MareikeHB - Kommentare
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Alle Kommentare von MareikeHB
Derzeit in der Arte-Mediathek unter dem deutschen Titel „Der Menschen Hörigkeit“ zu finden! In dem klassischen Noir-Film von John Cromwell verliebt sich ein zartbesaiteter Medizinstudent (Leslie Howard) in eine rücksichtslose Kellnerin (Bette Davis). Schon bald ist er ihr verfallen, obwohl sie ihn immer wieder übel behandelt.
Dieser recht kurzweilig inszenierte frühe Noir-Film entstand noch vor der Einführung des sogenannten Hays-Code, der die Filmemacher in Hollywood durch strenge Moralregeln stark einschränkte. Allerdings erscheint er nicht freizügiger oder „unmoralischer“ als spätere Noir-Werke. Auffallend ist auch in diesem Noir-Film das prägende Merkmal, dass das Schicksal letztlich auf zynische Weise zur ausgleichenden Gerechtigkeit wird.
Die noch junge Bette Davis erhielt durch ihr gnadenlos gutes Schauspiel zurecht eine „Oscar“-Nominierung. Bei Bette Davis, die für ihre ausdrucksstarken Augen bekannt ist, hat man immer das Gefühl, dass sie für ihre Rollen wirklich lebte und immer wieder mit viel Mut die Herausforderung, „hässliche“ Charaktere zu verkörpern, annahm. Das macht sie unvergleichlich und heute noch zur Ikone.
„Canaris“ von Alfred Weidenmann ist ein spannend inszeniertes Historiendrama, das den Chef der Spionageabwehr Admiral Wilhelm Canaris (O.E. Hasse) unter Hitler in der Zeit von 1935 bis 1944 portraitiert. Ähnlich wie z.B. Generalfeldmarschall Erwin Rommel hatte Canaris eine führende Rolle unter der nationalsozialistischen Herrschaft, konnte sich aber mit der Ideologie des Nationalsozialismus nicht anfreunden. Darüberhinaus riskierten beide sogar ihr Leben, um das Regime im Zuge des von Stauffenberg-Attentats auf Hitler zu beseitigen. Die Folgen waren bekanntermaßen für alle Beteiligten verheerend.
Die Filmemacher waren offensichtlich bemüht, wie es in der Einleitung heißt, sich an den historischen Fakten zu orientieren. Nur Nebenfiguren seien fiktiv. Ähnlich wie bei Henry Hathaways „Rommel, der Wüstenfuchs“ werden auch immer wieder Originalaufnahmen aus der Zeit eingeblendet und der Ablauf des Zweiten Weltkriegs in groben Zügen geschildert. Inhaltlich ist in „Canaris“ zudem die alltägliche Spionageabwehr und der Machtkampf mit dem Obergruppenführer Heydrich (Martin Held) von Bedeutung.
Im Gegensatz zu dem U.S.-amerikanischen Rommel Film wird Canaris eindeutig als Sympathieträger dargestellt. Ob dies eine Verklärung der Person ist, kann man natürlich heute schlecht beurteilen. Ein bisschen mehr Ambivalenz hätte jedenfalls der Charakterzeichnung gutgetan. Auch werden die Schrecken des Zweiten Weltkrieges und die der Herrschaft der Nationalsozialisten weitestgehend ausgeblendet. Eindrucksvoll gezeigt wird jedoch, wie die „Herrscherblase“ unter Hitler sich zunehmend von der Realität entfernte und den Niedergang nicht wahrhaben wollte. Die Schauspieler agieren großartig.
Wenn es um Glanz und Gloria im Showgeschäft geht, kann Geschwisterliebe sich schnell ins Gegenteil verkehren. Der hervorragend inszenierte, psychodramatische Klassiker „Was geschah wirklich mit Baby Jane“ von Robert Aldrich zeigt auf bitterböse Weise, wie die Eifersucht zweier alternder Schwestern zunehmend eskaliert. Die Schwester „Baby“ Jane ist ein ehemaliger Kinderstar (Bette Davis). Als Erwachsene blieb ihr allerdings der Erfolg verwehrt. Die andere Schwester (Joan Crawford) spielte als Kind immer nur die zweite Geige und war dagegen als Erwachsene eine gefeierte Schauspielerin. Unglücklicherweise ist sie nach einem Unfall an einen Rollstuhl gefesselt und von der Pflege des psychisch labilen früheren Kinderstars abhängig.
Die ungleichen Schwestern werden perfekt durch die temperamentvolle Davis, die sehr viel Mut zur Hässlichkeit beweist und die eher zurückhaltend agierende Crawford verkörpert. Charakterliche Untiefen und gegenseitige Abhängigkeiten sorgen immer wieder für Spannung und hohen Unterhaltungswert. Das gelungene, äußerst gallige Ende zeigt, wie schneller Ruhm in Hollywood und eine verlorene Kindheit die Psyche beeinflussen können.
Liebe Filmfans, ich wünsche euch allen ein glückliches Jahr 2024 und freue mich schon auf Eure neuen Kommentare! Passend für Filmbegeisterte ist auf jeden Fall der Geheimtipp „101 Nacht - Die Träume des M. Cinema“ von Agnès Varda. Achtung für alle, die mehr das „gegenständliche“ Kino bevorzugen, vieles erinnert hier tatsächlich an Träume. Der Film ist sehr surreal und assoziativ.
Der hundertjährige Monsieur Cinema (Michel Piccoli) durchträumt fortwährend die hundertjährige Filmgeschichte. Wir sehen dabei immer einmal winzige Ausschnitte aus Meisterwerken der Filmgeschichte, die dann sehr kreativ mit der traumhaften Handlung verflochten werden. Etwas gegenständlicher ist eine Liebesgeschichte zwischen einer jungen Filmexpertin, die dem Hundertjährigen helfen soll, das Filmwissen zu archivieren, und einem jungen Filmemacher.
In der filmischen Rückschau dominiert zwar das französische Kino, aber auch internationale Filmemacher finden Berücksichtigung. Herrlich sind zahlreiche Gastauftritte prominenter Schauspielerinnen und Schauspieler, die sich auf wunderbare Weise selbst aufs Korn nehmen: Marcello Mastroianni, Catherine Deneuve, Alain Delon, Jeanne Moreau, Hannah Schygulla, Robert de Niro, Jean-Paul Belmondo und einige mehr. Je mehr man die alten Meisterwerke der Filmgeschichte kennt, desto mehr Gefallen wird man wahrscheinlich an diesem komischen Filmkunstwerk finden.
Bis zum 16.04.2024 in der Arte-Mediathek unter dem Namen „Hundert und eine Nacht“ oder unter „Agnes Varda“.
Noch bis zum 29.04.2023 in der Arte-Mediathek: „Guten Morgen“ von dem japanischen Regiemeister Yasujiro Ozu ist ein uriger Familienfilm mit leisem Humor. Zwei Brüder wünschen sich sehnlichst, dass sich die Familie einen Fernseher anschafft. Zudem gibt es noch einige Missverständnisse unter den Erwachsenen, weil Geld abhanden gekommen ist.
Ozu beschäftigt sich mit einem seiner liebsten Themen, das auch heute noch zeitlos wirkt: Den Gräben zwischen den Generationen aufgrund des raschen technologischen Fortschritts. Die Jugend befürwortet die neueste Technik - hier das Fernsehen, bei der älteren Generation trifft sie eher auf Vorbehalte. „Fernsehen macht dumm“ lautet die Devise bei einigen. Man ersetze heute nur Fernseher mit Smartphone, wenn es um für Kinder attraktive Geräte geht. Das Setting in der beengten Mittelklasse-Siedlung ist gelungen. Der Nachbarschaft bleibt nichts verborgen, was natürlich gewisse Probleme bereitet. Manchmal etwas ungewöhnlich ist der Humor - z.B. wenn für die Jungen das meisterliche Furzen sehr erstrebenswert ist.
Frohe Weihnachten und ein glückliches Jahr 2024 an alle und danke für Eure weihnachtlichen Grüße in Euren Kommentaren! Erfreuliche weihnachtliche Gefühle kommen auch bei der erfrischenden RomCom „Liebe braucht keine Ferien“ von Nancy Meyers auf. Zwei alleinstehende Frauen (Cameron Diaz und Kate Winslet) tauschen über Weihnachten ihre Häuser. Werden sie im jeweils neuen Umfeld auf dem englischen Land und im sonnigen Los Angeles eine neue Liebe finden?
Der Titel des Filmes klingt vielleicht eher abschreckend kitschig. Geboten wird aber eine rundherum gelungene romantische Komödie mit Starbesetzung, die durch ihre liebenswerte Komik und gekonnte Inszenierung aus dem Weihnachtsfilmallerlei heraussticht. Die gut aufgelegten weiblichen Stars werden von einem charismatischen, vielleicht manchmal etwas zu sehr grimassierenden, Jude Law und von einem für seine Verhältnisse eher zurückhaltend spielenden Jack Black unterstützt. In einer schönen Nebenrolle als alternder Hollywood Drehbuchautor sorgt zudem Eli Wallach für Höhepunkte. Filmfans kommen auch immer einmal wieder auf ihre Kosten. Ein komisches Highlight ist in diesem Zusammenhang der Cameo-Auftritt Dustin Hoffmans. Manche narrativen Entwicklungen gehen vielleicht etwas zu schnell. Die gute Laune, die dieser Film versprüht, kaschiert aber derartige Schwächen ganz gut.
Der stilprägende Klassiker „Laura“ von Otto Preminger ist der Prototyp eines mysteriösen Noir-Films und unterhaltsamen Whodonits. Eine undurchsichtige, selbstbestimmte und bildhübsche Frau, die Reihenweise Männerherzen bricht (Gene Tierney), steht im Mittelpunkt bei den Mordermittlungen eines jungen Polizeibeamten (Dana Andrews). Schauspiel und Dialoge begeistern, wie auch die exzellenten Schwarzweißbilder. Die ausgefeilte, kammerspielartige Kriminalgeschichte hält einige Überraschungen bereit und verdichtet sich mehr und mehr zu einem bitteren Liebesdrama. In Nebenrollen glänzen ein noch sehr junger Vincent Price und ein herrlich zynischer Clifton Webb.
„Systemsprenger“ von Nora Fingscheidt ist ein packendes, weitestgehend realitätsnahes und zurecht mit vielen Preisen überhäuftes Drama über ein „schwer erziehbares“, stark impulsives Mädchen. Helena Zengel, die das neunjährige Mädchen verkörpert, spielt genial diese sehr herausfordernde Rolle. Aber auch Albrecht Schuch als ihr idealistischer Schulbegleiter und Betreuer überzeugt mit seinem subtilen Schauspiel in jeder Hinsicht.
Handwerklich ist der Film auf hohem Niveau und inhaltlich durchweg spannend. Die Figurenzeichnungen sind komplex. Es werden glaubwürdige Menschen mit Stärken und Schwächen gezeigt. Die früheren familiären Umstände des Mädchens werden nur subtil angedeutet. Anscheinend ist die soziale Umgebung des Mädchens nicht alleine ausschlaggebend für das sehr auffällige Verhalten. Man muss wohl davon ausgehen, dass bei dem Mädchen leider auch eine genetisch veranlagte krankhafte Störung vorliegt. Glücklicherweise tritt ein derartiges Krankheitsbild bei Menschen eher selten auf.
Wer aber mit einem „schwierigen“ Kind konfrontiert wird, steht vor enormen Herausforderungen und kann glücklich sein, wenn professionelle Hilfe gewährt wird. Auch aus Erfahrungen in meinem persönlichen Umfeld weiß ich, dass in vielen Fällen Verbesserungen in der Sozialkompetenz möglich sind, wenn richtige Hilfestellungen vorliegen. Mit dem zunehmenden Alter nimmt die Reife auch bei entwicklungsverzögerten oder „schwierigen“ Kindern mit der richtigen Begleitung im günstigsten Fall zu. Sehr gut gefiel mir, dass auch bei einem derartig extremen Fall die Hoffnung auf eine positive Entwicklung vom Umfeld nicht aufgegeben wird.
„Exodus“ von Otto Preminger nach dem gleichnamigen Romanbestseller von Leon Uris ist ein episches, idealistisch angehauchtes Historiendrama über die Gründung des Staates Israel aus jüdischer Perspektive. Interessant ist aus heutiger Sicht, dass es hier nur sehr am Rande um den Konflikt der Israelis gegen die Palästinenser geht. Feindbilder sollten offensichtlich weitestgehend vermieden werden. Gegner sind in erster Linie die Briten. Großbritannien verwaltete die palästinensischen Gebiete nach dem Zusammenbruch des osmanischen Reiches und wollte eine massenweise Siedlung von Juden in den fraglichen Gebieten verhindern. Nach dem 2. Weltkrieg wurden daher anscheinend tausende heimatlose, europäische Juden, die sich auf heutigem israelischen Gebiet ansiedeln wollten, in von Briten verwaltete Lager auf Zypern interniert. Durch einen Trick und mit Hilfe Zyperns gelingt es, hunderte Juden auf das Schiff „Exodus“ zu schmuggeln - mit dem Ziel des zukünftigen Israels. Eine politische Zerreißprobe nimmt ihren Lauf.
Die komplexen historische Tatsachen werden bei dieser Romanverfilmung insgesamt eher verkürzt dargestellt. Vielmehr geht es um unterschiedliche Schicksale einzelner heimatloser Juden, die sich auf heutigem israelischen Gebiet ansiedeln möchten. Es kommt klar zum Ausdruck, dass kaum jemand, auch nicht die Engländer, während des 2. Weltkriegs die vor dem NS-Regime fliehenden Juden aufnehmen wollte. Immer wieder wird optisch und verbal gegen jüdische Stereotype angearbeitet - so gibt es bewusst blonde und südländisch aussehende Jüdinnen und Juden.
Auch unter den jüdischen Siedlern werden Konflikte gezeigt, da einige sich radikalisieren, um die Briten mit Anschlägen zu bekämpfen. Ein umsichtiger Anführer (Paul Newman) ist der Hauptprotagonist. Aber auch ein junger Radikaler (Sal Mineo) hat eine tragende Rolle. In einer der bewegendsten Szenen des Films erzählt er von den Gräueln der Nationalsozialisten in Auschwitz. Eine weitere sehr beeindruckende Szene zeigt die Räumung eines Kibbuzes, das droht angegriffen zu werden. Etwas überflüssig sind die Liebesgeschichten der Hauptfiguren. Zudem wird etwas vereinfachend suggeriert, dass die friedlichen Palästinenser durch ausgewanderte Nazis angestachelt wurden, die israelischen Siedler zu bekämpfen. Die Rede am Schluss des Films ist jedenfalls voller Hoffnung, dass es in der Region einmal ein friedliches Zusammenleben geben wird.
Es wurde offensichtlich mit viel Aufwand an vielen Originalschauplätzen gedreht. Manchmal leidet das Tempo des Films etwas durch die in die Länge gezogenen Außenaufnahmen. Das Schauspiel aller Beteiligten ist, mit leichten Abstrichen bei den weiblichen Darstellerinnen, gut, wobei Sal Mineo heraussticht. Sehr hörenswert ist der „Oscar“- prämierte Soundtrack von Ernest Gold.
Noch bis zum 29.04.2024 in der Arte-Mediathek: „Die Reise nach Tokyo“ von Yasujiro Ozu ist ein ruhig erzähltes, zeitloses Drama über das Aufeinandertreffen verschiedener Generationen einer Familie in Japan kurz nach dem 2. Weltkrieg. Ein älteres Ehepaar aus der Provinz begibt sich auf die weite Reise nach Tokyo, um die erwachsenen Kinder zu besuchen. Dabei stellt es fest, dass die Kinder und ihre Ehepartner kaum Zeit für den Besuch haben.
Das Geschehen wird in den für den japanischen Meisterregisseur typischen statischen, langen Einstellungen eingefangen. In diesem sehr ruhigen Inszenierungsstil kommt das Zwischenmenschliche, unterstützt von hervorragenden Schauspielerinnen und Schauspielern, bestens zur Geltung. Es prallen Welten aufeinander: Die Alten stehen für Traditionen und die Bedeutung der Großfamilie im alten Japan. Die erwachsenen Kinder repräsentieren die Moderne, den Kapitalismus und die Verwestlichung der jüngeren Generation unter dem Einfluss der USA. Bei den Kindern ist der westliche Einfluss bei der Kleidung am auffallendsten, sie lernen Englisch und zeigen noch mehr Egoismus als ihre Eltern. Die gesellschaftliche Entwicklung in Japan tendiert offensichtlich wie auch in Europa und den USA zu mehr materiellem Wohlstand, Vereinzelung und Auflösung bestehender Strukturen. Die Interaktion der Generationen in einer sich stark verändernden Welt wird von Ozu sehr präzise auf den Punkt gebracht. Viele der Probleme, die hier sehr subtil und leise aufgezeigt werden, sind universell und auf andere Gesellschaften im 20. und 21. Jahrhundert übertragbar.
Danke für diese schöne Aktion, Kidhan und Leinzi! Meine Nominierungen sind:
Bester Film:
Birdman oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit
Leid und Herrlichkeit
Der seidene Faden
Werk ohne Autor
Taxi Teheran
La La Land
La Grande Bellezza
Once Upon a Time in Anatolia
Parasite
Hereditary - Das Vermächtnis
Beste Serien:
SchleFaZ
Bodyguard
Der Stoff, aus dem der Kosmos ist
The Grand Tour
Bester Schauspieler:
Michael Keaton (Birdman)
Daniel Day Lewis (Der seidene Faden)
Antonio Banderas (Leid und Herrlichkeit)
Christoph Maria Herbst (Stromberg: Der Film)
Vincent Cassel (Alles außer gewöhnlich)
Beste Schauspielerin:
Marie Bäumer (3 Tage Quiberon)
Sandra Hüller (Toni Erdmann)
Frances McDormand (Three Billboards Outside Ebbing, Missouri)
Jennifer Lawrence (Joy- Alles außer gewöhnlich)
Olivia Coleman (The Favourite)
Beste Filmmusik:
Der seidene Faden
La La Land
Mackie Messer - Brechts Dreigroschenfilm
Les Misérables
Bohemian Rapsody
Noch bis zum 23.03.2024 in der Arte-Mediathek! Der skurrile, schwarzhumorige Erotikthriller „Gefahr im Verzug“ von Michel Deville bietet ungewöhnliche und gelungene Unterhaltung. Die Ehefrau (Nicole Garcia) eines älteren Unternehmers (Michel Piccoli) beginnt eine Affaire mit dem Gitarrenlehrer (Christophe Malavoy) ihrer Tochter.
Wer einen realistischen Thriller erwartet, wird möglicherweise enttäuscht. Es ist eher eine Groteske. Außergewöhnlich sind vor allem die Charaktere, die schamlos und super schräg in Erscheinung treten. Getragen werden sie von dem erstklassigen Schauspiel aller Beteiligten. Die Inszenierung ist immer wieder einfallsreich und mit ein paar schönen Szenenübergängen bestückt. Positiv hervorzuheben sind auch Kamera und Szenenbild. Sehr stimmungsvoll ist der Soundtrack mit viel klassischer Gitarrenmusik.
Den Titel „Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry“ darf man durchaus wörtlich verstehen. Denn etwas unwahrscheinlich ist leider das Motiv eines betagten Engländers (Jim Broadbent), von jetzt auf gleich Großbritannien zu Fuß zu durchqueren, um eine sterbende Bekannte zu besuchen. Die Tragikomödie von Hattie MacDonald ist ein Trauma-Bewältigungsdrama mit einigen gelungenen emotionalen Szenen. Ein bisschen zu offensichtlich sind jedoch die Botschaften der etwas überkonstruierten Geschichte nach dem gleichnamigen Roman von Rachel Joyce. Zudem wird gelegentlich auch etwas zu sehr auf die Tränendrüsen gedrückt.
Gelungen ist aber z.B. das reduzierte, trostlose Setting des Reihenhauses, in dem der Protagonist mit seiner Ehefrau lebt, das hervorragend zum emotionalen Zustand des Ehepaares passt, die Kameraarbeit und auch das Schauspiel aller Beteiligten. Penelope Wilton, als die durch Trauer emotional verhärtete Ehefrau des Pilgerreisenden, sticht dabei heraus. Der Soundtrack mit seinem ätherischen, urenglischen Gesang am Schluss und im Abspann passt gut zu diesem klassischen Feelgood-Film, der nachdenklich stimmen soll.
„Killers of the Flower Moon“ von Martin Scorsese ist ein bedrückendes, recht gut gelungenes Gerechtigkeitsdrama nach wahren Begebenheiten. Die amerikanischen Ureinwohner Osage lebten in den 1920er Jahren in einem Reservat und stießen dort auf Öl. Dies führte bei jedem einzelnen zu immensem Reichtum. Schon bald versuchten einige Weiße etwas von dem Kuchen abzubekommen. Eine perfide Mordserie nahm ihren Lauf.
Scorsese ist hoch anzurechnen, dass er schlimmes Unrecht an den amerikanischen Ureinwohnern vor dem Vergessen bewahrt. Die Inszenierung ist abwechslungsreich, da er dokumentarische Szenen geschickt untermischt und den Nachtrag des Falles in einer Radio-Live-Show vor Publikum, die in den 1940er Jahren sehr populär war, unterhaltsam und einfallsreich präsentiert. Zudem lässt es sich der große Meister nicht nehmen, zu Beginn eine Einführung zu geben und für ein Schlusswort in Erscheinung zu treten. Fraglich ist natürlich, ob der Film nicht schon für sich spricht und ob der Auftritt des Regisseurs nötig gewesen wäre.
Das Handwerk ist bei dem Film, wie zu erwarten, insgesamt sehr stimmig. Die Inszenierung wirkt allerdings mitunter etwas zäh. Die Charakterisierungen, insbesondere der Osage, hätten zudem ausgefeilter sein können. Der Fokus liegt zu sehr auf den weißen Übeltätern. Die Osage wirken dagegen leider ziemlich schablonenhaft. Möglicherweise liegt es an den beiden Hauptdarstellern, den Topstars Leonardo DiCaprio und Robert de Niro, denen offenbar Tribut zu zollen war. Weniger namhafte Stars hätten den Osage wahrscheinlich mehr Raum gegeben. Das Schauspiel von de Niro und DiCaprio ist tadellos, auch wenn ihnen mimisch nicht allzu viel abverlangt wurde. Da wurde die Hauptdarstellerin Lily Gladstone schon mehr gefordert. Trotz gewisser Schwächen ist dieser ungewöhnliche Neowestern ein wichtiger Film für die Aufarbeitung der U.S.-amerikanischen Vergangenheit.
Unbeschwertheit und Schrecken liegen in dem ungewöhnlichen, preisgekrönten Liebesfilm „Roter Himmel“ von Christian Petzold nah beinander. Zwei Freunde, ein angehender Schriftsteller (Thomas Schubert) und ein Kunststudent (Langston Uibel), reisen zusammen in ein Ferienhaus an die Ostseeküste. Bald stoßen noch ein einheimischer Rettungsschwimmer (Enno Trebs) und eine junge Ferienjobberin (Paula Beer) dazu. Alle sind guter Dinge und genießen die Zeit, nur der Schriftsteller verdirbt den anderen mit seiner Griesgrämigkeit die gute Laune. Schon bald bahnen sich Liebesbeziehungen an, Weichen für die Zukunft werden neu gestellt. Wie im wirklichen Leben liegen dabei Glück und Tragik nahe beinander.
Das Geschehen wird ungezwungen vermittelt und immer wieder mit kleineren oder größeren Überraschungen angereichert. Das Ende wirkt fast surreal. Kunst und Realität verschwimmen. Kleine, alltägliche Katastrophen werden überschattet von einer großen Naturkatastrophe, die alles relativiert. Aus dem Leid erwächst jedoch neue Kunst. Der Hit „In My Mind“ von den Wallners strahlt dabei zu Beginn und zum Ende des Films sommerliche Leichtigkeit und auch Geheinmisvolles aus.
Der Film wurde von Petzold stimmungsvoll, feinfühlig und mit einem leisen schwarzen Humor inszeniert. Er lebt auf altmodische Art mehr von Andeutungen als von expliziten Szenen. Trotzdem sind die Themen in vielerlei Hinsicht dem heutigen Zeitgeist angepasst und brandaktuell (entschuldigt das makabre Wortspiel, das sich hier förmlich aufdrängt).
Manche mögen denken - Schule ist der Horror. Wenn man „Das Lehrerzimmer“ von Ilker Çatak schaut, wird dieses Bild möglicherweise verstärkt. Dabei macht es sich dieses unterhaltsame Schuldrama nie leicht. Täter werden zu Opfern und Opfer zu Tätern. Lehrer leiden hier genauso wie Schüler.
Hauptfigur ist eine sympathische und engagierte Lehrerin (Leonie Benesch), die alles richtig machen möchte und dennoch mit einer fragwürdigen Aktion strauchelt und Gefahr läuft, ihren Ruf zu ruinieren.
Durchgehend spannend und ungezwungen werden gesellschaftlich relevante Themen wie Perfektionismus und (Über)Korrektheit versus Verlust von Moral, subtiler Rassismus versus übertriebenes Opferdenken und allgemeine Medienkritik (Stichwort: postfaktisches Zeitalter) verpackt.
Gedreht wurde im klaustrophobisch wirkendem 4:3 Format überwiegend im Schulgebäude. Die überaus gelungene Kombination aus Realismus und pointierter Übertreibung ist meisterhaft. Wirklich grandios ist auch die leicht surreale Schlusseinstellung, die an einen Königsthron erinnert und viel Interpretationsspielraum zulässt. Letztlich ist der Film ein perfektes Spiegelbild unserer Gesellschaft.
„Schloss des Schreckens“ von Jack Clayton ist ein subtil gruselnder Spukhausfilm, der verschiedenste Interpretationen zulässt und das Horror-Genre stark beeinflusst hat. Eine junge, hübsche Gouvernante (Deborah Kerr) soll sich um zwei außergewöhnliche Kinder kümmern, die in einem prächtigen Schloss zusammen mit weiteren Bediensteten leben. Schon bald kommt es zu übernatürlichen Begegnungen.
Große Schreckmomente sucht man vergebens. Dafür wird feinster Gothic Horror geboten. Die mitunter expressionistisch wirkende, technisch makellose Schwarzweißcinematografie trägt wesentlich zur angenehmen Gruselstimmung bei.
Großartig sind vor allem auch die Darstellerinnen und Darsteller, insbesondere Deborah Kerr und die Kinder. Schön ist, dass sich die Protagonistin durch das Geschehen nicht so schnell einschüchtern lässt und sehr lösungsorientiert die Probleme angeht. Letztlich bleiben doch einige Fragezeichen, wie das Geschehen zu deuten ist. Erkennbar ist, dass die Protagonistin auch mit ihrer unterdrückten Sexualität zu kämpfen hat. Der Film hatte großen Einfluss auf spätere Horrorklassiker wie z.B. „Shining“ von Stanley Kubrick und „The Others“ von Alejandro Amenábar.
Andere sind in diesem Alter schon im Altersheim. Aber vier hochbetagte, doch erstaunlich jung gebliebenen Hollywood-Ladys sorgen in der Komödie „Book Club - Ein neues Kapitel“ für viel unbekümmerte und federleichte Unterhaltung. Die Hauptdarstellerinnen sind keine geringeren als Diane Keaton, Jane Fonda, Mary Steenburgen und Candice Bergen. Und sie tragen mühelos dieses eher mittelmäßige Beziehungsgeplänkel mit Hochglanzbildern aus Italien. Das vierblätterige Kleeblatt macht nämlich eine Jungeselligenabschiedsfahrt nach Bella Italia.
Inhaltlich darf man nicht zu viel erwarten, aber immerhin sind viele Dialoge gelungen und sorgen für den ein oder anderen Lacher. Schön ist, wie sich die älteren Damen immer wieder selbst hochnehmen. Hier stechen die oft sehr trockenen Kommentare der von Candice Bergen verkörperten Dame heraus. Die Witze gehen nicht so unter die Gürtellinie wie im erste Teil „The Book Club“. Trotz aller Seichtheit muss man schon sagen, dass die Ladies einfach Klasse und Stil haben. Das witzige gepunktete Kleid der Diane Keaton ist das optische Sahnehäubchen.
„Der erstaunliche Monsieur Piccoli“ ist eine sehenswerte Dokumentation über einen der großartigsten Schauspieler Frankreichs - Michel Piccoli. Der extrem wandlungsfähige Piccoli begeistert in zahlreichen Klassikern des französischen und internationalen Films in großen, kleinen, sympathischen und unsympathischen Rollen. Am besten gefiel er mir in:
- „Die Dinge des Lebens“ von Claude Sautet
- „Pesthauch des Dschungels“ von Luis Buñuel
- „Die Verachtung“ von Jean-Luc Godard
- „Die Mädchen von Rochefort“ von Jacques Demy (mit einer schönen Gesangseinlage)
- „Das Mädchen und der Kommissar“ von Claude Sautet
- „Blutige Hochzeit“ von Claude Chabrol
- „Das große Fressen“ von Marco Ferreri
- „Eine Komödie im Mai“ von Louis Malle
- „Die Geschöpfe“ von Agnes Varda
Habe diese Dokumentation schon vor längerer Zeit auf Arte gesehen. Näheres, auch zu dieser Doku, auf Moviepilot in einem Artikel von Arte:
https://www.moviepilot.de/news/michel-piccoli-die-ikone-des-franzosischen-kinos-bei-arte-1127420
Das berührende Vater/Sohn-Drama „Fahrraddiebe“ von Vittorio de Sica gilt als Meisterwerk des italienischen Kinos und legte den Grundstein für den Neorealismus. Nachdem dem Plakatkleber Ricci das für seine Arbeit dringend benötigte Fahrrad gestohlen wurde, begibt er sich mit seinem Sohn auf die Suche nach seinem Drahtesel.
Gedreht wurde an Originalschauplätzen des noch durch den Krieg gezeichneten Roms jenseits touristischer Attraktionen. Das Schauspiel, gerade auch das der zahlreichen Laiendarsteller, wirkt authentisch, wie auch das Porträt der rauen Zeit. Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Not sind allgegenwärtig, Lebensfreude aber auch. De Sica blickt viel Mitgefühl auf die sozial Schwachen. Dabei geht es um die Bewältigung von Not und um menschliche Verfehlungen, die aus der Verzweiflung geboren werden. In wahrer Liebe erkennt man dies und akzeptiert den Moment der Schwäche bei seinem Nächsten. Das Ende ist einfach nur herzzerreißend.
„John Wick: Kapitel 4“ ist ein durchwachsenes Actionspektakel, das einen zugleich himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt zurücklassen kann. Der größte Pluspunkt sind die oftmals überragenden und sehr einfallsreich gestalteten, coolen Kulissen. Da hat insbesondere das Studio Babelsberg ganze Arbeit geleistet. Sound und Soundtrack sprechen ebenfalls die Sinne an. Die (offensichtlich) CGI-unterstützte Farbgebung und sehr farbenfrohe Beleuchtung sind auch beeindruckend, aber manchmal vielleicht schon etwas zu viel des Guten.
Inhaltlich darf man dagegen gar nichts erwarten. In erster Linie geht es darum, dass Hauptfigur JW seine Feinde ausradieren muss. Das erscheint alles ähnlich wie in einem Computer-Ballerspiel, surreale Kampf-Schauplätze inklusive. Bei einigen absurden Actionsequenzen sieht man auch recht deutlich, dass sie computergeneriert sind. Kriminalität und Gewalt finden oft in der Öffentlichkeit statt und haben etwas beiläufiges, normales. Niemand sieht sich anscheinend genötigt, dagegen vorzugehen. Leider fehlt es bei der generischen Action völlig an Spannung. Vieles ist vorhersehbar und zahlreiche Kampfsituationen wiederholen sich immer wieder. Der Film hätte gut um eine Stunde abgespeckt werden können.
Ein weiterer Schwachpunkt ist die Besetzung in manchen Nebenfiguren. Bill Skarsgart erscheint als Superbösewicht zu harmlos und blass. Shamier Anderson mit seinem Schäferhund wirkt zu nett für die Rolle und Ian McShane als Winston mit seinem Overacting irgendwie lächerlich. Keanu Reeves ist als Protagonist dagegen zwar minimalistisch, aber würdevoll und über jeden Zweifel erhaben.
Noch bis zum 30.11.2023 in der Arte-Mediathek (OmU)! Einen rätselhaften Zug sucht man in „Mystery Train“ von Jim Jarmusch vergeblich. Vielmehr spielt der Titel wohl auf den gleichnamigen Song von Elvis Presley an. Schauplatz dieses kunstvoll tragikomischen Episodenfilms ist Memphis, Tennessee, die Geburtsstadt des legendären „King of Rock n Roll“. Elvis ist auf subtile Art allgegenwärtig und sicherlich die größte Touristenattraktion des Ortes, der sich hier eher von seiner abgewrackten Seite zeigt.
„Arigato“ - auf japanisch „Danke“ ist eine Vokabel, die man unter anderem lernen kann, wenn man ein junges japanisches Paar bei dem Besuch der Stadt begleitet. Schließlich landet es in einem heruntergekommenen Hotel, wie auch eine spendable italienische Witwe und eine äußerst redselige Amerikanerin in der darauffolgenden Folge. Außerdem verschlägt es in der letzten Episode noch einen unglücklichen Briten mit zwei Freunden in das Hotel. Geschickt werden die drei Episoden mit verbindenden Elementen miteinander verwoben, bei denen unter anderem der Elvis-Song „Blue Moon“ und ein Schuss eine Rolle spielen.
Schräge Typen, witzige Dialoge mit lakonischem Humor, etwas „Mystery“ und etwas „Train“, aber nicht beides zugleich, ein stimmungsvoller Blues Soundtrack, ein kaputtes Amerika und fremde Sprachen sind die Zutaten dieser ausgefallenen, ruhig erzählten Komödie, die in jeder Beziehung ein typischer Jim Jarmusch-Film ist. Das Schauspielensemble, Kamera und Beleuchtung sind exzellent. Arigato, Jim Jarmusch!
„Getting Away with Murder(s)“ von David Wilkinson ist eine hervorragend recherchierte, komplexe und vor allem schockierende Dokumentation über Täter, die für systematische Tötungen im Namen des Nationalsozialismus verantwortlich waren. Kaum zu glauben, aber nur 1 % aller Täter, gut 7.000 Angeklagte, wurden wegen ihrer Verbrechen unter dem Hitler-Regime letztlich zur Rechenschaft gezogen. Es wird davon ausgegangen, dass ca. 700.000 bis 1.000.000 Menschen aus Deutschland und dem Ausland an systematischen Tötungen, wie der Vernichtung der Juden, beteiligt waren.
Warum kamen die meisten Täter davon? Das hatte sehr viele verschiedene Gründe. Ein wichtiger Aspekt ist der sich nach dem Zweiten Weltkrieg anbahnende Ost-West Konflikt. Vor allem in Westdeutschland wurde die Entnazifizierung von den westlichen Alliierten nur sehr halbherzig vorgenommen, da man Westdeutschland als Partner gegen die Sowjetunion gewinnen wollte. Die Nürnberger Prozesse wurden in der damaligen Öffentlichkeit kritisiert, da „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ angeklagt wurden. Diesen Tatbestand gab es aber zur Zeit des Nationalsozialismus noch nicht, sondern wurde erst im August 1945, also drei Monate nach Kriegsende, etabliert. Zudem war es wegen des Eisernen Vorhangs oft schwierig, Dokumente als Beweismittel und vor allem auch Zeugen herbeizuschaffen. Viele Täter sind weltweit untergetaucht, selbst in Großbritannien. Einige Täter wurden von ausländischen Regierungen als Geheimagenten eingespannt und sogar als Regierungsberater.
Hochbetagte Überlebende und Historiker aus ganz Europa kommen zu Wort. Täter aus Deutschland und auch aus dem Ausland werden porträtiert, Konzentrationslager und Gedenkstätten werden gezeigt. Zudem gibt es einige Originalaufnahmen (vor allem Fotos), die die Grausamkeit der Verbrechen zeigen, aber auch Bilder der Nürnberger Prozesse. Nicht nur die Vernichtung der Juden wird thematisiert, sondern auch kurz die der geistig Beeinträchtigten und der Homosexuellen. Lediglich die Verbrechen an den Sinti und Roma werden nicht angesprochen.
Auch wenn die Dokumentation handwerklich eher mittelmäßig ist, ist der Inhalt so bedeutsam, dass man diesen Film auf jeden Fall einmal gesehen haben sollte.
„Die Stadt der Blinden“ von Fernando Meirelles nach dem gleichnamigen Roman des Nobelpreisträgers José Saramago ist ein recht gut gelungener Endzeitfilm. Eine bösartige Pandemie greift um sich und lässt die meisten Menschen plötzlich erblinden. Um die Krankheitswelle einzudämmen, werden Erkrankte in ein altes Krankenhaus gesperrt und müssen sehen (natürlich können sie es nicht ;-), wie sie zurechtkommen. Unter den Menschen ist auch ein Augenarzt (Marc Ruffolo) mit seiner Frau (Julianne Moore), die ihn aus Liebe begleitet und nur so tut, als sei sie erkrankt. Schon bald entsteht in diesem rechtsfreien, abgeschiedenen Raum, in dem ein Menschenleben nicht viel zählt, ein Schreckensregime, angeführt durch den „König“ (Gael Garcia Bernal).
Das Drehbuch hat leider leichte Schwächen. Vor allem reagiert die Protagonistin, die Sehende, nicht immer plausibel. Die Kameraführung und das Schauspiel stechen dagegen positiv heraus. Die Inszenierung ist insgesamt gelungen. Als Sozialstudie ist dieser Film auch nicht uninteressant.
Derzeit in der Arte-Mediathek neben diversen Meistwerken des Regisseurs Jim Jarmusch!
Es ist immer spannend, den Debütfilm eines großen Regisseurs zu sehen. Aber manchmal muss man seine Erwartungen etwas zurückschrauben, schließlich ist aller Anfang schwer. So ist „Permanent Vacation“ von dem wunderbaren Jim Jarmusch ein eher durchwachsenes Werk.
Die Schwächen liegen nicht im winzig kleinen Budget. Das Handwerk ist in Ordnung, auch wenn man vor allem Abstriche beim Ton machen muss. Es fehlt einfach immer wieder an kreativen Einfällen. Die Begegnungen, die die in New York herumstreunende Hauptfigur hat, sind letztlich recht unspektakulär. Ähnliches gilt für einen Teil der Dialoge. Witzig ist vor allem die Anekdote über den Saxophonisten, der vergessen hatte, wie sich die Melodie von „Over the Rainbow“ fortsetzt und wie letztlich die aufeinanderfolgenden Terzen der Rettungswagensirene seine Erinnerung beflügelte. Den Witz versteht man allerdings nur, wenn man das Stück gut kennt.
Gelungen sind die konsequent schäbigen und kaputten Schauplätze in New York und die eindeutige Distanzierung vom üblichen Hollywood-Glanz, auch wenn spätestens mit den 1970er Jahren das Hollywood-Kino schon deutlich „dreckiger“ geworden ist. Die permanenten Anspielungen auf kriegerische Bomben in New York durch unterschiedliche Personen dürften als Kritik am Vietnam-Krieg zu verstehen sein, von dem in New York im Gegensatz zum Vietnam nicht viel zu spüren war. Jarmusch rüttelt mit seinem bewusst unproduktiven, punkigen Outlaw-Protagonisten auch mächtig am kapitalistischen Selbstbild der USA.
Die jazzige Saxophon-Musik, die auch in der Schlusssequenz zu hören ist, ist ebenfalls ein Lichtblick. Hier haben sich immer einmal musikalische Andeutungen von „Over the Rainbow“ eingeschlichen.
Abschließend kann man sagen, dass man schon deutlich die Handschrift des Regisseurs erkennen kann. So sei dieser Film zumindest Jim Jarmusch Fans ans Herz gelegt.