MareikeHB - Kommentare

Alle Kommentare von MareikeHB

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    MareikeHB 28.10.2023, 07:18 Geändert 28.10.2023, 07:33

    Unbeschwertheit und Schrecken liegen in dem ungewöhnlichen, preisgekrönten Liebesfilm „Roter Himmel“ von Christian Petzold nah beinander. Zwei Freunde, ein angehender Schriftsteller (Thomas Schubert) und ein Kunststudent (Langston Uibel), reisen zusammen in ein Ferienhaus an die Ostseeküste. Bald stoßen noch ein einheimischer Rettungsschwimmer (Enno Trebs) und eine junge Ferienjobberin (Paula Beer) dazu. Alle sind guter Dinge und genießen die Zeit, nur der Schriftsteller verdirbt den anderen mit seiner Griesgrämigkeit die gute Laune. Schon bald bahnen sich Liebesbeziehungen an, Weichen für die Zukunft werden neu gestellt. Wie im wirklichen Leben liegen dabei Glück und Tragik nahe beinander.

    Das Geschehen wird ungezwungen vermittelt und immer wieder mit kleineren oder größeren Überraschungen angereichert. Das Ende wirkt fast surreal. Kunst und Realität verschwimmen. Kleine, alltägliche Katastrophen werden überschattet von einer großen Naturkatastrophe, die alles relativiert. Aus dem Leid erwächst jedoch neue Kunst. Der Hit „In My Mind“ von den Wallners strahlt dabei zu Beginn und zum Ende des Films sommerliche Leichtigkeit und auch Geheinmisvolles aus.

    Der Film wurde von Petzold stimmungsvoll, feinfühlig und mit einem leisen schwarzen Humor inszeniert. Er lebt auf altmodische Art mehr von Andeutungen als von expliziten Szenen. Trotzdem sind die Themen in vielerlei Hinsicht dem heutigen Zeitgeist angepasst und brandaktuell (entschuldigt das makabre Wortspiel, das sich hier förmlich aufdrängt).

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      MareikeHB 24.10.2023, 06:45 Geändert 24.10.2023, 06:46

      Manche mögen denken - Schule ist der Horror. Wenn man „Das Lehrerzimmer“ von Ilker Çatak schaut, wird dieses Bild möglicherweise verstärkt. Dabei macht es sich dieses unterhaltsame Schuldrama nie leicht. Täter werden zu Opfern und Opfer zu Tätern. Lehrer leiden hier genauso wie Schüler.

      Hauptfigur ist eine sympathische und engagierte Lehrerin (Leonie Benesch), die alles richtig machen möchte und dennoch mit einer fragwürdigen Aktion strauchelt und Gefahr läuft, ihren Ruf zu ruinieren.

      Durchgehend spannend und ungezwungen werden gesellschaftlich relevante Themen wie Perfektionismus und (Über)Korrektheit versus Verlust von Moral, subtiler Rassismus versus übertriebenes Opferdenken und allgemeine Medienkritik (Stichwort: postfaktisches Zeitalter) verpackt.

      Gedreht wurde im klaustrophobisch wirkendem 4:3 Format überwiegend im Schulgebäude. Die überaus gelungene Kombination aus Realismus und pointierter Übertreibung ist meisterhaft. Wirklich grandios ist auch die leicht surreale Schlusseinstellung, die an einen Königsthron erinnert und viel Interpretationsspielraum zulässt. Letztlich ist der Film ein perfektes Spiegelbild unserer Gesellschaft.

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        MareikeHB 24.10.2023, 05:37 Geändert 24.10.2023, 05:41

        „Schloss des Schreckens“ von Jack Clayton ist ein subtil gruselnder Spukhausfilm, der verschiedenste Interpretationen zulässt und das Horror-Genre stark beeinflusst hat. Eine junge, hübsche Gouvernante (Deborah Kerr) soll sich um zwei außergewöhnliche Kinder kümmern, die in einem prächtigen Schloss zusammen mit weiteren Bediensteten leben. Schon bald kommt es zu übernatürlichen Begegnungen.

        Große Schreckmomente sucht man vergebens. Dafür wird feinster Gothic Horror geboten. Die mitunter expressionistisch wirkende, technisch makellose Schwarzweißcinematografie trägt wesentlich zur angenehmen Gruselstimmung bei.
        Großartig sind vor allem auch die Darstellerinnen und Darsteller, insbesondere Deborah Kerr und die Kinder. Schön ist, dass sich die Protagonistin durch das Geschehen nicht so schnell einschüchtern lässt und sehr lösungsorientiert die Probleme angeht. Letztlich bleiben doch einige Fragezeichen, wie das Geschehen zu deuten ist. Erkennbar ist, dass die Protagonistin auch mit ihrer unterdrückten Sexualität zu kämpfen hat. Der Film hatte großen Einfluss auf spätere Horrorklassiker wie z.B. „Shining“ von Stanley Kubrick und „The Others“ von Alejandro Amenábar.

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          MareikeHB 12.10.2023, 21:46 Geändert 21.10.2023, 06:40

          Andere sind in diesem Alter schon im Altersheim. Aber vier hochbetagte, doch erstaunlich jung gebliebenen Hollywood-Ladys sorgen in der Komödie „Book Club - Ein neues Kapitel“ für viel unbekümmerte und federleichte Unterhaltung. Die Hauptdarstellerinnen sind keine geringeren als Diane Keaton, Jane Fonda, Mary Steenburgen und Candice Bergen. Und sie tragen mühelos dieses eher mittelmäßige Beziehungsgeplänkel mit Hochglanzbildern aus Italien. Das vierblätterige Kleeblatt macht nämlich eine Jungeselligenabschiedsfahrt nach Bella Italia.

          Inhaltlich darf man nicht zu viel erwarten, aber immerhin sind viele Dialoge gelungen und sorgen für den ein oder anderen Lacher. Schön ist, wie sich die älteren Damen immer wieder selbst hochnehmen. Hier stechen die oft sehr trockenen Kommentare der von Candice Bergen verkörperten Dame heraus. Die Witze gehen nicht so unter die Gürtellinie wie im erste Teil „The Book Club“. Trotz aller Seichtheit muss man schon sagen, dass die Ladies einfach Klasse und Stil haben. Das witzige gepunktete Kleid der Diane Keaton ist das optische Sahnehäubchen.

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            MareikeHB 10.10.2023, 18:26 Geändert 01.11.2023, 20:07

            „Der erstaunliche Monsieur Piccoli“ ist eine sehenswerte Dokumentation über einen der großartigsten Schauspieler Frankreichs - Michel Piccoli. Der extrem wandlungsfähige Piccoli begeistert in zahlreichen Klassikern des französischen und internationalen Films in großen, kleinen, sympathischen und unsympathischen Rollen. Am besten gefiel er mir in:

            - „Die Dinge des Lebens“ von Claude Sautet
            - „Pesthauch des Dschungels“ von Luis Buñuel
            - „Die Verachtung“ von Jean-Luc Godard
            - „Die Mädchen von Rochefort“ von Jacques Demy (mit einer schönen Gesangseinlage)
            - „Das Mädchen und der Kommissar“ von Claude Sautet
            - „Blutige Hochzeit“ von Claude Chabrol
            - „Das große Fressen“ von Marco Ferreri
            - „Eine Komödie im Mai“ von Louis Malle
            - „Die Geschöpfe“ von Agnes Varda

            Habe diese Dokumentation schon vor längerer Zeit auf Arte gesehen. Näheres, auch zu dieser Doku, auf Moviepilot in einem Artikel von Arte:

            https://www.moviepilot.de/news/michel-piccoli-die-ikone-des-franzosischen-kinos-bei-arte-1127420

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              MareikeHB 09.10.2023, 17:51 Geändert 09.10.2023, 17:57

              Das berührende Vater/Sohn-Drama „Fahrraddiebe“ von Vittorio de Sica gilt als Meisterwerk des italienischen Kinos und legte den Grundstein für den Neorealismus. Nachdem dem Plakatkleber Ricci das für seine Arbeit dringend benötigte Fahrrad gestohlen wurde, begibt er sich mit seinem Sohn auf die Suche nach seinem Drahtesel.

              Gedreht wurde an Originalschauplätzen des noch durch den Krieg gezeichneten Roms jenseits touristischer Attraktionen. Das Schauspiel, gerade auch das der zahlreichen Laiendarsteller, wirkt authentisch, wie auch das Porträt der rauen Zeit. Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Not sind allgegenwärtig, Lebensfreude aber auch. De Sica blickt viel Mitgefühl auf die sozial Schwachen. Dabei geht es um die Bewältigung von Not und um menschliche Verfehlungen, die aus der Verzweiflung geboren werden. In wahrer Liebe erkennt man dies und akzeptiert den Moment der Schwäche bei seinem Nächsten. Das Ende ist einfach nur herzzerreißend.

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                MareikeHB 05.10.2023, 18:54 Geändert 05.10.2023, 19:00

                „John Wick: Kapitel 4“ ist ein durchwachsenes Actionspektakel, das einen zugleich himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt zurücklassen kann. Der größte Pluspunkt sind die oftmals überragenden und sehr einfallsreich gestalteten, coolen Kulissen. Da hat insbesondere das Studio Babelsberg ganze Arbeit geleistet. Sound und Soundtrack sprechen ebenfalls die Sinne an. Die (offensichtlich) CGI-unterstützte Farbgebung und sehr farbenfrohe Beleuchtung sind auch beeindruckend, aber manchmal vielleicht schon etwas zu viel des Guten.

                Inhaltlich darf man dagegen gar nichts erwarten. In erster Linie geht es darum, dass Hauptfigur JW seine Feinde ausradieren muss. Das erscheint alles ähnlich wie in einem Computer-Ballerspiel, surreale Kampf-Schauplätze inklusive. Bei einigen absurden Actionsequenzen sieht man auch recht deutlich, dass sie computergeneriert sind. Kriminalität und Gewalt finden oft in der Öffentlichkeit statt und haben etwas beiläufiges, normales. Niemand sieht sich anscheinend genötigt, dagegen vorzugehen. Leider fehlt es bei der generischen Action völlig an Spannung. Vieles ist vorhersehbar und zahlreiche Kampfsituationen wiederholen sich immer wieder. Der Film hätte gut um eine Stunde abgespeckt werden können.

                Ein weiterer Schwachpunkt ist die Besetzung in manchen Nebenfiguren. Bill Skarsgart erscheint als Superbösewicht zu harmlos und blass. Shamier Anderson mit seinem Schäferhund wirkt zu nett für die Rolle und Ian McShane als Winston mit seinem Overacting irgendwie lächerlich. Keanu Reeves ist als Protagonist dagegen zwar minimalistisch, aber würdevoll und über jeden Zweifel erhaben.

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                  MareikeHB 29.09.2023, 23:38 Geändert 30.09.2023, 00:04

                  Noch bis zum 30.11.2023 in der Arte-Mediathek (OmU)! Einen rätselhaften Zug sucht man in „Mystery Train“ von Jim Jarmusch vergeblich. Vielmehr spielt der Titel wohl auf den gleichnamigen Song von Elvis Presley an. Schauplatz dieses kunstvoll tragikomischen Episodenfilms ist Memphis, Tennessee, die Geburtsstadt des legendären „King of Rock n Roll“. Elvis ist auf subtile Art allgegenwärtig und sicherlich die größte Touristenattraktion des Ortes, der sich hier eher von seiner abgewrackten Seite zeigt.

                  „Arigato“ - auf japanisch „Danke“ ist eine Vokabel, die man unter anderem lernen kann, wenn man ein junges japanisches Paar bei dem Besuch der Stadt begleitet. Schließlich landet es in einem heruntergekommenen Hotel, wie auch eine spendable italienische Witwe und eine äußerst redselige Amerikanerin in der darauffolgenden Folge. Außerdem verschlägt es in der letzten Episode noch einen unglücklichen Briten mit zwei Freunden in das Hotel. Geschickt werden die drei Episoden mit verbindenden Elementen miteinander verwoben, bei denen unter anderem der Elvis-Song „Blue Moon“ und ein Schuss eine Rolle spielen.

                  Schräge Typen, witzige Dialoge mit lakonischem Humor, etwas „Mystery“ und etwas „Train“, aber nicht beides zugleich, ein stimmungsvoller Blues Soundtrack, ein kaputtes Amerika und fremde Sprachen sind die Zutaten dieser ausgefallenen, ruhig erzählten Komödie, die in jeder Beziehung ein typischer Jim Jarmusch-Film ist. Das Schauspielensemble, Kamera und Beleuchtung sind exzellent. Arigato, Jim Jarmusch!

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                    MareikeHB 16.09.2023, 09:25 Geändert 16.09.2023, 09:28

                    „Getting Away with Murder(s)“ von David Wilkinson ist eine hervorragend recherchierte, komplexe und vor allem schockierende Dokumentation über Täter, die für systematische Tötungen im Namen des Nationalsozialismus verantwortlich waren. Kaum zu glauben, aber nur 1 % aller Täter, gut 7.000 Angeklagte, wurden wegen ihrer Verbrechen unter dem Hitler-Regime letztlich zur Rechenschaft gezogen. Es wird davon ausgegangen, dass ca. 700.000 bis 1.000.000 Menschen aus Deutschland und dem Ausland an systematischen Tötungen, wie der Vernichtung der Juden, beteiligt waren.

                    Warum kamen die meisten Täter davon? Das hatte sehr viele verschiedene Gründe. Ein wichtiger Aspekt ist der sich nach dem Zweiten Weltkrieg anbahnende Ost-West Konflikt. Vor allem in Westdeutschland wurde die Entnazifizierung von den westlichen Alliierten nur sehr halbherzig vorgenommen, da man Westdeutschland als Partner gegen die Sowjetunion gewinnen wollte. Die Nürnberger Prozesse wurden in der damaligen Öffentlichkeit kritisiert, da „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ angeklagt wurden. Diesen Tatbestand gab es aber zur Zeit des Nationalsozialismus noch nicht, sondern wurde erst im August 1945, also drei Monate nach Kriegsende, etabliert. Zudem war es wegen des Eisernen Vorhangs oft schwierig, Dokumente als Beweismittel und vor allem auch Zeugen herbeizuschaffen. Viele Täter sind weltweit untergetaucht, selbst in Großbritannien. Einige Täter wurden von ausländischen Regierungen als Geheimagenten eingespannt und sogar als Regierungsberater.

                    Hochbetagte Überlebende und Historiker aus ganz Europa kommen zu Wort. Täter aus Deutschland und auch aus dem Ausland werden porträtiert, Konzentrationslager und Gedenkstätten werden gezeigt. Zudem gibt es einige Originalaufnahmen (vor allem Fotos), die die Grausamkeit der Verbrechen zeigen, aber auch Bilder der Nürnberger Prozesse. Nicht nur die Vernichtung der Juden wird thematisiert, sondern auch kurz die der geistig Beeinträchtigten und der Homosexuellen. Lediglich die Verbrechen an den Sinti und Roma werden nicht angesprochen.

                    Auch wenn die Dokumentation handwerklich eher mittelmäßig ist, ist der Inhalt so bedeutsam, dass man diesen Film auf jeden Fall einmal gesehen haben sollte.

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                      MareikeHB 15.09.2023, 20:13 Geändert 15.09.2023, 22:22

                      „Die Stadt der Blinden“ von Fernando Meirelles nach dem gleichnamigen Roman des Nobelpreisträgers José Saramago ist ein recht gut gelungener Endzeitfilm. Eine bösartige Pandemie greift um sich und lässt die meisten Menschen plötzlich erblinden. Um die Krankheitswelle einzudämmen, werden Erkrankte in ein altes Krankenhaus gesperrt und müssen sehen (natürlich können sie es nicht ;-), wie sie zurechtkommen. Unter den Menschen ist auch ein Augenarzt (Marc Ruffolo) mit seiner Frau (Julianne Moore), die ihn aus Liebe begleitet und nur so tut, als sei sie erkrankt. Schon bald entsteht in diesem rechtsfreien, abgeschiedenen Raum, in dem ein Menschenleben nicht viel zählt, ein Schreckensregime, angeführt durch den „König“ (Gael Garcia Bernal).

                      Das Drehbuch hat leider leichte Schwächen. Vor allem reagiert die Protagonistin, die Sehende, nicht immer plausibel. Die Kameraführung und das Schauspiel stechen dagegen positiv heraus. Die Inszenierung ist insgesamt gelungen. Als Sozialstudie ist dieser Film auch nicht uninteressant.

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                        Derzeit in der Arte-Mediathek neben diversen Meistwerken des Regisseurs Jim Jarmusch!
                        Es ist immer spannend, den Debütfilm eines großen Regisseurs zu sehen. Aber manchmal muss man seine Erwartungen etwas zurückschrauben, schließlich ist aller Anfang schwer. So ist „Permanent Vacation“ von dem wunderbaren Jim Jarmusch ein eher durchwachsenes Werk.

                        Die Schwächen liegen nicht im winzig kleinen Budget. Das Handwerk ist in Ordnung, auch wenn man vor allem Abstriche beim Ton machen muss. Es fehlt einfach immer wieder an kreativen Einfällen. Die Begegnungen, die die in New York herumstreunende Hauptfigur hat, sind letztlich recht unspektakulär. Ähnliches gilt für einen Teil der Dialoge. Witzig ist vor allem die Anekdote über den Saxophonisten, der vergessen hatte, wie sich die Melodie von „Over the Rainbow“ fortsetzt und wie letztlich die aufeinanderfolgenden Terzen der Rettungswagensirene seine Erinnerung beflügelte. Den Witz versteht man allerdings nur, wenn man das Stück gut kennt.

                        Gelungen sind die konsequent schäbigen und kaputten Schauplätze in New York und die eindeutige Distanzierung vom üblichen Hollywood-Glanz, auch wenn spätestens mit den 1970er Jahren das Hollywood-Kino schon deutlich „dreckiger“ geworden ist. Die permanenten Anspielungen auf kriegerische Bomben in New York durch unterschiedliche Personen dürften als Kritik am Vietnam-Krieg zu verstehen sein, von dem in New York im Gegensatz zum Vietnam nicht viel zu spüren war. Jarmusch rüttelt mit seinem bewusst unproduktiven, punkigen Outlaw-Protagonisten auch mächtig am kapitalistischen Selbstbild der USA.

                        Die jazzige Saxophon-Musik, die auch in der Schlusssequenz zu hören ist, ist ebenfalls ein Lichtblick. Hier haben sich immer einmal musikalische Andeutungen von „Over the Rainbow“ eingeschlichen.

                        Abschließend kann man sagen, dass man schon deutlich die Handschrift des Regisseurs erkennen kann. So sei dieser Film zumindest Jim Jarmusch Fans ans Herz gelegt.

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                          MareikeHB 08.09.2023, 17:29 Geändert 08.09.2023, 17:34

                          Die zeitlose Komödie „The Music Box“ mit den legendären Komikern Stan Laurel und Oliver Hardy zählt zu den berühmtesten Kurzfilmen des Duos und den großen Klassikern der Filmgeschichte. Laurel und Hardy sind hier Spediteure, die ein Klavier zu einem Haus liefern sollen, das nur über eine lange Treppe zu erreichen ist. Man glaubt nicht, was sich auf dem Weg zum Bestimmungsort, selbst noch im Haus, alles als Hindernis erweist. Natürlich stehen sich die beiden vor allem auch selbst immer wieder im Weg. Der raue Charme und die handfeste, herausragende visuelle Komik appellieren wunderbar an das kindliche Gemüt eines jeden Menschen. Besser kann man eine Slapstick-Komödie wohl kaum inszenieren. Ein Vergnügen für alle Altersgruppen.

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                            MareikeHB 05.09.2023, 11:15 Geändert 05.09.2023, 14:21

                            Jeder kennt wahrscheinlich den berühmten, sinnlich lässigen Song „Un homme et une femme“ (🎼… Dabadabada Dabadabada…) von Francis Lai aus dem gleichnamigen, mehrfach preisgekrönten Liebesfilm „Ein Mann und eine Frau“ von Claude Lelouch, der, wie auch der Film, stilprägend für die 1960er Jahre ist. Ein Rennfahrer und alleinerziehender Vater eines kleinen Jungen (Jean-Louis Trintignant) trifft ein Scriptgirl (Anouk Aimee), ebenfalls alleinerziehend mit einer kleinen Tochter. Die Annäherung und das Alltagsgeschehen der beiden wird einfallsreich und stilvoll in losem Zusammenhang beeindruckend inszeniert.

                            Inhaltlich passiert nicht allzu viel, aber die Dialoge zwischen den Protagonisten sind immer wieder amüsant. Wirklich grandios ist die herausragende Kamera. Der zuweilen etwas experimentelle Charakter offenbart sich in einem Wechsel zwischen Farb- und Schwarzweißaufnahmen, einer durchdachten Beleuchtung und einer gewissen Sprunghaftigkeit, die wie Innerungsfetzen wirken. Bei den sehr dynamisch inszenierten Autorennszenen spürt man regelrecht das Benzin im Blut. Die Chemie zwischen den attraktiven Hauptdarstellern ist stimmig und der gesamte Soundtrack von Francis Lai innovativ und stimmungsvoll. Das Ende hätte vielleicht etwas mutiger sein können. Regisseur Lelouche und Anouk Aimee erhielten Oscar-Nominierungen. In den Kategorien „Bestes Originaldrehbuch“ und den „Bester fremdsprachiger Film“ gab es dann die begehrten Trophäen.

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                              MareikeHB 27.08.2023, 22:56 Geändert 27.08.2023, 23:15

                              Ist das Kunst oder kann das weg? Der inzwischen hochbetagte Gerhard Richter ist einer der bedeutendsten Maler und Fotografen der Gegenwart. In der aufschlussreichen biografischen Dokumentation „Gerhard Richter Painting“ von Corinna Belz darf man dem großen Künstler in seinem Atelier auch bei der Arbeit zuschauen. Und das wirkt erstaunlich banal! Die beiden Gemälde, die er vor der Kamera kreiert, erscheinen weit weg von seiner sonstigen Kreativität und Genialität zu sein. Dementsprechend beäugt Richter diese Werke recht verhalten. Er räumt ein, dass die Kamera seine Schaffenskraft hemmt, da er seine Kunstwerke lieber im Verborgenen schafft. Man fühlt sich angesichts der zur Schau gestellten Kunst fast auf den Arm genommen.

                              Seine Menschenscheu und Schüchternheit werden unmittelbar erfahrbar. Der freundlich wirkende ältere Herr nuschelt und spricht eher einsilbig, teilweise etwas abgehoben fragmentarisch. Er wirkt äußerlich eher unauffällig, als wolle er bloß nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich lenken. Seine Vergangenheit wird durch historische Aufnahmen beleuchtet und durch Erzählungen bei dem Betrachten von Fotos. Laut überlegt er, ob er all seine Fotos vernichten soll, weil sie naturgemäß nur eine äußerst lückenhafte Realität widerspiegeln.

                              Viele seiner berühmten, künstlerisch sehr abwechslungsreichen Werke werden in ausgedehnten Kameraschwenks den Zuschauenden nahe gebracht. Auch darf man Zeuge bei der Vorbereitung einer Ausstellung sein. Das Licht von oben soll laut Richter möglichst kalt sein. Gerhard Richter: „Die Besucher der Ausstellung sollen sich nicht wohl fühlen.“

                              Als Mensch erscheint Richter rätselhaft, fast ein bisschen misanthropisch oder auch zynisch. Trotzdem offenbart er auch einen gewissen Charme und ganz eigenen Humor. Fraglich ist, ob er bei seiner Schüchternheit bereit war, in dem Film sein wahres Ich zu zeigen. Wahrscheinlich sieht er seine etwas schräge Selbstdarstellung im Film auch als Kunst. Seinen Kunstwerken gibt er immer eine gewisse Zeit, in der sie in seinen Augen bestehen müssen. Bei Zweifeln werden Bilder wieder übermalt. Ob dieses Schicksal auch den beiden im Film gemalten Werken blühte? Ich wäre nicht überrascht! Sein kunstvoll inszeniertes Selbst in diesem Film kann er bei Nichtgefallen jedenfalls nicht übermalen ;-).

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                                MareikeHB 22.08.2023, 19:02 Geändert 22.08.2023, 19:47

                                Noch bis zum 12.09.2023 in der Arte Mediathek: Die äußerst beliebte, romantische Miniserie der BBC „Stolz und Vorurteil“ nach dem gleichnamigen Roman von Jane Austin ist ein keimfreies, sehr entspanntes Wohlfühlkino in bester britischer Tradition. In sechs Folgen von ca. 50 Minuten wird die mit hochgestochenen Dialogen angereicherte Liebesgeschichte recht ausgedehnt und mit viel Detailfreude präsentiert. In dem Film „Barbie“ von Greta Gerwig spielt diese Serie mit viel Augenzwinkern als Antidepressivum eine Rolle.

                                Dem Auge wird einiges geboten: Die farblich perfekt mit der Innenausstattung abgestimmten Kostüme sind gediegen und auch die Außenaufnahmen mit schönen Kulissen gelungen. Auf wirkliche Spannungsmomente und Dramatik wird weitestgehend verzichtet. Die Charaktere sind größtenteils archetypisch angelegt und spiegeln das charakterliche menschliche Spektrum recht gut. Manche Nebenfiguren, wie die Mutter und der Cousin, agieren vielleicht ein bisschen zu übertrieben, aber tragen auch zur Erheiterung bei. Gerade die beiden Hauptdarsteller Jennifer Ehle und Colin Firth überzeugen jedoch auf ganzer Linie. Der düster dahinschmelzende Blick von Colin Firth ist einfach Gold wert.

                                Trotz einiger Längen und einer etwas bieder-braven Inszenierung bietet der Mehrteiler liebenswerte Unterhaltung und Herzenswärme zum Wegträumen. Wenn man bedenkt, dass der Roman aus dem 19. Jahrhundert stammt, wird trotz der damaligen zahlreichen gesellschaftlichen Zwänge reichlich Frauenpower und eine schöne Abrechnung mit dem britischen Ständesystem geboten. Für viele ist diese Serie absoluter Kult.

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                                  über Infam

                                  Möglicherweise ließ sich Thomas Vinterberg bei dem Gerechtigkeitsdrama „Die Jagd“ von William Wylers Klassiker „Infam“ inspirieren. Auch in „Infam“ sind es unbedachte Aussagen eines Kindes, die gravierende Folgen haben und Menschen an den Rand der Gesellschaft drängen. Zwei Lehrerinnen und Leiterinnen eines Mädcheninternats (Audrey Hepburn und Shirley MacLaine) wird eine gleichgeschlechtliche Liebschaft unterstellt. Die sozialen Folgen einer derartigen Beschuldigung sind in der damaligen Zeit verheerend und existenzvernichtend.

                                  Die Story ist spannend und glaubhaft. Wyler nähert sich dem damals heiklen Thema mit viel Mitgefühl für die beiden Hauptfiguren. Unterstützt wird er von zwei hervorragenden Hauptdarstellerinnen. Nur das Mädchen, das für die Rufschädigung verantwortlich ist, wird schauspielerisch etwas übertrieben dargestellt. Das Ende ist gut gelungen und für eine Hollywood-Produktion eher untypisch.

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                                    Das fesselnde Kriegsdrama „… und dennoch leben sie“ von dem berühmten italienischen Regisseur Vittorio de Sica wirft einen realistischen Blick auf die Nöte der Menschen, insbesondere der Frauen, in Italien während des 2. Weltkriegs. Eine junge Frau (Sofia Loren) flieht mit ihrer 12-jährigen Tochter aus Rom zu Verwandten auf das Land, um den Bomben zu entkommen. Doch auch dort können sie den Krieg nicht hinter sich lassen und werden mit italienischen Faschisten, deutschen Nazis, gestrandeten Engländern, Amerikanern und Nordafrikanern konfrontiert.

                                    Auch wenn der Grundton überwiegend heiter ist, sind einige sehr harte und tragische Szenen zu verdauen. Hier wird jedenfalls nichts beschönigt. Die Lebenswirklichkeit in der damaligen Zeit wird überaus überzeugend dargestellt. Interessant ist z.B., dass die Frauen auf der Flucht ihre Koffer oft auf dem Kopf transportiert haben. Ein Tuch diente als „Polsterung“. Die hervorragend eingefangenen Schwarzweißbilder passen gut zur düsteren Epoche.

                                    Die Protagonistin zeichnet sich durch eine temperamentvolle, komplexe Persönlichkeit mit Ecken und Kanten aus. Sofia Loren sieht man hier in einer ihrer besten Rollen, in der Blüte ihrer Schönheit. Als erste Darstellerin in einem nichtenglischsprachigen Film gewann sie völlig verdient den „Oscar“ als beste Hauptdarstellerin. In einer Nebenrolle sieht man den jungen Jean-Paul Belmondo mit Brille als schüchternen Intellektuellen. Der Lebenshunger der Menschen, aber auch die Verarbeitung traumatischer Kriegserlebnisse wurden von de Sica ausgesprochen einfühlsam inszeniert.

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                                      Das fesselnde Historiendrama „Schachnovelle“ von Philipp Stölzl ist eine überaus gelungene, aber sehr freie Adaption der berühmten gleichnamigen Novelle von Stefan Zweig. Ein Notar aus Wien, der das Vermögen vieler österreichischer Adeliger verwaltet, gerät nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland im Jahre 1938 ins Visier der Gestapo und in Isolationshaft. Bücher und Zeitungen werden ihm verwehrt, aber zufällig gelangt ein Buch über meisterliche Schachpartien in seine Hände. Er beginnt mit zunehmendem Eifer gegen sich selbst Schach zu spielen.

                                      Hochwertige Bilder, geistreiche Dialoge und eine gehörige Portion Psycho-Horror zeichnen dieses spannend und erstklassig inszenierte Werk aus. Oliver Masucci verkörpert mit viel Herzblut den Protagonisten und Albrecht Schuch kompetent seinen eiskalten Widersacher. Schuch sieht man zudem noch, wie man der Besetzungsliste entnehmen kann, in der Rolle eines Schachgroßmeisters - ein Wiedererkennen ist hier aber wegen der überzeugenden Maske praktisch unmöglich.

                                      Auch wenn der Film die Vorlage nicht originalgetreu umsetzt, ist diese freiere Interpretation insgesamt sehr stimmig. Der Film erscheint jedoch durch seine andere Akzentuierung deutlich härter als die Buchvorlage (wenn mich meine Erinnerung bei dem Buch nicht täuscht).

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                                        MareikeHB 06.08.2023, 19:30 Geändert 06.08.2023, 19:34

                                        Der Autor und Bonvivant Oscar Wilde war sicherlich eine der schillerndsten Persönlichkeiten des späten 19. Jahrhunderts. In dem biografischen Film „Der Mann mit der grünen Nelke“ wird ein präziser Blick auf die Persönlichkeit des berühmten Künstlers geworfen und auch auf seine Nöte im prüden viktorianischen Großbritannien, die sich aus seiner Bisexualität ergeben. Auf dem Gipfel seines Erfolges provoziert der einflussreiche Vater seines jüngeren Geliebten ihn mit einer Notiz auf seiner Visitenkarte „für Oscar Wilde, posierenden Sodomiten“. Wobei sich „Sodomit“ (von Sodomie) damals auf Analverkehr bezog, (vgl. Wikipedia). Daraufhin folgten mehrere Prozesse, in denen das Sexualleben Wildes aufgerollt wurde.

                                        Mit viel Taktgefühl und emphatisch werden die Probleme Wildes (Peter Finch), die sich aus seinem ausschweifenden Privatleben ergeben, geschildert. Wilde wird immer als Respektsperson dargestellt und niemals der Lächerlichkeit preisgegeben. Wildes Humor und seine legendäre Schlagfertigkeit sorgen immer wieder für sehr amüsante Momente. In dem ersten Prozess wird Wilde von dem gegnerischen Anwalt (James Mason) in einem Kreuzverhör auch zu seinen Schriften befragt. Die Dialoge sind geistreich und vom Feinsten. Aber auch das Szenenbild ist exquisit. Dass die Briten weltweit die besten Darsteller auch in kleinsten Nebenrollen haben, wird wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Selbstverständlich gibt es auch eine vornehme britische Zurückhaltung, was das Zeigen von expliziten Szenen betrifft. Das war in der Entstehungszeit des Films natürlich gängige Praxis. Leider scheint eine deutsche Sprachversion derzeit nicht verfügbar zu sein.

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                                          MareikeHB 03.08.2023, 20:03 Geändert 03.08.2023, 21:02

                                          Nur noch kurz im Prime-Abo: Die episodische romantische Komödie „Liebe ist…“ ist sicherlich ein „Tatsächlich … Liebe“ für Arme. Dennoch weiß sie auf unbeschwerte Art recht gut zu unterhalten. Wenn man seinem Gehirn weitestgehend eine Pause gönnen möchte, darf man sich an charmanten Darstellern und zumindest einigen gelungenen Gags erfreuen.

                                          Bei der Besetzung schießen der stilvoll griesgrämige Jeremy Irons und die zauberhafte Diane Keaton als Blinde den Vogel ab. Überraschenderweise ist auch Veronica Ferres mit von der Partie. Angenehm ist bei aller Sinnfreiheit des Drehbuchs das Fehlen kitschiger Szenen. Dies ist bei Romcoms sicherlich nicht selbstverständlich.

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                                            Das sorgfältig inszenierte Drama „Zwischen Welten“ von Regisseurin Feo Aladag zeigt ein Stück jüngerer Geschichte, nämlich den Einsatz deutscher Soldaten und ihrer afghanischen Helfer in Afghanistan im Kampf gegen die Taliban. Im Zentrum des Geschehens stehen ein deutscher Hauptmann und sein afghanischer Übersetzer. Beide Protagonisten stehen „zwischen Welten“, zwischen zwei völlig unterschiedlichen Kulturen. Verständigungsschwierigkeiten auf beiden Seiten werden glaubhaft und subtil dargestellt. Das recht ruhig geschilderte Geschehen hat einen fast dokumentarischen Charakter, dennoch wird man auch emotional berührt.

                                            Es ist kein Actionfilm, trotz einiger Kampfszenen und auch keine klassische Heldengeschichte. Dennoch dürfen die Hauptfiguren in einem spannenden Finale über sich hinauswachsen. Glück und Tragik liegen allerdings nah beinander. Die Gefährlichkeit und der Terror der Taliban liegen immer bleischwer in der Luft. Inszenierung und Kamera sind auf einem hohen Niveau. Nicht umsonst lief dieses fesselnde und lehrreiche Drama im Wettbewerb auf der Berlinale.

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                                              MareikeHB 23.07.2023, 17:20 Geändert 23.07.2023, 19:00

                                              Der italienische Komponist Ennio Morricone zählt sicherlich zu den begabtesten und einflussreichsten Künstlern im Bereich Filmmusik des 20. Jahrhunderts. Er war mit seinem umfangreichen und oftmals herausragenden Schaffen genial und außerordentlich kreativ. Die Musik-Dokumentation „Ennio Morricone - Der Maestro“ von Giuseppe Tornatore ist, was die Analyse seiner Musik betrifft, informativ, aber handwerklich sehr konventionell gestaltet. Über den Menschen Morricone erfährt man, bis auf, dass er schüchtern war, neben minimalstem biografischen Hintergrundwissen nichts.

                                              Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse seiner bedeutendsten Kompositionen. Die Einflüsse reichen von Igor Strawinski bis Johann Sebastian Bach. So verwendete er, wie auch schon Bach in einem seiner Stücke, bewusst die Noten b, a, c, h in seinem Soundtrack zu „Der Sizilianer“. Spannend ist, wie es Morricone immer wieder gelang, unterschiedlichste musikalische Stilrichtungen zu einem homogenen Ganzen zu verbinden und mit ungewöhnlichen Instrumenten, Klängen und Rhythmen zu experimentieren. Sein Anspruch war, dass seine Filmmusik auch für sich stehen kann. Viele seiner Melodien sorgen immer wieder für Gänsehaut-Momente.

                                              Regelmäßig hatte er über Jahrzehnte den Wunsch, aus dem Filmgeschäft auszusteigen, um ein „ernsthafter“ Komponist zu werden, da Komponisten von Filmmusik oft in einem Vergleich zu Komponisten sogenannter ernster Musik nicht als ebenbürtig angesehen wurden. Der Erfolg gab aber letztlich Morricone recht. Bei den „Oscar“-Verleihungen wurde er allerdings erst im hohen Alter mit einem „Ehren-Oscar“ und sodann mit einem „Oscar“ für „The Hateful 8“ bedacht. Er und auch viele andere waren wohl sehr enttäuscht, dass er die Auszeichnung nicht für die grandiose musikalische Untermalung des Films „Mission“ erhielt.

                                              Der Aufbau der Dokumentation ist überwiegend gleich: Es werden kurze Ausschnitte von Filmen mit seinen bekanntesten Kompositionen gezeigt. Davor und/oder danach wird die Musik vom großen Meister selber und bekannten Zeitgenossen, u.a. Quincy Jones, Hans Zimmer, diversen Sängern und Regisseuren, kommentiert. Zum Schluss gibt es noch eine extra große Portion Schwärmerei. Schade, filmisch hätte Tornatore als Regisseur, der immerhin ein Meisterwerk wie „Cinema Paradiso“ schuf, mehr Kreativität zeigen können. Aber vielleicht wollte er nicht von der Genialität eines Morricone ablenken und sich künstlerisch hintenanstellen.

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                                                MareikeHB 18.07.2023, 16:48 Geändert 18.07.2023, 17:01

                                                „Triangle of Sadness“ ist eine amüsante, rabenschwarze, nur vordergründig simpel gestrickte Komödie in drei Akten mit gesellschaftskritischen Anklängen. Reiche und Schöne erleben nach einem Schiffsunglück auf einer Luxusyacht, dass Reichtum und Schönheit nicht in jeder Lebenssituation das Leben leichter machen.

                                                Zu Beginn zeigt sich ein Paar, das eine reine Zweckbeziehung lebt. Es geht dabei nur um Geld und Erfolg. Im zweiten und dritten Teil sieht man hämisch dabei zu, wie es den Schönen und Superreichen, die ihr Geld aus fragwürdigen Quellen erwirtschaftet haben, an den Kragen geht. Underdogs, traditionell Benachteiligte, dürfen dagegen aufblühen und ihre Macht demonstrieren. Diese Umkehrung gesellschaftlicher Machtverhältnisse ist recht simpel gestrickt und vor allem sehr plakativ. Andererseits ist Gut und Böse nicht immer klar gezeichnet, vielmehr werden auch Sympathieträger von der Macht korrumpiert, möglicherweise sogar, wenn man das offene Ende betrachtet, sogar straffällig.

                                                Die Botschaft des Films ist im ersten Akt: Wir leben in einer materialistischen, oberflächlichen Welt. Darüber hinaus beschreibt der Film im zweiten und dritten Akt sinngemäß auch den Niedergang der oftmals dekadenten, überalterten westlichen Zivilisation und lässt bewusst offen, ob es eine Rettung gibt. Macht ist jedenfalls immer toxisch, egal wer sich ihrer bedient und kann so vergänglich sein wie die Schönheit.

                                                Fakt ist, dass zwei Gruppen den Untergang der heutigen „Zivilisation“ möglicherweise leichter überleben könnten, die Kulturen, die sich mit den simpelsten Überlebenstechniken auskennen, im Einklang mit der Natur leben und die Superreichen, die irgendwo auf der Welt ein sicheres Schlupfloch gefunden haben.

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                                                  Der ungewöhnliche Western „Westlich St. Louis“ zählt zu den unbekannteren Werken John Fords, aber immerhin zu den Lieblingsfilmen des berühmten Regisseurs. Zwei Pferdehändler begleiten einen Treck von Mormonen auf dem beschwerlichen Weg nach Kalifornien und treffen auf fahrende Künstler, gesuchte Banditen, die sich dem Treck anschließen und Navajos.

                                                  Ein Soundtrack, der überwiegend aus folkloristischem Gesang besteht, der fast dokumentarische Charakter des Films mit vielen malerischen Nahaufnahmen von Gesichtern zeichnen den Western ebenso aus, wie die detaillierte Beschreibung des Miteinanders und das weitestgehende Fehlen typischer Western-Spannungselemente. Es ist ein Plädoyer für Toleranz mit einem Sammelsurium skurriler Typen, die teilweise auch für Erheiterung sorgen. Dabei überzeugt die wenig namhafte Darstellerriege rund um Ben Johnson auf ganzer Linie.

                                                  Die Navajos werden zwar klischeehaft als typische „Film-Indianer“ und nicht kulturgetreu dargestellt, dafür ist der Blick auf sie versöhnlich. Das Streben nach einem Leben in Harmonie, das verbindende Element in einem Land völlig unterschiedlicher Kulturen und der bewusste Fokus auf gesellschaftliche Außenseiter ist Ford hier offensichtlich wichtiger, als das typische reißerische Gegeneinander, das man in vielen anderen Western findet. Natürlich dürfen in einem Ford-Western auch die hervorragenden Landschaftsaufnahmen, oftmals im Gegenlicht und mit viel Staub, nicht fehlen.

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                                                    MareikeHB 14.07.2023, 14:36 Geändert 14.07.2023, 14:52
                                                    über Matador

                                                    „Matador“ von Pedro Almodóvar ist eine unterhaltsame, manchmal etwas drastische Thriller-Groteske. Die Protagonisten, u.a. Antonio Banderas, bewegen sich dabei in einem Geflecht gestörter Beziehungen.

                                                    Knallige Farben, eine einfallsreiche Regie und ein mitunter derber Humor zeichnen dieses Frühwerk des großen Regisseurs Almodóvar aus. Damit reiht sich der Film stilistisch mühelos in viele seiner übrigen Filme ein. Als Regisseur hat Almodóvar eine unverkennbare Handschrift.

                                                    Wer Realismus sucht, sucht vergebens. Alles ist überzeichnet. Auch an einer Thriller-Spannung fehlt es. Dieses Manko wird aber durch viele einfallsreiche, komische und seltsame Momente übertüncht. Zudem erfolgt eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Themen wie (toxische) Männlichkeit sowie Machtstrukturen, und es ertönt auch, ganz in der Tradition eines Luis Buñuel, eine leise Religionskritik.

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