MareikeHB - Kommentare
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Alle Kommentare von MareikeHB
Die zeitlose Komödie „The Music Box“ mit den legendären Komikern Stan Laurel und Oliver Hardy zählt zu den berühmtesten Kurzfilmen des Duos und den großen Klassikern der Filmgeschichte. Laurel und Hardy sind hier Spediteure, die ein Klavier zu einem Haus liefern sollen, das nur über eine lange Treppe zu erreichen ist. Man glaubt nicht, was sich auf dem Weg zum Bestimmungsort, selbst noch im Haus, alles als Hindernis erweist. Natürlich stehen sich die beiden vor allem auch selbst immer wieder im Weg. Der raue Charme und die handfeste, herausragende visuelle Komik appellieren wunderbar an das kindliche Gemüt eines jeden Menschen. Besser kann man eine Slapstick-Komödie wohl kaum inszenieren. Ein Vergnügen für alle Altersgruppen.
Jeder kennt wahrscheinlich den berühmten, sinnlich lässigen Song „Un homme et une femme“ (🎼… Dabadabada Dabadabada…) von Francis Lai aus dem gleichnamigen, mehrfach preisgekrönten Liebesfilm „Ein Mann und eine Frau“ von Claude Lelouch, der, wie auch der Film, stilprägend für die 1960er Jahre ist. Ein Rennfahrer und alleinerziehender Vater eines kleinen Jungen (Jean-Louis Trintignant) trifft ein Scriptgirl (Anouk Aimee), ebenfalls alleinerziehend mit einer kleinen Tochter. Die Annäherung und das Alltagsgeschehen der beiden wird einfallsreich und stilvoll in losem Zusammenhang beeindruckend inszeniert.
Inhaltlich passiert nicht allzu viel, aber die Dialoge zwischen den Protagonisten sind immer wieder amüsant. Wirklich grandios ist die herausragende Kamera. Der zuweilen etwas experimentelle Charakter offenbart sich in einem Wechsel zwischen Farb- und Schwarzweißaufnahmen, einer durchdachten Beleuchtung und einer gewissen Sprunghaftigkeit, die wie Innerungsfetzen wirken. Bei den sehr dynamisch inszenierten Autorennszenen spürt man regelrecht das Benzin im Blut. Die Chemie zwischen den attraktiven Hauptdarstellern ist stimmig und der gesamte Soundtrack von Francis Lai innovativ und stimmungsvoll. Das Ende hätte vielleicht etwas mutiger sein können. Regisseur Lelouche und Anouk Aimee erhielten Oscar-Nominierungen. In den Kategorien „Bestes Originaldrehbuch“ und den „Bester fremdsprachiger Film“ gab es dann die begehrten Trophäen.
Ist das Kunst oder kann das weg? Der inzwischen hochbetagte Gerhard Richter ist einer der bedeutendsten Maler und Fotografen der Gegenwart. In der aufschlussreichen biografischen Dokumentation „Gerhard Richter Painting“ von Corinna Belz darf man dem großen Künstler in seinem Atelier auch bei der Arbeit zuschauen. Und das wirkt erstaunlich banal! Die beiden Gemälde, die er vor der Kamera kreiert, erscheinen weit weg von seiner sonstigen Kreativität und Genialität zu sein. Dementsprechend beäugt Richter diese Werke recht verhalten. Er räumt ein, dass die Kamera seine Schaffenskraft hemmt, da er seine Kunstwerke lieber im Verborgenen schafft. Man fühlt sich angesichts der zur Schau gestellten Kunst fast auf den Arm genommen.
Seine Menschenscheu und Schüchternheit werden unmittelbar erfahrbar. Der freundlich wirkende ältere Herr nuschelt und spricht eher einsilbig, teilweise etwas abgehoben fragmentarisch. Er wirkt äußerlich eher unauffällig, als wolle er bloß nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich lenken. Seine Vergangenheit wird durch historische Aufnahmen beleuchtet und durch Erzählungen bei dem Betrachten von Fotos. Laut überlegt er, ob er all seine Fotos vernichten soll, weil sie naturgemäß nur eine äußerst lückenhafte Realität widerspiegeln.
Viele seiner berühmten, künstlerisch sehr abwechslungsreichen Werke werden in ausgedehnten Kameraschwenks den Zuschauenden nahe gebracht. Auch darf man Zeuge bei der Vorbereitung einer Ausstellung sein. Das Licht von oben soll laut Richter möglichst kalt sein. Gerhard Richter: „Die Besucher der Ausstellung sollen sich nicht wohl fühlen.“
Als Mensch erscheint Richter rätselhaft, fast ein bisschen misanthropisch oder auch zynisch. Trotzdem offenbart er auch einen gewissen Charme und ganz eigenen Humor. Fraglich ist, ob er bei seiner Schüchternheit bereit war, in dem Film sein wahres Ich zu zeigen. Wahrscheinlich sieht er seine etwas schräge Selbstdarstellung im Film auch als Kunst. Seinen Kunstwerken gibt er immer eine gewisse Zeit, in der sie in seinen Augen bestehen müssen. Bei Zweifeln werden Bilder wieder übermalt. Ob dieses Schicksal auch den beiden im Film gemalten Werken blühte? Ich wäre nicht überrascht! Sein kunstvoll inszeniertes Selbst in diesem Film kann er bei Nichtgefallen jedenfalls nicht übermalen ;-).
Noch bis zum 12.09.2023 in der Arte Mediathek: Die äußerst beliebte, romantische Miniserie der BBC „Stolz und Vorurteil“ nach dem gleichnamigen Roman von Jane Austin ist ein keimfreies, sehr entspanntes Wohlfühlkino in bester britischer Tradition. In sechs Folgen von ca. 50 Minuten wird die mit hochgestochenen Dialogen angereicherte Liebesgeschichte recht ausgedehnt und mit viel Detailfreude präsentiert. In dem Film „Barbie“ von Greta Gerwig spielt diese Serie mit viel Augenzwinkern als Antidepressivum eine Rolle.
Dem Auge wird einiges geboten: Die farblich perfekt mit der Innenausstattung abgestimmten Kostüme sind gediegen und auch die Außenaufnahmen mit schönen Kulissen gelungen. Auf wirkliche Spannungsmomente und Dramatik wird weitestgehend verzichtet. Die Charaktere sind größtenteils archetypisch angelegt und spiegeln das charakterliche menschliche Spektrum recht gut. Manche Nebenfiguren, wie die Mutter und der Cousin, agieren vielleicht ein bisschen zu übertrieben, aber tragen auch zur Erheiterung bei. Gerade die beiden Hauptdarsteller Jennifer Ehle und Colin Firth überzeugen jedoch auf ganzer Linie. Der düster dahinschmelzende Blick von Colin Firth ist einfach Gold wert.
Trotz einiger Längen und einer etwas bieder-braven Inszenierung bietet der Mehrteiler liebenswerte Unterhaltung und Herzenswärme zum Wegträumen. Wenn man bedenkt, dass der Roman aus dem 19. Jahrhundert stammt, wird trotz der damaligen zahlreichen gesellschaftlichen Zwänge reichlich Frauenpower und eine schöne Abrechnung mit dem britischen Ständesystem geboten. Für viele ist diese Serie absoluter Kult.
Möglicherweise ließ sich Thomas Vinterberg bei dem Gerechtigkeitsdrama „Die Jagd“ von William Wylers Klassiker „Infam“ inspirieren. Auch in „Infam“ sind es unbedachte Aussagen eines Kindes, die gravierende Folgen haben und Menschen an den Rand der Gesellschaft drängen. Zwei Lehrerinnen und Leiterinnen eines Mädcheninternats (Audrey Hepburn und Shirley MacLaine) wird eine gleichgeschlechtliche Liebschaft unterstellt. Die sozialen Folgen einer derartigen Beschuldigung sind in der damaligen Zeit verheerend und existenzvernichtend.
Die Story ist spannend und glaubhaft. Wyler nähert sich dem damals heiklen Thema mit viel Mitgefühl für die beiden Hauptfiguren. Unterstützt wird er von zwei hervorragenden Hauptdarstellerinnen. Nur das Mädchen, das für die Rufschädigung verantwortlich ist, wird schauspielerisch etwas übertrieben dargestellt. Das Ende ist gut gelungen und für eine Hollywood-Produktion eher untypisch.
Das fesselnde Kriegsdrama „… und dennoch leben sie“ von dem berühmten italienischen Regisseur Vittorio de Sica wirft einen realistischen Blick auf die Nöte der Menschen, insbesondere der Frauen, in Italien während des 2. Weltkriegs. Eine junge Frau (Sofia Loren) flieht mit ihrer 12-jährigen Tochter aus Rom zu Verwandten auf das Land, um den Bomben zu entkommen. Doch auch dort können sie den Krieg nicht hinter sich lassen und werden mit italienischen Faschisten, deutschen Nazis, gestrandeten Engländern, Amerikanern und Nordafrikanern konfrontiert.
Auch wenn der Grundton überwiegend heiter ist, sind einige sehr harte und tragische Szenen zu verdauen. Hier wird jedenfalls nichts beschönigt. Die Lebenswirklichkeit in der damaligen Zeit wird überaus überzeugend dargestellt. Interessant ist z.B., dass die Frauen auf der Flucht ihre Koffer oft auf dem Kopf transportiert haben. Ein Tuch diente als „Polsterung“. Die hervorragend eingefangenen Schwarzweißbilder passen gut zur düsteren Epoche.
Die Protagonistin zeichnet sich durch eine temperamentvolle, komplexe Persönlichkeit mit Ecken und Kanten aus. Sofia Loren sieht man hier in einer ihrer besten Rollen, in der Blüte ihrer Schönheit. Als erste Darstellerin in einem nichtenglischsprachigen Film gewann sie völlig verdient den „Oscar“ als beste Hauptdarstellerin. In einer Nebenrolle sieht man den jungen Jean-Paul Belmondo mit Brille als schüchternen Intellektuellen. Der Lebenshunger der Menschen, aber auch die Verarbeitung traumatischer Kriegserlebnisse wurden von de Sica ausgesprochen einfühlsam inszeniert.
Das fesselnde Historiendrama „Schachnovelle“ von Philipp Stölzl ist eine überaus gelungene, aber sehr freie Adaption der berühmten gleichnamigen Novelle von Stefan Zweig. Ein Notar aus Wien, der das Vermögen vieler österreichischer Adeliger verwaltet, gerät nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland im Jahre 1938 ins Visier der Gestapo und in Isolationshaft. Bücher und Zeitungen werden ihm verwehrt, aber zufällig gelangt ein Buch über meisterliche Schachpartien in seine Hände. Er beginnt mit zunehmendem Eifer gegen sich selbst Schach zu spielen.
Hochwertige Bilder, geistreiche Dialoge und eine gehörige Portion Psycho-Horror zeichnen dieses spannend und erstklassig inszenierte Werk aus. Oliver Masucci verkörpert mit viel Herzblut den Protagonisten und Albrecht Schuch kompetent seinen eiskalten Widersacher. Schuch sieht man zudem noch, wie man der Besetzungsliste entnehmen kann, in der Rolle eines Schachgroßmeisters - ein Wiedererkennen ist hier aber wegen der überzeugenden Maske praktisch unmöglich.
Auch wenn der Film die Vorlage nicht originalgetreu umsetzt, ist diese freiere Interpretation insgesamt sehr stimmig. Der Film erscheint jedoch durch seine andere Akzentuierung deutlich härter als die Buchvorlage (wenn mich meine Erinnerung bei dem Buch nicht täuscht).
Der Autor und Bonvivant Oscar Wilde war sicherlich eine der schillerndsten Persönlichkeiten des späten 19. Jahrhunderts. In dem biografischen Film „Der Mann mit der grünen Nelke“ wird ein präziser Blick auf die Persönlichkeit des berühmten Künstlers geworfen und auch auf seine Nöte im prüden viktorianischen Großbritannien, die sich aus seiner Bisexualität ergeben. Auf dem Gipfel seines Erfolges provoziert der einflussreiche Vater seines jüngeren Geliebten ihn mit einer Notiz auf seiner Visitenkarte „für Oscar Wilde, posierenden Sodomiten“. Wobei sich „Sodomit“ (von Sodomie) damals auf Analverkehr bezog, (vgl. Wikipedia). Daraufhin folgten mehrere Prozesse, in denen das Sexualleben Wildes aufgerollt wurde.
Mit viel Taktgefühl und emphatisch werden die Probleme Wildes (Peter Finch), die sich aus seinem ausschweifenden Privatleben ergeben, geschildert. Wilde wird immer als Respektsperson dargestellt und niemals der Lächerlichkeit preisgegeben. Wildes Humor und seine legendäre Schlagfertigkeit sorgen immer wieder für sehr amüsante Momente. In dem ersten Prozess wird Wilde von dem gegnerischen Anwalt (James Mason) in einem Kreuzverhör auch zu seinen Schriften befragt. Die Dialoge sind geistreich und vom Feinsten. Aber auch das Szenenbild ist exquisit. Dass die Briten weltweit die besten Darsteller auch in kleinsten Nebenrollen haben, wird wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Selbstverständlich gibt es auch eine vornehme britische Zurückhaltung, was das Zeigen von expliziten Szenen betrifft. Das war in der Entstehungszeit des Films natürlich gängige Praxis. Leider scheint eine deutsche Sprachversion derzeit nicht verfügbar zu sein.
Nur noch kurz im Prime-Abo: Die episodische romantische Komödie „Liebe ist…“ ist sicherlich ein „Tatsächlich … Liebe“ für Arme. Dennoch weiß sie auf unbeschwerte Art recht gut zu unterhalten. Wenn man seinem Gehirn weitestgehend eine Pause gönnen möchte, darf man sich an charmanten Darstellern und zumindest einigen gelungenen Gags erfreuen.
Bei der Besetzung schießen der stilvoll griesgrämige Jeremy Irons und die zauberhafte Diane Keaton als Blinde den Vogel ab. Überraschenderweise ist auch Veronica Ferres mit von der Partie. Angenehm ist bei aller Sinnfreiheit des Drehbuchs das Fehlen kitschiger Szenen. Dies ist bei Romcoms sicherlich nicht selbstverständlich.
Das sorgfältig inszenierte Drama „Zwischen Welten“ von Regisseurin Feo Aladag zeigt ein Stück jüngerer Geschichte, nämlich den Einsatz deutscher Soldaten und ihrer afghanischen Helfer in Afghanistan im Kampf gegen die Taliban. Im Zentrum des Geschehens stehen ein deutscher Hauptmann und sein afghanischer Übersetzer. Beide Protagonisten stehen „zwischen Welten“, zwischen zwei völlig unterschiedlichen Kulturen. Verständigungsschwierigkeiten auf beiden Seiten werden glaubhaft und subtil dargestellt. Das recht ruhig geschilderte Geschehen hat einen fast dokumentarischen Charakter, dennoch wird man auch emotional berührt.
Es ist kein Actionfilm, trotz einiger Kampfszenen und auch keine klassische Heldengeschichte. Dennoch dürfen die Hauptfiguren in einem spannenden Finale über sich hinauswachsen. Glück und Tragik liegen allerdings nah beinander. Die Gefährlichkeit und der Terror der Taliban liegen immer bleischwer in der Luft. Inszenierung und Kamera sind auf einem hohen Niveau. Nicht umsonst lief dieses fesselnde und lehrreiche Drama im Wettbewerb auf der Berlinale.
Der italienische Komponist Ennio Morricone zählt sicherlich zu den begabtesten und einflussreichsten Künstlern im Bereich Filmmusik des 20. Jahrhunderts. Er war mit seinem umfangreichen und oftmals herausragenden Schaffen genial und außerordentlich kreativ. Die Musik-Dokumentation „Ennio Morricone - Der Maestro“ von Giuseppe Tornatore ist, was die Analyse seiner Musik betrifft, informativ, aber handwerklich sehr konventionell gestaltet. Über den Menschen Morricone erfährt man, bis auf, dass er schüchtern war, neben minimalstem biografischen Hintergrundwissen nichts.
Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse seiner bedeutendsten Kompositionen. Die Einflüsse reichen von Igor Strawinski bis Johann Sebastian Bach. So verwendete er, wie auch schon Bach in einem seiner Stücke, bewusst die Noten b, a, c, h in seinem Soundtrack zu „Der Sizilianer“. Spannend ist, wie es Morricone immer wieder gelang, unterschiedlichste musikalische Stilrichtungen zu einem homogenen Ganzen zu verbinden und mit ungewöhnlichen Instrumenten, Klängen und Rhythmen zu experimentieren. Sein Anspruch war, dass seine Filmmusik auch für sich stehen kann. Viele seiner Melodien sorgen immer wieder für Gänsehaut-Momente.
Regelmäßig hatte er über Jahrzehnte den Wunsch, aus dem Filmgeschäft auszusteigen, um ein „ernsthafter“ Komponist zu werden, da Komponisten von Filmmusik oft in einem Vergleich zu Komponisten sogenannter ernster Musik nicht als ebenbürtig angesehen wurden. Der Erfolg gab aber letztlich Morricone recht. Bei den „Oscar“-Verleihungen wurde er allerdings erst im hohen Alter mit einem „Ehren-Oscar“ und sodann mit einem „Oscar“ für „The Hateful 8“ bedacht. Er und auch viele andere waren wohl sehr enttäuscht, dass er die Auszeichnung nicht für die grandiose musikalische Untermalung des Films „Mission“ erhielt.
Der Aufbau der Dokumentation ist überwiegend gleich: Es werden kurze Ausschnitte von Filmen mit seinen bekanntesten Kompositionen gezeigt. Davor und/oder danach wird die Musik vom großen Meister selber und bekannten Zeitgenossen, u.a. Quincy Jones, Hans Zimmer, diversen Sängern und Regisseuren, kommentiert. Zum Schluss gibt es noch eine extra große Portion Schwärmerei. Schade, filmisch hätte Tornatore als Regisseur, der immerhin ein Meisterwerk wie „Cinema Paradiso“ schuf, mehr Kreativität zeigen können. Aber vielleicht wollte er nicht von der Genialität eines Morricone ablenken und sich künstlerisch hintenanstellen.
„Triangle of Sadness“ ist eine amüsante, rabenschwarze, nur vordergründig simpel gestrickte Komödie in drei Akten mit gesellschaftskritischen Anklängen. Reiche und Schöne erleben nach einem Schiffsunglück auf einer Luxusyacht, dass Reichtum und Schönheit nicht in jeder Lebenssituation das Leben leichter machen.
Zu Beginn zeigt sich ein Paar, das eine reine Zweckbeziehung lebt. Es geht dabei nur um Geld und Erfolg. Im zweiten und dritten Teil sieht man hämisch dabei zu, wie es den Schönen und Superreichen, die ihr Geld aus fragwürdigen Quellen erwirtschaftet haben, an den Kragen geht. Underdogs, traditionell Benachteiligte, dürfen dagegen aufblühen und ihre Macht demonstrieren. Diese Umkehrung gesellschaftlicher Machtverhältnisse ist recht simpel gestrickt und vor allem sehr plakativ. Andererseits ist Gut und Böse nicht immer klar gezeichnet, vielmehr werden auch Sympathieträger von der Macht korrumpiert, möglicherweise sogar, wenn man das offene Ende betrachtet, sogar straffällig.
Die Botschaft des Films ist im ersten Akt: Wir leben in einer materialistischen, oberflächlichen Welt. Darüber hinaus beschreibt der Film im zweiten und dritten Akt sinngemäß auch den Niedergang der oftmals dekadenten, überalterten westlichen Zivilisation und lässt bewusst offen, ob es eine Rettung gibt. Macht ist jedenfalls immer toxisch, egal wer sich ihrer bedient und kann so vergänglich sein wie die Schönheit.
Fakt ist, dass zwei Gruppen den Untergang der heutigen „Zivilisation“ möglicherweise leichter überleben könnten, die Kulturen, die sich mit den simpelsten Überlebenstechniken auskennen, im Einklang mit der Natur leben und die Superreichen, die irgendwo auf der Welt ein sicheres Schlupfloch gefunden haben.
Der ungewöhnliche Western „Westlich St. Louis“ zählt zu den unbekannteren Werken John Fords, aber immerhin zu den Lieblingsfilmen des berühmten Regisseurs. Zwei Pferdehändler begleiten einen Treck von Mormonen auf dem beschwerlichen Weg nach Kalifornien und treffen auf fahrende Künstler, gesuchte Banditen, die sich dem Treck anschließen und Navajos.
Ein Soundtrack, der überwiegend aus folkloristischem Gesang besteht, der fast dokumentarische Charakter des Films mit vielen malerischen Nahaufnahmen von Gesichtern zeichnen den Western ebenso aus, wie die detaillierte Beschreibung des Miteinanders und das weitestgehende Fehlen typischer Western-Spannungselemente. Es ist ein Plädoyer für Toleranz mit einem Sammelsurium skurriler Typen, die teilweise auch für Erheiterung sorgen. Dabei überzeugt die wenig namhafte Darstellerriege rund um Ben Johnson auf ganzer Linie.
Die Navajos werden zwar klischeehaft als typische „Film-Indianer“ und nicht kulturgetreu dargestellt, dafür ist der Blick auf sie versöhnlich. Das Streben nach einem Leben in Harmonie, das verbindende Element in einem Land völlig unterschiedlicher Kulturen und der bewusste Fokus auf gesellschaftliche Außenseiter ist Ford hier offensichtlich wichtiger, als das typische reißerische Gegeneinander, das man in vielen anderen Western findet. Natürlich dürfen in einem Ford-Western auch die hervorragenden Landschaftsaufnahmen, oftmals im Gegenlicht und mit viel Staub, nicht fehlen.
„Matador“ von Pedro Almodóvar ist eine unterhaltsame, manchmal etwas drastische Thriller-Groteske. Die Protagonisten, u.a. Antonio Banderas, bewegen sich dabei in einem Geflecht gestörter Beziehungen.
Knallige Farben, eine einfallsreiche Regie und ein mitunter derber Humor zeichnen dieses Frühwerk des großen Regisseurs Almodóvar aus. Damit reiht sich der Film stilistisch mühelos in viele seiner übrigen Filme ein. Als Regisseur hat Almodóvar eine unverkennbare Handschrift.
Wer Realismus sucht, sucht vergebens. Alles ist überzeichnet. Auch an einer Thriller-Spannung fehlt es. Dieses Manko wird aber durch viele einfallsreiche, komische und seltsame Momente übertüncht. Zudem erfolgt eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Themen wie (toxische) Männlichkeit sowie Machtstrukturen, und es ertönt auch, ganz in der Tradition eines Luis Buñuel, eine leise Religionskritik.
„Die zwei Gesichter einer Frau“ von Dino Risi ist ein wendungsreiches, mysteriöses Beziehungsdrama, das verschiedene Genre (Giallo, Horror, Psychothriller) leicht touchiert. Ein gutbürgerlicher Italiener (Marcello Mastroianni) begegnet einer früheren Liebe (Romy Schneider), von der behauptet wird, dass sie vor einigen Jahren verstorben sei. Das Erzähltempo ist recht gemächlich und weitestgehend - bis auf eine überraschend blutige Gewaltszene - ohne Knalleffekte. Dafür bleibt durch die rätselhaften Begebenheiten kontinuierlich eine gewisse Grundspannung erhalten. Das Ende ist wunderbar konsequent.
Mastroianni ist, wie immer, eine sichere Bank und Romy Schneider besticht einmal mehr durch ihre fantastische Ausstrahlung. Man sieht sie hier auch als ältere Frau mit einer recht gelungenen Maske. Es wird viel mit den Erwartungen der Zuschauer gespielt. Manche dürften enttäuscht sein, dass der Film nicht die erhoffte genrespezifische Richtung einschlägt. Fest steht: Eine alte Liebe lässt sich nicht leicht aus dem Gedächtnis tilgen. Unter bestimmten Bedingungen kann sie wieder sehr präsent werden und aufflammen…
„Mr. Deeds geht in die Stadt“ von Frank Capra ist ein äußerst charmanter, kurzweiliger Komödienklassiker aus der „Goldenen Ära“ Hollywoods mit humanistischen Botschaften. Der aufrechte und bescheidene Mr. Deeds (Gary Cooper) aus einer u.s.-amerikanischen Kleinstadt erbt völlig unvermittelt ein Vermögen im Wert von 20 Mio. Dollar. Als er sein Erbe in New York antritt, lauern schon einige „Aasgeier“ mit dem Ziel, ihn zu übervorteilen und auszunutzen. Zudem bahnt sich eine zarte Liebesgeschichte an.
Knackige Dialoge, hervorragendes Schauspiel und schön verpackte Botschaften zeichnen dieses Meisterwerk Capras aus. Ein einfacher Mann muss sich in einer rauen Welt behaupten, die von Habgier und Sensationslust geprägt ist. Das ist heute so aktuell, wie vor fast 90 Jahren, als dieser Film entstand. Erfreulich ist auch, dass es, wie häufig in den Werken Capras, wieder eine starke Frauenrolle gibt - Jean Arthur mimt hier eine erfolgreiche Reporterin. Der Gerichtsprozess am Ende, in dem es auch um urmenschliche Ticks und Schwächen geht, ist ein wunderbar inszenierter, glanzvoller Höhepunkt.
„Meine Stunden mit Leo“ von Sophie Hyde ist ein kurzweiliges Kammerspiel - erfrischend wie eine Sommerbrise - über eine ungewöhnliche Beziehung. Eine desillusionierte, pensionierte Lehrerin (Emma Thomson) bestellt sich einen Callboy (Daryl McCormack), um ihr nicht erfülltes Sexualleben aufzuarbeiten. Bei ihren regelmäßigen Treffen finden beide zunehmend zu sich selbst.
Der junge Callboy Leo Grande, perfekt verkörpert durch Mc Cormack, wird fast märchenhaft romantisierend dargestellt: Er sieht nicht nur blendend aus, sondern verhält sich auch äußerst einfühlsam und glänzt mit einer ausgezeichneten Bildung. Die wieder einmal großartige Emma Thomson verleiht ihrer Rolle viel Verletzlichkeit und Würde. Sie scheut sich auch nicht vor kompletter Nacktheit. Die Annäherung der beiden, nicht nur auf offensichtlichen Ebenen, wird dabei mit viel Fingerspitzengefühl und mit Sinn für feinsinnigen Humor inszeniert. Wenn auch die Charakterzeichnungen etwas übertrieben und schablonenhaft erscheinen, verbleibt doch ein sehr lebens- und sexualitätsbejahender Film mit vielen positiven Grundaussagen, der gekonnt unterhält.
Bis zum 03.08.2023 in der Arte-Mediathek! Viele mag „Zwei oder drei Dinge, die ich von ihr weiß“ von Jean-Luc Godard ratlos zurücklassen. Es ist ein typischer Kunstfilm des Großmeisters mit einem mächtigen intellektuellen Einschlag. Hier ist das Miträtseln und Grübeln über das, was dargeboten wird, eine logische Konsequenz. Wer damit leben kann, wird seine helle Freude daran haben, denn es gibt wohl kaum ein überzeugenderes Porträt der Mittelklasse in Paris in den Jahren 1966/1967.
Gezeigt wird ein Paris der Moderne, vielfach Großbaustellen mit schwerem Gerät, Plattenbauten und auch z.B. eine vollautomatisierte Waschstraße. Protagonistin ist eine stilvolle, verheiratete Frau mit Kindern, die nebenbei die Familienkasse mit Prostitution aufbessert, als ob es das Normalste von der Welt wäre. Meistens sieht man diese Dame bei alltäglichen Dingen, in der Familie, beim Einkaufen, im Restaurant, beim Friseur etc. Dabei bekommt man immer wieder durch ihre Stimme aus dem Off Einblicke in ihre komplexe Gedankenwelt. Auch für zahlreiche Nebenfiguren gibt es eine mehr oder weniger tiefsinnige Stimme aus dem Off. Darüber hinaus gibt es noch einen kryptischen Erzähler, der auch gerne einmal flüstert.
Aus zahlreichen Versatzstücken entsteht ein philosophisches, tiefgründiges Gesellschaftsporträt, das die Strömungen der damaligen Zeit äußerst gelungen und unterhaltsam auf den Punkt bringt: der überwältigende Einzug der Moderne vor allem im städtischen Leben, die sexuelle Befreiung, der Vietnam Krieg, Konsumkritik, die innenpolitische Situation Frankreichs etc. Man wundert sich vielfach, was es in der damaligen Zeit schon für Konsumgüter gab - zumindest, wenn man diese Zeit nicht erlebt hat.
Letztlich wird bewusst eine künstliche Welt geschaffen - das Szenenbild ist sehr durchdacht und stylisch. Mit dem Einzug der Moderne gibt es schließlich auch immer mehr Artifizielles, Menschengemachtes. Eine Narrative im klassischen Sinne sucht man vergebens. Dafür gibt es immer wieder wunderbare, nachdenklich stimmende und humorvolle Bonmots.
„Don’t Worry About India“ ist eine unterhaltsame und informative, teilweise auch autobiografisch geprägte Dokumentation über Indien und seine Menschen vor der richtungsweisenden Parlamentswahl 2019. Arjun Jr., der mittlerweile in der Schweiz lebt, setzt sich gekonnt mit seinem Geburtsland Indien auseinander und hinterfragt das demokratische Erbe Gandhis. Er sieht die Einheit Indiens durch polarisierende Parteien gefährdet. Unterschiedliche Kulturen, die lange Zeit friedlich nebeneinander existierten, werden durch Politiker gegeneinander aufgehetzt.
Zudem beschäftigt er sich mit dem Kastensystem Indiens und interviewt Personen, die unterschiedlichen Kasten angehören, aber auch Verwandte - zu dem Thema Wahlen. Dabei berücksichtigt er den starken Gegensatz zwischen der zum großen Teil modern lebenden Stadtbevölkerung und der traditionell lebenden Landbevölkerung. Letztlich wird ein informativer Querschnitt der überaus vielfältigen indischen Kultur gezeigt. Die Aufnahmen sind immer wieder überraschend und sehr abwechslungsreich. Zudem versprüht der Filmemacher, der diesen Film aus dem Off kommentiert, einen herrlich selbstironischen, lakonischen Humor.
Bis zum 08.09.2023 in der Arte-Mediathek! Insbesondere für Westernfans sehr aufschlussreich! „Hollywood-Indianer“ von Neil Diamond und Katherine Bainbridge ist eine gelungene und sehr informative Geschichtsdokumentation über amerikanische Ureinwohner im Film. Neben zahlreichen Nachfahren amerikanischer Ureinwohner kommen auch Regielegenden, wie Jim Jarmusch und Clint Eastwood zu Wort. Regisseur Neil Diamond, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Sänger, stammt selbst von amerikanischen Ureinwohnern ab und reist von Kanada bis nach Hollywood, um auf den Spuren verschiedener Stammeskulturen zu wandeln. Damit räumt er mit manchem Hollywood-Indianer-Klischee auf.
Überraschend ist, dass es in der Stummfilmzeit Anfang des 20. Jahrhunderts noch völlig selbstverständlich war, die amerikanischen Ureinwohner so zu zeigen, wie sie tatsächlich waren. Es entstanden zahlreiche erfolgreiche, kurze Filme über das Brauchtum und es gab schließlich sogar einen bekannten Hollywoodstar, der immer wieder mit Erfolg „Indianer“ verkörperte, bis sich herausstellte, dass er (auch) afrikanisches Blut hatte. Erst in den 1930er Jahren wurden die amerikanischen Ureinwohner zunehmend stereotyp als brutale „Wilde“ mit Federschmuck dargestellt, die von „rechtschaffenen“ Weißen, oftmals verkörpert von John Wayne, vermeintlich legitim abgeknallt werden durften. Ein wegweisender Film war in dieser Hinsicht der stilprägenden Western „Stagecoach“ von John Ford.
In den 1950er Jahren entstand sodann das Bild des „Edlen Wilden“ - Indianer als gutherzige mythische und mystische Wesen. Völlig normal war inzwischen, dass die Ureinwohner von Weißen, oftmals namhaften Hollywoodstars, gespielt wurden. Auf kulturelle Unterschiede aufgrund der zahlreichen Stammeskulturen wurde ebensowenig Rücksicht genommen, wie auf eine sprachliche Differenzierung. Häufig mussten die „Indianer“ ein albernes, bruchstückhaftes Englisch sprechen. Unter anderem machte Hollywoodstar Marlon Brando in den 1970er Jahren schließlich gezielt auf die Diskriminierung der amerikanischen Ureinwohner in der Gesellschaft aufmerksam.
Zu „menschlichen Wesen“ mit differenzierten Charakterzügen, wie der Regisseur Diamond beschreibt, wurden die amerikanischen Ureinwohner im Film erst seit den 1990er Jahren. Seitdem entstanden auch bedeutende Filme von Nachfahren der amerikanischen Ureinwohnern selber, wie z.B. „Smoke Signals“ von Chris Eyre und „Atanarjuat“ von Zacharias Kunuk.
„Citadel“ ist eine inhaltlich aufgeblasene, geheimnistuerische, mäßig spannende Agentenserie mit James Bond Flair. Hervorzuheben sind die durchaus gelungenen Bilder, der exzellente Sound und die soliden schauspielerischen Leistungen. Die beiden attraktiven Hauptdarsteller Priyanka Chopra Jonas und Richard Madden wirken cool und souverän. Madden erinnert mich optisch immer an den jungen Robert Wagner.
Inhaltlich überzeugt die Serie leider weniger. Spannung möchte oftmals nicht aufkommen, da die vielen Rückblenden ermüden und das Geschehen ausbremsen. Zudem wirken die zahlreichen Wendungen aufgesetzt und oft an den Haaren herbeigezogen. Da kann man manchmal nur den Kopf schütteln. Auch die Kampfszenen können aufgrund der hektischen Schnitte nicht restlos überzeugen. Die generische Filmmusik bewegt sich auf einem mittleren Niveau. Wir dürfen gespannt sein, ob die Produzenten in den angekündigten kommenden Staffeln inhaltlich dazulernen werden. Zum Berieselnlassen ist die Serie bislang durchaus in Ordnung.
„Weites Land“ von William Wyler ist ein Edelwestern und zugleich ein episches Familiendrama. Ein Gentleman von der Ostküste (Gregory Peck) reist zu seiner Verlobten in den Westen, der Tochter eines Rinderbarons, und gerät in den Konflikt zweier verfeindeter Rancher. Gut und Böse ist überwiegend klar gezeichnet, aber es gibt auch spannende zwiespältige Charaktere, verkörpert von Charton Heston und Burl Ives, die sowohl helle, wie dunkle Seiten zeigen dürfen.
Die Figurenkonstellation ist komplex und die Geschehnisse werden spannend sowie wendungsreich dargeboten. Es folgt eine gelungene Auseinandersetzung mit Begriffen wie Mut, Männlichkeit, Eifersucht, Liebe, Gehorsam, verblendete Führung und Vater/Sohn-Konflikt. Leider wird ein Mexikaner, wie häufig in der Entstehungszeit des Films, stereotyp als nicht wirklich ernstzunehmender Charakter dargestellt. Die Kamera ist ausgezeichnet und fängt insbesondere die Weite der Prärie wunderbar ein. Auch die Filmmusik von Jerome Moross ist grandios mit einem der eingängigsten und bekanntesten Westernfilmmusikthemen überhaupt.
„Die Jagd“ von Thomas Vinterberg ist ein reißerisches Gerechtigkeitsdrama, das einen zwiegespalten zurücklässt. Ein Kindergärtner (Mads Mikkelsen) wird in einer kleiner Ortschaft in Dänemark zu unrecht des Kindesmissbrauchs beschuldigt. Handwerklich ist der fesselnd inszenierte Film mit erlesenen Bildern in jeder Beziehung exzellent umgesetzt. Dabei kann man leider schnell ein paar gravierende inhaltliche Schwächen übersehen.
Das Thema Kindesmissbrauch ist natürlich sehr brisant. Oftmals haben aufgrund des offensichtlichen Machtgefälles die Opfer das Nachsehen. Viele Taten werden nicht oder erst viele Jahre später angezeigt. Hier wird der Spieß umgedreht und ein Kind wird zum „Täter“ mit einer unberechtigten Beschuldigung. Daraus ergibt sich ein spannender, aber völlig unglaubwürdiger Horrortrip für den Protagonisten. Die Geschehnisse sind weitestgehend an den Haaren herbeigezogen: die völlig unprofessionelle Befragung des Kindes, die Leichtgläubigkeit und übertriebene Brutalität der Dorfbewohner, die an Lynchjustiz erinnert, die fast schon masochistische Wehrlosigkeit des Protagonisten. Nur einmal wehrt er sich - natürlich körperlich. Die Menschen scheinen in einem vernunft- und rechtsfreien Raum zu leben und nicht in der heutigen Zeit, in einem aufgeklärten Land wie Dänemark. Vielleicht hätte man besser daran getan, die Geschichte in die Vergangenheit zu legen.
Andererseits ist man auch in der heutigen Gesellschaft immer schnell mit Vorverurteilungen dabei, was hier offensichtlich angeprangert wird. Zudem bleibt oft bei Beschuldigten in Augen der Öffentlichkeit noch etwas haften, selbst wenn die Person freigesprochen wurde. Diese redlichen Botschaften werden leider sehr plakativ und effekthascherisch übermittelt, offensichtlich um dem Publikum zu gefallen. Etwas versöhnlich ist dabei der Gedanke, dass sich Missbrauchstäter nicht zu sicher fühlen sollten und mit einer totalen sozialen Ächtung rechnen können, wenn ihre Taten ans Licht kommen. Richtig ist allerdings auch, dass man bei jeder Beschuldigung wegen der gravierenden Konsequenzen ganz genau hinschauen sollte. Dies sollte in einem Rechtsstaat, in dem „in dubio pro reo - im Zweifel für den Angeklagten“ gilt, allerdings eine Selbstverständlichkeit sein.
„Christopher Columbus“ ist ein informativer, aber recht spannungsarmer Historienfilm über den berühmten gleichnamigen Entdecker des amerikanischen Kontinents. Mit der hier federführenden britischen Produktionsgesellschaft Gainsborough Pictures, die sich in den 1940er Jahren einen Namen mit äußerst erfolgreichen Kostümfilmen, wie „The Wicked Lady“ und „The Man in Grey“, gemacht hat und auch eine kurze Zeit Alfred Hitchcock unter ihren Fittichen hatte, verbindet man eher gekonnte, zuweilen reißerische Unterhaltung.
Die erste Hälfte, in der es um die Bewilligung von finanziellen Mitteln für die Expedition und Intrigen am spanischen Königshof geht, ist eher ermüdend. Hinzu kommt, dass Frederic March als Darsteller diesmal leider eine gewisse Künstlichkeit versprüht. Man hat nicht das Gefühl, dass er sich in seiner Rolle wirklich wohl gefühlt hat. Mit der Laufzeit, insbesondere als es auf Entdeckertour geht, wird der Film interessanter. Schön ist, dass mit echten amerikanischen Ureinwohnern gedreht wurde - damals keine Selbstverständlichkeit. Die Filmmusik von Athur Bliss ist recht aufdringlich, aber immerhin unter der Leitung des bekannten Dirigenten Muir Mathiesen dargeboten. Zum Schluss dient noch das legendäre „Ei des Columbus“ als Modell für die Lebensweisheit, dass viele Dinge leicht sind, nachdem man sie uns gezeigt hat.
Derzeit im Prime-Abo: „Blutiger Freitag“ von Rolf Olson ist ein äußerst unterhaltsamer, aber auch bluttriefender Gangsterfilm im Stile der italienischen Poliziotteschi. Aus jeder Pore atmet er den Zeitgeist der 1970er Jahre - revolutionäres Gedankengut in Robin Hood Manier und reaktionäres Denken in Teilen der Bevölkerung inklusive.
Raimund Harmsdorf verkörpert den brutalen Gangster mit viel Leidenschaft. Auch die übrige Besetzung ist mit Spielfreude dabei. Die ausufernden Gewaltdarstellungen sind ziemlich deftig inszeniert und zeugen oftmals von einem rabenschwarzen Humor. Dazu passen auch die witzigen, kodderigen Dialoge. „Blutiger Freitag“ ist eine Genre-Perle mit einer Extraportion B-Film-Charme.