JackoXL - Kommentare

Alle Kommentare von JackoXL

  • 6 .5

    [...] Ein tierisches Ungetüm sucht eine Sippschaft seit Jahrhunderten heim, ob dies Fluch oder hausgemachter Humbug ist schwebt ungeklärt im Raum, sein smarter Ermittler sorgt für Unruhe und durchaus berechtigte Zweifel, fast jeder der Beteiligten poppt hier und da als möglicher Täter samt Motiv auf. Prima Sache, aber offenbar schenkte das Studio weder dieser Idee noch den herausragenden Fähigkeiten des Regisseurs genug Vertrauen, so dass es in der Endabrechnung nur für ein sehr schmal gehaltenes B-Movie-Häppchen langte, das in der notdürftigen Kürze mitunter an ein Halloween-Special von Mord ist ihr Hobby erinnert. Viele Filme sind zu lang, der ist eindeutig zu kurz. Kann sein Potenzial gar nicht richtig ausschöpfen, obwohl John Brahm alles dafür tut sich nachhaltig zu empfehlen. Das ist alles viel zu gut, viel zu akribisch inszeniert um nur als hübsche, kleine Fußnote des Horrorfilms in Vergessenheit zu geraten. [...]

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    • 6 .5

      [...] Die Schlange im Regenbogen ist (lange) kein üblicher Horrorflick, mehr eine reizvolle Mixtur aus Abenteuerfilm, Politthriller und surrealem Drogenrausch, dessen gesamte phantastischen Elemente sich jederzeit auf die sinnes-benebelnden Kräfte zurückführen lassen, die nur übernatürlich erscheinen, aber so real sind wie alles auf dieser Welt. Lediglich kaum erforscht. Zombifizierung ist kein Hokuspokus, nur in diesem Fall eine äußerst perfide Variante politische Gegner wie andere unbequeme Störenfriede ruhig zu stellen und ein Signal zu setzen an das Volk, das es versteht. Im Gegensatz zu uns oder unserem mit fortlaufender Zeit komplett überforderten Helden, der sogar sein eigenes Begräbnis bei vollem Bewusstsein miterleben darf.

      Craven kitzelt in ausgewählten Momenten Großes aus dem Material heraus und findet gelegentlich einen cleveren Mittelweg aus Sachlichkeit und Psychedelik, Politparabel und Genrefilm, verhaspelt sich nur gegen Ende gewaltig. Wohl aufgrund von Studiodruck wurde einiges verschlimm-bessert, das Finale passt überhaupt nicht zum Grundgedanken des Films und ist dann doch nur die Geisterbahn-Sause vom Rummelplatz, von der sich das vorher Gezeigte bewusst entfernte. Nicht das erste Mal in solchen Fällen. Auch der Ur-Vater der realistischen Zombiefilme, Ich folgte einem Zombie von 1943, erlag zum Schluss dem Reiz, seine eigene Stärke zu Gunsten von (angeblicher) Publikumswirksamkeit an die Wand zu fahren. Es sind im Verhältnis nur wenige, dafür wichtige Minuten, die echt wehtun. Dafür kann Wes Craven wohl kaum was, aber er, wir und das endgültige Werk müssen damit notgedrungen leben. Reizvoll, oftmals stimmig und respektable bleibt sein Film dennoch. [...]

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      • 7 .5

        [...] Man hat sich dem ergeben und kommentiert es höchsten mit ermüdetem Zynismus („Es gibt Leute, denen man schon zu Lebzeiten die Leiche ansieht“), anstatt sich dagegen zu erheben. Bis auf Kommissar Bellodi, dem Neuen aus dem modernen Norden, der früh erkennt, dass er seine Methoden den lokalen Bedingungen anpassen muss. Wie sein auf dem gegenüberliegenden Balkon residierender Widersacher greift er auf zweifelhafte, den ethischen und justiziell korrekten Rahmen mehr als nur ausdehnende Vorgehensweisen zurück.

        Ein menschliches Schachspiel zweier Könige, die sich gegenseitig belauern und ihre Bauern taktisch hin und her schieben, auch bereit sie zu opfern wenn nötig. Don Mariano beherrscht dieses Spiel natürlich wesentlich skrupelloser und besser als sein bisher gesetzestreuer, ehrenhafter Kontrahent, der dafür schnell dazulernt. Fast befremdlich, aber logisch nähren sie sich einander an, denn anders lässt sich hier offensichtlich nichts bewegen. Dass der Film (besonders im Mittelpart) dabei kein Mordstempo vorlegt ist kein Störfaktor, trifft dadurch sogar eher den Nerv einen aufreibenden Belagerungszustandes. Wie bei einem Dünenlauf wird sich angestrengt um jeden Meter nach vorne gekämpft, um bei jedem Schritt wieder einen halben zurückzufallen. Es ist zermürbend, frustrierend, nur Hartnäckig- und Furchtlosigkeit kann zum Erfolg führen. Garantiert ist dabei natürlich nichts und Damiani ist Realist genug, seinen idealistischen Helden Stück für Stück aufzuscheuern; genau das richtige Ende parat zuhalten, um seinen Film nachhaltig und pessimistisch sacken zu lassen. Fast enttäuscht wirkt der siegreiche der beiden Könige, während sein Gefolge um ihn herum den Triumpf feiert. [...]

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        • 7 .5

          [...] Holmes ist irgendwie unnahbar, abgehoben und in seiner überheblichen Art extrem charmant, wie ein Superheld mit Pfeife und Hut, der immer alles im Griff zu haben scheint, selbst wenn das Geschehen ihn selbst und andere manchmal in akute Gefahr bringt.

          Als sein Gehilfe nicht weniger liebenswert: Dr. Watson (André Morell; Die Brücke am Kwai), ein nicht ganz so blitzgescheiter, dafür tatkräftiger Sidekick, der blind seinem Meister (so nennt er ihn sogar in einer Szene) folgt und fast die Position des Zuschauers einnimmt. Immer mitten im Geschehen, trotzdem nicht richtig im Bilde und dienend als Erklärungs-Punchingball, damit Holmes ab und zu seinen Gedanken und Theorien Luft machen darf, ohne die Katze aus dem Sack zu lassen. Angereichert mit durch die Bank ambivalenten, zwielichtigen Nebenfiguren (u.a. Christopher Lee als Opfer…oder auch nicht?..., Alleinerbe Henry Baskerville) scheint das kein typisches HAMMER-Material zu sein, aber Terence Fisher macht daraus eins. Aufgezogen wie ein klassischer Horrorfilm mit einer durchgehen starken, einnehmenden Atmosphäre ohne auf billige Effekthascherei zurückgreifen zu müssen (und eigentlich müsste das so ein Film) wird eine spannende, wendungsreiche und angenehm straff vorgetragene Geschichte erzählt, in die sich nie Hänger einschleichen, sondern stets darauf bedacht ist sein Publikum nicht zu verlieren. So sollten noch nicht Jumpscare- und Gore-bedachte Plots präsentiert werden. Gut konzipiert, toll gespielt, liebevoll vorgetragen und mit einer angenehmen Prise trockenem, nicht unpassenden Humor. Ein zeitloses Midnight-Movie, nachdem sich noch gut schlafen lässt. Absolut positiv gemeint. [...]

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          • 4

            [...] Langsam und anfangs ganz manierlich versucht Reinert Kiil seinem Film einen Anstrich von subtilem Grusel zu verleihen, was sich schlussendlich als konturloses Allerlei diverser, lose zusammengeraffter Motive herausstellt. Persönliche Ängste manifestieren sich in (naja) surrealen Bildern, irgendwas mit Exorzismus und das nicht näher erläuterte, aber immer clever anmutende Möbiusschleifen-Prinzip, damit man was zum Grübeln hat und vielleicht dem Irrglauben unterliegt, hier gäbe es richtig was zu entdecken. Ne, leider nicht. Vielmehr wirkt der gesamte Film wie ein reines Bewerbungsvideo des Regisseurs für höhere (oder besser bezahlte) Aufgaben, denn handwerklich ist das grob gesehen völlig okay. Das lässt auch lange hoffen, es würde mehr dabei rumkommen als dieser pseudo-schlaue und maximal medium durchdachte Torso, der nicht mal richtig verwirrend ist, sondern beliebig, austauschbar, in einer Reihe mit so vielen ambitionierten B-Movie-Arbeiten, die am eigenen Anspruch gescheitert sind und über die aus gutem Grund niemand mehr spricht. Nur die Wenigsten konnten ihr Ziel verwirklichen (wie z.B. Ti West bei The House of the Devil), dieser Film mag seine solide Grundstimmung niemals steigern und stirbt den einsamen Möchtegern-Heldentot in einer Sackgasse aus halb-hohen Anlagen und ernüchternder Praxis. [...]

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            • 8

              [...] Dass Paul Thomas Anderson das als schrullige, warmherzige, nicht plakative oder unpassend-belustigende, formell perfekt inszenierte Außenseiter-Romanze umsetzen kann, das mag man ihm generell zutrauen. Wie, das ist schon eine Hausnummer. Der Schlüssel zum Besonderen ist auch Adam Sandler. Denn selbst jetzt lässt sich ihm unmöglich unterstellen, er wäre ein guter Schauspieler. Aber Anderson gelingt das Kunststück, ihn ideal zu platzieren, sich die beschränkten Mittel so zunutze zu machen, als hätte man sich nur ihn für diese Rolle vorstellen können. Und das bei Sandler! Bei Boogie Nights schaffte er dies schon mit Mark Wahlberg, aber das ist verglichen hiermit ja gar nichts.

              Fast zu schön um wahr zu sein. Adam Sandler ruft sein faktisch minimales Repertoire ab und ist damit so authentisch und liebenswert. Wie für ihn maßgeschneidert, obwohl es ihm gar nicht passen dürfte. Mit manchmal Coen-artiger Mischung aus Melancholie, Off-Beat-Humor, urplötzlicher Mini-Slapstick und herrlichem Dialogwitz komplett gegen den Strich von Sandler- und US-RomCom-Standard gebürstet, traumhaft vorgetragen und mit dem Herz da, wo es verdammt noch mal zu schlagen hat. Ein Film zum Verlieben. In erster Linie in ihn selbst.

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              • 5

                [...] Nach einer vielversprechenden Eröffnungssequenz (die 1:1 aus Universal Soldier stammen könnte), dauert die Exposition unverschämt lang und selbst als das Spektakel endlich droht richtig loszugehen wird immer wieder der Fuß vom Gas genommen, obwohl der Film bei seinen Highlights ein echter Hingucker ist. Norrington beherrscht das Drehbuchscheiben wie den flüssigen Erzählrhythmus seiner Inszenierung nicht ansatzweise so behände wie die Präsentation von (handgemachten) Effekten, bremst seinen Film immer wieder ungeschickt, beinah ärgerlich aus, streckt ihn völlig unnötig auf mindestens 25-30 Minuten zu viel, da er ja eigentlich nicht viel zu erzählen hat oder gar will. Sein wüster Mix aus etlichen Inspirationsquellen ist mit seinem Raubbau sogar potenziell charmant, da er sich wohl mehr als eindeutige Referenz denn als dreiste Kopie versteht. Von den Alien-Filmen (eine kurze Szene ist unmissverständlich eine Hommage an Alien 3), Universal Soldier, Jurassic Park, Terminator, RoboCop, Predator, hier ist alles vertreten und wird zitiert bis die Schwarte kracht. Offensiver damit umgehen kann man kaum, als seine Hauptfiguren u.a. John Carpenter, Sam Raimi oder Scott Ridley (!) zu nennen. Das hat echt was, mehr als ein augenzwinkernder Versuch und das (zu seltene) Darstellen der ursprünglich erlernten Handwerkskunst kommt dabei am Ende nicht heraus. Schade. [...]

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                • 6 .5

                  Wie es der subversive Titel andeutet: De Palma spricht über De Palma. Fertig. Eine ausführliche Werkschau (Spoiler natürlich überall, wenig De Palma-erprobte Zuschauer sollten den ganz weit nach hinten verschieben) mit kleinen Anekdoten (Penn’s Flüstern zu Fox in der Gerichtsszene bei DIE VERDAMMTEN DES KRIEGES: „Fernsehschauspieler“. Großartig!), interessanten Einblicken in die Mechanismen der Filmindustrie und einem Regisseur, dem man selbst bei aus der eigenen Sicht nicht so gelungenen Filmen immer abnimmt, was er Positives über sie zu sagen hat. Im Prinzip ist das hier eher so was wie ein Edel-Extra eine Blu-ray, als eigenständigen Film würden sich den wohl nur die Wenigsten ins Regal stellen. Kurzweilig und obwohl ja komplett einseitig trotzdem sehr ehrlich wirkend, da De Palma wohl niemand ist, der sich selbst besser darstellen will (und muss). In erster Linie für Fans, aber für wen auch sonst?

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                  • 6 .5

                    Brian De Palma, sein Hitchcock-Fetisch und das später gerne wiederverwendete doppelte Lottchen-Prinzip beim ersten, vollständigen Kniefall vor dem Meister. Leider zu vollständig. Denn statt Hitch nur zu zitieren oder sich von dessen Methoden inspirieren zu lassen, dreht De Palma praktisch VERTIGO 2.0, mit einer Messerspitze REBECCA und einem Hauch WENN DIE GONDELN TRAUER TRAGEN. Es überschreitet den Rahmen einer Hommage und grenzt beinah an Selbstaufgabe, beraubt der Geschichte zu weiten Teilen ihrer eigenen Existenzgrundlage. Wer VERTIGO kennt, wird kaum überrascht werden. Und selbst wenn nicht, Paul Schrader’s Script geht an einigen Stellen bereits früh mit (dem Motiv) der Pointe unfreiwillig hausieren, da muss man schon sehr unaufmerksam sein. Klingt jetzt alles nicht so berauschend, aber dieser falsche Hitchcock ist inszenatorisch halt trotzdem ein echter De Palma. So schön, akribisch in seinen Einstellung, fabelhaft in seiner Bildsprache inklusive SloMo-Showdown, da verzeiht man gerne vieles und wenn man ehrlich ist: Wenn das alles kein echter Beinbruch ist, dann hat da einer verdammt viel auf dem Kasten. Natürlich nicht eine seiner besten Arbeiten, trotzdem toll anzusehen und aufgrund der formellen Klasse des Regisseurs nicht zu verachten.

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                    • 8

                      [...] Damals die perfekte, für unmöglich gehaltene Illusion, prägend für alles was folgen sollte. Das ist aber auch nur eingebettet in einen generell extrem modernen Film, der sich von seiner gesamten Inszenierung weit über den Standard der frühen 30er abhebt. Losgelöst von der gängigen, Theater-orientierten Präsentation (darunter fällt z.T. auch deutlich noch Frankenstein) sieht Der Unsichtbare bereits so aus und fühlt sich so an wie modernes Kino, das nicht mehr 1:1 auch auf der Bühne stattfinden könnte. Whale vermeidet oft die typischen Gesamteinstellungen klassischer Szenenbilder, nutzt den Vorteil der Kameraperspektive und des Schnitts wesentlich effektiver, verwendet Studiokulissen nicht nur notdürftig als Hintergrund sondern lässt selbst das geschulte Auge zweifeln, wann wirklich Außenaufnahmen stattfanden.

                      Das Gesamtbild ist beeindruckend. Reduziert die nach mehr als 80 Jahren kaum auszugrenzenden Abnutzungserscheinung auf ein nicht für möglich gehaltenes Minimum (gerade bei einem effekthaltigen Genrefilm) und lässt Whale’s Neigung zum Einbringen von Humor - die bei dem vorher erschienenen The Old Dark House noch ungelenk daherkam – nicht zum Störfaktor verkommen. Das erinnert an die Arbeiten von Hitchcock. Dort floss (fast) immer ein verschmitzter Witz ein, ohne dass es die Stimmung ruinierte. Whale ist da noch offensichtlicher, scheut sich sogar nicht vor einer satten Slapstick-Einlage, einiges ist dafür ein echter Hit (die Krisen-Konferenz im Polizeirevier!) und insgesamt ist dieser Film an sich verdammt böse, obwohl er nicht unbedingt so rüberkommt. Genau genommen ist Dr. Griffin einer der übelsten Psychopathen und Massenmörder, die jemals die Leinwand heimgesucht haben. Hannibal Lecter hat es in vier Filmen und drei Serienstaffeln auf nicht so viele Leichen im Keller gebracht, wie Der Unsichtbare in knapp 70 Minuten. Er prahlt damit nur nicht so…[...]

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                      • 5 .5

                        [...] Herrlich stumpfer, fast mutig sinnloser Billig-Quark von Rumpel-König Mark L. Lester, angereichert mit einer Fülle albern-cooler Dialoge und Oneliner wie „Du bist einer von uns und nicht einer von ihm“ (?, ist dieses Grammatik-Chaos schon eine gewollte Meta-Ebene?) oder „Sie sollten nicht so viele Eier essen…dann schrumpft der Penis“, der mitunter furchtbar ranzig aussieht, dafür viele Brüller bereithält und mit einem Showdown um die Ecke kommt, der knallt wie eine Mücke auf der Windschutzscheibe mit 180 km/h. Plötzlich haben die sonst so lebensechten Cyborgs (u.a. Pam Grier; Jackie Brown) alles verlernt und bewegen sich statisch-maschinell abgehackt, inklusive des typischen Roboter-Sound, feuern dafür aus allen Rohren mit Flammen- und Raketenwerfern. Awesome! Nun darf das dürftige Budget restlos für die Special-Effects verpulvert werden und da geht plötzlich einiges. Eine hemmungslose Gore- und Bullshit-Sause, die so flott, doof und Hurra ist, das kann man kaum nicht mehr heimlich geil finden. Gelegentlich, und nur unter vorgehaltener Hand, aber besser als nichts. [...]

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                        • 8 .5
                          über Persona

                          [...] Vor gezielt reduzierten, oft spartanischen Kulissen dringt Bergman (mal wieder) unerhört, fast beängstigend tief in die Gefühlswelten und das Bewusstsein seiner Hauptfiguren ein; gräbt, bohrt und löchert, bis diese sich selbst (und auch der Zuschauer) nicht mehr voneinander differenzieren können. Eine sonderbare Metamorphose findet statt, die bereits früh durch offenbar schlichte, aber unglaublich subtile Mittel von Bergman’s Kameraspezi Sven Nykvist in still-spektakulären Montagen zum Ausdruck gebracht wird. In einer Szene formen Ullmann’s Körper und Andersson’s Gesicht in Vorder- und Hintergrund optisch eine Person, eine physisch-verspielte Verschmelzung, was besonders gen Ende natürlich noch wesentlich deutlicher und dann unübersehbar auf die Spitze getrieben wird. Die Interpretation des Geschehens scheint irgendwann eindeutig und dennoch will es der Regisseur dem Publikum nicht so einfach machen, es nicht seiner persönlichen Herausforderung berauben. Denn wie man es dreht und wendet, Persona liefert keine klaren, keine einfachen Antworten. Vielmehr setzt er sich mit persönlichen Konflikten und selbstreinigenden Prozessen auseinander, konfrontiert mit Dämonen und Lebenslügen und durchbricht ganz nebenbei die Schwelle aus reiner, filmischer Fiktion, in dem er das Gezeigt immer wieder als das darstellt, was er ist: Nur ein Film. Sehr radikal, aber ungemein effektiv.

                          Heraus kommt ein immenser Kraftakt, der die extrem ungemütliche Seite im Schaffen des Ingmar Bergman (er konnte durchaus auch anders) in all seiner Größe und erschlagender Wirkung auf den Punkt formuliert. Manchmal verstörender, bizarrer als die besten Horrorfilme aber nie die Grenzen zum Genrefilm überschreitend ist auch Persona ein wahrhaftiger Diskurs über persönliche Gemütszustände, die in all ihrer Kontrasten nach außen brechen und „einfach“ nur in Bildern und Szenarien manifestiert werden, die es zu hinterfragen gilt und die das auch genauso wollen. So befremdlich wie meisterhaft.

                          „Ich ändere mich ständig. Du kannst tun mit mir was du willst, du kommst nie an mich heran!“ [...]

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                          • 7
                            JackoXL: Moviebreak 20.03.2017, 23:25 Geändert 21.03.2017, 22:48
                            über Birth

                            [...] Es ist faszinierend und von der fachlichen Qualität höchst bemerkenswert, wie beinah nebensächlich Glazer sich durch die größten Filmemacher aller Zeiten durchzitiert, ohne eine echte Hommage zu schaffen oder nur einen von ihnen direkt zu kopieren. Birth erzeugt sporadische Assoziationen zu Polanski, Hitchcock, Kubrick und selbst zu den Stummfilmpionieren Lang und Murnau, die sich bereits mit dem Leben nach dem Tod bzw. dem Überleben des Seins und der ewigen Liebe auseinandersetzten. Hat man alle falschen Erwartungshaltungen abgeschüttelt, ist der Film in einer Ausrichtung eigentlich so schlicht wie in der Umsetzung dadurch schwierig: Er zielt nicht ab auf ein einfaches Wieso, Weshalb, Warum sondern stellt in den Raum wie man denn handeln würde, wenn es einfach so ist, wie es ist. Mag es noch so abwegig sein. Still und bedacht, mit dem Fokus auf die kleinen Gesten vorgetragen, bewegt sich Birth damit auf dem ganz dünnen Drahtseil von tragischer, daseinsphilosophischer Liebesgeschichte und langsamen, aber stetig vorhandenen Suspense. Ein Hauch von Vertigo – Aus dem Reich der Toten ist zu erkennen: Man stelle sich mal vor, dieser würde direkt nach der berühmten Turmszene enden, Birth käme ihm noch näher. [...] Jonathan Glazer gelingt zwar kein unumstrittenes Meisterwerk, aber auf seine eigensinnige Art berauschend ist dieser in ausgewählten Momenten sehr mutige und tiefgründige Film allemal. Großen Anteil daran haben neben dem Regisseur der tolle Cast und besonders der sensationelle Score von Alexandre Desplat, der einen mehr als einmal die Schuhe auszieht.

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                            • 6

                              [...] Selbst der anfangs angedeutete, historisch-politische Hintergrund ist sachlich betrachtet nicht mehr als nur ein Gericht aus der Hören-Sagen-Gerüchteküche, an dem genauso viel dran sein könnte oder nicht wie an jeder anderen Version der Geschehnisse. [...] Klingt unheimlich spannend, ist es aber leider nur bedingt, da sich eben meistens stur an konkreten Fakten orientiert wird und bewusst nichts dafür getan wird, den möglichen Gedankenspielen mehr Raum zu geben als vorhanden war. Sagen wir es mal so: Als reiner Dokumentarfilm wahrscheinlich wahnsinnig faszinierend, als Spielfilm manchmal zu trocken und vom klassischen Spannungsbogen oft suboptimal ausgenutzt. Regisseur Claude Bernard-Aubert nutzt sein Werk eher als Diskussionsstoff über die Schwierigkeit eines ordentlichen Prozesses, wenn die Beteiligten da nicht mitspielen wollen und wie schnell Justizirrtümer zustande kommen bzw. wie schwer es im Einzelfall sein kann, sie als solche einstufen zu können. Heute, mit DNA-Spuren und allem Drum und Dran sicher mehr auszuschließen, damals eben nicht. Die Affäre Dominici ist aktuell immer noch ein justizielles Fragezeichen und wird es wohl für immer bleiben. Die letzte Szene ist gar dem echten Strafverteidiger von Gaston Dominici gegönnt, der dieses Dilemma nochmal deutlich ausformuliert. Er hielt seinen Mandanten immer für unschuldig, trotz der enormen Diskrepanzen im gesamten Prozess. Das macht den Film sehr interessant und Jean Gabin, einer der größten europäischen Leinwandlegenden überhaupt, ist auch im gehobenen Alter eine wahre Naturgewalt. [...]

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                              • 5

                                [...] Während sich der US-Western Anfang der 70er meistens deutlich an den moderneren, härteren und schmutzigeren Italo-Ablegern orientierte, klammert sich Monte Walsh – wie seine Hauptfigur – standhaft an „die gute, alte Zeit“. Selbst für 1970 wirkt der Film von William A. Fraker bereits wie ein letztes, sogar leicht verzweifeltes Stoßgebet an den Geist des klassischen Cowboyfilms, als dieser noch das romantisierende Bild von Freiheit, Tugendhaft und Männlichkeit hochhielt. Es passt natürlich prima zum Plot, in dem die Moderne als unaufhaltsamer Gegner diese Werte langsam aber sicher verschluckt und zum museumsreifen Relikt degradiert. [...] Gleichzeitig ist es nicht von der Hand zu weisen, dass genau diese Form des Westerns sich seinerzeit nicht umsonst am Aussterben befand und Monte Walsh kann dem trotz seiner thematisch angepassten Handlung kaum ein entwaffnendes Gegenargument liefern. [...] Zwischen romantisch-verklärt und durchaus nachdenklich-wahrhaftig dominiert leider ersteres, auch weil mit nostalgischem Pathos nicht gespart wird und als spektakulärste Szene das Zureiten eines wilden Hengstes von Marvin’s Stuntdouble zu nennen ist, die so drüber ist, dass es beinah cartoonesque Züge hat. Das lässt Monte Walsh in der Summe leider zu bieder und altbacken erscheinen, obwohl er sich ja durchaus nicht uninteressant mit dem Dasein des letzten Cowboys in einer schnelllebigen Zeit beschäftigt. Damit haben sich aber andere Filme (auch Spiel mir das Lied vom Tod) schon ganz anders und wesentlich sehenswerter auseinandergesetzt. Der Showdown ist allerdings recht schön und stimmungsvoll inszeniert, fällt nur sehr knapp aus. [...]

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                                • 7 .5

                                  [...] Inszenatorisch weitestgehend sachlich bis unspektakulär mutet Donnie Brasco wie eine nüchterne, faktentreue Wiedergabe der realen Ereignisse an. Ganz so ist es nicht, denn Mike Newell fokussiert sich eindeutig auf die Beziehung seiner beiden Hauptfiguren und das massive Identitäts- und Loyalitätsdilemma welches damit einhergeht. [...] Johnny Depp (zu seiner seriösen Zeit, war das noch schön) weiß seine Figur und deren schrittweisen Wandel jederzeit nachvollziehbar und ohne großes Brimborium zu verkörpern, nimmt sich vielleicht sogar ein stückweit zurück, um Al Pacino die Bühne zu geben, die er berechtigt – und ebenfalls angenehm gedrosselt - annimmt. Besonders Pacino hat im Gangsterfilmgenre bereits die gesamte Palette abgeliefert. [...] Nun ist er das arme Würstchen im billigen Altkleidercontainer-Outfit, da schon alles gesehen und erlebt hat, ohne davon zu profitieren und immer noch wie ein Greenhorn um etwas Wertschätzung bettelt. Diese tragische Vater-Sohn- und Brutus-Dolchstoß-Geschichte ist es, die alle großen Momente des Films kompromisslos für sich beansprucht. Mit Recht.

                                  Obwohl der Film mit den erlösenden Worten „Komm Joe, wir gehen nach Hause“ die Story um Joe Pistone versöhnlich abschließt, die finale, die wichtige Szene spielt sich eigentlich vorher ab. Lefty, der mit all seinem erlernten Anstand nicht mit dem Schicksal hadert, sondern es wie ein echter Wise Guy hinnimmt. Wie ein Mann von Ehre. Seine spärlichen Wertsachen ablegt, sich von seiner Lebensgefährtin beruhigend, unaufgeregt verabschiedet und einfach kurz nochmal weg muss. Ein würdevoller Abgang. [...]

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                                  • 8
                                    JackoXL: Moviebreak 13.03.2017, 18:04 Geändert 14.03.2017, 18:01

                                    [...] Barilli kreiert nicht einen Giallo-typischen Serienkiller-Film, erinnert mit seinem übernatürlich angehauchten, paranoiden Mystery-Psychothriller dafür stark an Roman Polanski’s urbane Wohnhaus-Horrortrilogie, dabei besonders an Rosemaries Baby (wie Mimsy Farmer an Mia Farrow) und sogar Der Mieter, der allerdings erst zwei Jahre später gedreht wurde. Die Protagonistin wird aus ihrem behüteten Alltag gerissen (obwohl bereits früh mehrfach angedeutet wird, dass sich in ihrer Vergangenheit ein dunkles Geheimnis verbirgt) und droht sich immer mehr in einem Strudel aus Angst und Misstrauen zu verlieren. Der Film arbeitet nicht mit schlichten Schockmomenten, stattdessen wird ein behutsamer Spannungsbogen aufgebaut, bei dem schon zu Beginn ein nicht genau greifbares Gefühl der Bedrohung im Raum steht. Selbst in an sich völlig harmlosen Momenten schwelt eine Form von latentem Unbehagen. Das Verhalten von Sylvia’s Umfeld scheint ganz normal zu sein und doch lässt sich das Geschehen oftmals auch anders interpretieren, wofür es eigentlich keinen empirischen Grund zur Annahme gibt. [...] Die Auflösung des Ganzen fällt dabei äußerst sonderbar aus und dürfte einige Zuschauer neben der unvermeidlichen Irritation gar verärgert zurücklassen. Francesco Barilli hat offenbar gar kein Interesse daran, eine leicht verdauliche und unmissverständliche Pointe zu präsentieren, beendet seinen Film lieber mit einem satten Magenschwinger gegen jede Form des narrativ Schlüssigen und lässt bewusst alles glasklar Verständliche außen vor. [...] Selbst wem das wirklich kein Bisschen zusagen sollte, kann kaum die formelle Brillanz bis dahin verleugnen. Vom detaillierten, akribisch ausgestatteten Set-Design, der famosen Beleuchtung, der gesamten Bildkomposition- und Sprache ist das atemberaubend. [...] Edel, wunderschön, subtil und verstörend.

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                                    • 2

                                      [...] Fast witzig (aber viel mehr armselig) ist es ja, dass bis auf das unfassbar dämliche Finale es praktisch egal wäre, wie und warum ein böser Dämon, Poltergeist oder was auch immer die unsympathischen Soap-Darsteller heimsucht. Ersetzte die App durch Tarot-Karten, eine Hexenbrett (hatten wir ja neulich erst) oder eine überfahrende Zigeunerin, völlig egal. Dann würde man allerdings auf sensationelle Zitate wie „Apps töten keine Menschen. Menschen töten Menschen“ oder „Wenn dieses Ding in unsere Welt kommen will, muss es sich an die Hardware des Telefons koppeln“ verzichten müssen, wäre sehr bedauerlich. Wenn der Film es schon nicht versteht, seine „moderne“ Thematik clever oder ironisch zu nutzen, sollte er sich und seinen Unsinn doch bitte nicht so verkrampft ernst nehmen. Offenbar merkt hier niemand, wie lächerlich das Ganze rüberkommt, selbst wenn ein lumpiger Dachboden-Stoffteddy ungelenk auf sein panisches Opfer zuwackelt. Auch die billigsten Schockmomente werden dadurch ihrer kurzlebigen Wirkung beraubt, unabhängig davon wie beliebig sie sind und wie oft man sowas speziell in letzter Zeit über sich ergehen lassen musste. [...] Selbst die abgestumpftesten Smartphone-Junkies dürften sich bei diesem Quatsch nicht großartig gruseln oder gar wiedererkennen, selbst da versagt Bedeviled auf ganzer Linie. Lieber ein Jahr das JAMBA-Knebel-Abo mit dem Crazy Frog (die Älteren werden sich vielleicht erinnern) als nochmal fast 100 Minuten mit Bedeviled. [...]

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                                      • 8 .5

                                        [...] Ein nicht nur beinah politischer Film, der sowohl damals bekannte Schock-Bildern aus Guantanamo aufgreift und fast prophetische Dimensionen erreicht in Bezug auf die aktuelle Flüchtlings-„Problematik“. Gute Science-Fiction orientiert sich meistens an entfernten, aber nicht so abwegigen Zukunftsprognosen, die im Idealfall mahnende Wirkung entfalten können und wenn Children of Men jemals wieder- oder generell entdeckt werden sollte, dann ganz bestimmt jetzt. All das findet in einem zwar entrückten Kontext statt, spiegelt dennoch (un)menschliches Gebaren wieder, wenn eine nicht zu leugnende, konkrete Bedrohung auf dem Rücken der Schwachen und Hilfebedürftigen ausgetragen wird, was keinerlei Sinn macht, nur Hass und Furcht schürt. Eine einfache „Lösung“ für ein unlösbares Problem. Neben seinem eigentlichen Mainplot, dem Kampf um eine mögliche Zukunft, zeigt Children of Men noch deutlicher wie repressiv, selbstzerstörerisch und primitiv die Gattung Mensch mit dieser umgeht. [...] Unabhängig von der inhaltlichen Tragweite, die untermauert wird von gespenstischen Momentaufnahmen (eine Grundschule wirkt wie ein verwilderter, der einsamste Ort der Welt, ein museumsreifes Relikt), beinhaltet dieses nicht actionorientiertes Werk fantastische, nahezu perfekte Actionsequenzen, die man locker als Referenzmaterial heranziehen kann. Kaum ein reiner Actionfilm kommt da mit. Über Bilder, deren transportierter Stimmung und die geschmeidigen Bewegungsabläufe, die wirken wie aus einem Guss, entfaltet sich ein unnachahmliches Mitten-drin-Gefühl, nah an der Obergrenze von moderner Cinematographie. Was Cuarón’s Gravity zu einem simpel gestrickten, aber packend vorgetragenen Event machte, ist Children of Men so locker nebenbei, nur als Teilaspekt. Das ist mal richtig beeindruckend! [...]

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                                        • 7
                                          JackoXL: Moviebreak 10.03.2017, 00:19 Geändert 10.03.2017, 16:14

                                          [...] Ein bis heute schmerzlich missverstandener und unterschätzter Film, was natürlich schnell passieren kann wenn man mit den Erwartungen an ein „normales“ Arnie-Vehikel an Last Action Hero herangeht. Die an sich dusselig klingende Geschichte um einen Jungen und seine magische Eintrittskarte nutzen Arnie wie seine das 80er-Jahre-Action-Kino entscheidend prägenden Mitstreiter John McTiernan (Regie, Stirb Langsam) und Shane Black (Autor, Lethal Weapon) als Sprungbrett für eine wundervoll selbstironische Parodie auf die selbstgesetzten Maßstäbe und Klischees. Mal süffisant-clever, gerne mal fast bald spoofig-plump mit dem Kopf durch die Wand, was aber letztlich auch nur dem typische Genre-Schaffen mit den eigenen Waffen die Hosenträger durchschneidet. Eine kindliche Eskapismus-Fantasie dient als Ausgangslage für ein hemmungsloses Film-im-Film-Meta-Geschwurbel, das den Buddy-Action-Film demaskiert, veralbert und gleichzeitig feiert. Gerade in der ersten Hälfte ist Last Actio Hero ein einziges Feuerwerk witziger Einfälle, die eigentlich nur darin bestehen, gewisse Standards mal zu hinterfragen bzw. bewusst auf die Spitze zu treiben. [...] „Last Action Hero“ ist kein Spoof-Movie im eigentlichen Sinne, aber man stelle sich mal vor, Wes Craven hätte „Scary Movie“ inszeniert…schon geil, oder?

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                                          • 2 .5

                                            Krude Low-Budget-Mixtur aus Torture-Thriller und Milieu-Studie, mit verkümmerten Meta-Versuchen die ans Lächerliche grenzen. Einem mehr als nur desillusionierten Pädagogen brennt nach 20 Jahren das Oberstübchen durch. Die beiden schlimmsten Klassen-Rowdies werden kurzerhand entführt, um ihnen im Hobbykeller drakonische Nachhilfestunden in Literatur, Geschichte und Sozialkunde zu erteilen. Da wird der Stoff von Herr der Fliegen im wahrsten Sinne des Wortes eingehämmert und irgendwie soll der Schmu wohl tatsächlich eine Art Allegorie (ja, auch solche Fremdworte werden dort gepaukt, gut aufgepasst) auf die drastisch vermittelten Inhalte darstellen, wofür man allerdings verdammt viel schlechte Fantasie benötigt. Als simpler Genre-Film völlig unbrauchbar, da extrem geschwätzig, aufdringlich pseudo-intellektuell und wahnsinnig spannungsarm, der wohl angepeilte höhere Anspruch würde niemals die Versetzung schaffen. Brutaler Folter-Sadismus belesen clever gequatscht, mehr als nur unglaubwürdig konstruiert und an vielen Stellen mit absolut sinnlosen Szenen gerade so auf die üblichen 90 Minuten gestreckt. Da haben nicht nur die blöden Schüler einen Nagel im Kopp.

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                                            • 7

                                              Ausgerechnet der Abschluss des bis dato nur notdürftig mitgeschleppten Wolverine-Spin-Off-Franchise sticht erfreulich aus dem ermüdenden MARVEL-Einheitsbrei der letzten Jahre heraus. James Mangold entfernt sich so weit von dem MCU-Standard wie es ihm wohl möglich war. Statt ausufernden Effekt-Schlachten in überflüssigem 3D wird in einer Art Mischung aus Western, Léon – Der Profi und Terminator der einsame, gealterte Wolf würdevoll zu Grabe getragen. Geschickt wird eine Distanz zum bisherigen Geschehen aufgebaut, indem Logan (bewusst heißt dieser geerdete Film im Original nicht Wolverine) selbst in eigenen Comics blättert und das dort Gezeigte als bunt-geschmückte Fiktion bezeichnet. Ohne lässig-gezwungen wirkende gute Laune humpelt sich ein gebrochener X-Men-Rentner durch einen erstaunlich brutalen, im Rahmen seiner Möglichkeiten gar „realistischen“ Film, der die an sich natürlich schlichte Geschichte als trocken-staubigen Abgesang auf eine sich totgelaufene Endlosfließband-Schmiede zelebriert. Es wird wohl eine Einzelerscheinung bleiben, aber schön zu sehen, dass es noch den Mut gibt sich gegen den „guten Ton“ des eigenen Mutterschiffes wie ein bockiges, böses Kind aufzulehnen. Eine echte Überraschung, dieser erwachsene, nur leider deutlich zu lange Anti-Superheldenfilm, der mit Doctor Strange und Co knurrend den Boden wischt.

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                                              • 7 .5
                                                JackoXL: Moviebreak 02.03.2017, 22:19 Geändert 02.03.2017, 22:39

                                                [...] Londons schäbige Unterwelt als hyperaktiver Kindergeburtstag voller Wannabes und Gernegroße, wo die einen nur einen lumpigen Wohnwagen und die anderen einen fetten Stein haben wollen, am Ende geht eh alles drunter und drüber.

                                                Wie gesagt, eigentlich kocht Snatch – Schweine und Diamanten nur mit dem selben Wasser wie zuvor Bube, Dame, König, GrAs, wirkt dadurch (bereits jetzt) etwas zu aufgesetzt, auch weil Guy Ritchie enorm bemüht scheint, wirklich jede Situation und Drehbuchzeile zum skurrilen Happening aufzublasen. Heraus kommen natürlich reichlich zitierfähige Momente und gesellige Spaßgranaten, leicht gezwungen wirkt es ab und zu schon. Den Nerv seiner Zeit trifft der Film dabei absolut und kann über leichte, zu pubertär anmutende Aussetzer mit seinem enormen Drive und besonders seinem unverkrampften, da wahrscheinlich extrem authentischen Spaß an diesem Große-Jungs-Sandkasten locker ausblenden. Manchen Filmen meint man anzumerken, dass der Dreh eine einzige Gaudi gewesen sein muss und da reiht sich dieses Exemplar weit vorne ein. Der Cast agiert dermaßen spielfreudig, dass selbst mindertalentierte Haudegen wie Vinnie Jones (X-Men: Der letzte Widerstand) exakt platziert sind, kaum anders vorstellbar wären. Vorreiter in dieser Gute-Laune-Veranstaltung sind Alan Ford (Chaplin) als grimmiger, wild grimassierender Bad-Ass-Cartoon-Onkel Brick Top und ausgerechnet der größte Fisch im Teich, der damals oft noch als Hollywood-Beau verschriene Brad Pitt (Fight Club) als nuschelnder, schlagfertiger Gipsy-Zottel Mickey, dessen verschmitztes Grinsen nicht sonderlich gestellt erscheint. [...]

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                                                • 3

                                                  [...] Der Blick auf ein Einzelschicksal mit kritischen Tönen zu einem der größten Triumphe der USA? Wer glaubt, Revolution sei deshalb so gnadenlos durchgefallen, hat wohl nicht mehr als nur die erste halbe Stunde gesehen. Danach hat der Film diesen Ansatz offenbar vergessen, aber letztlich ist das auch wurscht, denn in diesem Kuddelmuddel von einem Drehbuch geht eh alles drunter und drüber. Als Zuschauer ist man mehr als einmal irritiert, was denn nun die Absicht der Geschichte ist, die wirr mit etlichen Ansätzen hantiert ohne einen davon ansatzweise fertig zu erzählen. Charakterentwicklungen, Motivationen und Zusammenhänge werden kaum bis oft gar nicht erklärt. Man hat das Gefühl, dass Script wurde x-mal neu- und umgeschrieben, in tausend Teile zerfleddert und aus dem ganzen Schnitzelsalat willkürlich zusammengeklebt. Da wird gekämpft, desertiert, sich entfremdet, gerettet, plötzlich doch wieder freiwillig gemeldet (?), sich verliebt (??) und Gnade vor Rache walten lassen (???), alles so unrhythmisch, unlogisch und sprunghaft vorgetragen, da ist die inkonsequente Stellung zum Unabhängigkeitskrieg und der Rolle der amerikanischen Revolutionäre eigentlich kaum weiter erwähnenswert. Nur die Engländer, die sind immer grausam, überheblich und angedeutet sogar pädophil, wenigstens da wird sich nicht in verwunderlich-verdrehten Differenzierungsversuchen verloren. [...] Neben Al Pacino versuchen noch Nastassia Kinski (Katzenmenschen) und Donald Sutherland (Die Nadel) den Karren buchstäblich aus dem Dreck zu ziehen, aber ihre bemühten Leistungen sind Perlen vor die Säue, gehen völlig verloren in diesem stümperhaften Narration-Wirrwarr, das nie weiß wo es hinwill und am Ende natürlich auch nirgendwo ankommt. [...] Da kann man sich auch die verwirrten Kriegsgeschichten vom Urgroßvater anhören, der zwischendurch öfters einnickt und danach immer wieder etwas anderes faselt. Dem kann man deswegen ja kaum böse sein. [...]

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                                                  • 7 .5
                                                    über Walker

                                                    [...] Unter dem schnell als reine Fassade offengelegten Deckmantel eines Biopics kommt eine grelle, stellenweise bewusst übertrieben brutale und oftmals absurd anachronistische Satire zum Vorschein, die kein gutes Haar an dem gerne schöngeredeten US-Imperialismus speziell in Lateinamerika lässt. [...] Cox treibt seine biestigen Rundumschlag mit der endgültigen Machtergreifung Walkers‘ auf die Spitze, indem er nun die zeitlichen Grenzen zwischen Vergangenheit und Gegenwart immer wieder durchbricht. Die politischen Gegner des vom angeblich-liberalen Menschenfreund nun ohne falsche Zurückhaltung zum machthungrigen Diktator mutierten Walker blättern in einem Hochglanzmagazin, während ihre Kutsche von einem Mercedes überholt wird. Später schummeln sich auch Coca-Cola und Marlboro ins Bild und El Presidente präsentiert sein Antlitz auf dem Cover des TIME-Magazins. Was völlig verrückt und gewöhnungsbedürftig anmuten mag, ist das Aufheben eines zeitlich begrenzten Kontext während der laufenden Geschichte, der am Ende – wenn das Chaos in einem lodernden Inferno alles in Schutt und Asche legt, was ach so humanitär befreit wurde – noch mal einen anarchischen, fast absurden Höhepunkt findet. Eine extrem schrille Auseinandersetzung mit dem damals immer noch aktuellen, außenpolitischen Gebaren einer nicht sonderlich kritikfähigen Weltmacht. Man könnte fast meinen, dass Walker nicht zufällig jetzt neu aufgelegt wurde. Einen passenderen Zeitpunkt kann es kaum geben.

                                                    -„Der Zweck heiligt die Mittel.“

                                                    -„Und was ist der Zweck?“

                                                    -„Daran erinnere ich mich auch nicht mehr.“ [...]

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