MareikeHB - Kommentare

Alle Kommentare von MareikeHB

  • MareikeHB 24.06.2024, 10:18 Geändert 24.06.2024, 10:19

    Super, Kidhan. Dann bin ich einmal ganz schnell dabei:

    Meine weiblichen Lieblingsstars sind:
    -Romy Schneider
    -Audrey Hepburn
    -Julie Andrews
    -Meryl Streep
    -Katherine Hepburn
    -Bette Davis
    -Sandra Hüller
    -Simone Signoret
    -Melissa McCarthy (beste Komikerin!)
    -Helen Mirren

    Special Mention: -Stefanie Powers als Seriendarstellerin ist mit ihrer natürlichen und charmanten Art eine absolute Sympathieträgerin!

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      MareikeHB 23.06.2024, 19:23 Geändert 24.06.2024, 10:52

      Eine deutsche Serie, die zeitweise weltweit ganz oben in den Streaming-Charts steht, findet man nicht allzu häufig. Die unterhaltsame Miniserie „Maxton Hall“ nach dem Romanbestseller von Mona Kasten „Save Me“ besteht aus überschaubaren 6 Folgen von ca. 45 Minuten. Sie ist als Teenager-Serie konzipiert und enthält eine gute Portion Drama und Romantik. Ein schlaues, selbstbewusstes Mittelklasse-Mädel trifft auf einen arroganten Schnösel aus „bestem Hause“. Besonders tiefgründig oder originell ist diese Liebesgeschichte nicht gerade. Dafür ist sie schwungvoll inszeniert, hochwertig produziert und erstklassig besetzt. Auch die Figurenzeichnung ist recht gelungen. Gedreht wurde in Niedersachsen und in Oxford, Großbritannien. Typisch deutsch ist, dass diese Serie, wie auch das Buch, nicht in Deutschland, sondern in England angesiedelt ist.

      Gedreht wurde in deutscher Sprache, aber man kann sich die Serie unter anderem auch mit einer britischen Synchronisation anschauen! Von den Darstellern stechen der attraktive Damian Hardung und die sympathische Harriet Herbig-Matten als die Hauptfiguren hervor, aber auch Fedja van Huët als kaltherziger Vater des männlichen Protagonisten mit wunderbarem niederländischen Akzent und Sonja Weisser als Schwester in Nöten überzeugen auf ganzer Linie. Der Soundtrack passt ebenfalls sehr gut. Zum Schluss gibt es dann noch die ein oder andere Lebensweisheit geschenkt. Insgesamt bewegt sich diese mit souveräner und leichter Hand inszenierte Edelschmonzette produktionstechnisch auf hohem internationalen Serienniveau.

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        MareikeHB 19.06.2024, 23:12 Geändert 19.06.2024, 23:16

        Man könnte sich fragen, ob Regisseur Paolo Sorrentino der neue Federico Fellini ist. Offensichtlich ließ sich Sorrentino in dem Film „Ewige Jugend“, wie später auch in dem Werk “La Grande Bellezza“, von dem großen Meister des italienischen Kinos des 20. Jahrhunderts inspirieren: Eine surreale Tragikomödie trifft auf stylisches Arthouse-Kino im leicht satirischem Gewand. Eine stringente Handlung ist da eher nebensächlich. Zwei befreundete alternde, berühmte Künstler, ein sturer Dirigent und Komponist im Ruhestand (Michael Caine) und ein Filmemacher auf absteigendem Ast, der ein neues Projekt umsetzen möchte (Harvey Keitel), sinnieren in einem Luxushotel in den schweizerischen Alpen über das Leben und das Alter. Beide haben offensichtlich ein Problem mit dem „Loslassen“. Der Filmemacher kann nicht aufhören Filme zu machen, selbst wenn die Qualität deutlich nachlässt. Der andere tut sich aus persönlichen Gründen schwer damit, eine Ehrung von der Queen anzunehmen. Das Ende ist genial und möglicherweise nicht so wie es scheint, wenn man die allerletzte Szene berücksichtigt!

        Die Besetzung ist exzellent: Neben den hervorragenden Hauptdarstellern überzeugen noch Rachel Weisz als Tochter und Assistentin des Komponisten sowie Paul Dano als frustrierter Schauspieler. Zudem gibt es noch eine Nebenfigur, die auf skurrile Art an den alternden, legendären Fußballer Diego Maradona erinnert. Der schräge deutsche Schauspieler Wolfgang Michael tritt in einer Minirolle als Doktor in Erscheinung. Die Bildgestaltung ist perfekt durchkomponiert und ein Augenschmaus, die Dialoge sind oftmals sehr witzig. Viele Szenen bezeugen den enormen Einfallsreichtum des Regisseurs. Die unaufdringliche, stilsichere Filmmusik von David Lang erhielt zurecht eine „Oscar“-Nominierung.

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          MareikeHB 18.06.2024, 18:35 Geändert 18.06.2024, 19:00

          Derzeit in der ARD-Mediathek: „Abteil Nr. 6“ von Juho Kuosmanen ist ein ruhig erzählter, stimmungsvoller Beziehungsfilm und zugleich ein Roadmovie, angesiedelt in den 1990er Jahren. Eine finnische Archäologiestudentin teilt sich ungewollt auf einer langen Zugfahrt von Finnland nach Murmansk, Russland, das Schlafwagenabteil mit einem jungen Russen. Es folgt eine zaghafte Annäherung dieser beiden sehr unterschiedlichen Menschen.

          Der Geist der sich in Auflösung befindlichen Sowjetunion wird in dem Zug und auch während der zahlreichen Zwischenstopps sehr gut eingefangen. Überhaupt ist die Kameraführung und Ausleuchtung erstklassig. Auch die Schauspielerinnen und Schauspieler überzeugen. Inhaltlich gibt es dagegen leichte Schwächen. Zunächst ist es ziemlich befremdlich, dass bei der Platzzuteilung in Schlafwagenabteilen nicht zwischen Geschlechtern getrennt wird. Auch wird nicht hinreichend deutlich, was die Finnin mit dem Russen verbindet. Ist es nur das Gefühl von Einsamkeit dieser beiden gestrandeten Seelen? Selbst wenn einige Szenen gut gelungen sind und die Atmosphäre insgesamt stimmig ist, fragt man sich doch, warum dieser Film 2021 den Großen Preis in Cannes gewonnen hat.

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          • MareikeHB 17.06.2024, 22:16 Geändert 17.06.2024, 22:42

            Hey Kidhan, du hältst uns mit Deinen Aktionen mächtig in Schwung! Hier sind meine liebsten Regisseure:

            Alfred Hitchcock
            Luis Buñuel
            Steven Spielberg
            Sidney Lumet
            Blake Edwards
            Federico Fellini
            Joel und Ethan Coen
            Billy Wilder
            Agnès Varda
            Ingmar Bergman

            Ansonsten findet ihr sie hier:
            https://www.moviepilot.de/liste/herausragende-regisseure-mareikehb

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            • MareikeHB 10.06.2024, 20:53 Geändert 10.06.2024, 21:00

              Wieder einmal eine schöne Idee, kidhan!

              Hier ein paar überzeugende, bedrohliche Fieslinge:

              - Kathy Bates als Annie Wilkes in „Misery“
              - Anthony Perkins als Norman Bates in „Psycho“
              - Anthony Hopkins als Hannibal Lecter in „Das Schweigen der Lämmer“
              - Lawrence Olivier als Dr. Christian Szell in „Der Marathon Mann“
              - Ralf Fiennes als Amon Goeth in „Schindlers Liste“
              - Javier Bardem als Anton Chigurh in „No Country for Old Men“
              - Robert Wagner als Bud Corliss in „Kuss vor dem Tode“
              - John Malkovich als Mitch Leary in „In the Line of Fire“
              - Michael Shannon als Richard Strickland in „Shape of Water“
              - Gian Maria Volonte als El Indio in „Für ein paar Dollars mehr“

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              • 7 .5

                Die abstruse, unterhaltsame Actionkomödie „The Fall Guy“ von David Leitch ehrt all die vielen unbekannten Stuntmen/Stuntwomen und basiert auf der beliebten Fernsehserie aus den 1980ern „Ein Colt für alle Fälle“. Sie versprüht den Geist der Serie aber nur teilweise. Colt Seavers (Ryan Gosling) ist Stuntman, aber nicht wie in der Serie zugleich Kopfgeldjäger. Von seinen Serienkollegen Judy und Howie hat es nur die Judy (Emily Blunt) in diesen Film geschafft. Colt ist hier nicht einfach nur cool und lässig, sondern auch verletzlich. Auch Jody (Emily Blunt) ist hier nicht einfach nur cool und lässig, sondern ebenfalls als Figur differenzierter angelegt. Nicht umsonst wurden hier die beiden Hauptfiguren im Gegensatz zur Serie hochkarätig und namhaft besetzt. Ähnlichkeiten zu den Serienfiguren bestehen eher nicht. Die Beziehung der beiden Protagonisten auf Augenhöhe ist ebenfalls eine andere als in der Serie, in der sie mehr von Väterlichkeit geprägt war. Colts beeindruckender brauner GMC Truck aus den 1980ern mutet zudem regelrecht schlank an gegenüber den zeitgenössischen GMC Modellen. Der überaus gelungene Soundtrack ist deutlich rockiger als der der Serie und enthält einige schöne Referenzen an die Musik der 1980er Jahre.

                Es gibt aber auch einige Gemeinsamkeiten. Die Geschichte ist genauso an den Haaren herbeigezogen wie die der Serie, nur etwas komplexer. Natürlich gibt es auch zahlreiche spaßige Stunts zu sehen. Der Dialogwitz macht hier wie da Freude, wobei er in dem Film teilweise etwas hintergründiger und anspruchsvoller ist, aber etwas weniger cool. Der Film wirkt ein wenig erwachsener und hat den infantilen Geist der Serie etwas abstreifen können. Zum Schluss geben sich in einem Cameo Lee Majors und Heather Thomas aus der Serie die Ehre und demonstrieren, was plastische Chirurgie in Hollywood kann oder eben auch nicht. Erst ganz am Ende darf der wunderbare Song „The Unknown Stuntman“ in der Neufassung viele Nostalgiegefühle auslösen.

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                • 7
                  MareikeHB 03.06.2024, 22:58 Geändert 18.06.2024, 09:20

                  „Snow and the Bear“ von der Regisseurin Selcen Ergun ist ein schön bebildertes, ungewöhnliches Drama über eine junge Krankenschwester, die in ein abgeschottetes Bergdorf in der Türkei versetzt wird. Das Dorf gerät in Aufruhr, als plötzlich ein unbeliebter, alkoholsüchtiger Familienvater, Metzger und vorbestrafter „Bärentöter“ verschwindet.

                  Optisch handelt es sich hier um eine sehr hochwertige Produktion. Das Setting mit der Winterlandschaft in der Türkei ist eher ungewöhnlich. Gesellschaftliche Strukturen und die Stellung der Frau in der türkischen Gesellschaft werden subtil dargestellt. Leider fehlt es an Spannung. Etwas unklar bleiben der Konflikt der Protagonistin mit dem betrunkenen Metzger und letztlich auch die Umstände des Verschwindens des Metzgers. Die Filmmusik ist gelungen minimalistisch.

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                  • 8 .5
                    MareikeHB 26.05.2024, 16:52 Geändert 26.05.2024, 19:55

                    Derzeit in der Arte-Mediathek! „Eine schwedische Liebesgeschichte“ von Roy Andersson ist ein skurriles und liebevoll gestaltetes Coming-of-Age-Drama. Zwei junge Teenager, ein Mädchen und ein Junge, erleben ihre erste große Liebe und befinden sich in einer Welt voller nervtötender Erwachsener. Regisseur Andersson scheint unmittelbar die Perspektive der jugendlichen Verliebten einzunehmen, die die Welt einerseits mit einer rosaroten Brille sehen, aber auch typischen Nöten und unverständlich agierenden Erwachsenen ausgesetzt sind. Dementsprechend wird der legendäre schwedische Sommer mit äußerst idyllischen, sonnendurchfluteten (Gegenlicht-)Bildern eingefangen, ebenso wie das hübsche junge Paar selbst. Die Erwachsenen, geprägt von depressiven Verstimmungen und Zynismus, zeigen sich von einer eher peinlichen Seite.

                    Den dargestellten Kontrast zwischen den Welten der Erwachsenen und der Teenager empfindet man als Teenager zumindest gelegentlich genau so. Die Erwachsenen, die in ihren eigenen Problemen gefangen sind, bekommen zudem oft von dem Leben der Teenager erschreckend wenig mit. Eltern sollte das Verhalten der Eltern in diesem Film auf jeden Fall zu denken geben. Andersson stellt die jugendliche Romanze mit sehr viel Feingefühl dar und bei der Beschreibung der Erwachsenen beweist er schwarzen Humor und Sarkasmus. Einzig das junge Paar ist mit „fast 14 Jahren“ für diese Liebesgeschichte ziemlich jung und tritt äußerlich noch recht kindlich in Erscheinung.

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                    • MareikeHB 22.05.2024, 19:02 Geändert 22.05.2024, 19:03

                      Hier sind meine Top-Filme der 1960-Jahre. Für mich ein starkes Jahrzehnt mit vielen Lieblingsfilmen und 9er und 10er Bewertungen. Danke dir, Kidhan, für die Aktion!

                      La Dolce Vita (Federico Fellini, Italien 1960)
                      Eins, zwei, drei (Billy Wilder, USA 1961)
                      Nur die Sonne war Zeuge (Rene Clement, Frankreich 1961)
                      West Side Story (Robert Wise, USA 1961)
                      Lolita (Stanley Kubrick, USA/GB 1962)
                      Der Würgeengel (Luis Buñuel, Mexico 1962)
                      Der Rosarote Panther (Blake Edwards GB/USA 1963)
                      Wiegenlied für eine Leiche (Robert Aldrich, USA 1964)
                      Mary Poppins (Robert Stevenson, USA 1964)
                      Zwei Glorreiche Halunken (Sergio Leone, Italien 1966)

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                      • 8 .5

                        Wem ist bewusst, dass ein überaus mutiger deutscher Journalist im Jahre 1980 sowie sein südkoreanischer Taxifahrer zu bedeutenden Helden der demokratischen Bewegung in Südkorea wurden? Der packende Polit-Thriller „A Taxi Driver“ von Hun Jan, der sich an wahren historischen Ereignissen orientiert, wurde diesen beiden, in Deutschland weitestgehend unbekannten, Helden gewidmet.

                        Im Jahre 1961 wurde in Südkorea eine Militärdiktatur errichtet. Ab 1980 wuchs die demokratische Bewegung rasant und Proteste nahmen zu. Der ehrgeizige deutsche Journalist Jürgen Hinzpeter (Thomas Kretschmann) hat das Ziel, von einem Aufstand in Gwanju zu berichten und heuert den nichts ahnenden, verwitweten und alleinerziehenden Taxifahrer Man-seop (Song Kang-ho) an, um ihn von Seoul bis nach Gwanju zu fahren. Die Stadt Gwanju ist allerdings militärisch abgeriegelt. Die Aufstände und die Demokratiebewegung werden den Menschen in den von der Diktatur gleichgeschalteten Medien verheimlicht. Auch die Weltöffentlichkeit bekommt nicht viel mit. Die Fahrt nach Gwanju wird für die beiden daher deutlich gefährlicher, als sie dachten.

                        Zunächst überwiegen im Film Leichtigkeit und komische Elemente. Man könnte meinen, dass es sich um ein amüsantes Road-Movie handelt. Der Ton wird allerdings deutlich ernster, als die brutalen Geschehnisse in Gwanju in den Fokus rücken. Jetzt dominieren die Spannungs- und Action-Momente. Der Film ist klar als Unterhaltungsfilm konzipiert und nimmt sich einige dichterische Freiheiten heraus. Dies begrenzt seinen Realitätsanspruch, macht ihn aber deutlich zugänglicher. Schön ist, dass zum Ende auch der echte Jürgen Hinzpeter (1937-2016) zu Wort kommt. Sein großer Verdienst ist, dass er das Filmmaterial mit den Aufständen der Weltöffentlichkeit zugänglich machte. Der Taxifahrer blieb, wahrscheinlich aus Sicherheitsgründen, inkognito. Man kann nur hoffen, dass er später nicht der Diktatur zum Opfer fiel. Jedenfalls hat er sich bis heute nicht zu erkennen gegeben.

                        Derzeit im Prime-Abo! Mein Dank gilt Kenduskeag und EudoraFletcher68, die mir den Film schmackhaft machten.

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                        • 8 .5

                          Der grandiose Thriller „Ich beichte“ zählt zu Alfred Hitchcocks eher unbekannteren Werken. Zu unrecht. Ein katholischer Priester (Montgomery Clift) nimmt einem Mörder (O.E. Hasse) die Beichte ab. Schon bald fällt der Verdacht auf den Priester, und ein Polizist (Karl Malden) sitzt ihm im Nacken. Die Handlung, die in Montreal, Kanada, angesiedelt ist, ist durchweg spannend, subtil und mit wohl dosierten Wendungen bis zum gelungenen Ende konzipiert.

                          Hitchcock erweist sich einmal mehr als überaus einfallsreicher Regisseur und wird von einer hervorragenden Kamera unterstützt, die sich durch kontrastreiche Schwarzweißbilder und interessante Einstellungen auszeichnet. Der Thriller ist bis in die kleinste Nebenrolle hervorragend besetzt, wobei Montgomery Clift in seiner Rolle als Priester in einem Gewissenskonflikt und der gruselig anmutende O.E. Hasse als Mörder herausstechen. Zu bewundern ist mit diesem Film nichts weniger als ein kleines Meisterstück der Unterhaltung in bester Hitchcock-Tradition.

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                          • MareikeHB 14.05.2024, 10:01 Geändert 14.05.2024, 10:02

                            Super Idee, Kidhan! Meine Top Ten der 1970er Jahre sind:

                            1. American Graffiti (George Lucas, USA)
                            2. Der diskrete Charme der Bourgeoisie (Louis Bunuel, Frankreich/Spanien)
                            3. Der Weiße Hai (Steven Spielberg, USA)
                            4. The Last of Sheila (Herbert Ross, USA)
                            5. Die Dinge des Lebens (Claude Sautet, Frankreich)
                            6. Monty Python‘s wunderbare Welt der Schwerkraft (Ian MacNaughton, Großbritannien)
                            7. Der Pate (Francis Ford Coppola, USA)
                            8. Der Spiegel (Andrei Tarkowski, Russland)
                            9. Todesmelodie (Sergio Leone, Italien)
                            10. Willkommen Mr. Chance (Hal Ashby, Großbritannien)

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                              MareikeHB 11.05.2024, 22:40 Geändert 11.05.2024, 22:50

                              Derzeit im Prime-Abo: „Blade Runner 2049“ von Denis Villeneuve ist ein visuell berauschendes und inhaltlich gehaltvolles Science-Fiction Drama, das an den Klassiker „Blade Runner“ von Ridley Scott aus dem Jahr 1982 anknüpft. Im Jahre 2049 leben Menschen, von Menschen produzierte Replikanten und KI-Hologramme nebeneinander auf der Erde. Ein Replikant (Ryan Gosling) erhält den Auftrag, Replikanten zu finden, denen es gelungen ist, sich wie Menschen fortzupflanzen. Er begibt sich auf die Suche nach dem Vater (Harrison Ford) und etwaigen Nachkommen. Dabei gerät er in eine Identitätskrise.

                              Vieles aus dieser phantasievoll gestalteten Zukunftsvision fühlt sich realistisch an, insbesondere die humanoiden Hologramme. Kamera und visuelle Effekte sind grandios und wurden zurecht mit einer „Oscar“-Auszeichnung bedacht. Die Geschichte wird mit Ruhe erzählt. Dabei wird die Spannung gut gehalten, Action-Elemente werden eher sparsam dosiert eingesetzt. Etwas einseitig dürfen nur Frauen blanke Haut zeigen und als Sexsymbol dienen, Männer dagegen nicht.

                              Ryan Gosling mimt mit stoischem Gesichtsausdruck überzeugend den Replikanten, der sich menschlich fühlt, Harrison Ford hat eine würdige Nebenrolle, aber auch die übrigen Darstellerinnen und Darsteller überzeugen: die kämpferische Robin Wright, die zauberhafte Ana de Armas sowie der machtbesessene Jared Leto. Die minimalistisch melodiös konzipierte Filmmusik von Hans Zimmer und Benjamin Wallfisch findet immer den richtigen Ton.

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                                „Das Haus der Lady Alquist“, im Original „Gaslight“, ist ein Noir-Klassiker und ein hervorragendes Psychodrama, das auf dem Theaterstück „Gas Light“ von Patrick Hamilton basiert. Der Begriff „Gaslighting“ wurde später in der Psychologie aufgriffen, um Personen zu beschreiben, die ihre Opfer hinterhältig beeinflussen, damit diese Selbstbewusstsein und Verstand verlieren. Eine junge, unsichere Frau (Ingrid Bergman), die als Kind eine traumatische Erfahrung hatte, heiratet einen höchst manipulativen Mann (Charles Boyer). Die zunehmend durchtriebeneren Beeinflussungen des Ehemannes werden äußerst subtil über Dialoge und Handlungen dargestellt. Dementsprechend nimmt die Spannung kontinuierlich bis zum herrlich süffisanten Ende zu.

                                Hervorzuheben ist auch die hervorragende Besetzung: Ingrid Bergman, in der Blüte ihrer Schönheit, wurde zurecht mit einem „Oscar“ als beste Hauptdarstellerin geehrt. Charles Boyer als ihr Widerpart, Joseph Cotton als Sympathieträger sowie die noch sehr junge Angela Lansbury als forsche Hausangestellte glänzen ebenfalls in ihren Rollen. Regisseur George Cukor, einer der Großen des „Goldenen Zeitalters“ Hollywoods, beweist einmal mehr, dass er Schauspieler hervorragend führen kann. Aber auch die detailfreudige Ausstattung der Innenaufnahmen, die ebenfalls mit einem „Oscar“ honoriert wurde, ist gelungen. Historisch interessant ist, dass es im 19. Jahrhundert in London - der Film spielt im viktorianischen Zeitalter - vor der Elektrifizierung Gaslichter auf den Straßen gab und dass auch die Häuser offensichtlich mit Gasleitungen und Gaslichtern ausgestattet waren.

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                                  MareikeHB 30.04.2024, 19:01 Geändert 30.04.2024, 19:02

                                  „Lilien auf dem Felde“ ist eine ungewöhnliche, äußerst liebenswerte Komödie über gelebte Integration und Gemeinsinn in den USA. Hier werden mittellose ostdeutsche Nonnen, die in der Einöde Arizonas leben und kaum Englisch sprechen können, durch den dunkelhäutigen Wanderarbeiter und Handwerker Homer Smith (Sidney Poitier) an den „American Way of Life“ herangeführt. Dabei treffen völlig unterschiedliche Lebenswelten aufeinander, die karg lebenden, streng religiösen Nonnen und der lebensfrohe, selbstbewusste Homer Smith. Das gemeinsame Ziel ist der Bau einer Kapelle in der Wildnis.

                                  Das Besondere an diesem Film ist, dass er oft zweisprachig ist. Später hört man sogar noch Spanisch von Einwanderern aus Mittel- oder Südamerika. Die Sprachenvielfalt ist sowohl in der sehr empfehlenswerten Originalversion, als auch in der gelungenen deutschen Synchronisation zu hören. Schließlich geht es auch darum, wie die deutschen Nonnen Amerikanisch lernen. So ergeben sich zahlreiche witzige Dialoge und Situationen. Insbesondere das nicht immer leichte Verhältnis zwischen der diktatorischen Schwester Oberin „Mama Maria“ und und dem lässigen Smith (genannt Schmitt) ist von Dynamik geprägt. In einem Streit nennt er sie „Diktator“, im englischen Original sogar „Hitler“.

                                  Die Besetzung ist großartig. Insbesondere Sidney Poitier strahlt viel Charme aus und erspielte sich zurecht einen „Oscar“. Er war übrigens der erste Dunkelhäutige, der einen „Oscar“ als bester Hauptdarsteller erhielt. Die grandiose Filmmusik von Jerry Goldsmith verarbeitet immer wieder den Spiritual „Amen“. Der Song „Amen“, hervorragend von Poitier dargeboten, spielt ebenfalls eine wichtige Rolle als Brückenbauer der beiden unterschiedlichen Kulturen.

                                  Danke an Framolf und angucker für die wunderbare Empfehlung!

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                                    MareikeHB 25.04.2024, 21:04 Geändert 26.04.2024, 19:54

                                    „The Good Liar - Das alte Böse“ von Bill Condon beginnt als vorhersehbarer, leicht komödiantischer Betrügerfilm und entwickelt sich mit einem Wendepunkt und einem zunehmend abstruseren Geschehen zum Ärgernis. Man hat das Gefühl, dass es bei der Entwicklung der Geschichte vor allem auf Knalleffekte ankam und nicht etwa auf logische Entwicklungen. Die Besetzung mit Hellen Mirren, Ian McKellen und Russell Tovey kann leider auch nicht viel reißen. Mirren spielt nur mit halber Kraft und McKellen nervt als schleimiger Witwenbetörer. Eine Verliebtheit nimmt man ihm an keiner Stelle ab.

                                    Massive SPOILER:
                                    Zunächst war schon von Anfang an klar, dass die „gutgläubige“ Witwe den unsympathischen Trickbetrüger hochnehmen würde. Natürlich tut sie das nicht nur, weil er sie sehr offensichtlich um ihr Geld erleichtern will. Nein, sie hatte noch eine Rechnung aus früheren Zeiten offen und plante jedes Detail, um sich sich zu rächen. Allein dies ist nicht besonders originell oder gar glaubhaft. Hinzu kommt, dass sich die Briten einmal mehr eines bösen Deutschen bedienen. Der Betrüger hat durch eine fragwürdige Aktion nach dem Krieg die Identität eines verstorbenen Engländers angenommen. Aha. Dann hat dieser noch als 15-Jähriger die weibliche Hauptfigur, die ebenfalls deutsche Wurzeln hat, im Jahre 1943 in Berlin bei der Englischnachhilfe vergewaltigt. Geht’s noch schlimmer? Er hat sodann noch den Vater des Vergewaltigungsopfers, einen erfolgreichen Geschäftsmann, bei den Nazis denunziert, sodass dieser getötet wurde. Dies wiederum (ja, es geht noch schlimmer) trieb die Mutter in den Selbstmord. Bei einem so durch und durch bösen Menschen, so böse können natürlich aus britischer Sicht nur Deutsche sein, ist im Finale auch der Tritt in die Eier obligatorisch.

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                                      „Die Geliebte des französischen Leutnants“ von Karel Reisz ist ein gediegenes und auch ungewöhnliches Liebesdrama, das auf der gleichnamigen Romanvorlage von John Fowles beruht. Das Drehbuch wurde von keinem geringeren als dem Literatur-Nobelpreisträger Harold Pinter geschrieben.

                                      Es gibt zwei Handlungsebenen, die geschickt miteinander verwoben sind. Im Grunde genommen geht es um einen Film im Film. Im Vordergrund steht eine Liebesgeschichte zwischen einem Naturwissenschaftler (Jeremy Irons), der mit einer jungen Frau aus wohlhabenden Hause verlobt ist, sich aber dann in eine mysteriöse Außenseiterin und „Geliebte des französischen Leutnants“ (Meryl Streep) verliebt. Diese Handlungsebene ist im prüden viktorianischen Zeitalter in Großbritannien (19. Jahrhundert) angesiedelt. Zudem geht es auch um die Schauspieler in der Jetztzeit des Films, die die vorgenannten Hauptfiguren in einem Film spielen und eine außereheliche Affäre miteinander haben.

                                      In den beiden Handlungssträngen passiert nicht viel Außergewöhnliches. Es gibt knisternde, stilvolle erotische Momente, ansonsten fehlt es etwas an wirklich spannenden Elementen. Aber der Kontrast der Liebesgeschichten wird gekonnt und punktgenau gegenübergestellt. Indem die Schauspieler gelegentlich auch über den Film und die in der Vergangenheit angesiedelte Geschichte sprechen, wird immer wieder eine ironische Distanz aufgebaut, die vor allem am Schluss zur Geltung kommt.

                                      Stark bebildert mit malerischen Aufnahmen, eine detaillierte, liebevolle Ausstattung, das hervorragende Schauspiel aller Beteiligten, die angenehme Filmmusik von Carl Davis, machen diesen eher ruhigen und leisen Film zu einem sinnlichen Vergnügen. Der Film erhielt u.a. 5 „Oscar“-Nominierungen und zahlreiche andere internationale Preise und Nominierungen.

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                                      • 8 .5

                                        Derzeit im Prime-Abo! „Amerikanische Fiktion“ von Cord Jefferson ist ein überzeugendes Familiendrama und eine überaus einfallsreiche Satire über politische (Über-) Korrektheit und Rassismus, basierend auf dem Buch „Ausradiert“ von Percival Everett. Der afro-amerikanische Autor Thelonious Ellison (Jeffrey Wright), genannt „Monk“ (nach dem legendären Jazz-Musiker Thelonious Monk) wird mit einer Schaffenskrise und familiären Problemen konfrontiert.

                                        Zwei Handlungsstränge dominieren: Zum einen einer, der ernstere und auch zuweilen berührende Töne anschlägt, wenn es um die Bewältigung familiärer Probleme geht. Zum anderen werden die Nöte afroamerikanischer Autoren in der Literaturszene der USA sehr pointiert und mit satirischen Spitzen beleuchtet. Das gelungene Ende hält zudem noch eine Überraschung bereit, die sich sehr gut ins Geschehen einfügt. Dementsprechend konnte der Regisseur Jefferson für die Kategorie „Bestes adaptiertes Drehbuch“ zurecht einen „Oscar“ einheimsen. Passend zum Spitznamen des Protagonisten bietet die „Oscar“-nominierte Filmmusik von Laura Karpman eine feine, unaufdringliche Jazz-Musik. Auch in den Sparten „Bester Film“, „Bester Hauptdarsteller“ (Jeffrey Wright), „Beste Nebenrolle“ (Sterling K. Brown, als Bruder der Hauptfigur) gab es verdient Nominierungen für den „Oscar“.

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                                        • 8 .5
                                          MareikeHB 18.04.2024, 18:31 Geändert 18.04.2024, 18:36

                                          Derzeit bei Prime im Gratis-Stream unter dem Titel „Der Verräter“. Der Originaltitel des überaus originellen Historienfilms von Paolo und Vittorio Taviani „Allonsanfan“ spielt auf die ersten beiden Wörter der französischen Nationalhymne „Allons enfants…“ an und auf die (teilweise auch halbherzigen) revolutionären Bewegungen in Europa im 19. Jahrhundert. Ein adeliger Revolutionär (Marcello Mastroianni) wird in Italien Mitte des 19. Jahrhunderts aus dem Gefängnis entlassen. Der Revolution müde, möchte er sich auf dem Landsitz seiner Familie zur Ruhe setzen. Doch so leicht lässt sich die Vergangenheit nicht abstreifen…

                                          Dieses spannende und auch etwas satirisch angelegte Historiendrama ist äußerst originell inszeniert und immer einmal wieder mit skurrilen Momenten durchsetzt, die für Überraschungen sorgen. Auch kameratechnisch bleibt nichts zu wünschen übrig. So wird z.B. die Hausherrin auf dem Landsitz bei Tisch wie ein Gemälde gefilmt, mit starrer Miene und einem verdunkelten Hintergrund. Es gibt viele kleine denkwürdige Szenen dieser Art. Letztlich geht es darum, dass ein Revolutionär aus der Oberschicht ein zu „satter“ Revolutionär ist und daher als Anführer untauglich ist. Frei nach dem Motto: Stell dir vor es ist Revolution und keiner geht hin. Aber die Folgen sind noch gravierender, wie der deutsche Titel vermuten lässt. Das Ende ist erwartungsgemäß bitter und überaus gut gelungen, wie auch die musikalische Untermalung des Meisterkomponisten Ennio Morricone.

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                                          • 8

                                            Das beeindruckende gesellschaftskritische Drama „A Man of Integrity“ von Mohammad Rasoulof beschreibt eine Welt im heutigen Iran, in der man entweder zu den Unterdrückten oder zu den Unterdrückern zählt und praktisch in einem rechtsfreien Raum lebt. Ein sturer und rebellischer Fischzüchter versucht sich gegen einen „Unterdrücker“ aufzulehnen, indem er sich mit einem mächtigen, rücksichtslosen Nachbarn anlegt.

                                            Manchmal erinnert der Film von der Narrative an einen klassischen Western, in dem ein aufrechter Mensch sich gegen z.B. einen übermächtigen Rinderbaron wehrt, der sein Umfeld tyrannisiert und seinen Nachbarn das Land abspenstig machen möchte. Hier ist aber meist nicht die rohe Gewalt das Mittel, um Ziele zu erreichen. Vielmehr geht es um das bewusste Fließenlassen von Geldströmen an den richtigen staatlichen oder einflussreichen Stellen. Der Filmemacher prangert dieses in der iranischen Gesellschaft offensichtlich weit verbreitete System der Korruption an, zeigt aber auch, wie schwer es ist, sich einem Unrechtsregime zu entziehen.

                                            In dem handwerklich gelungenen und spannend inszenierten Drama bekommt man einen guten Einblick, wie dieses unfreie Land Iran funktioniert und wie schwierig das Leben für die Menschen sein kann. Die Hauptfiguren sind hervorragend besetzt und wirken sympathisch. Auch der weiblichen Hauptdarstellerin, der Ehefrau des Fischzüchters, kommt als intelligente Schulleiterin einer Mädchenschule eine tragende Rolle zu. Ein wenig Religionskritik wird auch geübt, wenn es darum geht, dass eine Frau mit dem „falschen“ Glauben nicht beerdigt werden darf. Leider verläuft die Entwicklung zum gelungenen Ende des Films ein bisschen zu überhastet. Eine intime Zärtlichkeit zwischen dem Ehepaar wird nur sehr diskret angedeutet - mit einer kurzen Handbewegung zur Kopfbedeckung der Frau und sodann mit dem Bild eines Kochtopfes mit überschäumender Milch. Wenn man bedenkt, wie schwierig es ist, einen derartig kritischen Film im Iran zu produzieren, kann man dem Filmemacher nur höchsten Respekt zollen. Diese Künstler riskieren mit derartigen Projekten Freiheit und schlimmstenfalls ihr Leben.

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                                            • 4 .5

                                              Das Filmkunstwerk „Über die Unendlichkeit“ von Roy Andersson verspricht mehr als es hält. Letztlich ist dieser Episodenfilm nur ein blasser Abklatsch von Anderssons früheren Werken. Ihm gelingt es weder inhaltlich Neues zu erzählen, noch sich stilistisch weiterzuentwickeln. Wie man es von ihm kennt, gibt es lange, statische Einstellungen, mit Pastelltönen farblich durchkomponierte Studioszenen und mehr oder weniger (Un-)Spektakuläres aus dem Sumpf des menschlichen Daseins. Kam seinen früheren Werken noch der Reiz des Neuen zugute, verbleibt hier nur noch unendliche Langeweile. Immerhin ist die Laufzeit mit 78 Minuten erträglich.

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                                              • 7
                                                MareikeHB 02.04.2024, 19:51 Geändert 02.04.2024, 20:39

                                                Das Historiendrama „Oppenheimer“ von Christopher Nolan vermittelt eindrucksvoll die Hintergründe der Entwicklung der ersten Atombombe in den USA und porträtiert den daran maßgeblich beteiligten Physiker J. Robert Oppenheimer auf recht eindimensionale Art. Interessant sind vor allem die historischen Hintergründe, die dazu führten, dass die USA den Wettlauf um die besonders tödliche Bombe gewannen. Die Nazis vertrieben durch ihren Antisemitismus führende Physiker und spielten damit vor allem den USA in die Karten, die für führende jüdische Wissenschaftler offen waren. Nach dem zweiten Weltkrieg, während des „Kalten Krieges“ mit der Sowjetunion, wurden in der sog. McCarthy-Ära viele renommierte Wissenschaftler, wie auch Oppenheimer, die während des zweiten Weltkrieges mit den „Linken“ sympathisierten, als „Kommunisten“ verfolgt. In dem Film wird zwischen diesen verschiedensten zeitlichen Ebenen immer wieder gewechselt. Die Befragungen aus der McCarthy-Zeit werden passenderweise in Schwarzweiß gehalten. Immerhin handelt es sich aus heutiger Sicht um ein dunkles Kapitel in der Geschichte der USA.

                                                Der ständige Wechsel in den zeitlichen Ebenen erfordert eine hohe Aufmerksamkeit. Zudem wird offensichtlich auch ein gewisses historisches Hintergrundwissen vorausgesetzt. Leider ist das Porträt des Wissenschaftlers Oppenheimer weniger geglückt. Hier wird offensichtlich vieles verklärt. Insgesamt erfährt man nicht viel über den Menschen Oppenheimer. Natürlich wurde er immer wieder von Gewissensbissen bei der Entwicklung der Bombe geplagt und erscheint weitestgehend als umgänglicher Mensch. So sieht Heldenverehrung made in Hollywood aus. Natürlich darf auch eine wichtige Ansprache vor wehender US-amerikanischer Flagge nicht fehlen. Von den japanischen Opfern des ersten Einsatzes der Atombombe wird nicht viel gesprochen, auch nicht von den Folgen für die an den Beteiligten des ersten Atombombentests in der Wüste Neumexikos. Man hat das Gefühl, dass die Gefahren des Zündens einer Atombombe in dem Film etwas heruntergespielt werden.

                                                Vom Handwerk her ist der Film solide, aber keinesfalls künstlerisch erhaben. Dafür ist Nolans Inszenierungsstil dann doch recht brav geraten, ohne wirkliche Innovationen und Raffinesse. Die Schauspielerinnen und Schauspieler wurden dagegen hervorragend gewählt. Der markante Cillian Murphy füllt die Rolle Oppenheimers gut aus, auch wenn ihm ruhig mehr hätte abverlangt werden können. Für einen “Oscar“ reichte es jedenfalls. Zudem reichen sich viele Prominente in Kurzauftritten die Klinke. Dabei sind der sichtlich gealterte Robert Downey Jr. als Oppenheimers Gegenspieler und Matt Damon (hier mit ungewohntem Schnauzbart) als leitender Offizier hervorzuheben und erst auf dem zweiten Blick zu erkennen. Leider sind die Figurenzeichnungen aller Beteiligten und ein zuweilen penetranter Steicher-Soundtrack von Ludwig Göransson weitere Schwachpunkte dieses ansonsten durchaus sehenswerten Filmes.

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                                                • 8 .5
                                                  MareikeHB 27.03.2024, 22:59 Geändert 27.03.2024, 23:00

                                                  Deutsche Regisseurinnen, die in Hollywood einen Film drehen, findet man eher selten. Der Schauspielerin und Regisseurin Maria Schrader wurde die Ehre mit dem spannenden Gerechtigkeitsdrama „She Said“ zuteil. Vielleicht bedurfte es einer von Hollywood außenstehenden Frau, um den Missbrauchsskandal rund um Harvey Weinstein filmisch aufzuarbeiten. Im Zentrum dieser auf wahren Begebenheiten beruhenden Geschichte stehen die beiden hartnäckigen und unermüdlichen Journalistinnen der New York Times, Megan Twohey (Carey Mulligan) und Jodi Kantor (Zoe Kazan). Sachlich und unaufgeregt werden die gerichtlich nachgewiesenen Untaten des Harvey Weinstein und seines Umfeldes nach und nach ans Licht gebracht.

                                                  Maria Schrader setzt das Geschehen souverän und mit viel Fingerspitzengefühl in Szene. Die Protagonisten wirken authentisch und die Besetzung ist gelungen. Ein wichtiges Stück Zeitgeschichte mit universeller Botschaft, erstaunlich nüchtern dargeboten.

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                                                    MareikeHB 25.03.2024, 04:35 Geändert 25.03.2024, 05:04

                                                    „Anatomie eines Falls“ von Justine Triet ist ein fesselndes Justiz- und Ehedrama. Ein blinder Junge findet den Leichnam seines Vaters, der offensichtlich vom Balkon stürzte. War es Selbstmord oder hat seine Mutter (Sandra Hüller), eine erfolgreiche, undurchsichtige Schriftstellerin, nachgeholfen?

                                                    In einem Strafprozess versucht man, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Letztlich nehmen die Zuschauer die Position der Vorsitzenden Richterin ein. Nach und nach erfährt man immer mehr über die Beziehung des Ehepaars. Die Spannung ergibt sich daraus, dass man ständig zwischen einer Schuld- und einer Unschuldsvermutung hin und her schwankt. Das Schauspiel, insbesondere das von Sandra Hüller, ist in dieser kammerspielartigen Produktion grandios. Zurecht gewann Sandra Hüller diverse Preise für ihre tadellose Darbietung. Es ist aber auch der Lieblingssong des Opfers, „Pimp“ von der Bacao Rhythm and Steel Band, der sich regelrecht in den Schädel einbrennt. Erstmalig wird er kurz vor dem Todesfall des Opfers gespielt und später im Verlaufe des Films immer wieder aufgegriffen.

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