JackoXL - Kommentare

Alle Kommentare von JackoXL

  • 5

    [...] Ordentliche Idee, mit einem Weltstar sowie einem jungen Talent vor und einem Veteran hinter der Kamera in souveränen Händen, kann kaum viel schiefgehen. Jein. Target – Zielscheibe ist niemals ein schlechter Film, aber genauso wenig einer, der irgendwas Besonderes hat. Der einfach so vor sich hin dümpelt, besonders im ersten Drittel nur ganz schwer in die Gänge kommt. Und auch dann wird es nur marginal besser. Sobald mal etwas Pfeffer gereicht wird (z.B. an den Landungsbrücken in Hamburg), ist der Spuk auch ganz schnell wieder vorbei und der Trott hat wieder Oberhand. Ein – schon 1985 – zwar angenehm handgemachter, nicht übertriebener Kalter-Krieg-Flick, dem das Spektakel aber positiv wie negativ abgeht. Nichts wird gewagt, alles ist zu brav und einfallslos, trotz der bemühten Geheimniskrämerei überrascht noch nicht mal die Pointe am Schluss. Das ist so altbacken wie Hackmanns Outfit, leider ohne den enttarnenden Moment.

    Dennoch will man den Film nicht zu sehr schimpfen, denn wirklich fatal oder misslungen ist er auch nicht. Es ist fachmännisch akkurate, akzeptable Arbeit vom besseren Fließband. Die natürlich eine größere Erwartungshaltung schürt, Potenzial ist reichlich vorhanden und teilweise ohne Frage zu erkennen. Wohl auch weil in der Endabrechnung absolut nichts entscheidend über- oder unterdurchschnittlich ist, ist Target – Zielscheibe aus der heutigen Perspektive relativ unbemerkt und nur noch anwesend. Stört nicht, aber wer fragt, wo er geblieben ist? [...]

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    • 7
      JackoXL: Moviebreak 12.06.2016, 19:44 Geändert 17.06.2016, 01:15
      über Matinee

      [...] Joe Dante – der sich seine Sporen in den 70ern bei dem ähnlich veranlagten Roger Corman (Piranhas) verdiente – war als Kind selbst bekennender Anhänger des großen Castle-Kino-Wanderzirkus, womit sein jugendlicher Protagonist Gene (Simon Fenton, Band of Brothers) bestimmt einige autobiographische Züge mitbekommen hat. Matinee kreuzt eine Coming-of-Age-Story mit Biopic, einem riesengroßen Herz für B-Monster-Horror, Satire auf die Panik des Kalten Krieges und ganz besonders während der Seeblockade vor Kuba, die damals wirklich fast den Dritten Weltkrieg ausgelöst hätte. Alles unter einer großen Glocke: Der Liebe zum Kino, zum Film und gerade für die Menschen, die sich gegen alle Wiederstände (und manchmal auch gegen den gesunden Menschenverstand) nicht verdrehen lassen. Ihr Visionen mit ungebrochenen Ehrgeiz und fast kindlicher Euphorie verwirklichen und für die der finanzielle Erfolg nur eine notwenige Existenzgrundlage darstellt. Ihnen geht es um die Begeisterung des Publikums, den Spaß am Erlebnis Film und das Leuchten in den Augen der Zuschauer, wenn der Plan mal wieder aufgegangen ist. [...] Dieser Film ist ein Genuss für Liebhaber des selten (oder besser nie) hochwertigen Unfugs einer Epoche, als Menschen noch mit einfachem Blödsinn in die Kinos gelockt werden konnten, solange man es mit ehrlichem Spaß an den Mann bringt.[...] Wer bei den Namen Jack Arnold, Roger Corman oder natürlich William Castle sofort Feuer und Flamme ist, der muss Matinee einfach sehen. Doch selbst der weniger informierte Zuschauer dürfte an dieser sympathischen, ironischen und warmherzigen Liebeserklärung bestimmt seine Freude haben. So wenig Herz kann nicht lebensfähig sein.

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      • 8
        über Duell

        [...] Wenn Alfred Hitchcock zu dieser Zeit nicht schon in Teilzeitruhestand gewesen wäre, er hätte sich nach diesem simplen Skript wohl die Finger geleckt. Aber gut so, denn der junge Spielberg gibt hier Vollgas. „Duell“ ist sowohl Survival- und Suspensethriller, wie sarkastisches Zeitdokument. Ein Mann, der jeder Konfrontation nach Möglichkeit aus dem Weg geht, wird hilflos festgenagelt in einer fast surrealen Situation. Aus einem nicht näher erklärbaren Grund wird er zur Zielscheibe bzw. Beute einer gesichtslosen, rostigen, dampfenden, schnaubenden Bestie. „Flammable“ fordert ihn heraus, lauert ihm auf, ein unmenschlicher Gegner, wie direkt aus der Hölle entsprungen. [...] Erstaunlich abgeklärt weiß Spielberg genau, wann er Gas und Bremse betätigen muss, ohne dass die Nadel in den roten Bereich fällt. Die konstante Bedrohung ist allgegenwärtig, was er einige Jahre später mit dem Blockbuster überhaupt bestätigen konnte. Gekrönt von einem logisch entwickelten Showdown, in dem sich endgültig der Werte einer aufgeklärten Domestizierung entledigt wird. Nun zählt das einfache, primitive Auge-um-Auge-Prinzip. Wann ist ein (David) Mann ein Mann? Wenn er wie der Duke oder Gary Cooper zum High-Noon antritt, auch wenn ihm die Buchse in den Kniekehlen hängt. Das mag rückschrittlich, reaktionär und fehlgeleitet klingen, doch „Duell“ lässt nur noch diesen Schritt zu und ist damit eine Hommage wie reflektierte, moderne Interpretation des klassischen Western. Daheim wird der Rasen gemäht und der Müll rausgebracht, hier und jetzt wird sich duelliert. Welcome to the Jungle, geweint wird später. Für ein Debüt schon dekadent wegweisend und großartig.

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        • 7 .5

          [...] Statt stilisierter Morde und möglich drastischer Gewalteruptionen – für die Fulci später berühmt und berüchtigt wurde – bezieht dieser Film seinen Reiz deutlicher aus der Geschichte und der gewählten Logistik, abseits der „modernen“ Welt, aus der nur drogensüchtige Huren notgedrungen zurückkehren. Hier ist alles solange (augenscheinlich) in Ordnung, bis eben diese schmutzige Heimkehrerin, der debile Dorftrottel und die Voodoo-Hexe als mögliche Täter einer grausigen Mordserie an Kindern in Frage kommen. Der Akt des Tötens, die physische Brutalität steht kaum direkt im Fokus des Regisseurs. Die Thematik ermordeter Kinder ist schon grausam genug und muss nicht durch intensiven Gore noch betont werden. Selten geht Fulci ans Eingemachte (besonders jedoch in einer Szene, als er seinen aufgeheizten Dorf-Mob rabiat wüten lässt), sein Whodunit-Krimi besticht dafür besonders durch sein Flair und den subversiven Blick hinter die Kulissen eines süditalienischen Dorfes, in dem klare Machtgefüge- und Missbräuche, traditionelle Anti-Werte noch groß geschrieben werden. Die Situation lässt das Böse zum Vorschein kommen, das totgeschwiegen, verheimlicht oder doch unbemerkt unter der vermeidlich heilen Oberfläche schlummert.

          Wie schon Die Nackte und der Kardinal ist Don’t Torture a Duckling genauso ätzendes Sittengemälde wie Genrefilm, legt hier den Finger nur noch tiefer in die Wunde, da wir uns nicht im düsteren Mittelalter befinden. Traditionen, althergebrachte Lebensweisen und eingeschworene, soziale Strukturen müssen nicht zwingend etwas Schlechtes sein, könne jedoch immense Gefahren beinhalten, wenn auf ihnen begründet nichts hinterfragt oder in Frage gestellt werden darf. Besonders gewisse Institutionen und Schichten, die auch heute noch eine große Rolle (nicht nur im ländlichen Italien) einnehmen. Fulci gelingt es mit seinem inhaltlich vielleicht besten und unangenehmsten Film ein nachhaltig ungutes Gefühl zu installieren, da er sich mehr der Realität annimmt als die meisten seiner Arbeiten und zu einem nicht geringen Grat auch als grimmige Gesellschaftsstudie verstanden werden kann. Wenn nicht sogar sollte. [...]

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          • 6

            [...] Zum buchstäblichen x-ten Mal pendelt Magneto nachhaltig traumatisiert und tendenziell ambivalent zwischen Gut und Böse. Immer aus den gleichen Gründen, auch wenn er hier zumindest mal ein Kapitel theoretisch dem Erdboden gleich machen darf. Wieder droht die ultimative Schlacht zwischen „guten“ und „bösen“ Mutanten, wieder steht der Kalte Krieg als Szenario Pate (dabei diesmal nur als Statist und nicht im Ansatz so brillant in die Story involviert wie noch beim Klassenprimus „X-Men: Erste Entscheidung“), wieder wird der eigentliche Platzhirsch-Mutant enttarnt (aber das wusste wir ja schon); es ist ein als Sequel untergejubelter Remix. Ohne diese richtig großen Momente, narrativ betrachtet. Da war nur „X-Men: Der letzte Widerstand“ schwächer. Was jetzt überwiegend wie ein Verriss klingen mag, um mal die Kirche im Dorf zu lassen, ist nur ein Ausdruck der (angekündigten?) Enttäuschung, begründet auf den hohen Erwartungshaltungen. Dafür haben die (Singer & Vaughn)X-Men „zu viel“ richtig gemacht, sie als einzige Konstante im Superhelden-Overkill des letzten Jahrzehnts bestätigt. Diese Details beinhaltet logischerweise die aufgewärmte Suppenküche vom Chefkoch auch, sie zergehen nur nicht mehr auf der Zunge.

            Über Dinge wie Cast, technische Inszenierung (außer den wiedermal unnötige und läppische 3D-Konvertierung) und grundsätzlich interessante, weit über dem üblichen Genre-Standard stehenden Thematiken muss einfach nicht diskutiert werden. Über deren Verwendungen im Angesicht des Gesamten eher. Die zeitlichen und popkulturellen Anspielungen sind nett (aber leider auch nicht mehr), Quicksilver gehören schon wie im direkten Vorgänger die besten Einzelsituationen, das ist souverän vorgetragene Blockbuster-Unterhaltung. Wer Höheres erwartet (was durchaus angebracht wäre), Pech gehabt. Somit hinterlässt „X-Men: Apocalpyse“ zwiespältig. Kein Satz mit X, aber einer ohne Ausrufezeichen. [...]

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            • 3

              [...] Tötungsmaschine und Klettermaxe McCoy („Das war nicht kämpfen. Das war ein Motivationsseminar!“) legt sich mit einem hageren Koks-Papst an (Natural born Bad Guy: Billy Drago), der nicht nur einen schmierigen Öl-Zopf, sondern auch eine schmucke Gaskammer im Eigenheim hat. Der fühlt sich in seiner korrupten, militant geführten, fiktiven Bananenrepublik San Carlos (warum der Film trotzdem „The Colombian Connection“ heißt? Vielleicht Schiss bekommen vor eventuellen Konsequenzen?) pudelwohl, bis ihm die Delta Force den Blutgeld-Palast zerbombt. Im Schlussdrittel eines (schon wieder) viel zu langen Films rumst es gewaltig. Die gleichen 10 Komparsen dürfen sich immer wieder zum Abknallen im Schießbuden-Modus aufstellen (Bohnenfresser sehen doch eh alle gleich aus) und der letzte Notgroschen von CANNON wurde ausschließlich in deftige Explosionen gesteckt. [...] Der ganze Film ist nur ein Bodycount-lastiges, tendenziell rassistisches, Militär-geiles Loblied über einen weiteren, hinterlistigen Schurkenstaat, den die Amis endlich den Arsch aufreißen. Juhu. Charisma-Krücke Chuck Norris dürfte der so ziemlich langweiligste Action-Star seiner Generation sein - egal wie vielen Ganoven er das Genick bricht – und der Film drumherum ist nur ein primitiver Ego-Shooter vom Wühltisch, der immerhin nicht mehr sein will. Schrottig bleibt er natürlich auch so, obwohl am Ende da einiges los ist.

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              • 3
                JackoXL: Moviebreak 25.05.2016, 18:16 Geändert 25.05.2016, 18:30

                [...] So ein Film ist natürlich Chefsache. Golan kann bestimmt alles, aber nicht mit ernsten Themen umgehen. In der ersten von (viel zu langen) zwei Stunden und ein Bisschen versucht er sich an einer sichtlich faktengetreuen Aufbereitung des Geschehens, die aber jetzt schon dieses schlampige CANNON-Flair hat, was – besonders so direkt nach dem realen Vorfall – echt fehl am Platz ist. Kurz nach 9/11 etwas Vergleichbares zu drehen, hat sich keiner getraut. Wäre tatsächlich nicht ganz so tragisch, wenn der Film dadurch nicht komplett eine Ausrichtung vermissen ließe und am Ende dann doch der billige 80er-Radau wird, bei dem dann nichts mehr zusammenpasst. Wenn Chuck im letzten Drittel auf seinem mit einem schier unendlichen Raketen-Arsenal bestückten Moped Vollgas gibt, ist das wieder der pure Unsinn. Hat leider nichts mit dem Vorlauf, erst recht nicht mit dem Thema zu tun und wirkt wie ein schmutziger Witz bei einer Beerdigung. Es kommt halt immer auf den Rahmen an, und der existiert bei „Delta Force“ definitiv nicht. Ronald Reagan hatte bestimmt kurz Pippi in den Augen, wie seine Jungs die Welt wieder gerade rücken, „Die rote Flut“ gleich hinterher…

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                • 5 .5
                  JackoXL: Moviebreak 23.05.2016, 00:20 Geändert 23.05.2016, 00:33

                  [...] Von Beginn an ruft der Film von David Hugh Jones (Betrug) Erinnerungen an das Epos Die durch die Hölle gehen von Michael Cimino (Im Jahr des Drachen) hervor, ohne dies sicherlich bewusst zu wollen, gerade da der Vergleich ihm letztlich nicht zum Vorteil ist. Aber es bleibt kaum aus. Nicht nur wegen dem gemeinsamen Hauptdarsteller De Niro; zu ähnlich sind sie sich in ihrer Thematik. Natürlich nicht so überlebensgroß, nicht so drastisch und gar kontrovers, wie Ciminos Film zumindest bei seiner Premiere noch teilweise wahrgenommen wurde. Jacknife – basierend auf dem Bühnenstück von Stephen Metcalfe (Seitensprünge), der auch das Script verfasste – ist eine kleine, leise Produktion, die dafür mit exzellenten, erprobten Darstellern auffährt. [...] Das ist alles schön und gut, vor allem auch bemüht, nur – und das ist ein unverkennbarer Makel – Jacknife vermag es selten, den Zuschauer wirklich für sich einzunehmen. Es liegt zum Teil an der unspektakulären, relativ glatten Inszenierung von Jones, die zu oft an gehobene TV-Unterhaltung erinnert (sein übliches Betätigungsfeld). Es fehlen diese intensiven Momente, diese entscheidende Tiefe, einfach das, was ein gutes Drama um das wohl größte, amerikanische Trauma und gleichzeitig ein Masse an Einzelschicksalen im Idealfall auszeichnen sollte. Der Film lebt von seinen Darstellern, findet für sie aber zu selten DEN Spot. Er ist nicht oberflächlich, er behandelt wichtige und menschliche Aspekte, er ist toll gespielt, aber er ist auch ganz schnell wieder vergessen. [...]

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                  • 4

                    [...] Spannend ist trotz der nicht grundsätzlich unbrauchbaren Ausgangslage eigentlich nur, wann Carroll Baker (Das war der Wilde Westen) ihren im Titel angekündigten, vorzeigbaren Körper zur Schau stellt und mit was für Absurditäten sie ihn öfter bedeckt. Da gibt es den giftgrünen Catsuit beim Twister-Spiel, den scheußlichen Fuchsfell-Pelz und zum Abhotten in der Disse wird sich mit Christbaumkugeln behängt. Mutig, selbst für die 60er. Der Film vernachlässigt Effektivität für den Moment, um konsequent auf seine Schlussminuten hinzuarbeiten, in denen endlich mal was passiert. Da wollen sie es plötzlich richtig wissen und Der schöne Körper der Deborah zaubert eine vermeidlich kluge Wendung aus dem Hut, die man schon längst gegen den Wind gerochen hat. Obwohl einige vorher gezielt platzierte Täuschungen dabei gar keinen Sinn machen. Um den Kohl richtig fett zu machen, versucht man sich gleich am doppelten Rittberger, der für seine Zeit zugegeben noch nicht üblich war, was seine nicht vorhandene Plausibilität aber nur schmerzlich unterstreicht. Das ach so smarte Drehbuch, das ganze Hüh und Hott, verpufft wie eine platte Rauchbombe, denn nun ist nichts mehr rund. Schade, denn trotz der vorher über Gebühr strapazierten Geduld, die Pointe ist von seinem Zynismus ganz nett. Was nicht vor Schwachsinn schützt. [...]

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                    • 8
                      JackoXL: Moviebreak 16.05.2016, 22:52 Geändert 16.05.2016, 23:16

                      [...] Walter ist krank, vermutlich unheilbar. Das wollen viele nicht hören, nicht verstehen oder akzeptieren. Das ist der Punkt, der The Woodsman so unangenehm und in seiner Befassung mit der Materie so großartig macht. Der Film ist nicht schwarz und nicht weiß, pauschalisiert nicht, will nicht dämonisieren und – was fatal wäre – auch nicht entschuldigen oder doch die stetig lauernder Gefahren herunterspielen, die in dieser Situation immer gegeben sein werden. [...] Nicole Kassell bewegt sich mit ihrem Film auf einem schmalen Grat aus Verständnis und Mitgefühl, verwechselt diesen menschlichen, empathischen Appell aber nicht mit einer Verharmlosung oder gar Rechtfertigung für grausame Verbrechen, die nur aus der Sicht dieses Täters, aus seiner persönlichen Empfindung im Moment, nie als solche wahrgenommen wurden. [...] Das kann The Woodsman tatsächlich glaubhaft ausdrücken, kippt dabei nie in eine ernsthaft bedenkliche Richtung, auch wenn dieser Gedankengang natürlich extrem befremdlich ist. Und Angriffsfläche bietet für Kritiker, die ihm Inkonsequenz vorwerfen könnten. Ist Walter nun gefährlich, gar ein Monster, oder nur ein armer, kranker Mann? Muss ihm eine zweite Chance gewährt oder die Gesellschaft vor ihm (oder er vor sich selbst) geschützt werden? Darauf bietet der Film keine eindeutigen, keine leicht herauszulesenden Antworten. Er schildert nur eine Situation, aus die jeder selbst seine Schlüsse ziehen muss und die umso eindringlicher verdeutlicht, wie diffizil, wie wenig kategorisierbar es im Einzelfällen (was sie immer sind) ist.

                      Was eindeutig gezeigt wird, ist das ein Mensch durchaus zur Läuterung bereit sein kann, aber sich jedesmal auf Neue seinen Dämonen stellen muss. Dass es nicht leicht ist und oft an der Grenze zum Scheitern. Aber das wir nicht zwingend von Tieren, von Perversen, von Monster sprechen können und dürfen. Nur von Menschen, die mit sich kämpfen. Manchmal gewinnen sie, manchmal verlieren sie. Eine Herausforderung für sie, aber auch für uns, damit umzugehen, selbst wenn es schwer fällt. In dieser klugen Grauzone hinterlässt einen The Woodsman, mit dem unguten aber auch einzig richtigen Gefühl, das klare Antworten mit dem Leben nicht viel zu tun haben. [...]

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                      • 3

                        -„Ich hab seit Monaten nicht mehr richtig gekackt.“
                        -„Deshalb stinkt dein Atem wie ne Hammelherde, du alte Aids-Fabrik!“

                        VIPER, macht müde Penner munter, schmilzt sie mit dem ersten Schluck zu quietschbuntem Gekröse und lässt den Abschaum der Straße sich selbst im Klo runterspülen. Wie aus einem faulen TROMA-Ei gepellt, anarchisch daneben aber leider kein Stück unterhaltsam, ist bei STREET TRASH der Name Programm. Ohne roten Faden, Sinn und Verstand werden ab und an ein paar Tippelbrüder beim Griff zu der Pulle in Fimo verwandelt, dazwischen passiert eigentlich nur völliger Dünnpfiff mit einem auf Vietnam hängengebliebenen Col. Kurtz-Verschnitt vom Schrottplatz, Cops mit Mickey-Mouse-Muskelshirt und gewollt-beschissenen Geschmacksentgleisungen, für die man im besten Fall auch zu Farbverdünner oder ähnlich edlen Tropfen greifen sollte. Ein feuchter, übelriechender In-die-Fresse-Furz von einem Film, für alle die abgeschnittene Schwänze, Nekrophilie oder zu Tode vergewaltigte Frauen lustig finden.

                        „Bist du so blöd geboren oder hast du das studiert?“

                        Und wenn schon, du bist absichtlich so, machst trotzdem keinen Spaß.

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                        • 6 .5
                          JackoXL: Moviebreak 14.05.2016, 22:34 Geändert 15.05.2016, 09:51

                          [...] Dazu krankt Romeros Geschichte - neben dem nicht sonderlichen Interesse an der Vorlage – an stellenweise auftretenden, unfreiwilligen Humor. Trotzdem hat auch sein Stück vom Kuchen durchaus Charme, wenn vielleicht auch einen leicht selbstverliebten. Denn anstatt Edgar Allan Poe ernsthaft zu würdigen, verwendet er nur den Rahmen für eine durchaus ironische Referenz an sich selbst. Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, kommen die Toten auf die Erde zurück. Dabei bleibt Romero standhaft und zitiert sogar ganz direkt seinen Klassiker Die Nacht der lebenden Toten („Sie kommen um dich zu holen, Jessica“), was zweifellos seinen Reiz hat. Das schon deutlich sarkastische, schwarz-humorige Finale mit Carpenter-Veteran Tom Atkins (Drive Angry) als lustvoll überzeichneten, Zigarren-kauenden Cop und blutverschmierten Dollarscheinen ist ein runder Abschluss für einen Quickie, der vielleicht nur im falschen Film gelandet ist und bei den schon erwähnten Gruft-Geschichten ein kleines Highlight wäre.

                          Was Romero nicht unbedingt gelingt – wahrscheinlich gar nicht seine Intention war – zelebriert Argento mit „The Black Cat“ voller Inbrunst. Der bekennende Poe-Anhänger würdigt sein Idol so ausgiebig, dass er hier nicht nur die eigentliche Vorlage verfilmt (deutlich werkgetreuer als Romero), sondern in dem Zuge gleich mal exzessiv auf das Schaffen des Meisters verweist, da merkt man die ganz tiefe Verbeugung. Neben dem relativ nah gehaltenen, nur „modernisierten“ Main-Plot, ist die längere (und bessere) zweite Hälfte gespickt mit Querverweisen und Anspielungen auf andere, berühmte Poe-Geschichten. Der Protagonist (großartig: Harvey Keitel, Reservoir Dogs) - ein versoffener, krankhaft eifersüchtiger, sadistischer Fotograf – trägt den klanghaften Namen Roderick Usher (aus Poes Der Untergang des Hauses Usher); die Mordfälle orientieren sich an Poe-Erzählungen (u.a. Das Pendel des Todes), und natürlich darf auch eine Eleonora (Sally Kirkland, JFK – Tatort Dallas) nicht fehlen. Das alles vermengt Argento zu einer stilistisch und inhaltlich sichtlich experimentierfreudigeren, mutigeren Interpretation, als das manchmal bieder-vorsichtige Filmchen von Romero. [...]

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                          • 7 .5
                            JackoXL: Moviebreak 14.05.2016, 22:31 Geändert 21.07.2016, 00:30

                            [...] In den ersten 70, 80 (von knapp 120) Minuten ist „Höhere Gewalt“ ein wahrlich großartiger Film, der in seinen stillen, langsamen, wohlgewählten und scharf analysierenden Einstellungen an Werke von Michael Haneke erinnert, auch thematisch dürfte das ein Stoff sein, an dem der Österreicher seine helle „Freude“ haben dürfte. Gleichwohl drängen sich Parallelen zu Ingmar Bergman auf und die braucht Ruben Östland bis zu seinem leicht überfrachteten Endspurt auch nicht zwingend zu scheuen. Wie ein Ereignis, eine unbewusste Tat den Charakter eines Menschen schonungslos demaskiert – was sich der Betreffende zwanghaft nicht eingestehen will, obwohl sich schmerzlich diesem bewusst – und ein vorher intaktes Gefüge, gar die Sichtweise auf Partnerschaft und Familie im Allgemeinen komplett erschüttern kann, das zeigt der Film glaubhaft und exakt beobachtend auf. Nicht nur Familie, Verantwortung und Opferbereitschaft werden in Frage gestellt und seziert, auch und zu einem nicht geringen Anteil der männliche Stolz und das Selbstverständnis, die alteingesessenen Rollenverteilungen, die tiefe Wunden davonträgt.

                            Der Höhepunkt dieses aufgestauten Konflikts – der zunächst im Wischiwaschi-Verfahren wegdiskutiert, dann lächelnd versucht wird zu ignorieren und in schließlich entblößender Art eskaliert – stellt eine Konfrontation im Beisein eines befreundeten Pärchens dar, die einem Gerichtsverfahren gleichkommt. Mit Stellungnahmen aller Parteien („Ich teile die Interpretation dessen was passiert ist nicht“), Kreuzverhören, Beweisvorlagen und dem in die Rolle des unfreiwilligen Verteidigers gedrängten Freundes. Was einen Grundsatzdiskurs auch für die eigentlich nur Anwesenden hervorruft. Eine kleine Lawine löst eine noch größere aus, reißt mehr mit und begräbt mehr unter sich, als man denken könnte. [...] Der Schlussakkord ist über Gebühr ausformuliert, überstrapaziert. Schon vor dem Abspann erreicht der Film bereits zweimal den Punkt, an dem er mühelos ausklinken könnte, jedesmal mit einer leicht differenten Note. Alles zusammen wirkt nicht entschlossen, zu viel des Guten. [...]

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                            • Erlesener, breitgefächerter Filmgeschmack vom Profi. Hut ab.

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                              • 6 .5

                                [...] "Nachtblende" ist eine destruktive Liebesgeschichte am Rande des Wahnsinns; zermürbend-triste Poesie zwischen überzeichneter Groteske, provokanten, verkünstelten Expressionismus mit dem Hang zur narrativen Sackgasse und trotz seiner kaum als real wahrzunehmender Erlebniswelt zwischendrin immer wieder so nah an seinen sich verzehrenden, aufreibenden Hauptfiguren, dass einen Zulawskis teils wirres Albtraum-Gemälde kaum unberührt lassen kann, obwohl der Zugang oft auf wackeligen Beinen steht und manchmal einfach umfällt. [...] Die Welt des Andrzej Zulawski scheint - wie auch in "Possession" - ganz weit weg und dann doch wieder nah dran an der Realität. Seine Figuren tragen komplexe Konflikte aus, die aus der allgemein bald surrealen, verworrenen und zu einem nicht geringen Grat heraus(bis über)fordernden Erzählung sich an die Oberfläche graben müssen, dann dafür mit Nachdruck. [...] Der Film lebt von seinen Momenten und deren Wirkung, von seiner Intention, weniger von den allgemeingültigen Strukturen, die (zum Teil sicher) bewusst nicht erfüllt werden. Das muss nicht gefallen, das ist schwierig bis zu weit drüber, aber es hinterlässt Spuren. Narben, sichtbare und unsichtbare, im wahrsten Sinne des Wortes. Und das Romy Schneider diese Rolle als eine ihrer besten bezeichnete, lässt sich kaum abstreiten. Sie spielt sich die Seele aus dem Leib…und zu einem gewissen Maß auch sich selbst. Unfassbar, dass sie mit Anfang 30 eine viel ältere Rolle verkörpert (sonst ja eher andersrum), total glaubhaft wirkt und dennoch unglaublich schön, anziehend, natürlich. Die Rolle ihres Lebens? Gut möglich. [...]

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                                • 3 .5
                                  JackoXL: Moviebreak 10.05.2016, 18:51 Geändert 10.05.2016, 22:47

                                  [...] Jetzt einfach 90 Minuten flott aufs Maul, möglichst viel geile und gerne auch total unrealistische Action, Hong Kong-Kino mit US-Stars, John Woo hat es vorgemacht. Double Team hat aber scheinbar gar keinen Plan, was er nach den ersten 20 Minuten denn jetzt noch machen soll. Das Skript von Don Jakoby (Death Wish 3 – Der Rächer von New York…also wen wundert es eigentlich?) und Paul Mones (The Quest – Die Herausforderung…noch Fragen?) lässt sich kaum als solches bezeichnen, das ist doch ein schlechter Scherz.

                                  Da passiert (nach der Eröffnung) nichts, was auch nur irgendwie plausibel aufeinander aufbaut, eine klare Linie in der Ausrichtung existiert sowieso nicht und dieses ganze Durcheinander wirkt nur, als hätte man 5 oder 6 angefangene Drehbücher wieder aus dem Mülleimer gefischt und die wenige, fertigen Stellen zu einem zusammengeklebt. [...] Wäre der Film inhaltlich schlicht, stumpf, zweckdienlich, alles völlig legitim. Stattdessen ist er einfach nur wirr, konfus, sinnlos, total idiotisch, absurd auf die nervige Weise. Selbst die Actionszenen kann man mit viel Wohlwollen gerade so als mittelmäßig bezeichnen, ist ja nicht wie heutzutage bei Van Damme irgendwo in Bulgarien innerhalb von zwei Wochen durchgekaut. [...] Aus nicht näher nachvollziehbaren Gründen (da sind wir schon längst drüber) treffen sich im großen Finale Jean-Claude und seine Nemesis Stavros (Mickey Rourke, Im Jahr des Drachen) in einem Kolosseum zum großen Gladiatorenkampf der gescheiterten Existenzen und da ist wirklich alles dabei. Tretminen, ein Baby, Rodman auf einem Crossbike, Mickey mit freiem Oberkörper (zu der Zeit sah der Bauch fast noch besser aus als das Gesicht) und ein Tiger, der von Van Damme weggekickt wird. Hurra, jetzt sind alle guten Geister endgültig verjagt, leider ist der Film kurz danach vorbei und so geil wie das klingt, ist es in bewegten Bildern eigentlich auch nicht (kaum zu glauben, selbst das verkacken die irgendwie). Immerhin ist es kurios genug, um nicht nur mit Groll an die verstrichenen 1 ½ Stunden zurückzudenken. Nur auf 75 Minuten…[...]

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                                  • 7

                                    [...] Zwangsprostitution („Ich sollte jeden ranlassen, der 5 Cent dafür bezahlt!“), Menschenhandel- und Schlachtungen, dazu ein angedeutetes, inzestuöses, homosexuelles Verhältnis zwischen Brüdern, PRIME CUT packt ganz heiße Eisen an und findet dabei erstaunlich abgeklärt die goldene Mitte aus grober Härte, pechschwarzem Zynismus und deftiger Ironie, die erstklassiges Exploitation-Kino im Idealfall auszeichnen. Thematisch eigentlich echt übler Tobak, der trotzdem nie wirklich ernst erscheint und dennoch knallt als gäbe es kein Morgen. Und das sieht auch noch so verschwenderisch gut aus, ist hochkarätig besetzt. Gene Hackman hatte direkt zuvor den hochverdienten Oscar eingestrichen und gibt nun diesen überzeichneten Bad-Ass, als wäre es das selbstverständlichste von der Welt. Angefeuert durch irrsinnigen Dialogwitz (-„Na, wie geht es dir?“ –„Okay.“ –„Das war vielleicht ein beschissener Jahrmarkt!“) gepaart mit skrupellosen Actionszenen und einer womöglich einzigartiger Mähdrescher-Verfolgungsjagd.

                                    Wenn es am Ende zum logischen Showdown kommt, ein Unwetter nicht nur am Himmel sondern auch auf dem Boden aufzieht und Lee Marvin das macht, was er am besten kann - einfach aufräumen – ist PRIME CUT nicht nur wüst-unterhaltsam, er ist ganz großes Genre-Kino. Was für ein Mega-Heuler, als wenn Sam Peckinpah (BRING MIR DEN KOPF VON ALFREDO GARCIA), William Friedkin (FRENCH CONNECTION – BRENNPUNKT BROOKLYN) und schon besagter Roger Corman sich ordentlich besoffen, ungeschützt Verkehr gehabt hätten und als Resultat kommt so was wie PRIME CUT dabei raus. [...]

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                                      [...] Stichwort Meta bleibt aber: Gerne wäre „Final Cut – Die letzte Vorstellung“ wohl genau das, verwechselt diesen Begriff aber mit ein paar lapidaren Querverweisen. [...] Dazu ein paar Anspielungen auf den aktuellen Zeitgeist, den technischen Fortschritt, die sich gewandelten Sehgewohnheiten im Genre und das (nicht wirkliche) Film-im-Film-Thema, damit hat sich das Möchtegern-Ebenen-Spiel schon erledigt. [...] Übrig bleibt ein wagemutig überkonstruierter Psycho-Thriller, dessen angeblich perfekt konzipierter Plan nur auf dem glücklichen Umständen beruht, dass der unfreiwillige Protagonist immer exakt so handelt, wie es der in den Zwangsruhestand beförderte Retro-Racheengel gerne hätte, obwohl ihm mehr als einmal auch andere Optionen möglich wären. Selbst das reicht nicht, es müssen noch komplett unkalkulierbare Zufälle mit eingeworfen werden (wäre ihm nicht das Portemonnaie aus der Tasche gefallen, dann…öhm…?!), aber steht ja alles im Drehbuch. Aha. [...] Was er aber hat, und das kann Fans absolut erfreuen, einen Robert Englund, der endlich mal wieder nicht nur den Cameo-Springteufel geben darf. Seinem engagierten Spiel zuzusehen macht nicht nur Spaß, man merkt ihm den eigenen an, mag manchmal gar ein Leuchten in den noch nicht müden Augen erkennen. Das ist wirklich toll. Schade nur, dass der einigermaßen bemühte Film da nicht mithalten kann, obwohl er so gerne würde. [...]

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                                        JackoXL: Moviebreak 06.05.2016, 18:19 Geändert 06.05.2016, 22:01
                                        über Sicario

                                        „Sie sind kein Wolf. Und das ist jetzt das Land der Wölfe.“

                                        In der letzten halben Stunde ist SICARIO ein echtes Brett, wenn er erstmals einen emotionalen Zugang zu seinen Personen gewährt, zumindest zu ein oder zwei. Zuvor meist nüchtern, trotz des zeitweise enormen Impacts einzelner Szenen bleibt man (gewollt?) als Zuschauer sehr auf Distanz zu den Figuren. Besonders die von Emily Blunt und Josh Brolin erfüllen mehr einen Zweck als das sie richtiges Profil hätten. Ein deutlicher Schwachpunkt eines technisch grandios inszenierten Films. Roger Deakins findet so klare, direkte und trotz einer leichten Sterilität dennoch lebendig-intensive Bilder, irre, der pulsierende Score von Jóhann Jóhannsson steht dem in nichts nach. Die Stimmung eines brodelnden Vulkans untermauert SICARIO in jedem Moment, lässt narrative und inhaltliche Defizite nicht verschwinden, aber in seiner Wirkung trifft der Film (letztlich dann doch) den Nagel auf den Kopf: Wenn sich „die Guten“ nicht mehr zu helfen wissen, bleibt nur noch der Pakt mit dem Teufel. Das dies nur eine Verschiebung der Problematik ist, ein Bumerang der irgendwann mit voller Wucht (im „Idealfall“ erst) spätere Generationen in den Nacken trifft, hat speziell die US-Geschichte schon mehrfach gelehrt. Aus Fehlern wird man nicht zwingend klug. Feuer mit Feuer bekämpfen hinterlässt logischerweise verbrannte Erde, das vermeidlich kleinere Übel ist immer noch nicht mehr als die Wahl zwischen Pest oder Cholera. Die endgültige Kapitulation vor der Bestie, die man nicht besiegen kann, sondern nur milde stimmen. Und die wahren Opfer am Ende der Nahrungskette bekommen gar nicht mit, dass sich überhaupt irgendwas verändert hat.

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                                          [...] Ein nettes Konzept, bei dem (bald muss man sagen „natürlich“) das übliche Problem solcher Anthology-Filme kaum zu vermeiden ist: Die Einzelstorys sind von schwankender Qualität. Nach dem stimmungsvollen Einstieg, bei dem Douglas Gamleys kraftvoller Score aus allen Rohren schmettert, folgt auch direkt das kleine Highlight. Ein untreuer Ehemann will sich seiner ihm überdrüssigen Gattin unsanft entledigen und muss feststellen, dass die Gute trotz rabiater Bearbeitung mit dem Hackebeil noch ziemlich lebendig ist…zumindest teilweise. Bereits die zweite Episode um einen verarmten Schneider und seinen Auftrag zu einem merkwürdigen Anzug lässt deutlich nach. Die dritte Runde um zwei ziemlich enge Freundinnen ist wieder etwas besser, wenn auch nicht besonders originell, und was dann im Endspurt abläuft, ist leider ziemlich alberner Unfug. Von den AMICUS-Filmen sollte grundsätzlich nicht zu viel erwartet werden. Aus jetziger Sicht sind die meisten von ihnen einfach nur ganz angenehme, altmodische Gruselschinken, über die sich die Kids von heute wohl nur kaputt lachen. Das ist kein Maßstab, nur ASYLUM – IRRGARTEN DES SCHRECKENS verliert doch rasch und sehr deutlich seinen anfänglichen Reiz. Der Irrgarten des Schreckens mündet in einer Sackgasse des puren Trashs, was er eigentlich nicht nötig hätte [...]

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                                            JackoXL: Moviebreak 04.05.2016, 23:55 Geändert 09.06.2016, 02:03

                                            „Weißt du, wie viele Vergewaltigungen mit Todesfolge im letzten Jahr von uns registriert wurden…?“ -„…Aber es gab nur einen Fall, in dem der Bauch mit einem Stahlpenis aufgerissen wurde.“ [...] Tatort: Mädcheninternat. Was dies in der Regel für das Genre bedeutet, lässt den Hosenstall von ganz alleine aufspringen. Und Negrin tut uns diesen Gefallen mit Wonne. Ein Ort, an dem sich nur hübsche, wohlgeformte und freizügige Dirnen tummeln (für die Schabracken gibt es wohl Extra-Bungalows hinter den Müllcontainern), die sich nach dem anstrengenden Sportunterricht gar nicht schnell genug die verschwitzten Höschen runterreißen können, um sich in der Gemeinschaftsdusche kichernd gegenseitig einzuseifen. [...] Fabio Testi ist wie so oft eine echte Bereicherung für den Film. Wenn er schlechtgelaunt seine schweigsamen Zeugen und Verdächtigen anschnauzt („Angela wurde mit SO einem Stahlschwanz umgebracht!“) oder zu unorthodoxen Verhörmethoden in der Achterbahn greift, der Mann hat einfach Stil. Obwohl er beim Lesen des Scripts ein mittelschweres Déjà-vu gehabt haben dürfte: Der Plot erinnert auffallend an den 1971 gedrehten Kollegen DAS GEHEIMNIS DER GRÜNEN STECKNADEL (für den deutschen Markt als einer der letzten Edgar Wallace-Filme verhökert und entsprechend umgeschnitten, in Wahrheit ein ziemlich guter und waschechter Giallo), in dem Testi ebenfalls die Hauptrolle spielte. Ganz schön dreist, wie unverfroren sich Alberto Negrin hier mit beiden Händen bedient, das könnte bald ein etwas abgewandeltes Remake sein. Nur lange nicht so gut inszeniert und eine ordentliche Schippe trashiger. [...] Für Genre-Allesgucker in Ordnung, wenn gerade nichts Besseres zur Hand ist. Filme, natürlich nur Filme…

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                                              [...] Ein Film der Gegensätze, nicht nur durch die ungewohnte Besetzung mit Doris Day, die sich nicht immer geschmeidig ergänzen, für enorme Qualitäts-Schwankungen sorgen und eine finale Bewertung relativ schwierig gestalten. Das beginnt schon mit der ersten Szene, die für damalige Verhältnisse ungewöhnlich schnell den Plot ins Rollen bringt. Keine fünf Minuten sind vergangen und schon ist Doris Day in Todesangst, nachdem eine unheimliche Stimme aus dem Nebel ihr baldiges Ableben ankündigt. Was somit recht rasant beginnt, bremst sich in der ersten Stunde immer mal wieder unerwartet und des Öfteren auch vollkommen überflüssig aus, scheint nicht ganz seinen Takt zu finden. Die Spannungs-intensiven Momente erreichen so zwar einen klaren Highlight-Charakter, ein präsentes Gefühl der Bedrohung mag sich gleichzeitig nicht wirklich einstellen. Das beißt sich, besonders da MITTERNACHTSSPITZEN in seinen Höhepunkten einiges auf dem Kasten hat, speziell inszenatorisch ist das nicht von schlechten Eltern und erinnert an einige Genre-Perlen, die erst noch folgen sollten. [...] Stimmiger, konsequenter vorgetragen wäre MITTERNACHTSSPITZEN ganz bestimmt der Klassiker, zu dem er gerne gemacht wird. Denn obwohl der Plot einer logischen Hinterfragung an vielen Punkten kaum standhält, das Hantieren mit zahlreichen Verdachtsmomenten und Eventualitäten ist ordentlich aufgebaut und der Cast bis in die Nebenrollen ansehnlich besetzt. Trotz der unnötigen Knackpunkte ist und bleibt es ein interessanter, teilweise sogar echt guter Film, der leider seine Möglichkeiten nicht ausschöpfen vermag und sich deutlich unter Wert verkauft. [...]

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                                                Der harte Aufprall auf den Boden des Karriereknicks kann befreiend wirken. Was wurde Shyamalan nicht für sein Debüt damals in den Himmel gelobt (deutlich zu viel) und als Wunderkind bezeichnet, die Realität hat ihn schneller eingeholt, als er und die Studios es wahrhaben wollten. Dabei war eigentlich keiner seiner Filme von der Idee zum Scheitern verurteilt, es lag öfter an der Diskrepanz von Anspruch und Wirklichkeit. Filme wie UNBREAKABLE, THE VILLAGE oder sogar der gerne verrissene THE HAPPENING sind an sich gar nicht mal schlecht, sie haben nur ein Problem: Sie nehmen sich viel zu ernst und wirken deshalb (mal mehr, mal weniger) im Resultat recht lächerlich. Aus der Not macht Shyamalan nun (ob gewollt oder nicht) eine Tugend, dreht Found Footage ohne Stars, wenig Geld und mit nun deutlich erkennbarer Ironie, nah am Unfug. Und siehe da: Die Rechnung geht weitestgehend auf. Neunmalkluge YouTube-Kids treffen auf (demente?) Hinterwäldler-Großeltern und da man beim Mystery-Twist-Onkel immer die absurdeste Idee im Hinterkopf hat, sind bis zum Schluss relativ viele Gedankenspiele möglich. Damit scheint er sogar zu hantieren, setzt sein Image ein, was ihn reflektierter, realistischer und selbstbewusster (oder geläuteter?) darstellt, als man es inzwischen für möglich gehalten hätte. Das es unterm Strich auch nur die angenehmere Form von Quatsch mit brauner Soße ist, scheint ausnahmsweise mal kalkuliert und direkt darauf hingearbeitet. Überraschend smart oder zufällig geglückt, wie auch immer, passt.

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                                                  [...] Der Film zum Spielzeug, das nie produziert wurde. [...] Angeführt von dem gut geföhnten Ace Hunter (Barry Bostwick, THE ROCKY HORROR PICTURE SHOW) - der mit seinem himmelblauen Stirnband und dem knackig-engen Aerobic-Dress eher aussieht wie der Friseur ihres Vertrauens auf dem Weg zum CSD – und mit racketenstarken Bikes unter den Ärschen ist die MEGAFORCE natürlich sofort allzeit bereit, nur nicht für Weibsbilder in ihrem betont männlichen und gleichzeitig latent homosexuellen Rudel. Das stört nur das Gleichgewicht. Da kann die taffe Zara noch so gut qualifiziert und emanzipiert sein, die wird ganz elegant aus der Truppe weg-gechauvit und auch noch so charmant von dem Stecher Ace angegraben („Ich kenne in London ein Knallerhotel…da können wir einen in den Mund nehmen…“), kein Wunder das selbst ihr da die Knie weich werden. Nachdem das geklärt ist, darf sich endlich auf dem Abenteuerspielplatz Kriegsgebiet nach Herzenslust ausgetobt und alles in die Luft gejagt werden, was es wagt einfach so in der Wüste rumzustehen. So viel ist das nicht, aber wenn, dann wird es zumindest ordentlich gesprengt. [...] Als wäre das kindische und trotzdem (oder gerade deshalb) zu einem nicht geringen Grat recht verharmlosende Juhu-wie-blöd-bin-ich-denn-Spektakel nicht schon trashig genug, setzt die Rainer Brandt-Synchro im besten „Himmel, Arsch und Zwirn“-Stil dem Ganzen die Krone auf und sorgt für einen deutlichen „Qualitätsgewinn“. Das pendelt zwischen kalauernden Rohrkrepierern („Also wenn Sie auf eine bequeme Ausflugstour aus sind, dann buchen sie eine Pauschalreise bei Leckermann“), lümmeligen One-Linern („Da fallen mir wirklich die Nadeln vom Stamm“) und echten Zwei-Promille-Lattenkrachern („Mein Armaturenbrett sieht aus wie ein Puff der mir zuzwinkert: Komm rein“), da wird mal wieder der Hund in der Pfanne verrückt. Und die klobige Kombination aus allen diesen merkwürdigen Faktoren ist auch der Grund, warum MEGAFORCE trotz zwischenzeitlicher, erheblicher Handlungsarmut und einem eigentlich viel zu geringen (dann aber pyro-technisch ausgiebigen) Actionanteils irgendwie Spaß macht. [...]

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                                                    JackoXL: Moviebreak 27.04.2016, 23:22 Geändert 27.04.2016, 23:38

                                                    [...] Ein sehnsüchtiges Flehen um mütterliche Zuneigung wird zur Nacht der blanken Messer mit tiefen Stichwunden, aus der – wie immer – im Morgengrauen geflüchtet wird. Nicht vor der Anklägerin Eva, nicht vor dem vor sich hinvegetierenden Schandfleck Helena, sondern nur vor dem eigenen Spiegelbild, das man in schizoiden Monologen zu entschuldigen versucht, während die psycho-somatischen Rückenschmerzen für schlaflose Nächte sorgen. Die vorher selbst fein gesetzten Nadelstiche, die unterschwellig implizierten Schuldgefühle und Minderwertigkeitskomplexe schlagen mit aller aufgestauten Wut zurück. Tränenreich (nicht zu verwechseln mit rührselig) zerfällt die jahrelang krampfhaft aufrechterhaltene Charade in den Scherbenhaufen, der nie etwas anderes war. Der Showdown zwischen Ingrid Bergman und Liv Ullmann – von Sven Nykvist abermals in bestechender Präzision und in jedem Detail fast voyeuristisch ausdrucksstark eingefangen – ist selbstaufopfernde Schauspielkunst auf höchstem Niveau und spannender, mitreißender als jeder Thriller, beeindruckender als jedes Blockbuster-CGI-Gewitter, abgründiger als jeder Horrorfilm. Bergman beherrscht das menschliche Kino wie kein Zweiter und seine „Herbstsonate“ ist selbst für seine Verhältnisse ein herausragender Brocken, den man erstmal schlucken muss, aber – und das ist die wahre Kunst – den man trotzdem in jedem Moment genießt. Unheimlich, wie einem das gelingen kann.

                                                    Filme wie Bergman macht in dieser Konstanz nur noch Michael Haneke, obwohl die sich doch deutlich unterscheiden. Haneke ist oft eher der neutrale, distanzierte Beobachter und Analytiker. Bergman bohrt sich ganz tief in seiner Figuren und lässt sie splitterfasernackt zurück, aber auf eine ungemein ehrliche, herzliche Art, trotz allen Leides und Schmerzes. [...]

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