Mimuschka - Kommentare

Alle Kommentare von Mimuschka

  • 8

    wer sich noch nicht von dem dummen trailer hat abschrecken lassen, der einen völlig falschen eindruck vermittelt, und wer zudem noch nicht allzu viel vom inhalt mitbekommen hat, den erwartet ein höchst fesselndes mystery-puzzle, das bis zum ende spannend bleibt und den zuschauer permanent an der nase rumführt und im unklaren lässt was als nächstes passiert, bzw. wohin die reise überhaupt gehen soll. pascal laugier ist reifer geworden und setzt nun nicht mehr auf die krassen gewaltelemente des vorgängers "martyrs", sondern auf eine durchweg ausgeklügelte story mit starken darstellerInnen. dies erklärt wohl auch die zahlreichen niedrigen bewertungen, die wohl auf den enttäuschten erwartungen der gore-fetischisten fußen.
    ich wage aber zu behaupten dass es sich bei "tall man" um einen der besten horror/mysterthriller dieses jahres handelt und somit ein muß ist für horrorfreunde, die beim anschauen auch mal gern das hirn einschalten.

    9
    • 5

      craig gillespie hat es tatsächlich geschafft jegliche ambivalenzen (z.b. jerrys schwulen liebhaber oder die szene in der charleys freundin der übermächtigen sexuellen anziehungskraft jerrys verfällt [wäre ja fremdgehen, sowas darf nicht gezeigt werden]) oder sonstigen elemente, die das original von 1985 für mich sehenswert machten und ihm einen erinnerungswürdigen platz in der horrorfilmgeschichte einräumten, einfach glattzubügeln oder gleich ganz zu entfernen. was übrig bleibt ist ein völlig belangloses teenie-horror-komödchen ohne ecken und kanten das auf action und oberflächliche schocks anstatt auf story und interessante charaktere setzt. künstlich aussehende cgi und billigste 3D-effekte ala "dinge fliegen auf die kamera zu" runden das gesamtpaket ab, dass denke ich die meisten teens mit geringer aufmerksamkeitsspanne zufrieden stellen wird.

      8
      • ah, schöne liste. ich mag dieses setting sehr, daher hab ich, bezugnehmend auf deinen wunsch, noch ein paar empfehlungen "in petto":

        - On The Beach (1959)
        - Alphaville (1965)
        - It Happened Here (1965)
        - The Omega Man (1971)
        - THX 1138 (1971)
        - Welt Am Draht (1973)
        - Sleeper (1973)
        - A Boy And His Dog (1975)
        - Logans Run (1976)
        - Mad Max (1979)
        - Escape From New York (1981)
        - Malevil (1981)
        - Cafe Flesh (1982)
        - Seksmisja (1984)
        - The Quiet Earth (1985)
        - Briefe eines Toten (1986)
        - They Live (1988)
        - Total Recall (1990)
        - Hardware (1990)
        - Demolition Man (1993)
        - Armitage III (1994)
        - Strange Days (1995)
        - Gattaca (1997)
        - Metropolis (2001)
        - Cypher (2002)
        - Idiocracy (2006)
        - Tokyo Gore Police (2008)
        - The Road (2009)

        2
        • ist mir gerade nochmal bewusst geworden dass ich ja ein paar jahre lang fast nur horrorfilme geschaut habe, da ich anscheinend die meisten hier kenne. waren aber noch ein paar interessant klingende tipps dabei von denen ich bisher nichts hörte. aber was ich eigentlich sagen wollte: schöne liste!
          :-)

          2
          • 6 .5

            routiniert und temporeich inszenierter western aus einer zeit, in der man die protagonisten noch in 100% gut und 100% böse einteilen konnte und wo der held am ende mit seiner eroberten frau in den sonnenaufgang (diesmal kein sonnenuntergang: die einzige überraschung des films) reitet. zwar gibt es nur eine maue, überraschungsarme story, aber dafür flotte sprüche und satte action, wie z.b. die legendäre saloon-massenschlägerei. positiv in erinnerung geblieben ist mir außerdem eine szene, in der ein zuvor mir stark auf die nerven gegangenes kind (ich HASSE schlechte kinderschauspieler) auf brutale art und weise von pferden zu tode geschleift wird.

            FAZIT: der erste technicolor-western und auch der erste aus der zusammenarbeit von curtiz und flynn tut keinem weh, ist nichts besonderes, geschweige denn ein film den man gesehen haben sollte, dafür aber solide genrekost für zwischendurch.

            5
            • 8
              Mimuschka 06.09.2012, 22:57 Geändert 22.11.2018, 17:22

              dekonstrunktion des western-genres phase 2:
              nachdem ein paar der alten mythen bereits seit anfang der 60er durch den italo-western verabschiedet wurden, indem anstelle moralisierender und traditioneller motive wie aufrichtigkeit, ritterlichkeit und altruismus, nur noch antihelden in schmutzig-schäbiger kulisse präsentiert wurden, die gegen bürgerliche konventionen und verhaltensnormen rebellierten, egoistisch und nur auf den profit aus waren, läuteten die ersten spätwestern ab ende der 60er das endgültige ende des klassischen genres ein.
              einen wichtigen beitrag dazu leistet der nach einem drehbuch von william goldmann entstandene "butch cassidy and the sundance kid", der sich gegen das noch im italowestern vorzufindende männerbild des machismo richtet. obercoole typen, die in jeder situation einen oneliner parat haben, den tod nicht fürchten und stets zum duell strammstehen sucht man hier vergebens. genauer gesagt gibt es im gesamten film kein einziges duell! und es werden noch mehr heilige kühe geschlachtet: die beiden protagonisten laufen lieber davon als sich dem kampf zu stellen, ganze 30 minuten widmen sich der flucht vor den verfolgern und dabei verlieren sie auch noch ihre hüte, des wahren mannes wichtigstes kleidungsstück. heutzutage kaum mehr vorstellbar, war das damals fast so etwas wie ein skandal, so dass die kamera auch noch ein paar sekunden auf den im dreck liegenbleibenden kopfbedeckungen verweilt, um diesen revolutionären moment noch ein wenig länger auszukosten.
              die reihe an unmännlichen eigenschaften und szenen in denen die "helden" der lächerlichkeit preisgegeben werden, ließe sich noch fortsetzen: einer kann nicht schwimmen, der plan ein ehrliches leben zu führen scheitert daran, dass sie nichts können außer schießen und faul rumhängen, sie beschweren sich quasi den ganzen film über dies oder jenes und müssen überhaupt für den damaligen kinogänger wie "zänkische waschweiber" gewirkt haben, was man sich heute natürlich auch nicht mehr vorstellen kann, aber immerhin ists ja schon über 40 jahre her.

              das schöne ist aber nun dass der film es schafft seine helden nicht herablassend zu behandeln oder bloßzustellen, sondern sie als sympathische menschen mit stärken UND schwächen, so wie du und ich darstellt, mit denen man sich viel eher identifizieren kann als mit früheren pistoleros. insgesamt wirkt alles viel "poppiger", die stimmung ist lockerer und von angenehmem humor durchzogen und die gewählte musik passt auch nicht so recht zum klassischen bild (im positiven sinne). überhaupt fiel mir auf dass insgesamt nur 3 lieder gespielt werden, dafür aber in voller länge und alle 3 zu den interessantesten sequenzen des films gehören. repräsentativ hierfür ist etwa die wundervolle szene, die selbst robert redford nicht ganz geheuer war, in der butch und etta zu "raindrops keep fallin on my head" einen kleinen fahrradausflug machen, die fast musikvideo-charakter hat .

              all dies führte jedenfalls dazu dass der film bei konservativen western-puristen komplett durchfiel und regelrecht gehasst wurde, bei den massen aber vorzüglich ankam, da er sich von der machart schon sehr modern anfühlte und den alten mief hinter sich ließ (sowas wollte man '69 sehen). und auch bei mir hats gefunkt, denn ich bin allgemein ein großer fan von solcherlei genre-dekonstruktionen, so dass ich nun festhalten kann dass "butch cassidy and the sundance kid" auch heute noch zu meinen liebsten western gehört.

              22
              • 8 .5

                was für ein merkwürdiges filmchen! irgendwo zwischen post-noir thriller, tieftraurigem melodram und pechschwarzer komödie zieht isabelle adjani als serienmordende femme fatale eine blutspur quer durch ganz europa. immer dicht gefolgt vom ständig selbstgespräche führenden privatdetektiv "das auge", der - fast wie aus einem paul auster roman - eigentlich auf jemand ganz anderen angesetzt ist und in ihr seine verlorene tochter wiederzuerkennen glaubt, zu ihrem schatten wird, seinen ursprünglichen auftrag vergisst und irgendwann sogar anfängt ihre morde zu vertuschen.
                die intelligente psychoanalytische story nimmt dabei teilweise groteske züge an und führt zu ein paar fast surrealen szenen. doch immer liegen humor und melancholie dicht beieinander. michel serrault, der in den 70er als komiker bekannt wurde, spielt, hier entgegen seiner üblichen rollen besetzt, einen grüblerischen zyniker mit sarkastischer weltverachtung, der seit der trennung von seiner familie den spaß am leben verloren hat, aber dessen närrisch-skurrile art immer wieder zum schmunzeln anregt.
                so wie er ist auch sein konterpart catherine, brilliant und unglaublich intensiv gespielt von isabelle adjani, auf der suche nach verlorener familie, nämlichen ihrem vater, während sie reihenweise männer über den jordan schickt und sich ihres vermögens bemächtigt, immer rast- und ziellos von land zu land hastend.

                "claude millers meisterwerk übersteigt das übliche genre des detektivfilms. die rührt vor allem her von dem mischstil der tragikomödie, der einer ergreifenden 'comedie humaine' angemessen ist - und der legitimität des ur-verlangens nach der selbstlosen liebe eines vaters und einer tochter. der film lässt in einem beinahe tiefenpsychologischen und existenzphilosophischen modellversuch erkennen, dass die erfahrung von der abwesenheit dieser liebe zu ersatzbildung führt: zur projektion 'anwesender' wunschfiguren. er handelt von der abgrundtiefen trauer über das verlorene und von der aufbegehrenden sehnsucht, die sich mit diesem verlust nicht zufrieden geben will, den tod nicht akzeptiert" (thomas koebner)

                in der tat war der film eine wirkliche überraschung, mit der ich wahrlich nicht gerechnet hätte, mit vielen seltsamen irritationen, scharfsinnigem humor und einem grandios poetischen finale, das bestimmt niemanden kalt lässt.

                12
                • 7 .5

                  "la balance" von bob swaim war einer der ersten filme, die brutale polizeigewalt vollkommen ungeschönt als selbstverständlichen bestandteil der täglichen ermittlungsarbeit darstellten ohne dabei aber einem reaktionären law-and-order gestus ala "dirty harry" zu verfallen. die grenzen zwischen gut und böse werden aufs äußerste verwischt, bis sich cops und gangster nur noch dadurch unterscheiden, dass die einen eine dienstmarke haben und die anderen nicht. es geht nicht mehr darum die welt du einem besseren ort zu machen oder hinter heroischen idealen zu stehen, sondern darum, die quote der gelösten fälle aufrecht zu erhalten, und zwar mit allen mitteln. erniedrigende hausdurchsuchungen ohne durchsuchungsbefehl ("sowas gibts nur in filmen"), einschüchtern, verprügeln und erpressen von potentiellen spitzeln, bis hin zum vorsätzlichen mord an einem eigentlich schon festgenommenen und wehrlosen gangster, um das persönliche rachebedürfnis zu befriedigen.
                  fast schon kann man mitfühlen mit den armen kleinkriminellen und prostituierten, die so lange drangsaliert werden bis sie vollkommen verzweifelt zum spitzel für die polizei werden, nur weil halt die alternative noch schrecklicher ist. es herrscht eine atmosphäre der angst und des mißtrauens, jeder verrät jeden um dem eisernen griff der polizei-sondereinheit zu entgehen. und so verschieben sich im laufe des films dann langsam aber sicher die sympathien zu dede und nicole, einem aus der szene ausgestiegenen ex-knacki und seiner schlagfertigen freundin, die sich prostituiert um über die runden zu kommen. beide träumen von einem normalen bürgerlichen leben, was ihnen jedoch - den gesetzen des film noirs gemäß - nicht vergönnt wird, und interessanterweise liegt die schuld dafür diesmal bei den "gesetzeshütern".

                  FAZIT: durchweg spannender und gut erzählter polizei-thriller mit noir-anleihen, der die stadt der liebe als schmutzigen, heruntergekommenen moloch zeigt und mit einer pessimistisch-deprimierenden grundaussage aufwartet.

                  5
                  • 7 .5

                    in einer abgelegenen hinterhofgasse liegt die leiche einer jungen frau, ihr blut sammelt sich im rinnstein und spiegelt das antlitz des mondes in sattem rot wider: der mond in der gosse.

                    "We were born in the gutter. In the water, the stars look at themselves."

                    hier hatte mich der film eigentlich schon, ein neo-noir style-overkill von jean-jacques beineix (diva, betty blue), einem der hauptvertreter des französischen "cinema du look", die das konzept "style-over-substance" in den späten 80ern wieder salonfähig gemacht haben. auch luc besson und leos carax gehörten dazu, heutzutage lebt der stil vor allem in den filmen von jean-pierre jeunet wieder auf.

                    das spiel mit farben, reflektionen, spiegelungen, licht und dunkelheit und der zugehörigen filmmusik beherrscht der regisseur in der tat so perfekt, dass ich bei nicht wenigen einstellungen mit der zunge schnalzen und dem entenschnabel klappern musste. ein paarmal machte es auch den eindruck als würde dick tracy in der stadt der verlorenen kinder ermitteln, überzogen von einer fettig-schmierigen noir-amtosphäre, bestrahlt von neonlampen, da geht alles nahtlos ineinander über, ungefähr wie ein warmes messer durch butter.

                    "In the port of nowhere in the middle of the docks district at the end of an alley a man used to come every night to escape his memories. Seven months had gone by and many moons had risen in the dark sky. They never caught the rapist. It was a closed case and nobody even remembered."

                    das leben von gerard spielt sich seit diesem vorfall in der vergangenheit ab, ist stehengeblieben, die suche nach dem vergewaltiger seiner schwester überschattet alles andere. ein möglicher ausweg ergibt sich erst durch die bekanntschaft mit einer geheimnissvollen, reichen fremden, die eines tages in rotem kleid und lippenstift in ihrem roten sportwagen vorfährt und bezeichnenderweise gerade unter einem verheißungsvollen werbeplakat mit der aufschrift "try another world" zum stehen kommt. doch das glück währt nicht lange...
                    okay, die story gibt nicht allzuviel her, hat man schonmal gesehen, es folgt das übliche "ein mann zwischen zwei frauen", die eine aus dem gleichen milieu, die andere so nah und doch so fern, ungreifbar in der welt der respektablen und reichen verankert, einen nur kurzen blick auf das schöne leben ermöglichend, obwohl schon von anfang an das scheitern klar ist.
                    vielleicht ist aber das WAS,die story an sich auch gar nicht das wichtige sondern das WIE, und das ist aufgrund der schon erwähnten dinge auf jeden fall sehenswert.

                    nur seltsam dass der film trotz eines massiv-aufgebots an stars wie gérard depardieu, nastassja kinski und dominique pinon total untergegangen ist und damals sogar zum megaflop wurde, der das studio dazu veranlasste die filmrollen wegzuwerfen um platz in den archiven zu machen, so totgesagt war er. leider wird uns dies auch um einen vom regisseur ersehnten 3-stündigen directors cut bringen, da alles material außer der "kurzen" kinofassung (134 min) auf immer verloren ist. ein trauma, an dem beineix der legende nach bis heute zu knabbern hat.

                    (knabbern?)

                    7
                    • 3 .5

                      die wenigen action-szenen sind schlecht geschnitten und unübersichtlich, die zahlreichen altherren-witzchen plump und prollig, die protagonisten ständig in schwanzvergleiche verwickelt und das geschlechter-bild der marke "ewiggestrig". ein spaß-haben mittels ironischer distanzierung funktioniert leider auch nicht, da sich die testosteron-hansel trotz aller gegenteiliger beteuerungen dann doch ernster nehmen als sie zugestehen.

                      fazit: das projekt ist geglückt, die hommage an die 80er gelungen und mir ist nun auch wieder klar warum ich so froh bin, dass diese zeiten endgültig vorbei sind.

                      8
                      • 7

                        nachdem mich der trailer eigentlich immer abgeschreckt hatte, muss ich nun zugeben, dass "surfs up" mit seinem im animationsbereich wohl einzigartigen dokumentarfilm-ansatz einen angenehm frischen wind durch das genre bläst und einige interessante ideen bietet. zusätzlich dazu ist es einfach der perfekte gute-laune-surf-film: total relaxt, weiße strände, hellblaues meer, chilliger soundtrack und das wohl beste wasser-cgi, das ich kenne. nervig-peinliche witze oder dummer slapstick wie man ihn von pixar oder disney kennt hielt sich auch in grenzen. sony ist mittlerweile sogar fast mein lieblingsanimationsstudio geworden, da es statt endlosfortsetzungen eher mut zu neuen ideen beweist. weiter so!

                        4
                        • 7 .5

                          der bahnbrechende und für damalige verhältnisse gewagte versuch einer entmystifizierung des tabu-themas "tod", der 1971 entstand, als sich stan brakhage mit der eigenen vergänglichkeit auseinandersetzen wollte. die aufnahmen sind gleichzeitig wunderschön und abstossend, faszinierend und übelkeiterregend. auch heutzutage noch harte kost und nichts für sanfte gemüter, denn die zu sehenden autopsien sind alle echt. ein wichtiges dokument zur dekonstruktion der unangreifbaren einheit des menschlichen körpers.

                          9
                          • 8

                            im rückblick erscheint juraj herz' "morgiana" wie eine art bindeglied zwischen seinem düsteren, frühen "der leichenverbrenner" (den ich an dieser stelle auch nochmal allen uneingeschränkt empfehlen wollte, ist in deutschland auf DVD bei BILDSTÖRUNG erschienen) und seinen späteren märchenfilmen. das setting, ein mittelalterlich bis barock anmutendes adelshaus mit großen gärten und die üppigen kostüme tragen stark zu einer wundervollen gothic-atmosphäre bei, die teilweise an die italienischen genrefilme von mario bava erinnert, aber eben auch schon einen leichten märchenwelt-touch hat, wenns denn nicht so grimmig zugehen würde. das thema ist nämlich ein geplanter geschwister-mord, den die unbeliebte viktoria aus neid und eifersucht gegenüber ihrer überall beliebten schwester klara heraus als letzte lösung der eigenen schmach sieht. in der literarischen vorlage war übrigens mit der enthüllung, dass beide schwestern ein und dieselbe person sind, ein netter schlusstwist angelegt, der aber nicht in den film übernommen werden konnte, da dies wohl zu heikel in der damaligen zeit gewesen wäre. der regisseur zollt dem aber noch insofern tribut als dass er beide rollen mit der selben schauspielerin besetzt, die aber dann jeweils so unterschiedliche kostüme trägt dass dies fast nicht auffällt.
                            interessant wird es dann vor allem ab dem zeitpunkt des einsetzenden langsamen vergiftungskomplotts, da sowohl der psychische verfall des opfers als auch die zunehmenden schuldkomplexe der täterin und die daraus resultierenden paranoia-ängste und halluzinationen visuell SEHR ansprechend in bester expressionistischer manier umgesetzt worden sind.

                            FAZIT: wundervoll düsteres gothic-horror-märchen mit allerlei optischen spielereien und prächtiger ausstattung

                            8
                            • 8

                              die tschechin vera chytilova wurde im westen vor allem durch ihren surrealen anarcho-feministischen trip "tausendschönchen - kein märchen" bekannt, der ja in deutschland bald endlich von bildstörung auf DVD veröffentlicht wird. aber im folgefilm "fruit of paradise" setzt sie sogar noch einen drauf! allein die ersten 10 minuten in denen die geschichte von adam und eva nacherzählt wird ist eine einzige und auch einzigartige farbexplosion, die sich nicht vor renommierten us-avantgardisten verstecken braucht (siehe screenshots unten).
                              danach geht es symbollastig-allegorisch weiter mit einer geschichte um ein ehepaar, das urlaub (?) in einem landheim macht, wo sich allerlei seltsames volk rumtreibt, wie z.b. ein creepy mann im roten anzug, der evtl ein frauenmörder ist oder auch nicht, was nie geklärt wird. es entwickelt sich eine story rund um entfremdung, eifersucht, begierde und wahnsinn, allerdings so traumähnlich-entrückt, dass nie klar ist ob das gezeigte wirklich so passiert, ein traum ist oder eine politische parabel.

                              und hier noch ein paar screenshots: http://imgur.com/a/Z5NJN

                              FAZIT: kleiner geheimtipp für freund_Innen des tschechoslowakischen kinos, non-narrativen films oder auch leicht surreal angehauchten avantgarde-trips

                              8
                              • 8

                                zuerst muss ich zugeben, den film nicht verstanden zu haben, bevor ich nichts drüber gelesen hatte, was ich recht bemerkenswert fand. es gibt nämlich keine handlung im üblichen sinne, nur eine lose assoziation von auf den ersten blick nicht zusammenhängenden szenen, in der art eines "stream of consciousness", die aber in sich auch schon so verwirrend sind, dass mir eine interpretation schwer fiel. die farbgesättigten, expressiven bilder sind schwer beeindruckend und faszinierend auch wenn nciht immer klar ist was man denn dort auf der leinwand sieht, manchmal geht es sogar recht gruselig zu, z.b. wenn der protagonist nachts vor einer blökenden ziegenherde die von kleinen nackten knaben angetrieben wird über eine wiese flüchtet oder zombiehaft geschminkte menschen durch die schädel von gebeinhäusern starren.
                                der ton wird oft kontrapunktisch eingesetzt und greift frühere motive auf oder spätere vor, manchmal gibts auch schwülstige opernklänge oder lyrische-philosophische bemerkungen, denen ich zu 80% nicht folgen konnte. irgendwie geht es wohl um die invasion der türken in otranto vor ein paar hundert jahren, denke aber das ist nur ein humoristischer aufhänger und der film im kern eine kritik des italienischen bürgertums und der pathetischen kunstszene. oder wie alberto moravia schreibt, eine "entheiligung durch auflösung, über das schizophrene delirium hinaus getrieben" und die filmische gesamtwirkung als die eines "grotesken, delirierenden aktes der lynchjustiz".
                                mir fällt gerade noch ein dass ich stilistisch an kenneth angers "inauguration of the pleasure dome" erinnert wurde, wem das zugesagt hat, könnte auch hieran gefallen finden :-)

                                zum abschluss noch einen absatz aus "film als subversive kunst", in dem amos vogel über dieses werk folgendes schreibt:
                                "eine neoexpressionistische explosion (mit surrealistischen obertönen) von einmaliger art auf der zeitgenössischen leinwand. der inspirierte, verzweifelte wahnsinn dieses besessenen moralisten geleiten ihn über die wut hinaus in den schwarzen humor und die groteske burleske, die sich gezielt gegen das tote eigengewicht einer reaktionären kulturellen grundsubstanz wendet. diese erscheint hier als ein erbe von prächtigen, zerfallenen kirchen, wundertätigen madonnen und melodramatischen opern, als die barocken exzesse in kunst und leben eines italiens, von dem sich carmelo bene frei machen möchte".

                                ------------------

                                an dieser stelle auch nochmal der hinweis auf meine amos vogel liste, in der ich mit der zeit alle filme des buches "film als subversive kunst - kino wider die tabus" nach themen sortiert sammele, eine schöne fundgrube also :-)

                                http://www.moviepilot.de/liste/amos-vogel-film-als-subversive-kunst-mimuschka

                                7
                                • 9

                                  der perfekte einstieg in die welt des italienischen kinos, bzw auch eine gute auffrischung von evtl schon vorhandenem wissen. wie schon in seiner amerika-reise zeigt uns martin scorsese filme, die ihn ganz besonders beeinflusst oder berührt haben. und dies tut er mit solchem herzblut und begeisterung, dass nach der sichtung garantiert das interesse für eine ausgiebige italien-filmreihe geweckt ist, dafür lege ich meine hand ins feuer! ;-)

                                  der schwerpunkt wurde auf die phase des neorealismus, die 40er und 50er jahre gelegt, wobei roberto rossellini als "vater" der bewegung am meisten aufmerksamkeit bekommt, aber es werden auch noch filme von de sica, visconti, fellini und antonioni besprochen, sowie ein paar vorläufer wie alessandro blasetti. gefallen hat mir, dass nicht nur auf die "typischen" filme eingegangen wird, sondern auch ein paar eher unbekannte werke vorgestellt werden, die ich hier in der datenbank auch gleich mal neu anlegen musste. teilweise ist diese filmvorstellung aber dann doch für meinen geschmack etwas zu ausführlich geraten, besonders bei rossellini nimmt ein film schonmal 10 minuten in anspruch, da fast die gesamte handlung nacherzählt wird. es gibt aber auch zusätzlich noch schöne querverweise, entstehungsgeschichten, kurze szenenanalysen und ähnliches.

                                  FAZIT: im direkten vergleich zu der usa-doku, die eher in die breite ging, geht dieser film hier dann wohl mehr in die tiefe. also mal wieder eine klare empfehlung für cineasten, italienfreundInnen und filmgeschichts-interessierte. knappe vier stunden die wie im fluge vergehen, eine geschichts-lektion der schönsten art.

                                  12
                                  • filme die ich noch erwähnenswert finde in dem zusammenhang:

                                    - Le Mepris (1963)
                                    - The Player (1992)
                                    - The Bad and the Beautiful (1952)
                                    - Living in Oblivion (1995)

                                    5
                                    • 6 .5

                                      zwei jahre bevor "night of the living dead" das genre für immer verändern sollte, gab es durch diesen ersten und einzigen ausflug der hammer-studios zu den lebenden leichen nochmal ein kurzes aufbäumen des klassischen zombiefilms in der tradition von "white zombie". hier werden die toten nicht infiziert, sondern durch ein voodoo-ritual wieder ins leben geholt und dann als kostengünstige bergarbeiter in der nahegelegenen mine verpflichtet, eine story die man in dieser art freilich schon ähnlich im oben genannten urvater gesehen hat. dies ist allerdings atmosphärisch schön dicht, es gibt schöne kostüme, make-up und ein ansprechendes set. außerdem ist da diese eine albtraumartige "aus den gräbern steig"-szene, die einfach nur toll ist und soweit ich weiß die erste in dieser art war. jetzt so im nachhinein eigentlich mal eine nette abwechslung zu dem ganzen modern-zombie-overload der zur zeit aus allen ecken dringt.

                                      (achja, warum ich den film gerade jetzt gesehen habe, hat einen bestimmten grund, nämlich dass er vor kurzem wie ein paar andere hammer-filme auf bluray erschienen ist, und zwar mit einer "hammer"-guten abtastung. so macht das anschauen auch auf großen bildschirmen noch freude!)

                                      FAZIT: für zombie-fans ein klares must-see! auch leute die den typischen hammer-stil mögen, werden zufrieden sein. insgesamt recht solide genre-kost mit nostalgie-faktor.

                                      9
                                      • 8

                                        "die letzte freiheit die ein verzweifelter hat, ist komisch zu sein."
                                        (margarethe von trotta in "das andechser gefühl")
                                        -----
                                        "»Sätze wie Dinge behandeln, das können seine Darsteller, die so gelassen auftauchen, mit einer Beharrlichkeit, die ans Geisterhafte grenzt«, schreibt Fritz Göttler im Booklet zur DVD-Box. Das Geisterhafte wird noch dadurch verstärkt, dass alle Schauspieler wie Laien wirken, ihre Sätze hölzern auswendig gelernt wiedergeben, steif, manchmal mit Versprechern. Dies sind Taktiken, Entfremdung und Standardisiertes kenntlich zu machen und so die Volksseele als etwas zu demontieren, das keineswegs »natürlich« oder »gesund« ist. Bauerntheater gerinnt in diesen Filmen zum grotesken Spiel von Marionetten aus Fleisch und Blut, man glaubt die Fä­den zu sehen, mit deren Hilfe sich die Münder beim Sprechen bewegen. Es mag kein Zufall sein, dass auch die »Augsburger Puppenkiste« aus Bayern kommt, doch das Marionettenhafte bei Achternbusch ist dem gegenüber blanker Horror, der aufzeigt, wie sehr das Geschwätz seiner Protagonisten angelernt ist, ihnen von Kindesbeinen an eingebläut wurde. Und die eigentliche Person, das Individuum hinter der Fratze aus Brauchtum und Tradition? – Das gibt es nicht, es ist zerstört worden. Nur sich selbst und seiner weiblichen Protagonistin Annamirl Bierbichler gesteht Achternbusch zu, in all den Filmen wenigstens danach zu fragen, ob es auch noch ein anderes Leben geben könnte, ein Leben jenseits von Weißbier, Kirchgang, Tracht und Trachtprügel. Doch genau an der Beantwortung dieser Frage scheitern sie. Fast jeder Achternbusch-Film endet mit dem unerfüllten Tod, ist ein einziger langer Suizid."

                                        (Martin Büsser; in Jungle World Nr. 50, 11. Dezember 2008)

                                        10
                                        • 9

                                          fernando arrabal gehört zu den umstrittensten spanischen künstlern. seine werke sind antiklerikal, antiautoritär und antifaschistisch, wenden sich wie ein aufschrei nach freiheit allgemein gegen verfestigte strukturen und traditionen. dass so etwas im franco-spanien nicht gern gesehen war ist klar, also musste er in den 50er nach frankreich fliehen, doch selbst dort waren seine filme lange zeit zensiert.
                                          um seine kritik anzubringen wählte er die methode des von ihm mitbegründeten "mouvement panique", setzte also vor allem auf schockästhetik und in surreale, expressionistische bilder getauchte gewalt- oder verstörende sexszenen. in "viva la muerte" wird uns der knabe fando vorgestellt, der in einer spanischen (?) kleinstadt unter allerlei oppressionen leiden muss, z.b. seiner dominanten, erzkatholischen mutter, der faschistischen gesellschaft, die seinen vater, einen "roten", ins gefängnis geworfen hat oder gewalttätigen jugendlichen, die ihn wegen seines vaters verprügeln. zu seiner mutter verbindet ihn eine hassliebe, da er einerseits den verdacht hat dass sie seinen vater verpfiffen hat und er ihre religiösem erziehungsmethoden verabscheut, aber andererseits gibt es ein nicht zu leugnendes erotisch-inzestuöses knistern, welches sich auch in seinen zahlreichen tagträumen/fantasien widerspiegelt, wegen der er sich aber gleich darauf selbst körperlich züchtigt. diese fantasien, stark durch farbfilter und andere effekte verfälscht, in denen er auch über den verbleib seines vaters spekuliert oder sich in sonstigen gewaltgelüsten verliert, machen in der tat die große faszination des films aus, wenn sie, wie amos vogel schreibt "eine schauerliche, expressionistische mehrdeutigkeit erzeugen, durch die der schrecken, weil undeutlich, erst recht durchdringen wird; unser unbewusstes stellt unmittelbar, verbindlich unsere eigenen ängste daneben, die den albtraum vollständig machen."

                                          FAZIT: ein unbedingt sehenswertes, surreal-expressionistisches manifest gegen den franco-faschismus, die kirche und sonstige autoritäten. aufgrund der krassen gewaltdarstellungen und tabubrüche aber nichts für schwache nerven! ;-)

                                          10
                                          • 8

                                            yorick: "You should make love to him."
                                            martha: "You wouldn't mind?"
                                            yorick: "I like Andrew."
                                            martha: "Why did you tell me you loved me?"
                                            yorick: "Because I love you. Love cannot be selfish."

                                            teil 2 meiner sogenannten "amos-vogel-reihe" führt mich heute in das gebiet der ehemaligen tschechoslowakei zur zeit der "tschechischen neuen welle", die sich mittlerweile fast zu einer meiner lieblingsfilmbewegungen ge-MAUS-ert hat, auf jeden fall schon in den oberen rängen mitspielt. fast nirgends sonst wurden humanistische werte, gleichheit, feminismus und der ruf nach persönlicher freiheit mit solch glühendem eifer und gleichzeitig auf visuell so atemberaubende und technisch so verspielte weise verfochten wie damals in der CSSR. leider wurde dem "wilden treiben" allzu schnell von den sowjets der riegel vorgeschoben, aber es blieben dennoch eine illustre zahl von zeitlosen filmperlen für die nachwelt erhalten, von denen im laufe der nächsten wochen/monate denke ich noch ein paar andere von mir kommentiert werden. aber heute erstmal zu "vtackovia, siroty a blazni" vom slowakischen regisseur "juraj jakubisko", der in seiner heimat fast ein nationalheld und dort so bekannt ist wie beispielsweise fellini in italien oder bergmann in schweden. näheres zum film nun aber von meinem geschätzen kollegen amos vogel, der einen weiteren text aus seinem beliebten SCHMÖKER zum besten gibt:

                                            ----------------------------------------
                                            zwei männer und eine frau, kriegswaisen und der organisierten gesellschaft entfremdet, versuchen, in einer welt des wahnsinns und des krieges ein leben der freiheit und unschuld zu leben, dies in einem entzückend baufälligen haus, wo die schränke von den decken hängen und vögel, alte menschen, kinder in clownskostümen und sontige lebewesen frei umherziehen. aber verzweiflung kommt knapp unter der oberfläche dieses sinnbildes für das bewusstsein dritten grades zum vorschein, und die unschuld kann in unserer welt nicht überleben.
                                            dieser unkonventionelle phantastische film vermischt traum und wirklichkeit, zärtlichkeit udn grausamkeit unter ziemlich spektakuläter verwendung von verzerrenden linsen, eingefärbten bildern, von bildwitzen und veränderlichem bildformat. eine delirierende tour de force von kreativer kameraarbeit und montage, die ein verrückten universum surrealistischer tableaus und bizarrer vorgänge durchwandert, wobei jede konfiguration in entwurf und farbe einem gedicht gleichkommt.

                                            (amos vogel: film als subversive kunst - kino wider die tabus, 1997)
                                            ----------------------------------------

                                            8
                                            • 8

                                              ein düster-experimenteller avantgarde-psychotrip, der den zunehmenden geistigen verfall seiner protagonistin geschickt mit filmischen mitteln erfahrbar macht (schnelle schnitte und zooms, farbfilter, surreale bilder, wechsel von schriller und tief-pulsierender soundkulisse, groteske charaktere, etc.) und somit gleichzeitig auch den zuschauer selbst mit den eigenen unbewussten und tiefsten urängsten konfrontiert.

                                              für mich war der film eine bizarre albtraum-odyssee, die teilweise richtig verstörend ist und unerträglich nervenzerrend. erinnerte mich an frühe albtraum-erlebnisse die ich damals mit meinen ersten david lynch-filmen hatte. allerdings verhindert die leicht repetitive verwendung von stilmitteln und szenen im mittelteil und ein teilweises zu offensichtliches übernehmen von david-lynch-motiven eine noch höhere wertung. aber augen auf was der regisseur in zukunft noch abliefert, könnte groß werden!

                                              7
                                              • 8 .5

                                                huch, da wurde doch tatsächlich den gesamten film über kein EINZIGES wort gesagt. und ich hatte mich schon gewundert warum denn keine untertitel beilagen...
                                                das eigentlich bemerkenswerte daran ist, dass es gar nicht auffällt, denn es ist kein stummfilm in dem sinne. geräusche spielen eine große rolle. und dann merkte ich: fehlt im film die sprache, fallen die geräusche umso mehr auf und gewinnen immens an wichtigkeit. essensgeräusche wie kauen und schlucken, schritte, kratzen und schaben, klirren und vor allem auch die verstärkung von flüssigem die gluckern, sprudeln oder "glitschen", dies alles drängt sich geradezu auf groteske weise in den vordergrund.
                                                ich denke im hinblick auf die story soll dies vor allem die isolation der menschen und die damit verbundenen immer weiter zunehmenden kommunikationsprobleme in der heutigen gesellschaft unterstreichen. so sind dann auch die hauptprotagonisten allesamt recht auf sich selbst fixiert mit der erfüllung ihrer extrem obskuren fetische und sexuellen fantasien beschätigt, ohne noch wirklich in kontakt zur außenwelt zu treten, es sei denn durch einkäufe und andere formelle handlungen. auch die konflikte werden so gelöst. in geschickt verwobenen episoden sieht man die jeweiligen personen bei den vorbereitungen zu, wie sie verschiedene utensilien zusammentragen und basteln, was dann dann am ende in der expliziten darstellung ihrer fetischauslebung mündet, z.b.

                                                --minor spoiler--
                                                näht eine frau von ihrem nachbarn, den sie nicht leiden kann, eine lebensgroße stoffpuppe, die sie dann in in einem skurrilen ritual peitscht und foltert, da sie anscheinend zu einer realen auseinandersetzung nicht mehr in der lage ist. ein anderer herr lötet sich einen diffizilen roboter-nachbau einer von ihm vergötterten nachrichtensprecherin zusammen und setzt dann einen monitor mit einer vergößerung ihres gesichtes oben drauf, dass er über wochen jeden tag mit dem rekorder aufgezeichnet hat, da er unfähig zur kontaktaufnahme mit echten menschen ist.
                                                ---minor spoiler ende---

                                                weitere beispiele bring ich nun lieber nicht, denn gerade darin zu erahnen was diese menschen denn am ende mit ihren handlungen bezwecken besteht auch ein großer reiz des films. wichtig zu erwähnen ist noch, dass jan svankmajer natürlich wieder ein paar geniale stop-motion-effekte einbaut, und zwar immer in jenen szenen, in denen mit den fetischobjekten interagiert wird, die dann in der phantasie der protagonisten zum leben erwachen.

                                                hab mich auf jeden fall gefreut, dass ich wie eigentlich bisher immer, nicht von svankmajer enttäuscht worden bin und auch dieser film wieder wie eine schöne glänzende perle aus der einheitlich grauen filmlandschaft heraussticht. insgesamt vielleicht von der story leicht schwächer als die anderen filme, aber vor allem durch das fehlen von sprache und die verrückten fetisch-ideen ein kurzweiliges erlebnis und interessantes experiment.

                                                6
                                                • 9
                                                  über Erde

                                                  heute hab ich mir überlegt, dass ich in der kommenden zeit für ein paar filme keine eigenen worte schreibe, sondern die betreffenden passagen aus dem großartigen buch "film als subversive kunst" von amos vogel abschreibe. aber nicht, um seine texte dann als "meine kommentare" zu vereinnahmen, sondern vielmehr, um auf ein paar eher unbekanntere, in der versenkung verschwundene filme aufmerksam zu machen, wofür mir dann diese vorgehensweise am erfolgversprechendsten erschien. den anfang macht nun "zemlya" ein klassiker des sogenannten "revolutionsfilms":

                                                  " von heute aus betrachtet tritt aleksandr dovzhenko als eins der bedeutendsten talente des russischen films hervor, als der mann, der ihn aus der erstarrung von propaganda und intellektualismus auf die ebene bildlicher poesie führte. die auflösung des wirklichkeitsgetreuen raum-zeit-bezugs ereignet sich bei ihm - nicht anders als im fortgeschrittenen film der gegenwart - als eine notwendigkeit der poetischen kunst.
                                                  [...]
                                                  die handlung ist äußerst dürftig und ideologisch abgesichert, aber die bedeutung des films liegt anderswo: in seinem preisgesang auf die einheit von mensch und natur, auf die freuden und schrecken des daseins, in seiner überwältigenden folge lyrischer und ausnahmslos überlebensgroßer bilder.
                                                  [...]
                                                  was den stil betrifft, ist der film spektakulär wegen der originalität, mit der er herkömmliche erzählungen durch poetische kontinuität ersetzt. er ist umrahmt von lyrischen bildern von himmel und erde und vom reichtum der früchte der natur. er umschreibt den aufenthalt des menschen in einem pantheistischen universum auf fruchtbarkeit, leben und tod. eine folge von leidenschaftserfüllten episoden - die stärker sind als die handlung - nimmt die anliegen des heutigen und des avantgardefilms vorweg durch die art, in der daseinszustände erforscht werden.
                                                  [...]
                                                  eine dauernde spannung wird aufrechterhalten durch die anhäufung verwandter bilder zu wiederholten höhepunkten; mehrere szenen sehen aus wie standfotos, sind aber von darstellern in einer haltung gewichtiger unbeweglichkeit gestellt. über die ganze strecke ist zeit bis aufs äußerste komprimiert. dekor, ereignisse, beweggründe sind reduziert auf eine epische, sehr moderne einfachheit. die wirkliche bedeutung des films beruht nicht so sehr auf dem gehalt als auf der untergrabung vereinbarter formen; er ist ein meisterwerk des modernen films, um dreißig jahre seiner zeit voraus."

                                                  (amos vogel: film als subversive kunst - kino wider die tabus, 1997)

                                                  11
                                                  • 7

                                                    mit seinem ersten US-film bei universal hat paul leni, der ursprünglich aus dem deutschen expressionismus kommt, gleich mehrere stilbildende elemente geprägt. der stumme "the cat and the canary" (1927) kann meines wissens als erster sogenannter "old dark house"-thriller angesehen werden und prägte mit seinem düster-expressionistischen gothik-look, den leni aus seiner heimat mitbrachte, den nachfolgenden, populären universal-stil der 30er jahre. hier war schon alles genre-typische versammelt: ein altes, leerstehendes anwesen mit langen gängen und wehenden vorhängen, unzähligen geheimtüren, unheimlichen vorgängen bei nacht, mit laken abgedeckten möbel, menschen die mit kleinen lichtquellen durch dunkle räume irren, hach, wundervoll!

                                                    gleichzeitig haben wir es aber auch mit einem komödiantisch angehauchten krimi-plot ala "8 frauen" zu tun, der glaube ich auch hier zum ersten mal so filmisch umgesetzt wird: verschiedene charaktertypen sind eine zeitlang an einen festen ort gebunden und man weiß dass eineR der mörder ist, so dass es zu gegenseitigem mißtrauen kommt.

                                                    insgesamt fand ich mich 80 min recht kurzweilig unterhalten, trotz des wahnsinnsalters immernoch spannend und vor allem optisch beeindruckend. paul leni fährt hier alle nur erdenklichen expressionistischen beleuchtungs- und kameratechniken auf, was den film zu einem wahren augenschmaus macht.

                                                    hier noch ein paar eindrückliche screenshots von mir:
                                                    http://imgur.com/a/60Akt

                                                    FAZIT: wer am deutschen expressionistischen kino oder am horrorkino interessiert ist, sollte sich den film ansehen, da er stilprägend für das ganze genre war.

                                                    8