JackoXL - Kommentare

Alle Kommentare von JackoXL

  • 4 .5

    [...] Positiv hervorzuheben bleiben sonst nur noch die Sequenzen, in denen Robert Siodmak sein großartiges Gespür für stimmungsvolle Bildmontagen unter Beweis stellen darf. Immer dann, wenn der Tod wie ein Damoklesschwert bedrohlich über der Szenerie baumelt, weiß dies der Regisseur effektvoll in den Mittelpunkt zu rücken, sorgt für dunkle Highlights, die leider im Gesamten zu rar gesät sind. Besonders zum Ende hin fallen mehr die Unzulänglichkeiten des Films deutlich ins Gewicht. Die offenkundige Geistesstörung des – ausschließlich für den Zuschauer - schon früh entlarvten, wahren Übeltäters (um Spoiler zu vermeiden an der Stelle trotzdem nicht benannt) wird durch absurd übertriebene Verhaltensauffälligkeiten an den Rande der Karikatur gerückt. [...] Mit einem anständigen Finale wäre sicher noch einiges halbwegs gerade zu biegen, doch auch hier enttäuscht Zeuge gesucht. Der eiskalte und angeblich so ausgefuchste Killer entpuppt sich als geschwätzige Trantüte mit der Geschwindigkeit und Feinmotorik von Frankensteins Monster, das potenzielle Opfer hätte zwischendurch auch noch entspannt zur Toilette gehen können oder sich ein Brot schmieren, soviel Zeit muss sein. [...] Das Resümee zu Zeuge gesucht fällt ernüchternd aus, obwohl hier ein unbestreitbarer Fachmann ab und zu mit seinem Talent Ausrufezeichen setzen kann und der Plot im Ansatz viel hergibt. Ein immer schwächer werdendes Skript schält die Handlung irgendwann auf einen spannungsreduziertes, unlogischen Gehäuse herunter, bei dem schlussendlich die Enttäuschung klar überwiegt. Da kann er teilweise noch so schön fotografiert und arrangiert sein. [...]

    16
    • 5

      Es darf bezweifelt werden das MARVEL es überhaupt vorhatte, aber bei Doctor Strange wurde die Chance für ein Abweichen vom Einheitsbrei fahrlässig ignoriert. Mal ein neuer Held ohne Avengers- oder andere Zwangsverbindungen im Nacken, was sich auch losgelöst vom restlichen Zeugs ansehen lässt. Das ist zumindest auch der Fall, sonst regiert bis auf die aufwändige Optik überwiegend eine Mischung aus Enttäuschung und Ernüchterung. Steven Strange ähnelt Tony Stark zu seinen Anfangszeiten. Ein arrogantes, selbstgerechtes Arschloch, der in die Heldenrolle mehr oder weniger unfreiwillig reingedrückt wird. Das geschieht hier nur blitzschnell und man fragt sich, was man den bitte verpasst hat. So gut der Film aussieht, so flach bis schwach ist das Drehbuch, das eine 08/15-Story irgendwie zum 08/15-Showdown schubsen muss und einen formal tollen Cast kaum zur Geltung kommen lässt. Wozu braucht man Mads Mikkelsen oder Tilda Swinton, DAS hätte wirklich jeder machen können? Der größte Witz ist natürlich Scott Adkins, der transzendent von Cumberbatch vermöbelt wird. Haha, was für eine Demütigung. Als (auch nur teilweise) spektakuläres Popcorn-Futter mit Inception-Tetris und ein paar Gags am Rande hat das Schauwerte und erfüllt einen gerade so ausreichenden Zweck. Ab Teil zwei dürfen dann vermutlich wieder alle mitmischen, willkommen im MCU, dem (inzwischen) selbstgeschaufelten Kreativitätsgrab. Einmal angucken und wech.

      33
      • 5

        [...] Dass die Anfangssequenzen sich stark ähneln und der fiese Reiseleiter die selbe Ein-Schuss-Wumme wie sein Vorgänger Lance Henriksen verwendet geht schon in Ordnung, sich an typischen John-Woo-Stilmitteln wie (in dem Fall albern gemachten) SlowMos und sogar den unverzichtbaren Taubenflügen zu versuchen schadet in der unsinnigen Form deutlich mehr als es nützt. Aus sonderbaren Gründen nimmt sich dieser Film sogar deutlich ernster als das Original, was zu bräsigen Schuld-und-Sühne-Momenten führt („Ich weiß jetzt endlich wieder, wofür ich kämpfe!“).

        Klingt jetzt alles ziemlich überflüssig, aber dafür hat man ja Scott Adkins. Am Charisma kann der Herr gerne noch arbeiten (wenn möglich), in Sachen Physis und Kampfskills tritt der aber selbst einen JCVD in Topform ganz locker in den Arsch. Was ist der für eine Keule, du lieber Himmel! Wann immer der Film sich nicht an Explosionen versucht, sondern auf handfeste Mann-gegen-Mann(oder Frau)-Action setzt, dann knallt Hard Target 2 recht ordentlich vor den Latz. Adkins dreht bei den Roundhousekicks nicht nur lässig eine Schraube mehr als sein berühmter Kollege, bei dem sieht alles nach Vollkontakt aus. Dessen Stuntpartner können einem echt leidtun. Für die Verhältnisse von reiner Heimkino-Action-Gülle ist das alles mehr als solide gemacht und erfüllt immer dann seinen Zweck, wenn sich nicht krampfhaft an Höherem orientiert wird. [...]

        17
        • 6 .5

          [...] Eigentlich ist Harte Ziele so stumpf das es nicht mal knacken dürfte, dafür pitcht es John Woo mit einer Selbstverständlichkeit zum Hallo-Event hoch, beeindruckend. Manchmal (und sogar nicht selten) tangiert er mit dieser Zirkusnummer sogar die Grenze zur Parodie. Der ultimative WTF-Moment ist selbstverständlich der Knockout-Punch von JCVD für eine Klapperschlange, die anschließend mit den Zähnen entrasselt und als Falle ausgelegt wird. Selbst so was ist auch nur geringfügig kurioser als die vorher gezeigte Motorradakrobatik oder das fast besinnliche Stillleben, wenn sich eine Taube auf den belgischen Muskeln niederlässt, bevor im ultra-harten Showdown die Hütte richtet niederbrennt. Le Claude verpasst seinen zahllosen Gegnern den obligatorischen und völlig unnötigen Roundhouse-Kick erst, nachdem er ihnen bereits gefühlt 25 Kugeln aus kürzester Distanz zwischen die Rippen gedrückt hat. Mehr Image-Stempel als Waffe. Ein absurdes Spektakel mit Over-the-Top Pyroeinsatz, hemmungsloser Gewalt und dem dritten Ei in der Hose, auf das keiner Bock hat. Muss man erstmal sacken lassen, im wahrsten Sinne des Wortes. Leider geil.

          22
          • 7

            [...] Trotz der befremdlich-farbenfrohen Optik transportiert Key Largo das Gefühl des Film noir unmissverständlich, bekommt durch das beengte Szenario gar einen deutlichen Kammerspielanstrich und hantiert zudem mit zeitlich wie kulturellen interessanten Fußnoten. Der geringe, unterwürfige Stellenwert des weiblichen Geschlechts wie der rassistische Umgang mit den amerikanischen Ureinwohnern (um das böse und geographisch eh falsche Wort mit I nicht zu nennen) wird sehr direkt thematisiert, in ein spannendes, leicht klaustrophobisches Korsett geschnürt, obgleich es selbst der große John Huston nicht optimal zu nutzen weiß. Der Film besitzt wirklich alle Zutaten, um ein unbestreitbarer Klassiker seiner Zunft zu sein. Ausdrucksstarke, präsente Pro- wie Antagonisten, ein komprimierter, durch äußere Umstände erzwungener Handlungsort, immer wieder befeuernden Input von außen, in diesem Hotel sind nur offiziell Betriebsferien. Eine grandiose Ausgangssituation, die Größen wie Bogart und Bacall oft nur als schmückende Statisten verwendet und dem engagierten Robinson die Bühne überlässt, der manchmal ein reines Solo aufs Parkett legen muss. Die Kritikpunkte halten sich im Gesamten jedoch deutlich in Grenzen, denn Key Largo funktioniert aufgrund seiner intensiven Situation und der fachlich souveränen Umsetzung eigentlich durchgehend einwandfrei, verpasst nur den Sprung an die Spitze des Film noir. [...]

            15
            • 3 .5

              [...] Im Revenge-Part gehen mit Terry Miles plötzlich komplett die Gäule bzw. die zähnefletschenden Lämmer durch. Nun verwechselt er – im Genre-Kontext – „angebrachte“ Härte mit cool und sexy. Aus den gerade geflüchteten Opfern werden Angry Bitches with Weapons. Hier kommt das Feingefühl ins Spiel, was man den oben genannten Klassikern vielleicht auch absprechen könnte/will. Bei The Last House on the Left, Ich spucke auf dein Grab oder sogar dem noch extremeren Thriller – Ein unbarmherziger Film war der Rache-Akt immer eine ruppige, aber in seiner Härte auch nachvollziehbare Konsequenz. Moralisch (wie immer bei Selbstjustiz) fragwürdig, aber wer da als Moralapostel auftreten will, der soll das gerne tun. Die Frage bei der filmischen Umsetzung ist immer, wie präsentiere ich das, wie lasse ich es erscheinen? Und da missbraucht sich Even Lambs Have Teeth buchstäblich selbst anal mit Stacheldraht. Vergleichbar mit dem I Spit on Your Grave-Remake, in seinem Scheitern sogar wesentlich krasser und unnötiger. Denn dieser Film ist deutlich näher dran an dem ursprünglichen Geist des Sub-Genres, hat einige gute, kleine Momente um sich anschließend völlig im fehlgeleiteten Gewalt-ist-sooo-geil-Charme zu verlieren, dass es alles vorher Geschilderte negativ auf den Kopf stellt.

              Exploitation darf und muss sogar drüber gehen, aber doch nicht so maßlos. Die vorher Geschändeten mutieren mit der gewonnenen Freiheit zu sadistischen, blutverschmierten Chicks in knappen Höschen. Sobald der Finger am Abzug den Besitzer gewechselt hat, hat das nichts mehr mit „gerechtfertigter“ Vergeltung zu tun, dass ist Sadismus in Reinkultur, befremdlich aufgeilend, bald schon ärgerlich übertrieben zelebriert. Genau DAS macht den Unterschied selbst zu den rüdesten, skrupellosesten Rape & Revenge-Streifen aus. Man fühlt sich nicht mehr moralisch in die Enge getrieben oder hinterfragt, der Film macht es einem unfreiwillig ganz einfach. Das ist Mist. [...]

              13
              • 6

                [...] In der ausführlichen Exposition darf Rob Zombie seine Interpretation noch (auf dem Papier) ausleben. Während bei Carpenter das Grauen nach nicht mal 5 Minuten plötzlich und unerklärt entfesselt wurde, gönnte sich Zombie eine – zur Blasphemie verschriene - Erklärung. Was einem Remake, oder eher geplantem Reboot, einzig und allein Sinn verleiht. Carpenter hat einen idealen Horrorfilm erschaffen, was kann man dem entgegen setzen? Nichts, außer man findet den eigenen Ansatz. Sucht den Hintergrund, den Carpenter selbst rückwirkend durch Nachbearbeitungen in die spätere TV-Ausstrahlung seines Films integrierte, um der Story der Fortsetzung auf den Weg zu helfen. Aus dem schwarzen Mann wurde plötzlich der verlorene Sohn, der unbekannte Bruder, der dunkle Familienfluch. Im Gegensatz zum Original arbeitet das Remake sofort mit diesem Gedanken, baut ihn nur geringer-dämonisierend als psychologisch halbwegs nachvollziehbare, traumatische White-Trash-Familien-Tragödie auf. Kreiert einen Backround, erzeugt Transparenz und demaskiert damit den Mythos natürlich unweigerlich wie bewusst. [...] Im Finale ist es auf einmal und leider nur noch eine explizitere, schnellere Adaption des Originals, ohne dessen bedrohliche, gespenstische Stimmung dadurch auffangen zu können. Was nie die dem Vorhaben von Rob Zombie entsprach, mit dem Dargebotenen holt er aber noch das Beste heraus. Wenn schon, denn schon. "Halloween" ist für vom Original gelangweilte Zuschauer eine klare Empfehlung, für Puristen grenzwertig und für den neutralen Betrachter eine schwierige Kiste, da der Film lange vieles richtig macht und dann verwässert wird. Man darf froh sein, dass "Halloween II" dann endgültig die Rob-Zombie-Version wurde, die dieser Film gerne wäre. [...]

                23
                • 7 .5

                  [...] Er könnte problemlos als reine, sadistische Gore-Sause abgestempelt werden, aber aus diesem blanken, skrupellosen Amoklauf bezieht er parallel eine ungemeine Stärke, da er den Zuschauer so manipuliert und beinah verwirrt, irritiert aus dem Geschehen (auch durch eine ungemein starke Endsequenz) kegelt, dass man sich selbst kurz moralisch reflektieren muss. Der einfache, dafür brillante Clou: Rob Zombie verzichtet komplett auf die scheinbar zwingend erforderlichen Identifikationsfiguren. Die einzigen unschuldigen Personen werden als trottelige Lückenbüßer zur Schlachtbank geführt, ansonsten zerfleischen sich die Raubtiere gegenseitig. Das Rollenverhältnis gerät sogar gehörig ins Wanken, wenn die verabscheuenswürdige Sippe sich plötzlich in der Opferposition wiederfindet, das eigentliche Gesetz ihren Part einnimmt. In fast intimen Momenten ist man so dicht dran an dieser Familie, die scheinbar zu böse, zu gestört für diese Welt ist, aber dennoch füreinander (buchstäblich) durchs Feuer gehen würde und ihr Dasein nie und nimmer auch nur ansatzweise in Frage stellt.

                  Wer als neutraler Beobachter (was sich absolut nachvollziehen lässt) dazu keinen Zugang findet, dem muss nicht zwingend ein Problem unterstellt werden. Andersrum aber auch nicht. Wie selbstverständlich entwirft Rob Zombie zwischen seinen liebevoll-bösen Anspielungen und der technisch verwunderlich-versierten Umsetzung ein Familienportrait der ganz speziellen Gattung, ähnlich wie bei seinem ebenfalls gerne verrissenen, bisher besten Film Halloween II. Wenn dort Love Hurts den Abspann einläutet, lachen die Einen und die Anderen bekommen eine Gänsehaut. Ähnlich Befremdliches stellt auch The Devil’s Rejects mit einem an. Es wird einem warm und kalt ums Herz gleichzeitig. [...] In einem Film wie "The Devil’s Rejects" mehr als nur einen straffen Wüterich zu sehen ist einfach und auch nicht zwingend ungewollt, seine morbide Ballade spielt er neben den Zeilen, hinter dem Bedienen von Gore und Publikumswirksamkeit. Rob Zombie gibt sich nicht so schrill wie bei noch "Haus der 1000 Leichen", nicht minder grenzwertig und meistert diesen ganz schmalen Pfad bald leichtfüßig, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Ein übles Prachtstück voll primitiver Schauwerte und einem versteckten, dafür immens wirkungsvollen Subtext. Der "Bonnie und Clyde" des modernen Horror- und Familienfilms.

                  21
                  • 3

                    Beim flotten Conjuring-Spin-Off schleicht sich das Gefühl ein, dass ein altes oder halbfertiges Skript durch die heiße Nadel mit der schaurigen Grusel-Puppe (wer stellt sich denn so was ins Kinder(!)zimmer?) verstrickt wurde. Dämonische Jumpscare-Geisterbahn, die die Sesselzucker deutlich ankündigt, dazwischen kann man auch gerne am Smartphone daddeln, Grundspannung existiert nicht. Konserven-Mainstream-Horror, der nur auf abgehangene Klischees setzt, null kreative Kompetenz zeigt, lediglich auf seine Momente fokussiert, wenn überhaupt. Das reicht nicht mehr, selbst für den muffigen Popcorn-Anbrenner, wenn der Schwarz-Weiß-Fernseher mal wieder Bildaussetzer hat. Das ist so gewollt, so gezwungen, so ein liebloser Scheißegalfilm. Selbst inkompetent inszenierte B-Movie-Ware ist oft charmanter, weil da jemand was will, aber nicht kann. Hier kann vielleicht jemand was, aber will auch lieber nur am Smartphone daddeln. Da sind wir uns wenigstens einig.

                    18
                    • 8

                      [...] Wann immer die Kräfte des niedlichen Satansbraten und – im weitesten Sinne – Hundesohns walten, ist Das Omen enorm effektives Schauerkino mit einigen denkwürdigen Momenten (allein das Affentheater im Safaripark), seine fast apokalyptische Grundstimmung trägt ihn jedoch die ganze Zeit bis zu seinem für Hollywood-Verhältnisse bald schon skandalös pessimistischen, fatalistischen, abgrundtief bösen Finale. Einen oft unabsichtlichen Fehler begeht der Film nie, der ihn nach wie vor wahnsinnig beklemmend macht und jederzeit dicht an der Gefühlswelt des Protagonisten lässt: Unabhängig der dargelegten Fakten – für das Publikum und dessen nahezu allwissenden und irgendwo neutralen Position noch früher und deutlicher – wirkt Damien nie wie das Monster, das er wahrscheinlich ist. Ein kleiner, schüchterner, unschuldiger Junge, dem höchstens mal ein diabolisches Schmunzeln in unpassenden Momente herausrutscht. Wie so vielen Fünfjährigen, ohne dass sie der Sohn des Teufels sein müssen. Die Zeichen sind eindeutig, die Schergen treiben schon längst ihr Unwesen (Rottweiler, der Anti-Kuschel-Hund schlechthin), ihr vermeidliche Führer fällt nie aus seiner Tarnung. Seine Zeit wird erst noch kommen. Beängstigend gut gemacht. [...]

                      15
                      • 8

                        [...] Der nicht mehr lange, sondern verkümmerte Arm des Gesetzes hat in einem durch Korruption verseuchten Land das Greifen verlernt, wenn man sich an die Regeln gefesselt sieht. Damiani schildert mit fast dokumentarischer Präzision und dennoch hohem Tempo das ethische Dilemma zweier Gesetzeshüter, die eigentlich auf der gleichen Seite stehen und sich doch untereinander bekämpfen müssen, währen der wahre Feind weiter seine schmutzigen Strippen zieht und seine Unantastbarkeit mit aller skrupellosen Härte deutlich unter- bzw. einmauert. Während der Eine nicht gewillt ist, das Regelwerk der guten Sache unterzuordnen und brav seine Pflicht erfüllt, ist der Andere längst zu der Überzeugung gekommen, dass sich Feuer nur mit Feuer bekämpfen lässt. Und das man bereit sein muss, dem Ziel alles zu opfern. In einer brillanten Szene rückt Damiani diesen Konflikt des Films fast beiläufig ins rechte Bild: Nach einem hitzigen Wortduell vertauschen die beiden Protagonisten beinah ihre Wagen, die sich zum Verwechseln ähnlich sind. Eigentlich sitzen sie auch beiden im gleichen Boot bzw. Auto, nur nicht im gleichen, obwohl es so sein müsste. Die Rivalität findet an der falschen Stelle statt. Die Wurzel des Übels liegt ganz wo anders, hat die Gesellschaft jedoch bereits viel zu tief durchwuchert, als dass sie so einfach auszumerzen wäre. [...] Mit einer schaurigen Eiseskälte vorgetragen, Dialog-stark, hervorragend gespielt und inszeniert gelingt Damiano Damiani einer der wohl wichtigsten Sub-Genre-Film seiner Zeit, der so intelligent, bitter und unfassbar konsequent daherkommt, dass einem der Kloß nur ganz langsam den Hals runterrutscht. Das Fundament einer scheinheiligen, von mafiösen Strukturen verseuchten Gesellschaft wird wortwörtlich auf Leichen errichtet, bevorzugt auf denen der Mutigen, nach denen hinterher kein Hahn mehr kräht. [...]

                        20
                        • 3

                          [...] Ein zum Kultfilm seiner Generation hochgejubeltes Pseudo-Psychogramm, der auch nicht mehr ist als eine chic fotografierte, teilweise peinliche und manchmal sogar schlimm-sexistische Masturbationshilfe für einsame Hausfrauen, die insgeheim auch mal von einem sexy Arschloch-Stecher gedemütigt werden möchten. Den einen kribbelt es verrucht im Höschen, dem Rest stellen sich eher die Nacken- als die Schamhaare auf. Natürlich gibt es dieses Verlangen nach erotischer Dominanz bis hin zur Erniedrigung, mit was für stellenweise absurden und lächerlichen Spielchen es einem 9 ½ Wochen verkaufen will, ohne dabei auf eine glaubhafte oder wenigstens nur versuchte Charakterisierung zurück zu greifen, da bleibt einem das Lachen öfter im Hosenstall stecken. Regisseur Adrian Lyne (Eine verhängnisvolle Affäre) versucht mit seine Bildkompositionen das Geschehen bemüht ins rechte Edel-Playboy-Licht zu rücken, was manche Szenen bald schon surreal-überkandidelt erstrahlen lässt. Kim Basinger (mit vollem Körpereinsatz) und der damals wirklich noch rattenscharfe Mickey Rourke wurden kurzzeitig zu den Sexsymbolen der Dekade, als Karrierepush eine sinnvolle Rollenauswahl. [...] Ein echtes Bedürfnis der Protagonistin für diese schmierige Du-willst-es-doch-auch-Posse lässt sich niemals heraus kristallisieren, die ist scheinbar einfach verliebt (warum auch immer) und lässt sich nach allen Regeln der Kunst wie ein notgeiles Zirkusäffchen mit dem Gemüt eines Kindes (allein das ist etwas befremdlich) von dem herrischen Armani-Ferkel mit der heftigen Persönlichkeitsstörung an der kurzen Leine führen. Das hier vermittelte Mann-Frau-Bild hat wenig bis nichts mit einer realistischen Fetisch-Darstellung zu tun, es ist mitunter wie ein feuchter Albtraum für jedwede Form der Emanzipation, der Erotik mit manchmal nur ulkig-seltsamen Lebensmittelverschwendungen gleichsetzt (und manche Menschen hungern…) oder lieber mit geisteskranken Rollenspielen auf die Spitze des Fremdschämens treibt. [...]

                          21
                          • 7

                            [...] Stilistisch nicht ganz so surreal, inhaltlich dafür stark erinnernd an die phantastische, tschechische Comig-of-Age-Parabel Valerie – Eine Woche voller Wunder benutzt Neil Jordan einen Crossover aus Werwolf-Film und Märchenstunde für ein stark sexualisierte Metapher über den Prozess der Adoleszenz, deren zum Teil irritierende Erkenntnisse und den drohenden Gefahren, die im düsteren Wald abseits des behütenden Elternhauses lauern. Besonders, wenn man trotz aller Mahnungen vom sicheren Weg abweicht. In fast jeder Szene (dadurch bald schon überdeutlich, an der Grenze zur Aufdringlichkeit) wird deutungsreich auf die Intention des Films aufmerksam gemacht, was er so extrem gar nicht nötig hätte. Das nimmt ihm jedoch nicht seine zauberhafte und leicht verstörende Wirkung. Warum sich die „reale“ Rosaleen in einer befremdlichen, da psychologisch durchaus zu hinterfragenden Traumwelt verliert bleibt ungeklärt, deutet allerdings auf einen Vorfall hin, der über das schlichte Erwachsenwerden hinausgeht. Vertieft man diesen Gedankengang, bekommt der Film noch eine ganz andere, schwerwiegendere Ebene als „nur“ das doppelbödige Horror-Märchen, das seine Botschaft nicht unbedingt versteckt, aber dennoch recht elegant verschachtelt vorträgt. [...] In jedem Märchen schlummert eine unbequeme Wahrheit, die Neil Jordan hier auf eine mutige Weise sehr direkt interpretiert. Als wenn Sigmund Freud seine Version von Rotkäppchen für den Struwwelpeter geschrieben hätte. Wunderschön bebildert und mit einem nachhaltigen Effekt versehen.

                            16
                            • 6 .5

                              Shane Black verlässt sich auf sein erprobtes Buddy-Movie-Schema und dreht mehr oder weniger einen Aufguss von Kiss Kiss Bang Bang, der sich voll auf seine Hauptdarsteller sowie die zum Teil hervorragend pointierte Mischung aus Situationskomik und Slapstick stützt. Die Story ist schnell ziemlich egal, hier geht es rein um die Anhäufung möglichst amüsanter Szenen. Leider ist Shane Black dann doch zu konventionell und lange nicht so konsequent wie Paul Thomas Anderson bei Inherent Vice, der von vornherein auf eine sinnige Story verzichtet und lieber das kontrollierte Chaos walten ließ. Der scheinbar zwingend erforderliche Actionanteil wirkt aufgesetzt und ist mehr als überflüssig, die anfangs verzettelt wirkende Handlung verläuft in schales Krimi-08/15. Wenn The Nice Guys einfach auf seine Stärken fokussiert bleiben würde, er wäre wahrscheinlich verdammt gut geworden. Aber auch so erfüllt er seinen Zweck. Gosling als dauer-betüdelter Fettnäpfchen-Detektiv und ein wohl genährter Russell Crowe als bullige Fleischklopfer-Speckbulette harmonieren prächtig und machen tatsächlich viel Spaß, manche Situation sind schlicht zum Schießen. Den mittelprächtigen Rahmen hätte man gerne beschneiden können. Auch so eine Sache: Muss heutzutage jeder Film an die zwei Stunden Marke kratzen? Was ist aus dem klassischen 90-Minüter geworden? Da wäre auch dieser Film besser aufgehoben. Sei es wie es sei, für einen entspannten Filmabend allemal prima geeignet.

                              17
                              • 6

                                [...] In ihrer Jugend waren Clement und Paul beste Freunde, schlossen sogar Blutsbrüderschaft. Gemeinsam leisteten sie ihren Wehrdienst in Algerien ab, verloren sich danach mehr oder weniger aus den Augen und entwickelten sich in gegensätzliche Richtungen. Während Clement zum rechtsextremen Staatsfeind und Terroristen wurde, ist Paul ein linksorientierter, pazifistischer Liberaler. Der Konflikt um die von beiden Seiten begehrte Frau, das Sprengen des blutsbrüderlichen Pakts lässt sich unmittelbar auf die politische Spaltung und angespannte Situation Frankreichs dieser Tage betrachten. Freunde, im weitesten Sinne sogar Brüder, dividierten sich während des Algerieneinsatzes moralisch wie von der allgemeinen Weltanschauung auseinander. Stellvertretend für die Gesellschaft, in der die einen die Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonien als schwere Niederlage betrachteten, während die anderen es als Schritt in eine neue, freiere Welt befürworteten. Diese beiden Ideologien duellieren sich am Ende ebenso wie „einfach“ nur zwei Männer, die dieselbe Frau lieben. Die politische Tragweite von Der Kampf auf der Insel scheint nur der austauschbare Auslöser für die Entwicklung des Plots zu sein, ist dabei jedoch der subversiv verschleierte Kern der Handlung, mit dem sich der Film auf eine hochinteressante, andere Ebene hievt, die mehr zu erzählen hat als eine reine Dreiecksgeschichte mit dem unvermeidlichen Zweikampf der Alpha-Tiere. [...]

                                16
                                • 6 .5

                                  [...] Mit der scheinbar ewig jungen Catherine Denueve (Ekel) und dem androgynen Fabelwesen David Bowie (Der Mann, der vom Himmel fiel) – nicht nur für ihre Rollen - ideal besetzt funktioniert Begierde nicht zwingend als typischer, auf Spannung fokussierter Horrorfilm, mehr als sehnsüchtiges Portrait nach Liebe und Geborgenheit, mit vorprogrammiert pessimistischem Ausgang. Zur unfreiwilligen, aber devoten Henne im Korb wird Susan Sarandon (Dead Man Walking), die sich eine denkwürdige Szene mit der Deneuve gönnt, die derer beiden Karrieren maßgeblich prägen sollte. Sicher ein Höhenpunkt des Films, der aber auch verdeutlicht, wo diese liegen. Seinen möglichen und vielleicht angepeilten Anspruch kann er nicht zur Gänze erfüllen, suhlt sich lieber in seinen bis ins Detail durchexerzierten Szenen und seiner wahnsinnigen Ästhetik. Aber nicht weiter tragisch. Wer kann, der kann und darf auch gerne. Etwas lässt Begierde dann doch seine Möglichkeiten aus, liefert insgesamt immer noch einen faszinierenden und ungewöhnlichen Beitrag zum Blutsauger-Genre ab, den man nicht ungesehen lassen sollte. [...] Tony Scott kratzt bei seinem Debüt an die Tür von Arthaus- und Genrefilm, erliegt eher den oberflächlichen Reizen als der tieferen Interpretation, aber das dafür mit voller Hingabe.

                                  17
                                  • 8

                                    [...] Generell muss man Nosferatu, eine Symphonie des Grauens für den Genuss dieses Films nicht zwingend gesehen haben, förderlich ist es definitiv, um ihn in seiner peniblen, wertschätzenden Herangehensweise genauer zu beurteilen. Über allem thront unangefochten Willem Dafoe, vielleicht mit seiner besten Performance bisher, da ihm die Rolle ungemein viel abfordert. Ihm gelingt es nicht nur die wahnsinnige Präsenz und einzigartige Körpersprache von Max Schreck in den nachgestellten Szenen exakt wiederzugeben (was ein Weltklassedarsteller durchaus liefern sollte), er erfüllt zudem die weitaus schwierigere Figur „hinter den Kulissen“ mit…naja, wenn man es so nennen kann…Leben, unbändiger Spielfreude und einem präzisen Timing, das zwischen Komik, Tragik und bestialischem Wesen ausgependelt werden muss. [...] Als sich langsam die ursprüngliche Crew dezimiert und auch der Meister himself nur noch eine Geisel seines Stars ist, offenbart Shadow of the Vampire eine noch größere Qualität als „nur“ die blitzgescheite Spinnerei über einen Film im Film zu sein. Es ist eine nachdenklich stimmende und trotzdem noch urkomische Abrechnung mit dem Business an sich. Wahre Kunst erfordert Opferbereitschaft, Erfolg im unerbittlichen Film-Haifischbecken erfordert Opfer im buchstäblichen Sinne. Angefangen von austauschbaren Handlangern bis hin zu tragenden Säulen („Ich denke, wir brauchen den Autor nicht mehr.“), solange bis die letzte Klappe gefallen und der letzte Take im Kasten sind. Zuerst wird abgedreht, dann die Leichen gezählt. Ein Geschäft für Blutsauger, warum sollte sie nicht gleich aus dem Sarg steigen? [...]

                                    18
                                    • 8

                                      [...] Nach dem überaus erfolgreichen Fright Night – Die rabenschwarze Nacht positioniert sich The Lost Boys inhaltlich und vom Gefühl irgendwo zwischen Die Goonies und der in gleichen Jahr erschienenen, kernigen Vampir-Western-Romanze Near Dark – Die Nacht hat ihren Preis von Kathryn Bigelow. Zwei sich durch den Fluch der Nacht zu entfremden drohende Brüder müssen zusammenstehen und kämpfen mit sich selbst überschätzenden, kindlichen Van Helsing-Verschnitten gegen die verlorenen Jungs. Untote, halbstarke Rowdys, angeführt von einem diabolischen James Dean, den Kiefer Sutherland mit einprägsamen Charisma ein garstiges Gesicht verleiht. [...] Ein in wunderschönen Bildern und mit einem erstklassigen Soundtrack unterlegtes Mitternachtsmärchen, das nicht über die Schwelle der Adoleszenz stolpert, sondern mit immer wieder aufkeimender Freude hineingebeten wird. The Lost Boys könnte fast am Zielpublikum vorbeiproduziert sein, denn eigentlich werden hier typischen Kinder- und Jugendthemen über das Verarbeiten familiärer Veränderungen, die Herausforderung der plötzlichen Reifeprüfung, Zusammenhalt, Freundschaft sowie ein großes, phantastisches und gefährliches Abenteuer behandelt. Ein Publikum, das diesen Film – zumindest aus der heute noch bestehenden Sicht der FSK – gar nicht sehen darf. Aber zum Glück waren wir alle mal jung und können uns hoffentlich noch damit identifizieren. Wenn das der Fall ist und man nicht zu der Horror ausschließlich auf endlosem Saw-Sadismus und Paranormal Activity-Sesselzucker reduzierende Generation gehört, dann erzeugt er das wohlige Gefühl, dass das innere Kind niemals sterben wird. Und nicht im Sinne von untot. [...]

                                      20
                                      • 4

                                        Abgestandene 5-Minuten-Buddy-Movie-Terrine, aufgegossen mit lauwarmen Wasser. Sir Anthony Hopkins wirkte im gleichen Jahr selbst für seine kannibalische Paraderolle zu alt, soll hier aber einen CIA-Agenten im Fronteinsatz mimen, das macht Sinn. Ihm zur Seite steht die quiekende Labertasche Chris Rock als bauernschlauer Crashkurs-Agent von nebenan, der als einziger noch die Welt vor Atombomben-Terroristen aus dem Osten retten kann. Komplett einfallsloses Actionkomödchen vom Reißbrett aus dem unverfilmten Restpostenkeller der 80er. Lustig soll es nur dann werden, wenn Rock ab und zu ein blöder One-Liner aus dem Großmaul plumpst und der überschaubare Actionanteil ist mit mittelmäßig noch recht gnädig umschrieben. Das lockte auch vor 15 Jahren keine Sau mehr ins Kino, damit füllte man in der Regel die Videothekenregale auf, bis was Gutes kommt. Dafür war der Schmu nur leider zu teuer. Dumm gelaufen. Lässt sich ohne bleibenden Schäden angucken und ist ganz schnell wieder vergessen.

                                        19
                                        • 6 .5

                                          [...] Jimmy Stewart – der wie sein Kollege Lee J. Cobb auch seinen eigenen Hutständer spielen könnte und dennoch immer eine gute Figur abgeben würde – befasst sich in der Rolle des schnüffelnden Schreiberling McNeal anfangs nur sehr widerwillig mit einer aus seiner Sicht eindeutigen Schlagzeilen-Ente, die durch ihre reißerische Aufmachung lediglich die Auflage kurzfristig in die Höhe treiben soll. [...] Angenehm nüchtern, nicht zu verwechseln mit trocken, wird aus damals noch nicht allzu großer Distanz eine spannende und durchaus kritisch reflektierte Kriminalgeschichte über die justizielle Grauzone aus Chicagos düstersten Kapitel erzählt, bzw. über deren Folgen, sowie die Macht aber auch die damit einhergehende Verantwortung der Printmedien, die die Meinung noch wesentlicher prägen wie manipulieren konnten als heutzutage. Der Film könnte (und würde heutzutage) sicher die Prämisse für einen twistigen Thriller nutzen. Es bietet sich massig Potenzial, um an diversen Stellen einen erzählerischen Haken nach links oder rechts zu schlagen. Den Protagonisten für seinen ehrenwerten Sinneswandel quasi zu bestrafen, in dem man ihn als gutgläubigen Gaul vor den Karren eines listigen Plans spannt, doch dafür verschreibt sich Kennwort 777 viel zu sehr der Faktentreue. Die reale Geschichte ist auch so interessant genug, um sie nicht durch zu fiktives Beiwerk künstlich auszuschmücken oder gar auszuschlachten. [...]

                                          18
                                          • 4

                                            Wer Nolans Batman-Trilogie schon als zu schwermütig und bleiern betrachtet, sollte MOS weiträumig umfahren. Beim Dark Knight macht dieser Ansatz aufgrund dessen generellen Ausrichtung ja durchaus Sinn, warum man einen Superman-Film zu so einer tristen Trauerkloß-Veranstaltung verbissen auf ernst (Hans)zimmern muss, keine Ahnung. Fast eine Stunde lang die große Tragödie vom verlorenen und gefundenen Sohn; wer bin ich und was mache ich hier überhaupt; praktisch kein Mittelteil (wenn, dann höchstens 15 Minuten) und dann 1 ½ Stunden die allgemein schlechte Stimmung durch die pure Zerstörungsorgie therapieren. Sieht pompöse aus, dröhnt, knattert und kracht, legt alles in Schutt und Asche und am Ende ist man froh, wenn es endlich vorbei ist. Das strengt ja bald selbst körperlich an. Henry Cavill füllt als blasse Schaufenster-Six-Pack-Puppe den schmucken Dress mit dem S nur körperlich aus, auch der sonst großartige Michael Shannon lässt sich von der Sieben-Tage-Regenwetter-Trostlosigkeit anstecken und verfällt in das grimmige Bösewicht-Wachkoma mit der eingebrannten Miesepeter-Stirnfalte. Aufgeblähter Helden- und Retterpathos zwischen Jesus und Luke Skywalker, ohne Ironie oder etwas befreiender Leichtigkeit, gipfelnd in den Rausch der obszönen Destruktion. Spätestens nach dem zweiten eingerissenen Wolkenkratzer macht selbst das keinen Spaß mehr, strapaziert nur noch das überlastete Nervensystem. Viel Bumm und Peng, der sich den Spaß dringend verbittet, ist ja alles so furchtbar tragisch. Hach ja…

                                            23
                                            • 7

                                              [...] Ein in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlicher Giallo, nicht nur wegen der nicht Opfer-oder Jäger-zentrierten Sichtweise. Mit einem pechschwarzen, sarkastischen Humor durchzogen ätzt Mario Bava ein zynisches Schmählied auf die Ehe und lässt die eigentlich romantisch gemeinte Floskel „Bis das der Tod uns scheidet“ in ganz anderem Licht erscheinen. Ein bösartiges Grinsen lässt sich kaum vermeiden, wenn der zwar durch innere Dämonen getriebene, jedoch sich in seiner Rolle des Schlächters sichtlich wohlfühlende Herr des bunten Hauses seine ganz eigenen Sichtweisen offenbart („Ein Frau sollte nur bis zur Hochzeitsnacht leben. Einmal lieben und dann sterben.“). Ab etwa der Hälfte nimmt das Ganze gar noch eine Abzweigung in übernatürliche Gefilde, wobei durch die psychotische Charakterisierung des Killers gar nicht exakt festgemacht werden kann, ob wir es nun mit einer Art Spuk oder nur einem weiteren Ausläufer seines Wahnsinns zu tun bekommen. Ein interessanter, wenn auch nicht unbedingt notwendiger Zusatz, der dem Film dennoch seine ganz eigene Note verleiht.

                                              Eindeutige Probleme bereitet der Spannungsbogen, da hängt Hatchet for the Honeymoon gerne mal kräftig durch. Erzählerisch lässt Mario Bava seinem Werk gehörig Luft nach oben, doch wenn der Mann was kann, dann diese Mängel durch seine extravagante, bestechende Inszenierung lässig zur Randerscheinung degradieren. Hier ist Bava voll in seinem Element und tobt sich nach Herzenslust aus. Ein prächtiges, in leuchtende Farben getauchtes Ausstattung – und Set-Design-Spektakel (geiles Schmankerl: Der schrille Zweiteiler des mörderischen Modezar zum Frühstücksei), eingefangen in verspielten und experimentierfreudigen Einstellungen. Visuell mal wieder eine berauschende Show des Maestros, die zum Tanz durch ein Labyrinth aus Modepuppen einlädt. [...]

                                              14
                                              • 5

                                                [...] Im selbst ernannten Ort der Verdorbenheit verschwimmen Tag und Nacht im ewigen Rauschzustand; hervorgerufen durch wummernde Bässe, kratzige Gitarrenriffs und natürlich auch zu einem nicht unerheblichen Anteil durch flüssige und feinpulvrige, Realitäts-ausblendende Spaßbeschleuniger. Wenn Felix van Groeningen den Zuschauer mitten in das Geschehen seines bebenden Sündenpfuhls befördert und zu einem Teil von ihm macht, ist „Café Belgica“ eine impulsive Stimmungsbombe, nah an der atmosphärischen Explosion. Fast noch mehr Anteil als der Regisseur hat daran die fantastische Band SOULWAX (als Turntable-Team 2 MANY DJs mindestens genauso populär), die alle (live-gespielten) Tracks im Film eigens für diesen komponierte und mit denen als auftretende (fiktive) Bands gecasteten Musikern einstudierte. Der Soundtrack zum Film ist besser als viele „echte“ Alben, offenbart die große Spannweite des belgischen Duos. Von Electro bis Indie-Rock, Techno, Neo-Punk, Ska, Jazz und eigentlich jeder erdenklicher Musikrichtung wird die Palette im rhythmischen Crossover durch den Attacke-Ventilator gedreht, heraus kommt der pure Wahnsinn. Leider ist das hier keine (reine) Szene-Dokumentation, denn hinter der wuchtigen Präsentation soll in erster Linie ein von A wie austauschbares bis Z wie zu oft gesehenes Drama um zwei (halbwegs) ungleiche Brüder und ihren naiven, sich zerfeiernden Traum einer idealistischen Party-Oase-Seifenblase erzählt werden.

                                                Gut gespielte, aber hauptsächlich oft unsympathische Arschloch-Figuren reiten extrem vorhersehbar und ohne narrativ interessante Einfälle auf ihrer hedonistischen Welle, bis diese bricht und sich die Erkenntnis einstellt, dass man auch nach der geilsten Party irgendwann nach Hause gehen sollte. [...]

                                                16
                                                • 7

                                                  [...] Einst als „Meister des Feuers“ eine Zirkusattraktion, nun der über verblüffende Fähigkeiten verfügende Bedienstete seines Herrchens. Oder eher Herren. Denn Dr. Phillip (Terence Stamp, Der Sizilianer) ist weniger der liebevolle Haustierhalter, er führt das Affentrio mit eiserner Disziplin und gestrenger Hand bzw. dem Stock. Link dient dabei als eine Art Bindeglied: Deutlich vermenschlichter, mit etwas mehr Freiheiten und Privilegien ausgestattet, ist er der verlängerte Arm seines Meisters und wird auch mal zur Züchtigung seiner Artgenossen eingesetzt. Trotzdem ist er einer von ihnen, woran Dr. Phillip nicht den geringsten Zweifel aufkommen lässt. Er erinnert an einen Sklavenhalter der Kolonialzeit, Link an seinen bessergestellten Hausdiener (vergleichbar der Rolle von Samuel L. Jackson in Django Unchained). Von Everett De Roche bewusst als ironisch-clevere Parallele angesiedelt, die fast zwangsläufig nur zu einem führen kann: Irgendwann kommt es zum Aufstand der Unterdrückten.

                                                  Anstatt mit dem plötzlichen Verschwinden des Masters dem Affentheater nun hemmungslos Zucker zu geben, wird Link, der Butler zum geduldigen, subversiven Bedrohungsszenario aufgebaut. Einfach Horrorfilmmittel wie Jump-Scares, Gore und regelmäßiger Body-Count werden absichtlich nicht bedient, vielmehr wird der befremdliche Wandel der Situation Stück für Stück vorangetrieben. Richtig unheimlich scheint er gar nicht, dieser ganz putzige Affe mit seinem harmlosen Gesichtsausdruck, und doch wird es zusehend beklemmender. Da grüßt sogar ganz am Rande Hitchcocks Die Vögel. [...]In einem Punkt ist der Film sogar brillant, fast schon meisterlich: Was Tiertrainer Ray Berwick hier aus den haarigen Nebendarstellern und besonders Antagonist Link herausholt, sucht Seinesgleichen. In keiner der zahlreichen Tierszenen wird getrickst, nie sind Puppen, Masken, Attrappen und natürlich auch kein CGI im Einsatz (ein, zwei tiergefährdende Stunts sicher ausgenommen, was jedoch nicht zu erkennen ist). Wahnsinn, was für ein Aufwand hier betrieben wurde und wie beeindruckend es funktioniert. [...]

                                                  18
                                                  • 6

                                                    [...] Bei Judge Dredd ist durchgehend ordentlich Alarm, da reihen sich gar so viele coole (wenn auch nur angerissene) Ideen aneinander, die können unmöglich alle zur vollen Entwicklung kommen. Dystopie-Satire (inklusive deutlichen Parallelen zu der Ideologie des Dritten Reich) mit sattem Actionanteil, einem Kriegs-Roboter-Bodyguard der auf Befehl Extremitäten ausreißt, kannibalischen Inzest-Outback-Piraten, Klon-Zombies und Stars, die sich dafür niemals zu schade sind. Stallone wurde ja bereits in Schutz genommen, der verliert sich herrlich in diesem Blödsinn und parodiert sich praktisch selbst, der Hit ist aber ohne Frage Armand Assante. Ein gerne vergessenes Schwergewicht, den man einfach mal laufen lassen sollte. Der glüht praktisch vor Enthusiasmus, was seinem Bad-Ass-Charakter nur gut tut. Wenn Rob Schneider (Kindsköpfe) als scheinbar unvermeidliche Sidekick-Labertasche nicht so anstrengend-überflüssig, der Showdown bei dem Potenzial nicht verwunderlich zu unspektakulär wäre, Judge Dredd könnte ein kleiner, sicher fehlerhafter aber deshalb nicht unsympathischer Knaller sein. Mit der linken und der rechten Hand hektisch hantiertes, nicht unbedingt ausgewogenes und dennoch sehr unterhaltsames, wesentlich kontrollierter konstruiertes Popcorn-Chaos als inzwischen gewohnt, das seinen Zweck absolut erfüllt. [...]

                                                    21