Framolf - Kommentare
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Alle Kommentare von Framolf
Wenn der Staat nicht mehr richtig funktioniert, müssen es die Schnösel richten. Aber nicht einfach irgendwelche Aristokraten, denn der Adel unterteilt sich schließlich in edle und verkommene Gruppierungen. Willkommen in der 'King's Man'-Welt von Matthew Vaughn!
Im Großen und Ganzen wird hier das Rezept der beiden „Originalfilme“ wieder aufgewärmt und um einige Jahrzehnte in die Vergangenheit verfrachtet. Wenn man so möchte, ein konsequenter Schritt bei einem derart reaktionären Gebilde – und er hat sogar den Vorteil, dass ein Weltbild nicht mehr ganz so angestaubt wirkt, wenn man es nur weit genug in die Historie verschiebt... Der Tonfall gestaltet sich angesichts der Kriegsthematik etwas düsterer und ein Großteil der infantilen Witze wurde aus dem Drehbuch getilgt. Eine gewisse Kinderlogik wird jedoch nach wie vor gepflegt – vom etwas befremdlichen Geschichtsverständnis, das hier zugrunde liegt, ganz zu schweigen.
In visueller Hinsicht werden hier ein paar gute Ideen ansprechend umgesetzt und in manchen Szenen kann sich auch das Produktionsdesign sehen lassen, woraus hier und da auch eine passable Atmosphäre resultiert. Bäume werden zwar insgesamt keine ausgerissen, aber wer nicht allzu anspruchsvoll ist, kann ja mal eine Sichtung riskieren.
4,5 von 10 van Damme Ziegen.
Halbwegs temporeiche Komödie mit einer etwas dümmlichen Handlung, aber einem durchaus vorhandenen Unterhaltungsfaktor. In ihrer Struktur erinnert die Inszenierung von Aaron und Adam Nee ein wenig an eine Produktion der Neunziger Jahre, als es bei Actionkomödien fast schon üblich war, die allermeisten Scherze gleich zu Beginn zu verbraten, um dann überwiegend auf Action zu setzen. Im Fall von 'The Lost City' beginnt nach einer kurzen Aufwärmphase die Rettungsmission - und mit ihr auch ein Festival absurder Gags, deren Dichte dann jedoch kontinuierlich abnimmt. Doch auch wenn die Witze gegen Ende hin etwas dünner gestreut sind, so bleibt ihre Anzahl stets auf einem passablen Level.
Die Geschichte an sich könnte abstruser kaum sein, aber wahrscheinlich muss das in diesem speziellen Fall auch so sein. Schließlich könnten auch die Charaktere kaum überzeichneter sein – was die Darsteller auch mit entsprechendem Overacting abbilden. Eigentlich weint und blutet das Cineastenherz bei Filmen wie diesem aus sämtlichen Poren, aber in einer Welt ohne filmisches Fast Food würde wohl auch etwas fehlen. Der Crew von 'The Lost City' kann man immerhin zugutehalten, dass die Nonsense-Schiene hier ziemlich konsequent durchgezogen wird und nicht irgendetwas vorgegaukelt werden soll, was am Ende sowieso nicht eingehalten werden kann.
Insofern: Für einen lockeren Filmabend durchaus einen Versuch wert.
Bester Film:
1. Die üblichen Verdächtigen
2. U-Turn - Kein Weg zurück
3. 23 - Nichts ist so wie es scheint
4. Terminator 2
5. The Green Mile
Beste Serie:
1. Star Trek: Deep Space Nine
2. Twin Peaks
3. Seinfeld
4. Oz
5. Outer Limits
Beste Schauspieler:
1. Anthony Hopkins (Das Schweigen der Lämmer)
2. Daniel Day-Lewis (Im Namen des Vaters)
3. Nicolas Cage (Leaving Las Vegas)
4. Sean Penn (Dead Man Walking)
5. Helge Schneider (00 Schneider) ;-)
Beste Schauspielerin:
1. Kathy Bates (Mysery)
2. Susan Sarandon (Dead Man Walking)
3. Kim Basinger (L. A. Confidential)
4. Michelle Pfeiffer (Batmans Rückkehr)
5. Julianne Moore (Boogie Nights)
Bester Soundtrack:
1. Der letzte Mohikaner
2. Spawn
3. Demon Knight
4. Batmans Rückkehr
5. 23 - Nichts ist so wie es scheint
Bester Animationsfilm:
1. Werner - Beinhart
2. Werner - Das muss kesseln
3. Werner - Volles Rooää
4. Stimme des Herzens
'Night Fare' nimmt keine Gefangenen. Und falls doch, dann nicht ohne Grund. Julien Seris Inszenierung beginnt die wilde Fahrt als Psychothriller, biegt dann ins Slasher-Subgenre ab und macht schließlich dort Halt, wo es wahrscheinlich kaum jemand vermutet hätte. Ohne großartig zu spoilern: Das Ende wirkt ziemlich unkonventionell und hinterlässt bei vielen Zuschauern auch sicher etwas Stirnrunzeln. Inhaltlich hinterfragen sollte man es ebenso wenig wie den Rest der Handlung. Aber halb so wild, denn eigentlich ist hier der Weg das Ziel. Zwei Freunde prellen einen Taxifahrer um seine Bezahlung – und sind dabei an den Falschen geraten.
Das folgende Katz- und Maus-Spiel wurde ohne nennenswerten Leerlauf und atmosphärisch dicht inszeniert und nimmt das Publikum mit auf einen albtraumhaften Trip durch das nächtliche Paris. Durch die straffe Laufzeit stellt sich die Frage nach Sand im Getriebe gar nicht erst; auch wenn in zwei kurzen Zwischenepisoden auch mal der Rückwärtsgang eingelegt wird. Gerade im Mitteldrittel wird allerdings doch ordentlich Gummi gegeben.
Wer damit leben kann, dass „Style“ hier um Welten größer geschrieben wird als „Subastance“ kann sich umgehend anschnallen, den Motor anlassen und die Reifen glühen lassen.
Oscar Madness Film 194 (1 Nominierung)
Die Fledermaus fleigt wieder. Doch nach den grellbunten und überdrehten Comic-Inszenierungen durch Joel Schumacher unternimmt Christopher Nolan einen Stilbruch, der deutlicher kaum sein könnte. Er holt den Stoff deutlich näher an die „reale“ Welt heran, in der das Publikum lebt und ersetzt Skurrilitäten durch Fanatismus. Durch Gotham weht nun einen andere Art von Bedrohung. Dasselbe gilt für den Protagonisten himself. Batman wirkt hier deutlich stärker in sich gekehrt und steht nun wieder – wie der Titel schon verrät – am Anfang seiner Verbrecherjägerkarriere. Dementsprechend geht er auch alleine auf seine nächtlichen Feldzüge und hat keinen Robin – und erst recht kein Batgirl – an seiner Seite. Gadgets nutzt er nur gelegentlich, hat dafür aber das Pendant zu Q aus der 'James Bond' Reihe als Unterstützung.
Auch wenn eine Reihe traditioneller Handlungselemente (wie beispielsweise die Opern-Szene) nun eine Neuinterpretation durch Nolan erfährt, fügt dieser dem Stoff auch ein regelrechtes Sammelsurium an neuen Ideen hinzu; und zwar sowohl in inhaltlicher als auch in stilistischer Hinsicht. Auf letzterer Ebene wurde Wally Pfister in der Kategorie „Beste Kamera“ für einen Oscar nominiert, musste bei der Verleihung jedoch Dion Beebe ('Die Geisha') den Vortritt lassen. Pfister sorgt mit aufwändigen Kamerafahrten für Aufsehen und er rückt Gotham in ein deutlich anderes Licht, als man es bisher kannte; allerdings auf eine Weise, die trotz aller Neuerungen alte Traditionslinien nicht verleugnet und den Gegensatz aus liebgewonnenen Sehgewohnheiten und Innovationen hinsichtlich der Comicverfilmungen harmonisch zusammenführt. Die Bebilderung der Backstory fügt sich in diesem Zusammenhang nahtlos mit ein.
In Bezug auf den Antagonisten wird hier ein Szenario gewählt, das mit der Kategorie des „klassischen“ Erzfeindes und den damit verbundenen Erwartungen und Dynamiken spielt (gemeinsame Vergangenheit ec.). In Bezug auf das Verhältnis zu den geistigen Hinterlassenschaften seines Vaters steht Nolans 'Batman Begins' teilweise in direkter Opposition zu Matt Reeves späterer Inszenierung von 'The Batman' und andererseits doch in derselben Traditionslinie. In beiden Versionen setzt Bruce Wayne das Sein weit über den Schein, jedoch auf völlig unterschiedliche Weise. Hier legt er keinen besonders großen Wert auf sein Ansehen in der Öffentlichkeit, dort hat er mit Dämonen aus der Familienhistorie zu kämpfen. Aber wenn man so möchte, kam er über zwei verschiedene Weg an (fast) denselben Zielpunkt.
In Bezug auf den Umgang mit vorhergehenden Verfilmungen ist Nolans Entwurf also von Ambivalenz geprägt (viele Neuerungen, viele althergebrachte Elemente, aber auch ein Reihe von Ähnlichkeiten, die völlig neu interpretiert werden), in Hinblick auf spätere Produktionen wiederum können sie als enorm einflussreich betrachtet werden. Als 'Batman'-Fan kann man hieraus also einen ähnlichen Reiz beziehen wie leidenschaftliche Theatergänger aus Klassikerinszenierungen. Zumindest in der Hinsicht, dass einzelne Handlungskomponenten unterschiedlich interpretiert werden und letztlich sogar ein völlig anderer Kern aus der Handlung geschält werden kann. Vergleichen lassen sich die verschiedenen Entwürfe nur bedingt. Durch die hohe handwerkliche Qualität und die außerordentliche Wirkung des Stils erweist sich Nolans Beitrag so oder so als außerordentlich wichtiger Eintrag in die Historie der 'Batman'-Verfilmungen.
Verhältnismäßig ruhig erzählter Thriller mit Gérard Depardieu, Yves Montand und Catherine Deneuve. Auf der Flucht aus dem Gefängnis gerät ein hitzköpfiger Verbrecher an den Bruder seines Komplizen, der ebenfalls kein Kind von Traurigkeit ist. Es kommt, wie es kommen muss, und die Situation zwischen den beiden eskaliert immer weiter und verheißt keine gute Entwicklung.
Die Stimmung der Inszenierung ist ähnlich trüb wie die Gemütslage der Charaktere und das Wetter. Überhaupt dominieren triste Farbtöne, wodurch die Stimmungen der meisten Figuren zusätzlich untermalt werden. Die Atmosphäre wirkt fast schon resignativ und kündigt ein bevorstehendes Unheil an. Die Frage ist eigentlich nur noch, welches Ausmaß dieses nehmen wird.
Wer eher ruhige Hybriden aus Thrillern und Dramen mag und gerne mal wieder eine cineastische Zeitreise zurück in die 80er Jahre unternehmen möchte (und nicht in das grelle Zerrbild dieses Jahrzehnts, das in einigen späteren US-Produktionen vermittelt wird), dürfte bei Alain Corneaus 'Wahl der Waffen' ganz gut aufgehoben sein. Seine Inszenierung lebt zu einem guten Teil von der Stimmung, vermag aber auch mit einem halbwegs unkonventionellen Drehbuch zu punkten, in dem auf einfache Lösungen weitgehend verzichtet wird.
Prädikat: Durchaus sehenswert.
'Jackass' ist wieder da und nur selten wurde Fanservice so groß geschrieben. Eine ganze Reihe alter Gags und Stunts wird einfach nur nachgespielt. Und genau das erweist sich als Fluch und Segen zugleich. Während die Crew um Johnny Knoxville, Steve-O & Co. jahrelang davon leben konnte, Wege zu gehen, die zuvor niemand gehen wollte oder durfte, ist der Innovationsfaktor gut zwei Jahrzehnte später naturgemäß komplett verflogen. Natürlich geht die Bande nach wie vor (im wahrsten Sinn des Wortes) dorthin, wo es weh tut, aber das Konzept nutzt sich eben auch ab. Natürlich kann der Brachialhumor nach wie vor für einige Lacher sorgen (sofern man mit dem Konzept grundsätzlich etwas anfangen kann), aber originell ist hier eben gar nichts mehr. Für gut anderthalb Stunden (extremely) guilty pleasure reicht es allemal, aber in Bezug auf einige der Jungs und Mädels schwingt bei dieser Erniedrigungsorgie auch ein wenig Tragik mit. Für manche von ihnen ist es ganz offenkundig die einzige Chance auf einen bezahlten Auftritt auf der großen Leinwand. Ob sie sich damit auch einen Gefallen tun, müssen sie selbst wissen.
Letztlich bleibt 'Jackass' aber sowohl für Mitwirkende als auch für Zuschauer ein ehrlicher Deal: Man weiß vorher schon ganz genau, was man bekommen wird. Und insofern kann eine Sichtung auch durchaus unterhaltsam sein, für eine hohe Punktewertung braucht es aber mehr als ein paar grobschlächtige Scherze.
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass es Zipfelklatscher nicht nur in Bayern gibt und dass man es mit einem Film, in dem es hauptsächlich ums Sackeln geht, sogar weltweit auf die Kinoleinwände schaffen kann.
++ Enthält Mini-SPOILER ++
Sony bastelt weiter fleißig an seinem Seitenarm des Marvel-Universums, indem es mit Michael Morbius einen weiteren Halbbösewicht einführt und gegen Ende des Filmes auch schon die Einbindung des nächsten ankündigt. Aufgrund der bestehenden Lizenzsituation ergibt sich dabei wie schon bei den 'Venom'-Filmen die Schwierigkeit, eine Figur, die ursprünglich mal als Gegenspieler konzipiert war, nun mit einem Sympathiefaktor auszustatten, der zumindest ausreicht, um das Publikum zumindest ein wenig mit ihm fiebern zu lassen, ohne dem Charakter auch noch den letzten Rest an Schrecken zu rauben. Regisseur Daniel Espinosa ('Life') setzt dabei auf überwiegend düstere Bilder und einen martialischen Score, wodurch er mitunter eine unheilvoll-morbide Atmosphäre erschafft. Auf der anderen Seite wandelt seine Inszenierung (auch angesichts der Handlung) stellenweise auch nahe an der Grenze zum Edeltrash. Zeitweise liegt dementsprechend fast schon ein Hauch von 'Bloodshot' in der Luft. Mehr oder minder humorlos (mit ein oder zwei unvermittelten Ausnahmen) wird die Geschichte zweier Freunde routiniert und ungerührt heruntererzählt. Im Grunde wird kein großes Geheimnis daraus gemacht, dass es hier (in erzählerischer Hinsicht) fast ausschließlich darum geht, den blutdurstigen Doktor als Figur einzuführen; denn die Geschichte an sich könnte simpler kaum gestrickt sein.
Überhaupt soll hier gar nicht groß´verborgen werden, wohin man perspektivische möchte: Eine Bande von Schurken soll hier aufgebaut werden, die zwar alle irgendwie gefährlich wirken, aber notfalls auch gegen noch bösere Villains kämpfen würden, falls Spider-Man gerade keine Zeit hat – oder ein Aufeinandertreffen mit ihm an Lizenzfragen scheitern sollte... An sich ein durchaus spannendes Unterfangen. Doch inwieweit das Publikum dabei folgen wird und ob noch Kurskorrekturen erfolgen werden, erscheint bis auf Weiteres völlig offen. Bemerkenswert ist jedenfalls der klare Bruch in der Tonalität gegenüber Disneys MCU, der angesichts der porträtierten Schurken auch durchaus Sinn macht. Dennoch (oder gerade deshalb) darf man gespannt sein, was dieses Universum noch mit sich bringen wird, und wann die bisher ausgebrachte Saat zum Erblühen gebracht werden soll. Die nächsten Schurken stehen jedenfalls schon in den Startlöchern.
Buddies' Finest – Issue No. 2 (04/2022)
Spotlight on Static
Der folgende Kommentar ist inspiriert von der Aktion „Der Dude kommentiert in loser Folge Lieblings-Filme seiner Buddys“.
Schon als Kind habe ich die 'Batman'-Serie mit Adam West geliebt, durch die ich nicht nur Batman, Robin, Alfred, Commissioner Gordon und Chief O'Hara, sondern auch eine ganze Reihe an Schurken kennenlernen durfte. Später kamen dann die Burton- und Schumacher-Filme hinzu, die immer wieder mal in meinem Player landen und es (zusammen mit der Nolan-Trilogie) sicher auch bald wieder werden. So jedenfalls war es der Plan für das "Rahmenprogramm" der Sichtung von 'The Batman', was mir als guter Anlass für einen weiteren Rewatch der älteren Filme erschien.
Doch dann kam Mr. Static mit seiner ganz phantastischen DC-Liste ( https://www.moviepilot.de/liste/dc-the-only-thing-i-understand-is-what-i-feel-static ) und seinen wundervollen Kommentaren zu den Filmen um die Ecke, in denen er unfassbare viele Einzelheiten zusammenträgt, mit äußerst interessanten Produktionsdetails und Trivia anreichert und hier und da sogar einen philosophischen Blick über den Tellerrand hinaus mit einwebt. Und schon läuft mein Plan aus dem Ruder, denn durch Statics Kommentarsammlung wird mir erst bewusst, wie viele Animationsfilme bisher an mir in den letzten vorbeigegangen sind. Zwei davon habe ich mir gleich mal ganz dick vorgemerkt - und wer weiß, wohin mich seine Empfehlungen noch führen werden. Statics Begeisterung wirkt regelrecht ansteckend und überhaupt versprüht er auf MP eine positive Aura, die seine Liebe zu Filmen und zu gemeinsamen Unterhaltungen darüber deutlich unterstreicht. Genau dieser Enthusiasmus ist es, der die MP-Community für mich so besonders macht. Und Static ist - zusammen mit einigen weiteren Moviepiloten - im Grunde die Personifizierung dieser Hingabe zum Film. :-) Daher ist es mir eine Freude und Ehre, einen seiner Herzensfilme kommentieren zu dürfen, der auch mir sehr viel Vergnügen bereitet hat.
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Oscar Madness Film 303 (3 Nominierungen)
++ Leichte SPOILER ++
Batman, der eigentlich nie weg war, ist wieder da. Die von Robert Pattinson verkörperte Version des dunklen Ritters wirkt wie der Film selbst: Auf den ersten Blick generalüberholt (auch wenn dies eigentlich gar nicht nötig gewesen wäre), doch bei genauerer Betrachtung der nächste logische Schritt in einer fortwährenden Entwicklung. Thematisch - und mit Abstrichen auch stilistisch – trifft Christopher Nolans 'Dark Knight'-Trilogie hier auf David Finchers 'Sieben'. Passend zum Riddler, der in 'The Batman' einmal mehr den Gegenspieler der Wächters von Gotham gibt, ist es für die Polizei, den Protagonisten und das Publikum zunächst ein Rätsel, was genau es mit den begangenen Verbrechen wohl auf sich haben mag. Nach und nach wird klar, dass es hier nicht einfach nur um einen gewöhnlichen Kriminalfall geht, sondern um einen, der bis in die obersten Kreise der Gesellschaft hineinwirkt. Und in diesem Sinne setzt das Drehbuch von Matt Reeves und Peter Craig fort, was in zuletzt bereits in mehreren DC-Verfilmungen angedeutet wurde: Man möchte offenbar ganz gezielt weg von den gesellschaftspolitischen Implikationen, die das Bild des edlen Milliardärs, der die Welt vor verlausten Kriminellen rettet, hin zu einem (vermögensunabhängigen) Gegensatz von Gut und Böse – wobei aber auch hier die Grenzen wie gewohnt verwischen bzw. fließend sind. Natürlich hatte es Batman auch bisher schon wiederholt mit wohlhabenden Gaunern zu tun, Aber nun bekommen auch Denkmäler Kratzer, die sich bisher weitgehend schadlos halten konnten – zumindest in Bezug auf die Filme. Während in den Comics (allein schon aufgrund der großen Anzahl an Veröffentlichungen) Alternativversionen Hochkonjunktur haben, wird in den Filmen naturgemäß deutlich bedachter vorgegangen. Doch so langsam sickert das das Serum der Ungewissheit eben auch in die Filmwelt ein. Und so wirkt auch der Protagonist selbst gebrochen und von Zweifeln zerfressen.
Mit seiner Inszenierung bringt Regisseur Matt Reeves hier eine Reihe unterschiedlicher Stile (bzw. einzelne Elemente) früherer 'Batman'-Verfilmungen unter einen Hut: Die detailverliebte Ausstattung der Burton-Ära, den Wahnsinn der Schumacher-Episoden (und auch von 'The Dark Knight'), die düstere Atmosphäre der Nolan-Trilogie und den grimmigen Zorn des Snyder-Movies; das meiste davon sogar noch in verstärkter Form. Und zwischendurch blitzt sogar eine kleine Verneigung vor der Serie 'Gotham' durch. Und so stellt dieser Neustart weniger einen Bruch mit alten Gewohnheiten dar, sondern er vereint vielmehr diverse Markenzeichen der vorherigen Inszenierungen, schärft diese sogar teils deutlich nach und fügt darüber hinaus eine ganz eigene Note hinzu. Während bei manchen Filmreihen Fanservice offenbar als eine stete Wiederholung beliebter Handlungskomponenten unter Beibehaltung des bisherigen Stils verstanden wird, schafft Reeves mit großer Stilsicherheit die Etablierung einer eigenen Konzeption, die dank einer unverkennbaren Verneigung vor den Errungenschaften seiner Vorgänger dennoch nicht wie eine radikale Abkehr von alten Pfaden wirkt. Reeves scheint sich sehr genau mit den vorhergehenden Realfilmen auseinandergesetzt zu haben und sich der Stärken und Schwächen dieser bewusst zu sein.
Sein eigener Ansatz punktet neben der stilsicheren Regie ganz besonders durch ein detailbewusstes Szenenbild, das Gotham und seine Gebäude in einem düsteren und stimmigen Look erscheinen lässt, der zugleich eine gewisse Bedrohlichkeit ausstrahlt. Selbst die (recht skurrile) Platzierung eines Werbebanners für einen Sportartikelhersteller wirkt dabei sorgsam durchdacht. Nicht übertrieben auffällig, aber doch so in die Szenerie eingehegt, dass die Botschaft bewusst oder unbewusst ihren Weg ins Gedächtnis vieler Zuschauer finden dürfte. Und so verhält es sich auch mit diversen Implikationen der Handlung und Details der Inszenierung, die unscheinbar, aber zielsicher ihren Weg zu den langjährigen Fans der Reihe finden.
Michael Giacchinos Kompositionen stellen einen weiteren wesentlichen Baustein zur Gestaltung des finsteren Molochs Gotham dar, der hier als präapokalyptische Mischung aus New York City und der dystopischen Welt von Mad Max präsentiert wird. Die Verfolgungsjagd im Herzen des Filmes setzt dem Setting in dieser Hinsicht die Krone auf. Gerade in Bezug auf das Aussehen von Collin Farrell als Pinguin leistet auch die Maske ganze Arbeit. Eine versierte Kameraarbeit, die einige kreative Einfälle umsetzt, rundet das hochwertige visuelle Gesamtbild zu einem stimmigen Ganzen ab.
'The Batman' bringt dem Publikum also einen alten Helden in neuem Gewand, doch der frische Stil kommt keineswegs aus dem Nichts. Vielmehr basiert er auf diversen Bausteinen vorheriger Verfilmungen und lässt Saaten aufgehen, die in den Comics bereits angelegt sind. Auf diese Weise gelingt Matt Reeves der Spagat zwischen der Erschließung neuer Publikumssegmente und der Bedienung traditioneller Faninteressen. Dass man es niemals allen gleichzeitig recht machen kann, versteht sich von selbst. Dass ein paar alte Zöpfe, wie etwa möglichst skurrile Gadgets, abgeschnitten wurden, mag durchaus etwas Wehmut hervorrufen, aber die Reihe befindet sich eben in einem stetigen Fluss. Und so steigt jetzt schon die Spannung, wohin – vor allem in stilistischer Hinsicht - die weitere Reise wohl gehen wird. Unabhängig von der genauen Route wird 'The Batman' für viele Fans aber auf lange Zeit einen Eintrag als ganz besondere Wegmarke gewiss haben.
'Ambulance' präsentiert sich als eigentlich typischer Guilty Pleasure Streifen; doch leider legt sich Michael Bay einmal mehr ins Zeug, den Pleasure Anteil so gering wie möglich zu halten. Bewusst verwackelte Kamerabilder und eine Schnittfrequenz jenseits von Gut und Böse sollen offenbar ein höheres Tempo vorgaukeln, was aber zu Lasten einer intensiveren Atmosphäre geht. Darüber hinaus scheint aber auch Zauberei im Spiel zu sein. Das Blut in Cams Gesicht verschwindet genauso unvermittelt wieder, wie es gekommen ist. Abgesehen von solchen Detailfragen ergeben auch einige wesentlichere Handlungselemente nicht viel Sinn.
Vermutlich dürfte es eine Mischung aus persönlichen Vorlieben und ökonomischem Kalkül gewesen sein, wie man diesen Stoff verfilmt haben möchte: Als grimmigen Heist-Thriller im Stil von Filmen wie 'Triple 9', 'Criminal Squad' und 'Cash Truck' oder eben auf die Art von Michael Bay. Wirklich bedrohlich wirkt das Ergebnis seine Ansatzes nicht – was sich dann auch im eher mäßigen Spannungsaufbau niederschlägt. Dafür bekommt man eben eine hektisch in Szene gesetzte Hatz durch Los Angeles. Geschmackssache eben. Wenn man sein Essen gerne hastig hinunterschlingt, spielt auch das Ambiente keine große Rolle. So gesehen ist Bay auch ein Filmemacher, der mit offenen Karten spielt. Zumeist weiß man, welchen Stil man von ihm bekommt – auch wenn dieser immer extremer zu werden scheint. Wer's mag...
4 - 4,5 Punkte.
SciFi-RomCom der lässigen Art. Ein junger Mann träumt von einem Flug zum Mars und befindet sich darüber hinaus auf der Suche nach der Liebe. So weit, so abgestanden. Also Schwamm drüber, denn der wahrscheinlich interessanteste Aspekt an der Handlung wird eher nebensächlich abgehandelt.
Üblicherweise wird in Wissenschaft und Kultur (also auch im Film) ja davon ausgegangen, dass Roboter dem Menschen dienen (sollen). In manchen Dystopien erheben sie sich auch und schreiten zur Rebellion. Hier allerdings wird diese Situation regelrecht auf den Kopf gestellt; und das mit einer bemerkenswerten Selbstverständlichkeit. Im konkreten Fall fungiert hier ein Roboter als eine Art Geschäftsführer (oder vielleicht auch nur Schichtführer) eines Cafes, während der Job des Protagonisten darin besteht, ihm zu assistieren. Aktuell (Stand 2022) ist es natürlich so, dass erste Betreiber in der Gastronomie bereits Roboter einsetzen, um Getränke an die Tische der Gäste zu bringen. Daher ist dieser Aspekt der Handlung natürlich eher als Comedy zu verbuchen. Aber der Gedanke dahinter birgt durchaus eine gewisse Brisanz. Gemeinhin geht man zwar davon aus, dass der Trend, „fließbandartige“ Arbeiten an technische Hilfsmittel zu delegieren, noch sehr lange anhalten wird. Am anderen Ende des Spektrums lagert man allerdings auch schon Tätigkeiten an sie aus, die Menschen überfordern würden (beispielsweise komplexe Rechenvorgänge). Mehrere Philosophen spekulieren ja bereits, dass es früher oder später ein Grundeinkommen geben muss und wird, da eines Tages nicht einmal mehr annähernd ausreichend Arbeit für die Menschen in vielen Ländern vorhanden sein wird.
Lange Rede, kurzer Sinn: Roboter bahnen sich also nicht nur von unten, sondern auch von oben (oder zumindest von der Seite) den Weg in den Arbeitsalltag. In 'Liftoff' wird diese Entwicklung zu dem Gedanken zugespitzt, dass Menschen eines Tages durchaus auch zu Handlangern von mehr oder minder intelligenten Maschinen degradiert werden könnten. Selbstverständlich gibt es das auch heute schon, dass Menschen Maschinen quasi zuarbeiten, aber mit dem wesentlichen Unterschied, dass die finale Entscheidungsgewalt bis dato in der Regel eben noch bei den Menschen liegt. Aber wer sagt, dass dies für immer so bleiben wird?
Nur pro forma: Natürlich ist dies nur ein Randaspekt der Geschichte von 'Liftoff', aber der Hauptstrang der Handlung gibt so wenig her, dass es sich hier eben anbietet, mal einen Seitenhieb der Story in den Fokus zu nehmen. Denn die Liebesgeschichte ist im Grunde nicht der Rede wert und die avisierte Reise zum Mars ist es ebensowenig.
→ Belangloser, aber immerhin kurzweiliger Genrehybrid, der an den Rändern (auch in Bezug auf den von Zach Braff gespielten Konzernchef und dessen Marketingstrategie) interessanter erscheint als im Zentrum des Geschehens.
Oscar Madness Film 193 (1 Nominierung)
++ Enthält Spoiler ++
Oscarnominierter Abenteuerfilm (in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film) über die waghalsige Pazifiküberquerung von Thor Heyerdahl und seinen Gefährten, die mit ihrer Floßfahrt beweisen wollten, dass ein Übersetzen von Südamerika nach Polynesien auch schon Jahrhunderte zuvor möglich war. Nachdem bereits 1952 eine Dokumentation zur selben Thematik mit einem Oscar prämiert wurde, wurde 2012 ein gleichnamiger Kinofilm nachgelegt, dessen Handlung jedoch in einigen Punkten dramaturgisch überspitzt wurde, was vor allem in Bezug auf die Darstellung Herman Watzingers zu scharfer Kritik führte.
Die Handlung weicht dementsprechend an mehreren Stellen von der Dokumentation ab. Einige Ereignisse (wie etwa der Brand in der Kombüse) werden weggelassen, andere ausgeschmückt (Verschwinden des Papageis) und wieder andere neu arrangiert (im Spielfilm attackiert Watzinger den Wal – was dann auch gleich noch mit seinem Gang über Bord verbunden wird, der sich laut des Sprechers der Dokumentation bereits zuvor zugetragen hatte). Hinzu kommt, dass in der Inszenierung durch Espen Sandberg und Joachim Rønning großes Augenmerk auf die Vorbereitung der Expedition gelegt wird, während in der Doku der Nachlauf deutlich ausführlicher behandelt wird. Die stärkere Personalisierung und Emotionalisierung (Konflikt mit seiner Ehefrau) tun ihr übriges dazu.
Im Großen und Ganzen gelingt der Spagat zwischen geschichtsgetreuer Darstellung und kinotauglicher Unterhaltung einigermaßen gut, auch wenn man es in Detailfragen und bei der Darstellung Watzingers offenbar nicht ganz so genau nahm. Sehenswert erscheint diese Verfilmung aber allemal.
Oscar Madness Film 192 (1 Auszeichnung)
Oscarprämierte Dokumentation über die waghalsige Pazifiküberquerung auf einem Floß von Thor Heyerdahl und seinen Gefährten, die damit beweisen wollten, dass bereits mehrere Jahrhunderte zuvor eine Überfahrt von Südamerika nach Asien möglich war - und wohl auch tatsächlich durchgeführt wurde, wofür laut Heyerdahl mehrere Indizien sprechen.
Bei den Dreharbeiten, die mehr oder minder ein Nebenprojekt der Expedition darstellten, hatten die Filmemacher mit diversen Widrigkeiten zu kämpfen: Verwackelte Bilder aufgrund des Wellenganges, nasse Ausrüstung und wenig Platz auf dem Floß. Letzteres wurde mehrmals dadurch umgangen, dass man ein Schlauchboot als Beiboot nutzte, von dem aus Boot und Besatzung in der Totale gefilmt werden konnten. Anfangs erfolgte dies wohl noch ohne Sicherheitsseil, was den Ruderern im Schlauchboot fast zum Verhängnis geworden wäre, da das Floß deutlich schneller unterwegs war. Nur bedingt überzeugend ist die Montage der Sequenzen, was aber auch damit zusammenhängen könnte, dass womöglich nur begrenztes Rohmaterial zur Verfügung stand. So oder so erweist sich 'Kon-Tiki' als durchaus sehenswertes Zeitdokument, dessen Oscar-Prämierung schon dadurch gerechtfertigt erscheint, dass sich mit Bryan Foys 'Ich war FBI Mann M. C.' der einzige Gegenkandidat heftigen Propaganda-Vorwürfen ausgesetzt sieht.
Ein wesentlicher Unterschied zur Spielfilmversion von 2012 besteht in der abgedeckten Zeitspanne. Während sich der norwegische Abenteuerfilm ausführlich den Vorbereitungen widmet und gegen Ende der Reise (abgesehen vom Brief der Ehefrau) relativ abrupt abbricht, werden die Schilderungen in der Dokumentation noch eine ganze Weile fortgesetzt. Dabei werden mehrere Ereignisse im Nachgang der Überfahrt erwähnt oder im Bild gezeigt, weshalb es sich durchaus anbietet, sowohl die Spielfilm- als auch die Doku-Version zu sichten. Die Reihenfolge dürfte dabei Geschmackssache sein. Aus Spannungsgründen könnte es vielleicht Sinn machen, zuerst den Film von 2012 zu sichten; aufgrund der unterschiedlichen Akzentuierung macht eine Sichtung in chronologischer Reihenfolge aber ebenso Sinn.
7 - 7,5 Punkte.
Oscar Madness Film 191 (1 Nominierung)
Oscarnominierter Animationsfilm aus Irland, der in bemerkenswerten Bildern die Geschichte eines Buches erzählt und die Erzählung mit diversen Elementen aus der keltischen Mythologie einerseits und christlicher Symbolik auf der anderen Seite anreichert. Beide Stil-, Denk- und Glaubensrichtungen gehen dabei in visueller Hinsicht Hand in Hand, während sie auf inhaltlicher Ebene regelrecht aufeinanderprallen.
In vielen Szenen ist es gar nicht mal so einfach zu entscheiden, ob man sich auf den Vorder- oder Hintergrund der Szene konzentrieren soll, denn letzterer ist geprägt von ausladender Symbolik (z. B. zahlreiche Kreismotive), beachtlichem Detailreichtum und der Einhegung von Easter Eggs (Gesichter etc.).
Mitunter wirken die Bilderwelten wie animierte Kirchenfenster. Inspiration für die visuelle Gestaltung der Figuren scheint Regisseur Tom Moore u. a. aus Vorlagenbüchern der Ikonenmalerei zu ziehen, was angesichts der Thematik des Filmes gleich doppelt und dreifach sinnvoll erscheint. Wie sehr er diesen Stil im Lauf der Jahre kultivieren und perfektionieren konnte, wird ganz besonders auch mit Blick auf 'Wolfwalkers' deutlich, der mit einer vergleichbaren Stilsicherheit und einem entsprechendem Detailreichtum daher kommt und auch in inhaltlicher Hinsicht Wert auf Zwischentöne legt. Wohin Moores weiterer Weg auch führen mag, die Termine der Oscarverleihungen sollte er sich auch in Zukunft regelmäßig freihalten.
Ein Mann wacht mit vagen Erinnerungen an einen Unfall im Krankenhaus auf, wo sich eine Pflegerin um ihn kümmert, deren Umgang mit ihm seltsam vertraut wirkt. Auch seine Eindrücke von früheren Begegnungen mit seinen Eltern scheinen sich in einem eigenartigen Fluss zu befinden, wodurch sich die Erinnerungsfetzen teils gegenseitig widersprechen. Und was hat es mit der Dame auf sich, von der immer wieder Bilder vor seinem inneren Auge auftauchen?
In einer Mischung aus Psychodrama und -thriller erzählt Richard Berrys 'Black Box' von einem Mann, der um eine Rückkehr in seinen Alltag kämpft, indem er erst einmal verstehen will und muss, welchen Weg er in den vergangenen Jahren überhaupt gegangen ist. Für das Publikum ist dabei zunächst ähnlich unklar wie für den Protagonisten, welche Erlebnisse sich tatsächlich zugetragen haben und welche in seiner Erinnerung verzerrt sind. Dazu kommt, dass sich auch aktuelle Eindrücke mit realen und falschen Erinnerungen vermischen, was die Ursachenforschung zusätzlich erschwert.
Aus dieser Konstruktion ergibt sich eine relativ kurzweilige Spurensuche, die mit etwas tristen Farbfiltern bebildert wurde, die aber immerhin eine passende Atmosphäre schaffen. Das Ende wirkt nur bedingt überzeugend, bewegt sich aber noch im Rahmen der Glaubwürdigkeit. In erster Linie ist hier sowieso der Weg das Ziel – und dieser fällt immerhin recht unterhaltsam aus.
Oscar Madness Film 190 (1 Auszeichnung, 2 weitere Nominierungen)
++ Leichte SPOILER ++
Eine wohlhabende Dame liegt im Koma und ihr Ehemann wird verdächtigt, sie vergiftet zu haben. Schließlich hat sie mehrere Millionen Dollar in die Ehe mit eingebracht, während er, der verarmte Adelige, zuvor nur eine einzige Million besaß...
Mit einem feinen Gespür für Ironie und Gesellschaftskritik wird hier ein Kriminalfall neu aufgerollt, bezüglich dessen Auflösung drei Varianten möglich erscheinen: Der Verdächtige ist unschuldig oder er hat die Tat begangen oder er hat das Opfer zwar nicht vergiftet, sich aber der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht.
Ohne zu viel zu verraten: Der Kriminalfall an sich bietet hier eigentlich nur den Anlass für die Bestandsaufnahme einer verkommenen (Geld-)Adelsfamilie und einer offenkundig dysfunktionalen Ehe. Drehbuch und Regie (beide oscarnominiert) nutzen die Mittel des Justizdramas, um eine Mischung aus skizzenhaftem Psychogramm und bissiger Milieustudie aufzusetzen. In einem Raum zwischenmenschlicher und sozialer Kälte leben dabei zwei Ehepartner neben sich her, von denen sich jeder sein eigenes Refugium sucht: Er seine Geliebte und sie den Rausch. Und zwischendurch kommt es immer wieder zu skurrilen Situationen, bei denen mitunter schon das Zuschauen vor dem Bildschirm beklemmend wirkt. Jeremy Irons nutzt diese Gelegenheit zu einem mitunter fast schon gespenstischen Spiel, während dessen er auch immer wieder mit der Ambivalenz seiner Rolle kokettiert. Vergolden konnte er seine Vorstellung 1991 durch den Gewinn des Oscars für den besten Hauptdarsteller. Ob er eine Haupt- oder Nebenrolle in dem Stück spielt, lässt sich aufgrund der Struktur der Handlung nicht genau festlegen. Im Grunde wäre er in beiden Kategorien gleich gut aufgehoben. Aber derartige Grenzfälle gibt es im Rahmen von Preisverleihungen schließlich regelmäßig.
→ Barbet Schroeder spielt in seiner Inszenierung von 'Die Affäre der Sunny von B.' mit den inhaltlichen und stilistischen Mitteln von Justizthrillern und -dramen und nutzt sie gewissermaßen als Verpackung für einen bissigen Plot, den er betont unterkühlt vorträgt. Dass als Erzählerin ausgerechnet das komatöse Verbrechensopfer fungiert, setzt dem kreativen Treiben eine Krone auf. Nicht ganz einfach zu beantworten wäre die Frage nach dem Zielpublikum dieser Produktion. Dramenfans dürften es wohl am leichtesten haben, sich mit dem Stoff anzufreunden. Aber auch für Anhänger von Gerichtsfilmen (schließlich beruht die Erzählung auf wahren Begebenheiten) könnte sich eine Sichtung durchaus lohnen.
6,5 Punkte mit Tendenz nach oben.
(Auch wenn meine Wertung nicht weit vom Community-Schnitt entfernt liegt: So schlecht, wie manche Kommentare hier befürchten lassen, ist dieser Film keineswegs.)
Ein Mann wacht ohne Erinnerungen in der Wüste auf und recherchiert auf eigene Faust bezüglich seiner Vergangenheit.
Die Geschichte ist nicht neu, enthält aber trotzdem die Keimzelle für einen mindestens soliden Thriller. Allerdings leidet 'Identity Report' doch recht stark unter seiner chronischen Unterfinanzierung. Zweckmäßige Kameraarbeit, bemühte Darsteller, ein etwas grobschlächtiges Drehbuch und eine recht ungeschliffene Inszenierung erwecken den Anschein, dass es sich hier um einen internen Entwurf handeln könnte, der eigentlich gar nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist und nur darauf wartet, im größeren Stil verfilmt zu werden. Einige Ideen sind durchaus ansprechend, teilweise werden sie aber etwas plump vorgetragen. Die lausige finanzielle Ausstattung kann man der Crew nicht vorwerfen, andererseits gibt es aber auch Regisseure, die unter vergleichbaren Bedingungen mehr herausholen können. Zwar ist diese Produktion weit davon entfernt, ein großer Wurf zu sein, für Freunde von weitgehend unbeachteten Nischenfilmen könnte eine Sichtung aber eventuell trotzdem Sinn machen.
Spezialtipp: Wer die deutsche Synchronfassung schaut, sollte von Minute 40 bis 45 trotzdem auf die Originalversion wechseln.
Gerade noch 4 Punkte.
Oscar Madness Film 189 (1 Auszeichnung, 1 weitere Nominierung)
(Kleiner Geheimtipp. 'Harry und Tonto' kommt bei MP bisher auf 28 Bewertungen und der letzte Kommentar liegt 9 Jahre zurück.)
Mitte der Siebziger-Jahre, als man in den meisten Gegenden der Welt den Begriff „Gentrifizierung“ allenfalls aus einer wissenschaftlichen Publikation von Ruth Glass (oder wenn es hoch kommt aus der Presse) kannte, war der Abriss ganzer Häuserblöcke in Metropolen wie London, Paris oder New York bereits in vollem Gange. 'Harry und Tonto' erzählt die Geschichte eine Rentners, der sich weigert, seine Wohnung freiwillig zu räumen und im wahrsten Sinn des Wortes auf die Straße gesetzt wird. Eine Ersatzwohnung, die ihm durch die Stadt offeriert wird, lehnt er ab und zieht mit seinem Kater Tonto vorübergehend bei seinem Sohn und dessen Familie ein, bevor er sich auf eine Reise zu seinen anderen Kindern begibt.
Aus dieser Prämisse entwickelt sich ein vom Arthousekino angehauchtes Roadmovie, das weitgehend ohne die in diesem Subgenre nicht ganz unüblichen Taschenspielertricks auskommt (bspw. möglichst skurrile Situationen) und sich Stück für Stück seinem Protagonisten nähert. Inhaltlich und stilistisch erscheint Paul Mazurskys Inszenierung wie ein Vorreiter von Alexander Paynes 'Nebraska' und David Lynchs 'The Straight Story'. Begleitet wird ein etwas kauziger Herr, dessen Charakter sorgsam ausgearbeitet wurde, wobei viele der Informationen jedoch nur zwischen den Zeilen transportiert werden. Hauptdarsteller Art Carney geht in seiner Rolle regelrecht auf und verkörpert die Figur des Harry bodenständig, aber mit einer unverkennbaren eigenen Note. Dabei trifft er genau das richtige Maß aus Originalität und Glaubwürdigkeit. Grundsätzlich besteht in solchen Fällen schnell mal die Gefahr, über das Ziel hinauszuschießen, doch Carney lässt hier rein gar nichts anbrennen. Ausgezeichnet wurde er für seine inspirierte Vorstellung u. a. mit einem Oscar für den besten Hauptdarsteller, was alleine schon insofern bemerkenswert erscheint, dass er dabei Weltstars wie die ebenfalls nominierten Dustin Hoffman, Jack Nicholson, Al Pacino und Albert Finney hinter sich lassen konnte.
Auch das (Original-)Drehbuch wurde nominiert, jedoch hatte man in dieser Kategorie das Nachsehen gegenüber der Konkurrenz von 'Chinatown'. Das Skript überzeugt durch zahlreichen Qualitäten, wie lebensnahe Charaktere, ansprechende Dialoge und eine ganz eigene Struktur abseits breitgetretener Pfade. Gesellschaftskritische Zwischentöne verleihen der Geschichte die nötige Relevanz. Steinig wirkt allenfalls der etwas lückenhafte Umgang mit dem Thema Tod, den Regie, Schnitt und Drehbuch gleichermaßen zu verantworten haben dürften. Das Lebensende von Charakteren bricht hier nicht nur unvermittelt über die Zuschauer herein, sondern wird zunächst ausgespart, bis dann plötzlich andere Charaktere vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Man erfährt also nicht gemeinsamen mit anderen Charakteren vom Tod einer Figur, sondern hinkt den Geschehnissen als Zuschauer einen Schritt weit hinterher. Das mag zwar ein legitimes dramaturgisches Mittel sein, widerspricht jedoch den Sehgewohnheiten doch recht deutlich und erzeugt den Eindruck, etwas verpasst zu haben. Vielleicht ist aber auch genau das gewollt, denn schließlich hat man eben wirklich oft etwas verpasst, wenn jemand aus dem Leben scheidet.
Nicht nur wegen der Bedeutung in Hinblick auf gesellschaftliche und auch persönliche Belange, sondern auch aufgrund der unaufgeregt und trotzdem sehr kurzweilig vorgetragenen Geschichte empfiehlt sich für Fans von Tragikkomödien eine Sichtung (fast) ohne Wenn und Aber. Wer noch dazu Katzen mag, hat im Grunde schon gewonnen, wenn er oder sie mit Harry und seinem vierbeinigen Gefährten auf eine Reise gen Westen geht.
8,5 - 9 Punkte.
Alter Wein in neuen Schläuchen, Kabeln, Prozessoren oder was auch immer... In visueller Hinsicht ist hier im Großen und Ganzen alles im grünen(!) Bereich; zumindest was die handwerkliche Umsetzung betrifft. Fragwürdig erscheint hingegen stellenweise die Bildsprache, die religiöse Symbolik mit popkultureller Ikonographie vermischt und auf teils recht abenteuerliche Weise kombiniert. Jesus trifft auf die Beatles, wenn man so möchte. Echter Erkenntnisgewinn, pure Lust an der Provokation oder einfach nur wirre Gedankenfetzen? Einiges deutet auf zweiteres hin. Die Werbetrommel will eben gerührt werden. Und in diesem Sinne fügt sich auch der (vermeintliche) Fanservice ganz gut ein, der auf die Variation früherer Szenen und die Rückkehr zahlreicher Charaktere setzt. In inhaltlicher Hinsicht sorgt auch diese Episode wieder für reichlich Stirnrunzeln.
Als Guilty Pleasure Streifen kann 'Resurrections' durchaus funktionieren, wird aber bei vielen Zuschauern wohl unter der Erwartungshaltung leiden, die in früheren Zeiten aufgebaut wurde. Und so geht der Fanservice-Schuss bei einigen Anhängern eben nach hinten los. Wahrscheinlich sollte man komplett ohne jegliche Erwartungen herangehen (sofern das überhaupt möglich ist), dann dürfte die Karten auf gute Unterhaltung deutlich besser stehen. Denn bei aller Kritik gibt es ganz gewiss schlechtere Filme als 'Matrix Resurrections'.
6 - 6,5 Punkte.
'Matrix: Revolutions' wirkt über weite Strecken wie ein überlanger Epilog der beiden ersten Episoden. Inhaltlich ist die Grundgeschichte eigentlich fast auserzählt. Die Autoren beschränken sich auf dramaturgische Neuerungen in homöopathischen Dosen und setzen stattdessen verstärkt auf Elemente, die man bereits aus der 'Terminator'-Reihe und anderen Produktionen kennt. Ansonsten wird ähnliche Kost serviert wie im zweiten Teil der Reihe; der Hauptunterschied besteht allenfalls darin, dass die Action nochmal deutlich krawalliger inszeniert wurde. Ein Großteil der visuellen Effekte kann sich – gemessen am Produktionsdatum – nach wie vor sehen lassen. Überhaupt ist der Stil der wohl größte Pluspunkt, den diese Fortsetzung für sich verbuchen kann. Die Dialoge wirken allerdings zum Teil eher irritierend. Wenn beispielsweise das Orakel wortreich in Rätseln spricht, stellt sich mehr als nur einmal die Frage nach dem Sinn solcher Gespräche.
Rückblickend ist es vielleicht ganz gut, dass man nach der Produktion der dritten Episode in eine lange Pause ging. Ob einem das Resultat der darauffolgenden Fortsetzung gefällt, steht aber natürlich auf einem anderen Blatt.
Größer, schneller, lauter, matrixiger. Die Wachowskis führen die 'Matrix'-Erzählung von ihrem Ursprung weg, entfernen sich aber trotzdem nicht wirklich weit von deren Kern. Die Handlung und die Inszenierung wirken so, als würden sie einen Kreis um die Geschichte der ersten Episode herum beschreiben. Der Blick auf das Thema wird ein wenig erweitert, die Umsetzung dreht aber – nicht zuletzt aufgrund einer drastisch erhöhten finanziellen Ausstattung – ein deutlich größeres Rad, wodurch eine klare Hinwendung zum Actionkino stattfindet. Alleine die Autobahnszene spricht in dieser Hinsicht Bände. In Bezug auf den Erfolg an den Kinokassen hat diese Entwicklung ganz offenkundig nicht geschadet, da auch hier ein deutlicher Sprung hingelegt wurde. Dass es vereinzelt auch zu Boykottaufrufen oder sogar tatsächlichen Verboten kam (etwa in Ägypten) dürfte den weltweiten Zulauf eher noch befeuert als erschwert haben.
In stilistischer Hinsicht konnten die Wachowskis mit den 'Matrix'-Filmen ohnehin Filmgeschichte schreiben. Viele ihrer Einstellungen und Stilideen wurden zigfach adaptiert, variiert oder parodiert – und das quer durch zahlreiche Genres. Im Vergleich zu vielen anderen Blockbustern wirkt 'Matrix Reloaded' deutlich kauziger und spleeniger, aber womöglich dürfte gerade darin auch das Erfolgsgeheimnis liegen. Früher oder später wird sich die Reihe wohl neu erfinden oder weiteren Neuerungen zuwenden müssen, aber die Ausrufezeichen, die durch die ersten drei Episoden gesetzt wurden, sind durchaus beachtlich.
Oscar Madness Film 188 (4 Auszeichnungen)
Zeitloser (moderner) Science Fiction Klassiker, der das Paradox schafft, ewig jung und deutlich angestaubt zugleich zu sein.
Ende der 90er Jahre konnte 'Matrix' allein schon wegen seiner Innovationen zahlreiche Alleinstellungsmerkmale aufweisen. Diesen Nimbus hat die Inszenierung der Wachowskis aufgrund zahlreicher Nachahmer zwar mittlerweile eingebüßt, doch das spricht ja letztlich nur für den stilprägenden Charakter der Produktion. Denn nur wenige Filme dürften in den letzten Dekaden derart große Auswirkungen auf nachfolgende Produktionen gehabt haben. So ziemlich jeder Regisseur von Actionfilmen, der etwas auf sich hält, hat Elemente aus der Inszenierung übernommen. Oftmals in Bezug auf die Kampfchoreographien und nicht selten auch in Hinblick auf die oscarprämierten Spezialeffekte. In Sachen visueller Gestaltung wurden regelrecht neue Maßstäbe gesetzt und zeitgemäßere Standards definiert. Für die Kampfszenen wurden diverse Elemente aus Martial Arts Filmen übernommen und tricktechnisch auf ein neues Level gehoben, was wiederum die Inspiration für die Gestaltung zahlreicher späterer Produktionen gewesen sein dürfte.
Dasselbe gilt für den (ebenfalls oscarprämierten) Schnitt, dessen Ausführung den vergleichsweise gemächlichen Stil des ausgehenden Jahrtausends mit den zunehmend hochfrequenteren Montagestilen der Nullerjahre vereint, wobei sich in Einklang mit den Kostümen und den bereits genannten Elementen eine (zumindest gefühlte) Coolness ergibt, die – vielleicht auch wegen der vielen Trittbrettfahrer in den den Folgejahren – ihren Charme durchaus gut konservieren konnte. Hinzu kommen zwei weitere Oscar Trophäen für den besten Ton und den besten Tonschnitt.
Vollkommen zurecht wurde 'Matrix' in den vorgenannten technischen Kategorien mit Preisen überhäuft; nicht minder zufällig wurde die Verfilmung jedoch auch in den rein künstlerischen Kategorien übergangen. Das Schauspiel wirkt in der Gesamtheit durchwachsen und das Drehbuch vermittelt den Eindruck eines bunten – oder besser: Neo(n)schwarzen – Luftballons. Auf den ersten Blick recht gefällig anzusehen, doch es steht der dringende Verdacht im Raum, dass sich im Inneren nur heiße Luft befindet. Ein Stück weit entzieht sich die Handlung auch einer handfesten Interpretation, da einige potenzielle Unzulänglichkeiten auch lapidar als Fehler in der Matrix abgetan werden können. Überhaupt stellt sich die Frage, was sich unter dem Glitzer der im Jahr 1999 fraglos innovativen Handlung überhaupt verbergen mag. Man kann den Autoren fraglos zugute halten, den damals vorherrschenden Zeitgeist mit einer Mischung aus Technikeuphorie und -skepsis passend bedient zu haben. Einige vermeintlich bedeutungsschwangere Aphorismen wirken allerdings doch eher selbstzweckhaft.
Allgemein wirkt das Gesamtkonzept als solches in der Nachbetrachtung deutlich kalkulierter als es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser vermeintlichen Indie-Story den Anschein erweckt haben mag. Der Cast, der Handlungsaufbau und auch die Ausgestaltung der Choreographien lassen kaum Zweifel daran, dass man ganz bewusst eine große Menge von Zielgruppen mit ins Boot holen wollte. Und gerade unter finanziellen Gesichtspunkten ging dieser Plan ja auch hervorragend auf. Die Produktion mehrerer Fortsetzungen spricht in dieser Hinsicht ebenfalls eine deutliche Sprache.
Und so hat 'Matrix' einen guten Teil seiner „Ich mach mein Ding“-Attitüde zwar mittlerweile ebenso eingebüßt wie die besagten vorübergehenden Alleinstellungsmerkmale. Andererseits bleibt die Ästhetik, die durch diese Reihe eingeführt und etabliert wurde, auch durch zahlreiche „Nachahmungstäter“ jung, da der Geist der 'Matrix'-Filme eben auch in ihnen weiterlebt. Nicht schlecht für einen Film mit einer derart luftigen Handlung.
Oscar Madness Film 187 (1 Auszeichnung, 6 weitere Nominierungen)
Steven Spielbergs Neufassung der 'West Side Story' liefert bei einem flüchtigen Blick auf die Synopse kaum Neuigkeiten, doch die Abweichungen liegen (abgesehen von einigen Änderungen der Szenerie) im Detail. Zuvor aber noch kurz zur Goldtrophäe, mit der sich diese Produktion einen Eintrag in den Chroniken sichern konnte:
Ariana DeBose wurde für ihre Nebenrolle mit einem Oscar ausgezeichnet, was alleine schon deshalb bemerkenswert erscheint, da in der Originalverfilmung von 1961 Rita Moreno in derselben Rolle einen Oscar gewann, während in beiden Versionen keine(r) der Hauptdarsteller*innen nominiert wurde. Überhaupt wurden alle sieben Kategorien bzw. ihr jeweiliges damaliges Äquivalent), in denen das Remake nominiert wurde, bereits im Rahmen der 34. Oscarverleihung mit Bezug auf die Originalverfilmung berücksichtigt. Ariana DeBose jedenfalls konnte sich mit ihrem recht konventionellen Auftritt u. a. auch gegen Jessie Buckley ('Frau im Dunkeln') durchsetzen, deren Performance eng an die der Hauptdarstellerin Olivia Colman gekoppelt ist. Und auch Judi Dench hatte mit ihrer geerdeten Darstellung in Kenneth Branaghs 'Belfast' das Nachsehen gegenüber DeBose. Charmant mutet an, dass Rita Moreno auch bei der Besetzung der Neuauflage berücksichtigt wurde (in der Rolle der Ladenbesitzerin Valentina).
In den Bereichen Regie, Kamera, Kostümdesign und Ton lebt Steven Spielbergs Version der 'West Side Story' in allererster Linie von Perfektion und Ästhetik. Innovationen spielen hier keine allzu tragende Rolle. Variationen hingegen gibt es zuhauf. Einige von ihnen betreffen die Handlungsorte (Kiosk statt Bar, Polizeirevier statt Straße usw.), andere die Besetzung, bei der es zu weit weniger Verrenkungen kommt als noch im Rahmen der Inszenierung von 1961; wobei das diesbezügliche Ergebnis aber nach wie vor nicht ganz rund wirkt. Um es zur Illustration mal ganz plakativ zu formulieren: Die puerto-ricanische Protagonistin Maria wird mit Rachel Zegler nun von US-Amerikanerin mit kolumbianischen und polnischen Wurzeln gespielt statt vom einer US-Amerikanerin russischer Herkunft (Natalie Wood). Für Verfechter „authentischer“ Besetzungen bleibt dieses Thema womöglich weiterhin ein Zankapfel. Prägnantere Änderungen sind jedoch im Bereich der Dialoge auszumachen, in dem sich reaktionäre Konnotationen und reformerische Zwischentöne nicht mehr ganz so deutlich gegenüberstehen.
Noch ausgeprägter fallen die Neuerungen im Bereich der Kulissen aus, denen ihre Funktion als Brennglas der Befindlichkeiten mehr oder minder abhanden gekommen ist und die nun deutlich prosaischeren Charakter aufweisen, wodurch sie sich nahtlos beim cinematographischen Konzept einreihen. Aufgrund der augenscheinlichen handwerklichen Qualität und der ästhetischen Gesichtspunkte erscheint jedoch auch die entsprechende Nominierung mehr als gerechtfertigt.
In Anbetracht der besagten Qualitäten ist es fast müßig zu erwähnen, dass eine Berücksichtigung in der Kategorie „Bester Film“ die Liste der Nominierungen abrundet. Die Inszenierung punktet durch eine versierte Umsetzung eines stimmigen ästhetischen Konzeptes, das in Hinblick auf die Kameraarbeit und das Produktionsdesign im Vergleich zur Version von 1961 allerdings auch in seinem Funktionsumfang etwas reduziert reduziert wurde. So gesehen sprechen durchaus Argumente für eine Sichtung des Remakes, während sich allerdings auch zahlreiche Gründe für eine Sichtung des Originals anführen ließen.
Oscar Madness Film 186 (10 Auszeichnungen, 1 weitere Nominierung)
'Romeo und Julia' in Manhattan. Die moderne Musicalversion der wahrscheinlich berühmtesten Liebestragödie der Literatur- und Theatergeschichte wird hier in einen rassistisch (oder zumindest nationalistisch) motivierten Konflikt übersetzt, dessen Umsetzung nicht in jeder Facette glücklich wirkt. Ein Blick auf den Cast offenbart eine etwas chaotische Besetzungslogik, was sich dann auch in den zur Schau gestellten Akzenten einiger Darsteller widerspiegelt.
Nichtsdestotrotz bringt es die 1961er Fassung dieses Musicals auf die stolze Zahl von elf Oscarnominierungen, von denen zehn zu einer Auszeichnung führten, wodurch nur knapp der Rekord verpasst wurde, der aktuell (Stand: 2022) von 'Ben Hur', 'Titanic' und 'Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs' gehalten wird.
Rita Moreno und George Chakiris (beide Nebenrolle) wurden dabei ebenso ausgezeichnet wie Irene Sharaff für die farbenprächtig und verspielt umgesetzten Kostüme sowie Daniel L. Fapp für seinen nicht minder kreativen Einsatz der Farbkamera. Gemeinsam mit dem ebenfalls ausgezeichneten Thomas Stanford (Schnitt) richtet Fapp die visuelle Gestaltung ganz gezielt am Protagonistenpärchen aus, betont ihre Hingabe zueinander und ihr Ausblenden der Umwelt mit Filtern, einer entsprechenden Beleuchtung und ähnlichen Hilfsmitteln und stellt so das Miteinander der beiden ohne Wenn und Aber ins Zentrum der Erzählung. Ganz besondere Bedeutung kommt dabei dem (ebenfalls oscarprämierten) Szenenbild zu, das ganz im Dienste des Protagonistenduos zu stehen scheint. Farbe und Gestalt der Kulissen sind in vielen Szenen ganz offenkundig an den Befindlichkeiten der beiden orientiert und verstärken so den Transport von Emotionen. Auf diese Weise werden die Empfindungen der beiden in manchen Szenen nicht nur musikalisch, sondern auch visuell für das Publikum erlebbar gemacht, wodurch die Grenzen des audiovisuellen Mediums Film deutlich stärker ausgelotet werden als in vielen vergleichbaren Produktionen. Alleine schon aufgrund dieser versiert umgesetzten Stilübungen wirkt der Regieoscar für Robert Wise mehr als gerechtfertigt. Zum ersten mal in der Geschichte wurde dieser geteilt, indem er auch an den Choreografen Jerome Robbins vergeben wurde, von dessen Ideen die Bilderwelten und das Arrangement der Handlung zu einem guten Teil leben.
Fast schon standesgemäß erscheint die Oscar-Prämierung in den Kategorien „Beste Filmmusik“ und „Bester Ton“. Zwar kommen viele der Gesangseinlagen mit Blick auf spätere Hörgewohnheiten erstaunlich ungeschliffen daher, aber vielleicht macht auch gerade das einen Teil des Charmes dieser Produktion aus. Die Charaktere sind allesamt nicht perfekt und weisen Ecken und Kanten auf; allzu glattgebügelter Gesang wäre deshalb wohl auch nicht die allerbeste Wahl gewesen. Im Fall von Natalie Wood als Maria schießt das Gesangsdouble Marni Nixon jedoch über das Ziel hinaus, indem sie etwas zu dick aufträgt. Rita Moreno (Anita) hingegen singt die meisten ihrer Lieder selbst.
Als mehr oder minder logische Konsequenz all dieser Auszeichnungen kann 'West Side Story' auch den Award in der Königskategorie 'Bester Film' für sich verbuchen. Einzig das (adaptierte) Drehbuch geht trotz einer Nominierung leer aus (Gewinner: 'Urteil von Nürnberg'). Aus dem zeitgeschichtlichen Kontext heraus erscheinen die Zwischentöne durchaus folgerichtig, doch aus der Perspektive des neuen Jahrtausends dominieren reaktionäre Grundannahmen, die regelmäßig von subversiven Ideen durchbrochen werden. Einerseits ein probates Mittel, Diskurse zu beeinflussen, andererseits vielleicht aber auch etwas befremdlich, weil nicht immer ganz eineindeutig klar ist, welchen Textstellen welche Intention zugrunde liegt.
→ Alleine schon aufgrund der filmhistorischen Bedeutung sollte jeder Cineast mindestens einmal 'West Side Story' gesehen haben, denn unter einer großen Anzahl an Musicals nimmt diese Verfilmung bis heute einen ganz besonderen Stellenwert ein.
6 - 6,5 Punkte.
Oscar Madness Film 185 (3 Auszeichnungen, 5 weitere Nominierungen)
Ein 138 Stockwerke hoher Wolkenkratzer wird eingeweiht, was dessen Eigentümer mit einem großen Fest feiern lassen möchte. Warum auch nicht? Schließlich hat er bereits an anderer Stelle – etwa beim Brandschutz – genügend Geld gespart. Es macht schließlich auch viel mehr Sinn und Spaß, das Geld für Lobbyarbeit als für brandsichere Kabel auszugeben.
Gerade die Exposition der Prämisse ist in 'Flammendes Inferno' schon insofern gut gelungen, dass eine Reihe von Missständen aufgezeigt wird, die sich auch Jahrzehnte später noch weltweit durch unzählige Bauprojekte ziehen. Man sieht den Zug auf den Abgrund zurasen, doch der Lokomotivführer sieht erstmal keine Veranlassung zu bremsen. Das kann man schließlich auch später noch...
Was danach geschieht, wird hier in Bildern eingefangen, von denen nahezu jedes Frame von der Leidenschaft zeugt, die bei der Produktion an den Tag gelegt wurde. Mit versiert eingesetzter Tricktechnik wird ein bedrohliches Szenario kreiert, das viele Jahre später noch als Vorbild für Filme wie 'Stirb Langsam' oder 'Skyscraper' herangezogen wurde. Durch geschickte Kameraeinstellungen und Schnitte werden Miniaturmodelle, Studionachbauten und authentische Kulissen miteinander verwoben und als Hintergrund der sich Bahn brechenden Katastrophe in Szene gesetzt. Sowohl die Cinematographie als auch die Montage wurde mit Oscars bedacht. Zudem wurde das Szenenbild nominiert (Gewinner: 'Der Pate – Teil II').
Neben den visuellen Kategorien konnte sich John Guillermins Inszenierung zum Höhepunkt der Award Season auch in den akustischen Sparten Meriten verdienen. Maureen McGoverns Interpretation von 'We May Never Love Like This Again' wurde 1975 mit einem Oscar ausgezeichnet, was nicht zuletzt auch an Joe Hudson liegen dürfte, der für das Arrangement zuständig war. Einsatz fand ihr Lied nicht nur während des Abspanns, sondern es wurde auch in die Handlung eingebunden und von John Williams im Rahmen der Filmmusik auf verschiedene Weisen musikalisch zitiert und variiert. Auch Williams wurde für seine Arbeit an 'Flammendes Inferno' für einen Oscar nominiert. Der Score wirkt vergleichsweise klassisch, trägt unverkennbar seine Handschrift und ist an manchen Stellen unverkennbar bemüht, Emotionen in die Inszenierung zu tragen, was aber nicht zwingend in jeder Szene mit dem Geschehen auf der Leinwand korrespondiert – zumindest nicht nach den Seh- und Hörgewohnheiten späterer Jahrzehnte. Prämiert wurde in dieser Kategorie jedoch 'Der Pate – Teil II'. Eine weitere Nominierung erfolgte in der Sparte „Bester Ton“ (Gewinner: 'Erdbeben')
Fast schon kurios, aber keineswegs unverdient mutet Fred Astaires Nominierung als bester Nebendarsteller an (Gewinner: Robert De Niro in 'Der Pate – Teil II'), da seine Rolle recht unscheinbar ausfällt und nur begrenzte Screentime besitzt. Dennoch hinterlässt er durch sein hintergründiges Spiel bleibenden Eindruck – was innerhalb eines derart namhaft besetzten Casts (Paul Newman, Steve McQueen, William Holden, Faye Dunaway, Richard Chamberlain, Robert Vaughn u.a.) alles andere als selbstverständlich erscheint.
Als Resultat der durchaus hohen handwerklichen Qualität in den technischen Kategorien wurde 'Flammendes Inferno' als „Bester Film“ (Gewinner: 'Der Pate – Teil II') nominiert. Denn auch wenn die Geschichte (vor allem in der zweiten Hälfte) mit weit über zweieinhalb Stunden Spieldauer etwas aufgebläht wirkt und auch nicht bis ins letzte Detail plausibel erscheint, überzeugen die visuellen Effekte auf ganzer Linie (ganz besonders in Anbetracht des Produktionsdatums). Für Fans von Katastrophen- oder Actionfilmen sollte 'Flammendes Inferno' daher fast schon zur cineastischen Grundbildung gehören.
Ironic Fact: Sowohl Robert Wagner als auch O. J. Simpson gehören zum Cast. Robert Blake hatte offenbar wegen seiner Dreharbeiten an 'Baretta' keine Zeit...