Julio Sacchi - Kommentare

Alle Kommentare von Julio Sacchi

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    (...) Mit einem typischen Italowestern-Vorspann veortet sich der Film klar als Hommage, Kopie, Verbeugung oder zumindest als erneute Blaupause eines geliebten Genres. Tatsächlich aber findet sich im Film selbst - ähnlich wie bei Tarantino - keinerlei ästhetische Entsprechung. Der Schmutz, der Dreck, die Entmenschlichung und Ruppigkeit des Spaghetti-Westerns ist hier nirgendwo zu entdecken. Stattdessen bewegen sich die Schauspieler durch sehr unambitionierte, flache Bilder und in sauberen Kulissen. Wenn dann auch noch die verspannt agierenden Akteure ihre endlosen Dialoge ins Gebälk sprechen, wähnt man sich eher in einer Neuauflage des Ohnsorg-Theaters.

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    • 8

      (...) Mangold sieht sich mit LOGAN ganz offenbar eher dem harten Männerfilm eines einstigen Hollywood verpflichtet als den ermüdenden (und ermüdeten) Überwältigungsmechanismen gegenwärtiger Event-Blockbuster. Als kuturelle Referenz dient der Westerklassiker MEIN GROSSER FREUND SHANE, den Xavier auf dem Riesenfernseher eines Hotelzimmers betrachtet und nostalgisch kommentiert: Er habe ihn vor fast 100 Jahren im Kino gesehen. Tatsächlich huldigt LOGAN einem knarzigen Kino-Männerbild, dessen Comeback vielleicht schon längst übefällig ist: A man's gotta do what a man's gotta do.

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      • Die ersten zwei Folgen sind absolut mega. Da gibt's ja überhaupt nichts dran zu rütteln. Sieht eben NICHT aus wie "jede andere Metropole" und hat ansonsten natürlich auch mehr Dampf als alle bekloppten US-Serien zusammen. Kinobesuch voller Glück, bis auf drei Honks hinter mir. Die Altkleidertrulla in der Mitte verkündete, sie würde gern "Kamikaze 1968" (O-Ton!) sehen "von Fassbender" (jawohl!). Sicher denkt sie auch, daß RWF n Q&A gibt! Licht und Schatten, so ist die Berlinale - auf der Leinwand flimmert Großes, in den Sitzreihen Diaspora. Freu mich schon aufs nächste Jahr!

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        • 3

          Als einer der immerhin über 500.000 deutschen Kinobesucher dachte ich einst, der Film sei doch ganz charmant. Bei neuerlicher Überprüfung stellt sich heraus, daß das Ganze ein unfaßbares Fremdschamfestival ist! Die sprechende Handtasche! Die Sex-Gags! Die, oh weh, Jimmy-Durante-Nachtänze! Basinger schlägt sich in einer unspielbaren Rolle recht wacker. Interessant ist nur, daß das Projekt Anfang der 80er als Drehbuch eines Borderliners begann, der selbst schon außerirdischen Elternteilen begegnet war und den Stoff als düstere Allegorie auf Kindesmißbrauch konzipiert hatte. The pits...

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          • 6 .5

            Nonlineare Bildcollage zum Thema Atombombe, begleitet live von The Acid. Fängt mit sphärischen Weltatallbildern gemütlich an, dann kickt der Beat rein. Parade laufende Armeen zu dröhnenden Clubkicks - geil. Sound ist mega, Musik auch, die Pussies drehen sich Ohrstöpsel rein. Für ein VJ-Set sind die immer gern gesehenen Best-Of-Bomb-Explosion-Bilder (kennt man alle) aber zu lame geschnitten, für ein wie auch immer geartetes künstlerisches Statement ist das alles schlicht zu unterhaltend. Mit rückwärts laufenden Atompilzen wird's am Ende auch noch cheesy. Hab ich nich kapiert. Als Live Set war's aber total super.

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            • 7 .5

              Sagenhaft schön gedrehter Dokumentarfilm aus dem Hause Beetz über eine 100% schwule Party-Kreuzfahrt. Cruising ohne Kills also! Tristan Ferland Milewski ("Make Love!") inszeniert das ganz wunderbar, mit vielen geschickten Kunstgriffen, viel Empathie für seine Protagonisten und betont statischer Kamera. Ist lustig, traurig, kitischig, geil. Nur die Musik übertreibt es mit dem Zuckerguß.

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              • 7

                Kitty Green rollt Amerikas populärsten Mordfall für Netflix nochmal auf, indem sie ein Casting für eine (fiktive) Verfilmung im Tatort Boulder veranstaltet und die (Laien-)Schauspieler frei über den Tathergang fabulieren lässt. Ein extrem cleveres, teils sehr smart umgesetztes Konzept, das weite Teile des Berlinale-Publikums offenbar stark überfordete (Tipp: Bei verständlicher Unkenntnis eines Doku-Sujets einfach vorher die Internet-Suchmaschine "Google" zu Rate ziehen). Mir war der Film zu Anfang schlicht zu funny, da wirkten die Protagonisten doch sehr ausgestellt. Mag aber auch am Festival-Mob liegen, der sich ja schon bei "komischen" Gesichtern herzlich kringelt - was angesichts des Fratzengeballers im Auditorium nicht einer gewissen Ironie entbehrt.

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                • 7

                  "Mexiko ist nicht nur Trump", sagt Regisseur Everardo Gonzales beim Q&A. Mexiko, das ist auch und vor allem Mord, Entführung, Drogenkartelle, Terrorpolizei und Folter. In Gonzales' Film kommen Täter wie Opfer zu Wort, alle versteckt hinter denselben toten Masken; auch Kinder tragen hier Masken, erst am Schluß sieht man das erste Gesicht. Alle schauen einen direkt an, jede Geschichte von Verlust, Angst und Mord ist unmittelbar. Die betont triste Musik hätte es für mich dabei gar nicht mehr gebraucht.

                  • 4

                    Ein monoton nöliger Ösi aus Berlin fährt mit einem sehr schlechten Kinderdarsteller, der sich als sein Sohn ausgibt, durch Norwegen. Dabei kommt es zu veritablen Actionmomenten (der Sohn wirft Steine in den See) und dramatischen Zuspitzungen (das Auto rollt durch ein Schlagloch). Gegen Ende hat man leider was im Schnitt vergessen: Da ist eine ca. zehnminütige subjektive Autofahrt einen nebligen Berg hinauf liegen geblieben! Gleich am Anfang des Films gibt es eine unglaublich lebensechte Szene beim Mittagessen, da sagt eine junge Frau zum nöligen Ösi den Satz "Meine Zeitung hat mir angeboten, daß ich als Korrespondentin nach Washington gehe." Danach kann ja eigentlich nichts mehr kommen. Und da kommt auch nichts mehr.

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                    • 6

                      Irgendwie merkwürdiger, aber gut gemachter und mit einfallsreichen Slasher-Szenarien garnierter Thriller. Die Screwball-Momente mit Scheiders Schwiegermutter in spe sind noch merkwürdiger als Karen Young als seine Braut. Aber naja, ganz ehrlich: Vor allem Roy Scheider hebt das hier alles auf ein vergnügliches Level.

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                      • 6 .5

                        Da hat sich Shyamalan einen kleinen Scherz erlaubt - und der ist auch noch lustig! Der angebliche Twist ist ja gar keiner, sondern die einzig logische Erklärung für die merkwürdigen Ereignisse und als solche eben auch nur für Kids überraschend, die Hauptfiguren eben. Das funktioniert alles ganz gut und ist am Ende sogar ziemlich fies ("So you don't like germs?"). Macht Spaß und ist irgendwie ein weirdes Ding!

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                        • 5 .5

                          Kompetent gemacht und gut gespielt - sogar Willis hat Bock auf seinen schneidend-fiesen Böswatz - aber das Drehbuch ist total überkompliziert und sorgt zunächst für Spannungabfall, dann für totalen Interesseverlust. Zu viel gewollt, zu wenig bekommen.

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                          • 7 .5

                            Die Musik ist natürlich zum allergrößten Teil grausam und an sich ist das nur ein bebilderter Psychotrip des berüchtigten Egomanen Roger Waters - aber wie Alan Parker aus all dem eine dialoglose, grandios visualisierte Reise in Depression, Entfremdung und schließlich Selbstaufgabe, Faschismus und Tod gemacht hat, das sucht schon seinesgleichen.

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                            • 3
                              Julio Sacchi: Das Manifest 09.02.2017, 16:04 Geändert 09.02.2017, 16:34

                              Eine besonders käsige King-Vorlage, von Romero adäquat umgesetzt: Grotesk überlanger, häßlich und ohne großen Gestaltungswillen inszenierter Schauerquatsch. Hutton müht sich redlich, ist aber natürlich völlig fehlbesetzt. Noch schlimmer allerdings die übertrieben patente Amy Madigan, die eher wie eine entfernte Verwandte ihres Filmgatten aussieht. Immerhin kann sich The Dark Half rühmen, der mit Abstand schlechtangezogenste Film der 90er zu sein (und das will was heißen)! Jede Nebenfigur muß hier Klamotten auftragen, die selbst die Altkleidersammlung abgelehnt hätte. Madigan läuft eine Kollektion der Abscheulichkeiten schau - wer hier erblindet, verpaßt wenigstens die Babyzwillinge im Denim-Doppel. Grausam! Was übrigens auch für die Locations gilt; hier gibt es weit Gruseligers zu bestaunen als Huttons Böswatz-Maskerade. Ein wahrer Mummenschanz! Zu allem Übelfluß auch noch bodenlos langweilig.

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                              • 3

                                Schon wieder eine Jesus-Story von Mel Gibson, diesmal im Gewand eines unverhohlenen Ertüchtigungsfilms. Das Ruppige von "Apocalypto" oder den Irrsinn von "Passion Christi" sucht man vergebens, Mad Mel will mit einer märchenhaft-biederen Kriegsschnulze in Hollywood Abbitte leisten. Die erste Schlachtsequenz ist ein ganz geiles Gewitter aus Gedärm und Gliedmaßen, aber leider auch n bißchen billo-digital und blöderweise nicht aus der Perspektive der gewaltlosen Hauptfigur erzählt. Andrew Garfield spielt das als Mischung aus Florian Silbereisen und dem jungen Norman Bates. Auf die Dauer ist das unangenehm, mega-kitschig und total boring. Oder wie mein Begleiter danach sagte: "Der IS hat seine Propagandafilme, die Amis haben ihre."

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                                • 5

                                  Streep und Bacon spielen das schon okay, aber der Film tritt einfach zu viel Wasser. Steht da am Ufer und hält immer mal nen Zeh ins kalte Nass und springt am Ende nie rein. Die Raftingszenen und die Kulisse als solche machen Laune, klar, nur bringt das alles nix, wenn der Film so bieder und brav daherkommt. Selbst der hochverehrte Jerry Goldsmith flüchtet sich in überdramatisches Tschingderassabumm.

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                                  • 5 .5

                                    Recht brutaler Kriegsfilm, bevölkert von extrem unsympathischen Charakteren. Die arme Sylvia Koscina steht da mittendrin und muß sich erst von Rock Hudson vor rapegeilen Kids retten lassen, bevor Rock sie selbst vergewaltigt! Übelst. Morricones Musik mag irgendwie nicht so recht passen, so schön sie auch ist. Ein Film, der einem ein schlechtes Gefühl gibt, aber nich auf ne gute Art.

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                                      Julio Sacchi: Das Manifest 30.01.2017, 14:51 Geändert 30.01.2017, 14:52

                                      Extrem krude inszenierter No-Budget-Knastfilm, mit dem Fanaka an den Grindhouse-Kassen richtig abräumte. Ein interessanter Film, weil er am vorgeblichen Schauwert (Prison Boxing) so gar nicht hängt, sondern vielmehr ein Gesellschaftsbild über den Umweg Gefängnis erzählen will. Die genretypischen Klischeefiguren werden dabei nicht - den Erwartungen entsprechend - diffamierend eingesetzt: So sieht sich die handelsübliche Knasttranse keinerlei Angriffen ausgesetzt und das gebeutelte Bückstück eines drakonischen Zellengenossen fordert beim Aufbegehren nicht das Ende sexueller Attacken, sondern eine selbstbestimmte Homosexualität. Das ist wahrlich nicht wenig für einen solchen Film, der Actionfans enttäuschen mag, Fans authentischer Sittenbilder jedoch sehr befriedigen wird.

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                                        Julio Sacchi: Das Manifest 30.01.2017, 14:44 Geändert 30.01.2017, 14:44

                                        Herausragend gespieltes Haggis-Drama mit erschütternder Conclusio, die recht nüchtern und damit um so wirksamer vorgetragen wird. Das Militär als verrohendes Machtinstrument, das jungen Männern Empathie und Humanität raubt - das hat man so deutlich letzthin selten gesehen. Leider kann Haggis nicht anders und kackt am Ende so ab, daß sich die möglichen Intentionen so hehr gar nicht mehr anfühlen mögen: Eine abartige Parallelmontage und extradicker Symbolismus tragen den Film zu einem abscheulichen Annie-Lennox-Song zu Grabe.

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                                          Der grandiose Tomas Milian prollt sich wieder in schreienden Klamotten durch ein weiteres Abenteuer als Nico Giraldi. Wie immer wird der Krimiklamauk ohne große Dringlichkeit erzählt, die Gags sind selten und auch nicht die Besten. Immerhin aber ist der Plot mehr als nur zweckdienlich und Giraldi darf dieses Mal, da kann Milian glänzen, auch mal Frust und Schwäche zeigen. Zu schmissiger Fabio-Frizzi-Musik gibt's zur Belohnung am Ende sogar eine extralange Verfolgungsjagd, in der die Boldien durch die Innenstadt hämmern. Nett.

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                                          • Polemik muß man schon können. Ist hier nicht der Fall. Der Kommentar liest sich ultrabemüht, ständig werden ranzige Gehirnaktivitätsjokes aus der Mottenkiste bemüht, kein verbaler Punch sitzt und das Ganze wird mit einer zweifelhaften Selbstermächtigung auf so ne Art Ultima Ratio gebürstet. Außerdem natürlich gefühlt 300 Jahre zu spät. Ich kenne den Filmemacher persönlich, den Film habe ich nicht gesehen und mein Vater hatte Alzheimer und es war absoluter Shit. Vermutlich qualifiziert mich das zur Halbexpertise und die kann nur sein: Immerhin haben Leute sich überhaupt mal mit der Krankheit beschäftigt. Der Vorwurf der Banalisierung scheint per se absurd, stört sich doch absolut keiner an profanen Filmen über Krieg, Krebs oder Kacke und lässt sich auch immer wieder gern die Massenvernichtung von Menschen als Unterhaltungsgetöse gefallen. Liest sich also unterm Strich eher wie selbstgerechte Empörung auf Provinzniveau, also als hätte die Klassensprecherin vom Gymnasium Pupsdorf sich mal das Heu vom Kopf geschüttelt. Wer auf diesem Planeten nicht leben will, kann übrigens ganz einfach hier raus! Wäre auch mal n voll hartes Thema für nen profanen Film. Ach nee gibts ja schon.

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                                            • 7 .5
                                              über Hacked

                                              Ja! Mit nem zünftigen Invasion-of-Privacy-Thriller kann man mir immer kommen. Plot ist hier gut abgehangener Standard, ein Psycho-Hacker (sieht aus wie der junge Trent Reznor) macht Flugzeugmillionär Pierce Brosnan das schöne Leben schwer. Der Film ist aber mega. Warum? Sieht unfassbar geil aus, Style ist King und zwar zu Recht. Und Brosnan ist einfach wie ein Spitzenwein, super gealtert, vollmundig und wahnsinnig präsent. Toll auch, wie hier analog gegen digital ausgespielt wird: Nachdem Brosnans vollautomatisches Computerauto vom Böswatz gehackt wurde, holt er den absurd heißen Ford Mustang aus der Garage. Kino wie für mich gemacht!

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                                                • 6 .5
                                                  über Hautnah

                                                  Karen Arthur wollte einen Film über eine psychische Vergewaltigung machen. Und obwohl LADY BEWARE von den Scotti Brothers in Richtung Exploiter gedrechselt wurde, ist ihr das letztlich gelungen. Die Mischung aus Ambition und versautem Thrill kommt dem Film manchmal sogar zugute. Leider schmiert er aber auch deshalb in den letzten 30 Minuten furchtbar ab, weil der Rachepart zu schlaff wirkt; vom letzten Bild mal abgesehen, das die üblichen Erwartungen an Invasion-of-Privacy-Krimis mit Nachdruck unterläuft. Die erst 22jährige Diane Lane spielt das sensationell gut, bis sie das Drehbuch im Stich läßt.

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                                                  • 6 .5

                                                    Ziemlich brutaler Exploiter rund um zwei Killer, die aus nachgestellten Filmmorden (Psycho, Deer Hunter und besonders übel: Scarface) fiese Snuff Movies machen. Wings Hauser inszeniert das durchaus mit Ambitionen, die auch mal in die Hose gehen (Mord/Orgasmus-Parallelmontage) und meistens aus der Hose kommen (jede Menge Sexszenen mit ihm selbst). Was diesen unterhaltsamen und schön authentisch ruppigen Schmierfilm so interessant macht, ist Hausers Beziehung zur tollen Kathleen Kinmont. Da guckt der Macho in die Röhre. Natürlich ist sowieso jeder Film mit Wings ein Fest. Der Mann spielt einfach nur grandios.

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