einem völlig austauschbaren Mutantenmonster, das ohne Sinn und Verstand Jagd auf Touristen (das gab es ja noch nie...!) macht.
In handwerklicher Hinsicht mag es zwar ein paar kleinere Fortschritte geben (zum Beispiel die Kameraführung in ein paar wenigen Szenen), doch diese werden durch diverse Patzer bei der Beleuchtung usw. umgehend wieder zunichte gemacht. Was bleibt, sind ein halbes Dutzend hoffnungslos überforderter Darsteller und und ein – zumindest in dieser Form - missratenes Facelifting, das sich einerseits weit von seinen Vorgängern entfernt, dafür aber unzählige Monsterfilme adaptiert. Unnötig wie ein Kropf.
Ein weiterer Killerkobold treibt sein Unwesen in der Hood und lehrt die Community das Fürchten. Selbst schuld, wenn ihm die Leute wider besseren Wissens sein Gold klauen...
Die Story ist in dieser sechsten Episode noch schräger als im Vorgängerfilm und auch die Rolle des Kobolds hat sich ein wenig gewandelt. Die Reime haben weitgehend ausgedient, stattdessen ist der Leprechaun jetzt eher für anderweitige Späße zu haben. Schließlich hat dieser Wicht jetzt Bock auf Weed und fährt gerne mal mit einem Polizeiwagen durch die Gegend – mit einer ganz besonderen Art von Bleifuß... Aber auch die Damenwelt hat es ihm angetan. Ob bei der Massage oder beim Telefondating, der Schalk sitzt ihm stets im Nacken.
Die Handlung ist zwar ähnlich absurd wie in Episode 4, aber bei weitem nicht so unmotiviert zusammengeschustert wie im Weltall. Warwick Davis schmeißt sich nochmal voll rein und interpretiert seine Rolle deutlich nuancierter als bisher. Man merkt seinem Spiel an, dass er den Wicht, den er dieses mal darstellt, ein wenig von den Leprechauns der letzten Filme abgrenzen will. Wenn man die Filme kurz hintereinander sichtet, sind die Unterschiede in dieser Episode dann doch recht augenscheinlich. Leider hat man danach mit 'Leprechaun: Origins' einen anderen Weg eingeschlagen, was grundsätzlich ja kein schlechter Ansatz wäre, aber die Art und Weise der Umsetzung lässt den Wechsel des Konzepts dann doch recht fragwürdig erscheinen. Im Nachhinein wäre ein dritter Ausflug in die Hood (oder wohin auch immer) dann wohl doch eine bessere Idee gewesen.
6,5 – 7 Punkte.
„Was zur Hölle ist das?“
- „Keine Ahnung, sieht aus wie Chucky auf Crack. Erschießt ihn!“
Ein neuer Leprechaun ist in der Stadt und legt sich mit der örtlichen Rapszene an. Da kommen ihm drei Naivlinge, die gerade eben beschlossen haben, jetzt endlich richtige Gangster sein zu wollen, gerade recht... Aber andererseits ist da auch Ice-T, der dreiste Kobolde und vorlaute Nachwuchsrapper (zumindest gefühlt) zum Frühstück frisst. Möge der Kampf beginnen!
'Leprechaun 5' führt die Reihe nach dem Ausflug ins Weltall wieder ein Stück weit zurück zu ihren Wurzeln rührt wieder eine etwas herkömmlichere Mischung an. Der reimende Kobold zieht sein gewohntes Programm durch und lässt sich nach seiner Zaubershow in Episode 3 nun zu einer Rapeinlage hinreißen (wobei es streng genommen natürlich ein anderer Kobold ist). Und zwischendurch lässt er sich auch mal von einer blinden Dame füttern. Herrlich absurd – aber leider auch mit reichlich Leerlauf dazwischen. Insgesamt zwar nicht besonders gut, aber zumindest wieder deutlich runder als der lieblos zusammengeschusterte Vorgängerfilm.
Es folgt ein Trashkommentar zu einem trashigen Film:
Ähnlich wie bei 'Jason X' (2001) und 'Critters 4' (1991) spielen auch die Produzenten von 'Leprechaun 4' die Weltraumkarte. Leider. Denn nachdem die bisherigen Episoden mehr oder weniger im Jahresrhythmus präsentiert wurden, merkt man den Fortsetzungen nun immer stärker an, dass die Drehbücher ganz offensichtlich in Eile auf dem Klo geschrieben wurden. Im Nachhinein wünscht man sich fast, die Autoren hätten Verstopfung gehabt, damit sie sich wenigstens mehr als ein paar Minuten mit der Handlung befasst hätten. Aber so ist es größtenteils einfach nur unlustiger Murks. Immerhin zieht die Weltraumprinzessin zumindest obenrum in einer Szene blank. Aber nicht zu früh freuen: Auf ihrem Planeten bedeutet das nämlich, dass sie damit ein Todesurteil ausspricht. Aha...
In diesem vierten Teil der Reihe sind sich die Macher für fast gar nichts mehr zu schade: Billig-Androiden, ein Spinnenmutant, eine Travestienummer und ein Riesenkobold: Alles mit dabei... Das wirkt, als würde jemand furzen wollen, um lustig zu sein, aber dabei versehentlich eine handfeste Ladung mit abfeuern. Besten Dank auch für diesen Weltraumschrott. Schnell weiter zum nächsten Teil.
Ein neuer Leprechaun treibt sein Unwesen. Was liegt da als Ort für seinen Schabernack näher als Las Vegas, das Mekka der Zaubershows und der Hort der Geldgierigen? Für den Killerkobold ein gefundenes Fressen. Schließlich isst er gerne indisch. Wäre doch gelacht, wenn er in so einer großen Stadt keinen Inder findet...
Im dritten Teil der Reihe wird einmal mehr das Rezept der ersten beiden Filme aufbereitet, wodurch auch diese Episode zwar nicht besonders kreativ, aber immerhin doch unterhaltsam daherkommt. Der Wicht reimt sich einmal mehr mit dümmlichen Sprüchen durch die Handlung und auch hier macht sich die Regie wieder einen Spaß daraus, jemanden platzen zu lassen. :-) Und besonders bemerkenswert: Der Kobold kann hervorragend zaubern! Seinen Sägetrick muss man einfach mal gesehen haben!
Im Nachhinein wäre es vielleicht ganz gut gewesen, denselben Quatsch noch ein viertes mal zu verfilmen. Doch leider hat man sich – wie auch in manch anderen Filmreihen der 80er und 90er Jahre – lieber in den Weltraum verirrt. Naja, hilft ja nichts, dann jagen wir den Kobold halt dort!
Bloß nicht drei mal niesen!
'Der Killerkobold kehrt zurück' und ist plötzlich 2000 statt 600 Jahre alt. Das kommt dabei heraus, wenn sich deutschsprachige Vermarktungsstrategen einen Alternativtitel ausdenken, ohne die entsprechenden Filme gesehen zu haben... Tatsächlich zurückgekehrt ist der Kampfzwerg aus dem ersten Film erst 24 Jahre später in 'Leprechaun Returns'; bis dahin treiben diverse andere Kobolde ihr Unwesen, was an mehreren Stellen in den Filmen auch so transportiert wird. Sie haben verschiedene Backstories, Vorlieben und Marotten, weshalb Warwick Davis bei den einzelnen Versionen – trotz vieler Gemeinsamkeiten - auch unterschiedliche Nuancen in sein Spiel mit einfließen lässt.
Wie auch immer: Der kleine Racker aus Irland ist verliebt und hat sich bereits eine Braut auserkoren. Eine hervorragende Wahl! Sieht sie doch einer letzten Herzensdame (in die er sich 1000 Jahre zuvor verliebt hat) zum Verwechseln ähnlich... Dumm nur, dass er mit einem Menschen um die holde Maid konkurrieren muss.
Die Handlung und auch der boshafte Kobold wirken im Vergleich zum Vorgängerfilm noch überdrehter und mit viel gutem Willen lässt sich sogar etwas Gesellschafts- bzw. Kapitalismuskritik aus der Inszenierung herauslesen. Vor allem ist das Erzähltempo etwas höher, die Gags sind noch ein wenig absurder und die (nach wie vor eher rar gesäten) Kills sind kreativer. Und auch hier sind wieder ein paar kleinere Referenzen, Metagags und Eastereggs platziert (zum Beispiel in Anspielung auf Andy Kaufman oder Bela Lugosi). Zwar gibt es auch ein paar Goofs zu bestaunen, wie etwa Seile, an denen jemand hochgezogen wird, aber irgendwie gehört das bei solchen Produktionen auch dazu.
Den Vergleich mit dem ersten Film kann diese Fortsetzung locker aufnehmen, vielleicht ist sie sogar einen kleinen Tick stärker, aber das ist wahrscheinlich Ansichtssache bzw. eine Geschmacksfrage.
5 2/3 Schoko-Goldmünzen.
Wer treibt da im Keller sein Unwesen und streichelt auch ganz gerne mal das Bein von Jennifer Aniston? Eine Ratte? Ein Opossum? Eine Katze? Ein Bär? Alles im Angebot beim planlosen Ratespiel der Charaktere. Nur einer kennt die Lösung, doch ihm glaubt niemand: Es ist ein Leprechaun! Und nicht nur irgendeiner, sondern einer mit Schuhputztick und einem Faible für Fortbewegungsmittel jeglicher Art. Rollschuhe, Skateboard, Kinderauto, Dreirad: Nichts ist vor ihm sicher! Und falls er doch mal eine Strecke zu Fuß zurücklegen muss, bringt ihn sein unnachahmlicher Laufstil voran!
Mark Jones schräge Koboldgaudi funktioniert auch mit großem zeitlichen Abstand noch erstaunlich gut; nicht zuletzt auch dank einiger kleiner Metagags und Eastereggs, die sich vor allem auf Genrevorgänger aus den 80er Jahren wie zum Beispiel 'Chucky', die 'Nightmare'-Reihe, 'Die Nacht der Vogelscheuche' und ähnliche Filme beziehen. Die Geschichte ist stellenweise so absurd und der Kobold derart überdreht, dass der Komödienanteil den Horrorpart über weite Strecken dominiert; aber wahrscheinlich macht gerade das einen großen Teil des Unterhaltungsfaktors aus. Ein komplett ernster Killerkobold wäre schließlich auch irgendwie langweilig.
Doch trotz aller Blödelei lernt man auch etwas: Wer es mit einem Leprechaun aufnehmen will, sollte immer einen Karton voller schmutziger Schuhe dabei haben!
'Fatal Affairs' wäre möglicherweise ein Kandidat für 6,5 Punkte, wenn es derlei Verfilmungen nicht schon so oft gegeben hätte. Und damit sind jetzt nicht einfach nur ganz allgemein Psychothriller bzw. speziell Stalker-Filme gemeint, sondern ganz konkret die hier gezeigte Geschichte. Mindestens ein halbes Dutzend der hier gezeigten Szenen findet sich beispielsweise auch in 'The Boy Next Door' und vielen weiteren Filmen wieder.* Dass innerhalb eines Subgenres viele Elemente fast schon regelmäßig auftauchen, versteht sich von selbst, doch wenn Drehbücher quasi nur noch auf den Kopierer gelegt und lediglich die Namen geändert werden, geht es doch ein wenig zu weit. Fans von Spukhausfilmen kennen das ja. Allerdings können letztere wenigstens oftmals über eine gewisse Atmosphäre punkten, was im Fall von 'Fatal Affair' aufgrund des überwiegend sterilen Settings auch nur leidlich funktioniert.
Nicht besser macht es der Umstand, dass auch das Affären-Kapitel diese Bezeichnung kaum verdient. Das sprichwörtliche Knistern ist hier nur in Nuancen (sprich: in zwei oder drei kleinen Gesten) wahrnehmbar, ansonsten handelt es sich dabei allenfalls um einen durchschnittlichen Flirt.
Zugute halten lässt sich der Produktion, dass die filmhandwerkliche Umsetzung grundsolide erscheint und die Handlung auch nicht mehr oder weniger stimmig ist als in den allermeisten ähnlichen Filmen. Bei gerade mal rund anderthalb Stunden Laufzeit (inklusive Abspann) kommen auch keine allzu großen Längen auf und zumindest einzelne Szenen können durch kleinere Psychoduelle punkten.
→ Ganz gewiss kein Totalausfall, aber derart uninspiriert, dass auch kaum Spannung aufkommt.
*SPOILER: Die Akteure lernen sich kennen, bandeln kurz an. Der Stalker attackiert die beste Freundin der Protagonistin und sucht den Kontakt zu ihrem Ehemann. Zum Finale werden dieser und sein Nachwuchs gefesselt, während sich die Protagonistin mit dem Stalker prügeln muss. Die Protagonistin wiederum verschafft sich Zutritt zur Wohnung des Stalkers und recherchiert bzgl. dessen Vergangenheit.
Der hilfsbereite Literaturkenner von nebenan, der nebenbei auch noch handwerklich begabt und ein leidenschaftlicher Liebhaber ist, entpuppt sich als psychopathischer Stalker; wer hätte das gedacht...? Schlecht natürlich, dass er als 27-jähriger(!) Highschoolschüler (so zumindest das Alter des Darstellers während der Dreharbeiten) noch dazu mehr als ausreichend Tagesfreizeit hat. Ein Glück für all jene Frauen in der Nachbarschaft, die sich nicht auf eine Affäre mit ihm einlassen. Leider gehört die Protagonistin Claire (Jennifer Lopez) nicht dazu...
'The Boy Next Door' erzählt einmal mehr die reißbrettartig inszenierte Geschichte einer anfangs reizvollen Affäre, die sich jedoch recht schnell (und völlig „überrraschend“...) als Beginn einer Reihe fataler Ereignisse herausstellt. Der Hauptfigur entgleitet die Entwicklung zusehends und nach und nach haben immer mehr Charaktere unter den Entwicklungen zu leiden – und zwar im wahrsten Sinn des Wortes.
Wirklich innovativ ist hier zwar rein gar nichts, aber zumindest kommt die Inszenierung routiniert und ohne allzu große Patzer oder riskante Extravaganzen daher. Dementsprechend gestaltet sich dann auch das Ergebnis: Ein durchweg mittelmäßiger Thriller, dessen Regisseur Rob Cohen derart risikoarm auf Nummer sicher geht, dass am Ende fast schon zwangsläufig nur noch biederes Mittelmaß herauskommen kann. Das Ergebnis kann man sich zwar ansehen, aber im Grunde kennt man es schon, bevor man den Film überhaupt gesehen hat.